Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Feb. 2016 - M 18 K 14.5345

bei uns veröffentlicht am17.02.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Tatbestand:

Die Klägerin ist Herstellerin des Erzeugnisses „...-... + ...“ (im Folgenden: B.), einer Fruchtsaftmischung, die neben pflanzlichen Produkten aus biologischer Landwirtschaft Vitamine und Eisengluconat enthält. Die zugesetzten Bestandteile Vitamine und Eisengluconat stammen nicht aus Erzeugnissen aus biologischer Landwirtschaft. Das Produkt wird als vitamin- und eisenhaltiges Nahrungsergänzungsmittel beworben und vermarktet. Auf dem Etikett befinden sich der nach Art. 23 der VO (EG) Nr. 834/2007 (im Folgenden: EG-Öko-VO) geschützte Hinweis auf den ökologischen Landbau und die Angabe „Eisen unterstützt die normale Bildung von roten Blutkörperchen und Hämoglobin“. B. wird insbesondere für die Schwangerschaft und Stillzeit empfohlen sowie zur Unterstützung der natürlichen geistigen Entwicklung bei Kindern und zur Ergänzung bei Diäten und einseitiger Ernährung.

Mit Email vom 03. November 2011 teilte die für die Klägerin zuständige Kontrollstelle ... GmbH der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) mit, dass die Klägerin B., versehen mit dem nach Art. 23 EG-Öko-VO geschützten Hinweis auf den ökologischen Landbau, in den Verkehr zu bringen beabsichtige und äußerte Zweifel, dass die Auslobung mit dem Biosiegel möglich sei.

Am 18. November 2011 informierte der Beklagte, vertreten durch die LfL, die Klägerin darüber, dass das EU-Biosiegel bei verarbeiteten Lebensmitteln nur unter den in Art. 23 Abs. 4 lit. a EG-Öko-VO festgelegten Voraussetzungen verwendet werden dürfe und nicht-biologische Zutaten nur zugesetzt werden dürften, wenn dies ein technologisches Erfordernis darstelle oder bestimmten Ernährungszwecken diene. Vitamine und Mineralstoffe dürften einem biologischen Produkt nur zugefügt werden, soweit die Verwendung in dem Lebensmittel, dem sie zugefügt würden, gesetzlich vorgeschrieben sei.

B. sei kein Lebensmittel im Sinne der Diätverordnung. Der Zusatz von Vitaminen und Eisengluconat sei weder in der Diät-Verordnung noch anderswo gesetzlich vorgeschrieben. Würde die Klägerin dennoch B. mit dem Zusatz von Vitaminen und Eisengluconat und dem geschützten Biosiegel in den Verkehr bringen, drohe ein Vermarktungsverbot oder Bussgeldverfahren. Die Begriffe Vitamine und Eisengluconat könnten in der Etikettierung nur angegeben werden, wenn diese Zusätze aus natürlichem Vorkommen stammten.

Hiergegen wandte sich der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom .... November 2011 und führte aus, mit der Anforderung, dass die Verwendungen von Vitaminen und Mineralstoffen gesetzlich vorgeschrieben sein müsse, um sie einen biologischen Produkt zufügen zu dürfen, habe der europäische Verordnungsgeber das Ziel verfolgt, die Zugabe von Mineralien und Vitaminen zu gestatten, wenn und soweit andere gemeinschaftsrechtliche oder gemeinschaftsrechtskonforme einzelstaatliche Regelungen die Gewährleistung eines bestimmten Vitamin- und Mineraliengehalts angesichts des Widmungszwecks eines konkreten Lebensmittels erforderten und ohne die Zugabe das Lebensmittel nicht seinem Widmungszweck entsprechend hergestellt werden könne. Bei der Frage, was gesetzlich vorgeschrieben sei, was die Zugabe von Vitaminen und Mineralstoffen verlange, komme nicht nur der Bereich der Diätprodukte in den Blick. Auch andere Vorschriften würden bewirken, dass Mineralien und Vitamine zugegeben werden müssten, damit die Produkte den gesetzlichen Anforderungen genügen würden. Dies gelte beispielsweise für Nahrungsergänzungsmittel und für gesundheitsbezogene Angaben, sogenannte Health and Nutrition Claims. So werde aus der Zweckbestimmung eines Nahrungsergänzungsmittels und dem lebensmittelrechtlichen Irreführungsverbot abgeleitet, dass der Mindestgehalt an Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln so bemessen sein müsse, dass mit der vom Hersteller angegebenen Tagesverzehrmenge 15% der behördlich vorgeschlagenen Höchstmenge als Garantiegehalt erreicht werde. Wenn diese vorgegebenen Mindestwerte nur durch Zugabe von Stoffen erreicht werden könnten, seien sie für das betroffene Biolebensmittel gesetzlich vorgeschrieben und damit erlaubt.

Zu diätetischen Lebensmitteln würden solche, wenn sie so konzipiert würden, dass sie geeignet seien, einem bestimmten diätetischen Zweck zu dienen. Die Entwicklung eines Produktkonzepts für ein bestimmtes Lebensmittel könne bewirken, dass das erarbeitete Konzept die Anwendung gesetzlicher Vorschriften auslöse, die es gesetzlich vorschrieben, das nichtlandwirtschaftliche Stoffe einem Biolebensmittel zugegeben werden dürften. Auch das 2012 in Kraft tretende Unionsrecht für Health Claims sehe Tagesverzehrmengen für Wirkstoffe vor und mache damit die Zugabe zu einem Biolebensmittel erforderlich.

Nachdem im folgenden Schriftwechsel die Parteien an ihrer jeweiligen Rechtsauffassung festhielten, ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 18. Januar 2012 an, dass die Klägerin bis 01. Februar 2012 den nach Art. 23 EG-Öko-VO geschützten Hinweis auf den ökologischen Landbau in der Etikettierung, Kennzeichnung, Werbung und Vermarktung des Erzeugnisses B. zu entfernen habe (Ziff. 1), dass sie ferner nach Art. 63 Abs. 2 lit. c der VO(EG) Nr. 889/2008 (im Folgenden: DVO-Öko) bis 01. Februar 2012 die Käufer des Erzeugnisses B. schriftlich zu informieren habe, um sicherzustellen, dass der geschützte Hinweis von dem Erzeugnis entfernt werde (Ziff. 2) und verpflichtete die Klägerin, bis 08. Februar 2012 dem Beklagten über die Mitteilung an die Verkäufer einen Nachweis in geeigneter Form vorzulegen (Ziff. 3). Die sofortige Vollziehung der Ziffn. 1 bis 3 des Bescheides wurde angeordnet. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 €, für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 2 in Höhe von 3.000,00 € und gegen Ziff. 3 in Höhe von 1.000,00 € angedroht.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Mineralstoffe und Vitamine nur eingesetzt werden könnten, wenn ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt würden, gesetzlich vorgeschrieben sei; eine solche gesetzliche Vorschrift gebe es für B. jedoch nicht. Insbesondere bedeute der Umstand, dass nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben nach der VO (EG) Nr. 1924/2006 detaillierten Anforderungen unterlägen, dass der Einsatz von Vitaminen und Mineralstoffen in der Herstellung von Lebensmitteln gesetzlich vorgeschrieben sei. Da die VO (EG) Nr. 1924/2006 nicht zwingend vorschreibe, Lebensmitteln mit Vitaminen und Eisengluconat anzureichern, dürfe das geschützte EU-Biosiegel nicht in der Kennzeichnung, Etikettierung, Werbung und Vermarktung verwendet werden.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom .... Januar 2012, eingegangen per Telefax beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, Klage (M 18 K 12.426) und beantragte die Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2012. Ferner stellte sie den Antrag, gem. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs insoweit wieder herzustellen, dass die Anordnungen in Ziffn. 1 und 2 des Bescheides nicht für von der Klägerin schon ausgelieferte Produkte gelten sollten (M 18 S 12.427). Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Ausführungen im Verwaltungsverfahren Bezug genommen. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin B. auch als diätetisches Lebensmittel hätte ausgestalten können. Sie habe dies nicht getan, weil ihr das Anbieten des Produkts als Nahrungsergänzungsmittel transparenter und ehrlicher erscheine. Zu Unrecht lese der Beklagte in das Unions-Bio-Recht hinein, dass die dort vorgesehene Zugabe von Vitaminen und Mineralstoffen auf Diätprodukte beschränkt sei. Die angeordnete Entfernung des Hinweises auf den ökologischen Landbau sei unverhältnismäßig, da B. als diätetisches Produkt mit dem Biosiegel auch nach Auffassung des Beklagten zulässig wäre, nicht jedoch als Nahrungsergänzungsmittel.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 02. Februar 2012 Klageabweisung und führte aus, die LfL habe zu keinem Zeitpunkt eine Einschätzung abgegeben, ob diätetische Lebensmittel wie ein Konkurrenzprodukt der Klägerin als Bioprodukt gekennzeichnet werden dürfe. Der Zusatz von Vitaminen und Eisenglucanat in Nahrungsergänzungsmitteln sei nirgends gesetzlich vorgeschrieben, auch nicht in der Health-Claims-Verordnung. Dort sei die Zugabe dieser Stoffe lediglich erlaubt.

In der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012 wurden die Klage und das Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO verhandelt. Die Vertreter des Beklagten verlängerten die im angefochtenen Bescheid gesetzten Fristen bis 01. März 2013. Das Eilverfahren wurde von den Beteiligten daraufhin eingestellt und übereinstimmend für erledigt erklärt.

Im Klageverfahren beantragte der Bevollmächtigte des Klägers

1. Der Bescheid vom 18. Januar 2012 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass das Produkt B.

a) in der Ausstattung gem. dem Schriftsatz vom 19. Juni 2012 als Nahrungsergänzungsmittel;

b) in der Ausstattung gem. Anlage K 14 als diätetisches Lebensmittel;

c) mit dem Health-Claims „Eisen trägt zur normalen Bildung von roten Blutkörperchen bei“

verkehrsfähig ist.

Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift vom gleichen Tag Bezug genommen.

Entsprechend der Erklärung in der mündlichen Verhandlung änderte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juni 2012 den Bescheid vom 18. Januar 2012 dahingehend, dass die in Ziffn. 1, 2 und 3 genannten Fristen jeweils bis 01. März 2013 verlängert wurden und die sofortige Vollziehung der Ziffn. 2 und 3 aufgehoben wurde.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte mit Schriftsatz vom .... Juli 2012 nunmehr auch, den Bescheid der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 29. Juni 2012 aufzuheben. Er stellte klar, dass sich der in der mündlichen Verhandlung gestellte Feststellungsantrag auf Lebensmittel beziehe, die mit der Angabe „Bio“ oder sinngleichen Angaben gekennzeichnet seien. Der Feststellungsantrag 2 c) zu dem Health Claim beziehe sich auf das Produkt mit der Eisenverbindung.

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 15. Oktober 2012 zwei Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Gesundheits- und Lebensmittelsicherheit zu dem streitgegenständlichen Produkt vor, worin zusammenfassend festgestellt wurde, dass es sich bei B. nach derzeit geltendem Recht um ein diätetisches Lebensmittel handle. Es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob diese spezielle Kategorie von Lebensmitteln als „Bio“ ausgelobt sein könne. Es werde vorgeschlagen, diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Der Klägerbevollmächtigte wies mit Schriftsatz vom .... November 2012 darauf hin, dass die USA und die Europäische Union am 15. Februar 2012 einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen hätten, der bewirke, dass dann, wenn das verfahrensgegenständliche Produkt in den USA nach dem dortigen nationalen Recht als Bio-Produkte hergestellt würde, es nach dem Export in die Europäische Union in dieser als Bioprodukt, gekennzeichnet mit dem EU-Bio-Logo, verkehrsfähig sei. Wie sich aus dem beigefügten US-amerikanischen „Code of Federal Regulations“ ergebe, stünde die Zugabe von Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren in den USA einer Etikettierung als Bio-Produkt nicht entgegen. Das Unionsrecht sei daher so auszulegen, dass Hersteller, die ihre Produkte in der Europäischen Union fertigen und nicht etwas im Unterauftrag in den USA herstellen lassen würden, nicht diskriminiert würden.

Mit Schreiben vom .... Februar 2013 übersandte der Klägerbevollmächtigte das neue Etikett, mit dem das Produkt nach Aufbrauchen der vorhandenen Bestände ausgeliefert wurde.

Mit Beschluss vom 27. Februar 2013 legte das Gericht gem. § 267 AEUV dem Europäischen Gerichtshof zur Auslegung von Art. 27 Abs. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 folgende Fragen vor:

1. Ist Art. 27 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 dahingehend zu verstehen, dass die Verwendung der genannten Stoffe nur dann gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn eine unionsrechtliche oder mit dem Unionsrecht vereinbare nationale Vorschrift für das Lebensmittel, dem die genannten Stoffe zugefügt werden sollen, die Zugabe der genannten Stoffe unmittelbar vorschreibt oder zumindest einen Mindestgehalt für die genannten Stoffe, die zugefügt werden sollen, vorgibt?

2. Falls die Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 27 Abs. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 dahingehend zu verstehen, dass die Verwendung der genannten Stoffe auch in den Fällen gesetzlich vorgeschrieben ist, in denen das Inverkehrbringen eines Lebensmittels als Nahrungsergänzungsmittel bzw. unter Verwendung gesundheitsbezogener Angaben ohne die Zufügung mindestens eines der genannten Stoffe irreführend und verbrauchertäuschend wäre, weil das Lebensmittel wegen zu geringer Konzentration eines der genannten Stoffe seinen Widmungszweck als Nahrungsmittel bzw. seinen mit der gesundheitsbezogenen Angabe zum Ausdruck gebrachten Widmungszweck nicht erfüllen kann?

3. Falls die Frage 1 mit Nein beantwortet wird:

Ist Art. 27 Abs. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 dahingehend zu verstehen, dass die Verwendung der genannten Stoffe auch in den Fällen gesetzlich vorgeschrieben ist, in denen eine bestimmte gesundheitsbezogene Angabe nur für Lebensmittel verwendet werden darf, die eine bestimmte, sogenannte signifikante Menge zumindest eines genannten Stoffes enthalten?

Das Verfahren wurde für die Dauer des Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt.

Mit Urteil vom 05. November 2014 (C-137/13) beantwortete der Europäische Gerichtshof die Vorlagefragen dahingehend, dass Art. 27 Abs. 1 lit. f der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 dahin auszulegen ist, dass die Verwendung eines in dieser Bestimmung genannten Stoffes nur dann gesetzlich vorgeschrieben ist, wenn eine Vorschrift des Unionsrechts oder eine mit ihm in Einklang stehende Vorschrift des nationalen Rechts unmittelbar vorschreibt, dass dieser Stoff einem Nahrungsergänzungsmittel hinzuzufügen ist, damit es überhaupt in Verkehr gebracht werden kann. Die Verwendung eines solchen Stoffes sei nicht im Sinne der genannten Bestimmung gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein Lebensmittel als Nahrungsergänzungsmittel mit einer nährwert- oder gesundheitsbezogenen Angabe oder als Lebensmittel für eine besondere Ernährung in Verkehr gebracht werde, auch wenn dies bedeute, dass das Lebensmittel, um die in der Richtlinie 2002/46, in den Verordnungen Nr. 1924/2006 und 432/2012 sowie in der Richtlinie 2009/39 und der Verordnung Nr. 953/2009 enthaltenen Bestimmungen über die Zugabe von Stoffen zu Lebensmitteln zu erfüllen, eine bestimmte Menge des fraglichen Stoffes enthalten müsse.

Es sei Sache der Wirtschaftsteilnehmer, die Zusammensetzung ihrer Produkte festzulegen und zu entscheiden, unter welcher Bezeichnung sie diese in Verkehr bringen wollten. Die Hinzufügung von Vitaminen und Mineralstoffen bei der Herstellung eines Getränks wie B. stelle keine nach den Vorschriften des Unionsrechts bestehende Verpflichtung dar, von deren Erfüllung die Vermarktbarkeit dieses Getränks abhänge.

Zur geltend gemachten Benachteiligung der Klägerin gegenüber vergleichbaren, aus den Vereinigten Staaten eingeführten Produkten äußerte sich der Europäische Gerichtshof nicht.

Nach Ergehen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs wurde das zwischenzeitlich statistisch erledigte Verfahren unter dem Az. M 18 K 14.5345 wieder aufgenommen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom .... Dezember 2014, dem Europäischen Gerichtshof die Frage, was gesetzlich vorgeschrieben im Sinne des Unionsrechts bedeute, im Hinblick auf eine mögliche Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung mit den Vereinigten Staaten vorzulegen.

Mit Schriftsatz vom .... Februar 2016 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, B. sei zur Vermeidung eines Rechtsstreits mittlerweile als Diätprodukt gekennzeichnet worden. Der regulatorische Rahmen der Diätprodukte verliere im Juni 2016 seine Gültigkeit, es gebe dann keine Diätprodukte mehr. Die Klägerin werde das Produkt dann als Bio-Nahrungsergänzungsmittel produzieren, wie sie es zuvor auch schon getan habe. Als diätetisches Lebensmittel plane sie, das Produkt im Juni 2016 noch herzustellen und dann abzuverkaufen. Er regte erneut eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof an und führte aus, dass die Antragstellung, wie dem Sitzungsprotokoll vom 20. Juni 2012 zu entnehmen sei, einerseits auf die Anfechtung des Ausgangsbescheids gerichtet sei wie auch auf die Feststellung, dass B. als Bio-Nahrungsergänzungsmittel verkehrsfähig sei. Der Ausgangsbescheid verbiete das Produkt als Bioprodukt, egal wo es hergestellt werde. Für die Klägerin sei eine gerichtliche Klärung der Verkehrsfähigkeit wichtig. Es werde daher hilfsweise beantragt,

festzustellen, dass das Produkt B. als Nahrungsergänzungsmittel in der Europäischen Union als Bioprodukt, insbesondere ausgestattet mit dem EU-Bio-Logo, dann verkehrsfähig ist, wenn es in den USA unter Beachtung der Vorschriften des US-Bio-Rechts hergestellt wurde.

Ferner wurde ein Beweisantrag für die mündliche Verhandlung dazu angekündigt, dass die Vorschriften des US-Bio-Rechts es erlauben würden, B. in den USA für den Export nach Deutschland mit der Kennzeichnung als EU-Nahrungsergänzungsmittel (einschließlich der Ausstattung mit dem EU-Bio-Logo) herzustellen.

In der mündlichen Verhandlung am 17. Februar 2016 änderten die Vertreter des Beklagten erneut die im Bescheid vom 18. Januar 2012 gesetzten Fristen dahingehend, dass jeweils eine Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des streitgegenständlichen Bescheids festgesetzt wurde. Der Beweisantrag des Klägerbevollmächtigten wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die unter Beweis gestellte Tatsachenbehauptung als wahr unterstellt werden könne.

Sodann stellte der Bevollmächtigte der Klägerin die Anträge Nr. 1 und 2 entsprechend dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2012 sowie den Hilfsantrag aus dem Schriftsatz vom .... Februar 2016.

Die Vertreter des Beklagten beantragten

Klageabweisung.

Zum Verlauf der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen, wird auf die Gerichtsakte aus diesem Verfahren sowie dem Verfahren M 18 K 12.426 und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Bezüglich der Anträge auf Feststellung der Verkehrsfähigkeit des Produkts ist die als Feststellungsklage erhobene Klage unzulässig.

Mit den in der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012 unter Ziff. 2 gestellten Anträgen und unter Berücksichtigung der im Schriftsatz vom .... Juli 2012 erfolgten Klarstellung zu diesen Anträgen begehrt die Klägerin sinngemäß die Feststellung, dass B., jeweils als Bioprodukt mit dem geschützten EU-Hinweis auf den ökologischen Landbau, sowohl als Nahrungsergänzungsmittel, wie auch als diätetisches Lebensmittel und ferner mit dem Health-Claim “Eisen trägt zur normalen Bildung von roten Blutkörperchen bei“ verkehrsfähig ist.

Die Zulässigkeit dieser Anträge scheitert am Vorliegen eines streitigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO bzw. an der Subsidiarität der Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 2 VwGO gegenüber der ebenfalls erhobenen Anfechtungsklage.

1. Gem. § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Unstreitig besteht zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis, das sich auf den Untersagungsbescheid der Landesanstalt für Landwirtschaft vom 18. Januar 2012 gründet. Unter einem Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO sind die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm ergebenden rechtlichen Beziehungen für das Verhältnis von natürlichen oder juristischen Personen zueinander oder einer Sache zu verstehen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19/09 m. w. N.). Daher kann Gegenstand einer Feststellungsklage nicht die Klärung einer allgemeinen Rechtsfrage sein, wie beispielsweise die umfassende Klärung der verschiedenen Voraussetzungen für das Inverkehrbringen eines Produkts (vgl. Eyermann, VwGO, § 43, Rn. 21; Kopp, VwGO, § 43, Rn. 14).

Weitere Voraussetzung ist ein aus dem Rechtsverhältnis resultierender Meinungsstreit zwischen den Parteien, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. April 2015 - 4 C N 2/14). Ausgangspunkt ist stets der konkrete, überschaubare Sachverhalt, für den die Anwendung einer öffentlich-rechtlichen Norm streitig ist (vgl. Kopp, VwGO, § 43, Rn. 17). Regelungsobjekt des streitgegenständlichen Bescheids war das von der Klägerin zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses als Nahrungsergänzungsmittel mit dem Logo der Europäischen Union für ökologische/biologische Produktion (im Folgenden: EU-Biosiegel) in Verkehr gebrachte Produkt.

Bereits aus dem historischen Sachverhalt ergibt sich, was von den Beklagtenvertretern in der mündlichen Verhandlung auch bestätigt wurde, dass mit dem Bescheid nur die Verwendung des EU-Biosiegels für das Produkt B. unterbunden werden sollte, unabhängig von der Einstufung des Produkts als Nahrungsergänzungs- oder diätetisches Lebensmittel. Dass es der Landesanstalt für Landwirtschaft nur darum ging, die weitere Verwendung des EU-Biosiegels zu unterbinden und keine weiterreichende Regelung mit dem Bescheid getroffen werden sollte, wird deutlich auch aus dem Tenor des Bescheids, der in Ziff. 1 nur die Entfernung des geschützten Siegels anordnet, darüber hinaus jedoch keine Regelung zur Verkehrsfähigkeit oder Vermarktung des Produkts trifft.

2. Hinsichtlich der Verwendung des Health-Claims und des Inverkehrbringens des Produkts als diätetisches Lebensmittel hat der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid keinerlei Regelung getroffen. Zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses wurde B. nur als Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr gebracht und war dem Beklagten daher auch nur als solches bekannt. Somit konnte sich die Regelung auch nur hierauf beziehen. Die Anzeige als diätetisches Produkt gem. § 4a DiätV erfolgte erst nach Klageerhebung am.... Februar 2012. Soweit in den Gründen des Bescheids eine mögliche Zulässigkeit der Verwendung von Vitaminen und Eisengluconat bei einem diätetischen Lebensmittel bzw. für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben erörtert wird, geschieht dies nur unter dem Aspekt der Verwendung des EU-Biosiegels, nicht unter dem darüber hinausgehender Fragen wie der richtigen Einstufung des Produkts. Das von der Klägerin mit den unter Ziff. 2 gestellten Anträgen erhobene Feststellungsbegehren, ob B. als diätetisches Lebensmittel, mit dem Health-Claim (oder als Nahrungsergänzungsmittel), jeweils mit der Kennzeichnung als Bioprodukt, verkehrsfähig ist, geht über die im Bescheid getroffene Anordnung hinaus. Die Klägerin begehrt damit die Überprüfung und Klärung von Fragen, die der Bescheid nicht regelt und über die folgedessen auch kein Meinungsstreit mit dem Beklagten bestehen kann.

3. Soweit die Klägerin unter Ziff. 2a die Feststellung der Verkehrsfähigkeit von B. mit dem geschützten Logo als Nahrungsergänzungsmittel begehrt, ist die Klage wegen Subsidiarität gegenüber der erhobenen Anfechtungsklage unzulässig.

Nach § 43 Abs. 2 VwGO kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Die Zulässigkeit einer Feststellungsklage setzt voraus, dass der mit der Klage verfolgte Zweck nicht mit einer Gestaltungsklage - vorliegend mit der Anfechtungsklage - ebenso erreicht werden kann. Da, wie oben ausgeführt, mit dem angefochtenen Bescheid nur die Entfernung des EU-Biosiegels bei der Etikettierung, Vermarktung, Kennzeichnung und Werbung angeordnet wurde, kann die Klägerin das Ziel, das streitgegenständliche Produkt weiterhin mit dem EU-Biosiegel in Verkehr zu bringen, durch die erhobene Anfechtungsklage erreichen. Bei Erfolg dieser Klage und Aufhebung des Bescheids vom 18. Januar 2012 wäre die Klägerin berechtigt, das Produkt zunächst weiterhin als Bioprodukt mit der entsprechenden Kennzeichnung in Verkehr zu bringen.

Die Feststellungsklage ist daher insgesamt unzulässig.

II.

Die in der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012 unter Ziff. 1 erhobene Anfechtungsklage auf Aufhebung des Bescheids vom 18. Januar 2012 ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Januar 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, da es sich bei dem angefochtenen Bescheid aufgrund seines noch fortwährenden Regelungsgehalts um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt (vgl. Eyermann, VwGO, § 113, Rn. 48).

2. Rechtsgrundlagen für die streitgegenständliche Anordnung der Entfernung des geschützten Hinweises auf die ökologische/biologische Produktion in der Etikettierung des streitgegenständlichen Produkts sind Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes über die Zuständigkeiten und den Vollzug von Rechtsvorschriften im Bereich der Land- und Forstwirtschaft (ZuVLFG) und Art. 30 Abs. 1 der EU-Öko-VO.

a) Gem. Art. 14 Abs. 1 ZuVLFG kann die in Art. 7 dieses Gesetzes genannte Behörde im Rahmen ihrer dort geregelten Zuständigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Maßnahmen treffen, um Verstöße u. a. gegen das Recht für den ökologischen Landbau zu verhüten oder zu unterbinden oder durch solche Verstöße verursachte Zustände zu beseitigen. Sie kann nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 ZuVLFG insbesondere anordnen, dass bestimmte in der Landwirtschaft oder in der Fischerei gewonnene Erzeugnisse oder daraus hergestellte Produkte aus dem Markt zu nehmen sind, nur in einer bestimmten Weise be- und verarbeitet oder nur nach Erfüllung bestimmter Anforderungen in den Verkehr gebracht werden dürfen. Zuständige Behörde und auch Kontrollbehörde im Sinne der VO (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel ist die Landesanstalt für Landwirtschaft. Die Zuständigkeit gilt gem. Art. 16 ZuVLFG auch für die (Nachfolge) VO (EG) Nr. 834/2007, die EU-Öko-VO.

b) Nach Art. 30 Abs. 1 Unterabs. 1 der EU-Öko-VO stellt die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle bei der Feststellung einer Unregelmäßigkeit hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung sicher, dass in der Kennzeichnung und Werbung für die gesamte von der Unregelmäßigkeit betroffene Partie oder Erzeugung kein Bezug auf die ökologische/biologische Produktion erfolgt, wenn dies in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Vorschrift, gegen die verstoßen wurde sowie zu der Art und den besonderen Umständen der Unregelmäßigkeit steht. Nach Unterabs. 2 dieser Vorschrift untersagt die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle dem betreffenden Unternehmer bei der Feststellung eines schwerwiegenden Verstoßes oder eines Verstoßes mit Langzeitwirkung die Vermarktung von Erzeugnissen mit einem Bezug auf die ökologische/biologische Produktion in der Kennzeichnung und Werbung für eine mit der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedsstaats vereinbarte Dauer. Die Zuständigkeit der Landesanstalt für Landwirtschaft für die erlassene Anordnung war damit gegeben, dass Einschreiten war auch begründet, da ein Verstoß im Sinne von Art. 30 Abs. 1 der EU-Öko-VO vorlag, der das Einschreiten der Vollzugsbehörde erforderte und die getroffene Anordnung rechtfertigte.

3. Die Anordnung des Beklagten, den geschützten Hinweis auf die ökologische-biologische Produktion in der Etikettierung, Kennzeichnung, Werbung und Vermarktung des Erzeugnisses B. zu entfernen, ist - unabhängig davon, ob das Produkt als Nahrungsergänzungsmittel oder als diätetisches Lebensmittel in Verkehr gebracht wird - rechtmäßig, da die Verwendung des EU-Biosiegels gegen Art. 23 der EU-Öko-VO verstößt.

a) Gem. Art. 23 Abs. 1 EU-Öko-VO gilt ein Erzeugnis im Sinne dieser Verordnung als mit Bezug auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet, wenn in der Etikettierung, der Werbung oder den Geschäftspapieren das Erzeugnis, seine Zutaten oder die Futtermittelausgangserzeugnisse mit Bezeichnungen versehen werden, die dem Käufer den Eindruck vermitteln, dass das Erzeugnis, seine Bestandteile oder die Futtermittelausgangserzeugnisse nach den Vorschriften dieser Verordnung gewonnen wurden. Insbesondere dürfen die im Anhang aufgeführten Bezeichnungen, daraus abgeleitete Bezeichnungen oder Verkleinerungsformen wie „Bio-„ und „Öko-„, allein oder kombiniert, in der gesamten Gemeinschaft und in allen ihren Amtssprachen bei der Kennzeichnung von Erzeugnissen und der Werbung für sie (nur) verwendet werden, wenn diese Erzeugnisse die mit dieser Verordnung oder im Einklang mit ihr erlassenen Vorschriften erfüllen.

Auf Grundlage dieser Bestimmung hat die Kommission in Art. 27 Abs. 1 und im Anhang VIII der DVO-Öko das beschränkte Verzeichnis von Stoffen erstellt, die bei der Verarbeitung als ökologisch/biologisch vermarkteter Lebensmittel verwendet werden dürfen.

Nach Art. 23 Abs. 4a lit. i der EU-Öko-VO dürfen Bezeichnungen mit Bezug auf die ökologische-biologische Produktion in der Verkehrsbezeichnung eines verarbeiteten Lebensmittels nur verwendet werden, wenn die verarbeiteten Lebensmittel die Anforderungen des Art. 19 EU-Öko-VO erfüllen. Gem. Art. 19 Abs. 2 lit. b EU-Öko-VO dürfen Zusatzstoffe, Verarbeitungshilfsstoffe, Aromastoffe, Wasser, Salz, Zubereitungen aus Mikroorganismen und Enzymen, Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine sowie Aminosäuren und andere Mikronährstoffe in Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, verwendet werden, sofern diese gem. Art. 21 EU-Öko-VO für die Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion zugelassen worden sind. Damit die Verwendung eines Stoffes zugelassen werden kann, dürfen nach den in Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. i und ii aufgeführten Kriterien keine gem. Titel III Kap. 4 zugelassenen Alternativen zur Verfügung stehen und muss ohne den Stoff die Herstellung oder Haltbarmachung des Lebensmittels oder die Einhaltung ernährungsspezifischer Anforderungen, die aufgrund des Unionsrechts festgelegt wurden, unmöglich sein.

b) Nach Art. 27 Abs. 1 lit. f DVO-Öko dürfen Mineralstoffe und Vitamine nur verwendet werden, soweit ihre Verwendung in den Lebensmitteln, denen sie zugefügt werden, gesetzlich vorgeschrieben ist.

Der europäische Gerichtshof hat in der Vorabentscheidung vom 05. November 2014 zur Auslegung der Regelung des Art. 27 Abs. 1 lit. f DVO-Öko entschieden, dass die Verwendung eines Stoffes nur dann gesetzlich vorgeschrieben im Sinne dieser Vorschrift ist, wenn eine Vorschrift des Unionsrechts oder eine mit ihm im Einklang stehende Vorschrift des nationalen Rechts unmittelbar vorschreibt, dass dieser Stoff einem Nahrungsmittel hinzuzufügen ist, damit es überhaupt in Verkehr gebracht werden kann. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Produkt nicht der Fall.

Da die Zugabe von nichtbiologischen Vitaminen und Eisencluconat bei B. nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern freiwillig erfolgt, verstößt die Verwendung des EU-Biosiegels durch die Klägerin gegen die Kennzeichnungsvorschrift des Art. 23 EU-Öko-VO.

4. Die bisher so erfolgte Kennzeichnung wird auch nicht dadurch rechtmäßig, dass ein dem streitgegenständlichen entsprechendes Produkt, das nach Angaben des Klägerbevollmächtigten aus den Vereinigten Staaten importiert wird und nach den dortigen Vorschriften als „organic“, d. h. als ökologisches/biologisches Produkt bewertet und mit dem USDA (United States of America) - Siegel zertifiziert wird, (auch) in der Europäischen Union mit deren Biosiegel vermarktet werden darf, wenn das amerikanische Produkt Stoffe enthält, die zwar einer Zertifizierung als „organic“ in den USA nicht entgegenstehen, wohl aber einer solchen für in den Mitgliedsstaaten der EU hergestellte Produkte.

Dem Klägerbevollmächtigten ist nicht darin zu folgen, dass das Tatbestandsmerkmal „gesetzlich vorgeschrieben“ des Art. 27 Abs. 1 lit. f DVO-Öko im Hinblick auf eine Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten mit den USA bzw. auf eine mögliche Diskriminierung von Mitgliedsstaaten gegenüber Drittländern, mit denen entsprechende Abkommen geschlossen wurden, so auszulegen ist, dass die Klägerin ihr in Deutschland hergestelltes Produkt mit dem EU-Biosiegel versehen darf, auch wenn dies aufgrund der Beifügung von synthetischen Vitaminen und von Eisencluconat an sich nach den Vorschriften der EU-Öko-VO nicht zulässig ist.

a) Die Tatsache, dass es der Klägerin untersagt wurde, B. wegen des Zusatzes von synthetischen Vitaminen und Eisengluconat mit dem EU-Biosiegel in der Gemeinschaft in Verkehr zu bringen, der Zusatz dieser Stoffe der Verwendung des Siegels bei einem aus den USA eingeführten Bioprodukt jedoch nicht entgegensteht, verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Gem. Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein Grundprinzip des Unionsrechts und besagt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. EuGH, Urteile vom 05. Oktober 1994 - C-280/93, vom 17. Oktober 2013 - C-101/12; vom 11. Juli 2006 - C-313/04).

Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes durch eine ungerechtfertigte unterschiedliche Behandlung setzt voraus, dass die betreffenden Sachverhalte im Hinblick auf alle Merkmale, die sie kennzeichnen, gleich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 - C-127/07). Die Beurteilung, ob von einem gleichen Sachverhalt auszugehen ist, orientiert sich eng an den tatsächlichen Gegebenheiten. Danach ist bei Bioprodukten, die in einem Mitgliedsstaat hergestellt, letztverarbeitet oder verpackt werden und einem entsprechenden Produkt aus einem Drittland - hier den USA - nach Auffassung des Gerichts von unterschiedlichen Sachverhalten auszugehen, die dementsprechend unterschiedlich zu behandeln und zu beurteilen sind, auch wenn die Produkte auf demselben Markt in Verkehr gebracht werden.

Titel VI der EU-Öko-VO befasst sich mit dem Handel mit Drittländern, wobei unterschieden wird, zwischen der Einfuhr konformer Erzeugnisse (Art. 32) und solcher mit gleichwertigen Garantien (Art. 33).

Da die Produkte aus Drittländern aus unterschiedlichen Wirtschaftsräumen kommen, sind sie unterschiedlichen Rechtsordnungen, Gewohnheiten und Verbrauchererwartungen unterworfen. Schon die Bezeichnung als gleichwertig macht deutlich, dass es sich nicht um identische, in allen Merkmalen übereinstimmende Produkte handelt. Dementsprechend trifft die EU-Öko-VO für den Handel mit Drittländern zum Zwecke von Markterweiterungen und gegenseitigen Handelserleichterungen für die Anerkennung von importierten Produkten als ökologisch/biologisch eigene Regelungen.

Nach Art. 33 EG-Öko-VO darf ein Erzeugnis, das aus einem Drittland in die Europäische Union importiert wird, dessen Produktionsvorschriften und Kontrollmaßnahmen als denen der EU gleichwertig anerkannt wurden, in der Gemeinschaft als ökologisches/biologisches Erzeugnis in den Verkehr gebracht werden. Diese Privilegierung gilt entsprechend dem Erwägungsgrund 33 der Verordnung ausdrücklich nicht nur für Produkte, die den gemeinschaftlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch für solche, die diesen gleichwertig sind. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Anforderungen, Rechtsvorschriften und Wertmaßstäbe auch in Drittländern, die über die gleichen technischen und faktischen Mittel verfügen, sich von denen in der Gemeinschaft unterscheiden und dass auch bei annähernd gleichem Standards im Detail aufgrund nationaler Unterschiede und Besonderheiten Abweichungen bestehen können, die zwar eine vollständige Harmonisierung (noch) verhindern, die jedoch einer gegenseitigen Anerkennung im Hinblick auf eine annähernd gleiche Qualität nicht entgegenstehen (sollen).

Die Anerkennung gleichwertiger Standards ist ein weltweit übliches Mittel für Markterweiterungen und den Abbau von Handelsschranken, wie beispielsweise die Regularien des WTO Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary measures (SPS Agreement) zeigen, die im Bereich des Gesundheitsschutz- und Pflanzenschutzrechts für den Fall, dass eine Harmonisierung nicht möglich ist, die Anerkennung gleichwertiger Standards durch bi- oder multilaterale Abkommen vorsehen, wenn zwischen Handelsteilnehmern, die ein gleiches Produkt vertreiben, zwar unterschiedliche Maßstäbe bzw. Maßnahmen bestehen, diese aber ein entsprechendes Niveau haben (Art. 4 des Abkommens).

Aufgrund der „wechselseitigen“ Anerkennung der Produktionsvorschriften und Kontrollmaßnahmen der USA und der Gemeinschaft als gleichwertig wurden die Vereinigten Staaten nach Abschluss des Äquivalenzabkommens am 15. Februar 2012 mit Geltung ab 01. Juni 2012 durch die Verordnung (EG) Nr. 126/2012 in das Verzeichnis der Drittländer mit gleichwertigen Garantien gem. Art. 7 der VO (EG) Nr. 1235/2008 aufgenommen.

Bereits aufgrund der Tatsache, dass sich das Unternehmen der Klägerin in einem Mitgliedsstaat befindet, ein mögliches Konkurrenzunternehmen aber in einem Drittland, befinden sich beide nicht in der gleichen Lage und ist nicht von einem gleichen Sachverhalt auszugehen (vgl. EuGH, Urteil vom 12.09.2006 - C - 479/04).

b) Selbst wenn man im Hinblick darauf, dass es bei den zertifizierten US-Bioprodukten und dem Produkt der Klägerin jeweils um die Kennzeichnung mit dem EU-Biosiegel und die Verkehrsfähigkeit auf dem EU-Binnenmarkt geht, von einem gleichen Sachverhalt ausginge, wäre eine Diskriminierung der Klägerin durch die unterschiedliche Behandlung zu verneinen, da diese sachlich gerechtfertigt ist, weil sie auf objektiven und angemessenen Kriterien beruht und in angemessenem Verhältnis zu dem damit verfolgten Ziel steht (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 - C - 101/12). Zudem ist die unterschiedliche Intensität der Ungleichbehandlung zu berücksichtigen, je nachdem, ob es um eine Differenzierung wegen persönlicher Merkmale geht oder um eine sachbezogene wie hier.

Zwischenstaatliche Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung sind eine Regelungstechnik bzw. ein rechtliches Prinzip, wie bereits oben erwähnt vor allem im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts zum Abbau von Schranken und einer Liberalisierung des Handels. Entsprechende Vereinbarungen gibt es auch im Bereich von technischen Standards und bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen.

Dem Unionsgesetzgeber, der das Abkommen geschlossen und die Vereinigten Staaten mit der VO (EG) Nr. 126/2012, geändert durch VO (EG) Nr. 931/2015, in das Verzeichnis gem. Anhang III der VO (EG) Nr. 1235/2008 aufgenommen hat, wird vom Europäischen Gerichtshof bei der Ausübung seiner Befugnisse ein weiter Spielraum in den Bereichen zugebilligt, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Beurteilungen vornehmen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013, a. a. O.; Urteil vom 10. September 2015 - C - 687/13). Dies gilt insbesondere auch im Bereich der Agrarpolitik (vgl. EuGH, Urteil vom 05. Oktober 1994 - C - 280/93).

Der Abschluss von zwischenstaatlichen Verhandlungen zur Erreichung einer liberalisierten Wirtschafts- und Agrarpolitik ist ein sachlicher Grund für eine durch solche Vereinbarungen bedingte mögliche Ungleichbehandlung von Drittländern und Mitgliedsstaaten im Detail, bedingt durch abweichende Regularien der Vertragsparteien. Sie ist auch verhältnismäßig.

Ziel der Äquivalenzvereinbarung mit den USA ist der Abbau von Handelsschranken und Regularien und daraus sich ergebende Kosteneinsparungen, die beispielsweise durch doppelte Kontrollen und Qualitätsprüfungen entstehen. Dem Abschluss der Vereinbarung war eine umfassende Überprüfung und Datenauswertung gem. Art. VIII VO (EG) Nr. 1235/2008 vorangegangen, die zu dem Ergebnis kam, dass trotz teilweise abweichender Rechtsvorschriften ein gleiches Qualitätsniveau erreicht wird. Zusätzlich sind ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch zur Fortentwicklung der Vereinbarung und eine angemessene Überwachung der Anerkennung vorgesehen, Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 4 EG-Öko-VO, um langfristig eine Harmonisierung der Bio-Vorschriften zu erreichen. Zwar werden durch den Abschluss einer Äquivalenzvereinbarung wie vorliegend mit den USA zunächst gewisse Ungleichheiten im Interesse des Handels und der Wirtschaft in Kauf genommen, eine Auslegung der unionsrechtlichen Vorschriften im Sinne der Klägerin würde jedoch dazu führen, dass auch in der Union die US-amerikanischen Standards gelten würden, die europäischen Standards zunehmend aufgeweicht würden

Eine unterschiedliche Behandlung der Mitgliedsstaaten und der Drittländer ist daher sachlich gerechtfertigt und zur Erreichung der genannten Ziele ist ein angemessenes Verhältnis zwischen Mittel und Zweck zu bejahen.

c) Im Übrigen ist auch für den Verbraucher aus dem EU-Biosiegel ersichtlich, in welchem Land ein Produkt zertifiziert worden ist. Zu den Angaben, die das Biosiegel enthalten muss, gehört nach Art. 24 Abs. 1 a der EG Öko-VO die Kennzeichnung der Kontrollstelle oder -behörde die für die Kontrolle des Unternehmers zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung vorgenommen hat. Gem. Art. 51 Abs. 1 DVO-Öko beginnt die Code-Nr. mit dem aus zwei Buchstaben bestehenden internationalen Kürzel des jeweiligen Mitgliedstaats oder Drittlands.

5. Ein Ermessen stand dem Beklagten bezüglich der Anordnung zur Entfernung des geschützten Hinweises nicht zu, da die Behörde bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten oder Verstößen in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften der EU-Öko-VO zum Einschreiten verpflichtet ist und dafür zu sorgen hat, dass die geschützten Hinweise auf die ökologische/biologische Produktion in der Kennzeichnung und Werbung entfernt werden, bei schwerwiegenden Verstößen sogar die Untersagung der Vermarktung des Erzeugnisses vorgesehen ist.

Die Anordnung steht in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Vorschrift, gegen die verstoßen wurde und zu der Art und den besonderen Umständen der Unregelmäßigkeit. Da aus den genannten Gründen die Verwendung des EU-Biologos für das Produkt B. gegen die Kennzeichnungsvorschriften der EU-Öko-VO verstieß, konnte nur durch Anordnung der Entfernung des Biosiegels für die Zukunft sichergestellt werden, dass die Vorschriften der Verordnung eingehalten werden und das Produkt nicht weiterhin mit dem geschützten Siegel in Verkehr gebracht wird. Der Beklagte hat sich auch im Verhältnis zu einer Untersagung der Vermarktung für das mildere Mittel der Entfernung des Biosiegels entschieden.

6. Die auf Art. 63 Abs. 2 c DVO-Öko beruhende Anordnung zur schriftlichen Information der Käufer des Produkts und die Anordnung, die Landesanstalt für Landwirtschaft entsprechend zu informieren, um den Vollzug der Anordnung überprüfen zu können, sind notwendige Folge der in Ziff. 1 des Bescheides angeordneten Maßnahmen zu deren Durchsetzung und Überwachung.

7. Einwendungen gegen die Zwangsgeldandrohung sind nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Die angedrohten Zwangsgelder stehen in angemessenem Verhältnis zu dem angestrebten Zweck.

III.

Der Hilfsantrag auf Feststellung der Verkehrsfähigkeit des Produkts mit dem EU-Biosiegel in der Gemeinschaft für den Fall, dass es in den USA unter Beachtung des dortigen Biorechts hergestellt würde, ist unzulässig.

Es handelt sich hierbei um eine Feststellungsklage, die sich auf ein mögliches künftiges Rechtsverhältnis zwischen den Parteien bezieht. Eine solche vorbeugende Feststellungsklage ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig, da die Feststellungsklage keine allgemeine Auskunftsklage über die (künftige) Rechtslage ist (BayVGH, Beschluss vom 04. Februar 2016 - 4 ZB 15.2506). Zwar kann grundsätzlich eine vorbeugende Feststellungsklage vor dem Hintergrund, Dispositionssicherheit zu erlangen, zulässig sein, es muss jedoch ein hinreichend bestimmbarer und überschaubarer Sachverhalt gegeben sein (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. November 1989, NJW 90, 1866).

Daran fehlt es vorliegend. Es ist weder ersichtlich, dass die Klägerin tatsächlich plant, eine Produktionsstätte in den Vereinigten Staaten zu eröffnen noch ist absehbar bzw. geplant, in welcher Form (beispielsweise in Zusammenarbeit oder durch eine amerikanische Firma, die gegebenenfalls das streitgegenständliche Produkt herstellen würde). Damit begehrt die Klägerin gerichtliche Rechtsauskunft ob für den völlig ungewissen Fall, dass das Produkt in den USA unter Beachtung der Vorschriften des US-Bio-Rechts hergestellt und zertifiziert werden würde es in der Europäischen Union mit Kennzeichnung mit dem EU-Biosiegel verkehrsfähig wäre. Die Klage war auch im Hilfsantrag abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht sah sich aus den oben genannten Gründen nicht veranlasst, die Frage eines möglichen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen, zumal es gemäß Art. 267 AEUV hierzu nicht verpflichtet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 f ZPO.

Die Berufung war gem. § 124 a Abs. 1 VwGO i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen im Hinblick auf die Möglichkeit einer abweichenden Beurteilung der vom Europäischen Gerichtshof nicht einbezogenen Problematik des Äquivalenzabkommens mit den Vereinigten Staaten und die sich daraus ergebenden Fragen der Gleichbehandlung von Mitgliedsstaaten der EU mit den Vereinigten Staaten.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4, Arbeitgeber der Briefdienstleistungsbranche und Mitglieder des am 11. September 2007 gegründeten Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste e.V., und der Kläger zu 2, ein Arbeitgeberverband derselben Branche, wenden sich mit ihren Feststellungsklagen gegen die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 (Bundesanzeiger 2007, Nr. 242, S. 8410). Mit dieser bis zum 30. April 2010 befristeten Verordnung regelt die Beklagte, dass näher bezeichnete Rechtsnormen des Tarifvertrages über Mindestlöhne für den Bereich Briefdienstleistungen, der zwischen dem im August 2007 gegründeten Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen wurde, auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anwendbar sind, die unter seinen Geltungsbereich fallen. Danach beträgt der Bruttomindestlohn mit Wirkung vom 1. Dezember 2007 für Briefzusteller unabhängig vom zeitlichen und/oder mengenmäßigen Anteil an der Gesamttätigkeit je nach Bundesland 9,00 € bzw. 9,80 € und für die übrigen Arbeitnehmer der Branche 8,00 € bzw. 8,40 €.

2

Am 11. September 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Postdienste e.V., dem die Deutsche Post AG angehört, und die Gewerkschaft ver.di beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Aufnahme der Branche Postdienstleistungen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und zugleich die Allgemeinverbindlicherklärung eines an diesem Tag geschlossenen Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne in der Branche Postdienste. Er sollte für alle Betriebe gelten, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit des Betriebes. Ein Verfahren nach § 5 TVG wurde nicht betrieben. Das Bundesministerium leitete ein Verfahren zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Arbeitnehmer-Entsendegesetz ein. Im Bundesanzeiger vom 8. November 2007 wurden der Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages für die Branche Postdienste und der Entwurf einer Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Briefdienstleistungen bekannt gemacht, verbunden mit der Gewährung einer Frist zur schriftlichen Stellungnahme von drei Wochen. Im gleichzeitig durchgeführten Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes war insbesondere die Reichweite des einzubeziehenden Bereichs umstritten.

3

Nach einer Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 durch Protokollnotizen Anfang November 2007 hoben die Tarifvertragsparteien ihren Tarifvertrag am 29. November 2007 unter Ausschluss von Nachwirkungen auf und schlossen am selben Tag den nunmehr von der Verordnung erfassten Tarifvertrag. Zugleich beantragten sie beim Bundesminister für Arbeit und Soziales die Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages. Den daraufhin angepassten Verordnungsentwurf leitete das Bundesministerium nur denjenigen, die sich auf die Bekanntmachung vom 8. November 2007 geäußert hatten, mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 2007 zu. Eine neue Bekanntmachung hielt es für unnötig.

4

Die beigeladene, im Oktober 2007 gegründete Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste schloss am 11. Dezember 2007 mit dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. einen Tarifvertrag für das Bundesgebiet. Er betrifft Unternehmen, die Mehrwertbriefdienstleistungen anbieten, die von der Universaldienstleistung trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind. Nach § 3 des Tarifvertrages beträgt der Bruttomindestlohn für Mehrwertbriefdienstleistungen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 je nach Bundesland 6,50 € oder 7,50 €. Weiter schloss die Beigeladene am 12. Dezember 2007 mit dem Kläger zu 2 einen Tarifvertrag für alle tarifgebundenen Betriebe, die als wesentliche betriebliche Tätigkeit näher definierte Postdienstleistungen, insbesondere die gewerbsmäßige Beförderung von adressierten schriftlichen Mitteilungen bis zu 2 kg zwischen Absender und Empfänger, erbringen. Er gilt deutschlandweit. Der ab dem 1. Januar 2008 vereinbarte Bruttomindestlohn liegt ebenfalls unter den in der streitigen Verordnung bestimmten Beträgen.

5

Am 14. Dezember 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. und die Beigeladene beim Bundesministerium den von ihnen geschlossenen Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen vom 11. Dezember 2007 für allgemeinverbindlich zu erklären.

6

Am 14. Dezember 2007 beschloss der Bundestag das am 28. Dezember 2007 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Dessen Art. 1 fügte in § 1 Abs. 1 Satz 4 dieses Gesetzes die Wörter "und für Tarifverträge für Briefdienstleistungen, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend gewerbs- und geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördert" ein.

7

Am 19. Dezember 2007 stimmte die Bundesregierung unter der Bedingung des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes dem Erlass der streitigen Verordnung zu.

8

Am 28. Dezember 2007 unterzeichnete der Bundesminister für Arbeit und Soziales die Verordnung, die am Tag darauf im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.

9

Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht machten die Kläger u.a. geltend, die Verordnung verletze ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Sie sei formell rechtswidrig, weil die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz in der seinerzeit geltenden Fassung - AEntG a.F. - gebotene Beteiligung der Betroffenen fehlerhaft verlaufen sei. Die Verordnung sei außerdem materiell rechtswidrig. Sie sei nicht von ihrer Ermächtigungsgrundlage gedeckt, die nur eine Erstreckung eines Tarifvertrages auf nicht anderweitig Tarifgebundene ermögliche und eine Entsendeproblematik voraussetze. Der Verordnungsgeber missbrauche seine Verordnungsmacht zu wettbewerblichen Zwecken.

10

Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag der Kläger festgestellt, die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen verletze den Kläger zu 2 in seinem Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG sowie die übrigen Klägerinnen in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG.

11

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Die Klagen seien bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle an einem konkreten Rechtsverhältnis. Der Kläger zu 2 sei als Arbeitgeberverband nicht einmal Normadressat der Verordnung. Diese begründe zwar für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unmittelbar Pflichten, aber nicht für die Beklagte. Die Rechtsverordnung sei überdies rechtmäßig. Insbesondere sei sie von der Ermächtigung im Arbeitnehmer-Entsendegesetz gedeckt. Die darin verwendete Formulierung, es könne bestimmt werden, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrages auf "nicht tarifgebundene" Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung fänden, sei bei einem weiten Verständnis, wonach auch anderweitig tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Rechtsverordnung erfasst würden, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dieses Verständnis habe die Beklagte bisher allen Mindestlohnverordnungen zugrunde gelegt.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise geändert und die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten - hinsichtlich des Klägers zu 2 - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien die Sachurteilsvoraussetzungen einer Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO nicht erfüllt. Zwar seien die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 kraft Verordnung unmittelbar verpflichtet, ihren Arbeitnehmern den im Tarifvertrag vom 29. November 2007 bestimmten Mindestlohn zu gewähren. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten begründe dies jedoch kein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Zulässigkeit stehe zudem die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) entgegen, die rechtswegübergreifend zu verstehen sei. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung könne inzident im arbeitsgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Die Feststellungsklage des Klägers zu 2 sei dagegen zulässig. Zwar begründe die Rechtsverordnung für ihn keine unmittelbaren Pflichten. Sie betreffe ihn aber in seinen satzungsmäßigen Aufgaben als Arbeitgeberverband, zu denen auch der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Dem Kläger zu 2 werde durch die Rechtsverordnung die Möglichkeit genommen, im Geltungsbereich des Tarifvertrages für seine Mitglieder abweichende Tarifverträge abzuschließen. Damit werde der Kläger zu 2 in seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit als Arbeitgeberkoalition eingeschränkt. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG schütze auch die Koalition selbst in ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Die Klage des Klägers zu 2 sei auch begründet. Der Erlass der Verordnung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Überdies verstoße die Verordnung gegen den Gesetzesvorbehalt gemäß Art. 80 Abs. 1 GG, weil die in der Verordnung zitierte gesetzliche Ermächtigung in § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG es nur zulasse, dass alle unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden und nicht bereits anderweitig tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von deren Geltungserstreckung erfasst würden. Die Verordnung greife auch deshalb unzulässig in verfassungsmäßige Rechte des Klägers zu 2 ein, weil die Beklagte bei ihrem Erlass die in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG geregelten Beteiligungsrechte missachtet haben. Die Anfang November eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme durch die erfolgte Veröffentlichung im Bundesanzeiger habe den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Die Aufhebung des alten und der Abschluss eines neuen Tarifvertrages hätten die Einleitung eines neuen Verfahrens mit erneuter Beteiligung erforderlich gemacht.

13

Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts haben die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

14

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 rügen, dass das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht von der Unzulässigkeit ihrer Klage ausgegangen sei. In Übereinstimmung mit dem Kläger zu 2 machen sie geltend, die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechtspositionen.

15

Die Klägerin zu 1 beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufzuheben, soweit es die Klage der Klägerin und Berufungsbeklagten zu 1 abgewiesen hat, und die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen.

16

Die Klägerinnen zu 3 und 4 beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen.

17

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 abzuändern, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und die Klage des Klägers zu 2 abzuweisen und die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zurückzuweisen.

18

Der Kläger zu 2 beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

19

Die Beklagte hält die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 für unzulässig und die Klage des Klägers zu 2 für unbegründet. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten bestehe kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, weil die streitige Verordnung vom 28. Dezember 2007 die Rechtsbeziehungen zwischen Normgeber und Normadressaten nicht unmittelbar gestalte. Dessen ungeachtet sei eine Feststellungsklage auch subsidiär. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 hätten die Möglichkeit, die Verordnung vom 28. Dezember 2007 in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht oder, soweit Überwachungs- und Sanktionsmaßnahmen in Betracht kämen, vor dem Finanzgericht inzident überprüfen zu lassen.

20

Die Klage des Klägers zu 2 sei unbegründet. Die Verordnung vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtmäßig, insbesondere sei die Einholung einer erneuten Stellungnahme der von der Verordnung betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 nicht mehr erforderlich gewesen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben Erfolg. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht auf einer Verletzung von § 43 VwGO, in dem es zu Unrecht annimmt, die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien mangels eines feststellbaren Rechtsverhältnisses zwischen Normgeber und Normadressat und wegen der Subsidiarität der Feststellungsklagen unzulässig (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Entscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Deshalb führen die Revisionen insoweit zur Aufhebung des Urteils (1.). Die Revision der Beklagten erweist sich nicht als begründet. Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage des Klägers zu 2 zulässig ist (2.). Auch seine Annahme, der Kläger zu 2 sei wegen Missachtung des in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens in seinen Rechten verletzt, ist frei von Rechtsfehlern. Die Missachtung des Beteiligungsverfahrens verletzt in gleicher Weise auch die Rechte der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 (3.).

22

1. Die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 sind zulässig.

23

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

24

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteile vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329 f.> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87 f., vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <264> = Buchholz 454.9 MietpreisR Nr. 15 S. 2 f. und vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 57.66 - BVerwGE 38, 346 m.w.N. = Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 8 und vom 30. Mai 1985 - BVerwG 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 = Buchholz 418.32 AMG Nr. 13; Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (Urteil vom 23. Januar 1992 a.a.O. S. 330 bzw. S. 88). Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Darauf beschränkt sich das Klagebegehren bei sinngemäßer Auslegung nach § 88 VwGO jedoch nicht.

25

aa) Der Antrag der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 festzustellen, dass die Rechtsverordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, richtet sich nicht auf die Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Norm, so dass § 47 VwGO gegenüber dem Rechtsschutzbegehren der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keine Sperrwirkung entfaltet. Dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes kann nicht entnommen werden, dass außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtsetzungsakten ausgeschlossen sein soll. Es gehört zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt (Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 <363> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 238). Von einer "Umgehung" des § 47 VwGO kann nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klageart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm oder einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines ungewissen künftigen Sachverhalts erreicht werden soll; in einem solchen Fall würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen theoretisch zu lösen (Urteil vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 78). Anders liegt es dagegen, wenn - wie vorliegend - die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage aufgeworfen wird (Urteile vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - a.a.O. und vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <278> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1; so auch BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 u.a. - BVerfGE 115, 81 <95 f.>). Mit dem Feststellungsbegehren werden subjektive Rechtspositionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 geltend gemacht, um Einschränkungen der tarifautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes abzuwehren.

26

bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts besteht zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten ein feststellungsfähiges konkretes streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Es ergibt sich aus der Anwendung der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 3a AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3140) und der den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 verbürgten Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG. Streitig ist, ob der zuständige Minister der Beklagten formell- und materiellrechtlich gegenüber den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 befugt war, auf der Grundlage des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (a.F.) die streitige Rechtsverordnung zu erlassen, und ob die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nach wie vor berechtigt sind, ihre Arbeitnehmer zu niedrigeren Löhnen zu beschäftigen, als es den im Verordnungsweg erstreckten Mindestlohnregelungen entspricht. Das Vorbringen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, wegen eingegangener anderweitiger Tarifbindung würden sie von der Erstreckungsregelung in der Rechtsverordnung nicht erfasst, lässt sich als ein Geltendmachen des "Nichtbestehens" eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO deuten.

27

Ein im Verhältnis zur Beklagten feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil das Recht der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, die Zahlung des Mindestlohns zu verweigern, nicht gegenüber der Beklagten, sondern nur gegenüber ihren Arbeitnehmern bestünde. Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und ihren Arbeitnehmern schließt das gleichzeitige Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten als Verordnungsgeberin nicht aus. Beide Rechtsverhältnisse sind von einander abzugrenzen, weil sie auf der Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen beruhen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zu ihren Arbeitnehmern richtet sich nach den arbeitsvertraglichen Regelungen des Privatrechts sowie - bei wirksamer Erstreckung - der tariflichen Mindestlohnvereinbarung. Das streitige Rechtsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten beurteilt sich hingegen nach § 1 Abs. 3a Satz 1 und 2 AEntG a.F. und den Grundrechtspositionen, in deren Schutzbereich die tarif- oder privatautonome Vereinbarung von Arbeitsentgelten fällt. Wegen des von den Klägerinnen zu 3 und 4 zwischenzeitlich abgeschlossenen Mantel-/Haustarifvertrages vom 23. April 2008 und der Bindung der Klägerin zu 1, die Mitglied im Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste ist, an den Tarifvertrag vom 11. Dezember 2007 kommt eine Verletzung ihrer positiven, ihnen als Arbeitgebern zustehenden Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG in Betracht. Jedenfalls ist ihre Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt, weil die Erstreckung von Mindestlohntarifregelungen das Recht des Arbeitgebers einschränkt, die Arbeitsbedingungen privatautonom zu gestalten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03, 2504/03 und 2582/03 - NZA 2005, 153 <155>).

28

cc) Die Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses scheitert vorliegend auch nicht daran, dass eine Feststellungsklage des Normadressaten unmittelbar gegen den Normgeber im Regelfall ausscheidet. Da nach Art. 30 GG die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder ist und Art. 83 GG ebenso grundsätzlich bestimmt, dass die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen, d.h. sie verwaltungsmäßig umsetzen, eröffnet sich im Regelfall ein Rechtsverhältnis zwischen Normadressaten und Normanwender, nicht hingegen zwischen Normadressaten und Normgeber, weil Letzterer an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt ist (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 <204> = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5). Das schließt jedoch nicht aus, über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinaus - wenn etwa das Recht des Betroffenen auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsnorm gebietet (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 und vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93) - eine Feststellungsklage gegen den Normgeber auch für zulässig zu halten, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressat begründet, die Rechtsbeeinträchtigung bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt wird und effektiver Rechtsschutz nur im Rechtsverhältnis zwischen Normgeber und Normadressat gewährt werden kann.

29

Dass eine Norm "self-excuting" ist, d.h. dass sich aus ihr unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, begründet jedoch noch kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Normgeber, soweit dort noch Verwaltungsvollzug möglich ist (vgl. Urteil vom 23. August 2007 a.a.O. S. 205). Auch bei solchen Normen können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender geklärt werden und nicht eine Rechtsbeziehung zum Normgeber.

30

Eine Feststellungsklage gegen den Normgeber kommt mithin nur dann in Betracht, wenn die Rechtsverordnung unmittelbar Rechte und Pflichten der Betroffenen begründet, ohne dass eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Verwaltungsvollzug vorgesehen oder möglich ist (vgl. etwa Urteil vom 1. März 1967 - BVerwG 4 C 74.66 - BVerwGE 26, 251 <253> = Buchholz 445.4 § 23 WHG Nr. 2; Beschluss vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 7 VR 1.02 - Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 2; Urteile vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <279> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1, vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 6.02 - BVerwGE 119, 245 <249> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 2 und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <155 f.> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3). Das ist hier der Fall. Aus der Erstreckung tarifvertraglicher Regelungen durch § 1 BriefArbbV ergeben sich unmittelbar Pflichten der von ihrem Anwendungsbereich erfassten Arbeitgeber. Eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs ist nicht vorgesehen.

31

Nach dem Wortlaut des § 1 BriefArbbV führt die Erstreckung der Rechtsnormen des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrages vom 29. November 2007 dazu, dass dessen Regelungen auf alle nicht bereits an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzuwenden sind. Sie gelten damit kraft Tariferstreckung durch Rechtsverordnung, indem sie die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages einbeziehen. Die Betroffenen unterliegen damit der Bindung an die Regelungen des Tarifvertrages ebenso wie die Tarifvertragsparteien. Nach § 4 Abs. 1 TVG verdrängen tarifvertragliche Regelungen in ihrem Geltungsbereich grundsätzlich entgegenstehende arbeitsvertragliche Abreden, ohne dass es dazu einer Umsetzung oder anderer Maßnahmen bedarf (Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 4 Rn. 21). Bei einer Erstreckung des Anwendungsbereichs tarifvertraglicher Regelungen nach § 1 Abs. 3a AEntG tritt die unmittelbare Gestaltungswirkung jedenfalls bei Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein, die bisher keiner Tarifbindung unterlagen. Auch bei Arbeitsverhältnissen, auf die unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden können, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass die Rechtsverordnung eine Verpflichtung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Zahlung des Mindestlohns begründet. Auch die Beklagte geht davon aus, dass durch die unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung eine anderweitige Tarifbindung verdrängt wird.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Fälle der Tarifkonkurrenz, d.h. der Bindung beider Arbeitsvertragsparteien an konkurrierende Tarifverträge, grundsätzlich nach den Regeln der sog. Tarifspezialität zu lösen. Zur Anwendung kommt der speziellere Tarifvertrag, der dem betreffenden Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Das gilt auch bei einer Tarifkonkurrenz zwischen einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach § 5 TVG und einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag und für die Fälle der Tarifpluralität, also der Bindung eines Arbeitgebers an mehrere Tarifverträge (BAG, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 10 AZR 113/02 - AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; a.A. LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 530/02 - DB 2004, 1786). Der Vorrang des spezielleren Tarifvertrages gilt allerdings dann nicht, wenn der speziellere Tarifvertrag ohne Tarifbindung des Arbeitgebers lediglich einzelvertraglich vereinbart worden ist (BAG, Urteile vom 22. September 1993 - 10 AZR 207/92 - AP Nr. 21 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz und vom 4. Dezember 2002 a.a.O.).

33

Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG a.F. werden Tarifkonkurrenzen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nach dem Günstigkeitsprinzip gelöst. Die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung verdrängt die ungünstigere, unabhängig davon, ob der betreffende Tarifvertrag aufgrund vertraglicher Bindung nach § 3 TVG oder aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung anzuwenden ist (BAG, Urteile vom 20. Juli 2004 - 9 ARZ 343/03 - BAGE 111, 247 und vom 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 - BAGE 120, 1). Wird die Tarifkonkurrenz auch bei einer Erstreckung tariflicher Mindestarbeitsbedingungen durch Rechtsverordnung nach dem Günstigkeitsprinzip aufgelöst, ergibt sich für alle Arbeitgeber, die nicht bereits aufgrund anderweitiger Tarifbindung zur Zahlung des Mindestlohnes verpflichtet sind, diese Pflicht aus der unmittelbaren Einbeziehung in den Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages.

34

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sieht wegen der unmittelbaren und zwingenden Wirkung der durch die Rechtsverordnung erstreckten Tarifnormen keine Umsetzungs- bzw. Vollzugsakte vor, sondern beschränkt sich darauf, Verstöße mit Sanktionen zu bewehren (vgl. § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 4 AEntG a.F. i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 OWiG zur Zuständigkeit der Bundesbehörden; § 5 Abs. 1 und 2 AEntG a.F.). Eine Verfolgung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit ist jedoch nicht geeignet, zwischen den Klägerinnen und der Beklagten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen. Ein solches Rechtsverhältnis besteht ausschließlich zur Beklagten als Normgeberin, die die Pflichtenregelung durch die Bekanntgabe im Bundesanzeiger ausgelöst hat und die sie wieder aufheben könnte (Beschluss vom 19. Dezember 2002 a.a.O.).

35

Diese Annahme steht nicht im Widerspruch zur nicht entscheidungstragenden Erwägung im Urteil des 7. Senats vom 23. August 2007 (a.a.O.), dass es über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinausgehend keiner weiteren "atypischen Feststellungsklagen" gegen den Normgeber bedürfe. Diese Formulierung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass ein konkretes Rechtsverhältnis zum Normgeber in allen anderen Fällen begrifflich ausgeschlossen wäre, sondern erklärt sich daraus, dass regelmäßig, wie im seinerzeit zu entscheidenden Fall, die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Norm im Rahmen der gegen die Vollzugsbehörde gerichteten Feststellungsklage als inzident zu prüfende Vorfrage geklärt werden kann. So wurde damals die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen den Normgeber mit Blick auf die Befugnis in § 21 KrW-/AbfG zum Vollzug der Verpackungsverordnung verneint. Mit der Frage, ob bei Fehlen des Verwaltungsvollzugs eine Feststellungsklage gegen den Normgeber in Betracht kommt, setzt sich die Entscheidung des 7. Senats nicht auseinander.

36

Für die Annahme eines streitigen Rechtsverhältnisses genügt es, dass die Möglichkeit der Verdrängung einer anderweitigen Tarifbindung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 durch eine unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung besteht, deren Beachtung von der Beklagten eingefordert wird. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Feststellungsklage muss weder abschließend geklärt werden, ob bei einer Tariferstreckung nach § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG a.F. das Günstigkeitsprinzip anzuwenden ist, noch, ob sich die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unter Hinweis auf den Grundsatz der Spezialität auf einen betriebsnäheren Tarifvertrag berufen können, der ihre Verpflichtung zur Zahlung eines erstreckten Mindestlohnes entfallen lässt. Fragen zur Wirksamkeit der von den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgeschlossenen Tarifverträge sind daher ebenfalls unerheblich.

37

b) Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Unabhängig von den Sanktionen, die den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 drohen, falls sie den festgesetzten Bruttomindestlohn ihren Arbeitnehmern nicht bezahlen, ergibt sich ein wirtschaftliches Interesse der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 schon daraus, dass sie wegen der finanziellen Belastung möglichst frühzeitig wissen wollen, ob sie verpflichtet sind, den festgesetzten Bruttomindestlohn zu zahlen. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 können daneben auch geltend machen, dass sie durch die Erstreckungswirkung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind. Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und/oder von Art. 9 Abs. 3 GG ist jedenfalls möglich.

38

c) Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht eine Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO bejaht und angenommen, eine mögliche Klärung des Rechtsstreits sei in einem arbeitsgerichtlichen Prozess aus prozessökonomischen Gründen vorrangig.

39

Wegen des fehlenden Verwaltungsvollzugs können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keinen Rechtsschutz durch eine verwaltungsgerichtliche Gestaltungsklage im Wege der Anfechtung erlangen. Auch eine verwaltungsgerichtliche Leistungsklage scheidet aus.

40

Eine Subsidiarität gegenüber Rechtsbehelfen zu den Arbeits- oder Finanzgerichten ist nicht gegeben. Ebenso wenig können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 darauf verwiesen werden, vorrangig in einem Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eine Klärung der aufgeworfenen Fragen herbeizuführen. Das Berufungsgericht wird im angegriffenen Urteil der Zielsetzung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gerecht. Diese Vorschrift will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht (Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93). Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 Tierkörperbeseitigungsgesetz Nr. 12). Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung "rechtswegübergreifend", d.h. etwa auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben ist (Urteile vom 18. Oktober 1985 - BVerwG 4 C 21.80 - Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 28 = BVerwGE 72, 172 und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <308 f.> = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133). Eine Subsidiarität ist jedoch zu verneinen, wenn die Feststellungsklage - wie hier - effektiveren Rechtsschutz bietet (Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3).

41

Die Feststellungsklage ist nicht subsidiär gegenüber der Möglichkeit, sich gegen Leistungsklagen der Arbeitnehmer auf Lohnzahlung vor den Arbeitsgerichten zu wehren und in diesen Verfahren eine inzidente Kontrolle der BriefArbbV herbeizuführen. Zum einen legt der Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO nahe, dass die Subsidiarität die Möglichkeit anderweitiger aktiver Geltendmachung eigener Rechte, und nicht nur eine Verteidigungsmöglichkeit oder eine mögliche Beteiligung als Dritter voraussetzt. Im Übrigen würde die Stellung als Beklagte im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nicht davor schützen, von der zuständigen Behörde vor Ergehen eines rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts über die Lohnklage mit Sanktionen wegen der Nichtgewährung des Mindestlohns belangt zu werden.

42

Es ist für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 auch nicht zumutbar, über ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eine gerichtliche Klärung zu erreichen (Urteil vom 13. Januar 1969 - BVerwG 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 = BVerwGE 31, 177). § 5 Abs. 3 AEntG a.F. erlaubt eine Ahndung mit bis zu 500 000 €. Dass die Beklagte ihre Behörden angewiesen hat, während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Sanktionen zu verhängen und sich auf Ermittlungen zu beschränken, bedeutet keinen Verzicht, sondern nur einen zeitlichen Aufschub. Da die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 Klarheit haben wollen, ob sie verpflichtet sind, allen bei ihnen beschäftigten Mitarbeitern den Bruttomindestlohn zu zahlen, geht es ihnen auch nicht lediglich darum, vorbeugenden Rechtsschutz gegenüber etwaigen späteren Bußgeldverfahren zu erlangen (Urteile vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <213> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <331> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30).

43

Soweit nach § 23 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23. Juli 2004 (BGBl I S. 1842), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2009 (BGBl I S. 818), der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet ist, handelt es sich um Rechtsbehelfe gegen Prüfungs- und Ermittlungsmaßnahmen sowie gegen datenschutzrechtlich relevantes Handeln der Finanzbehörden im Zuge der Verfolgung von Verstößen gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Unterlassungsklagen dagegen stellen keinen effektiven Rechtsschutz hinsichtlich der Klärung der geltend gemachten Rechtsverletzungen durch die Verordnung dar, der einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO vorgeht.

44

2. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage des Klägers zu 2 im Ergebnis zu Recht bejaht.

45

a) Auch zwischen dem Kläger zu 2 und der Beklagten besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Gegenstand des Streits zwischen diesen Beteiligten ist die Anwendung des § 1 Abs. 3a AEntG und der darauf gestützten BriefArbbV auf einen konkreten Sachverhalt, nämlich die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigung des Klägers zu 2 als Arbeitgeberverband (Koalition). Streitig ist, ob § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG zur Tariferstreckung gegenüber anderweitig tarifgebundenen Arbeitgebern ermächtigt mit der Folge, dass vom Kläger zu 2 wirksam abgeschlossene oder noch abzuschließende Tarifverträge bei Anwendung des Günstigkeitsprinzips verdrängt würden, und ob dem Kläger zu 2 wegen eines mittelbaren Eingriffs in sein Recht auf koalitionsgemäße Betätigung aus Art. 9 Abs. 3 GG ein Abwehrrecht gegen die Geltungserstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen nach § 1 BriefArbbV zusteht, obwohl die Verordnung nur für seine Mitglieder, und nicht für ihn selbst unmittelbar Rechte und Pflichten begründet.

46

Für das Vorliegen eines im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO streitigen konkreten Rechtsverhältnisses ist es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht erforderlich, abschließend zu klären, ob die zwischen den Beteiligten streitige Befugnis zum Erlass der Verordnung und das geltend gemachte Abwehrrecht tatsächlich bestehen.

47

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen ihr und dem Kläger zu 2 weder voraus, dass die umstrittene Verordnung den Arbeitgeberverband unmittelbar verpflichtet, noch, dass sie ihm den Abschluss den Mindestlohn unterschreitender Tarifverträge verbietet. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit kann auch mittelbaren Beeinträchtigungen der koalitionsgemäßen Betätigung entgegengehalten werden.

48

Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalition selbst in ihrem Bestand, in ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen (BVerfG, Urteil vom 1. März 1979 - 1 BvR 532/77 u.a. - BVerfGE 50, 290 <373 f.>; Beschlüsse vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212 <224>, vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - BVerfGE 100, 271 <282> und vom 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293 <304>). Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (Beschluss vom 27. April 1999 a.a.O. m.w.N.) und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen (BVerfG, Beschluss vom 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268 <283> m.w.N.). Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (BVerfG, Beschlüsse vom 24. April 1996 a.a.O., vom 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 353 <358> und vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - NJW 2007, 51 <53>). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben für geeignet halten, bleiben unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen überlassen (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1976 - 1 BvR 71/73 - BVerfGE 42, 133 <138>; Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 u.a. - BVerfGE 92, 365 <393>). Allerdings schützt Art. 9 Abs. 3 GG einen Arbeitgeberverband nicht gegen ein tarifpolitisches Konkurrenzverhältnis, selbst wenn dieses den Verlust von Verbandsmitgliedern zur Folge haben kann (Beschlüsse vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 <352> m.w.N. und vom 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7 <24>). Die Koalitionsfreiheit schützt aber vor staatlicher Einflussnahme auf das Konkurrenzverhältnis.

49

Solche für den Kläger zu 2 als Arbeitgeberverband nachteiligen mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit ergeben sich bei Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips aus der Verdrängungswirkung der erstreckten tariflichen Mindestlohnvereinbarung gegenüber den Mindestlohn unterbietenden, bereits abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträgen im selben Geltungsbereich. Auf die Frage, ob der vom Kläger zu 2 bereits abgeschlossene Tarifvertrag wirksam ist, und auf die in diesem Zusammenhang erhobenen, arbeitsgerichtlich noch nicht rechtskräftig geklärten Bedenken gegen die Tariffähigkeit und Gegnerfreiheit der Beigeladenen kommt es für die Geltendmachung einer mittelbaren Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit nicht an. Auch wenn die Verdrängungswirkung sich noch nicht aktualisiert haben sollte, verschlechtert sie bereits jetzt die Verhandlungsposition der Arbeitgeberverbände, die nicht am Abschluss des erstreckten Tarifvertrages beteiligt waren. Die Erstreckung der Geltung tariflich vereinbarter Mindestarbeitsbedingungen auf anderweitig Tarifgebundene beeinträchtigt die Verhandlungs- und Wettbewerbsposition der nicht am Tarifvertragsschluss beteiligten Koalitionen jedenfalls insoweit, als sie mit einer Verdrängung ihrer - auch künftigen - Tarifabreden rechnen müssen. Aufgrund der durch die Rechtsverordnung erfolgten Erstreckung des Tarifvertrages vom 29. November 2007 kann der Kläger zu 2 seine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten tarif- und sozialpolitischen Zielvorstellungen beim angestrebten Abschluss anderweitiger Tarifverträge mit von der Allgemeinverbindlicherklärung abweichendem Inhalt nur noch im beschränkten Maße verwirklichen. Seine koalitionsspezifische Verhandlungsposition wird durch den Erlass der Rechtsverordnung damit beeinträchtigt. Für ihn verschlechtern sich die Möglichkeiten, unbehindert von den Rechtswirkungen der Tariferstreckung mit Arbeitnehmerkoalitionen Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, die seinen tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und denjenigen seiner Mitgliedsunternehmen entsprechen.

50

Die Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit kann im Einzelfall durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt sein, ist aber jedenfalls rechtfertigungsbedürftig. Das reicht für das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aus.

51

Dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - (GewArch 2000, 381 f.) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn weder er selbst noch die darin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verhalten sich zur Frage, ob in einer Erstreckung tarifvertraglicher Normen auf einen Arbeitgeberverband eine rechtfertigungsbedürftige mittelbare Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit liegen kann.

52

b) Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse des Klägers zu 2 an der baldigen Feststellung liegt vor. Der Kläger zu 2 ist mittelbar eingeschränkt, seine tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele zu verfolgen und entsprechend diesen Zielvorstellungen für seine Mitgliedsunternehmen von dem durch Rechtsverordnung erstreckten Tarifvertrag abweichende Arbeitsbedingungen auszuhandeln und abzuschließen. Er hat ein geschütztes wirtschaftliches und ideelles Interesse daran, die Rechtmäßigkeit seiner Einschränkung gerichtlich durch Feststellungsklage überprüfen zu lassen und kann eine mögliche Verletzung seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG geltend machen.

53

c) Die vom Kläger zu 2 erhobene Feststellungsklage ist auch nicht unzulässig, weil sie gegenüber einer Klage vor den Arbeitsgerichten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG) subsidiär wäre. Nach § 9 TVG sind rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem TVG oder über das Bestehen eines Tarifvertrages ergangen sind, in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend. Für solche sog. Verbandsklagen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Dabei handelt es sich um eine "quasi-Normenkontrolle" (Reinecke, in: Däubler, Kommentar zum Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 9 Rn. 3) der Tarifvertragsparteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben. Der Kläger zu 2 scheidet als Partei eines Verfahrens nach § 9 TVG gegen den Tarifvertrag vom 29. November 2007 von vornherein aus, weil er an dessen Abschluss nicht beteiligt war.

54

Der Kläger zu 2 kann auch nicht auf den Abschluss eines eigenen Tarifvertrages verwiesen werden, um dann gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG dessen Gültigkeit im Wege der Verbandsklage abklären zu lassen. Mit einer solchen Klage kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Tarifvertrages, jedoch nicht geklärt werden, ob ein Tarifvertrag nach den Regelungen der Tarifkonkurrenz oder aus anderen Gründen gegenüber anderen Tarifverträgen zurücktritt (Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 9 TVG Rn. 7). Sie könnte den Kläger zu 2 jedenfalls vor den hier in Betracht zu ziehenden mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit, die von der Rechtsverordnung ausgehen, nicht schützen.

55

3. Gegen die selbstständig tragende Annahme des Berufungsgerichts, dass beim Erlass der Rechtsverordnung zur Erstreckung der tariflichen Mindestlohnregelungen das vorgeschriebene Verfahren nicht beachtet worden ist und dass die wegen der Evidenz des Verfahrensfehlers rechtswidrige Verordnung den Kläger zu 2 in seinen Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt, ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

56

a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die BriefArbbV den Kläger zu 2 in seinen Rechten verletzt, weil die Beklagte beim Erlass der Rechtsverordnung das gesetzlich in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebene Verfahren missachtet hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, dem dort geregelten Beteiligungsgebot komme wegen des Fehlens sonstiger materiellrechtlicher Anforderungen an den Erlass der Rechtsverordnung einerseits und der handgreiflichen Betroffenheit der Arbeitgeberseite im grundrechtlich geschützten Bereich andererseits wesentliche Bedeutung für die Abwägung der für und wider den Erlass der Rechtsverordnung streitenden Erwägungen zu, ist nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung, dass zwischen den normativen Regelungen des Tarifvertrages und dem Beteiligungsrecht ein unmittelbarer Bezug dergestalt besteht, dass sich die Gelegenheit zur Stellungnahme der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf die konkrete Tarifvertragsvereinbarung beziehen muss und nicht allgemein auf ein "Projekt", das in einer Branche Mindestarbeitsbedingungen mit dem Instrumentarium des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes festlegen will.

57

b) Gemäß § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor Erlass der Rechtsverordnung den in den Geltungsbereich der vorgesehenen Rechtsverordnung fallenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. nicht dahingehend zu interpretieren, dass es ausreicht, den zu Beteiligenden auch in dem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme nur zum ursprünglichen Entwurf der Rechtsverordnung zu geben, wenn dieser im weiteren Verlauf des Verfahrens wesentlich in seinem Inhalt verändert wird. Die gegenteilige Annahme der Beklagten lässt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung, noch aus ihrem Sinn und Zweck und ihrer Systematik herleiten.

58

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. ergibt sich, dass das Recht zur Stellungnahme auf den konkreten Tarifvertrag bezogen ist, dessen Rechtsnormen durch Rechtsverordnung auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt werden sollen. Zu beteiligen sind nicht nur diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die unter den Anwendungsbereich der Rechtsverordnung fallen, sondern auch die Parteien des Tarifvertrages, dessen Regelungen erstreckt werden sollen. Damit besteht zwischen den Rechtsnormen des konkreten, zu erstreckenden Tarifvertrages und dem Recht zur Stellungnahme eine unmittelbare Beziehung, die das Oberverwaltungsgericht zutreffend mit "handgreiflicher Betroffenheit" jedenfalls im grundrechtlich geschützten Bereich umschrieben hat. Existiert der ursprüngliche Tarifvertrag nicht mehr und wird ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen, so bedarf es grundsätzlich auch eines hierauf bezogenen neuen Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung und einer erneuten Beteiligung im Sinne des Gesetzes.

59

Auch der erkennbare Zweck des Rechts zur Stellungnahme spricht für eine erneute Beteiligung im vorliegenden Fall. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. dient nicht nur der Information des zuständigen Ministeriums, sondern soll den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, ihre Rechte geltend zu machen. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gewährt den betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages das Recht zur Stellungnahme, weil sich die Geltungserstreckung eines Tarifvertrages per Rechtsverordnung unmittelbar gestaltend auf die jeweiligen Arbeitsverhältnisse auswirkt. Betroffen sind grundrechtlich geschützte Positionen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, da die Freiheit zur privatautonomen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse eingeschränkt wird. Die damit einhergehende finanzielle Belastung der Arbeitgeber durch die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns kann je nach Wirtschaftslage und Kostenstruktur eines betroffenen Unternehmens unter Umständen auch zu betriebsbedingten Kündigungen führen und so mittelbar die freie Berufsausübung der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Beteiligung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. soll gewährleisten, dass der Verordnungsgeber diese Gesichtspunkte und die Interessen aller Betroffenen in das Verordnungsverfahren einbezieht, um in einem späteren Abwägungsvorgang die widerstreitenden Interessen zu gewichten und zu werten (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 4. Dezember 1998, BTDrucks 14/151 S. 32 f.). Wegen der eingeschränkten Kontrolldichte bei der Prüfung gesetzgeberischer Einschätzungen und Zielsetzungen im Bereich des Arbeits- und Wirtschaftsrechts ist die vom Gesetz eingeräumte Gelegenheit zur Geltendmachung eigener Rechte vor Inkrafttreten der Regelung von besonderer Bedeutung. Da die Verordnung unmittelbare Gestaltungswirkung hat und ein administrativer Vollzug nicht vorgesehen ist, können die Betroffenen auch nicht auf ein Verwaltungsverfahren verwiesen werden, um dort rechtliches Gehör nach Maßgabe der Vorschriften des VwVfG zu erlangen. Ihre rechtlichen Interessen können sie nur im Rahmen der Beteiligung vor Erlass der Verordnung zu Gehör bringen.

60

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Vergleich mit dem Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, das von der Bundesnetzagentur im Marktregulierungsverfahren (vgl. §§ 9 f. TKG) durchzuführen ist, zu keinem anderen Ergebnis, weil dieses Verfahren anderen Zwecken dient. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - (BVerwGE 131, 41 <59 f.>) dazu ausgeführt: "Bei der Konsultation geht es nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie um die Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber dem Regulierungsadressaten ..., sondern um die Herstellung umfassender Transparenz gegenüber der interessierten Fachöffentlichkeit." Daher bezieht die Konsultation neben den Antragstellern und den Adressaten gemäß § 12 Abs. 1 TKG auch nur "interessierte" Dritte mit ein, und ist das Konsultationsergebnis nach § 5 TKG zu veröffentlichen.

61

Der von der Beklagten vorgenommene Vergleich mit Anhörungspflichten aus dem Bereich planerischer oder planungsähnlicher Verwaltungsentscheidungen führt zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung. Vielmehr sieht § 73 VwVfG, der das Anhörungsverfahren für den Bereich der Planfeststellung regelt, ebenfalls eine erneute Anhörung für den Fall der Planänderung vor (vgl. § 73 Abs. 8 VwVfG).

62

Auch aus § 28 Abs. 1 VwVfG folgt nicht, dass eine einmalige Anhörung in allen Verwaltungsverfahren auch im Falle nachträglich erfolgter wesentlicher Änderungen des Anhörungsgegenstandes ausreichend ist, um dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs zu genügen. § 28 VwVfG gilt überdies ausschließlich für Verwaltungsverfahren, die in den Erlass eines Verwaltungsakts münden und ist auf die Beteiligung in einem Normerlassverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. § 1 Abs. 3a AEntG a.F. ist insofern lex specialis.

63

Für die Notwendigkeit einer erneuten Beteiligung vor Erlass der Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG für den Fall einer wesentlichen Änderung des ursprünglichen Tarifvertrages, dessen Erklärung als allgemeinverbindlich zunächst beantragt worden war, spricht auch die Gesetzessystematik. Mit § 1 Abs. 3a AEntG a.F. sollte im Interesse einer wirksamen Durchführung des Gesetzes die bislang ausschließliche Anknüpfung an allgemeinverbindliche Tarifverträge um eine Ermächtigung zur Tariferstreckung durch Rechtsverordnung ergänzt werden. In Bezug auf die Verbindlichkeit der einzuhaltenden Arbeitsbedingungen sollte sich hieraus kein Unterschied ergeben (BTDrucks 14/45 S. 17, 25, 26). § 5 Abs. 1 und 2 TVG stellt sowohl hinsichtlich der am Verfahren zu Beteiligenden als auch bezüglich der materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages höhere Anforderungen als das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Nach § 5 Abs. 1 TVG ist neben dem Antrag einer Tarifvertragspartei und dem Einverständnis des Ausschusses, der aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, für die Allgemeinverbindlicherklärung erforderlich, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 v.H. der unter den Geltungsbereich des zu erstreckenden Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (Grundsatz der Repräsentativität) und dass die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Ferner sieht § 5 Abs. 2 TVG unter anderem vor, dass vor der Entscheidung über den Antrag den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen würden, sowie den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben ist. Dagegen ist nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. weder ein Ausschuss aus Interessenvertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beteiligen noch ist dessen Einvernehmen vor dem Erlass der Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erforderlich. Auch das Erfordernis des sog. 50 %-Quorums und des öffentlichen Interesses im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG sind dem Wortlaut des § 1 Abs. 3a AEntG a.F. nicht zu entnehmen. Er verlangt für den Erlass einer Rechtsverordnung lediglich einen Antrag einer Tarifvertragspartei auf Allgemeinverbindlicherklärung. Dieser Verzicht auf die Abstimmung mit einem Ausschuss, der mit den jeweiligen Interessenvertretern besetzt ist, und der Verzicht auf inhaltliche Vorgaben für den Erlass einer erstreckenden Rechtsverordnung verleihen dem in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG vorgesehenen Recht auf Stellungnahme - gleichsam als Ausgleich für die Reduzierung der formellen und materiellen Anforderungen - ein besonderes Gewicht. Die Beteiligung Betroffener dient dem Schutz ihrer Rechte (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 17. November 1994 - 2 BvB 1/93 - BVerfGE 91, 262). Soll das Beteiligungsrecht mit Blick auf die in Rede stehenden Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG nicht "leer" laufen, gebührt ihm im Normerlassverfahren besondere Aufmerksamkeit und Beachtung. Es stellt keinen "unnötigen Formalismus" dar, auf einer erneuten Beteiligung zu bestehen, wenn der Tarifvertrag, zu dem die Betroffenen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten haben, durch einen neuen, hinsichtlich des Geltungsbereichs oder der zu erstreckenden Regelungen abweichenden Tarifvertrag ersetzt wird. Dies setzt ein neues Verfahren in Gang.

64

c) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Mitteilung der Tarifvertragsparteien über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages mit Schreiben vom 29. November 2007 ein neuer Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung zu entnehmen ist, der eine erneute Stellungnahme erforderlich machte. Die Formulierung des Schreibens, die Tarifvertragsparteien hielten an ihrem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 "fest" und beantragen "nunmehr" die Allgemeinverbindlicherklärung "unter Einschluss der am 29. November 2007 erfolgten Änderung", ändert nichts daran, dass der Tarifvertrag vom 11. September 2007 nebst Protokollnotiz vom 9. November 2007 von den Tarifvertragsparteien am 29. November 2007 "unter Ausschluss von Nachwirkungen" aufgehoben und durch den neuen Tarifvertrag vom 29. November 2007 ersetzt wurde (vgl. BA 3 Bl. 389). Dabei handelte es sich nicht lediglich um die "Änderung" eines früheren Tarifvertrages, der in den ursprünglichen Antrag mit einbezogen wurde, sondern um einen neuen Tarifvertrag, der den Antrag vom 11. September 2007 gegenstandslos und einen neuen Antrag mit neuer Beteiligungspflicht erforderlich machte.

65

Die erneute schriftliche Stellungnahme der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie der Tarifvertragsparteien zum neuen Entwurf der Rechtsverordnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich dessen Regelungsinhalt gegenüber dem vorhergehenden Entwurf nicht wesentlich geändert hätte. Ursprünglich sollten vom Tarifvertrag vom 11. September 2007 "alle Betriebe, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an ihrer Gesamttätigkeit des Betriebes" von dessen Geltungsbereich erfasst werden. Demgegenüber sieht der Tarifvertrag vom 29. November 2007 vor: "Der Tarifvertrag gilt für die Branche Briefdienstleistungen. Dies sind alle Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern."

66

Mit der Änderung vom 29. November 2007 sollte sichergestellt werden, dass das "50 %-Quorum" erfüllt ist, das nach Einschätzung der Beklagten ursprünglich für erforderlich gehalten wurde, um eine Erstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen zu rechtfertigen (UA S. 5). Betroffene, die deshalb bei der ersten Anhörung meinen konnten, es genüge auf den aus ihrer Sicht bestehenden Mangel der Repräsentativität hinzuweisen, mussten nunmehr Gelegenheit erhalten, auch zum Inhalt der Rechtsnormen des zu erstreckenden Tarifvertrages Stellung zu beziehen. Der Einwand des Beklagten, der neue Entwurf der Rechtsverordnung bedeute gegenüber dem ursprünglichen Entwurf lediglich ein "Minus" trifft nicht zu, vielmehr hat er qualitativ andere Wirkungen für die Rechtspositionen der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Durch den geänderten Tarifvertrag ist ein Teil des ursprünglichen Adressatenkreises gänzlich von der Erstreckungswirkung der Rechtsverordnung ausgenommen worden, während Betriebe und selbstständige Betriebsteile, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, vom Geltungsbereich des neuen Tarifvertrages nach wie vor erfasst werden. Darin liegt eine grundrechtsrelevante rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung, die eine (erneute) Beteiligung der Adressaten der neuen Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderlich machte. Die verfassungsrechtliche Relevanz der Einschränkung des Geltungsbereichs ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten bereits aus der ungleichen rechtlichen Behandlung zweier Gruppen von Briefdienstleistern und nicht erst aus den möglichen, durch Marktanalysen zu ermittelnden wirtschaftlichen Folgen der Ungleichbehandlung. Gerade auch zur Frage, ob durch die Beschränkung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages auf Unternehmen eines bestimmten Zuschnitts eine Veränderung der Wettbewerbssituation eintritt, müssen die unmittelbar Betroffenen nach § 1 Abs. 3a AEntG vorab Stellung nehmen können.

67

d) Die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderliche Stellungnahme zum geänderten Entwurf der Rechtsverordnung wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die die Revisionen keine Einwendungen erhoben haben (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht ermöglicht. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist unterblieben (vgl. UA S. 5, 38 f.).

68

Das Verordnungserlassverfahren leidet damit an einem Verfahrensmangel, der evident ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1994 - 1 BvR 337/92 - BVerfGE 91, 148). Das Beteiligungsrecht ist im Hinblick auf die Wahrung der Grundrechtspositionen der Arbeitgeber und deren Koalitionen so gewichtig und bedeutsam, dass durch seine Nichtbeachtung das Rechtsetzungsverfahren an einem erheblichen Mangel leidet, der die BriefArbbV unwirksam macht.

69

Auf die weiteren Rechtsfragen kommt es nicht an, weil bereits die Verletzung der Beteiligungsrechte zum Erfolg der Klagen führte.

(1) Wer eine bilanzierte Diät im Sinne des § 1 Abs. 4a, eine Säuglingsanfangsnahrung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 3 oder ein diätetisches Lebensmittel, das nicht zu einer der in Anlage 8 aufgeführten Gruppen von diätetischen Lebensmitteln gehört, als Hersteller oder Einführer in den Verkehr bringen will, hat dies spätestens beim ersten Inverkehrbringen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter Vorlage eines Musters des für das Erzeugnis verwendeten Etiketts anzuzeigen.

(2) Wurde das diätetische Lebensmittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in den Verkehr gebracht, so ist in der Anzeige nach Absatz 1 zusätzlich die Behörde des anderen Mitgliedstaates anzugeben, bei der die erste Anzeige erfolgt ist.

(3) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit übermittelt die Anzeige unverzüglich dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden.

(4) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit prüft, ob das diätetische Lebensmittel, das nicht zu einer in Anlage 8 aufgeführten Gruppen von diätetischen Lebensmitteln gehört, den Anforderungen des § 1 Abs. 2 entspricht und unterrichtet die in Absatz 3 genannten Behörden über das Prüfergebnis.

(5) Soweit dies für die Prüfung nach Absatz 4 erforderlich ist, kann das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom Hersteller oder Einführer die Vorlage der wissenschaftlichen Arbeiten und Daten verlangen, aus denen sich ergibt, dass das angemeldete Erzeugnis den Anforderungen des § 1 Abs. 2 entspricht. Sind die betreffenden Arbeiten in einer leicht zugänglichen Veröffentlichung erschienen, so genügt ein Hinweis auf diese Veröffentlichung.

(6) Hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit festgestellt, dass das angezeigte Erzeugnis den Anforderungen des § 1 Abs. 2 nicht entspricht, so kann das Bundesamt Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit das Inverkehrbringen des Erzeugnisses als diätetisches Lebensmittel vorläufig untersagen oder mit Auflagen versehen.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die zur Begründung des Antrags geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers nicht.

Solche Zweifel sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 9 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

1.1 Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der hier zu beurteilenden Feststellungsklage des Klägers vom 10. Januar 2014 die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2010 in dem Verfahren AN 4 K 09.00667 entgegensteht. Dagegen macht der Kläger ohne Erfolg geltend, dem Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. März 2010 sei wegen „offensichtlicher Willkür“ die Rechtskraft i. S.v. § 121 VwGO zu versagen.

Der Kläger hat auch nicht ansatzweise dargetan, inwiefern sich aus der der Entscheidung zugrunde liegenden Auffassung des Verwaltungsgerichts, Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO räume dem einzelnen Gemeindebürger keinen subjektivöffentlichen Anspruch auf Einhaltung des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gemeinderats Sitzungen ein, Anhaltspunkte für eine willkürliche Sachbehandlung ergeben sollen. Es entspricht vielmehr einer verbreiteten Meinung, dass Art. 52 GO für Bayern lediglich dem allgemeinen Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit dienen und die Transparenz der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit gewährleisten soll, und dass sich aus diesem allgemeinen Verfahrensprinzip des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen keine subjektiven Rechte einzelner Bürger herleiten lassen (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke Kommunalrecht in Bayern, Kommentar zur Gemeindeordnung, Stand 1.9.2015, Erl. 6 zu Art. 52 m. w. N.). Soweit der Kläger insoweit auf die wachsenden Bedeutung der Informationsfreiheit hinweist, verkennt er, dass allein die Bedeutung eines objektivrechtlichen Grundsatzes diesem keine subjektivrechtliche Qualität verleiht (vgl. VGH RhPf, U.v. 24.2.1992 - 1 S 2242/91 - juris Rn. 14).

Der Umstand, dass der Kläger dies anders beurteilt, ist nicht geeignet, die Rechtskraft des verwaltungsgerichtlichen Urteils „wegen Willkür“ zu beseitigen. Etwas anderes ergäbe sich auch dann nicht, wenn die Auffassung des Klägers in der Sache richtig wäre: Denn die Wirkungen der Rechtskraft von Urteilen sind unabhängig davon, ob das Gericht bei seinem Urteil alle einschlägigen Aspekte des Falles gesehen und (richtig) gewürdigt hat und ob die Parteien es für nachvollziehbar und richtig halten bzw. ob es objektiv richtig ist. Die Rechtskraft ist Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips, bevorzugt den Wert der Rechtssicherheit gegenüber dem gegenläufigen der materiellen Gerechtigkeit und nimmt darum auch grundsätzlich die Rechtsbeständigkeit falscher Urteile in Kauf (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rn. 4 zu § 121).

Die engen Voraussetzungen, unter denen nach herrschender Ansicht ausnahmsweise eine Ausnahme vom Eintritt der Rechtskraft oder eine Rechtskraftdurchbrechung in Betracht kommt (vgl. Rennert in Eyermann, a. a. O., Rn. 50 ff. § 121) liegen hier ersichtlich ebenso wenig vor, wie die Voraussetzungen für eine Nichtigkeitsklage nach § 153 VwGO i. V. m. §§ 578 ff ZPO.

Auch der Hinweis des Klägers auf die zwischenzeitlich durch die Beklagte erlassene Informationsfreiheitsatzung ist nicht geeignet darzutun, dass die vom Verwaltungsgericht angenommene entgegenstehende Rechtskraft des Urteils vom 16. März 2010 entfallen sein könnte. Zum einen betraf der Klageantrag lediglich verschiedene Stadtratssitzungen, u. a. vom 17. Dezember 2008, die sämtlich weit vor Erlass der (nicht rückwirkend in Kraft gesetzten) Informationsfreiheitssatzung stattgefunden haben, aus der bereits deshalb für die - erneut - streitgegenständlichen Sitzungen keinerlei Rechtsansprüche hergeleitet werden können. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass das Klagebegehren vom Anwendungsbereich der Satzung nicht umfasst ist, da sich deren Regelungsgehalt auf einen Antrag auf Zugang zu bei der Stadtverwaltung vorhandenen amtlichen Aufzeichnungen beschränkt.

1.2 Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Verwaltungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sei mit dem des Verfahrens AN 4 K 09.00667 identisch, das mit dem - mangels Klagebefugnis - klageabweisenden (Prozess-) Urteil vom 16. März 2010 seinen Abschluss gefunden hatte. In beiden Verfahren stellte der Kläger zuletzt den (wörtlich übereinstimmenden) Antrag, festzustellen, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit bei verschiedenen Stadtratssitzungen, u. a. am 17. Dezember 2008, in denen über zwei Cross-Border-Leasingverträge beraten wurde, rechtswidrig war. In beiden Verfahren hat der Kläger geltend gemacht, sein Feststellungsinteresse liege in der Wiederholungsgefahr, da zu befürchten sei, dass der Stadtrat der Beklagten auch in Zukunft bei Beratungen über ähnliche Verträge die Öffentlichkeit ausschließen werde. Dass es dem Kläger tatsächlich auch im jetzt vorliegenden Verfahren um die Feststellung seines vermeintlichen Anspruchs auf Öffentlichkeit der Stadtratssitzungen der Beklagten bei der Beratung über sog. Cross-Border-Leasingverträge ging, den er aus Art. 52 Abs. 2 GO herleitet, bestreitet der Kläger nicht. Inwiefern dem jetzigen Verfahren nun ein anderer Streitgegenstand als in dem früheren Verfahren zugrunde liegen soll, legt der Kläger nicht nachvollziehbar dar.

Entgegen dem Vortrag des Klägers beruht der Umstand, dass er in der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2015 einen wörtlich mit dem Antrag im früheren Verfahren übereinstimmenden Klageantrag gestellt hat, nicht auf „Fehlhinweisen“ des Vorsitzenden Richters. Wie sich der Gerichtsakte entnehmen lässt, hat der Kläger vielmehr bereits lange vor der mündlichen Verhandlung im Schriftsatz vom 11. März 2014 - offensichtlich in Reaktion auf die Ausführungen der Beklagten in Ziffer 1 ihrer Klageerwiderung vom 5. März 2014 - angekündigt, einen „präzisierten“ Antrag mit dem oben zitierten Wortlaut zu stellen.

Im Übrigen haben die Beklagte und in der mündlichen Verhandlung dann auch der Vorsitzende zu Recht darauf hingewiesen, dass der zunächst im Klageschriftsatz vom 8. Januar 2014 angekündigte Antrag nicht bestimmt genug war. Ein Klageantrag ist grundsätzlich nur dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt und eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (vgl. Geiger in Eyermann, a. a. O., Rn. 10 zu § 82).

Gegenstand der vom Kläger wohl zunächst angestrebten vorbeugenden Feststellungsklage i. S. d. § 43 Abs. 1 VwGO kann nur die Klärung eines „bestimmten Rechtsverhältnisses“ sein, d. h. also der rechtlichen Beziehungen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden (und dem Kläger ein subjektives Recht i. S. d. § 42 Abs. 2 VwGO einräumenden) öffentlichrechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander ergeben. Rechtsverhältnisse setzen daher stets einen konkreten Sachverhalt voraus. Ohne konkreten Sachverhalt lassen sich lediglich abstrakte Rechtsfragen stellen, die über die Rechtsbeziehungen der Parteien des Rechtsstreits nichts besagen und deshalb auch nicht Gegenstand einer (vorbeugenden) Feststellungsklage sein können. Die Feststellungsklage ist keine allgemeine Auskunftsklage über die Rechtslage. Das Maß der erforderlichen Konkretisierung des Sachverhalts hängt von dem Recht und der Pflicht ab, um die es geht. Gemessen an diesen Voraussetzungen ist der ursprünglich angekündigte Antrag auf Feststellung, „dass ein zukünftiger Ausschluss der Öffentlichkeit bei Stadtratssitzungen wie in der Situation der Klage Az: 4 K 09.00667 rechtswidrig ist“, offensichtlich zu unbestimmt. Erst durch die Benennung bestimmter Sitzungstermine und der konkreten Tagesordnungspunkte, deren Behandlung in einem nicht öffentlichen Teil konkret vorgeschlagen bzw. jedenfalls aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten sind, wäre dem angerufenen Gericht überhaupt die Prüfung möglich, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit im Einzelfall vorliegen. Andernfalls wäre das gerichtliche Urteil nicht mehr als ein qualifiziertes Gutachten zu einer rein hypothetischen Frage.

Daraus folgt ebenso, dass die vom Kläger für den Fall einer Niederlage im vorliegenden Verfahren angekündigte wiederholte Klageerhebung „ungefähr mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass ein Ausschluss der Öffentlichkeit bei Stadtratssitzungen, zumindest bei Themen von besonderem Allgemeininteresse, einer rechtlichen Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterworfen ist“, unabhängig von der Frage, ob der Kläger eine individuelle Rechtsverletzung geltend machen kann, jedenfalls bereits mangels ausreichender Konkretisierung des Sachverhalts erfolglos bleiben muss.

2. Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage, „ob Art. 5 Abs. 1 GG auch in Bayern gilt“, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Sie ist nicht klärungsbedürftig, da sie im Verfahren nicht aufgeworfen wurde und im Übrigen ohne weiteres aus dem Gesetz zu beantworten ist.

Auch die weitere Frage, „ob Art. 5 Abs. 1 GG im Rahmen des Art. 52 GO dem Bürger einen subjektivrechtlichen Anspruch verleiht, sich aus der frei zugänglichen Quelle, der öffentlichen Gemeinderatssitzung, frei von staatlichen Eingriffen zu unterrichten“, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Sie ist bereits aufgrund der entgegenstehenden Rechtskraft des diese Frage verneinenden verwaltungsgerichtlichen Prozessurteils vom 16. März 2010 und der daraus folgenden Unzulässigkeit der vorliegenden identischen Klage nicht entscheidungserheblich. Im Übrigen würde sich die Frage so im Berufungsverfahren nicht stellen: Dass sich der Bürger aus einer öffentlichen Gemeinderatssitzung unterrichten darf, ist unbestritten, ebenso die Tatsache, dass in Art. 52 Abs. 2 GO Ausnahmen vom Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit vorgesehen sind. Streitig ist lediglich, ob Art. 52 GO dem Bürger eine subjektive Rechtsposition, d. h. ein einklagbares subjektivöffentliches Recht auf Herstellung der Öffentlichkeit bei Beratungen über bestimmte Tagesordnungspunkte vermittelt, die nach dem Willen des Gemeinderates Gegenstand einer nichtöffentlichen Beratung sein sollen.

3. Die vom Kläger erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) genügt bereits nicht den formellen Anforderungen des § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO. Relevant ist hierbei nur die Abweichung von einer Entscheidung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte. Die Formulierung „des Oberverwaltungsgerichts“ macht deutlich, dass es sich um eine Entscheidung des dem jeweiligen Verwaltungsgericht übergeordneten Oberverwaltungsgericht handeln muss; Abweichungen von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte rechtfertigen die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht.

4. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt auch kein Verfahrensfehler vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Der Kläger rügt einen Verstoß gegen die Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO und bringt dazu vor, der Vorsitzende habe in der mündlichen Verhandlung falsch behauptet, der in der Klageschrift vom 8. Januar 2014 enthaltene Klageantrag sei zu unbestimmt. Im Vertrauen auf diesen Hinweis habe er seinen Klageantrag geändert.

Damit ist ein Verfahrensmangel nicht dargetan, weil der Vorsitzende Richter zum einen dem Kläger keinen falschen Hinweis gegeben hat (s. o.) und zum anderen die Änderung des Klageantrags vom Kläger bereits lange vor der mündlichen Verhandlung angekündigt worden war (s. o.).

Im Übrigen durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass dem Kläger, der nach eigenen Angaben bereits seit drei Jahren als Rechtsanwalt tätig ist, die Wirkung und die Bedeutung seines Antrags bekannt war. Soweit er sich nicht in der Lage gesehen haben sollte, einen seinem Klagebegehren richtig Ausdruck verleihenden Antrag in der mündlichen Verhandlung zu formulieren, hätte er eine kurze Unterbrechung der Sitzung beantragen können. Der Kläger missversteht die Reichweite der richterlichen Hinweispflicht insbesondere gegenüber durch Rechtsanwälte vertretenen Parteien, wenn er der Vorschrift entnehmen will, dass ein Rechtsanwalt Anspruch darauf hätte, dass das Gericht für ihn einen sein Klageziel optimal bezeichnenden Klageantrag formuliert. Die Hinweispflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO darf nicht mit Rechtsberatung verwechselt werden; das gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter anwaltlich vertreten wird bzw. ein Anwalt in eigener Sache tätig wird. Das Gericht kann grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (BVerwG, B.v. 6.7.2001 - 4 B 50.01 - juris). Je konkreter der von einem qualifizierten Bevollmächtigten - hier einem Rechtsanwalt - gestellte Antrag ist, desto eher ist davon auszugehen, dass er das Gewollte zutreffend und punktgenau wiedergibt. An diesem Maßstab gemessen bedurfte es vorliegend keines richterlichen Hinweises darauf, dass der zuletzt in der mündlichen Verhandlung gestellte Klageantrag möglicherweise nicht dem eigentlichen Klageinteresse des Klägers entspreche. Wie aus der Niederschrift im Übrigen hervorgeht, hat das Gericht den Kläger jedenfalls darauf hingewiesen, dass der in der mündlichen Verhandlung zuletzt gestellte Klageantrag anders als der ursprünglich angekündigte Antrag ausschließlich bereits vergangene Stadtratssitzungen betreffe.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.