Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Nov. 2014 - M 4 K 13.3765

bei uns veröffentlicht am18.11.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Auflage zur erteilen Aufenthaltserlaubnis „Bei Bezug von SGB II oder XII ist eine Wohnsitznahme auf den Freistaat Bayern beschränkt“ wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin - eine syrische Staatsangehörige - begehrt mit ihrer Klage die Aufhebung der wohnsitzbeschränkenden Nebenbestimmung in ihrer Aufenthaltserlaubnis.

Die Klägerin ist am 13. Januar 2013 erstmals in das Bundesgebiet eingereist und hat einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte gestellt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge -Bundesamt- vom 27. Mai 2013 wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte abgelehnt (Ziff.1), festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen (Ziff. 2) und jedoch das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG (a. F.) hinsichtlich Syrien vorliegt (Ziff. 3).

Auf ihren Antrag vom 19. Juli 2013 wurde der Klägerin am 26. Juli 2013 eine Fiktionsbescheinigung und am 21. August 2013 erstmals eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt mit den Nebenbestimmungen: „Beschäftigung gestattet. Selbstständige Tätigkeit nicht gestattet. Bei Bezug von SGB II oder XII ist eine Wohnsitznahme auf den Freistaat Bayern beschränkt.“

Mit Schreiben vom 20. August 2013, bei Gericht eingegangen am 26. August 2013, erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte,

die der Klägerin erteilte Wohnsitzauflage mit dem Inhalt „bei Bezug von SGB II oder XII ist eine Wohnsitznahme auf den Freistaat Bayern beschränkt“ aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Gleichzeitig beantragte er unter Vorlage einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin, dieser Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung zu bewilligen.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass die Wohnsitzauflage rechtswidrig sei, da subsidiär Schutzberechtigte den gleichen Schutz genießen würden wie anerkannte Flüchtlinge; dies ergebe sich aus Art. 32 der RL 2004/83/EG bzw. Art. 33 RL 2011/95/EU. Das Recht auf Freizügigkeit i. S. des Art. 33 RL/2011/95/EU bedeute nicht nur eine Bewegungsfreiheit im Sinne einer „Reisefreiheit“, sondern auch das Recht seinen Wohnsitz innerhalb des Mitgliedstaates frei zu wählen. Die Wohnsitzauflage stelle damit eine unzulässige Beschränkung der Freizügigkeit der Klägerin dar. Auch verstoße die Auflage gegen Art. 12 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966. Zudem habe der Beklagte sein Ermessen nach § 12 Abs. 2 AufenthG nicht ausgeübt. Die Auflage sei auch nicht geeignet, das beabsichtigte Ziel - die Verhinderung der überproportionalen fiskalischen Belastung einzelner Länder bzw. Kommunen - zu erreichen. Dieses Ziel könne nämlich nur erreicht werden, wenn alle Bundesländer und Ausländerbehörden einheitlich verfahren würden; dies sei aber nicht der Fall, da beispielsweise das Bundesland Thüringen bei „Sekundärschutzberechtigten“ auf eine Wohnsitzauflage verzichte.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 24. September 2013,

die Klage abzuweisen.

Aufgrund der Rechtsauffassung des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren und mangels obergerichtlicher Rechtsprechung werde an der Wohnsitzauflage festgehalten.

Mit Schreiben vom 20. August 2013 bzw. vom 16. Juni 2014 haben die Beteiligten auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig und begründet, denn die streitgegenständliche Wohnsitzauflage ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).

Maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist aufgrund der Dauerwirkung der Wohnsitzauflage die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der Entscheidung der Tatsacheninstanz (vgl. BVerwG B. v. 19.8.2014 - 1 C 1.14 - juris Rn. 9 m. w. N.).

Das Gericht war nicht verpflichtet, das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2014, Az.: 1 C 1.14, nach § 94 VwGO analog auszusetzen; diese Entscheidung liegt vielmehr im Ermessen des Gerichts (vgl. OVG NRW B. v. 27.8.2013 - 14 A 1677/13 - juris Rn. 5). Dabei sind die Vermeidung divergierender Entscheidungen sowie die Prozessökonomie zu berücksichtigen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage, § 94 Rn. 7). Vorliegend ist die Klage bereits seit über einem Jahr anhängig und von einer zeitnahen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist nicht auszugehen (laut Pressemitteilung des EuGH Nr. 23/13 vom 6.3.2013 betrug die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Vorabentscheidungsverfahren 15,7 Monate). Damit überwiegt hier das Interesse der Klägerin an einer - zumindest erstinstanzlichen - Klärung der Rechtsfrage. Ein weiteres Abwarten von über einem Jahr erscheint auch vor dem Hintergrund möglicher divergierender Urteile nicht sachgerecht.

I.

Rechtsgrundlage für die Wohnsitzauflage ist § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG.

1. Eine Aufenthaltserlaubnis kann nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG mit Auflagen, insbesondere mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden. Diese Befugnis umfasst auch die Erteilung einer Wohnsitzauflage, da sie gegenüber der ausdrücklich genannten räumlichen Beschränkung des Aufenthaltstitels einen geringeren Eingriff darstellt (vgl. BVerwG B. v. 19.8.2014 - 1 C 1.14 - juris Rn. 14; BVerwG U. v. 15.1.2008 - 1 C 17/07 - juris Rn. 13; VG Regensburg B. v. 13.12.2012 - RO 9 K 12.1670 - juris Rn. 25). Die Erteilung einer derartigen Wohnsitzauflage steht im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Ausländerbehörde und ist gemäß § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Dabei ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass sich der Beklagte auf generelle Regelungen in Verwaltungsvorschriften wie hier Ziffer 12.2.5.2.2 AVwV-AufenthG bezieht, solange dabei wesentliche Besonderheiten des Einzelfalles nicht unberücksichtigt bleiben; Ausnahmen dürfen auf atypische Sachverhalte beschränkt bleiben (vgl. BVerwG U. v. 15.1.2008 - 1 C 17/07 - juris Rn. 15).

2. Allerdings stehen hier der streitgegenständlichen Wohnsitzauflage gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen entgegen.

a) Die Klägerin ist subsidiär schutzberechtigt, vgl. Art. 15 Richtlinie 2011/95/EU - QualRL-.

Ihr wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 27. Mai 2013 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG a. F. zuerkannt, sowie am 21. August 2013 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG a. F. erteilt. Nach der Übergangsregelung des § 104 Abs. 9 AufenthG gelten Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG besitzen, weil das Bundesamt festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung vorliegen, als subsidiär Schutzberechtigte i. S. des § 4 Abs. 1 AsylVfG. Damit kann sich die Klägerin auf den subsidiären Schutzstatus nach Art. 18 f. QualRL berufen.

b) Zwar ist es nach dem nationalem Recht grundsätzlich möglich, gegenüber Ausländern zum Zweck der angemessenen Verteilung der Sozialhilfelasten eine Wohnsitzauflage zu erlassen, da dies dem öffentlichen Interesse, eine Überlastung einzelner Bundesländer und Kommunen zu verhindern, dient (vgl. BVerwG U. v. 15.1.2013 - 1 C 7.12 -, juris Rn. 16). Abweichendes kann sich jedoch aus gemeinschaftsrechtlichen Sonderregelungen wie z. B. Art. 26 und 23 Genfer Flüchtlingskonvention -GFK- ergeben. So sieht Art. 23 GFK für Flüchtlinge die gleiche Behandlung vor wie für eigene Staatsangehörige. Da es bei deutschen Staatsangehörigen keine Wohnsitzauflage aus fiskalischen Gründen gibt, ist diese folglich auch für anerkannte Flüchtlinge nicht rechtmäßig (vgl. ausführlich hierzu BVerwG U. v. 15.1.2008).

c) Auch gegenüber subsidiär Schutzberechtigten sind Wohnsitzauflagen, wenn sie wie vorliegend (nur) zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten verfügt worden sind, nach Art. 33, 29 QualRL unzulässig (vgl. u. a. OVG NRW U. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 - juris; VG München U. v. 20.2.2014 - M 24 K 13.4174; VG Regensburg B. v. 13.12.2012 - RO 9 K 12.1670 - juris; VG Düsseldorf U. v. 18.3.2014 - 24 K 5977/12 - juris, indirekt auch BayVGH U. v. 9.5.2011 - 19 B 10. 2384 - juris Rn. 25; a. A.: OVG Lüneburg U. v. 11.12.2013 - 2 LC 222/13 - juris; VG Saarland U. v. 9.1.2014 - 6 K 945/13 - juris; VG Greifswald U. v. 1.4.2014 - 2 A 705/13 - juris, offen, aber wohl mit Tendenz zur Unzulässigkeit der Auflage: BVerwG B. v. 19.8.2014 - 1 C 1.14 - juris).

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des OVG Nordrhein-Westfalens (vgl. a. a. O.).

Ergänzend wird folgendes ausgeführt:

Die Art. 29 und 33 QualRL entsprechen im Wesentlichen den Regelungen der Art. 23 und 26 GFK, nach denen die Freizügigkeit von Flüchtlingen nicht aus Gründen des Sozialhilfebezuges eingeschränkt werden darf (vgl. BayVGH U. v. 9.5.2011 - 19 B 10.2384 - Rn. 25; BVerwG U. v. 15.1.2008 - 1 C 17/07 - juris).

Nach Art. 33 QualRL sind Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten freizügigkeitsberechtigt. Bei Beschränkungen der Freizügigkeit muss demnach der Grundsatz der Gleichbehandlung mit anderen Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt, beachtet werden; im Falle des Sozialhilfebezugs gilt zudem Art. 29 QualRL. Da die Wohnsitzauflage vorliegend ausschließlich zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten verfügt worden ist, ist sie nicht mit Art. 29, Art 33 QualRL vereinbar. Insoweit erfolgt nämlich keine Gleichbehandlung mit deutschen Sozialhilfebeziehern, da diesen keine Vorgabe zur Wahl des Wohnortes gemacht wird. Damit ist eine aus fiskalischen Gründen verfügte Wohnsitzauflage nicht nur bei Flüchtlingen, sondern auch bei subsidiär Schutzberechtigten unzulässig.

Die Auslegung, dass Art. 33 QualRL nicht die Wahl des Wohnortes dieser Personen betrifft, sondern ihnen nur Bewegungsfreiheit im Sinne der Reisefreiheit gewährt (vgl. OVG Lüneburg U. v. 11.12.2013 - 2 LC 222/13 - juris Rn. 77), überzeugt nicht.

Bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts sind neben dem Wortlaut insbesondere der systematische Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung verfolgt werden (vgl. EuGH U. v. 7.10.2010 - C-162/09 - juris Rn. 49 m. w. N.).

Zwar ist der deutsche Wortlaut des Art. 33 QualRL nicht eindeutig, da es in der Überschrift „Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaates“ heißt, im Normtext aber von „Bewegungsfreiheit“ gesprochen wird, während es in der englischen und französischen Fassung einheitlich „freedom of movement“ und „liberté de circulation“ bzw. „circuler librement“ heißt. Jedoch verwendet das Unionsrecht diese Begriffe nicht immer einheitlich (vgl. z. B. in Art. 45 AEUV, Art. 45 GrRCH, ausführlich dargestellt im Urteil des OVG NRW, a. a. O., Rn. 27 ff.). Für den Bedeutungsinhalt ist daher entscheidend auf den systematischen Zusammenhang sowie auf die Ziele der Regelung abzustellen.

Aus dem Normzweck und der Entstehungsgeschichte folgt, dass Art. 33 QualRL nicht nur die Reisefreiheit von Flüchtlingen und subsidiär Schutzbedürftigen regelt.

Das Ziel der QualRL war es, ein gemeinsames europäisches Asylsystem zu schaffen, das sich auf eine uneingeschränkte und umfassenden Anwendung der Genfer Konvention stützt, so dass davon auszugehen ist, dass das durch Art. 33 QualRL gewährleistete Recht ebenso zu verstehen ist wie in Art. 26 GK und somit auch die freie Wahl des Wohnsitzes umfasst (vgl. OVG NRW, a. a. O., Rn. 48 ff.; BVerwG B. v. 19.8.2014 - 1 C 1/14 - juris Rn. 23 ff.). Dies folgt auch aus Art. 20 Abs. 2 QualRL, wonach die Vorschriften des Kapitel 7 der QualRL sowohl für Flüchtlinge als auch für subsidiär Schutzbedürftige gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist (vgl. BVerwG B. v. 19.8.2014, a. a. O., Rn. 28). Weder in Art. 29 QualRL, noch in Art. 33 QualRL wird zwischen Flüchtlingen und subsidiär Schutzbedürftigen differenziert; die Normen gelten damit unterschiedslos für alle Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist (vgl. OVG NRW, a. a. O., Rn. 62).

Die vom Beklagten verfügte Wohnsitzauflage ist daher rechtswidrig und aufzuheben.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

III.

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da die Rechtsfrage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung ist nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. § 101 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Bei Ausländern, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis sind, ist es bei der Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU hinsichtlich der sprachlichen Kenntnisse nur erforderlich, dass sie sich auf einfache Art in deutscher Sprache mündlich verständigen können. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 8 findet keine Anwendung.

(3) Bei Ausländern, die sich vor dem 1. Januar 2005 rechtmäßig in Deutschland aufhalten, gilt hinsichtlich der vor diesem Zeitpunkt geborenen Kinder für den Nachzug § 20 des Ausländergesetzes in der zuletzt gültigen Fassung, es sei denn, das Aufenthaltsgesetz gewährt eine günstigere Rechtsstellung.

(4) (weggefallen)

(5) Auch für Ausländer, die bis zum Ablauf des 31. Juli 2015 im Rahmen des Programms zur dauerhaften Neuansiedlung von Schutzsuchenden einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 2 erhalten haben, sind die Regelungen über den Familiennachzug, das Bleibeinteresse, die Teilnahme an Integrationskursen und die Aufenthaltsverfestigung auf Grund des § 23 Absatz 4 entsprechend anzuwenden.

(6) § 23 Abs. 2 in der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung findet in den Fällen weiter Anwendung, in denen die Anordnung der obersten Landesbehörde, die auf Grund der bis zum 24. Mai 2007 geltenden Fassung getroffen wurde, eine Erteilung einer Niederlassungserlaubnis bei besonders gelagerten politischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland vorsieht. § 23 Abs. 2 Satz 5 und § 44 Abs. 1 Nr. 2 sind auf die betroffenen Ausländer und die Familienangehörigen, die mit ihnen ihren Wohnsitz in das Bundesgebiet verlegen, entsprechend anzuwenden.

(7) Eine Niederlassungserlaubnis kann auch Ehegatten, Lebenspartnern und minderjährigen ledigen Kindern eines Ausländers erteilt werden, die vor dem 1. Januar 2005 im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis nach § 31 Abs. 1 des Ausländergesetzes oder einer Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes waren, wenn die Voraussetzungen des § 26 Abs. 4 erfüllt sind und sie weiterhin die Voraussetzungen erfüllen, wonach eine Aufenthaltsbefugnis nach § 31 des Ausländergesetzes oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 35 Abs. 2 des Ausländergesetzes erteilt werden durfte.

(8) § 28 Absatz 2 in der bis zum 5. September 2013 geltenden Fassung findet weiter Anwendung auf Familienangehörige eines Deutschen, die am 5. September 2013 bereits einen Aufenthaltstitel nach § 28 Absatz 1 innehatten.

(9) Ausländer, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 besitzen, weil das Bundesamt oder die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 2, 3 oder 7 Satz 2 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung vorliegen, gelten als subsidiär Schutzberechtigte im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes und erhalten von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative, es sei denn, das Bundesamt hat die Ausländerbehörde über das Vorliegen von Ausschlusstatbeständen im Sinne des „§ 25 Absatz 3 Satz 2 Buchstabe a bis d in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung unterrichtet. Die Zeiten des Besitzes der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 Satz 1 in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung stehen Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 73b des Asylgesetzes gilt entsprechend.

(10) Für Betroffene nach § 73b Absatz 1, die als nicht entsandte Mitarbeiter des Auswärtigen Amts in einer Auslandsvertretung tätig sind, findet § 73b Absatz 4 ab dem 1. Februar 2016 Anwendung.

(11) Für Ausländer, denen zwischen dem 1. Januar 2011 und dem 31. Juli 2015 subsidiärer Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU oder der Richtlinie 2004/38/EG unanfechtbar zuerkannt wurde, beginnt die Frist nach § 29 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 mit Inkrafttreten dieses Gesetzes zu laufen.

(12) Im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34 und 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes, die bereits vor dem 1. August 2015 erlassen oder angeordnet worden ist, sind die Ausländerbehörden für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 zuständig.

(13) Die Vorschriften von Kapitel 2 Abschnitt 6 in der bis zum 31. Juli 2018 geltenden Fassung finden weiter Anwendung auf den Familiennachzug zu Ausländern, denen bis zum 17. März 2016 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative erteilt worden ist, wenn der Antrag auf erstmalige Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke des Familiennachzugs zu dem Ausländer bis zum 31. Juli 2018 gestellt worden ist. § 27 Absatz 3a findet Anwendung.

(14) (weggefallen)

(15) Wurde eine Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 4 in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung erteilt, gilt § 19d Absatz 1 Nummer 4 und 5 nicht, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Absatz 1a der Ausländer die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen hat.

(16) Für Beschäftigungen, die Inhabern einer Duldung bis zum 31. Dezember 2019 erlaubt wurden, gilt § 60a Absatz 6 in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung fort.

(17) Auf Personen mit einer bis zum Ablauf des 30. Juni 2023 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung sind bis zur erstmaligen Erstellung eines Kooperationsplans nach § 15 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der ab dem 1. Juli 2023 gültigen Fassung, spätestens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023, § 44a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 sowie § 45a Absatz 2 Satz 1 in der bis zum 30. Juni 2023 gültigen Fassung weiter anzuwenden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die wohnsitzbeschränkende Nebenbestimmung zu der der Klägerin am 25. Juni 2012 erteilten Aufenthaltserlaubnis wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der auf Grund des Urteils vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Kosten leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls der Beklagte nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um eine zur Aufenthaltserlaubnis der Klägerin verfügte Auflage, mit der die Wohnsitznahme der Klägerin für den Fall der Inanspruchnahme von Sozialleistungen örtlich auf das Land Mecklenburg-Vorpommern beschränkt ist.

2

Die Klägerin ist syrische Staatsangehörige. Mit Bescheid vom 21.11.2012 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Klägerin ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht, aber ein Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) hinsichtlich Syrien vorliege. Der Beklagte erteilte der damals noch im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten wohnhaften Klägerin am 04.04.2013 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG i.d. bis zum 01.12.2013 gegoltenen Fassung (jetzt § 25 Abs. 2 AufenthG). In den Aufenthaltstitel ist folgende Nebenbestimmung aufgenommen:

3

„Bei Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG, SGB II oder SGB XII ist die Wohnsitznahme auf das Land Mecklenburg-Vorpommern beschränkt.“

4

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 16.04.2013 Widerspruch gegen die genannte Nebenbestimmung ein. Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin gegen die Wohnsitzauflage mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2013 zurück. In der Begründung ist ausgeführt, dass es bei einer Titelvergabe nach § 25 Abs. 3 AufenthG (i.d. bis zum 01.12.2013 gegoltenen Fassung) zulässig sei, wohnsitzbeschränkende Auflagen nach Maßgabe der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz zu erteilen. Dies sei von der zuständigen Fachaufsicht des Ministeriums für Inneres und Sport Mecklenburg-Vorpommern mit Schreiben vom 12. Dezember 2012 Az: II 350-217-15543-2012/131-001 verfügt worden. Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 sei durch die Aufsichtsbehörde wiederholt auf die Verfügung verwiesen worden. Von den bindenden Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift solle nur dann und nur insoweit abgewichen werden, wenn es höchstrichterliche Entscheidungen – insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts bzw. landesspezifische obergerichtliche Rechtsprechung mit über den Einzelfall hinausgehenden klaren und verallgemeinerungsfähigen Aussagen gebe.

5

Am 30.08.2013 hat die Klägerin Klage erhoben.

6

Sie hält die Wohnsitzauflage für rechtswidrig. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.01.2008 – 1 C 17.07 – seien Wohnsitzauflagen gegenüber anerkannten Asylbewerbern und Flüchtlingen rechtswidrig. Dies sei auf die Fälle der Ausländer, denen – wie der Klägerin - subsidiärer Schutz gewährt worden sei, aufgrund der Gleichstellung von subsidiären Schutzberechtigten mit anerkannten Flüchtlingen durch Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG (im folgenden QRL 2004) zu übertragen. Auf die dazu ergangene Rechtsprechung werde verwiesen. Zudem verstoße die Wohnsitzauflage auch gegen die mit Art. 12 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 gewährte freie Wohnsitznahme gegenüber jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhalte. Die gegenüber der Klägerin erlassene Wohnsitzauflage sei schließlich bereits deshalb rechtswidrig, weil die Ausländerbehörde ihr Ermessen gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht ausgeübt habe.

7

Die Klägerin beantragt,

8

die der Klägerin erteilte Wohnsitzauflage mit dem Inhalt „Bei Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG, SGB II oder XII ist die Wohnsitzaufnahme auf das Land Mecklenburg-Vorpommern beschränkt“ aufzuheben,

9

hilfsweise

10

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er hält an der Nebenbestimmung fest. Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG könne eine Aufenthaltserlaubnis nachträglich mit Auflagen versehen werden. Gemäß Ziff. 12.2.5.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz sei er gehalten, bei Inhabern humanitärer Aufenthaltstitel wohnsitzbeschränkende Auflagen zu verfügen, soweit und solange sie Leistungen nach dem SGB II oder XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz bezögen, es sei denn, es handele sich um Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG in der bis zum 30.11.2013 gegoltenen Fassung (Asylberechtigte oder anerkannte politische Flüchtlinge). Für diese kämen wohnsitzbeschränkende Auflagen nur aus migrations- und integrationspolitischen Interessen in Betracht. Das Recht auf uneingeschränkte Reisefähigkeit im gesamten Bundesgebiet werde nicht tangiert. Art. 32 QRL 2004 schütze nur die Bewegungsfreiheit. Ferner sei die Genfer Flüchtlingskonvention gerade nicht als Maßstab heranzuziehen, da Art. 32 QRL 2004 bereits hinter dem Schutzstandard der Genfer Flüchtlingskonvention zurückbleibe.

14

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

16

1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber unbegründet.

17

Die mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anfechtungsklage ist nach § 42 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die angegriffene Wohnsitzauflage ist eine selbständige Nebenbestimmung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz M-V (VwVfG M-V), die eigenständig anfechtbar ist.

18

Die Klage ist aber unbegründet. Die angefochtene Nebenbestimmung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 VwGO.

19

Die Nebenbestimmung findet ihre rechtliche Grundlage in § 12 Abs. 2 S. 2 AufenthG. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Diese Befugnis erfasst auch die Erteilung einer Wohnsitzauflage, weil diese gegenüber der in der Vorschrift ausdrücklich genannten räumlichen Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis einen geringeren Eingriff darstellt. Sie ordnet zwar eine Residenzpflicht an, schränkt die Freizügigkeit im Bundesgebiet im Übrigen aber nicht ein (BVerwG, Urt. v. 15.01.2008 – 1 C 17.07 – Juris Rn. 13).

20

§ 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG stellt die Anordnung der räumlichen Beschränkung ins Ermessen der Behörde („kann“). Als Ermessensentscheidung ist die Entscheidung des Beklagten gem. § 114 VwGO gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder ob in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise vom Ermessen Gebrauch gemacht wurde.

21

Die Wohnsitzauflage ist ermessensfehlerfrei ergangen.

22

Ein Ermessensausfall oder eine Ermessensunterschreitung, wie sie die Klägerin geltend macht, liegt nicht vor. Mit seinem Widerspruchsbescheid hat der Beklagte seine Entscheidung zur Wohnsitzanordnung mit Verweis auf den Inhalt der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 12 Aufenthaltsgesetz begründet und sich damit der Sache nach auf eine seine Ermessensausübung lenkende Verwaltungsvorschrift bezogen. Nach Punkt 12.2.5.2.2. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz sollen gegenüber Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes, die Leistungen nach dem SGB II oder XI oder dem AsylbLG beziehen, wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt werden.Dies ist in der Verwaltungsvorschrift unter Ziff. 12.2.5.2.1 wie folgt begründet:

23

„Die wohnsitzbeschränkende Auflage stellt insbesondere ein geeignetes Mittel dar, um mittels einer regionalen Bindung die überproportionale fiskalische Belastung einzelner Länder und Kommunen durch ausländische Empfänger sozialer Leistungen zu verhindern. Entsprechende Auflagen können auch dazu beitragen, einer Konzentrierung sozialhilfeabhängiger Ausländer in bestimmten Gebieten und der damit einhergehenden Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf die Integration von Ausländern vorzubeugen. Entsprechende Maßnahmen sind auch gerechtfertigt, um Ausländer mit einem besonderen Integrationsbedarf an einen bestimmten Wohnort zu binden, damit sie dort von den Integrationsangeboten Gebrauch machen können.“

24

Im Einzelfall der Klägerin zu berücksichtigende gesonderte individuelle Interessen der Klägerin, die in die Ermessensentscheidung ergänzend hätten einfließen müssen, sind nicht ersichtlich und durch die Klägerin auch nicht geltend gemacht.

25

Die gegenüber der Klägerin verfügte Wohnsitzauflage ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28.7.1951, BGBl. 1953 II S. 559 – Genfer Konvention (GK) als ermessensfehlerhaft anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen nach dem Regelungszweck und dem Zusammenspiel der in den Art. 23 und 26 GFK bestehenden Regelungen über Freizügigkeit und Sozialhilfe gegenüber den dem Anwendungsbereich der GK unterliegenden Flüchtlingen keine freizügigkeitsbeschränkende Maßnahmen zum Zweck der Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten eingesetzt werden (BVerwG, Urt. v. 15.01.2008 – 1 C 17/07 – Juris). Die Klägerin ist indes durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weder als Asylberechtigter noch als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG anerkannt worden und damit kein dem Anwendungsbereich der GFK unterliegender anerkannter Flüchtling.

26

Die Wohnsitzauflage verstößt auch nicht gegen Gemeinschaftsrecht und hier insbesondere nicht gegen die Art. 33 und Art. 29 der sogenannten Qualifikationsrichtlinie Richtlinie 2011/95/EU (QRL 2011). Da Wohnsitzauflagen Dauerverwaltungsakte darstellen, kommt es für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung in der Tatsacheninstanz an und ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten an den Vorgaben des aktuell geltenden Rechts zu messen (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.01.2013 – 1 C 7/12 – juris, Rn. 9). Demzufolge ist vorliegend die QRL 2011 maßgeblich, die mit Wirkung zum 21.12.2013 die vorhergegangene Richtlinie 2004/83/EG (QRL 2004) ersetzt hat. Die hier maßgeblichen Regelungen der Art. 33 und Art. 29 der QRL 2011 waren allerdings auch in der QRL 2004 vorhanden, dort in den Art. 32 und 28.

27

Der Anwendungsbereich der Qualifikationsrichtlinie erfasst neben den anerkannten Flüchtlingen im Sinne der Genfer Konvention auch Personen, denen ein subsidiärer Schutzstatus im Sinne des Art. 15 Richtlinie 2011/95/EU zuerkannt ist (Art. 1 und 2 QRL) und führt die beiden Personenkreise unter dem Oberbegriff der Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, zusammen, vgl. Art 2 a QRL 2011). Mit dem der Klägerin zugesprochenen Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen eines subsidiär Schutzberechtigten nach Art. 2 g), 15 b) 15 der QRL 2011 und unterliegt damit „als Person, der internationaler Schutz gewährt worden ist“ dem vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfassten Personenkreis.

28

In der noch zu Art. 32, 28 Abs. 1 QRL 2004 ergangenen Rechtsprechung war umstritten, ob die Bestimmungen einer Wohnsitzauflage entgegen standen, die gegenüber einem subsidiär Schutzberechtigten – wie hier – zu dem Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten verfügt worden ist. Die dem Streit zugrunde liegende vertretene gegenteilige Argumentation zur Auslegung des Inhalts der Art. 32, 28 Abs. 1 der QRL 2004 Richtlinie findet auf die Art. 33, 29 Abs. 1 QRL 2011 entsprechende Anwendung, denn Änderungen haben die Vorschrift in ihrem Wortlaut nur insoweit erfahren, als der unverändert geblieben geschützte Personenkreis in den neuen Vorschrift unter einer anderen Bezeichnung geführt wird. Die bereits vom Schutz der Art. 32, 28 Abs. 1 QRL 2004 erfasst gewesenen „Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt ist“ werden in den Art. 33, 29 Abs. 1 QRL 2011 nunmehr unter dem in die neue Richtlinie aufgenommenen zusammenfassenden Oberbegriff der „Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist“ geführt.

29

Im Einzelnen ist streitig, ob die sowohl auf Flüchtlinge als auch subsidiär Schutzberechtigte anwendbaren zitierten Bestimmungen der Richtlinie trotz im Detail unterschiedlichen Wortlauts inhaltsgleich mit Art. 26 und Art. 23 GFK zu verstehen sind, mit der Folge, dass die aus Art. 26, 23 GFK zur Wohnsitzauflage gegenüber Flüchtlingen abzuleitenden Einschränkungen durch die Bestimmungen der Richtlinie auch auf die subsidiär Schutzberechtigten erstreckt sind (so insbesondere OVG Münster zur QRL 2004, Urt. v. 21.11.2013 – 18 A 1291/13 – Juris m.w.Nw.).

30

Die Kammer schließt sich der gegenteiligen Auffassung an, wonach sich aus den Bestimmungen der Richtlinie kein den Art. 26, 23 GFK entsprechendes Verbot einer nur wegen der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen erteilten Wohnsitzauflage herleiten lässt (so insbesondere OVG Lüneburg zur QRL 2004, Urt. v. 11.12.2013 – 2 LC 222/13 – Juris m.w.Nw.).

31

Art. 33 der QRL 2011 lautet:

32

Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaates

33

Die Mitgliedstaaten gestatten die Bewegungsfreiheit von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in ihrem Hoheitsgebiet unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.

34

Das OVG Lüneburg hat zu der entsprechenden Vorgängerregelung des Art. 32 QRL 2004 ausgeführt (a.a.O. Rn. 58 ff.):

35

„(1) Allein aus dem Umstand, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in der Vorschrift einheitlich behandelt werden, kann nicht gefolgert werden, auch bei subsidiär Schutzberechtigten gelte das aus Art. 26 und 23 GFK (für Flüchtlinge) abzuleitende Verbot, Wohnsitzauflagen nur wegen der Inanspruchnahme öffentlicher Leistungen zu erteilen. Diesem Ansatz steht entgegen, dass der Wortlaut von Art. 32 QLR 2004 in entscheidender Weise von 26 GFK abweicht, was zugleich einer erweiternden Auslegung Grenzen setzt. Art. 26 GFK lautet:

36

`Art 26

37

Freizügigkeit

38

Jeder vertragschließende Staat wird den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in seinem Gebiet befinden, das Recht gewähren, dort ihren Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen, vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden´,

39

und in der englischen Version:

40

`Article 26

41

Freedom of movement

42

`Each contracting state shall accord to refugees lawfully in its territory the right to choose their place of residence and to move freely within its territory, subject to any regulations applicable to aliens generally in the same circumstances.´

43

In der GFK wird mithin ausdrücklich zwischen dem Recht, den Aufenthalt zu wählen und dem Recht, sich frei zu bewegen, unterschieden (vgl. auch Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 2013, § 12 Rnr. 36). Soweit einzelne Veröffentlichungen der GFK - so u.a. die im Internet zum 60. Jubiläum des UNHCR bereitgestellten Fassung - das Wort `and´ in Art. 26 GFK nicht enthalten, steht dies nicht in Übereinklang mit dem offiziellen Text der GFK, wie er z. B. im Bundesgesetzblatt (BGBl. 1953 II S. 559) oder in der United Nations Treaty Collection (https://treaties.un.org) niedergelegt ist. Schon mangels Vergleichbarkeit der Texte können daher aus der Rechtsprechung zu Art. 26 GFK keine Schlussfolgerungen für die Bedeutung von Art. 32 QLR 2004 gezogen werden (aA. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 -, juris).

44

(2) Aber auch auf den Wortlaut allein von Art. 32 QLR 2004 kann die Klägerin ihr Begehren nicht stützen. Allerdings scheint die Überschrift von Art. 32 QRL 2004 in der deutschen Übersetzung („Freizügigkeit“) darauf hinzudeuten, dass der Artikel weit zu verstehen ist, denn nach deutschen Verständnis bedeutet Freizügigkeit die Möglichkeit „an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen“ (Jarass/Pieroth, GG, 2012, Art. 11 Anm. 2).

45

In der bislang zu der hier aufgeworfenen Frage der Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage ergangenen Rechtsprechung (vgl. oben) ist indes bereits ausführlich erörtert worden, dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen des Art. 32 QRL 2004 voneinander abweichen. Dies ist zu berücksichtigen; denn eine von den anderen Übersetzungen abweichende Sprachfassung darf nicht als alleinige Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen. Eine solche Vorgehensweise wäre mit dem Erfordernis einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts nicht vereinbar (EuGH, Urt. v. 19.9.2013 - C-140/12-, juris). Daraus folgt allerdings noch nicht zwingend, dass von einer Wortlautauslegung völlig abzusehen wäre und nur noch andere Auslegungsmethoden heranzuziehen wären. Erweist sich vielmehr bei einem Vergleich der Sprachfassungen, dass andere Fassungen in sich stimmig(er) sind, so sind diese Fassungen für das Verständnis der Norm heranzuziehen.

46

Vorliegend stehen in der französischen und englischen Fassung bezogen auf Art. 32 QRL 2004 Überschrift und Artikelinhalt jeweils im Gleichklang:

47

`Article 32

48

Freedom of movement within the Member State

49

Member States shall allow freedom of movement within their territory to beneficiaries of refugee or subsidiary protection status, under the same conditions and restrictions as those provided for other third country nationals legally resident in their territories.´

50

bzw.

51

`Article 32

52

Liberté de circulation à l'intérieur de l'État membre

53

Les États membres permettent aux personnes bénéficiant du statut de réfugié ou du statut conféré par la protection subsidiaire de circuler librement à l'intérieur de leur territoire, dans les mêmes conditions et avec les mêmes restrictions que celles qui sont prévues pour les ressortissants d'autres pays tiers résidant légalement sur leur territoire.´,

54

so dass der Sinngehalt dieser Fassungen zugrunde zu legen ist. Das bedeutet gleichzeitig, dass die deutsche Fassung von Art. 32 QRL 2004 korrigierend dahin zu verstehen ist, dass in der Überschrift an die Stelle des Begriffs der `Freizügigkeit` derjenige der `Bewegungsfreiheit´ zu treten hat.

55

Allerdings bleibt Art. 32 QRL 2004 damit für die von ihm ebenfalls erfassten Flüchtlinge iSd. GFK deutlich hinter Art. 26 GFK zurück, der (nicht nur die Bewegungsfreiheit, sondern daneben) die Wahl des Wohnsitzes ermöglicht. Es scheint auf den ersten Blick auch unschlüssig, dass der Richtliniengeber, der mit der Richtlinie gerade die Vorgaben der GFK umsetzen und dadurch auf eine in den Mitgliedstaaten einheitliche Rechtsstellung der GFK-Flüchtlinge hinwirken will (Marx, aaO., S. 660; vgl. auch Erwägungsgrund 3 der QRL 2004: `Die Genfer Konvention und das Protokoll stellen einen wesentlichen Bestandteil des internationalen Rechtsrahmens für den Schutz von Flüchtlingen dar.´), hinter Vorgaben der GFK für die Gruppe der Flüchtlinge zurückbleibt, wobei allerdings festzuhalten ist, dass die Rechte der GFK-Flüchtlinge durch die Richtlinie nicht eingeschränkt werden können, weil für diese unmittelbar Art. 26 GFK zur Geltung kommt (vgl. auch Art 20 Abs. 1 QRL 2004). Der Umstand, dass die Richtlinie gerade nicht die Formulierungen der GFK übernommen hat, deren Umsetzung sie unter anderem dient, lässt indes darauf schließen, dass die sprachlichen Differenzierungen mit Bedacht vorgenommen worden sind, so dass sie nicht mit Rückgriff auf generalisierende Erwägungen überspielt werden können. Dies gilt umso mehr, als z.B. Art. 7 Richtlinie 2003/9/EG (ebenso Art. 7 der Nachfolgerichtlinie 2013/33/EU), Art. 45 Abs. 2 lit. a. und c. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) oder auch Art. 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) zeigen, dass dem Richtliniengeber/den EU-Organen der unterschiedliche Bedeutungsgehalt der Begriffe `Bewegungsfreiheit´ einerseits und `Wohnsitznahme´ andererseits geläufig sind. Dafür, dass die sprachlichen Differenzierungen mit Bedacht vorgenommen worden sind, spricht zudem, dass etliche Staaten (schon) gegen die in Art. 26 GFK eröffnete freie Wahl des Wohnsitzes Vorbehalte angemeldet haben (vgl. Nachweis bei Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 2013, § 12 Rnr. 41).

56

Auch in der anstelle der QRL 2004 ab 21. Dezember 2013 maßgebenden Nachfolgerichtlinie `2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes´ (v. 13.12.2011, Amtsbl. EU L 337/9, QRL 2011) hat der Richtliniengeber schließlich bezogen auf den hier maßgeblichen Artikel am Wortlaut keine Änderung vorgenommen (aus Art. 32 QRL 2004 wurden lediglich Art. 33 QRL 2011).

57

(3) Unabhängig von den obigen Überlegungen ermöglicht Art. 32 QRL 2004 schließlich generell Einschränkungen, die auch für andere rechtmäßig im Aufnahmestaat lebende Drittstaatsangehörige gelten (Grundsatz der Ausländergleichbehandlung). Da (zwar nicht für GFK-Flüchtlinge, aber) für etliche andere Drittstaatsangehörige (z.B. Personen mit einem nur nationalen Abschiebungshindernis, sonstige Ausländer, die über einen humanitären Aufenthaltstitel verfügen) im Bundesgebiet Wohnsitzbeschränkungen wegen des Bezugs von öffentlichen Leistungen zulässig sind (vgl. oben Allg. VV), spricht auch dieser Aspekt für die Rechtmäßigkeit der Wohnsitzauflage.

58

bb) Es stehen auch nicht andere Vorgaben der Richtlinie 2004/83/EG einer an den Bezug von öffentlichen Leistungen geknüpften Wohnsitzauflage bei subsidiär Schutzberechtigten entgegen.

59

Allerdings ergibt sich für GFK-Flüchtlinge aus dem Zusammenspiel der in Art. 26 GFK gewährten Freizügigkeit mit dem Grundsatz fürsorgerechtlicher Gleichbehandlung in Art. 23 GFK - dort heißt es

60

Öffentliche Fürsorge

61

`Die vertragschließenden Staaten werden den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen gewähren´ -,

62

dass freizügigkeitsbeschränkende Maßgaben gegenüber Flüchtlingen nicht (allein) zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Soziallasten eingesetzt werden dürfen (BVerwG, Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, juris).

63

Der in Art. 23 GFK niedergelegte umfassende Grundsatz fürsorgerechtlicher Gleichbehandlung ist jedoch nicht in vergleichbarem Maße in die entsprechende Vorschrift des Art. 28 QRL 2004 übernommen worden, so dass auch Art. 28 QRL 2004 der Erteilung einer Wohnsitzauflage an subsidiär Schutzberechtigte nicht entgegensteht.

64

Art. 28 QRL 2004 lautet:

65

`1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der die jeweilige Rechtstellung gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats erhalten.

66

2. Abweichend von der allgemeinen Regel nach Abs. 1 können die Mitgliedstaaten die Sozialhilfe für Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, auf Kernleistungen beschränken, die sie im gleichen Umfang unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige gewähren.´

67

Während Art. 23 GFK für Flüchtlinge also eine `gleiche Behandlung´ (engl.: `the same treatment´) wie bei eigenen Staatsangehörigen fordert, bestimmt Art. 28 Abs. 1 QRL 2004 lediglich, dass `die notwendige Sozialhilfe´ (engl.: `necessary social assistance´) wie bei eigenen Staatsangehörigen zu gewähren ist. Die `gleiche Behandlung´ iSv. Art. 23 GFK ist ein weit gefasster Ausdruck, der nicht nur die gleichen Leistungen nach Art und Höhe einschließt, sondern auch voraussetzt, dass in vergleichbaren Situationen mit Flüchtlingen nicht anders umgegangen wird als mit eigenen Staatsangehörigen (BVerwG, Urt. v. Urt. v. 15.1.2008 - 1 C 17.07 -, BVerwGE 130, 148, juris, v. 18.5.2000 - 5 C 29.98 -, BVerwGE 111, 200, juris). Da eigenen Staatsangehörigen (nur) wegen des Bezugs von öffentlichen Leistungen keine Wohnsitzbeschränkung auferlegt werden darf, steht Art. 23 GFK mithin einer (nur) auf den Bezug von öffentlichen Leistungen gestützten Wohnsitzbeschränkung bei Flüchtlingen entgegen (BVerwG, Urt. v. 15.1.2008, aaO.). Eine derart weitgehende Bedeutung ist jedoch der Vorgabe in Art. 28 Abs. 1 QRL 2004, die lediglich die Gewährung der `notwendigen Sozialhilfe´ / `necessary social assistance´ fordert, nicht zu entnehmen; denn die Vorgabe zielt nur darauf ab, öffentliche Hilfe nach Höhe und Leistungsart wie bei eigenen Staatsangehörigen zu gewährleisten (aA. OVG NRW, Urt. v. 21.11.2013 - 18 A 1291/13 -, juris).

68

Somit bleibt der Richtliniengeber auch bei dieser sowohl für Flüchtlinge als auch für subsidiär Schutzberechtigte geltenden Bestimmung erneut für Flüchtlinge hinter den Vorgaben in Art. 23 GFK zurück. Wie schon oben zu Art. 32 QRL 2004 ausgeführt, lässt auch bezogen auf Art. 28 QRL 2004 gerade der Umstand, dass die Richtlinie nicht die Formulierungen der GFK übernommen hat, deren Umsetzung sie unter anderem dient, darauf schließen, dass die sprachlichen Differenzierungen auch an dieser Stelle mit Bedacht vorgenommen worden sind, so dass sie ebenfalls nicht mit Rückgriff auf generalisierende Erwägungen überspielt werden können.

69

Zu einem anderen Ergebnis gibt auch Art. 28 Abs. 2 QRL 2004 keinen Anlass. Darin wird zwar - was zulässig ist (vgl. Art. 20 Abs. 2 und Erwägungsgrund 34), in Deutschland aber nicht zum Tragen kommen dürfte, weil es generell keine auf `Kernleistungen´ herabgesetzte Sozialhilfe für Inländer gibt (vgl. hierzu allg. Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 706) - (nur) für subsidiär Schutzberechtigte der Schutzstatus gegenüber Abs. 1 abgesenkt. Dies rechtfertigt es aber nicht, Art. 28 Abs. 1 QRL 2004 deswegen erweiternd zu verstehen.

70

Die Nachfolgerichtlinie (QRL 2011) rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Allerdings sollen nach Erwägungsgrund 39 subsidiär Schutzberechtigte, abgesehen von notwendigen Ausnahmen, dieselben Rechte und Leistungen wie Flüchtlinge erhalten. Durch die QRL 2011 soll mithin der subsidiäre Schutzstandard weiter dem Flüchtlingsschutz angeglichen werden (Marx, Handbuch zum Flüchtlingsschutz, 2012, S. 497). Entsprechend ist in einzelnen Bereichen der bislang abgesenkte Status von subsidiär Berechtigten in der QRL 2011 aufgehoben (z.B. Art. 26, 30, 34) bzw. gemildert (Art. 25) worden (Marx, aaO., S. 700, 707). Unabhängig davon, dass die QRL 2011 im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch keine Geltung hatte, ist jedoch wesentlich, dass der Richtliniengeber auch in der QRL 2011 bezogen auf den hier maßgeblichen Artikel am Wortlaut gerade keine Änderung vorgenommen hat (aus Art. 28 QRL 2004 wurden lediglich Art. 29 QRL 2011).“

71

Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen in entsprechender Anwendung auf die hier zu erfolgende Auslegung der wortgleichen Vorschriften der geltenden Richtlinie an.

72

Ergänzend hinzuzufügen bleibt, dass der Erwägungsgrund 39 QRL 2011 sich darauf bezieht, dass den subsidiär Schutzberechtigten grundsätzlich dieselben Rechte und Leistungen gewährt werden sollen, wie Flüchtlingen gemäß dieser Richtlinie. Daraus lässt sich gerade nicht herleiten, dass die Richtlinie bei der einheitlich gegenüber Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten zu erfolgenden Rechtsgewährung in einzelnen Punkten nicht hinter dem Schutzstatus zurückbleiben können solle, die die Genfer Konvention (nur) den Flüchtlingen einräumt. Anderes folgt auch nicht aus dem Erwägungsgrund 33 Satz 2, wonach der subsidiäre Schutzstatus den in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Schutz für Flüchtlinge ergänzen soll. Dies besagt lediglich, dass durch die mit der Richtlinie erfolgte Aufnahme der subsidiär Schutzberechtigten der durch die Richtlinie geschützte Personenkreis ein größerer ist, als der der Genfer Konvention.

73

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Wohnsitzauflage auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte. Danach hat jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz zu wählen. Der rechtmäßige Aufenthalt im Sinne dieser Bestimmung wird aber durch nationales Recht, hier also auch durch die Wohnsitzauflage definiert (BVerwG, Urt. v. 19.03.1996 – 1 C 34.93 – Juris Rn. 33).

74

2. Der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Verpflichtungsantrag ist unzulässig. Statthafte Klageart gegen die selbstständig anfechtbare Nebenbestimmung der Wohnsitzauflage ist die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage.

75

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

76

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

77

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Tenor

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

1) Stellt die Auflage, den Wohnsitz in einem räumlich begrenzten Bereich (Gemeinde, Landkreis, Region) des Mitgliedstaats zu nehmen, eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU dar, wenn der Ausländer sich ansonsten im Staatsgebiet des Mitgliedstaats frei bewegen und aufhalten kann?

2) Ist eine Wohnsitzauflage gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit Art. 33 und/oder Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar, wenn sie darauf gestützt wird, eine angemessene Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten auf deren jeweilige Träger innerhalb des Staatsgebiets zu erreichen?

3) Ist eine Wohnsitzauflage gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit Art. 33 und/oder Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar, wenn sie auf migrations- oder integrationspolitische Gründe gestützt wird, etwa um soziale Brennpunkte durch die gehäufte Ansiedlung von Ausländern in bestimmten Gemeinden oder Landkreisen zu verhindern? Reichen insoweit abstrakte migrations- oder integrationspolitische Gründe aus oder müssen solche Gründe konkret festgestellt werden?

Gründe

I.

1

Der Kläger erstrebt die Feststellung, dass die seiner Aufenthaltserlaubnis aus dem Jahr 2012 beigefügte Wohnsitzauflage rechtswidrig gewesen ist.

2

Der Kläger, ein 1968 geborener syrischer Staatsangehöriger, reiste mit seiner Ehefrau und drei gemeinsamen Kindern im August 1998 nach Deutschland ein und stellte hier unter einem Alias-Namen einen Asylantrag. Diesen lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) - Bundesamt - ab, die Ablehnung wurde nach Durchführung eines Gerichtsverfahrens im August 2003 rechtskräftig. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Von Beginn des Asylverfahrens bis heute bezog der nicht erwerbstätige Kläger mit seiner Familie (Ehefrau und mittlerweile fünf Kinder) Leistungen der sozialen Sicherung und erhielt die Auflage, seinen Wohnsitz in der Stadt A. zu nehmen, die im Landkreis des Beklagten liegt.

3

Im Februar 2012 stellte der Kläger unter dem Namen I. A. beim Bundesamt einen Asylfolgeantrag, beschränkte diesen auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und legte dem Beklagten ein syrisches Familienstammbuch nebst Übersetzung vor. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 5. Juni 2012 stellte das Bundesamt unter entsprechender Abänderung seines Bescheides vom August 1998 ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG hinsichtlich Syriens fest. Der Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin unter dem 12. Oktober 2012 eine bis zum 7. Juni 2013 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Dieser war die Auflage beigefügt, wonach der Kläger "Zur Wohnsitznahme in der Stadt A. verpflichtet" wurde. Der Beklagte hat sich bei seiner Entscheidung von den Ziffern 12.2.5.2.1 und 12.2.5.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz leiten lassen. Derzeit besitzt der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, gültig vom 5. Februar 2014 bis zum 7. Juni 2015, die weiterhin mit einer entsprechenden Wohnsitzauflage versehen ist.

4

Der Kläger hat im Februar 2013 Anfechtungsklage erhoben, mit der er sich gegen die Wohnsitzauflage wendet. Während das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen hat, hob das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Urteil vom 21. November 2013 die Wohnsitzauflage auf. Es hat sein Urteil im Wesentlichen damit begründet, dass die im Ermessen des Beklagten stehende Entscheidung gegen Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG (heute: Art. 29 Abs. 1 und Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU) verstoße. Gegenüber anerkannten Flüchtlingen dürften Wohnsitzauflagen nach der Genfer Flüchtlingskonvention nicht zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten erteilt werden. Entsprechendes müsse für Personen mit subsidiärem Schutzstatus - wie den Kläger - gelten, denn Art. 28 Abs. 1 i.V.m. Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG unterschieden nicht zwischen Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten.

5

Mit seiner Revision trägt der Beklagte vor, seine Ermessensentscheidung zur Verhängung einer Wohnsitzauflage verstoße nicht gegen Unionsrecht. Denn Art. 32 der Richtlinie 2004/83/EG und Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU erfassten nur die Bewegungsfreiheit, nicht aber die freie Wohnsitzwahl, wie sich nicht zuletzt aus einem Vergleich der englischen, französischen und deutschen Sprachfassung ergebe. Auch andere einschlägige Vorschriften des Unionsrechts (z.B. Art. 45 Grundrechtecharta, Art. 21 AEUV und Art. 7 der Richtlinie 2003/9/EG) erwähnten die Wahl des Aufenthalts oder des Wohnsitzes zusätzlich zur Bewegungsfreiheit, wenn sie diese schützen wollten. Der Richtliniengeber habe das aus der Genfer Flüchtlingskonvention abzuleitende Verbot, Flüchtlingen zur angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten Wohnsitzauflagen zu erteilen, nicht in die Richtlinie übernommen und jedenfalls nicht auf Personen mit subsidiärem Schutzstatus erstreckt.

6

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und begehrt nunmehr im Hinblick auf die im Februar 2014 erneut verfügte wohnsitzbeschränkende Auflage nur noch die Feststellung, dass die 2012 verfügte Wohnsitzauflage rechtswidrig war. Er leitet sein Interesse an einer solchen Feststellung aus der Wiederholungsgefahr ab, wie sie sich 2014 in Gestalt der erneuten Auflage bereits realisiert habe.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren und teilt im Wesentlichen die Rechtsauffassung des beklagten Landkreises.

II.

8

Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen (Art. 267 AEUV). Die Fragen betreffen die Auslegung der Art. 33 und 29 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 vom 20. Dezember 2011 S. 9 - CELEX: 32011L0095). Da es um die Auslegung von Unionsrecht geht, ist der Gerichtshof zuständig. Es wird darauf hingewiesen, dass die Fragen Gegenstand von zwei weiteren - gleichlautenden - Vorabentscheidungsersuchen sind (vgl. Beschlüsse vom 19. August 2014 - BVerwG 1 C 3.14 und BVerwG 1 C 7.14).

9

1. Für die rechtliche Beurteilung des Begehrens auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der im Jahr 2012 erteilten Wohnsitzauflage als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz maßgeblich (Urteil vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 7.12 - BVerwGE 145, 305 = Buchholz 402.242 § 23 AufenthG Nr. 5, jeweils Rn. 9). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte. Im vorliegenden Fall ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Außerkrafttretens der Auflage im Februar 2014 abzustellen. Denn die Auflage galt nach dem nationalem Aufenthaltsrecht (§ 51 Abs. 6 AufenthG) bis zur Erteilung der neuen - inhaltlich gleichlautenden - Auflage im Februar 2014 fort. Zu diesem Zeitpunkt waren die hier maßgeblichen Art. 29 und 33 der Richtlinie 2011/95/EU gemäß Art. 41 der Richtlinie in Kraft getreten, und die Umsetzungsfrist für sie war gemäß Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU abgelaufen. Die Richtlinie wurde durch das Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474) in nationales Recht umgesetzt. Danach bilden folgende nationale Vorschriften, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten, den rechtlichen Rahmen dieses Rechtsstreits:

10

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3, § 12 Abs. 1 und 2 sowie § 25 Abs. 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474), lauten:

§ 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1. der Lebensunterhalt gesichert ist.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach <…> § 25 Abs. 1 bis 3<…> ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2 <…> abzusehen.

§ 12 Geltungsbereich; Nebenbestimmungen

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden.

§ 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft <…> oder subsidiären Schutz <…> zuerkannt hat.

11

Auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes hat der Bundesminister des Innern mit Zustimmung des Bundesrates eine Verwaltungsvorschrift erlassen, die die Ausländerbehörden bei der Anwendung des Gesetzes zu beachten haben (Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 - GMBl 2009, 878). Danach ist eine Aufenthaltserlaubnis, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt wird, in dem Fall, in dem der Begünstigte Leistungen der sozialen Sicherung bezieht, mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage zu verbinden. Die einschlägigen Nummern der Verwaltungsvorschrift lauten wie folgt:

12.2.5.2.1 Die wohnsitzbeschränkende Auflage stellt insbesondere ein geeignetes Mittel dar, um mittels einer regionalen Bindung die überproportionale fiskalische Belastung einzelner Länder und Kommunen durch ausländische Empfänger sozialer Leistungen zu verhindern. Entsprechende Auflagen können auch dazu beitragen, einer Konzentrierung sozialhilfeabhängiger Ausländer in bestimmten Gebieten und der damit einhergehenden Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf die Integration von Ausländern vorzubeugen. Entsprechende Maßnahmen sind auch gerechtfertigt, um Ausländer mit einem besonderen Integrationsbedarf an einen bestimmten Wohnort zu binden, damit sie dort von den Integrationsangeboten Gebrauch machen können.

12.2.5.2.2 Vor diesem Hintergrund werden wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt und aufrechterhalten bei Inhabern von Aufenthaltserlaubnissen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes bzw. Niederlassungserlaubnissen nach § 23 Absatz 2, soweit und solange sie Leistungen nach dem SGB II oder XII oder dem AsylbLG beziehen. Hierzu zählen auch Aufenthaltserlaubnisse nach §§ 104a und 104b.

12

2. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich und bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof.

13

a) Der Kläger ist Inhaber des subsidiären Schutzstatus im Sinne von Art. 2 Buchst. g und Art. 18 der Richtlinie 2011/95/EU, dieser beruht auf der Anerkennungsentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 5. Juni 2012. Sein Aufenthalt war jedoch während der gesamten Dauer - beginnend im Jahr 1998 - mit der Auflage verbunden, den Wohnsitz in der Stadt A. zu nehmen, die im Landkreis des Beklagten liegt. Eine entsprechende Auflage war seiner Aufenthaltserlaubnis vom 12. Oktober 2012 beigefügt, deren Rechtswidrigkeit er mit der streitgegenständlichen Klage feststellen lassen will. Auch seine derzeit gültige Aufenthaltserlaubnis vom 5. Februar 2014 ist mit einer gleichlautenden Auflage verbunden. Der Kläger hat daher ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung, ob die ihm auferlegte Beschränkung seines Wohnsitzes rechtmäßig ist.

14

b) Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann ein Aufenthaltstitel, der in der Regel für das gesamte Bundesgebiet erteilt wird (§ 12 Abs. 1 AufenthG), mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Die Erteilung einer Wohnsitzauflage ist grundsätzlich zulässig, weil sie gegenüber der in § 12 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ausdrücklich genannten räumlichen Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis einen geringeren Eingriff darstellt (vgl. Urteil vom 15. Januar 2008 - BVerwG 1 C 17.07 - BVerwGE 130, 148 = Buchholz 402.22 Art. 26 GK Nr. 3, jeweils Rn. 13). Sie ordnet zwar eine Pflicht zur Wohnungsnahme und -nutzung an diesem Ort an, schränkt die Möglichkeit, sich im Bundesgebiet im Übrigen frei zu bewegen und aufzuhalten, aber nicht ein. Die Entscheidung, ob eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Auflage verbunden wird, steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Ihre Entscheidung ist daher nur darauf überprüfbar, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Der Beklagte hat sich - wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat (UA S. 6 f.) - bei seiner Ermessensausübung von den Ziffern 12.2.5.2.1 und 12.2.5.2.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministerium des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 (GMBl 2009, 878 <960>) leiten lassen, wonach Inhabern von Aufenthaltstiteln aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen (vgl. Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes), soweit und solange sie Leistungen der sozialen Sicherung beziehen, zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialleistungslasten wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt werden sollen. Eine Bindung der Ermessensentscheidung der einzelnen Ausländerbehörden durch einheitliche Verwaltungsvorschriften ist nach nationalem Recht zulässig.

15

Rechtmäßig ist es nach nationalem Recht auch - sofern keine Sonderregelungen wie die der Art. 26 und 23 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) greifen -, gegenüber Ausländern die Aufenthaltserlaubnis mit Wohnsitzauflagen zum Zweck der angemessenen Verteilung der Sozialhilfelasten zu verbinden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht für die Aufnahme größerer Gruppen von Ausländern - z.B. Bürgerkriegsflüchtlinge oder jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion - entschieden. Denn es dient einem gewichtigen öffentlichen Interesse, innerhalb der föderal strukturierten Bundesrepublik Deutschland einer Überlastung einzelner Bundesländer und Kommunen durch ein Verteilungsverfahren und entsprechende Wohnsitzbeschränkungen beim Bezug von Leistungen der sozialen Sicherung entgegenzuwirken (Urteile vom 15. Januar 2013 - BVerwG 1 C 7.12 - BVerwGE 145, 305 = Buchholz 402.242 § 23 AufenthG Nr. 5, jeweils Rn. 16 und vom 19. März 1996 - BVerwG 1 C 34.93 - BVerwGE 100, 335 <342> = Buchholz 402.240 § 12 AuslG 1990 Nr. 9 S. 40). Abweichendes ergibt sich nach der Rechtsprechung des vorlegenden Senats für anerkannte Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention, weil diese in Art. 23 GFK bei der Gewährung von Sozialhilfeleistungen für Flüchtlinge die "gleiche Behandlung" vorsieht wie für eigene Staatsangehörige, für die entsprechende Wohnsitzauflagen aus fiskalischen Gründen nicht vorgesehen sind. Daher darf anerkannten Flüchtlingen - anders als Staatenlosen, Kontingentflüchtlingen und sonstigen Inhabern von Aufenthaltserlaubnissen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen - die Wahl des Wohnsitzes nicht zum Zweck der angemessenen Verteilung der Sozialhilfelasten eingeschränkt werden (vgl. Urteil vom 15. Januar 2008 a.a.O., jeweils Rn. 18 ff.). Es ist also entscheidungserheblich, ob Wohnsitzbeschränkungen gegenüber subsidiär Schutzberechtigten zum Zweck der angemessenen Verteilung von Sozialhilfelasten verhängt werden dürfen.

16

c) Die gegenüber dem Kläger angeordnete Beschränkung des Wohnsitzes verstößt nicht gegen die völkerrechtlichen Regelungen in Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 16. September 1963 (BGBl 1968 II S. 423, 1109) und in Art. 12 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) vom 19. Dezember 1966 (BGBl 1973 II S. 1533, 1976 II S. 1068).

17

Nach Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK hat nur derjenige, der sich "rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält", das Recht, sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Nur soweit der Aufenthalt rechtmäßig ist, gelten die in Absatz 3 der Vorschrift normierten Grenzen für eine Beschränkung der in Absatz 1 gewährten Freiheit. Wurde der Aufenthalt von Anfang an nur - wie hier - mit der verfügten Wohnsitzbeschränkung gestattet, ist er auch nur in diesem Umfang rechtmäßig; die aufschiebende Wirkung des gegen die Wohnsitzauflage eingelegten Rechtsbehelfs verhindert lediglich deren Vollziehung, berührt aber nicht die Wirksamkeit der Wohnsitzauflage. Dass die räumliche Beschränkung die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bestimmt, entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. Entscheidung vom 20. November 2007 - Nr. 44294/04 - Omwenyeke/Deutschland - m.w.N. - ergangen zur räumlichen Beschränkung eines Asylbewerbers auf das Gebiet der Stadt Wolfsburg), des vorlegenden Gerichts (vgl. Urteil vom 19. März 1996 a.a.O. <346> bzw. S. 44) und der Kommentarliteratur (vgl. Grabenwarter, European Convention on Human Rights - Commentary - 2014, S. 412 Rn. 3). Die Wohnsitzbeschränkung ist dann nicht am Maßstab einer Einschränkung nach Absatz 3 von Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zu messen, weil sie bereits für den rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne von Absatz 1 konstitutiv ist. Das Gleiche gilt für die Auslegung von Art. 12 IPBPR. Denn der Aufenthalt ist von vornherein nur mit der Wohnsitzauflage rechtmäßig gewesen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IPBPR. Die Auflage ist daher nicht am Maßstab von Art. 12 Abs. 3 IPBPR zu messen. Die vom Kläger dagegen zitierte Kommentierung zu Art. 12 IPBPR (UN Human Rights Committee (HRC), CCPR General Comment No. 27: Article 12 (Freedom of Movement), 2 November 1999, CCPR/C/21/Rev.1/Add.9 - marginal 12) bezieht sich auf Art. 12 Abs. 3 IPBPR und nicht auf den hier maßgeblichen Art. 12 Abs. 1 IPBPR.

18

Ist die angefochtene Wohnsitzauflage nach nationalem Recht und nach völkerrechtlichen Normen rechtmäßig, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob ihr Art. 33 und/oder Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU entgegensteht. Im Einzelnen stellen sich in diesem Zusammenhang die folgenden Vorlagefragen 1 bis 3. Sie bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof der Europäischen Union, da er zur Entscheidung auslegungsbedürftiger Fragen der hier maßgeblichen Richtlinie 2011/95/EU berufen ist.

19

1. Vorlagefrage:

Geht es im vorliegenden Fall um die Frage, ob die gegenüber einer Person mit subsidiärem Schutzstatus verfügte Wohnsitzauflage mit Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar ist, ist zunächst zu klären, ob eine solche Wohnsitzauflage überhaupt eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU darstellt, wenn der betroffene Ausländer ansonsten Freizügigkeit im Mitgliedstaat genießt. In seiner zu Wohnsitzauflagen für Flüchtlinge (Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU) ergangenen Entscheidung stellte sich diese Frage für das vorlegende Gericht nicht, weil Art. 26 GFK die freie Wohnsitzwahl ausdrücklich gewährleistet.

20

a) Der hiervon abweichende Wortlaut des Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU schließt eine Auslegung nicht aus, wonach unter den Begriff der Bewegungsfreiheit auch die Freiheit der Wohnsitznahme fällt. Wenig Aussagekraft hat insoweit indes die in der deutschen Sprachfassung gewählte Überschrift "Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaats", die für eine weite Auslegung der Bewegungsfreiheit spricht, denn in anderen Sprachfassungen ist nur von "Freedom of Movement" oder "Liberté de circulation" die Rede.

21

Gegen eine Auslegung, die die Freiheit der Wohnsitzwahl von der Bewegungsfreiheit erfasst ansieht, könnte streiten, dass in anderen Normen des Unionsrechts und des Völkerrechts die Wohnsitzwahl und das Recht zum Aufenthalt gesondert neben der Bewegungsfreiheit garantiert werden. So wird nicht nur in Art. 26 GFK, sondern auch in Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK und in Art. 12 IPBPR die freie Wohnsitzwahl gesondert neben der Bewegungsfreiheit genannt. Auch andere Regelungen führen die Bewegungsfreiheit und das Recht zum Aufenthalt nebeneinander auf, wobei das Recht zum Aufenthalt die Wahl des Wohnsitzes umfasst (Art. 20 und 45 AEUV). Aus der Gesamtschau der Regelungen ist für das vorlegende Gericht aber offen, ob die Wohnsitzwahl notwendigerweise ein aliud oder ein Mehr gegenüber der Bewegungsfreiheit darstellt.

22

b) In seiner Rechtsprechung zu Art. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK sieht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Beschränkungen der Wohnsitzwahl als Einschränkung der Bewegungsfreiheit an. Der EGMR ordnet Wohnsitzauflagen und andere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit einheitlich dem Begriff der Bewegungsfreiheit ("restrictions à la liberté de circuler") im Sinne von Art. 2 des Protokolls zu, obwohl in der Vorschrift das Recht geschützt wird, sich "frei zu bewegen" und den "Wohnsitz zu nehmen" (Urteil vom 20. April 2010 - Nr. 19675/06 - Villa/Italien - Rn. 41 bis 43; Gegenstand des Urteils ist auch eine Wohnsitzauflage). Der EGMR sieht sogar zwischen dem Entzug der Freiheit im Sinne von Art. 5 EMRK und ihrer Einschränkung im Sinne von Art. 2 des Protokolls keinen Wesensunterschied, sondern nur einen graduellen Unterschied (différence de degré ou d'intensité - Rn. 41). Auch in seinem Urteil vom 22. Februar 2007 (Nr. 1509/02 - Tatishvili/Russland - Rn. 46) betreffend die Verweigerung einer Wohnsitzregistrierung gegenüber einem ethnischen Georgier durch Russland ("Propiska") misst der EGMR die Beschränkungen synonym an der "Bewegungsfreiheit" wie an der "freien Wahl des Wohnsitzes".

23

c) Von erheblichem Gewicht für die Auslegung von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU sind Sinn und Zweck der Regelung. Diese sieht keine unterschiedliche Behandlung von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten vor. Wenn aber Art. 33 der Richtlinie die Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge in gleicher Weise wie für subsidiär Schutzberechtigte regelt und Flüchtlingen nach Art. 26 GFK die Bewegungsfreiheit und die Freiheit der Wohnsitzwahl garantiert wird, könnte dies dafür sprechen, dass die durch Art. 33 Richtlinie geschützte Bewegungsfreiheit in ihrem Schutzumfang nicht hinter der des Art. 26 GFK zurückbleibt.

24

Zielsetzung der Richtlinie 2011/95/EU ist ein gemeinsames europäisches Asylsystem, dessen Schutzstandards mit den Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention im Einklang stehen. Das ergibt sich aus der Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Richtlinie, aus ihren Erwägungsgründen und möglicherweise auch aus Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie. Diese ist auf Art. 78 Abs. 1 und 2 Buchst. a und b AEUV gestützt. Diese Vorschrift lautet wie folgt (Unterstreichungen durch das vorlegende Gericht):

Artikel 78

(1) Die Union entwickelt eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll. Diese Politik muss mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen.

(2) Für die Zwecke des Absatzes 1 erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen in Bezug auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem, das Folgendes umfasst:

a) einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige;

b) einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die keinen europäischen Asylstatus erhalten, aber internationalen Schutz benötigen.

25

Daraus ergibt sich, dass die Richtlinie einen "Asylstatus" für Drittstaatsangehörige schaffen will (und nicht nur Anerkennungsvoraussetzungen), der "im Einklang steht" mit der Genfer Flüchtlingskonvention. Das Ziel der vollständigen Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention kommt auch in Erwägungsgrund 16 der Richtlinie zum Ausdruck. Dieser ergänzt den Erwägungsgrund 10 der Vorgänger-Richtlinie 2004/83/EG um das Ziel, "die Anwendung der Artikel 1, ... 18, ... der Charta zu fördern". Nach Art. 18 GR-Charta soll aber das Asylrecht "nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 …" gewährleistet werden.

26

Die Begründung der Kommission für die heutige Richtlinie 2011/95/EU vom 21. Oktober 2009 (KOM(2009)551 endgültig, S. 6 f.) lautet (Unterstreichungen durch das vorlegende Gericht):

"Mit dem Vorschlag soll vor allem Folgendes erreicht werden:

- Höhere Schutzstandards bei den Schutzgründen und dem Inhalt des zu gewährenden Schutzes im Einklang mit internationalen Normen, insbesondere zur Gewährleistung der uneingeschränkten und umfassenden Anwendung des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des New Yorker Protokolls vom 31. Januar 1967 ("Genfer Flüchtlingskonvention") und der uneingeschränkten Achtung der EMRK und der EU-Charta der Grundrechte ("EU-Charta").

27

Das könnte dafür sprechen, dass auch der Inhalt des durch die Richtlinie zu gewährenden Schutzes (Art. 20 bis 35) die "uneingeschränkte und umfassende" Anwendung der GFK sicherstellen soll. Das ist in den Beratungen zur Richtlinie zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden.

28

Bei dieser Auslegung, die sich an den Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert, umfasst der Schutz der Bewegungsfreiheit im Sinne von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU auch die Freiheit der Wohnsitzwahl und bleibt insoweit im Schutzniveau nicht hinter Art. 26 GFK zurück. Die Garantie der Bewegungsfreiheit im Sinne von Art. 33 der Richtlinie gälte dann gemäß Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie auch in gleicher Weise für anerkannte Flüchtlinge wie für Personen mit subsidiärem Schutzstatus.

29

d) Allerdings darf man auch nicht aus dem Blick verlieren, dass der im Kapitel VII der Richtlinie 2011/95/EU (Art. 20 bis 35) geregelte "Inhalt des internationalen Schutzes" thematisch nicht in vollem Umfang die Gewährleistungen der Art. 12 bis 34 GFK abdeckt. Darüber hinaus fällt auf, dass nicht nur die Rechte in Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU (Bewegungsfreiheit) und Art. 26 GFK ("Aufenthalt zu wählen und sich frei zu bewegen") unterschiedlich formuliert sind, sondern auch deren Schranken: Während Art. 33 der Richtlinie als Vergleichsgruppe ganz allgemein andere Drittstaatsangehörige heranzieht, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten, stellt Art. 26 GFK insoweit auf die Bestimmungen ab, die allgemein für Ausländer unter den gleichen Umständen (vgl. Art. 6 GFK) gelten. Diese Befunde sprechen dagegen, dass die Richtlinie 2011/95/EU auch die Rechte der Flüchtlinge ohne Notwendigkeit eines Rückgriffs auf die Genfer Flüchtlingskonvention selbständig und abschließend regeln will. Wenn und soweit die Richtlinie hinter der Genfer Flüchtlingskonvention zurückbliebe, genössen anerkannte Flüchtlinge weiterhin deren in nationales Recht transformierten Rechte, da gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU die Bestimmungen dieses Kapitels nicht die in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Rechte berühren.

30

2. Vorlagefrage:

Für den Fall, dass Frage 1 zu bejahen ist, stellt sich die Frage, ob Wohnsitzauflagen nach Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen erteilt werden dürfen wie sie allgemein für Drittstaatsangehörige gelten, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet des Aufnahmestaates aufhalten, oder ob insoweit für Personen mit subsidiärem Schutzstatus dieselben Ausnahmen für räumliche Beschränkungen gelten, die das Bundesverwaltungsgericht für anerkannte Flüchtlinge aus Art. 26 GFK hergeleitet hat.

31

a) Nach Art. 33 der Richtlinie gestatten die Mitgliedstaaten die Bewegungsfreiheit "unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen" wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten. Maßstab für die Rechtmäßigkeit von Wohnsitzbeschränkungen ist daher, ob sie auch für andere sich im Bundesgebiet rechtmäßig aufhaltende Drittstaatsangehörige angeordnet werden dürfen.

32

Nach deutschem Aufenthaltsrecht dürfen Wohnsitzauflagen Drittstaatsangehörigen allgemein und ohne Beschränkung auf bestimmte Gruppen auferlegt werden (§ 12 Abs. 2 AufenthG). Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 werden sie grundsätzlich gegenüber Inhabern eines Aufenthaltstitels, der aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilt wird, verfügt, wenn der Begünstigte Leistungen der sozialen Sicherung bezieht. Eine derartige Einschränkung auf Drittstaatsangehörige, deren Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gestattet wird, beruht auf dem im deutschen Aufenthaltsrecht verankerten Trennungsprinzip. Dieses besagt, dass sich die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und dessen Beschränkungen nach dem Zweck des Aufenthalts bestimmen, an den der Gesetzgeber in den einzelnen Abschnitten des Aufenthaltsgesetzes in unterschiedlicher Weise ausdifferenzierte Regelungen knüpft. Der Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit oder zum Zweck der Ausbildung unterliegt deshalb anderen Voraussetzungen und Beschränkungen als der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen. Insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraussetzt, dass der Lebensunterhalt gesichert ist, d.h. ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestritten werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG), werden Ausländer aus der zuletzt genannten Gruppe im Aufenthaltsgesetz privilegiert. So ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 AufenthG u.a. bei anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten von dem Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung abzusehen. Das macht deutlich, warum die Allgemeine Verwaltungsvorschrift bei der Auferlegung von Wohnsitzbeschränkungen wegen des Bezugs von Leistungen der sozialen Sicherung aus Sicht des vorlegenden Gerichts ohne Rechtsverstoß auf Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen abstellt und nicht auf alle Drittstaatsangehörigen ungeachtet des Zwecks ihres Aufenthalts. Denn bei den übrigen Drittstaatsangehörigen geht der Gesetzgeber prinzipiell davon aus, dass diese ihren Lebensunterhalt selbst sichern können, so dass kein Anlass für eine entsprechende Regelung in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift bestand.

33

b) Mit Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU könnte es aber unvereinbar sein, Personen mit subsidiärem Schutzstatus bei der Anordnung von Wohnsitzauflagen auch dann wie andere Drittstaatsangehörige zu behandeln, wenn und weil anerkannte Flüchtlinge insoweit nach der Genfer Flüchtlingskonvention einen stärkeren Schutz genießen. Denn gegenüber anerkannten Flüchtlingen dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Wohnsitzauflagen nicht allein zum Zweck der angemessenen Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten verfügt werden (Urteil vom 15. Januar 2008 - BVerwG 1 C 17.07 - BVerwGE 130, 148 = Buchholz 402.22 Art. 26 GK Nr. 3, jeweils Rn. 18 ff.). Dies ergibt sich aus Art. 23 GFK, wonach anerkannte Flüchtlinge bei der Gewährung von Leistungen der öffentlichen Fürsorge "die gleiche Behandlung" erhalten müssen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmestaates. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die "gleiche Behandlung" im Sinne von Art. 23 GFK ein weit gefasster Ausdruck, der nicht nur die gleichen Leistungen nach Art und Höhe einschließt, sondern auch voraussetzt, dass in vergleichbaren Situationen mit Flüchtlingen nicht anders umgegangen wird als mit den eigenen Staatsangehörigen.

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Eine entsprechende Regelung findet sich in der Richtlinie 2011/95/EU jedoch nicht. Art. 29 der Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, international schutzberechtigten Personen die "notwendige Sozialhilfe" wie eigenen Staatsangehörigen zu gewähren, fordert jedoch nicht, sie auch hinsichtlich der Modalitäten der Zahlung gleichzubehandeln, wie das in Art. 23 GFK geregelt ist. Insofern sieht das vorlegende Gericht einen Unterschied zwischen der allgemein für international Schutzberechtigte geltenden Regelung des Art. 29 der Richtlinie 2011/95/EU und der auf anerkannte Flüchtlinge beschränkten Regelung des Art. 23 GFK. Daraus folgt aber nicht notwendigerweise, dass eine unterschiedliche Behandlung von anerkannten Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus bei der Anordnung von Wohnsitzauflagen im Fall des Bezugs öffentlicher Sozialleistungen nach Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU gerechtfertigt ist. Hierzu bedarf es vielmehr einer Klärung durch den Gerichtshof.

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3. Vorlagefrage:

Es bedarf des Weiteren der Klärung, ob eine Wohnsitzauflage gegenüber Personen mit subsidiärem Schutzstatus mit der Richtlinie 2011/95/EU vereinbar ist, wenn sie auf migrations- oder integrationspolitische Gründe gestützt wird.

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a) Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 sieht die Verfügung einer Wohnsitzauflage gegenüber Ausländern, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gestattet wird, im Fall des Bezugs sozialer Leistungen auch dann vor, wenn dies aus migrations- oder integrationspolitischen Gründen geboten erscheint. Erforderlich ist, dass entsprechende Auflagen dazu beitragen, einer Konzentrierung sozialhilfeabhängiger Ausländer in bestimmten Gebieten und der damit einhergehenden Entstehung von sozialen Brennpunkten mit ihren negativen Auswirkungen auf die Integration von Ausländern vorzubeugen. Entsprechende Maßnahmen sind aber auch gerechtfertigt, um Ausländer mit einem besonderen Integrationsbedarf an einen bestimmten Wohnort zu binden, damit sie dort von den Integrationsangeboten Gebrauch machen können. Auch auf diesen Zweck hat sich der Beklagte bei der Verhängung der im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Wohnsitzauflage gegen den Kläger berufen.

37

Das vorlegende Gericht hält Wohnsitzauflagen aus den in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift genannten migrations- und integrationspolitischen Gründen auch gegenüber anerkannten Flüchtlingen und Personen mit subsidiärem Schutzstatus für prinzipiell gerechtfertigt. Für die Rechtmäßigkeit derartiger Wohnsitzbeschränkungen gegenüber Flüchtlingen spricht unter anderem, dass bereits die Verfasser der Genfer Flüchtlingskonvention das Bedürfnis für zeitliche und räumliche Beschränkungen des Aufenthalts von Flüchtlingen aus migrationspolitischen Gründen für notwendig hielten. Im Rahmen der Beratungen zum späteren Art. 26 GFK (damals Art. 21 des Entwurfs) im Ad-Hoc-Committee vom 27. Januar 1950 wiesen Delegierte mehrerer Staaten auf die Notwendigkeit hin, eine Konzentration von Flüchtlingen in Grenzregionen zum Herkunftsstaat zu verhindern (Takkenberg/Tahbaz, Travaux Préparatoires, Vol. I, S. 251 ff. Rn. 74, 76 und 86 f.). Dies wurde unter anderem damit begründet, die Zahl der in Grenzregionen schon vorhandenen Minderheiten nicht weiter ansteigen zu lassen und der Gefahr zu begegnen, dass sich die Flüchtlinge an Bestrebungen beteiligen, die gegen die nationale Einheit gerichtet sind (Rn. 87). Das Komitee einigte sich schließlich auf die in Art. 26 GFK aufgenommene Regelung, wonach rechtmäßig im Land befindlichen Flüchtlingen nur solche zeitlichen und räumlichen Beschränkungen auferlegt werden sollen, die allgemein für Ausländer gelten (Rn. 93 und 119).

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b) Nach der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts, die zur Rechtmäßigkeit von Wohnsitzauflagen nach der Genfer Flüchtlingskonvention ergangen ist, reicht jedoch eine bloß abstrakte Möglichkeit migrations- und integrationspolitischer Gründe nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass von den zuständigen Behörden die migrations- oder integrationspolitischen Gründe beschrieben, z.B. mögliche soziale Brennpunkte benannt und die Eignung von Wohnsitzauflagen, einen Beitrag zur Lösung der Probleme zu leisten, jedenfalls in Umrissen angegeben werden, ohne dass die dabei anzuerkennende generelle Einschätzungsprärogative der Verwaltung von dieser Darlegungsverpflichtung berührt wird (vgl. Urteil vom 15. Januar 2008 a.a.O. Rn. 23). Ob diese Grundsätze auch im Rahmen von Art. 33 der Richtlinie 2011/95/EU gelten, und zwar für Personen mit subsidiärem Schutzstatus, bedarf einer Entscheidung des Gerichtshofs.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.