Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2016 - M 25 K 15.2334

bei uns veröffentlicht am20.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger stammt aus Rumänien und wendet sich gegen die Verlustfeststellung seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt und eine Wiedereinreisesperre von fünf Jahren.

Der Kläger war unter dem Namen ..., geboren am ... Februar 1970, erstmals im Mai 1988 ins Bundesgebiet eingereist, wo er erfolglos ein Asylverfahren durchführte (Bescheid des Bundesamts für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom ... 3.1989, bestandskräftig seit ...5.1989).

Mit Bescheid vom ... März 1994 wies die Ausländerbehörde des Rhein– Sieg –Kreises den Kläger wegen zahlreicher Straftaten unbefristet aus dem Bundesgebiet aus. Im Ausweisungsbescheid wurde der dortige Vortrag des Klägers im Rahmen der Anhörung, am ... Februar 1974 geboren zu sein, ebenso berücksichtigt wie der Umstand, dass der Kläger auf die rumänische Staatsangehörigkeit verzichtet hatte und seinem Antrag auf Entlassung aus der Staatsangehörigkeit ausweislich einer Bestätigung der rumänischen Botschaft stattgegeben worden war. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Am ... November 2004 wurde der Kläger nach Rumänien abgeschoben.

Im Jahr 2011 reiste der Kläger wieder in das Bundesgebiet ein, vermutlich im Juli oder August. Am ... August 2011 bescheinigte die Ausländerbehörde des Main-Kinzig-Kreises dem Kläger - unter den Personalien wie in der Klage - gemäß § 5 Abs. 1 FreizügG/EU, dass er Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union und nach Maßgabe des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Einreise und zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist. Der Kläger hatte einen rumänischen Reisepass mit den Personalangaben vorgelegt, die der Kläger auch im Klageverfahren angegeben hat. Die Ausländerbehörde sah den Personalausweis als echt an (Bl. 48 der Behördenakte).

Mit Schreiben vom ... September 2011 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers für den „staatenlosen“ ..., geboren am ... Februar 1970 in ..., bei der Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises die Übersendung der Ausweisungsverfügung und bat um Mitteilung der im November 2004 angefallenen Rückführungskosten seines Mandanten. Er sei damit beauftragt, für seinen Mandanten einen Antrag auf Aufhebung der aus dieser Ausweisung und Abschiebung resultierenden Sperrwirkung zu stellen.

Ausweislich eines Ermittlungsberichts des Polizeipräsidiums Südost Hessen vom ... Januar 2012 verkaufte der Kläger im Zeitpunkt seiner Festnahme Zeitungen, ohne im Besitz einer Arbeitserlaubnis zu sein, war formell illegal eingereist und hielt sich illegal auf (Behördenakte Blatt 79, 80). Im November 2011 und im April 2012 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II.

Mit Leistungsbescheid vom ... März 2012 wurden die Abschiebekosten i.H.v. 1.730,- Euro festgesetzt. Mit Bescheid vom ... März 2012 befristete die Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises das aufgrund der Abschiebung bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot nachträglich auf den ... August 2011, sobald die Verwaltungsgebühr in Höhe von 60 € bei der Kreiskasse eingegangen ist (Blatt 93 der Ausländerakte).

Mit Schreiben vom Mai 2012 an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – teilte die Ausländerbehörde der Stadt H. mit, dass Personenidentität zwischen ..., geboren am ... Dezember 1980 in ... und ..., geboren am ... Februar 1970 in ..., bestehe (Blatt 91 der Ausländerakte). Der Geburtsort und die Personalien ergäben sich aus dem aktuellen Personalausweis des Klägers.

Der Kläger verbüßte vom ... September 2012 bis zum ... November 2012 eine Haftstrafe wegen Körperverletzung (Strafakte der Staatsanwaltschaft München 1, Bd. 1, Blatt 114). Vom ... Dezember 2012 bis zum ... Februar 2013 befand sich der Kläger aufgrund eines Haftbefehls ebenfalls in Haft (Strafakte der Staatsanwaltschaft München 1, Bd. 1, Blatt 119, Bd. 2 Blatt 453). Vom ... Mai 2013 bis Anfang Juni 2015 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft und verbüßte eine Ersatzfreiheitsstrafe und Freiheitsstrafe.

Der Auszug des Klägers aus dem Bundeszentralregister vom ... März 2015 enthält einschließlich der Gesamtstrafenbildungen 28 Eintragungen.

Vier Eintragungen beziehen sich auf Straftaten, die der Kläger nach seiner Wiedereinreise 2011 begangen hat.

1. Urteil des Amtsgerichts Oberhausen vom ... November 2012, Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt zur Bewährung für drei Jahre, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung. Der Verurteilung lag eine Tat vom ... September 2012 zugrunde.

2. Strafbefehl des Amtsgerichts Freising vom ... November 2012, Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen versuchter Körperverletzung. Der Verurteilung lag eine Tat vom ... Mai 2012 zugrunde.

3. Urteil des Amtsgerichts München vom ... Oktober 2013, Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen versuchten Betrugs in Tatmehrheit mit Sachbeschädigung, jeweils in Mittäterschaft.

Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger gemeinsam mit einer Mittäterin vom Geschädigten am ... April 2013 40.000 € mit der wahrheitswidrigen Behauptung gefordert hatte, die Mutter der Mittäterin benötige dringend einen Herzschrittmacher und werde ohne einen solchen bald sterben. Zu einer Übergabe des Geldes kam es nicht. Am ... Mai 2013 versuchten der Kläger und seine Mittäterin Zugang zur Wohnung desselben Geschädigten zu erlangen, weil sie dort Ausweisdokumente und Bekleidung zurückgelassen hatten. Die zunächst um Hilfe ersuchte Polizei verwies die Täter an den Schlüsseldienst. Ein Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes begann, den Zylinder der Wohnungstür aufzubohren, beendete dies aber auf den Hinweis einer Nachbarin, dass der Kläger und die Mittäterin dort überhaupt nicht wohnen würden. Der Zylinder wurde dabei beschädigt. Ausweislich der Urteilsbegründung nutzten der Kläger und seine Mittäterin die Einsamkeit und Leichtgläubigkeit des Geschädigten in besonders verwerflicher Weise aus. Es bestehe die Gefahr einer jederzeitigen Wiederholung. Die Taten wurden in offener Bewährung begangen. Das Gericht kam zum Ergebnis, dass dem Kläger keine günstige Sozialprognose gestellt werden könne.

4. Urteil des Amtsgerichts Gladbeck vom ... April 2014, Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten wegen Nötigung unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht Oberhausen vom ... November 2012 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten.

Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger am ... August 2012 mit nicht unerheblicher Geschwindigkeit mit seinem PKW ganz dicht an den Geschädigten heranfuhr, um seiner Mittäterin, die zuvor beim Versuch, in einem Fahrradgeschäft ein Sparschwein zu stehlen, bemerkt worden war, zur Flucht zu verhelfen. Der Geschädigte konnte sich mit einem großen Ausfallschritt in Sicherheit bringen.

Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts Gladbeck vom April 2014 ist der Kläger geschieden und Vater von fünf Kindern, die im damaligen Zeitpunkt 22, 20, 18,16 und 14 Jahre alt waren. In der mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht hatte der Kläger angegeben, mit seiner Mitangeklagten nicht liiert zu sein, das Urteil bezeichnet seine Mitangeklagte indes als Verlobte.

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Verlustfeststellung machte der Kläger im Februar 2014 geltend, dass die Beendigung des Aufenthalts für ihn wegen seiner familiären und sozialen Bindungen im Bundesgebiet eine besondere Härte bedeuten würde. Er habe fünf leibliche Kinder und Verwandte zweiten Grades im Bundesgebiet. In Rumänien habe er keinerlei familiäre oder soziale Bindungen. Nach Haftentlassung habe er eine Arbeitsstelle in Aussicht, mit der er auch den Unterhalt für das noch unterhaltsberechtigte Kind werde sichern können. Zur Mutter der Kinder pflege er ein eheähnliches Verhältnis.

Die Beklagte bat um Mitteilung der Personalien der Kinder und deren Mutter sowie um Vorlage von Geburtsurkunden und eventuellen Vaterschaftsanerkennungen. Zudem wurde um Auskunft über die Umgangsgestaltung mit den Kindern und den Verwandten gebeten. Des Weiteren forderte die Beklagte den Kläger auf, Verdienstabrechnungen bzw. Ähnliches vorzulegen, da er nach Aktenlage vor seiner Inhaftierung nicht erwerbstätig gewesen sei. Auf eine Nachfrage einer Mitarbeiterin des JVA-Sozialdienstes im Juli 2014 wurden die Anhörungsschreiben erneut übersandt. Am ... Juli 2014 teilte der Kläger einer Mitarbeiterin des JVA-Sozialdienstes mit, dass ihm der Verbleib seiner Kinder nicht bekannt sei; er wisse lediglich, dass zwei Kinder in Pflegefamilien leben würden.

Von März 2014 bis Ende 2014 hatte der Kläger in der JVA ... Besuch von fünf Personen, darunter drei Rechtsanwälten bzw. Hilfsorganisationen, sowie einmal von einem Bruder und einem Cousin.

Bei der Mittäterin und ehemaligen Verlobten des Klägers (Urteil des AG München vom 1.10.2013, Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem AG Gladbeck am 15.4.2014) wurde mit unanfechtbarem Bescheid vom ... Januar 2015 der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt; die Mittäterin ist nach Angaben der Beklagten im April 2015 ins Ausland verzogen.

Mit Bescheid vom ... Mai 2015 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat (Nr. 1), die Wiedereinreise und der Aufenthalt im Bundesgebiet wurden für die Dauer von fünf Jahren untersagt (Nr. 2). Der Kläger wurde aufgefordert, das Bundesgebiet innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheids zu verlassen. Sollte er seiner Ausreisepflicht nicht fristgerecht nachkommen oder aufgrund seiner Inhaftierung nicht nachkommen können, werde er nach Rumänien abgeschoben. Die Abschiebung könne auch in einen anderen Staat erfolgen, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 3). Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen (§ 117 Abs. 3 VwGO). Der Bescheid wurde dem Kläger am ... Mai 2015 in der Justizvollzugsanstalt zugestellt (Bl. 139 der Behördenakte).

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2015, bei Gericht am ... Juni 2015 eingegangen, ließ der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben und beantragen,

den Bescheid vom ... Mai 2015 aufzuheben.

Eine Klagebegründung wurde angekündigt, ist jedoch nicht erfolgt.

Mit Schreiben vom ... Juni 2015 legte die Beklagte die Behördenakten vor und beantragte,

die Klage abzuweisen.

Auf gerichtliche Anforderung der aktuellen ladungsfähigen Anschrift des Klägers vom ... April 2016 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, dass ihm die aktuelle Anschrift nicht bekannt sei und er den Kläger nicht mehr anwaltlich vertrete. Telefonisch teilte er mit, dass er seit Klageerhebung keinen Kontakt mehr mit dem Kläger gehabt habe.

Mit Schreiben vom ... April 2016 erklärte die Ausländerbehörde der Stadt Frankfurt am Main ihre Ermächtigung, dass die Beklagte das anhängige Verwaltungsverfahren durchführt.

Die Kammer hat am ... April 2016 mündlich in der Sache verhandelt. Die Beklagte teilte die Meldeadresse des Klägers in der Stadt Frankfurt am Main mit.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, die beigezogenen Strafakten sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Über die Klage konnte entschieden werden, obwohl für die Klagepartei niemand erschienen ist. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers wurde form- und fristgerecht am ... März 2016 geladen und darauf hingewiesen, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beendigung des Mandatsverhältnisses wurde nicht nachgewiesen.

2. Die Klage ist unzulässig.

Der Kläger hat die Klagefrist versäumt (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Wiedereinsetzungsgründe in die Klagefrist sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der Bescheid wurde dem Kläger am ... Mai 2015 zugestellt, die Klagefrist endete somit am Freitag, den ... Juni 2015. Der Klageschriftsatz vom ... Juni 2015 ging jedoch erst am Montag, den ... Juni 2015 per Fax bei Gericht ein. Damit ist die Klagefrist nicht gewahrt und die Klage unzulässig.

3. Die Klage wäre darüber hinaus auch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

3.1. Die Beklagte ist trotz des Umzugs des Klägers nach Klageerhebung passiv legitimiert.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU verfügten Verlustfeststellung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2007 – 1C 45/06 – juris Rn. 12).

Die nunmehr zuständige Behörde (§ 71 Abs. 1 AufenthG, § 1a Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zuständigkeiten der Ausländerbehörden und zur Durchführung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes des Landes Hessen – AAZustV – vom 18.12.2012, vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2011 – 1 C 18.10 – juris Ls) hat der Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch die bisher zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Verordnung über die Zuständigkeiten zur Ausführung des Aufenthaltsgesetzes und ausländerrechtlicher Bestimmungen in anderen Gesetzen des Freistaats Bayern – ZustVAuslR – vom 14.7.2015) zugestimmt (§ 3 Abs. 3 VwVfG). Deshalb kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen und ihre Rechtsträgerin ist somit die richtige Beklagte.

3.2. Die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 113 Abs. 1 Satz 1, 114 VwGO).

3.2.1. Die Verlustfeststellung ist formell rechtmäßig, insbesondere wurde der Kläger von der Beklagten zu der beabsichtigten Verlustfeststellung angehört (§ 6 Abs. 8 Satz 1 FreizügG/EU, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG).

3.2.2. Die Feststellung, dass der Kläger sein ihm nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU als freizügigkeitsberechtigtem Unionsbürger zustehendes Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, ist auch materiell rechtmäßig.

Das Gericht geht hierbei zu Gunsten des Klägers davon aus, dass der Kläger freizügigkeitsberechtigt gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU war, obwohl sich der Ausländerakte kein Hinweis auf eine selbstständige oder abhängige Erwerbstätigkeit entnehmen lässt, der Kläger mehrfach Leistungen nach SGB II zumindest beantragt hat und er im Rahmen einer Festnahme gegenüber der Polizeiinspektion München am... Dezember 2012 angegeben hatte, dass er teils in Rumänien, teils in Ungarn und teils in Deutschland lebe und einer Arbeit momentan nicht nachgehe.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 unbeschadet des § 2 Abs. 7 und des § 5 Abs. 4 nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Art. 45 Abs. 3, Art. 52 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV) festgestellt und die Bescheinigung über das Daueraufenthaltsrecht oder die Aufenthaltskarte oder Daueraufenthaltskarte eingezogen werden. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die in Abs. 1 genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 FreizügG/EU). Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen und diese nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU). Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 Satz 3 FreizügG/EU). Das Erfordernis einer gegenwärtigen Gefährdung der öffentlichen Ordnung verlangt eine hinreichende – unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit nach dem Ausmaß des möglichen Schadens und dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts differenzierte – Wahrscheinlichkeit, dass der Ausländer künftig die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 45 Abs. 3 AEUV beeinträchtigen wird (BVerwG, U.v. 3.8.2004 – 1 C 30/02 – juris Rn. 26). Bei Verletzung hochrangiger Rechtsgüter sind deshalb an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1 C 19/11 – juris Rn. 16). Bei der Entscheidung nach Abs. 1 sind insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen (§ 6 Abs. 3 FreizügG/EU).

3.2.3. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

3.2.3.1. Das persönliche Verhalten des Klägers stellt eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr dar.

Diese Feststellung bedeutet im Allgemeinen, dass eine Neigung des Betroffenen bestehen muss, das Verhalten in Zukunft beizubehalten (BayVGH, B.v. 10.12.2014 – 19 ZB 13.2013 – juris Rn. 7 unter Verweis auf EuGH, U.v. 22.5.2012 – C – 348/09 Rn. 33, 34 – juris). Bei der insoweit erforderlichen individuellen Beurteilung des Einzelfalls sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BayVGH, B.v. 10.12.2014, a.a.O., juris Rn. 13 m.V.a. BVerwG, U.v. 10.7.2012 – 1C 19/11 –, U. V. 4.10.2012 – 1C 13/11 –, jeweils juris). Umgekehrt sind an die Wahrscheinlichkeit höhere Anforderungen zu stellen, je geringer der möglicherweise eintretende Schaden ist.

Das Gericht hegt keinen Zweifel daran, dass der Kläger sein kriminelles Verhalten auch in Zukunft fortsetzen wird. Dies ergibt sich bereits aus seiner kriminellen Vorgeschichte mit Verurteilungen seit Juli 1991. Zum anderen hat der Kläger nach seiner Wiedereinreise im Sommer 2011 bis zum Erlass des Bescheids im Mai 2015 bereits wieder vier Straftaten verübt, die zu strafrechtlichen Sanktionen geführt haben. In diesem knapp vierjährigen Zeitraum hat sich der Kläger deshalb auch ca. zwei Jahre und vier Monate in Haft befunden.

Das Amtsgericht München führt bereits im Urteil vom ... Oktober 2013 aus, dass beim Kläger die Gefahr einer jederzeitigen Wiederholung bestehe, die Taten in offener Bewährung begangen wurden und dem Kläger eine günstige Sozialprognose nicht gestellt werden könne.

Bei den vier jüngsten Straftaten des Klägers handelt es sich um Delikte, die gegen die körperliche Unversehrtheit gerichtet sind (vorsätzliche und versuchte Körperverletzung), gegen die Freiheit der Willensbetätigung (Freiheitsberaubung und Nötigung) und gegen das Vermögen bzw. Eigentum (versuchter Betrug und Sachbeschädigung). Die gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteten Delikte machen deutlich, dass die Hemmschwelle des Klägers, seinen Willen notfalls mithilfe von körperlicher Gewalt, durchzusetzen, gering ist. Auch die Vermögensdelikte belegen, dass der Kläger die Einsamkeit und Leichtgläubigkeit seines Opfers in besonders verwerflicher Weise ausgenutzt hat. Der Umstand, dass der Kläger Delikte gegen viele verschiedene geschützte Rechtsgüter begeht, belegt zur Überzeugung des Gerichts, dass er keinesfalls gewillt ist, die bestehende Rechtsordnung zu beachten. Weder eine offene Bewährung noch frühere Inhaftierungen oder seine Ausweisung und Abschiebung haben den Kläger bislang zu einer Änderung seines Verhaltens zum Positiven veranlasst. Beim Kläger liegen nach Auffassung des Gerichts offensichtlich erhebliche charakterliche Mängel vor. Es ist offensichtlich, dass er der geltenden Rechtsordnung im Bundesgebiet keinerlei Bedeutung beimisst. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger in Zukunft davon ablassen wird, Straftaten gegen verschiedene Rechtsgüter zu begehen.

Die noch nicht aus dem Bundeszentralregister getilgten strafrechtlichen Verurteilungen des Klägers und die ihnen zugrunde liegenden Umstände lassen somit ein persönliches Verhalten erkennen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt.

Zudem täuscht der Kläger nach Auffassung des Gerichts laufend über seine Identität und dokumentiert damit seinen fehlenden Willen, die hiesige Rechtsordnung zu respektieren. Das vom Kläger derzeit angegebene Geburtsdatum ist zur Überzeugung des Gerichts falsch. Sollte nämlich dieses Geburtsdatum zutreffen, wäre der Kläger bereits als Zehnjähriger an einem deutschen Strafgericht zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden und hätte als Zwölfjähriger bereits Strafvollstreckung erlitten. Darüber hinaus setzt sich auch der Ausweisungsbescheid aus dem Jahr 1994 mit der Geltendmachung von Ausweisungsschutz für Heranwachsende gemäß § 48 Abs. 2 AuslG im Hinblick auf das damals im Rahmen der Anhörung vom Kläger behauptete Geburtsjahr 1974 auseinander und verweist darauf, dass der Kläger sein Geburtsjahr von Beginn seines Aufenthalts an immer mit 1970 angegeben habe. Auch die Bescheinigung der rumänischen Botschaft über seine Ausbürgerung benenne als Geburtsjahr 1970. Sollte das nunmehr angegebene Geburtsdatum zutreffen, wäre der Kläger im Alter zwischen zwölf und 20 Jahren fünf Mal Vater geworden und als Zwölfjähriger in der Bundesrepublik Deutschland bereits rituell verheiratet gewesen. Deshalb steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das vom Kläger nunmehr angegebene Geburtsdatum unzutreffend ist. Im Laufe seines Aufenthalts hat der Kläger zudem unterschiedliche Aliasnamen gebraucht.

3.2.3.2. Die vom Kläger begangenen Straftaten sind auch als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet sind, die Ruhe und die Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2014 – 19 ZB 13.2013 – juris Rn. 9).

Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Straftaten des Klägers seien nicht so gravierend. Denn es handelt sich nicht etwa um kleinere Straftaten oder gar Bagatelldelikte, die nicht geeignet wären, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2015 –10 ZB 13.2665 – juris Rn. 7). Darüber hinaus sieht das Gericht auch durch die notorische Begehung von Straftaten eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft begründet.

Ausweislich der Auskunft aus dem Zentralregister des Bundesamts für Justiz vom ... März 2015 wurde der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland in der Vergangenheit strafrechtlich seit Juli 1991, wobei er sich von November 2004 bis ca. August 2011 nicht im Bundesgebiet befand, wegen folgender Delikte belangt: Diebstahl geringwertiger Sachen und Beförderungserschleichung in drei Fällen, Verstoß gegen die Abgabenordnung in Tateinheit mit Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, Diebstahl, Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Fahren ohne Fahrerlaubnis (neunmal), Beleidigung (zweimal), Nötigung, versuchte Nötigung, gemeinschaftliche Sachbeschädigung, Sachbeschädigung, vorsätzliche Körperverletzung (zweimal), versuchte Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen, falsche Verdächtigung, Freiheitsberaubung (zweimal) und versuchter Betrug. Dass der Kläger – soweit ersichtlich – nicht zum Kreis der Schwerkriminellen gehört, spielt keine Rolle. Denn die Verlustfeststellung ist vorliegend nicht an den Maßstäben von § 6 Abs. 4 oder Abs. 5 FreizügG/EU zu messen.

Der Kläger wurde auch vielfach zu Freiheitsstrafen verurteilt, die er auch teilweise verbüßt hat.

Nicht nur aus besonders schwerwiegenden Einzelstraftaten, sondern auch aus einer Vielzahl von begangenen Straftaten kann sich nach Auffassung des Gerichts eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses ergeben, das geeignet ist, die Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen.

Vorliegend handelt es sich um einen Straftäter, der sich mehrerer Körperverletzungsdelikte, Freiheitsberaubungen, einer Nötigung und einer versuchten Nötigung schuldig gemacht hat. Hierbei handelt es sich um Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit und der Freiheit. Insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger offensichtlich durch keine strafrechtliche Sanktion zu einer Änderung seines Verhaltens zu bewegen ist, ergibt sich, dass er durch seine Bereitschaft, Straftaten zu begehen, die weder vereinzelt sind noch als Bagatellstraftaten zu betrachten sind, eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses darstellt. Vom Kläger geht nach Auffassung des Gerichts jederzeit die hohe konkrete Gefahr einer Rechtsgutbeeinträchtigung, insbesondere im Hinblick auf körperliche Unversehrtheit, freie Willensbetätigung und Vermögen, aus. Ins Gewicht fällt auch, dass der Kläger sich zuletzt auch im Bereich der Vermögensdelikte die Leichtgläubigkeit und Einsamkeit seines Opfers durch versuchten Betrug zu Nutze machen wollte. Auch hierin liegt eine besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses, das geeignet ist, die Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen.

Die Voraussetzungen für die Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren hat, sind zur Überzeugung des Gerichts erfüllt.

3.2.4. Die Beklagte hat auch das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.

Das Gericht kann die Ermessensentscheidung gemäß § 114 Satz 1 VwGO lediglich daraufhin überprüfen, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ergangen ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat erkannt, dass sie eine Ermessensentscheidung zu treffen hat. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. In dem streitgegenständlichen Bescheid hat die Beklagte alle für den Kläger maßgeblichen Umstände berücksichtigt und in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt. Sie hat sich auch insbesondere mit den Schutzgütern von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK auseinandergesetzt und die in § 6 Abs. 3 FreizügG/EU aufgeführten Positionen zutreffend gewürdigt.

Da die Entscheidung auch nicht unverhältnismäßig ist, ist die im streitgegenständlichen Bescheid verfügte Feststellung, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren hat, rechtmäßig.

3.3. Die Befristung der Sperre zur Wiedereinreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet für die Dauer von fünf Jahren ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Wirkungen der Verlustfeststellung von Amts wegen befristet werden (§ 7 Abs. 2 Satz 5 FreizügG/EU). Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur in den Fällen des § 6 Abs. 1 FreizügG/EU überschreiten (§ 7 Abs. 2 Satz 6 FreizügG/EU).

Die Beklagte hat bei der Festsetzung der Frist die wiederholte Straffälligkeit des Klägers und die Wiederholungsgefahr im Hinblick auf seinen Werdegang und eine bereits erfolgte Ausweisung berücksichtigt. Im Hinblick auf die vom Kläger begangenen Taten und insbesondere seinen Werdegang sowie die mit der Befristung angestrebte Gefahrenabwehr begegnet die Untersagung der Wiedereinreise und des Aufenthalts im Bundesgebiet für fünf Jahre nach Auffassung des Gerichts keinen rechtlichen Bedenken.

3.4. Die in Nr. 3 verfügte Ausreisepflicht des Klägers ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU und ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ausreisefrist entspricht den Anforderungen des § 7 Abs. 1 Satz 3, Satz 4 FreizügG/EU.

4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2016 - M 25 K 15.2334 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 20. Apr. 2016 - M 25 K 15.2334 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Dez. 2014 - 19 ZB 13.2013

bei uns veröffentlicht am 10.12.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Dez. 2015 - 10 ZB 13.2665

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. III. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahr

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 10. Juli 2012 - 1 C 19/11

bei uns veröffentlicht am 10.07.2012

Tatbestand 1 Der im Jahr 1964 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.

(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.

(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für

1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird,
1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird,
1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird,
1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8,
1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen,
1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist,
2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a,
3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009
a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind,
b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder
c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze,
5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben,
6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind,
7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer,
8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.

(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.

(1) Örtlich zuständig ist

1.
in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt;
2.
in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll;
3.
in anderen Angelegenheiten, die
a)
eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte,
b)
eine juristische Person oder eine Vereinigung betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die juristische Person oder die Vereinigung ihren Sitz hat oder zuletzt hatte;
4.
in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.

(2) Sind nach Absatz 1 mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Sie kann in den Fällen, in denen eine gleiche Angelegenheit sich auf mehrere Betriebsstätten eines Betriebs oder Unternehmens bezieht, eine der nach Absatz 1 Nr. 2 zuständigen Behörden als gemeinsame zuständige Behörde bestimmen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten zur einheitlichen Entscheidung geboten ist. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.

(3) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.

(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der im Jahr 1964 geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine unbefristete Ausweisung.

2

Der Kläger reiste 1976 in das Bundesgebiet zu seinen Eltern ein. Seine Mutter war von 1969 bis 1982 als Arbeitnehmerin beschäftigt. Nach dem Besuch der Hauptschule schloss er eine Lehre als Elektrokaufmann ab. Im Dezember 1987 erhielt er eine Aufenthaltsberechtigung. Aus der im März 1988 geschlossenen Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen sind zwei Töchter hervorgegangen. Die Ehe wurde mittlerweile geschieden.

3

Der Kläger ist mehrfach strafrechtlich aufgefallen: Wegen Vergewaltigung seiner damaligen Ehefrau wurde er im November 2000 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Landgericht Krefeld verhängte gegen ihn im Oktober 2005 eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 11 Fällen und Körperverletzung. Dem Strafurteil ist zu entnehmen, dass der Kläger ab Januar 2004 Zeiten berufsbedingter Abwesenheit seiner Ehefrau zur Vornahme sexueller Handlungen an seiner älteren Tochter ausnutzte. Als er bemerkte, dass diese trotz des elterlichen Verbots Kontakt zu einem Jungen hatte, schlug er sie mit der Hand und der Faust ins Gesicht.

4

Der Beklagte wies den Kläger mit Bescheid vom 2. Mai 2006 aus und drohte ihm für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Über die Ausweisung des assoziationsberechtigten Klägers sei im Ermessenswege zu entscheiden. Wegen der als Niederlassungserlaubnis fortgeltenden Aufenthaltsberechtigung genieße dieser besonderen Ausweisungsschutz, so dass er nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden könne. Diese lägen in spezialpräventiver Ausprägung vor, denn der Schutz von Kindern vor Sexualdelikten und gewalttätigen Übergriffen sei eine überragend wichtige Aufgabe der Gemeinschaft und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die den Ausweisungsanlass bildende Tat wiege schwer; besonders fielen die Ausnutzung der Vertrauensstellung, die Wehrlosigkeit des Opfers und die Intensität der Tatbegehung ins Gewicht. Angesichts der Gesamtpersönlichkeit des Klägers und seines bisherigen Verhaltens bestehe eine hohe Wiederholungsgefahr. Er sei einschlägig vorbestraft und habe weder Einsicht in das begangene Unrecht gezeigt noch seien eine Aufarbeitung der Geschehnisse und der Versuch einer Überwindung seiner Neigungen erkennbar. Trotz Verwurzelung in den hiesigen Verhältnissen sowie familiärer Bindungen sei die Ausweisung angesichts der künftig vom Kläger ausgehenden Gefahren für elementare Rechtsgüter auch mit Blick auf Art. 8 EMRK gerechtfertigt. Die Ausweisung werde zunächst auf unbefristete Zeit ausgesprochen, da über eine Befristung erst nach positiven Veränderungen in der Person des Klägers entschieden werden könne. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Bezirksregierung Düsseldorf am 25. August 2006 zurück.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 16. Januar 2007 ab. Die auf § 55 AufenthG und Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 gestützte Ermessensausweisung sei nicht zu beanstanden, weil der weitere Aufenthalt des Klägers eine tatsächliche und hinreichend schwere, das Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefährdung begründe. Die spezialpräventive Ausweisung stütze sich nicht allein auf die strafrechtliche Verurteilung. Vielmehr bestünden Anhaltspunkte dafür, dass eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch neue Verfehlungen des Klägers drohe, wenn er zu seiner Familie und damit auch zu seiner jüngeren minderjährigen Tochter in das Umfeld komme, das seine Straftaten ermöglicht habe. Art. 8 EMRK und Art. 6 GG seien nicht verletzt, da bei der Abwägung die Art und Schwere der begangenen Straftaten sowie die Wiederholungsgefahr erheblich zulasten des Klägers ins Gewicht fielen.

6

Während des Berufungsverfahrens hat die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 7. März 2008 die Aussetzung der Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe wegen erhöhter Rückfallgefährdung des Klägers abgelehnt. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 13. Mai 2008 verworfen.

7

Mit Beschluss vom 5. September 2008 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat sich die Begründung des Verwaltungsgerichts zu eigen gemacht und darüber hinaus ausgeführt, dass das Ausweisungsverfahren nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens nicht zu beanstanden sei. Die Ausweisung sei auch materiell rechtmäßig, denn die Gefahrenprognose habe - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts - weiterhin Bestand. Der Kläger sei in erhöhtem Maße rückfallgefährdet. Dies verdeutlichten die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer sowie des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

8

Auf die Revision des Klägers hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom 25. August 2009 - BVerwG 1 C 25.08 - (Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 53) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob sich der Schutz vor Ausweisung gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zugunsten eines türkischen Staatsangehörigen, der eine Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80 gegenüber dem Mitgliedstaat besitzt, in dem er seinen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren gehabt hat, nach Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG richtet. Der EuGH hat die Frage mit Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08 - (Ziebell) in einem Parallelverfahren verneint und entschieden, dass Art. 14 ARB 1/80 einer Ausweisung nicht entgegensteht, sofern das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 den Vorlagebeschluss aufgehoben.

9

Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG (Vier-Augen-Prinzip), das nach der Stand-Still-Klausel des Art. 13 ARB 1/80 weiter anzuwenden sei. Die Befassung der Widerspruchsbehörde im Nachgang zur Ausweisung genüge dem nicht. Bei der Gefahrenprognose seien auch nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Veränderungen zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, der sich nach der Entlassung aus der Strafhaft im September 2009 einer psychotherapeutischen Behandlung unterzogen und straffrei geführt habe. Klärungsbedürftig sei, was der EuGH in der Ziebell-Entscheidung mit der Schranke der Unerlässlichkeit der Ausweisung meine. Im Übrigen verstoße die unbefristete Ausweisung gegen das Übermaßverbot sowie Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Der Kläger sei faktischer Inländer, da er sich wirtschaftlich und sozial integriert habe. Schließlich verletze die Ausweisung Art. 24 Abs. 3 der Grundrechte-Charta. Hilfsweise begehrt der Kläger im Revisionsverfahren, die Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung zu befristen. Er habe einen Befristungsanspruch aus der Rückführungsrichtlinie sowie § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011.

10

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren beteiligt und hält die Revision für unbegründet.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Klägers hat nur in geringem Umfang Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) die Ausweisung (1.) und die Abschiebungsandrohung (3.) als rechtmäßig angesehen. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG i.d.F. des während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 ist der Beklagte jedoch zu verpflichten, die in Satz 1 und 2 der Vorschrift genannten Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren zu befristen (2.).

12

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Ausweisung, des Befristungsbegehrens und der noch nicht vollzogenen Abschiebungsandrohung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also des Berufungsgerichts am 5. September 2008 (Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20 Rn. 12 für die Ausweisung; Urteil vom 22. März 2012 - BVerwG 1 C 3.11 - Rn. 13 - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen - für die Abschiebungsandrohung). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 11. Januar 2011 - BVerwG 1 C 1.10 - BVerwGE 138, 371 Rn. 10 m.w.N.). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3044). Damit sind insbesondere auch die Änderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258) - im Folgenden: Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 - zu beachten.

13

1. Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.

14

1.1 Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 (ANBA 1981, 4 = InfAuslR 1982, 33) - ARB 1/80 -. Denn der Kläger besitzt eine Rechtsposition nach Art. 7 ARB 1/80. Er ist im Alter von 12 Jahren zum Zweck der Familienzusammenführung erlaubt in das Bundesgebiet eingereist. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass seine Mutter von 1969 bis 1982 dem regulären Arbeitsmarkt angehört hat. Der Kläger hat bei seinen Eltern gelebt und die Mindestaufenthaltszeiten des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erfüllt. Nach Abschluss der Lehre zum Elektrokaufmann greift auch Art. 7 Satz 2 ARB 1/80 zu seinen Gunsten. Demzufolge kann der Kläger gemäß Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 nur ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - Rs. C-371/08, Ziebell - NVwZ 2012, 422). Das ist hier der Fall. Damit liegen auch schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung i.S.d. § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG vor.

15

1.2 Der Senat hat bereits in dem Vorlagebeschluss vom 25. August 2009 - BVerwG 1 C 25.08 - (Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 53 Rn. 21) darauf hingewiesen, dass die Vergewaltigung der Ehefrau und der mehrfache sexuelle Missbrauch der älteren Tochter einen Ausweisungsanlass von besonderem Gewicht bilden. Das strafrechtlich geahndete persönliche Verhalten des Klägers begründet eine - über die mit jedem Rechtsverstoß verbundene Störung der öffentlichen Ordnung hinausgehende - tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die betroffenen Schutzgüter der sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Integrität nehmen in der Hierarchie der in den Grundrechten enthaltenen Wertordnung einen sehr hohen Rang ein und lösen - insbesondere bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen - staatliche Schutzpflichten aus, die sich auch gegen die Eltern richten.

16

In dem Vorlagebeschluss (a.a.O. Rn. 22) hat der Senat des Weiteren ausgeführt, dass bei bedrohten Rechtsgütern mit einer hervorgehobenen Bedeutung für die im Rahmen tatrichterlicher Prognose festzustellende Wiederholungsgefahr eher geringere Anforderungen gelten (ebenso Urteile vom 2. September 2009 - BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54 Rn. 17 und vom 3. August 2004 - BVerwG 1 C 30.02 - BVerwGE 121, 297 <305 f.>). An diesem differenzierenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung Kritik geäußert worden, da er dem Interesse einer möglichst umfassenden Effektivierung der Grundfreiheiten und der daher gebotenen engen Auslegung der unionsrechtlichen Rechtsgrundlagen für die Aufenthaltsbeendigung als ultima ratio nicht gerecht werde (VGH Mannheim, Urteile vom 4. Mai 2011 - 11 S 207/11 - NVwZ 2011, 1210 und vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - NVwZ-RR 2012, 492). Dem vermag der Senat schon deshalb nicht zu folgen, da jede sicherheitsrechtliche Gefahrenprognose nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts eine Korrelation aus Eintrittswahrscheinlichkeit und (möglichem) Schadensausmaß ist. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (Urteile vom 6. September 1974 - BVerwG 1 C 17.73 - BVerwGE 47, 31 <40>; vom 17. März 1981 - BVerwG 1 C 74.76 - BVerwGE 62, 36 <39> und vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347 <356>). Auch die den Gerichten der Mitgliedstaaten obliegende und auf der Grundlage aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Beurteilung, ob das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft darstellt (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O.), kann im Hinblick auf die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts den Rang des bedrohten Rechtsguts nicht außer Acht lassen, denn dieser bestimmt die mögliche Schadenshöhe. Das bedeutet aber nicht, dass bei hochrangigen Rechtsgütern bereits jede auch nur entfernte Möglichkeit eine Wiederholungsgefahr begründet. Der Senat hat schon zu § 12 Abs. 3 AufenthG/EWG entschieden, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit an die nach dem Ausmaß des möglichen Schadens differenzierende hinreichende Wahrscheinlichkeit keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen (Urteil vom 27. Oktober 1978 - BVerwG 1 C 91.76 - BVerwGE 57, 61 <65>).

17

Diesen Maßgaben genügt die von dem Beklagten gestellte und von den Vorinstanzen bestätigte Prognose der konkreten Wiederholungsgefahr beim Kläger. Beklagter und Verwaltungsgericht haben die Tatumstände, die Persönlichkeitsstruktur des Klägers, bei dem Einsicht, Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit dem Geschehenen fehlen, sowie die mangelnde Überwindung seiner Neigungen durch therapeutische Unterstützung umfassend gewürdigt. Das Berufungsgericht hat sich das zu eigen gemacht. Darüber hinaus hat es darauf abgestellt, dass die Strafvollstreckungskammer wegen der erhöhten Rückfallgefährdung des Klägers die Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung abgelehnt und die Justizvollzugsanstalt sich dahingehend geäußert hat, dass bereits eine Gewährung von Hafturlaub nicht kalkulierbare Sicherheitsrisiken berge. Auf der Grundlage dieser das Revisionsgericht bindenden tatrichterlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) zur erhöhten Rückfallgefährdung des Klägers ist auch nicht ansatzweise zu erkennen, dass das Berufungsgericht seiner Prognose zulasten des Klägers einen zu niedrigen und damit unzutreffenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde gelegt hat. Die ausführliche Würdigung der Persönlichkeit des Klägers und die aus konkreten Umständen abgeleitete Wiederholungsgefahr belegen, dass der Beklagte nicht allein die strafrechtliche Verurteilung zum Anlass für die ausschließlich spezialpräventiv motivierte Ausweisung genommen, sondern die zukünftig vom Kläger ausgehende Gefahr in den Blick genommen hat.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigt die Zeitspanne, die infolge der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an den EuGH zwischen der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts und der Verhandlung vor dem Senat verstrichen ist, weder die Berücksichtigung der von ihm vorgetragenen neuen tatsächlichen Umstände im Revisionsverfahren noch eine Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht ist - abgesehen von Fällen begründeter Verfahrensrügen - entsprechend seiner vornehmlich auf die Rechtsprüfung beschränkten Aufgabenstellung nach § 137 Abs. 2 VwGO an die vom Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden. Diese das Rechtsmittel der Revision kennzeichnende Beschränkung führt dazu, dass das Revisionsgericht den Streitfall nicht in gleichem Umfang wie das Berufungsgericht prüft und dass es deshalb - im Gegensatz zum Berufungsgericht (§ 128 VwGO) - neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel nicht berücksichtigt (Urteil vom 3. Juni 1977 - BVerwG 4 C 37.75 - BVerwGE 54, 73 <75>). Dies schließt auch eine Zurückverweisung der Sache nur wegen nachträglicher Veränderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts grundsätzlich aus. Damit soll gleichzeitig der Gefahr einer "Endlosigkeit" des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vorgebeugt und verhindert werden, dass einer in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandenden Berufungsentscheidung nachträglich die Grundlage entzogen wird (Urteile vom 28. Februar 1984 - BVerwG 9 C 981.81 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19 S. 48<51 f.> und vom 20. Oktober 1992 - BVerwG 9 C 77.91 - BVerwGE 91, 104 <105 f.>).

19

Die in § 137 Abs. 2 VwGO enthaltene revisionsrechtliche Sperre für die Berücksichtigung neuer tatsächlicher Umstände wird nicht dadurch überwunden, dass Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 für die Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen das Vorliegen einer gegenwärtigen, d.h. aktuellen Gefahr verlangt (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 80, 82 und insbesondere Rn. 84). Damit wird der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sachlage angesprochen, der infolge der der Verwaltungsgerichtsordnung zu entnehmenden Trennung zwischen Tatsacheninstanzen und Revisionsinstanz nur für Entscheidungen der Tatsachengerichte maßgeblich ist. Denn nur ihnen obliegt gemäß § 86 Abs. 1 und 2, §§ 108 und 128 VwGO die Erforschung des Sachverhalts und die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen im Wege freier richterlicher Beweiswürdigung. Diese Trennung der Funktionen von Tatsachen- und Rechtsinstanz wird durch das Unionsrecht nicht modifiziert, da es nach gefestigter Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich Aufgabe des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten ist, das gerichtliche Verfahrensrecht auch insoweit zu regeln, als es den Schutz von aus dem Unionsrecht erwachsenden individuellen Rechten gewährleisten soll. Dabei dürfen die prozessrechtlichen Regelungen jedoch nicht weniger günstig ausgestaltet sein als bei entsprechenden, nur auf nationales Recht gestützten Rechtsbehelfen (Äquivalenzgrundsatz). Zudem darf nach dem Effektivitätsgrundsatz die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (EuGH, Urteile vom 12. Februar 2008 - Rs. C-2/06, Kempter - Slg. 2008, I-411 Rn. 57 und vom 10. April 2003 - Rs. C-276/01, Steffensen - Slg. 2003, I-3735 Rn. 60 ff. - jeweils m.w.N.). Beiden Grundsätzen wird die Bindung des Revisionsgerichts aus § 137 Abs. 2 VwGO auch in der vorliegenden Fallkonstellation gerecht. Die Eröffnung der auf eine reine Rechtskontrolle beschränkten dritten Instanz widerspricht auch nicht dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aus Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh). Denn der dort niedergelegte Grundsatz effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes eröffnet dem Einzelnen den Zugang zu einem Gericht und nicht zu mehreren Gerichtsinstanzen (EuGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - Rs. C-69/10, Samba Diouf - NVwZ 2011, 1380 Rn. 69). Er verlangt nicht, dass ein nach dem Recht des jeweiligen Mitgliedstaats eröffnetes Rechtsmittel wie die Revision eine Überprüfung der Tatsachen auf aktuellem Sachstand ermöglicht. Im Übrigen steht dem Kläger im Hinblick auf nach der Berufungsentscheidung eingetretene Umstände, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der von ihm ausgehenden Gefahr mit sich bringen können, die Möglichkeit zur Beantragung einer Verkürzung der von der Ausländerbehörde gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 - 5 AufenthG bereits mit der Ausweisung festzusetzenden Frist offen (dazu unter 2.).

20

1.3 Da der Kläger ein assoziationsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht besitzt, darf er nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden. Bei deren gerichtlicher Überprüfung ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts abzustellen (EuGH, Urteil vom Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 84; so bereits Urteil vom 3. August 2004 - BVerwG 1 C 29.02 - BVerwGE 121, 315 <320 f.>). Die Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde über den Erlass einer Ausweisung erfordert eine sachgerechte Abwägung der öffentlichen Interessen an der Ausreise mit den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet. Zugunsten des Ausländers sind die Gründe für einen besonderen Ausweisungsschutz (§ 56 AufenthG) sowie die Dauer seines rechtmäßigen Aufenthalts und die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Außerdem sind die Folgen der Ausweisung für die Familienangehörigen des Ausländers, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft leben, in die Abwägung einzustellen (§ 55 Abs. 3 AufenthG). Die von Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 8 EMRK geschützten Belange auf Achtung des Privat- und Familienlebens sind dabei entsprechend ihrem Gewicht und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei im Bundesgebiet geborenen und aufgewachsenen Ausländern, zumal wenn sie über keine Bindungen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit verfügen.

21

Mit Blick auf diese Vorgaben hat der Senat bereits im Vorlagebeschluss vom 25. August 2009 (a.a.O. Rn. 24) ausgeführt, dass die Ermessensausübung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens werden angesichts der vom Kläger ausgehenden konkreten Gefahr für die hochrangigen Rechtsgüter der sexuellen Selbstbestimmung sowie der körperlichen Integrität von Frauen in seiner Umgebung nicht überschritten. Es begegnet keinen Bedenken, dass der Beklagte das durch den Rechtsgüterschutz geprägte und durch grundrechtliche Schutzpflichten zusätzlich verstärkte öffentliche Interesse daran, den Aufenthalt des Klägers zu beenden, höher gewichtet hat als dessen Interesse an einem Verbleib in Deutschland. Zwar schlägt sein über dreißigjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu seinen Gunsten zu Buche. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass er über ausreichende persönliche Bindungen in die Türkei verfügt, so dass ihm die Ausreise dorthin zumutbar ist. Der Schutz des Familienlebens und der elterlichen Sorge genießt hohe Bedeutung, verliert aber an Gewicht, wenn man das Kindeswohl der minderjährigen Tochter mitberücksichtigt, so dass die Aufenthaltsbeendigung auch im Hinblick auf Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art. 24 Abs. 3 der GRCh gerechtfertigt ist. In der Gesamtabwägung aller gegenläufigen Belange ist die Ausweisung verhältnismäßig und "unerlässlich" im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 86). Denn mit diesem Begriff hat der Gerichtshof lediglich die gebotene Abwägung der öffentlichen mit den privaten Interessen des Betroffenen, d.h. dessen tatsächlich vorliegende Integrationsfaktoren, im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angesprochen (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2012 - 11 S 1361/11 - NVwZ-RR 2012, 492).

22

1.4 Die weiteren Rügen der Revision sind unbegründet; insbesondere ist das Ausweisungsverfahren fehlerfrei durchgeführt worden. Zwar war das in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG enthaltene "Vier-Augen-Prinzip" auf assoziationsrechtlich begünstigte türkische Staatsangehörige zu übertragen (Urteil vom 13. September 2005 - BVerwG 1 C 7.04 - BVerwGE 124, 217 <221 f.> im Anschluss an EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005 - Rs. C-136/03, Dörr und Ünal - Slg. 2005, I-4759 = NVwZ 2006, 72). In dem hier vorliegenden Fall hat der Beklagte den angefochtenen Bescheid aber am 2. Mai 2006 und damit erst nach Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG zum 30. April 2006 (Art. 38 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG) erlassen. Zu diesem Zeitpunkt galt Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG nicht mehr; stattdessen ist nunmehr Art. 12 der Richtlinie 2003/109/EG als unionsrechtlicher Bezugsrahmen für die Anwendung des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 heranzuziehen (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 79). Nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG steht langfristig Aufenthaltsberechtigten zur Überprüfung einer Ausweisung der Rechtsweg offen; die Beteiligung einer unabhängigen Stelle im Ausweisungsverfahren zur Prüfung der Zweckmäßigkeit der Maßnahme ist nicht vorgeschrieben.

23

Im Übrigen hat der Gerichtshof vor Aufhebung der Richtlinie 64/221/EWG die Anwendung des "Vier-Augen-Prinzips" auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige damit begründet, dass die im Rahmen von Art. 48 EGV eingeräumten Rechtspositionen so weit wie möglich auf assoziationsberechtigte türkische Arbeitnehmer übertragen werden müssen. Um effektiv zu sein, müssten diese (materiellen) Rechte von den türkischen Staatsangehörigen vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können. Zur Gewährleistung der Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes sei es unabdingbar, ihnen die Verfahrensgarantien zuzuerkennen, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden. Daher müsse es ihnen ermöglicht werden, sich u.a. auf Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG zu berufen, da die Verfahrensgarantien untrennbar mit den materiellen subjektiven Rechten verbunden seien, auf die sie sich beziehen (EuGH, Urteil vom 2. Juni 2005 a.a.O. Rn. 62 und 67). Da Ausgangspunkt der Betrachtung des Gerichtshofs die Verfahrensgarantien sind, die den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten durch das Gemeinschaftsrecht gewährleistet werden, erweist sich seine Rechtsprechung zur Übertragung auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige schon im Ansatz offen für Fälle von Rechtsänderungen, die die Stellung der Unionsbürger betreffen. Für diese gewährleistet Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG gegen Entscheidungen, die aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung getroffen werden, einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde. Im Rechtsbehelfsverfahren sind nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 2004/38/EG die Rechtmäßigkeit der Entscheidung sowie die Tatsachen und die Umstände zu überprüfen, auf denen die Entscheidung beruht. Nach Satz 2 gewährleistet das Rechtsbehelfsverfahren, dass die Entscheidung insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse gemäß Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG nicht unverhältnismäßig ist. Demzufolge gebietet Unionsrecht bei Ausweisungen von Unionsbürgern keine behördliche Kontrolle mehr nach dem "Vier-Augen-Prinzip". Dann können assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige nach der dynamisch angelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Übertragung von Rechten auf diese Gruppe keine bessere verfahrensrechtliche Rechtsstellung beanspruchen.

24

Demgegenüber beruft sich der Kläger auf die Stillhalteklauseln in Art. 13 ARB 1/80 und Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (BGBl 1972 II S. 385) - ZP. Gemäß Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen. Gemäß Art. 41 Abs. 1 ZP werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen. Aus diesen Stand-Still-Klauseln ergibt sich nach Auffassung des Klägers, dass Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG bei der Ausweisung assoziationsberechtigter türkischer Staatsangehöriger weiterhin anzuwenden sei. Dem folgt der Senat nicht.

25

Gegen die Auffassung des Klägers spricht bereits, dass Art. 13 ARB 1/80 seinem Wortlaut nach nur die Mitgliedstaaten, nicht aber die Europäische Union verpflichtet. Art. 41 Abs. 1 ZP betrifft sachlich nur Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, nicht aber die der Arbeitnehmerfreizügigkeit zuzurechnende aufenthaltsrechtliche Stellung aus Art. 7 ARB 1/80. Des Weiteren erscheint fraglich, ob die auf den Zugang zum Arbeits- bzw. Binnenmarkt zugeschnittenen Stand-Still-Klauseln überhaupt Verfahrensregelungen bei der Aufenthaltsbeendigung erfassen (vgl. Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 1 C 6.08 - BVerwGE 134, 27 Rn. 20 zu den gesetzlichen Erlöschenstatbeständen für Aufenthaltstitel) und ob die Aufhebung des "Vier-Augen-Prinzips" mit Blick auf die gerichtliche Überprüfbarkeit nach Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2003/109/EG eine merkliche Verschlechterung der Rechtsposition darstellt. Das kann aber dahinstehen, da die weitere Anwendung des Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG auf assoziationsberechtigte türkische Staatsangehörige selbst bei Annahme einer rechtserheblichen Verschlechterung gegen Art. 59 ZP verstoßen würde. Nach dieser Vorschrift darf der Türkei in den von diesem Protokoll erfassten Bereichen keine günstigere Behandlung gewährt werden als diejenige, die sich die Mitgliedstaaten untereinander aufgrund des Vertrages zur Gründung der Gemeinschaft einräumen. Das wäre aber bei weiterer Anwendung des "Vier-Augen-Prinzips" im Vergleich zu den Verfahrensrechten von Unionsbürgern aus Art. 31 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2004/38/EG - wie oben dargelegt - der Fall.

26

Im Übrigen entspricht das im vorliegenden Fall durchgeführte Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO den Anforderungen der in Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG enthaltenen Verfahrensgarantien (Urteil vom 13. September 2005 a.a.O. S. 221 f.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat mangels durchgreifender neuer Argumente der Revision fest.

27

2. Auf den Hilfsantrag des Klägers, mit dem dieser die Befristung der Wirkungen der Ausweisung mit sofortiger Wirkung begehrt, ist die Beklagte zu verpflichten, die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von sieben Jahren zu befristen. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

28

2.1 Der erst in der Revisionsinstanz gestellte Hilfsantrag ist zulässig. Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren in § 142 VwGO steht dem nicht entgegen. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift soll sich das Revisionsgericht grundsätzlich auf die rechtliche Prüfung des in der Vorinstanz bereits erörterten und aufbereiteten Streitstoffes beschränken, um nicht wegen eines erstmals im Revisionsverfahren gestellten Klageantrags ohne weitere Rechtsprüfung zu einer Zurückverweisung gemäß § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO gezwungen zu sein (Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 21.88 - Buchholz 442.40 § 6 LuftVG Nr. 21 = NVwZ 1990, 260<261>). Eine solche Situation liegt aber hier nicht vor. Während des Revisionsverfahrens ist § 11 AufenthG durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 in der Weise geändert worden, dass der Kläger nunmehr einen Anspruch auf gleichzeitige Befristung der in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung hat (s.u. 2.2.2). Dieser Änderung des materiellen Rechts trägt der gestellte Hilfsantrag Rechnung. Durch dessen Einbeziehung wird der Streitstoff auch nicht verändert, da der Befristungsanspruch in tatsächlicher Hinsicht vollumfänglich auf dem gegen die Ausweisung gerichteten Anfechtungsbegehren aufbaut (vgl. Urteil vom 26. Januar 1995 - BVerwG 3 C 21.93 - BVerwGE 97, 331 <342>).

29

2.2 Der Hilfsantrag ist nur in geringem Umfang begründet. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. darf ein Ausländer, der ausgewiesen worden ist, nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten. Ihm wird nach Satz 2 der Vorschrift auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Satz 3 der Vorschrift ordnet an, dass diese kraft Gesetzes eintretenden Wirkungen auf Antrag befristet werden. Die Frist ist gemäß Satz 4 unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei Bemessung der Länge der Frist wird berücksichtigt, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist (Satz 5). Die Frist beginnt nach Satz 6 mit der Ausreise. Nach Satz 7 erfolgt keine Befristung, wenn ein Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder aufgrund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde.

30

2.2.1 Seit Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 haben Ausländer grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet (Weiterentwicklung der Rechtsprechung im Urteil vom 14. Februar 2012 - BVerwG 1 C 7.11 - juris Rn. 28 f.). Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

31

Die Regelungen zur Befristung der Wirkungen einer Ausweisung und Abschiebung sind seit dem Ausländergesetz 1965 kontinuierlich zugunsten der betroffenen Ausländer verbessert worden. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 AuslG 1965 stand die Befristung der Wirkungen von Ausweisung und Abschiebung noch vollumfänglich im Ermessen der Ausländerbehörde. § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990 sah vor, dass auf Antrag eine Befristung in der Regel erfolgte (ebenso § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG 2004); die Länge der Frist lag im Auswahlermessen der Behörde. Diese Entwicklung belegt die gewachsene Sensibilität des Gesetzgebers für die Verhältnismäßigkeit der gesetzlichen Wirkungen der Ausweisung in zeitlicher Dimension angesichts der einschneidenden Folgen für die persönliche Lebensführung des Ausländers und die ihn ggf. treffenden sozialen, familiären und wirtschaftlichen Nachteile (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1979 - 1 BvR 650/77 - BVerfGE 51, 386 <398 ff.>). Denn typischerweise genügt eine zeitlich befristete Ausweisung zur Erreichung der mit dieser ordnungsrechtlichen Maßnahme verfolgten präventiven Zwecke (Urteile vom 7. Dezember 1999 - BVerwG 1 C 13.99 - BVerwGE 110, 140 <147> und vom 11. August 2000 - BVerwG 1 C 5.00 - BVerwGE 111, 369 <371 ff.>).

32

Die Befristung der Wirkungen der Ausweisung setzte nach den bisher geltenden Vorschriften grundsätzlich die vorherige Ausreise des Ausländers voraus (Beschluss vom 17. Januar 1996 - BVerwG 1 B 3.96 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 5; Urteil vom 7. Dezember 1999 a.a.O. S. 147; vgl. auch BTDrucks 11/6321 S. 57 zu § 8 Abs. 2 AuslG 1990). Die gesetzliche Systematik von Ausweisung und Befristung war zweitaktig angelegt, da im Zeitpunkt des Erlasses einer (auch) spezialpräventiv motivierten Ausweisung typischerweise kaum zu prognostizieren ist, wie der Betroffene sich zukünftig verhalten wird. Das Verhalten nach der Ausweisung ist aber neben dem Gewicht des Ausweisungsgrundes, der Berücksichtigung des Ausweisungszwecks und der Folgenbetrachtung im Hinblick auf das Übermaßverbot einer der für die Fristbestimmung maßgeblichen Faktoren (Urteil vom 11. August 2000 a.a.O. S. 372 ff.). Die im Gesetz angelegte Trennung von Ausweisung einerseits und Befristung ihrer Wirkungen andererseits hat zur Folge, dass eine fehlerhafte Befristungsentscheidung nicht zur Rechtswidrigkeit der Ausweisung führt, sondern selbstständig angreifbar ist (Beschlüsse vom 31. März 1981 - BVerwG 1 B 853.80 - Buchholz 402.24 § 15 AuslG Nr. 3 und vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 1 B 160.93 - Buchholz 402.240 § 47 AuslG 1990 Nr. 2; Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 30).

33

Der Senat hat bereits zur früheren Rechtslage mehrfach entschieden, dass die Ausländerbehörde zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Einzelfall auch von Amts wegen verpflichtet sein kann, die Wirkungen der Ausweisung schon bei Erlass der Ausweisung zu befristen. Ob dies erforderlich war, hing bei einer spezialpräventiven Ausweisung von den gesamten Umständen des Einzelfalles, insbesondere dem Ausmaß der von dem Ausländer ausgehenden Gefahr, der Vorhersehbarkeit der zukünftigen Entwicklung dieser Gefahr und den schutzwürdigen Belangen des Ausländers und seiner Angehörigen ab (Urteile vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 2.04 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 42, vom 23. Oktober 2007 - BVerwG 1 C 10.07 - BVerwGE 129, 367 Rn. 18 und vom 2. September 2009 - BVerwG 1 C 2.09 - Buchholz 451.901 Assoziationsrecht Nr. 54 Rn. 25 sowie Beschluss vom 20. August 2009 - BVerwG 1 B 13.09 - Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 4 Rn. 8). Bei einer allein generalpräventiv motivierten Ausweisung eines Ausländers mit besonderem Ausweisungsschutz war es demgegenüber regelmäßig geboten, über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung von Amts wegen zugleich mit der Ausweisung zu entscheiden. Denn in diesen Fällen lässt sich bereits in dem für die Ausweisung maßgeblichen Zeitpunkt beurteilen, wie lange der Betroffene unter Berücksichtigung seiner schutzwürdigen privaten Belange vom Bundesgebiet ferngehalten werden muss, um die notwendige generalpräventive Wirkung zu erzielen, so dass es unverhältnismäßig wäre, ihn über diesen für seine Lebensplanung wichtigen Umstand im Unklaren zu lassen (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 29). Sowohl bei der generalpräventiven als auch bei der spezialpräventiven Ausweisung kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i.V.m. Art. 6 GG ausnahmsweise sogar die Befristung der Sperrwirkung einer Ausweisung "auf Null" gebieten, ohne dass der Ausländer zur vorherigen Ausreise verpflichtet ist (Urteil vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 LS 4 und Rn. 28).

34

Das Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 hat die Rechtslage für die betroffenen Ausländer weiter verbessert: § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. verschafft dem Betroffenen nunmehr - vorbehaltlich der Ausnahmen in Satz 7 der Vorschrift - einen uneingeschränkten, auch hinsichtlich der Dauer der Befristung voller gerichtlicher Überprüfung unterliegenden Befristungsanspruch (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 32 f. - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen). Zugleich ist hinsichtlich der Dauer der Frist geregelt, dass diese unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen ist und fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG n.F.).

35

Diese Änderungen des § 11 AufenthG dienen der Umsetzung der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 - Rückführungsrichtlinie (ABl EU Nr. L 348 vom 24. Dezember 2008 S. 98). Diese Richtlinie, die auf Art. 63 Abs. 3 Buchst. b EG (jetzt: Art. 79 Abs. 2 Buchst. c AEUV) gestützt ist und die illegale Einwanderung bekämpfen soll, ergänzt die Migrationspolitik um eine wirksame Rückkehrpolitik mit klaren, transparenten und fairen Vorschriften (4. Erwägungsgrund). Die Richtlinie findet gemäß Art. 2 Abs. 1 - vorbehaltlich der Opt-out-Klausel in Absatz 2 der Vorschrift - Anwendung auf illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhältige Drittstaatsangehörige. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese die Voraussetzungen für die Einreise bzw. den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllen (5. Erwägungsgrund). Im Einklang mit allgemeinen Grundsätzen des EU-Rechts sollen Entscheidungen gemäß dieser Richtlinie auf Grundlage des Einzelfalls und anhand objektiver Kriterien getroffen werden (6. Erwägungsgrund). Um die Interessen der Betroffenen wirksam zu schützen, sollen für Entscheidungen in Bezug auf die Rückkehr eine Reihe gemeinsamer rechtlicher Mindestgarantien gelten (11. Erwägungsgrund). Die Wirkung der einzelstaatlichen Rückführungsmaßnahmen soll einen europäischen Zuschnitt erhalten (14. Erwägungsgrund). Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie definiert die Rückkehrentscheidung als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der der illegale Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen festgestellt und eine Rückkehrverpflichtung auferlegt oder festgestellt wird. Rückkehrentscheidungen gehen in den in Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie genannten Fällen mit einem Einreiseverbot einher; gemäß Satz 2 der Vorschrift können sie in anderen Fällen mit einem Einreiseverbot einhergehen. Das Einreiseverbot definiert Art. 3 Nr. 6 der Richtlinie als die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt werden und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht. Die Dauer des Einreiseverbots wird gemäß Art. 11 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Die Dauer des Einreiseverbots kann jedoch nach Satz 2 der Vorschrift fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt. Verfahrensrechtlich garantiert Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie die Möglichkeit der Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs gegen Entscheidungen nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie, also Rückkehrentscheidungen sowie ggf. Entscheidungen über ein Einreiseverbot oder eine Abschiebung.

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Die Begründung des Gesetzentwurfs zum Richtlinienumsetzungsgesetz 2011 geht davon aus, dass große Teile der in der Rückführungsrichtlinie enthaltenen Vorgaben durch die Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes zur Aufenthaltsbeendigung bereits erfüllt werden. Da die Richtlinie - anders als das geltende Aufenthaltsrecht mit der Differenzierung zwischen Ausreisepflichten kraft Verwaltungsakts und kraft Gesetzes - eine "Rückkehrentscheidung" verlange, an die unterschiedliche prozedurale bzw. formelle Garantien geknüpft würden, seien punktuelle gesetzliche Anpassungen erforderlich. Diese erfolgten jedoch innerhalb der geltenden Systematik, indem sie an den die Ausreisepflicht begründenden Verwaltungsakt (z.B. Ausweisung) oder an die Abschiebungsandrohung nach § 59 des Aufenthaltsgesetzes geknüpft würden. Die Umsetzung der Rückführungsrichtlinie erfordere darüber hinaus die Einführung einer Regelobergrenze von fünf Jahren für die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 AufenthG (BTDrucks 17/5470 S. 17).

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Das macht deutlich, dass sich der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 11 AufenthG auch hinsichtlich der in Absatz 1 Satz 1 und 2 der Vorschrift genannten gesetzlichen Folgen der Ausweisung und deren Befristung an den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Rückkehrentscheidung orientiert hat. Im Regelungsmodell der Richtlinie ist das Einreiseverbot jedoch als antragsunabhängige, mit einer Rückkehrentscheidung von Amts wegen einhergehende Einzelfallentscheidung ausgestaltet, in der die Dauer der befristeten Untersagung des Aufenthalts in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt wird (Art. 3 Nr. 6 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 und 2 Satz 1 der Richtlinie). Aus der Absicht des Gesetzgebers, dieses Modell trotz der beibehaltenen systematischen Trennung von Ausweisung und Befristung nachzuvollziehen, ergeben sich zwei Konsequenzen: Zum einen gebietet § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. den gleichzeitigen Erlass von Ausweisung und Befristung. Zum anderen genügt für den in dieser Vorschrift vorgesehenen Antrag jede Form der Willensbekundung des Betroffenen, mit der dieser sich gegen eine Ausweisung wendet (anders noch zu § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG 1990: Beschluss vom 14. Juli 2000 - BVerwG 1 B 40.00 - Buchholz 402.240 § 8 AuslG Nr. 18). Dieser Auslegungsbefund des einfachen Rechts trägt zugleich der besonderen Bedeutung der Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 GG sowie Art. 8 EMRK Rechnung. Denn der EGMR zieht die Frage der Befristung bei der Prüfung von Ausweisungen am Maßstab des Art. 8 Abs. 2 EMRK als ein wesentliches Kriterium heran (EGMR, Urteile vom 17. April 2003 - Nr. 52853/99, Yilmaz/Deutschland - NJW 2004, 2147; vom 27. Oktober 2005 - Nr. 32231/02, Keles/Deutschland - InfAuslR 2006, 3 <4>; vom 22. März 2007 - Nr. 1638/03, Maslov/Österreich - InfAuslR 2007, 221 <223> und vom 25. März 2010 - Nr. 40601/05, Mutlag/Deutschland - InfAuslR 2010, 325 <327>). Diese grund- und menschenrechtlichen Impulse verbunden mit der Absicht des Gesetzgebers, sich am Regelungsmodell der Rückführungsrichtlinie zu orientieren, führen in der Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass der Erlass einer Entscheidung zur Befristung der Wirkungen einer Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht mehr die vorherige Ausreise des Ausländers voraussetzt.

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Dagegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, aus § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ergebe sich, dass der Gesetzgeber nach wie vor von einer nachträglichen Befristung ausgehe. Nach dieser Vorschrift ist bei der Bemessung der Fristlänge zu berücksichtigen, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist. Es liegt auf der Hand, dass sich diese Umstände erst nach Erlass der Ausweisung feststellen lassen. Dennoch läuft die Vorschrift bei gleichzeitigem Erlass von Ausweisung und Befristung nicht leer. Denn die Ausländerbehörde hat ihre zusammen mit der Ausweisung getroffene Befristungsentscheidung, die sich u.a. auf eine Prognose des künftigen Verhaltens des Ausländers stützt und die Folgen der Ausweisung im Hinblick auf das zeitliche Übermaßverbot berücksichtigt, auf Antrag zu überprüfen und ggf. neu zu fassen, wenn einer der für die Fristbestimmung maßgeblichen Faktoren sich im Nachhinein ändert. Neben nachgewiesenen entscheidungserheblichen Änderungen der Sachlage kennzeichnet § 11 Abs. 1 Satz 5 AufenthG einen zusätzlichen Punkt, der von der Ausländerbehörde bei einer nachträglich beantragten Verkürzung der Frist zu berücksichtigen ist. Im Übrigen haben auch die Gerichte bei ihrer Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Befristungsentscheidung, die auch hinsichtlich der Bemessung der Fristdauer seit Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht mehr im Ermessen der Ausländerbehörde steht (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 31), die rechtzeitige und freiwillige Ausreise des Betroffenen zu berücksichtigen.

39

2.2.2 Fehlt die notwendige Befristung der Wirkungen der Ausweisung, hat das aber auch nach Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 nicht zur Folge, dass die - als solche rechtmäßige - Ausweisung aufzuheben ist. Vielmehr kann der Ausländer zugleich mit Anfechtung der Ausweisung seinen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG gerichtlich durchsetzen (Urteil vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 30). Damit wird dem sich aus dem materiellen Recht ergebenden Anspruch des Betroffenen auf gleichzeitige Entscheidung über die Ausweisung und die Befristung ihrer Wirkungen Rechnung getragen und die Verhältnismäßigkeit der Aufenthaltsbeendigung im Ergebnis gewährleistet. Diese verfahrensrechtliche Ausgestaltung entspricht der gesetzlichen Systematik, die nach wie vor zwei getrennte Verwaltungsakte - die Ausweisung einerseits und die Befristung ihrer Wirkungen andererseits - vorsieht (s.o. Rn. 32). Prozessual wird dieses Ergebnis dadurch sichergestellt, dass in der Anfechtung der Ausweisung zugleich - als minus - für den Fall der Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ein (Hilfs-)Antrag auf Verpflichtung der Ausländerbehörde zu einer angemessenen Befristung ihrer Wirkungen gesehen wird, sofern eine solche nicht bereits von der Ausländerbehörde verfügt worden ist. Das Prozessrecht muss gewährleisten, dass der Ausländer gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. nicht auf ein eigenständiges neues Verfahren verwiesen wird. Daher ist im Fall der gerichtlichen Bestätigung der Ausweisung auf den Hilfsantrag zugleich eine Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung zu treffen.

40

Erachtet das Gericht die Ausweisung für rechtmäßig, hat es auf den Hilfsantrag des Betroffenen hin die Befristungsentscheidung der Ausländerbehörde vollumfänglich zu überprüfen. Hat eine Ausländerbehörde eine zu lange Frist festgesetzt oder fehlt - wie hier - eine behördliche Befristungsentscheidung, hat das Gericht über die konkrete Dauer einer angemessenen Frist selbst zu befinden und die Ausländerbehörde zu einer entsprechenden Befristung der Ausweisung zu verpflichten (Weiterentwicklung des Urteils vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 31).

41

2.2.3 Der Senat hält im vorliegenden Fall - bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts und auf der Grundlage von dessen tatsächlichen Feststellungen - eine Frist von sieben Jahren für angemessen.

42

Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (zu der zuletzt genannten Voraussetzung vgl. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG). Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr mit Blick auf die im vorliegenden Fall bedeutsame Gefahrenschwelle des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK messen und ggf. relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (vgl. Urteile vom 11. August 2000 - BVerwG 1 C 5.00 - BVerwGE 111, 369 <373> und vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 21.07 - BVerwGE 129, 243 Rn. 19 ff.). Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorzunehmen bzw. von den Verwaltungsgerichten zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. Entscheidung des Gerichts zu überprüfen oder bei fehlender behördlicher Befristungsentscheidung - wie hier - durch eine eigene Abwägung als Grundlage des Verpflichtungsausspruchs zu ersetzen.

43

Die in § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG genannte Höchstfrist von fünf Jahren ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da von dem Kläger - im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts - eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht; das ergibt sich aus den Ausführungen zu den Ausweisungsvoraussetzungen. Wegen des Gewichts der gefährdeten Rechtsgüter und der vom Berufungsgericht festgestellten hohen Wiederholungsgefahr erachtet der Senat auch im Hinblick auf die familiären und persönlichen Bindungen des Klägers im Bundesgebiet einen Zeitraum von sieben Jahren für erforderlich, um dem hohen Gefahrenpotential in der Person des Klägers Rechnung tragen zu können. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Rückfallgefahr bei Delikten dieser Art, des Alters des Klägers, seines (Nach-)Tatverhaltens ohne therapeutische Auf- und Verarbeitung des Geschehens sowie seines familiären Umfelds ist nicht zu erwarten, dass er die hier maßgebliche Gefahrenschwelle des Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 vor Ablauf der festgesetzten Frist unterschreiten wird. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der Beklagte auf den bei ihm während des Revisionsverfahrens gestellten Befristungsantrag auf aktueller Tatsachengrundlage zu prüfen hat, ob sich aus dem Vorbringen des Klägers zur Entwicklung seit dem 5. September 2008 Anhaltspunkte für eine Verkürzung der Frist ergeben.

44

3. Die Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig. Der Kläger ist ausreisepflichtig (§ 50 Abs. 1 AufenthG), da infolge der Ausweisung seine gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als Niederlassungserlaubnis fortgeltende Aufenthaltsberechtigung erloschen ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die im angefochtenen Bescheid vom Beklagten getroffene Festsetzung der Ausreisefrist von einem Monat legt der Senat in Übereinstimmung mit § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG n.F. zugunsten des Klägers dahingehend aus, dass ihm eine Frist von 31 Tagen für die freiwillige Ausreise zur Verfügung steht.

45

4. Die Frage, ob die Ausweisung, die Befristung ihrer Wirkungen und die Abschiebungsandrohung an den Bestimmungen der Rückführungsrichtlinie zu messen sind, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Der Senat ist bisher davon ausgegangen, dass die Rückführungsrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG bis zum 24. Dezember 2010 umzusetzen war, für davor erlassene und mit der Klage angegriffene Abschiebungsandrohungen keine Geltung beansprucht (Urteile vom 14. Februar 2012 a.a.O. Rn. 35 und vom 22. März 2012 a.a.O. Rn. 15; a.A. VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2012 - 11 S 4/12 - juris Rn. 49 ff.; vgl. auch VerwGH Wien, Urteile vom 16. Juni 2011 - Az. 2011/18/0064 - und vom 20. März 2012 - Az. 2011/21/0298). Für den sachlichen Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie ist zudem umstritten, ob die Ausweisung als Rückkehrentscheidung i.S.d. Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie 2008/115/EG angesehen werden kann (dafür: Basse/Burbaum/Richard, ZAR 2011, 361<364>; Hörich, ZAR 2011, 281 <284 Fn. 45>; dagegen: VGH Mannheim, Urteil vom 7. Dezember 2011 - 11 S 897/11 - NVwZ-RR 2012, 412; offen: OVG Münster, Urteil vom 22. März 2012 - 18 A 951/09 - juris Rn. 88). Das alles kann indes hier dahinstehen. Denn selbst wenn man die intertemporale Geltung und die sachliche Anwendbarkeit der Rückführungsrichtlinie auf die (Wirkungen der) Ausweisung und die Abschiebungsandrohung unterstellt, verhilft das der Revision im vorliegenden Fall nicht in weitergehendem Umfang zum Erfolg. Da der Kläger mit seinem Hilfsantrag die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG n.F. gebotene Befristung der Wirkungen seiner Ausweisung zusammen mit deren gerichtlicher Prüfung durchsetzen kann, wird den Vorgaben der Rückführungsrichtlinie im Ergebnis Genüge getan. In dem hier vorliegenden Fall konnte die Dauer des Einreiseverbots auch die Regelfrist von fünf Jahren überschreiten, da der Kläger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung i.S.d. Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG darstellt.

46

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Senat gewichtet den gegen die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung gerichteten Anfechtungsantrag mit 4/5 und den auf Befristung zielenden Verpflichtungsantrag mit 1/5. Nachdem der Kläger aber mit seinem Hilfsantrag nur zum Teil obsiegt hat, hat er 9/10 der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 25. September 1950 geborene Kläger begehrt die Berufungszulassung, um im Ergebnis die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 28. Februar 2013 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 21. Mai 2013 zu erreichen, in dem festgestellt worden ist, dass er sein Recht auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland gemäß § 6 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) verloren hat (Ziff. I des Bescheides), und er unter Fristsetzung zur Ausreise aufgefordert (Ziff. II des Bescheides), ihm die Abschiebung nach Österreich oder in einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist, angedroht worden ist (Ziff. III des Bescheides), und die Wirkungen der Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt für die Bundesrepublik Deutschland und einer eventuellen Abschiebung auf die Dauer von 10 Jahren ab Ausreise bzw. Abschiebung befristet worden sind (Ziff. IV des Ergänzungsbescheides).

Zur Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil vom 8. August 2013 trägt der Kläger vor, es fehle an ausreichenden Gründen für eine Aberkennung seines Rechts auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Insbesondere sei eine konkrete Gefahr, dass der Kläger die von ihm begangenen Straftaten wiederholen werde, auch im Hinblick auf sein Alter nicht gegeben. Auch habe die Behörde für den im Jahr 1950 geborenen Kläger faktisch ein lebenslängliches Einreiseverbot verhängt. Hingewiesen werde zudem darauf, dass der Kläger sich wegen einer Niereninsuffizienz in einem Peritonealdialyseprogramm befinde.

II.

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) und des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit er erstinstanzlichen Entscheidung ergibt (z. B. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547), mithin diese Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl. 2004, 838/839). Solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen des Klägers nicht.

a) Das Vorbringen des Klägers stellt nicht die Erwägungen des Verwaltungsgerichts betreffend die öffentliche Sicherheit in Frage.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ergeben sich zunächst nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Januar 2014 (C-400/12 - juris). Der Gerichtshof hat hier für Recht erkannt, dass Art. 28 Abs. 3 Buchstabe a der Richtlinie 2004/38/EG (auf dem § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU beruht) dahin auszulegen ist, dass der Aufenthaltszeitraum von 10 Jahren grundsätzlich ununterbrochen gewesen sein muss und vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung an zurückzurechnen ist (Rn. 24 ff.). Des Weiteren ist die Vorschrift dahin auszulegen, dass der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen grundsätzlich geeignet ist, die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne der Bestimmung zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich diese Person vor dem Freiheitsentzug 10 Jahre lang im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten hat (Rn. 33 ff.). Es kann dahinstehen, ob sich der Kläger angesichts der genannten Entscheidung des Gerichtshofs wegen seiner bereits ca. zweijährigen Inhaftierung zum Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung und seiner weiteren ersichtlichen Inhaftierung von Dezember 2001 bis März 2009 nicht mehr auf den erhöhten Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen kann, die Verlustfeststellung vielmehr gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU bereits aus schwerwiegenden Gründen möglich ist. Die Behörde und das Verwaltungsgericht sind zugunsten des Klägers von dem erhöhten Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU ausgegangen.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU kann der Verlust des Rechts eines Unionsbürgers auf Einreise und Aufenthalt (§ 2 Abs. 1 FreizügG/EU) u. a. aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit festgestellt werden. Die Tatsache einer strafrechtlichen Verurteilung genügt für sich allein nicht, um die in § 6 Abs. 1 FreizügG/EU genannten Entscheidungen oder Maßnahmen zu begründen. Es dürfen nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte strafrechtliche Verurteilungen berücksichtigt werden, und diese nur insoweit, als die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Es muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, § 6 Abs. 2 FreizügG/EU. Auch sind bei der Entscheidung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen, § 6 Abs. 3 FreizügG/EU. Gemäß § 6 Abs. 4 FreizügG/EU darf eine Feststellung nach Absatz 1 nach Erwerb des Daueraufenthaltsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen getroffen werden. Bei Unionsbürgern, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, darf eine Feststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit getroffen werden, § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU. Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit können nur dann vorliegen, wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe vom mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherheitsverwahrung angeordnet wurde, wenn die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland betroffen ist oder wenn von Betroffenen eine terroristische Gefahr ausgeht, § 6 Abs. 5 Satz 2 FreizügG/EU. Der Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU, der der Umsetzung des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mietgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, dient, setzt nicht nur das Vorliegen einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit voraus, sondern darüber hinaus, dass die Beeinträchtigung einen besonders hohen Schweregrad aufweist. Eine Ausweisungsmaßnahme ist hier auf außergewöhnliche Umstände begrenzt (EuGH - U. v. 23.11.2010 - C-145/09 Rn. 40,41 - juris). Sie muss auf eine individuelle Prüfung des Einzelfalls gestützt werden und kann nur dann mit zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt werden, wenn sie angesichts der außergewöhnlichen Schwere der Bedrohung für den Schutz der Interessen, die mit ihr gewahrt werden sollen, erforderlich ist; Voraussetzung ist weiter, dass dieses Ziel unter Berücksichtigung der Aufenthaltsdauer im Aufnahmemitgliedstaat des Unionsbürgers und insbesondere der schweren negativen Folgen, die eine solche Maßnahme für Unionsbürger haben kann, die vollständig in den Aufnahmemitgliedstaat integriert sind, nicht durch weniger strikte Maßnahmen erreicht werden kann. Dabei ist insbesondere der außergewöhnliche Charakter der Bedrohung der öffentlichen Sicherheit aufgrund des persönlichen Verhaltens der betroffenen Person, die zu der Zeit, zu der die Ausweisungsverfügung ergeht, zu beurteilen ist, nach Maßgabe der verwirkten und verhängten Strafen, des Grades der Beteiligung an der kriminellen Aktivität, des Umfangs des Schadens und gegebenenfalls der Rückfallneigung, gegen die Gefahr abzuwägen, die Resozialisierung des Unionsbürgers in dem Aufnahmemitgliedsstaat, in den er vollständig integriert ist, zu gefährden (EuGH - U. v.23.11.2010 - C-145/09 Rn. 49,50 - juris). Im Falle einer Verurteilung wegen Straftaten ist § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU im Übrigen dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten freisteht, Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) angeführten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen kann, mit denen eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Zudem setzt eine Verlustfeststellung voraus, dass das persönliche Verhalten des Betroffenen eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder des Aufnahmemitgliedstaats berührt, wobei diese Feststellung im Allgemeinen bedeutet, dass eine Neigung des Betroffenen bestehen muss, das Verhalten in Zukunft beizubehalten (EUGH - U. v. 22.5.2012 - C-348/09 Rn. 33,34 - juris).

Das Verwaltungsgericht hat - wie die Beklagte davon ausgehend, dass der Kläger sich auf den erhöhten Schutz des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berufen kann - diese rechtlichen Vorgaben bei seiner Entscheidung beachtet und ist auf ihrer Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegeben sind. Die das angefochtene Urteil tragenden Erwägungen hat der Kläger nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte und das Verwaltungsgericht die vom Kläger begangenen Straftaten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen haben, die geeignet ist, die Ruhe und die Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen und davon ausgehend zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit für die Verlustfeststellung bejaht haben, auch weil die Art und Weise der Begehung der Straftaten hier besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Zu Recht hat die Beklagte (bestätigt durch das Verwaltungsgericht) u. a. ausgeführt, dass sich die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit aus der Vielzahl der vom Kläger begangenen Straftaten ergeben, die mehrfach gegen das Vermögen anderer gerichtet waren. Den Gründen des gegen den Kläger ergangenen rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts N. vom 22. April 1999 (Verurteilung wegen versuchten Betrugs sowie Betrugs mit Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, Bewährungszeit vier Jahre) ist zu entnehmen, dass der Kläger u. a. als Immobilienmakler unberechtigt Provisionsauszahlungen erreichte, um (vermögenslos und überschuldet) seinen eigenen Lebensstandard (u. a. als Dienstwagen ein Fahrzeug der Marke Porsche) zu sichern. Die Strafaussetzung wurde wegen weiterer Straftaten in der Bewährungszeit widerrufen (Strafvollstreckung erledigt am 7. Juni 2007). Mit Urteil des Landgerichts N. vom 20. März 2003 wurde der Kläger wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zwanzig Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Den Gründen dieses Urteils ist zu entnehmen, dass der Kläger im August 2000 Schulden zwischen 50.000 und 60.000 DM aufgrund seines luxuriösen Lebensstils gehabt habe. Im Zeitraum Oktober 2000 bis Oktober 2001 sei er in insgesamt achtzehn Fällen als angeblicher Makler aufgetreten, der betrügerisch von Immobilienverkäufern Provisionszahlungen zwischen 1.700 und 43.460 Euro erhalten habe, insgesamt 188.053,15 Euro. Bei zwei weiteren Betrugshandlungen habe er einen Schaden von 10.895,63 Euro verursacht. Dem Urteil ist weiter zu entnehmen, dass einige Geschädigte durch die Taten des Klägers in finanzielle Bedrängnis gerieten, dass der Kläger, wie sich auch aus den Vorstrafen ergebe, der Drahtzieher, Initiator, Ideengeber und Hauptnutznießer des Geschehens gewesen sei, dass er die Verkäufer bewusst unter Zeitdruck gesetzt habe, dass er mehrfach und einschlägig erheblich vorbestraft gewesen sei und bei den Taten unter laufender einschlägiger Bewährung gestanden habe. Die teilweise Leistung einer Schadenswiedergutmachung spreche nur sehr eingeschränkt für den Kläger, da diese Zahlungen aus unrechtmäßig erlangten Provisionen erfolgt seien. Die Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren 6 Monaten sei notwendig, um (u. a.) dem Angeklagten sein Fehlverhalten nochmals eindringlich vor Augen zu führen und ihn dazu anzuhalten, in Zukunft keine weiteren Straftaten mehr zu begehen. Es solle ihm durch die Verurteilung auch vor Augen geführt werden, dass, sollte er nach Strafverbüßung wiederum, insbesondere einschlägig, straffällig werden, die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB in Betracht zu ziehen sein werde. Zu Recht weisen die Beklagte und das Verwaltungsgericht sodann darauf hin, dass der Kläger, nachdem die Strafvollstreckung aus diesem Urteil am 26. März 2009 erledigt war und Führungsaufsicht bis zum 25. März 2014 eingetreten war, bereits ab November 2009 wiederum einschlägig straffällig wurde. Dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts N. vom 10. Oktober 2011, mit dem der Kläger wegen Betrugs in 14 Fällen und versuchten Betrugs in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 8 Monaten verurteilt wurde, ist u. a. zu entnehmen, dass der Kläger bis zu seiner Verhaftung im Februar 2011 in 18 Fällen als Käufer von Immobilien auftrat, um unberechtigt Provisionen zu erhalten; in einem weiteren Fall erlangte er in betrügerischer Weise bei einem Autohaus einen Pkw, Typ Mercedes, zum Preis von 38.000 Euro, ohne das ihm überlassene Fahrzeug zu bezahlen. Gegeben sei (mit einer Ausnahme) jeweils ein besonders schwerer Fall des § 263 Abs. 3 StGB (Strafrahmen 6 Monate bis 10 Jahre). Schadenswiedergutmachung habe der Kläger nur auf Druck der Geschädigten und mit Geldern bewirkt, die er sich anderweitig wiederum durch Betrügereien beschafft habe. Der Kläger sei mehrfach und einschlägig vorbestraft. Das Bundeszentralregister weise für ihn insgesamt neunzehn Eintragungen auf. Allein sechs dieser Eintragungen hätten Verurteilungen wegen (versuchten) Betrugs sowie teils weiterer Delikte zum Gegenstand gehabt. Insbesondere der Verurteilung durch das Landgericht N. vom 20. März 2003 lägen nahezu identische Sachverhalte zugrunde, wie sie hier zur Aburteilung gestanden hätten. Strafschärfend sei auch heranzuziehen, dass der Kläger wegen einschlägiger Delikte bereits mehrere Jahre inhaftiert gewesen sei und dass er bereits rund 6 Monate nach seiner letzten Haftentlassung erneut straffällig geworden sei, mithin eine erhebliche Rückfallgeschwindigkeit an den Tag gelegt habe.

Es ist nachvollziehbar, wenn die Beklagte und das Verwaltungsgericht davon ausgehend zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit für eine Verlustfeststellung bejahen, da die begangenen Straftaten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen sind, die geeignet ist, die Ruhe und die Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen. Insbesondere durch seine fortwährenden zahlreichen Betrugshandlungen im Immobilienbereich ist ein beträchtlicher Schaden für die Betrugsopfer entstanden, die teilweise in erhebliche finanzielle Bedrängnis geraten sind. Vermögensstraftaten eines Umfangs und einer Art und Weise, wie vom Kläger begangen, bedrohen die legale Wirtschaftstätigkeit sowie wirtschaftliche Existenzen und damit die innere Sicherheit. Dass der Gesetzgeber den betroffenen Rechtsgütern einen sehr hohen Stellenwert zumisst, ergibt aus dem Strafrahmen, der (bei den zuletzt abgeurteilten besonders schweren Fällen) gemäß § 263 Abs. 3 StGB von 6 Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe reicht, mithin ausnahmslos Freiheitsstrafen beinhaltet. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht auf die „extrem hohe Zahl der Betrugshandlungen, die der Kläger begangen hat“, und den Umstand hin, dass dieser von Dezember 2001 bis März 2009 inhaftiert war. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Verurteilung des Klägers durch das Landgericht N. vom 20. März 2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten Einzelstrafen in Höhe von insgesamt knapp 26 Jahren und der weiteren Verurteilung des Klägers durch das Landgericht N. vom 20. Oktober 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 8 Monaten Einzelstrafen in Höhe von insgesamt knapp 30 Jahren zugrunde gelegen hätten. Insgesamt seien damit verwirkte Einzelstrafen von über 50 Jahren im Raum gestanden. Zu Recht gehen die Beklagte und das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Art und Weise der Begehung der Straftaten hier besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Auch dies kann aus den Feststellungen der Strafgerichte hergeleitet werden. Zu Recht weisen die Beklagte und das Verwaltungsgericht auch darauf hin, dass die Initiative für die kriminellen Aktivitäten vom Kläger ausgegangen ist und er hohe kriminelle Energie entfaltet hat.

Zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit, die zu einer Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 FreizügG/EU berechtigen, können nicht nur dann angenommen werden, wenn es sich um Straftaten handelt, die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführt sind. Zu Recht haben sich die Beklagte und das Verwaltungsgericht nicht durch den Umstand, dass die vom Kläger begangenen Delikte nicht unmittelbar in Art 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV genannt sind, daran gehindert gesehen, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU zu bejahen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 22. Mai 2012 (C-348/09 - juris) ausgeführt, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, Straftaten wie die in Artikel 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses anzusehen, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, und die damit unter den Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit fallen kann, mit denen gemäß Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 eine Ausweisungsverfügung gerechtfertigt werden kann, sofern die Art und Weise der Begehung solcher Straftaten besonders schwerwiegende Merkmale aufweist. Wie sich schon aus der vom Gerichtshof verwendeten Formulierung („…Straftaten wie die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV angeführten…“) ergibt, schließt der Gerichtshof nicht aus, dass auch andere als die in der genannten Vorschrift aufgeführten Straftaten zu zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die eine Verlustfeststellung rechtfertigen, führen können. Dies folgt zudem daraus, dass Art. 83 AEUV nicht dem Zwecke dient, abschließend festzulegen, welche Straftaten Voraussetzung für eine Verlustfeststellung im Sinne des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU sein können. Vielmehr enthält Art. 83 Abs. 1 AEUV eine Befugnis für das Europäische Parlament und den Rat, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festzulegen, die aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben. Als derartige Kriminalitätsbereiche werden genannt: Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität (Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 AEUV). Dementsprechend hat der Gerichtshof (U. v. 22.5.2012 a. a. O.) ausgeführt, das Unionsrecht schreibe den Mitgliedstaaten keine einheitliche Werteskala für die Beurteilung von Verhaltensweisen vor, die als Verletzung der öffentlichen Sicherheit angesehen werden könnten; die zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit würden nach Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38 von den Mitgliedstaaten festgelegt; grundsätzlich stehe es den Mitgliedstaaten im Wesentlichen frei, nach ihren nationalen Bedürfnissen, die je nach Mitgliedstaat und Zeitpunkt unterschiedlich sein könnten, zu bestimmen, was die öffentliche Ordnung und Sicherheit erfordere, doch seien diese Anforderungen eng zu verstehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV genannten Kriminalitätsbereiche der Geldwäsche, der Fälschung von Zahlungsmitteln und der Computerkriminalität betrugsähnliche Tatbestände beinhalten.

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. März 2013 (18 A 2263/08 Rn. 29 - juris) spricht nicht für die Auffassung, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU im Falle einer Verurteilung wegen Straftaten nur dann angenommen werden können, wenn es sich um Straftaten handelt, die in Art. 83 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV als Bereiche besonders schwerer Kriminalität genannt werden. Bei der diesbezüglichen kursorischen Wendung im Urteil vom 14. März 2013 handelt es sich um ein nicht entscheidungserhebliches obiter dictum, denn das Urteil betraf die Frage der Rechtmäßigkeit einer Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 5 FreizügG/EU im Fall einer Verurteilung wegen an Minderjähriger begangener Sexualstraftaten (das Oberverwaltungsgericht hatte das Verfahren ausgesetzt und zur Vorabentscheidung an den EUGH vorgelegt, was zum Urteil des EUGH vom 22. Mai 2012 < C-348/09 - juris > führte). Mit Tatbeständen, die in der vom Gerichtshof herangezogenen Vertragsbestimmung nicht unmittelbar genannt werden, befasst sich das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil auch sonst nicht.

Zu Recht gehen die Beklagte und das Verwaltungsgericht auch davon aus, dass das persönliche Verhalten des Klägers eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft oder des Aufnahmemitgliedstaates berührt, wobei diese Feststellung im Allgemeinen bedeutet, dass eine Neigung des Betroffenen bestehen muss, das Verhalten in Zukunft beizubehalten (EUGH, U. v. 22.5.2012 a. a. O.). Die inmitten stehende Frage der Wiederholungsgefahr nach strafrechtlichen Verurteilungen kann grundsätzlich von den Gerichten regelmäßig ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen beurteilt werden, denn die Gerichte bewegen sich mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen, die den Richtern allgemein zugänglich sind (BVerwG, B. v. 4.5.1990 - 1 B 82/89, B. v. 14.3.1997 - 1 B 63/97, B. v. 22.10.2008 - 1 B 5/08 jeweils m. w. N. - jeweils juris). Bei der insoweit erforderlichen individuellen Beurteilung des Einzelfalls sind, wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11 -, U. v. 4.10.2012 - 1 C 13/11 -, jeweils juris).

Dies zugrunde gelegt gehen die Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht von einer Wiederholungsgefahr beim Kläger aus. Der Kläger hat über Jahre hinweg eine Vielzahl von Straftaten begangen, die insbesondere gegen das Vermögen anderer gerichtet waren. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht führen zu Recht aus, dass beim Kläger unter Berücksichtigung der den letzten Verurteilungen zugrunde liegenden (überwiegend gewerbsmäßig begangenen) Betrugsdelikten, der im Vorfeld über Jahrzehnte von ihm begangenen zum Teil gravierenden Straftaten und dem Umstand, dass er sich durch die deshalb gegen ihn ergangenen Strafurteile nicht von der Begehung weiterer, in Art und Ausmaß stetig ansteigender Straftaten hat abhalten lassen, von erheblichen charakterlichen Mängeln auszugehen ist, die zusammen mit der Tatsache der gescheiterten Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse und seiner nicht vorhandenen Sozialisierung zu der Annahme führen, dass er auch künftig weiter schwere Straftaten begehen werde. Sein bisheriges Leben im Bundesgebiet sei im Wesentlichen auf Lug und Trug aufgebaut. Es sei offensichtlich, dass er der geltenden Rechtsordnung im Bundesgebiet keinerlei Bedeutung beimesse, sondern vielmehr bereit sei, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen auf betrügerische Weise großen finanziellen Schaden zuzufügen, wobei einige seiner Opfer durch die Straftaten sogar in finanzielle Bedrängnis gebracht worden seien. Dafür, dass der Kläger auch nach einer Haftentlassung seinen Lebensunterhalt, (ggf. einen - wie in der Vergangenheit - von ihm angestrebten luxuriösen Lebensstil) durch Vermögensstraftaten gegen Dritte finanzieren wird, spricht insbesondere der Umstand, dass der Kläger sich von der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten mit Strafurteil vom 20. März 2003, von der Warnung in diesem Urteil, dass für den Fall einer erneuten insbesondere einschlägigen Straffälligkeit nach Strafverbüßung die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB in Betracht zu ziehen sein werde, des Weiteren von einer Verwarnung durch die Ausländerbehörde unter Androhung einer Verlustfeststellung bei künftigen Straftaten und von der angeordneten Führungsaufsicht nicht abhalten ließ, bereits 8 Monate nach der Erledigung der Strafvollstreckung am 26. März 2009 erneut ab November 2009 einschlägig straffällig zu werden. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger nach Verbüßung der nunmehrigen Freiheitsstrafe davon ablassen wird, sein Leben durch die Begehung von Straftaten auf Kosten anderer zu finanzieren (zumindest in dem Bereich, der durch Sozialleistungen nicht abgedeckt wird). Auch im Führungsbericht der Justizvollzugsanstalt S. wird die deutlich betrügerische Ader des Klägers erwähnt.

b) Das Verwaltungsgericht und die Beklagte haben auch die persönlichen Umstände des Klägers und sein Privatinteresse an einem weiteren Aufenthalt und Verbleib im Bundesgebiet angemessen gewürdigt und nach Abwägung alles Umstände gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt als nachrangig eingestuft.

Der Kläger trägt insoweit vor, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft (voraussichtlich im Alter von 68 Jahren) werde er wohl nicht mehr überzeugend als Immobilienmakler auftreten können. Zudem leide er an Krankheiten, insbesondere befinde er sich in einem Peritonealdialyseprogramm.

Die Beklagte hat - bestätigt durch das Verwaltungsgericht - das Alter des Klägers und dessen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 1975 gewürdigt, andererseits aber darauf hingewiesen, dass er in Österreich aufgewachsen sei und im Bundesgebiet als alleinstehender, geschiedener, kinderloser Mann keine besonderen persönlichen Bindungen aufgebaut habe. Auch sei ihm eine wirtschaftliche Integration im Bundesgebiet nicht gelungen, er habe mehrfache eine eidesstattliche Versicherung abgeben müssen, Einkommen vornehmlich aus Straftaten erzielt, zudem viele Jahre in Strafhaft verbracht. Im Hinblick auf die Erkrankungen des Klägers führte die Beklagte aus, in Österreich bestehe ein funktionierendes Sozialsystem, auch sei das Niveau der medizinischen Versorgung in Österreich derjenigen in Deutschland mindestens gleichwertig.

Damit wurden durch die Beklagte und das Verwaltungsgericht die vorgetragenen privaten Interessen des Klägers auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zur Kenntnis genommen und angemessen bewertet. Insbesondere wurden die nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU zu berücksichtigenden Belange des Klägers, nämlich die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration in Deutschland und das Ausmaß seiner Bindungen zu seinem Heimatland zutreffend in die Abwägung eingestellt. Rechtsfehlerfrei wurde der Schutz der öffentlichen Sicherheit höher gewichtet als die berücksichtigungsfähigen Interessen des Klägers.

Die verfügte Verlustfeststellung ist auch nicht im Hinblick auf Art. 8 EMRK oder Art. 6 GG als unverhältnismäßig anzusehen. Folgend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerfG, B. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07, BVerwG, U. v. 23.10.2007 - 1 C 10/07 - jeweils juris) und den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hierzu entwickelten Kriterien (vgl. u. a. EGMR, U. v. 13.10.2011 - 41548/06 - juris) sind die persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie das öffentliche Interesse zutreffend abgewogen und gewichtet worden.

c) Wenn der Kläger schließlich erklärt, die Beklagte habe gegen ihn faktisch ein lebenslanges Einreiseverbot verhängt, wendet er sich sinngemäß gegen die mit dem Ergänzungsbescheid vom 21. Mai 2013 gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG verfügten zehnjährigen Sperrwirkungen. Zur Begründung des Einreise- und Aufenthaltsverbots hat die Beklagte, bestätigt durch das Verwaltungsgericht, auf das strafrechtlich geahndete Verhalten, insbesondere die vielfach begangenen, massiven Betrugsstraftaten über einen langen Zeitraum hinweg, welche über die erhebliche Schädigung Einzelner hinaus die legale Wirtschaftstätigkeit sowie das Vertrauen in die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs beeinträchtigten, und auf die (ausführlich begründete) hochgradige Wiederholungsgefahr hingewiesen. Gegeben sei eine außergewöhnlich schwere Bedrohung der öffentlichen Sicherheit, der Kläger sei Bewährungsversager, er habe immer wieder bewiesen, dass er nicht bereit sei, ein straffreies Leben zu führen. Eine Befristung auf zehn Jahre entspreche auch unter Berücksichtigung des langjährigen Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet, der deshalb naturgemäß auch vorhandenen persönlichen Bindungen und seines Alters in Anbetracht der konkreten Umstände dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dies ist auch unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 13.12.2012 - 1 C 14/12 - juris), nach der mit einer Befristung auf zehn Jahre der Zeithorizont gewählt wird, für den eine Prognose realistischer Weise noch gestellt werden kann, nicht zu beanstanden. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht vertreten zu Recht die Auffassung, dass vom Kläger eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG) und die hohen Anforderungen für eine Verlustfeststellung gemäß § 6 Abs. 5 FreizügG/EU vorliegen. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Kläger im fortgeschrittenen Alter seine durch das Begehen von Straftaten gegen das Vermögen anderer geprägte Persönlichkeitsstruktur geändert hat oder ändern könnte. Bislang hat sich der Kläger keine der zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen und Haftstrafen zur Warnung dienen lassen. Auch ist er nach einer Entlassung aus der Strafhaft ersichtlich mittellos. Es drängt sich mithin aufgrund seines Verhaltens in der Vergangenheit auf, dass er erneut einschlägig straffällig wird, auch um - wie in der Vergangenheit durchgehend über Jahre praktiziert - einen Lebensstandard zu erreichen, der durch auf legalem Wege erzielte Einkünfte bzw. Sozialleistungen für ihn nicht finanzierbar ist. Das Alter des Klägers schließt es nicht aus, dass er in den Jahren nach seiner Haftentlassung erneut einschlägig straffällig wird. Dazu ist auch nicht erforderlich, dass er (wie teilweise, aber keineswegs durchgehend bei den von ihm begangenen Straftaten) Angestellter im Immobilienbereich ist. Er kann z. b. als selbstständig im Immobilienbereich auftretende Person oder als sonstiger Mittäter im Zusammenwirken mit Anderen Straftaten begehen. Ein konkretes Ende der vom Kläger ausgehenden Gefahren ist mithin derzeit nicht absehbar. Auch gebieten weder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch verfassungsrechtliche Wertentscheidungen eine kürzere Frist. Der Kläger ist alleinstehend und kinderlos. Besondere persönliche Bindungen im Bundesgebiet hat er nicht vorgetragen, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger hat nichts dazu ausgeführt, dass die Versorgung durch das Sozialsystem, sollte er sie in Anspruch nehmen müssen, und die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten in Österreich für ihn nicht ausreichend sind. Im Übrigen kann der Kläger bei einer nachträglichen Änderung der für die Befristungsentscheidung maßgeblichen Tatsachen jederzeit einen Antrag auf Verkürzung der festgesetzten Sperrfrist stellen (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19/11 Rn. 38 - juris).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist und die Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Klärungsbedürftigkeit, vgl. insgesamt Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36, § 124 a Rn. 72). Die Gründe dafür sind nach § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen. Eine solche Rechts- oder Tatsachenfrage hat der Kläger hier nicht aufgeworfen. Er möchte vielmehr (sinngemäß) wissen, ob in Anbetracht der von ihm begangenen Straftaten und seines Alters die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung gemäß § 6 FreizügG/EU vorliegen. Hierbei handelt es sich um eine Frage des Einzelfalls, die im Rahmen des hiesigen Zulassungsantragsverfahrens durch die Auslegung des § 6 FreizügG/EU unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere EuGH, Urteile vom 23.11.2010 - C-145/09 sowie vom 22.5.2012 - C-348/09 - jeweils juris) beantwortet werden kann.

Kosten des Zulassungsverfahrens: § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 VwGO, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags aus Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 16. April 2013 begehrt. Darin wird feststellt, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe. Weiter wird ihm die Wiedereinreise und der Aufenthalt für die Dauer von fünf Jahren untersagt und die Abschiebung nach Polen androht.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung.

Der nach der Antragsbegründung allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Bestimmung bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, die Voraussetzungen für die angefochtene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 und 2 FreizügG/EU lägen beim Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts vor. Der Kläger habe die bisherigen Aufenthalte im Bundesgebiet in erster Linie dazu genutzt, um hier Straftaten zur Bestreitung seines Lebensunterhalts zu begehen. Das Amtsgericht München habe dem Kläger im Strafurteil vom 10. Dezember 2012 (Verurteilung wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten) eine hohe Rückfallgeschwindigkeit bei der Begehung von Straftaten attestiert und darauf verwiesen, dass auch die vorhergehende Verurteilung zu einer erheblichen Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Meppen (wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten) sowie die bereits verbüßte Untersuchungshaft den Kläger nicht hätten davon abhalten können, weitere Straftaten zu begehen. Auch das Strafgericht habe beim Kläger aufgrund seiner bisher nicht therapierten Alkoholerkrankung keine günstige Legal- und Sozialprognose angestellt. Daher schätze das Gericht die Gefahr, dass der Kläger auch zukünftig im Bundesgebiet Straftaten begehen werde, um sich dadurch eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen, als hoch ein. Der Kläger habe auch in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck vermittelt, dass er im Hinblick auf seine Vorverurteilungen und seine kriminelle Vergangenheit in seiner Heimat nunmehr einsichtig sei. Es bestehe daher ein Grundinteresse der Gesellschaft, dieser tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die angefochtene Maßnahme entgegenzuwirken. Die Ermessensausübung der Beklagten sei rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese habe die nach § 6 Abs. 3 FreizügG/EU zu berücksichtigenden Belange berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Das private Interesse des Klägers, sich weiterhin im Bundesgebiet aufzuhalten oder ins Bundesgebiet einreisen zu dürfen, habe infolge seines nur kurzen Aufenthalts geringes Gewicht. Eine eigene Kernfamilie oder schützenswerte wirtschaftliche und kulturelle Bindungen bestünden nicht. Der Kläger sei weder beruflich noch sozial im Bundesgebiet integriert. Eine Rückkehr in seine Heimat Polen sei ihm tatsächlich möglich und zumutbar.

Dagegen macht der Kläger mit dem Zulassungsantrag im Wesentlichen geltend, die von ihm begangenen Straftaten seien nicht so gravierend, dass die Annahme einer tatsächlichen und hinreichend schweren Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühren würde, gerechtfertigt wäre. Das Strafurteil des Amtsgerichts Meppen sei ebenso wie die Verlustfeststellung der Beklagten und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich durch die Vorverurteilungen des Klägers in Polen beeinflusst, obwohl nicht geklärt worden sei, ob diese Verurteilungen nach deutschem Recht rechtmäßig gewesen seien und ob er zum Zeitpunkt dieser Straftaten bereits strafmündig gewesen sei. Eine Beiziehung dieser Strafakten sei zwingend erforderlich. Der Kläger habe im Übrigen von der Illegalität der von ihm als Kraftfahrer transportierten Pflanzen nichts gewusst, sondern nur einen Transport im Rahmen seiner normalen Tätigkeit als Berufskraftfahrer durchgeführt. Zudem habe das Amtsgericht Meppen die Vollstreckung der Freiheitsstrafe aufgrund einer günstigen Prognose zur Bewährung ausgesetzt. Auch habe das Verwaltungsgericht die soziale Bindung des Klägers zu seiner Verlobten nicht ausreichend gewürdigt. Diese habe sich aufgrund einer schweren Depression inzwischen das Leben genommen. Ihre Eltern hätten jedoch beschlossen, den Kläger zu adoptieren und auf diese Weise zum Familienmitglied zu machen. Dem Kläger sei von der Firma S. eine Stelle als Bauhelfer zugesagt.

Damit wird aber die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass die streitbefangene Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 6 Abs. 1 bis 3 FreizügG/EU rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass strafrechtliche Verurteilungen nur dann zur Begründung einer Verlustfeststellung herangezogen werden dürfen, wenn die ihnen zugrunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Zudem muss eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 FreizügG/EU; vgl. auch BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu Recht angenommen, dass das den Verurteilungen des Klägers durch das Amtsgericht Meppen vom 20. Juli 2012 und das Amtsgericht München vom 10. Dezember 2012 zugrunde liegende Verhalten des Klägers und die von ihm begangenen Straftaten - insbesondere die Betäubungsmittelstraftat sowie der Diebstahl - diese Voraussetzungen erfüllen. Gefahren, die vom illegalen Handeln mit Betäubungsmittel ausgehen, sind schwerwiegend und berühren ein Grundinteresse der Gesellschaft (BayVGH, B.v. 6.5.2015 - 10 ZB 15.231 - juris Rn. 4). Das Amtsgericht Meppen hat auch entgegen dem nunmehrigen Zulassungsvorbringen „aufgrund des glaubhaften Geständnisses“ des Klägers festgestellt, dieser habe gegen Entgelt für einen unbekannten Auftraggeber Drogen durch die Bundesrepublik Deutschland nach Dänemark transportiert; ihm sei auch von Anfang an bewusst gewesen, dass es sich um eine erhebliche Menge an Betäubungsmitteln gehandelt habe und dass die Drogen zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch seinen Auftraggeber bestimmt gewesen seien. Auch bei dem vom Amtsgericht München abgeurteilten Diebstahl einer Tasche mit einem Notebook, einem iPad sowie zwei Spielekonsolen im Gesamtwert von ca. 2200 Euro handelt es sich nicht etwa um eine kleinere Straftat oder gar ein Bagatelldelikt, das nicht geeignet wäre, eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft zu begründen.

Das Verwaltungsgericht ist ebenso zutreffend davon ausgegangen, dass beim Kläger die Gefahr der Wiederholung solcher Straftaten bestehe. Die vom Erstgericht beim Kläger angestellte Gefahrenprognose wird nicht zuletzt durch die weitere rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 21. August 2013 wegen zweier Diebstähle in Tatmehrheit mit einem Hausfriedensbruch und die gegen den Kläger anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Tatzeitpunkt: 6.3.2015) sowie Beleidigung (Strafanzeige vom 24. März 2015) weiter gestützt und bestätigt. Die beim Kläger bestehende (offensichtlich massive) Alkoholerkrankung ist nach wie vor nicht therapiert. Zutreffend sind auch die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rückfallgeschwindigkeit (erneute Straftat innerhalb der noch offenen Bewährungszeit) und Uneinsichtigkeit des Klägers. Demgegenüber greift der Einwand des Klägers, das Amtsgericht Meppen habe die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe aufgrund der (zum damaligen Zeitpunkt) günstigen Prognose (§ 56 Abs. 1 StGB) zur Bewährung ausgesetzt, nicht durch. Denn diese Prognose hat sich später eindeutig als falsch erwiesen. Auf die zahlreichen Vorverurteilungen des Klägers in Polen und deren vom Kläger bezweifelte Rechtmäßigkeit kommt es nach alledem ohnehin nicht entscheidungserheblich an.

Im Hinblick auf die durch die Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend vorgenommene Abwägung der öffentlichen und privaten Belange bzw. Interessen (s. § 6 Abs. 3 FreizügG/EU) unbehelflich ist schließlich der Hinweis des Klägers auf die angeblich nicht ausreichend gewürdigte Beziehung zu seiner inzwischen verstorbenen Verlobten und seine nunmehr beabsichtigte Adoption durch deren Eltern. Insbesondere ergibt sich daraus auch mit Blick auf Art. 6 GG oder Art. 8 EMRK kein entscheidendes, besonders schutzwürdiges Interesse am weiteren Verbleib im Bundesgebiet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Entscheidung über die Kosten des Prozesskostenhilfeverfahrens bedarf es nicht, weil Gerichtskosten nicht erhoben werden und eine Kostenerstattung nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO ausgeschlossen ist.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG. Eine Streitwertfestsetzung für das Prozesskostenhilfeverfahren ist entbehrlich, weil Gerichtskosten insoweit nicht erhoben werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.