Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Jan. 2014 - M 16 K 12.3506

bei uns veröffentlicht am28.01.2014

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die erneute Entscheidung des Beklagten über seinen Antrag auf Erteilung einer isolierten Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in insgesamt sechs Betriebsstätten in ... und ...

Mit Bescheid vom ... Juni 2012, dem Klägerbevollmächtigten zugestellt am 29. Juni 2012, lehnte die Regierung der ... den Antrag des Klägers vom 11. Mai 2012 auf Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 GlüStV a. F. für drei Betriebsstätten in ... und jeweils eine Betriebsstätte in ... und ... ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Regierung der ... für den Erlass der Entscheidung nach § 24 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 AGGlüStV a. F. zuständig sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 Satz 1, § 24 GlüStV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV a. F. seien nicht sichergestellt bzw. nicht in vollem Umfang erfüllt. Dem Klägerbevollmächtigten sei im Mai 2012 eine Checkliste übersandt worden, um die Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV a. F. nachweisen zu können. Soweit Erlaubnisvoraussetzungen sicherzustellen seien, begründe dies eine entsprechende Darlegungslast des Klägers. Komme er seiner Mitwirkungspflicht nicht ordnungsgemäß nach, könne die Behörde den Antrag ohne weitere Ermittlungen von Amts wegen ablehnen. Der Kläger sei unzuverlässig, da er in zwei Betriebsstätten in ... Sportwetten, insbesondere Live-Wetten, vermittelt habe, obwohl er nicht im Besitz einer entsprechenden Erlaubnis und ihm spätestens mit Zusendung der Checkliste bekannt gewesen sei, dass eine solche Tätigkeit rechtlich unzulässig sei. Der Kläger halte sich nicht an das vom ihm im Rahmen der Antragstellung vorgelegte Sozialkonzept, das festlege, dass Live-Wetten nicht angeboten würden. Es seien bisher keine aktuellen Teilnahmebedingungen vorgelegt worden, die belegen würden, dass die Vermittlung von Sportwetten ordnungsgemäß durchgeführt werde. Von der Sicherstellung des Teilnahmeverbots Minderjähriger könne vorliegend nicht ausgegangen werden. Aus dem Sozialkonzept gehe nicht hervor, wie das Zutrittsverbot wirksam durchgesetzt werde. Zudem dürfe die Altersüberprüfung nicht von einer rein subjektiven Einschätzung des Personals abhängig gemacht werden. Die Gewährung von Auszahlungsboni und Nachlässen auf Wetteinsätze sei mit dem Grundsatz, dass Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht gezielt zur Teilnahme ermuntern dürfe, nicht vereinbar. Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger unzulässige Wetten anbiete. Soweit eine Vermittlung von Sportwetten an die Firma ... beabsichtigt sei, sei der Antrag schon deshalb nicht erlaubnisfähig, weil gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV a. F. die Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten eine Erlaubnis der zuständigen Behörde des Freistaates ... zur Veranstaltung von Sportwetten voraussetze, die die Firma ... nicht besitze. Die Firma ... habe in ... lediglich einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Veranstaltung von Online-Sportwetten gestellt. Dieses Verfahren sei auch nicht weiter betrieben worden. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung seien sowohl die Veranstaltung als auch die Vermittlung von Sportwetten durch Private erlaubnispflichtig. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV a. F. sei unabhängig von europarechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols weiterhin wirksam.

Mit bei Gericht am Montag, den 30. Juli 2012 eingegangenem Schriftsatz erhob der Klägerbevollmächtigte Klage und führte im Wesentlichen zur Begründung aus, dass die Klage nicht auf die Zulassung von Wettvermittlungsstellen der Konzessionsnehmer gemäß Art. 7 Abs. 1 und 3 AGGlüStV n. F. an den im Antrag genannten Standorten, sondern auf eine sonstige Vermittlung nach Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV n. F. abziele. Die Regierung der ... sei für isolierte Vermittlungserlaubnisse an einen nicht konzessionierten Veranstalter weiterhin gem. Art. 2 Abs. 5 Nr. 2 AGGlüStV n. F. zuständig. Hierdurch könne eine ...weit einheitliche Verwaltungspraxis hinsichtlich der Vergabe isolierter Vermittlungserlaubnisse sichergestellt werden, zumal auch die Erlaubnisfähigkeit des vermittelten Glücksspiels inzident überprüft würde. Die Erlaubnisfähigkeit einer Vermittlungstätigkeit hänge nicht davon ab, ob auch dem Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werden könne. Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV n. F. sei nicht einschlägig, da dieser nur auf Wettvermittlungsstellen der Konzessionsnehmer Anwendung finde. Der Beklagte könne dem Kläger nicht entgegenhalten, dass eine bayerische Erlaubnis für die Veranstaltung des Glücksspiels fehle, da die Anwendung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV n. F. angesichts des dadurch bewirkten Marktausschlusses für im EU-Ausland zugelassene Wettveranstalter gegen Art. 56 AEUV verstoße. Das Bundesverwaltungsgericht gehe in seinen Entscheidungen vom 16. Mai 2013 (8 C 16/12 u. a.) davon aus, dass die Untersagung eines unerlaubten Glücksspiels generell ausgeschlossen sei, soweit die Voraussetzungen für die Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis vorlägen, unabhängig davon, ob die Behörde die offensichtliche Erlaubnisfähigkeit anerkenne. Daraus folge, dass sich ein Wettvermittler auch in der vorliegenden Konstellation nicht nur auf die Duldung verlassen müsse, insbesondere soweit sich die Behörde rechtswidrig weigere, ein Erlaubnisverfahren durchzuführen, sondern einen Anspruch auf Erteilung bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf eine isolierte Vermittlungserlaubnis habe. Da die Vergabe von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten rechtswidrig verzögert werde und damit faktisch weiterhin ein verfassungs- und unionsrechtswidriges staatliches Monopol (§ 10 a Abs. 2, § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F.) bestehe, sei die Verweigerung der Erlaubniserteilung nicht legitim. In der Übergangszeit bis zur Konzessionsvergabe könne § 10 a Abs. 2 GlüStV n. F. unangewendet bleiben, soweit dies zur Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags erforderlich sei. Sollte der Gesetzgeber mit der Beschränkung des § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV n. F. das unionrechtswidrige staatliche Monopol perpetuieren wollen, so verstoße dies gegen Gemeinschaftsrecht. Im Übrigen sei das Angebot der staatlichen Sportwettenanbieter erweitert und die Werbung intensiviert worden. Auch die Begrenzung der Wettvermittlungsstellen könne einen kategorischen Marktausschluss nicht rechtfertigen, zumindest sei ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gegeben. Veranstalter und Vermittler von Sportwetten könnten nicht auf die gerichtliche Durchsetzung eines Konzessionierungsanspruchs verwiesen werden. Infolge der Unklarheiten hinsichtlich der behördlichen Zuständigkeit sei bisher noch keine Sachprüfung der vom Kläger eingereichten Antragsunterlagen nach vorliegend maßgeblicher, neuer Rechtslage erfolgt. Auch eine Aktualisierung der Antragsunterlagen sei bisher noch nicht geschehen. Der vor eineinhalb Jahren getroffenen Bewertung der Zuverlässigkeit des Klägers komme keine maßgebliche Bedeutung mehr zu, zumal sich wenige Tage nach Bescheidserlass gravierende Rechtsänderungen ergeben hätten, insbesondere Live-Wetten nunmehr grundsätzlich als zulässig erachtet würden und schon zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses angesichts der absehbaren Änderung der rechtlichen Voraussetzungen flächendeckend geduldet worden seien und weiterhin geduldet würden. Die Auffassung des Beklagten, gewöhnlich würde die Ausgestaltung der Wettvermittlung in Teilnahmebedingungen geregelt, sei falsch. Das im Jugendschutzkonzept beschriebene Zutrittsverbot werde vom Kläger konsequent beachtet. Für die Überprüfung des Alters sei maßgeblich das äußere objektive Erscheinungsbild. Die im Bescheid geäußerten Bedenken hinsichtlich des vorgelegten Sozialkonzepts würden zumindest keine vollständige Ablehnung rechtfertigen.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt zuletzt,

den Bescheid vom ... Juni 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung einer Vermittlungserlaubnis vom 11. Mai 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Vertreter des Beklagten beantragen unter Verweis auf die Bescheidsgründe,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde weiter ausgeführt, dass der Kläger nach altem und seit 1. Juli 2012 in Kraft getretenem neuen Glücksspielstaatsvertrag keinen Anspruch auf Erteilung einer isolierten Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten habe. Da nunmehr für das Verfahren zur Erteilung von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten Hessen zuständig und die Vermittlung in anderen Stellen als in Wettvermittlungsstellen nach Art. 7 Abs. 1 und 3 AGGlüStV n. F. nicht zulässig sei sowie die Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten ausschließlich vom Veranstalter als Konzessionsinhaber für die Vermittler von Sportwetten beantragt werden könne, fehle für die Klage das Rechtsschutzbedürfnis bzw. bestehe keine Klagebefugnis. Für eine Klage auf Erteilung einer Erlaubnis für die sonstige Vermittlung von Sportwetten im Sinne des Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV n. F. fehle es ebenfalls an der Klagebefugnis bzw. am Rechtschutzbedürfnis. Die Regierung der ... sei nach neuer Rechtslage (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV n. F.) nur noch für Anträge in ihrem eigenen Regierungsbezirk zuständig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung könne die Regierung der ... die begehrten Erlaubnisse nicht mehr erteilen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Sitzungsniederschrift sowie die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München ist örtlich zuständig.

Bei Anfechtungsklagen ist vorbehaltlich des § 52 Nummern 1 und 4 VwGO, die vorliegend nicht einschlägig sind, das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, erlassen worden, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat (§ 52 Nr. 3 Sätze 1 und 2 VwGO). Dies gilt gemäß § 52 Nr. 3 Satz 5 VwGO auch bei Verpflichtungsklagen. Für die Bestimmung der Zuständigkeit kommt es auf die Umstände im Zeitpunkt der Klageerhebung an (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG; Kraft in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 52 Rn. 7).

Die Regierung der ... hat den streitgegenständlichen Bescheid erlassen und war nach dem zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung am 30. Juli 2012 geltenden Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der seit 1. Juli 2012 geltenden Fassung (- AGGlüStV -; vgl. § 1 und § 4 Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Vorschriften vom 25.6.2012, GVBl. 2012 S. 270) ...weit für den Erlass der begehrten Erlaubnis zuständig.

Gemäß Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV ist die zuständige Behörde für die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 des ebenfalls zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (- GlüStV -; vgl. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GVBl. 2012 S. 318) zur Vermittlung von Glücksspielen durch Wettvermittlungsstellen die Regierung, in deren Bezirk die Wettvermittlung stattfinden soll, im Übrigen gemäß Art. 2 Abs. 5 Nr. 2 AGGlüStV die Regierung der...

Durch den zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag wurde das im Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland in der vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 geltenden Fassung geregelte staatliche Monopol für die Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten gelockert. Im Rahmen einer Experimentierklausel wird durch die bundesweit einheitliche Vergabe von in ihrer Anzahl beschränkten Konzessionen an private Veranstalter von Sportwetten die Öffnung des Sportwettenmarktes erprobt (§ 10 a i. V. m. §§ 4 a bis 4 e GlüStV; vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 18). Die in diesem Rahmen konzessionierten Veranstalter von Sportwetten beantragen gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 a Abs. 5 Satz 2 2.Halbsatz GlüStV die nach § 10 a Abs. 5 Satz Satz 2 1.Halbsatz, § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten für die für sie tätigen Vermittler. Vorliegend begehrt der Kläger die erneute Entscheidung der Behörde über den Antrag auf Erteilung einer isolierten Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten in den streitgegenständlichen Betriebsstätten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dies hat der Klägerbevollmächtigte in seinen Schriftsätzen vom 30. Juli 2012 und 24. Januar 2014 ausdrücklich klargestellt. Das Begehren richtet sich somit nicht auf die erneute Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer dem Konzessionsverfahren nachfolgenden Vermittlungserlaubnis, sondern auf die Erteilung einer Vermittlungserlaubnis unabhängig und losgelöst vom Verfahren auf Vergabe einer Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten. Unabhängig davon, ob dem Kläger ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis zusteht und ob der Glücksspielstaatsvertrag eine solche isolierte Vermittlungserlaubnis überhaupt vorsieht, ist für die vom Kläger begehrte Entscheidung die Regierung der ... bisher (vgl. Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 AGGlüStV in der bis zum 30. Juni 2012 geltenden Fassung) - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt - und zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung nach dem Auffangtatbestand des Art. 2 Abs. 5 Nr. 2 AGGlüStV örtlich zuständig. Eine Zuständigkeit der Regierungen, in denen die jeweiligen streitgegenständlichen Betriebsstätten liegen (Regierung von Schwaben und Regierung von Oberbayern), nach Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV und somit eine Zuständigkeit der Gerichte, in deren Bezirk die jeweils zuständigen Regierungen ihren Sitz haben (§ 52 Nr. 5 VwGO), ist ausgeschlossen, da der Kläger gerade unter Verweis auf Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV eine isolierte Vermittlungserlaubnis begehrt, von dieser Zuständigkeitsregelung aber nur Erlaubnisse für Wettvermittlungsstellen erfasst sind. Vom Begriff Wettvermittlungsstellen sind nur solche Betriebsstätten umfasst, die an einen Veranstalter vermitteln, der im Rahmen des ländereinheitlichen Verfahrens nach § 10 a i. V. m. §§ 4 a ff. GlüStV eine Konzession erhalten hat (vgl. LT-Drs. 16/12192 S. 11 unter Verweis auf § 10 a Abs. 5 GlüStV und Art. 7 AGGlüStV). Auf die Auslegung des Antrags durch die Behörde kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, da bei einer Verpflichtungsklage maßgeblich für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts nach § 52 Nr. 3 Sätze 2 und 5 VwGO die nach den Gesetzen festgelegte behördliche Zuständigkeit ist. Da vorliegend die Regierung der ... ..weit zuständig ist, ist der Wohnsitz des Klägers für die Bestimmung des zuständigen Gerichts maßgeblich. Danach ist das Bayerische Verwaltungsgericht München zuständig, da der Kläger seinen Wohnsitz in Oberbayern hat.

Die Klage ist zulässig. Der von dem Beklagten erhobene Einwand, dem Kläger fehle die Klagebefugnis, da nach § 29 Abs. 2 Satz 2, § 10 a Abs. 5 Satz 2 VwGO lediglich der konzessionierte Veranstalter einen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Vermittlung für den Vermittler stellen könne, greift vorliegend nicht durch, da sich das Begehren des Klägers gerade auf die Erteilung einer Vermittlungserlaubnis außerhalb des Konzessionsverfahrens richtet.

Die Klage bleibt aber in der Sache erfolglos. Der Bescheid des Beklagten vom ... Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht kein Anspruch auf erneute Entscheidung des Beklagten über seinen Antrag auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis für die streitgegenständlichen Betriebsstätten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu (§ 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO).

Die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblichen Regelungen des seit 1. Juli 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages sehen die Möglichkeit der Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis außerhalb des ländereinheitlichen Verfahrens nach § 10 a, §§ 4 a ff. GlüStV nicht vor.

Dem Wortlaut der § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Satz 2 GlüStV kann im Rahmen einer Gesamtbetrachtung entnommen werden, dass isolierte Vermittlungserlaubnisse außerhalb des Konzessionsmodells gesetzlich nicht vorgesehen sind (vgl. VG Hamburg, B. v. 29.4.2013 - 4 E 331/12). § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV stellt klar, dass die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele ohne Erlaubnis verboten ist und normiert mit § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ein generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwGO legt ergänzend fest, dass die Erlaubnis für das Vermitteln eines öffentlichen Glücksspiels nicht erteilt werden darf, soweit es selbst nicht erlaubt ist.

Auch die Systematik der Ausgestaltung der Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten im Glücksspielstaatsvertrag schließt die Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis für Sportwetten aus. Nach der Konzeption des § 10 Abs. 2 und 3 GlüStV ist primär staatlichen Stellen die Veranstaltung und Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen und somit auch von Sportwetten vorbehalten. Gemäß § 10 Abs. 6 GlüStV dürfen anderen als den in Abs. 2 und 3 Genannten nur die Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts des Glücksspielstaatsvertrages erlaubt werden. Nach dieser Vorschrift ist es privaten Unternehmen grundsätzlich lediglich erlaubt, Lotterien mit geringem Gefährdungspotential, nicht aber Sportwetten zu veranstalten. Durch die Regelung des § 10 a Abs. 1 GlüStV, der zur Erprobung die Vorschrift des § 10 Abs. 6 GlüStV auf das Veranstalten von Sportwetten für einen Zeitraum von sieben Jahren ab Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages für nicht anwendbar erklärt, wird von diesem Grundsatz eine Ausnahme normiert. Mit dieser Ausnahmeregelung für die Veranstaltung von Sportwetten durch Private korrespondiert die Klarstellung in § 10 a Abs. 5 Satz 2 1.Halbsatz GlüStV, wonach die Vermittlung von durch konzessionierte private Unternehmer veranstaltete Sportwetten der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV bedarf. Ebenso kommt in Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV, der regelt, dass eine Vermittlung von Sportwetten in anderen Stellen als in Wettvermittlungsstellen nach Abs. 1 und 3 nicht zulässig ist (vgl. LT-Drs. 16/12192 S. 13), die Konzeption des Glücksspielstaatsvertrag und des bayerischen Ausführungsgesetzes hinsichtlich des Sportwettenangebots zum Ausdruck, dass unabhängig und losgelöst vom Konzessionsverfahren keine Vermittlungserlaubnisse erteilt werden dürfen. Die Intention der Regelungen des Glücksspielsstaatsvertrages ist, dass es keine Vermittlungsstellen ohne Einbindung in die Vertriebsorganisation eines Veranstalters mehr geben soll. Es wird deutlich, dass eine Vermittlungserlaubnis lediglich im Rahmen der konzessionierten Veranstaltung erteilt werden kann, zumal anderenfalls das vom Gesetzgeber auch im Hinblick auf die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten (vgl. § 4 a Abs. 1 Satz 2 GlüStV) gewollte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterlaufen würde (vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 23).

Für diese Bewertung spricht auch der Zweck, der mit der Experimentierklausel mit Konzessionsmodell für Sportwetten verfolgt wird. Angesichts des umfangreichen Schwarzmarktes auf dem Gebiet der Sportwetten soll dort vom bisherigen staatlichen Veranstaltungsmonopol abgewichen werden. Durch das Konzessionsmodell soll gerade ein kontrolliertes Angebot privater Unternehmer durch hohe Auflagen und staatliche Kontrolle gewährleistet werden, etwa werden die dem Konzessionsnehmer auferlegten Verpflichtungen durch die jeweils zuständige Behörde überwacht, die ggf. aufsichtliche Maßnahmen ergreifen kann (vgl. § 4 e GlüStV). Zweck ist eine Kanalisierung, nicht aber eine Ausweitung des Marktes (vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 18). Der Durchsetzung dieses Ziels dienen auch die lediglich begrenzte Zahl an bundesweit zuzulassenden Anbietern (§ 10 a Abs. 3, § 4 a Abs. 3 GlüStV; vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 18) und die Begrenzung der Wettvermittlungsstellen in ... auf maximal 400 gemäß § 10 a Abs. 5 Satz 1 GlüStV i. V. m. Art. 7 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV nach Erteilung der maximal 20 Konzessionen. Der Einwand des Bevollmächtigten des Klägers, der Verweis auf Art. 7 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV rechtfertige nicht den Ausschluss der Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis für Sportwetten und die Begrenzung könne auch bei Erteilung von isolierten Vermittlungserlaubnissen, etwa durch Nebenbestimmungen, gewährleistet werden, greift angesichts der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele im Allgemeinen und der mit der Einführung eines Konzessionsmodells zu verwirklichenden Zwecke im Besonderen nicht durch. Die Frage der konkreten Ausgestaltung der Erteilung stellt sich nicht, soweit überhaupt keine Anspruchsgrundlage für den Erlass einer isolierten Vermittlungserlaubnis besteht.

Auch steht der Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV entgegen. Danach setzt eine Erlaubnis für das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele eine Erlaubnis für die Veranstaltung dieser Glücksspiele durch die zuständigen Behörden des Freistaates ... voraus. Danach kann keinesfalls eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden, ohne im Besitz einer Veranstaltungserlaubnis zu sein (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.2013 - 10 CE 13.1371 - juris Rn. 43). Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei der Vermittlung von Glücksspielen die Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht nur isoliert hinsichtlich der jeweiligen Vermittlertätigkeit, sondern auch hinsichtlich des jeweils vermittelten Glücksspiels zu gewährleisten ist (vgl. LT-Drs. 15/8601 S. 8 und BayVGH, U. v. 20.9.2011 - 10 BV 10.2449 - juris Rn. 20 zur identischen Vorschrift des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV in der vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 geltenden Fassung). Art. 2 Abs. 2 Satz 2 AGGlüStV stellt klar, dass eine Erlaubnis im ländereinheitlichen Konzessionsverfahren auch mit Wirkung für... erteilt wird, also einer Erlaubnis einer bayerischen Behörde gleichsteht (vgl. LT-DRs. 16/12192 S. 11). Die Ergänzung trägt der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages Rechnung, die ländereinheitlich, mit Wirkung für alle Bundesländer erteilte Konzessionen den Erlaubnissen durch die zuständigen Länderbehörden nach § 4 Abs. 1 GlüStV gleichstellt (vgl. LT-Drs. 16/12192 S. 11; LT-Drs. 16/11995 S. 23), zumal es grundsätzlich mit Ausnahme der ländereinheitlichen Verfahren nach § 9 a GlüStV bei der Regelung verbleibt, dass Erlaubnisse nach § 4 Abs. 1 GlüStV nur für das Gebiet des jeweiligen Landes oder einen Teil dieses Gebietes erteilt werden (§ 9 Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Der Wille der Vertragsparteien aber ging nicht dahin, wie der Klägerbevollmächtigte vorträgt, einen Anspruch auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis zu normieren, zumal dies der Intention des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, der schon im Glücksspielstaatsvertrag in der vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2012 geltenden Fassung in gleicher Weise geregelt war, widersprechen und der oben aufgezeigten Konzeption des Sportwettenangebots im Glücksspielstaatsvertrag (vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 18) zuwiderlaufen würde.

Auch der weitere Vortrag des Bevollmächtigten des Klägers vermag einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis nicht zu begründen. Unabhängig von der rechtlichen Beurteilung des tatsächlichen Ablaufs des Konzessionsverfahrens vor der zuständigen Behörde in Hessen vermag dieser Umstand das vom Kläger geltend gemachte Begehren nicht zu rechtfertigen. Das Konzessionsvergabeverfahren ist hier nicht entscheidungserheblich, da vorliegend Streitgegenstand eine isolierte Vermittlungserlaubnis ist, wohingegen das ländereinheitliche Verfahren ausschließlich die Erteilung von Erlaubnissen zur Veranstaltung von Sportwetten zum Gegenstand hat und wegen der Regelung des § 10 a Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 29 Abs. 2 Satz 2 GlüStV, der festlegt, dass nur der konzessionierte Veranstalter für den Vermittler die Erteilung einer Vermittlungserlaubnis beantragen kann, lediglich mittelbar Auswirkungen auf die Erteilung einer dem Konzessionsverfahren nachfolgenden Vermittlungserlaubnis hat. Es zeitigt aber keinerlei Rechtsfolgen für eine isolierte Vermittlungserlaubnis, die der Glücksspielstaatsvertrag nicht vorsieht.

Unabhängig davon, wie der Einwand des Klägerbevollmächtigten, angesichts der Übergangsfrist für den staatlichen Sportwettenanbieter „Oddset“ nach § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV, der bis ein Jahr nach der Erteilung der ersten Konzession nach § 10 a Abs. 1, § 4 c GlüStV weiterhin im Gegensatz zu den privaten Anbietern, die in einem siebenjährigen Zeitraum ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags lediglich mit Konzession Sportwetten veranstalten dürfen (§ 10 a Abs. 3 GlüStV), Sportwetten veranstalten und vermitteln darf, bestehe in Ermangelung der Erteilung von Konzessionen faktisch weiterhin ein staatliches Monopol, zu bewerten ist, kann hieraus kein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis begründet werden. Es ist fraglich, ob die Feststellungen der Rechtsprechung für den Fall, dass die Behörde bei Unionrechtswidrigkeit der ein staatliches Sportwettenmonopol normierenden Regelungen mangels Kohärenz verpflichtet ist, Erlaubnisanträge Privater auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und ggf. nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (vgl. EuGH, U. v. 24.1.2013 - Rs. C-186/11 u. a. - Stanleybet u. a. - juris Rn. 39 ff.; BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 42/12 - juris Rn. 32; U. v. 20.6.2013 - 8 C 10/12 - juris Rn. 68), auf den Fall eines faktischen Fortbestehens des staatlichen Sportwettenmonopols übertragbar sind. Jedenfalls würde auch bei Annahme eines faktischen staatlichen Monopols nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kein Anspruch auf eine isolierte Vermittlungserlaubnis begründet werden. Zum einen ist der jeweilige Mitgliedsstaat auch bei der Unvereinbarkeit des staatlichen Monopols mit Gemeinschaftsrecht, wenn er eine Liberalisierung des Glücksspielmarkts, etwa durch die Erteilung von Erlaubnissen zur Vermittlung von Sportwetten durch Private, mit dem von ihm angestrebten Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung nicht für vereinbar hält, nicht zu einer derartigen Liberalisierung und somit zur Vergabe von isolierten Erlaubnissen verpflichtet (EuGH, U. v. 24.1.2013 - Rs. C-186/11 u. a. - Stanleybet u. a. - juris Rn. 46). Unabhängig von einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit eines staatlichen Wettmonopols - sei es normiert, sei es faktisch - bleiben der Erlaubnisvorbehalt in § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und ebenso die entsprechenden Regelungen des AGGlüStV, etwa Art. 2 Abs. 2 Satz 1 AGGlüStV, davon unberührt (vgl. BayVGH, U. v. 20.9.2011 - 10 BV 10.2449 - juris; U. v. 7.2.2012 - 10 CS 11.1212 - juris). Dieser wiederum normiert gerade, dass eine Vermittlungserlaubnis ohne Vorliegen einer Veranstaltungserlaubnis nicht erteilt werden kann. Zum anderen liegt auch bei der Annahme des Bestehens eines faktischen Monopols keine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vor, soweit die Tätigkeit der Sportwettenanbieter jedenfalls von den Behörden geduldet wird. Aus den gerichtlichen Entscheidungen, die von der Rechtswidrigkeit von Untersagungsverfügungen aufgrund der Annahme eines tatsächlichen Hindernisses durch das andauernde Konzessionsverfahren für die Erteilung von Vermittlungserlaubnissen ausgehen, kann kein Anspruch auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber hergeleitet werden (vgl. VG Hamburg, B. v. 29.4.2013 - 4 E 331/12; OVG NW, B. v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 5 f.; OVG Saarl, U. v. 6.12.2012 - 3 B 268/12 - juris Rn. 10; OVG Berlin-Bbg, B. v. 24.8.2012 - OVG 1 S 44.12 - juris Rn. 3; a. A. VG Regensburg, B. v. 13.12.2013 - RN 5 K 13.1434 - juris Rn. 4: auch während des laufenden Konzessionsverfahrens bleibt die Vermittlung von Sportwetten unerlaubt und kann untersagt werden; unklar OVG RhPf, U. v.10.9.2013 - 6 A 10448/13 - juris Rn. 32 f.). Diese haben ausschließlich Untersagungsverfügungen zum Gegenstand und enthalten keine Aussage darüber, ob eine isolierte Vermittlungserlaubnis rechtlich zulässig ist und welche Voraussetzungen ggf. erfüllt sein müssen (vgl. VG Hamburg, B. v. 29.4.2013 - 4 E 331/12; OVG NW, B. v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 5 f.; OVG Saarl, U. v. 6.12.2012 - 3 B 268/12 - juris Rn. 10; OVG Berlin-Bbg, B. v. 24.8.2012 - OVG 1 S 44.12 - juris Rn. 3). Vielmehr stellt das VG Hamburg (S. 14) ausdrücklich fest, dass zwar eine tatsächliche Unmöglichkeit der Erlangung einer Erlaubnis angesichts des noch laufenden Konzessionsverfahrens einer Untersagungsverfügung entgegensteht, allerdings ist diese Begründung gerade darauf gestützt, dass die Erlaubniserteilung zur Vermittlung von bisher nicht konzessionierten Sportwetten ausgeschlossen und den Betroffenen eine formelle Legalisierung eines vielmehr unerlaubt veranstalteten Glücksspiels verwehrt ist (vgl. auch OVG Saarl, U. v. 6.12.2012 - 3 B 268/12 - juris Rn. 10: „vorher wäre ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis aussichtslos“; VG Regensburg, B. v. 13.12.2013 - RN 5 K 13.1424 - juris Rn. 4). Die fehlende Möglichkeit der Erteilung einer isolierten Vermittlungstätigkeit schlägt somit allenfalls auf die Rechtfertigung einer Untersagungsverfügung durch, begründet aber keinen Anspruch auf Erteilung einer isolierten, ggf. bis Abschluss des Konzessionsverfahrens befristeten Erlaubnis. Dem Ziel der Vertragsparteien, eine umfassende Regelung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen zu schaffen und die Glücksspielangebote zum Schutz der Spieler und der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels strikt zu regulieren (vgl. LT-Drs. 16/11995 S. 17, S. 25), würde es zuwiderlaufen, wenn eine Vermittlung von Sportwetten durch Private erlaubnisfähig wäre, für deren Veranstaltung (bisher) aber keine Konzession erteilt wurde (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV; vgl. VG Hamburg, B. v. 29.4.2013 - 4 E 331/12). Auch der umfassende Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV sowie die Vermeidung des Unterlaufens des Konzessionsverfahrens und dessen Schutz gebieten eine solche Sichtweise. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Legalisierung einer vielmehr nicht erlaubnisfähigen Tätigkeit. Für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch Anbieter, die sich überhaupt nicht am Konzessionsverfahren beteiligen, scheidet die Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis aus, weil sie sich vollständig außerhalb des vorgegebenen Systems bewegen und das andauernde Konzessionsverfahren keinerlei tatsächliche Auswirkungen auf ihre Tätigkeit hat, zumal sie auch nach Abschluss des Konzessionsverfahrens nach den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages (vgl. § 29 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 10 a Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz GlüStV) keine Erlaubnis erhalten können.

Aus den genannten Gründen geht auch der Einwand des Bevollmächtigten des Klägers, durch die Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis solle nur der Zustand legalisiert werden, der sowieso von der Behörde geduldet werden müsse, fehl. Auch die vom Klägerbevollmächtigten in diesem Zusammenhang benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 16.5.2013 - 8 C 16/12 u. a.) betreffen ausschließlich Untersagungsverfügungen und deren Voraussetzungen. Den dabei gemachten Feststellungen zur Erlaubnisfähigkeit ist aber keine Aussage darüber zu entnehmen, ob eine isolierte Vermittlungserlaubnis rechtlich zulässig ist. Im Übrigen stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich fest, dass grundsätzlich, solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, die Untersagung möglich ist (vgl. U. v. 16.5.2013 - 8 C 16/12 - juris Rn. 56 a. E.).

Da dem Kläger kein Anspruch auf erneute Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer isolierten Vermittlungserlaubnis zusteht, kann dahinstehen, ob er die Erlaubnisvoraussetzungen der § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV erfüllt.

Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17


(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 4


Für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Mitglieder und drei Vertreter des für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 zuständigen Spruchkörpers bestimmt das

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Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Für die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Die Mitglieder und drei Vertreter des für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 zuständigen Spruchkörpers bestimmt das Präsidium jeweils für die Dauer von vier Jahren. Die Mitglieder und ihre Vertreter müssen Richter auf Lebenszeit sein.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, in der Betriebsstätte B. Straße ... in W. Sportwetten zu vermitteln.

2

In diesem Lokal betrieb die Klägerin die Vermittlung von Oddset-Wetten an die I. Ltd. (I. Ltd.) in G., ohne dafür über eine im Inland erteilte Erlaubnis zu verfügen. Nach Anhörung der Klägerin untersagte ihr das Landratsamt M. am Inn mit Bescheid vom 25. Juli 2006, in der Betriebsstätte Sportwetten ohne die erforderliche Erlaubnis anzunehmen, zu veranstalten und zu vermitteln, und forderte sie unter Androhung eines Zwangsgelds in Höhe von 1 000 € pro Betriebstag auf, die Vermittlung mit Ablauf des Tages nach Zustellung des Bescheides einzustellen. Zur Begründung verwies der Bescheid auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i.V.m. § 284 StGB. Das Verbot sei verhältnismäßig, da eine Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne.

3

Die Klägerin erhob hiergegen fristgerecht Widerspruch. Ihr Eilantrag hatte in Bezug auf die Zwangsgeldandrohung Erfolg. Mit Änderungsbescheid vom 20. September 2006 erließ das Landratsamt eine neue Zwangsgeldandrohung in Höhe von 1 000 € für den Fall, dass der Betrieb nicht bis zum 21. September 2006 eingestellt werde. Auch dagegen erhob die Klägerin Widerspruch.

4

Bei einer Überprüfung am 28. September 2006 wurde festgestellt, dass in der Betriebsstätte weiterhin Sportwetten abgeschlossen werden konnten. Daraufhin stellte das Landratsamt das Zwangsgeld fällig und erließ eine weitere Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2 000 €. Mit Schreiben vom 7. November 2006 erklärte die Klägerin, sie werde die Vermittlung einstellen und die Filiale mit Ablauf des 14. November 2006 schließen.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2006 wies die Regierung von Oberbayern die Widersprüche gegen die Bescheide vom 25. Juli und 20. September 2006 zurück. Die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten durch die Klägerin erfülle jedenfalls den objektiven Tatbestand des § 284 i.V.m. § 27 StGB. Ob eine strafrechtliche Verurteilung möglich sei und auch subjektiv ein strafbares Verhalten vorgeworfen werden könne, sei unerheblich. Daneben könne die Anordnung auch auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Lotteriestaatsvertrages (LottStV) gestützt werden. Die Maßgaben, unter denen die bisherige Rechtslage nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts anwendbar bleibe, seien in Bayern erfüllt. Ermessensfehler lägen nicht vor.

6

Am 22. Januar 2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, die Untersagung sei auch nach den zum 1. Januar 2008 in Kraft tretenden Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags rechtswidrig. Sie habe das Zwangsgeld am 2. Februar 2007 gezahlt, könne aber weiterhin auf ihre frühere Betriebsstätte zugreifen.

7

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 13. November 2008 abgewiesen. Die Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides sei nach damaliger wie nach neuer Rechtslage rechtmäßig. Eine formell illegale Vermittlung dürfe unabhängig von der Anwendbarkeit der Monopolregelung untersagt werden.

8

Während des Berufungsverfahrens hat das Landratsamt am 25. Januar 2012 die angefochtene Untersagungsverfügung vom 25. Juli 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 durch einen neuen, auf § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV gestützten Bescheid ersetzt. Daraufhin hat die Klägerin erklärt, weder dieser neue Bescheid noch die Zwangsgeldandrohung vom 29. September 2006 sollten in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 25. Juli 2006, geändert durch Bescheid vom 20. September 2006, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 mit Wirkung bis zum Ergehen des Bescheides des Beklagten vom 25. Januar 2012 aufzuheben.

9

Mit Urteil vom 26. Juni 2012 hat der Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Änderungs- und des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Wegen der Beitreibung des Zwangsgeldes habe sich die Anfechtung der Untersagung und der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung nicht erledigt. Der Bescheid vom 25. Januar 2012 ersetze die frühere Untersagungsverfügung nur mit Wirkung für die Zukunft. Im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 25. Januar 2012 könne die Untersagung nicht auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt werden, weil ihre Begründung mit dem Sportwettenmonopol ermessensfehlerhaft sei. Der Beklagte sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen. Diese Regelung verletze Unionsrecht. Sie schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein. Wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels sei sie nicht geeignet, kohärent und systematisch zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes beizutragen. Das Monopol unter dem am 31. Dezember 2007 ausgelaufenen Lotteriestaatsvertrag sei nicht anders zu beurteilen. Auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit seiner Anwendung komme es wegen des Unionsrechtsverstoßes nicht an. Ein intendiertes Ermessen liege nicht vor. Es könne nur bei Anwendbarkeit der Monopolvorschriften angenommen werden. Die Behörde habe ihre Ermessensausübung auch nicht nachträglich korrigiert und die Untersagung insbesondere nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts gerechtfertigt. Unabhängig davon sei ein Nachschieben solcher Gründe nach § 114 Satz 2 VwGO unzulässig. Außerdem sei eine Untersagung nur verhältnismäßig, wenn feststehe, dass die Tätigkeit materiell nicht erlaubnisfähig sei.

10

Der Beklagte macht mit seiner Revision geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unrichtig angewendet und übersehen, dass die Anwendung der Monopolregelung in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 wegen der Erfüllung der bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben auch unionsrechtskonform gewesen sei. Jedenfalls stünden die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit einer Untersagung nicht entgegen, wenn diese den gesetzgeberischen Spielraum für eine beabsichtigte Reform des Monopols sichern solle. Dazu regt der Beklagte eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union an. Für die vorgeschlagene Formulierung der Vorlagefrage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16. April 2013 verwiesen. In diesem Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit er den Zeitraum vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 betrifft.

11

Der Beklagte beantragt nunmehr,

bezüglich des nicht von der Teilerledigung betroffenen Zeitraums bis zum 2. Februar 2007 das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2008 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - für die Zeit vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. November 2008 sind insoweit wirkungslos.

15

Bezüglich des noch nicht erledigten Teils des Streitgegenstandes ist die Revision des Beklagten unbegründet. Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof der Berufung der Klägerin zu Recht stattgegeben. Zwar beruht seine Entscheidung auf einer teils unzutreffenden Konkretisierung des unionsrechtlichen Kohärenzerfordernisses. Seine Annahme, der Bescheid vom 25. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 sei im Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 wegen eines Verstoßes gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) rechtswidrig gewesen und habe die Klägerin in ihren Rechten verletzt, erweist sich aber aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

16

1. Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den verfahrensgegenständlichen Zeitraum die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO für zulässig gehalten. Ihre Statthaftigkeit ist nicht wegen endgültiger Erledigung des angefochtenen Bescheides entfallen. Das angegriffene Urteil geht revisionsrechtlich fehlerfrei davon aus, dass die neue Untersagungsverfügung vom 25. Januar 2012 und die damit verbundene Zwangsgeldandrohung den Bescheid vom 26. Juli 2006 in der Gestalt des dazu ergangenen Änderungs- und Widerspruchsbescheides nicht aufgehoben, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft ersetzt haben. Ob der Bescheid vom 26. Juli 2006 sich für den Zeitraum vom 3. Februar 2007 bis zum 25. Januar 2012 erledigt hat, kann offenbleiben, weil das Verfahren insoweit eingestellt wurde. Für den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 26. Juli 2006 bis zum 2. Februar 2007 ist jedenfalls noch keine Erledigung eingetreten. Allerdings erledigen sich glücksspielrechtliche Untersagungen als Dauerverwaltungsakte regelmäßig von Tag zu Tag fortlaufend für die jeweilige Vergangenheit, da ein Verbot nicht rückwirkend befolgt oder missachtet werden kann. Doch tritt keine Erledigung ein, wenn und soweit die Untersagung für einen inzwischen abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet (Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - Rn. 18; Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 ). Das ist der Fall, wenn sie - wie hier - die Rechtsgrundlage eines Vollzugsakts bildet, der bei ihrer Aufhebung rückgängig zu machen ist. Die Untersagungsverfügung vom 25. Juli 2006 liegt der Verwaltungsvollstreckung mittels Zwangsgeldes zugrunde, die mit dessen Einziehung am 2. Februar 2007 endete. Die mit der Untersagung verbundene, mit Änderungsbescheid vom 20. September 2006 modifizierte Zwangsgeldandrohung hat sich ebenfalls noch nicht erledigt. Sie entfaltet nach wie vor rechtliche Wirkung als Grundlage der Fälligstellung und Einziehung des von der Klägerin gezahlten Zwangsgeldes. Werden die Untersagung und die Zwangsgeldandrohung aufgehoben, entfällt nachträglich der Rechtsgrund für die Zwangsgelderhebung, so dass die Klägerin die Rückabwicklung der Zahlung verlangen kann.

17

2. Der Verwaltungsgerichtshof ist auch im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Anfechtungsklage bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums begründet ist. Der Bescheid vom 25. Juli 2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 20. September 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2006 waren in der Zeit bis zum 2. Februar 2007 rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

18

Für die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung ist unerheblich, ob als Ermächtigungsgrundlage Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. §§ 284, 27 StGB oder die im Widerspruchsbescheid alternativ herangezogene Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LottStV einschlägig war. Zwar sind die Tatbestandsvoraussetzungen beider Regelungen erfüllt, weil die Klägerin Sportwetten vermittelte, obwohl weder sie selbst noch das Wettunternehmen, dessen Wetten sie vertrieb, über eine inländische Erlaubnis verfügten. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielrechts war der Beklagte auch nicht verpflichtet, die dem Wettunternehmen in G. erteilte Erlaubnis anzuerkennen.

19

Die Entscheidung, die hiernach unerlaubte Tätigkeit zu untersagen, stand nach beiden Ermächtigungsgrundlagen im Ermessen des Beklagten. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass dieser sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Hiergegen wendet sich die Revision des Beklagten ohne Erfolg. Eine Ermessensausübung war auch nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum des Beklagten auf Null reduziert und dieser zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre. Ein intendiertes Ermessen und eine Ermessensreduzierung auf Null hat der Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich fehlerfrei verneint.

20

Der Beklagte hat seine Ermessensentscheidung, die unerlaubte Tätigkeit der Klägerin zu verbieten, im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass die erforderliche Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne. Das ergibt sich aus der berufungsgerichtlichen Auslegung des Bescheides, die revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Der Widerspruchsbescheid modifiziert die ursprünglichen Erwägungen im Ausgangsbescheid nur insoweit, als er zur Rechtfertigung des Einschreitens auf die Erfüllung der Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <319>) verweist. Dabei stellt er nicht auf monopolunabhängige Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr ab, sondern nach wie vor maßgeblich auf die fehlende Erlaubnisfähigkeit einer Vermittlung an andere Unternehmen als den Monopolanbieter.

21

Diese Erwägungen waren rechtsfehlerhaft, da sie zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung (vgl. § 5 Abs. 4 LottStV) ausgingen. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, war die Monopolregelung unanwendbar, weil sie den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen nicht genügte und deshalb die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte (a). Zwar hat das Berufungsgericht insofern allein auf Umstände abgestellt, die diesen Schluss nicht rechtfertigen (b). Seine Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (c). Das kann der Senat beurteilen, ohne dass es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedürfte (d).

22

a) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 ).

23

Das staatliche Sportwettenmonopol, das im Freistaat Bayern bis zum 30. Dezember 2007 nach Maßgabe des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 (Lotteriestaatsvertrag) - LottStV - (BayGVBl S. 230) und des Gesetzes über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten vom 29. April 1999 - Staatslotteriegesetz - (BayGVBl S. 226) ausgestaltet war, beschränkte die Dienstleistungsfreiheit. Da es die Veranstaltung von Sportwetten dem staatlichen Monopolträger vorbehielt, ließ es eine Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter im EU-Ausland nicht zu.

24

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass diese Beschränkung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden konnte, weil sie unverhältnismäßig war. Er hat auch zutreffend angenommen, dass das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot eine kohärente Ausgestaltung des Monopols verlangt, und dass sich innerhalb des Kohärenzgebots zwei Anforderungen unterscheiden lassen. Der Mitgliedstaat muss zum einen unionsrechtlich legitime Ziele - wie etwa den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen - im Anwendungsbereich der Regelung tatsächlich verfolgen. Er darf nicht "scheinheilig" legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8096 Rn. 88 ff. sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O.; vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 82 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272).

25

b) Das Berufungsgericht hat allein auf die zweite Anforderung des Kohärenzgebots abgestellt, dabei aber unzutreffend angenommen, dass sie eine systematisch am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte, aufeinander abgestimmte Regelung sämtlicher Glücksspielbereiche verlangt. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht zur Prüfung der Geeignetheit des Monopols eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit mindestens gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2004, I-1932 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45 f., 58). Dies gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Befugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

26

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

27

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

28

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Monopolregelung sei inkohärent gewesen, trifft für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 jedoch aus anderen Gründen zu. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (- 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) ist davon auszugehen, dass das bayerische Sportwettenmonopol unter dem Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LottStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an den mit ihm verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet wurde (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Solcher Regelungen hätte es auch zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit bedurft. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum.

29

Wie das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen ausführt, gewährleistete die rechtliche Ausgestaltung des Wettmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht ausreichend, dass das staatliche Wettangebot konsequent in den Dienst einer aktiven Suchtbekämpfung gestellt wurde und ein Konflikt mit fiskalischen Interessen des Staates nicht zu deren Gunsten ausging. Art. 4 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) enthielt nur rudimentäre Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Monopolangebots, wobei die Verpflichtung zur Ausschüttung von mindestens der Hälfte des Spielkapitals für Oddset-Wetten nicht galt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 12). Den Vorschriften des Lotteriestaatsvertrags, der in Bayern mit Ausführungsgesetz vom 23. November 2004 (BayGVBl S. 442) umgesetzt wurde, waren ebenfalls keine ausreichenden Regelungen zur konsequenten Ausrichtung des Monopols an den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu entnehmen. Insbesondere fehlten Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Verfassungs- wie unionsrechtlich war Werbung für das Monopolangebot mit den legitimen Zielen des Monopols nur zu vereinbaren, wenn sie sich auf sachliche Hinweise und Informationen über legale Gelegenheiten zum Wetten beschränkte und die vorhandene Nachfrage kanalisierte. Dagegen durfte sie nicht expansiv auf eine Vergrößerung der Nachfrage gerichtet sein und zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntern oder anreizen. Unzulässig war deshalb insbesondere, dem Wetten durch Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung der Einnahmen ein positives Image zu verleihen oder die Anziehungskraft des Wettens durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103, 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f. sowie vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - juris Rn. 68 f.; BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313 f., 318; vgl. zum Gleichlauf der verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen a.a.O. S. 316). Die Erfüllung dieser Anforderungen war seinerzeit rechtlich nicht gesichert. Die einschlägigen Regelungen in § 4 LottStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313).

30

Die erheblichen normativen Defizite der Monopolregelung wurden bis zum 30. Dezember 2007 nicht beseitigt. Zwar änderte § 5 des bayerischen Nachtragshaushaltsgesetzes - NHG - vom 9. Mai 2006 (BayGVBl S. 193) Art. 2 Abs. 5 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) insoweit, als der staatlichen Lotterieverwaltung die Übertragung der Durchführung von Glücksspielen auf eine juristische Person des Privatrechts nicht mehr nur unter der Bedingung erlaubt wurde, dass der Freistaat Bayern deren alleiniger Gesellschafter war. Die Regelungen zum staatlichen Veranstaltungsmonopol in Art. 2 Abs. 1 und 4 des Staatslotteriegesetzes blieben jedoch unverändert. Das Monopol wurde - unstreitig - auch faktisch aufrechterhalten. Die unzureichenden Regelungen zur Ausgestaltung des Lotterie- und Wettangebots, zum Vertrieb und zur zulässigen Werbung blieben unverändert. Sie konnten damit nach wie vor nicht sicherstellen, dass die Monopolpraxis den legitimen Monopolzielen entsprach. Schließlich war mangels Einschaltens einer neutralen Kontrollinstanz (dazu BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312) weiterhin nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten.

31

Dass das Bundesverfassungsgericht die Monopolregelung nicht für nichtig, sondern nur für verfassungswidrig erklärt und ihre übergangsweise Anwendung bis längstens zum 30. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der Regelung vor dem Unionsrecht nicht rechtfertigen. Auf den Vortrag des Beklagten, er habe die bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben rechtzeitig und vollständig umgesetzt, kommt es deshalb nicht an. Die Erfüllung dieser Maßgaben konnte die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ).

32

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung des Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 ) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (a.a.O. Rn. 39, 48).

33

Da die unionsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der Monopolregelung im Übergangszeitraum sich schon aus ihren normativen Defiziten ergibt, kann die Reichweite der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 im Übrigen dahinstehen. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob sie sich nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) auf dessen Einschätzung erstreckt, die breit angelegte Werbung im Rahmen der über den Deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von ODDSET habe die Grenzen zulässiger Werbung auch faktisch nicht gewahrt, da sie das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung darstellte und eine fiskalische Ausrichtung des Monopols erkennen ließ (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314).

34

Auf die Verfahrensrügen gegen die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz kommt es nicht an, weil die Rechtswidrigkeit des Monopols sich bereits unabhängig von der Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren aus der rechtswidrigen Ausgestaltung des Monopols selbst ergibt.

35

d) Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV kein Anlass. Die Anforderungen, die Art. 56 AEUV an die normative Ausgestaltung des Monopols eines Glücksspielmonopols stellt, und die Grenzen zulässiger Werbung sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs so weit geklärt, dass in den hier entscheidungserheblichen Fragen kein Raum für vernünftige Zweifel bleibt. Auch das Erfordernis intersektoraler Kohärenz einer Monopolregelung ist in der unionsgerichtlichen Rechtsprechung klar und eindeutig konkretisiert. Im Übrigen kommt es auf dieses Erfordernis für die Entscheidung nicht an, da das Urteil des Berufungsgerichts sich bezüglich des noch verfahrensgegenständlichen Zeitraums aus anderen, davon unabhängigen Gründen als richtig erwiesen hat. Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht dem Gerichtshof vorzulegen. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 2. Februar 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern der Beklagte die Ermessenserwägungen mit seiner Berufungserwiderung rückwirkend auswechseln wollte, wäre dies verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig, da es jedenfalls die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte (zu diesem Kriterium vgl. Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <218> = Buchholz 232 § 32 BBG Nr. 14, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Diese müsste für einen weit zurückliegenden, erheblichen Zeitraum erstmals die Rechtswidrigkeit sämtlicher monopolunabhängigen materiellrechtlichen Erlaubnisanforderungen dartun oder darlegen, dass ihre Tätigkeit all diese Anforderungen erfüllte. Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

36

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO.

37

Bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes der Klägerin aufzuerlegen, weil diese bei streitiger Entscheidung voraussichtlich unterlegen wäre. Wegen der fortlaufenden Erledigung der Untersagung nach Abschluss der Verwaltungsvollstreckung wäre bezüglich des Zeitraums seit dem 2. Februar 2007 keine Anfechtungsklage, sondern nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft gewesen. Das für ihre Zulässigkeit erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt jedoch nicht vor. Auf ein Rehabilitierungsinteresse hätte die Klägerin sich nicht berufen können, da die Feststellung der Erfüllung eines objektiven Straftatbestandes keine stigmatisierende Wirkung hat. Eine Wiederholungsgefahr fehlt schon wegen der Rechtsänderung infolge der Umsetzung des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages im Freistaat Bayern zum 1. Juli 2012. Ein Präjudizinteresse ist ebenfalls nicht zu erkennen:

38

Für die Zeit bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Entscheidungen zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 und der Konkretisierung ihrer Vorgaben durch die Entscheidungen des Senats vom 24. November 2010 fehlt es an einer rechtswidrig-schuldhaften Amtspflichtverletzung und einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht (vgl. das in einem Parallelverfahren der Klägerin ergangene Urteil vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 39.12 - Rn. 43. ff.). Für den anschließenden Zeitraum bis zum 25. Januar 2012 ist jedenfalls die Kausalität einer etwaigen Rechtswidrigkeit des Monopols für einen etwa geltend zu machenden Schaden zu verneinen (a.a.O. Rn. 46 ff.). Bei Ermessensentscheidungen fehlt die Kausalität, wenn nicht auszuschließen ist, dass der Schaden auch bei ermessensfehlerfreier Entscheidung herbeigeführt worden wäre. So liegt es hier. Eine Untersagung zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts wäre unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit der Monopolregelung ermessensfehlerfrei möglich gewesen, da der Erlaubnisvorbehalt nach der Öffnung des Erlaubnisverfahrens für Private unionsrechtskonform durchgesetzt werden konnte und die Tätigkeit der Klägerin ihrerseits verfassungs- und unionsrechtskonforme, monopolunabhängige materielle Erlaubnisvoraussetzungen zur Gewährleistung des Spieler- und Jugendschutzes nicht offensichtlich erfüllte. Die Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sie die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis einer solchen Möglichkeit geduldet hätte.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der ihr die Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Wettanbieter untersagt worden war.

2

In ihrer früheren Betriebsstätte in der H...straße ... in M. vermittelte die Klägerin Sportwetten an die I. ... Ltd. (I... Ltd.) mit Sitz in Gibraltar, die ebenso wie die Klägerin nicht über eine im Inland erteilte Erlaubnis verfügte. Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 18. April 2006 untersagte die Beklagte der Klägerin diese Tätigkeit und gab ihr auf, den Betrieb bis zum 30. April 2006 einzustellen. Zugleich drohte sie ihr unmittelbaren Zwang an. Die Beklagte stützte die Untersagung auf § 14 des Ordnungsbehördengesetzes (OBG NW) i.V.m. § 284 StGB und führte aus, die erforderliche Erlaubnis könne wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Ein Eilantrag der Klägerin blieb erfolglos. Um Zwangsmaßnahmen abzuwenden, stellte sie die Wettannahme am 6. Juli 2006 ein und schloss die Betriebsstätte am 12. Juli 2006. Ihren Widerspruch gegen die Ordnungsverfügung wies die Bezirksregierung D... mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2006 zurück. Die dagegen erhobene Anfechtungsklage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. November 2007 abgewiesen. Eine Klage auf Entschädigung und Schadensersatz wies das Landgericht Mönchengladbach mit Urteil vom 4. Dezember 2007 ebenfalls ab. Zur Begründung führte es aus, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürften die Ordnungsbehörden die Monopolregelung trotz deren Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit während einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 weiter anwenden. Das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf wurde wegen des vorliegenden Verfahrens ausgesetzt.

3

Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Klägerin am 27. August 2010 ihr Ladenlokal nach Kündigung des Mietverhältnisses zum 30. September 2010 geräumt. Anschließend hat sie ihre Klage - sinngemäß - auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag für die Zeit vom 18. April 2006 bis zum 27. August 2010 umgestellt.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung stattgegeben und festgestellt, die Ordnungsverfügung vom 18. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 sei im gesamten von der Klage erfassten Zeitraum rechtswidrig gewesen. Der angegriffene Bescheid habe sich mit der Aufgabe der Betriebsstätte am 27. August 2010 endgültig erledigt. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung folge aus ihrem Präjudizinteresse im Hinblick auf den anhängigen Staatshaftungsprozess. Im Zeitpunkt der Erledigung sowie im vorhergehenden Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 31. Juli 2007 - GlüStV , GV NRW S. 454) und seiner Umsetzung in Nordrhein-Westfalen zum 1. Januar 2008 (Gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zum Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 30. Oktober 2007, GV NRW S. 445) sei die Untersagung der Sportwettenvermittlung ermessensfehlerhaft gewesen. Die Beklagte sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Tatbestand der Untersagungsermächtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV wegen Fehlens der nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderlichen Erlaubnis erfüllt gewesen sei. Die Beklagte habe aber ihr Ermessen, die unerlaubte Vermittlung zu untersagen, fehlerhaft ausgeübt. Sie habe zu Unrecht angenommen, die für die Vermittlung erforderliche Erlaubnis könne schon wegen des Sportwettenmonopols nicht erteilt werden. Die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei unanwendbar, weil sie die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletze. Zwar verfolge sie mit der Suchtbekämpfung und dem Jugend- und Spielerschutz unionsrechtlich legitime Ziele. Sie sei aber unverhältnismäßig, weil sie inkohärent und daher ungeeignet sei, die Verwirklichung dieser Ziele zu gewährleisten. Das ergebe sich schon aus der unzulässigen Werbepraxis, die systematisch zum Wetten anreize und ermuntere. Aus unionsrechtlicher Sicht seien dabei auch die nordrhein-westfälische Lotto-Werbung und die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger im Bundesgebiet zu berücksichtigen. Systematisch unzulässige Werbung werde vor allem mit den Jackpot-Werbekampagnen betrieben. Auch die Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung eines Teils der Wetteinsätze ("Lotto-Hilft"-Kampagnen) gingen regelmäßig über eine zulässige Kanalisierung vorhandener Wettleidenschaften hinaus. Ebenso entfalteten Pressemitteilungen über glückliche Lottomillionäre, die Art und Weise der öffentlichen Ermittlung von Gewinnzahlen vor laufenden Fernsehkameras sowie die Präsentation der Lotto-Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau mit der Werbung für eine Sofortrente in Höhe von 7 500 € unzulässige Anreizwirkung. In der Vergangenheit hätten die Monopolanbieter solche Formen unzulässiger Werbung noch extensiver betrieben. Unabhängig davon führe auch die den Monopolzielen zuwiderlaufende Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zur Inkohärenz. Dieser Bereich sei der wirtschaftlich bedeutendste Glücksspielsektor und weise das höchste Suchtpotenzial auf. Dennoch werde dort seit der 5. Novellierung der Spielverordnung (Fünfte Verordnung zur Änderung der Spielverordnung vom 17. Dezember 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Bekanntmachung der seit dem 1. Januar 2006 geltenden Neufassung der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vom 27. Januar 2006, BGBl I S. 280) eine den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes widersprechende Expansionspolitik verfolgt. Die Neufassung der Spielverordnung und deren Umsetzung in der Praxis hätten zu einer erheblichen Ausweitung der Spielgelegenheiten, zu einer zunehmenden Anonymisierung und zur Senkung der Hemmschwellen geführt, ohne dass dies durch spielerschützende Maßnahmen ausreichend ausgeglichen worden wäre. Daraus habe sich ein beträchtliches Umsatzwachstum ergeben, das in erheblichem Maß zulasten der Suchtgefährdeten gehe. Präventive Bemühungen blieben weitgehend wirkungslos. Ob die Monopolregelung zumindest in ihrem Teilsegment und damit teilweise geeignet sei, die Monopolziele zu verwirklichen, könne dahinstehen. Bei einem so widersprüchlichen Schutzkonzept komme es darauf nicht an. Eine Folgenabschätzung im Sinne der Ermittlung von Abwanderungsbewegungen aus dem Monopolbereich in den Automatensektor sei ebenfalls entbehrlich. Selbst wenn sie erforderlich sein sollte, ließen die vorliegenden Untersuchungen zumindest erkennen, dass mögliche Folgewirkungen der Liberalisierung des gewerblichen Automatenspiels auch und gerade den Markt der Sportwetten beträfen und dass dessen Umsatzeinbuße hinsichtlich der problematischen Spielerklientel zulasten einer wachsenden Abwanderung in den "illegalen" Anbieterbereich und das zunehmend expandierende Segment der gewerblichen Geldspielautomaten gehe. Dies bestätige, dass sich Spielsucht nur als solche, also auf den gesamten Glücksspielmarkt bezogen, bekämpfen lasse. Verfassungsrecht stehe der nach dem Unionsrecht erforderlichen kompetenz- und länderübergreifenden Betrachtung nicht entgegen. Der Ermessensfehler der angegriffenen Untersagungsverfügung sei weder unbeachtlich, noch könne er im vorliegenden Verfahren geheilt werden. Der glücksspielrechtliche Erlaubnisvorbehalt sei zwar wirksam und anwendbar. Er rechtfertige eine vollständige Untersagung aber nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit. Die Erledigung der Untersagungsverfügung und das Verbot eines nachträglichen Austauschs der Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren nach § 114 Satz 2 VwGO schlössen eine Heilung des Ermessensfehlers aus.

5

Im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 sei die Untersagungsverfügung ebenfalls rechtswidrig gewesen. Das Sportwettenmonopol habe schon nach der damaligen Rechtslage unter dem Lotteriestaatsvertrag (Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 GV NRW S. 315) die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit verletzt. Das ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den parallelen verfassungsrechtlichen Anforderungen in Bezug auf das bayerische Sportwettenmonopol. Sie seien auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen übertragbar. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar eine übergangsweise Anwendung der Monopolregelung bis Ende 2007 zugelassen. Das schließe den unionsrechtlichen Anwendungsvorrang jedoch nicht aus. Eine unionsrechtliche Übergangsregelung fehle.

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft von einer Erledigung der Untersagung am 27. August 2010 ausgegangen und habe zu Unrecht ein Präjudizinteresse bejaht. Eine Haftung nach §§ 39 ff. OBG NW scheide offensichtlich aus, da sie auf Fälle des enteignungsgleichen Eingriffs beschränkt sei und kein ersatzfähiger Schaden vorliege. Das Sportwettenmonopol entspreche dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis. Das gelte sowohl in Bezug auf die Werbung als auch hinsichtlich der Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels. Das Berufungsurteil fasse den Werbebegriff zu eng. Seine Auffassung, die Monopolwerbung dürfe nur die Nachfrage der bereits zum Glücksspiel Entschlossenen kanalisieren, treffe nicht zu. Wegen des Bundesstaatsprinzips und der Gesetzgebungsautonomie der Länder komme es nur auf die Regelung und die Umsetzung des Monopols im jeweiligen Bundesland an. Aus objektiven Umsetzungsdefiziten könne wegen des Rechtsstaatsgebots keine subjektiv-rechtliche Begünstigung der Betroffenen hergeleitet werden. In tatsächlicher Hinsicht habe das Berufungsgericht die Werbepraxis nicht genügend aufgeklärt und die herangezogenen Werbebeispiele mangels ausreichender Sachkunde unzutreffend gewürdigt. Insoweit sei auch der Überzeugungsgrundsatz verletzt. Darüber hinaus habe es das Recht der Beklagten auf rechtliches Gehör missachtet, weil es erst kurz vor der Berufungsverhandlung - überdies unvollständig - auf die später im Urteil zitierten Veröffentlichungen hingewiesen habe. Mit den Beteiligten habe es auch nicht erörtert, dass es von einem bundesweit unzulässigen Werbeverhalten, insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung, ausgehe. Damit habe es der Beklagten die Möglichkeit genommen, zu dieser Einschätzung Stellung zu nehmen und vorzuschlagen, zur Beurteilung der Anreizwirkung ein Sachverständigengutachten einzuholen. Ferner gehe das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft davon aus, das gewerbliche Automatenspiel habe ein höheres Suchtpotenzial als die Sportwetten und sei von einer Expansionspolitik geprägt, die den Monopolzielen zuwiderlaufe. Selbst wenn seine Tatsachenfeststellungen zuträfen, folge daraus noch keine Inkohärenz des Monopols. Vielmehr sei eine Folgenbetrachtung erforderlich, die klären müsse, ob die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik auf den Monopolbereich die Wirksamkeit und damit die Eignung des Monopols zur Zielverwirklichung aufhöben. Daran fehle es hier. Das Berufungsgericht habe die Monopolregelung nach dem Rechtsstaatsgebot auch nicht ohne eine konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 GG für obsolet halten dürfen. Es habe ferner zu Unrecht eine Ermessensreduzierung auf Null verneint. Die Online-Übermittlung von Wettdaten verstoße gegen das Internetverbot. Das Berufungsgericht habe auch die Rechtsfigur des intendierten Ermessens verkannt. Jedenfalls sei die Untersagungsverfügung rechtmäßig, weil die Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts unionsrechtlich zulässig sei und die Erlaubnisvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten. § 114 Satz 2 VwGO schließe ein Nachschieben von Ermessenserwägungen bei Dauerverwaltungsakten nicht aus. Das Oberverwaltungsgericht hätte deshalb die mit Schriftsatz vom 19. (richtig: 21.) September 2011 (Bl. 324 <332 ff.>) ergänzten Ermessenserwägungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen müssen.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. September 2011 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2007 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf zurückzuweisen.

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Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist zulässig, aber nach § 137 Abs. 1 VwGO nicht begründet, weil das angegriffene Urteil nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Es hat die Fortsetzungsfeststellungsklage zu Recht für zulässig gehalten und die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung revisionsrechtlich fehlerfrei damit begründet, dass diese maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt wurde, obwohl die Monopolregelung unionsrechtswidrig und damit unanwendbar war, weil sie dem unionsrechtlichen Kohärenzerfordernis schon wegen der systematisch zum Glücksspiel anreizenden Werbepraxis der Monopolträger nicht genügte. Soweit das Berufungsurteil eine Inkohärenz nicht nur wegen der Ausgestaltung des Monopolsektors, sondern unabhängig davon auch wegen einer der Suchtbekämpfung zuwiderlaufenden Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels bejaht, wendet es das Kohärenzerfordernis zwar teilweise unzutreffend an. Es beruht aber nicht auf diesem Fehler, weil es unabhängig davon selbstständig von der zuvor dargestellten Hauptbegründung getragen wird.

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1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage der Klägerin ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig.

12

a) Die Statthaftigkeit der Klage ergibt sich daraus, dass die angegriffene Untersagungsverfügung sich seit ihrem Erlass fortlaufend und - erst - mit der Räumung der Betriebsstätte durch die Klägerin am 27. August 2010 endgültig erledigt hat.

13

Eine glücksspielrechtliche Untersagung erledigt sich von Tag zu Tag für die jeweils verstrichene Zeit und damit fortlaufend, wenn sie nicht für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet (vgl. Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - juris Rn. 18, Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Als Verhaltensanordnung wird das Verbot durch Zeitablauf gegenstandslos, da es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Allerdings entfaltet die Untersagung weiterhin Rechtswirkungen für den vergangenen Zeitraum, wenn sie die Rechtsgrundlage einer noch rückgängig zu machenden Verwaltungsvollstreckung bildet. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

14

Eine endgültige Erledigung der Untersagung - nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft - ist mit der endgültigen Aufgabe der Betriebsstätte der Klägerin am 27. August 2010 eingetreten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist diese Erledigung nicht schon früher zu datieren. Nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der angegriffenen Verfügung durch das Oberverwaltungsgericht handelte es sich um eine betriebsstättenbezogene Untersagung. Sie erledigt sich endgültig erst, wenn die Betriebsstätte endgültig aufgegeben wird (Urteil vom 15. November 1990 - BVerwG 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224 = juris Rn. 22). Nach den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts geschah dies erst nach der Kündigung des Mietvertrages der Klägerin mit der Räumung des Wettlokals und nicht schon zuvor mit dessen Untervermietung, weil die Klägerin sich dabei ein vertragliches Zugriffsrecht vorbehalten hatte.

15

Diese Feststellungen binden die revisionsgerichtliche Beurteilung nach § 137 Abs. 2 VwGO, da sie nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wurden. Die Rüge, die Pflicht zur Amtsaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO sei verletzt, greift nicht durch. Ohne einen entsprechenden Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten musste es sich dem Oberverwaltungsgericht nicht aufdrängen, weitere Ermittlungen zur Vereinbarung eines Zugriffsrechts im Untermietvertrag anzustellen. Der Vortrag der Klägerin dazu blieb nach der Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung unbestritten. Gegenteiliges ergab sich insbesondere nicht aus den Angaben des Stadtamtmanns W. Seine Mitteilung, nach Erlass der angegriffenen Ordnungsverfügung sei es noch vor 2008 und später noch ein weiteres Mal zu einer Neueröffnung des Wettbüros durch andere Gewerbetreibende gekommen, schließt eine Untervermietung nicht aus und widerspricht nicht dem Vorbringen der Klägerin zu deren Ausgestaltung. Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 VwGO ist nicht substantiiert nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gerügt. Der Einwand der Beklagten, die Stellungnahmen in der Berufungsverhandlung rechtfertigten nicht die vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerungen, genügt dazu nicht. Ein Tatsachengericht verstößt nicht schon dann gegen die Denkgesetze, wenn es nach der Auffassung eines Beteiligten unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat. Es muss sich vielmehr um eine Schlussfolgerung handeln, die aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist (stRspr, Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 und vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall.

16

b) Das Berufungsgericht hat auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung fehlerfrei bejaht.

17

Ein Präjudizinteresse liegt vor, wenn die Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen im hier bereits anhängigen Zivilprozess nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs genügt nicht.

18

Offenbleiben kann, ob ein - verschuldensabhängiger - Amtshaftungsanspruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch in Betracht kommt. Jedenfalls ist das Bestehen eines Haftungsanspruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vornherein offensichtlich ausgeschlossen. Dabei muss nicht geklärt werden, ob die Anwendung der im Zivilprozess revisiblen Vorschrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Verwaltungsprozess revisionsgerichtlich überprüft werden darf oder ob dies wegen § 137 Abs. 1 VwGO nicht in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVerwG 8 B 62.12 - juris Rn. 17). Selbst wenn eine revisionsgerichtliche Überprüfung der Auslegung der Vorschrift zulässig sein sollte, wären deren Voraussetzungen hier nicht offensichtlich und ohne eine ins Einzelne gehende Prüfung zu verneinen.

19

§ 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW begründet einen verschuldensunabhängigen Ersatzanspruch für Schäden, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind. Bei Erlass der Untersagungsverfügung handelte die Beklagte nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ordnungsbehörde.

20

Ob eine Haftung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ausgeschlossen ist, weil die Norm nur die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe regeln soll und damit keine Entschädigung für legislatives Unrecht einschließlich der Anwendung rechtswidriger Normen (sog. Beruhensfälle) gewährt, muss gegebenenfalls im zivilgerichtlichen Staatshaftungsprozess geklärt werden. Von einer solchen Anspruchsbegrenzung kann nicht mit der erforderlichen Offensichtlichkeit ausgegangen werden. Allerdings geben die Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise für eine entsprechende Beschränkung. So wurde die vom Ausschuss für Innere Verwaltung vorgeschlagene Ausweitung der Haftung auf die Schädigung von Personen, die als Störer in Anspruch genommen wurden (Beschlussvorschlag des Ausschusses vom 11. Oktober 1955, LTDrucks 3/243), im Landtagsplenum dahin erläutert, dass in Anlehnung an das in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelte Institut des enteignungsgleichen Eingriffs eine Haftung auch für rechtswidrig-schuldlose Verwaltungsmaßnahmen eingeführt werden solle (vgl. das Protokoll der 2. Lesung des Entwurfs des Ordnungsbehördengesetzes, LT-Protokolle 3. Wahlperiode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 unter C und D>). Auch die Ablehnung eines Antrags der Fraktion des Zentrums, den Haftungsumfang auf entgangenen Gewinn zu erstrecken (LTDrucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ablehnung einer Haftung für immaterielle Schäden wurden auf die richterrechtlich konkretisierten Anforderungen aus Art. 14 GG zurückgeführt (LT-Protokolle a.a.O. S. 827 f. und 837 unter C und D). Die Systematik des § 39 Abs. 1 OBG NW vollzieht ebenfalls den Erst-recht-Schluss von der Staatshaftung für rechtmäßige enteignende Eingriffe auf die Haftung für enteignungsgleiche Eingriffe nach (Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Allerdings hat der Bundesgerichtshof erst nach Erlass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW entschieden, dass die Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff sich nicht auf legislatives Unrecht einschließlich der Beruhensfälle erstreckt (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Januar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies ändert aber nichts daran, dass die Haftungsbegrenzung im Rechtsinstitut des enteignungsgleichen Eingriffs bereits angelegt war. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch nicht evident, dass ein Beruhensfall - wie die Klägerin meint - nur bei gebundenen Entscheidungen vorliegen könnte. Bislang gibt es dazu nur vereinzelt zivilgerichtliche Rechtsprechung (OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - juris Rn. 30 f.); eine höchstrichterliche Klärung steht noch aus.

21

Ein Ersatzanspruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon offensichtlich zu verneinen, weil die etwaige Rechtsverletzung nicht kausal für den geltend gemachten Schaden wäre. Die landesrechtliche Regelung verhält sich nicht zu den Anforderungen, die an die Schadensverursachung zu stellen sind. Auch insoweit fehlt eine gefestigte zivilgerichtliche Konkretisierung. Zwar mag naheliegen, die für revisible Haftungsnormen entwickelten Anforderungen an die Kausalität bei Ermessensakten auch auf die landesrechtliche Haftungsregelung des Polizei- und Ordnungsrechts zu übertragen und die Ursächlichkeit zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178). Offensichtlich ist eine solche Parallelität aber nicht. Insbesondere steht es dem Landesgesetzgeber frei, die Haftung großzügiger zu regeln. Ob dies hier geschehen ist, bedarf gegebenenfalls einer näheren Prüfung im anhängigen Staatshaftungsverfahren.

22

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein ersatzfähiger Schaden ebenfalls nicht offensichtlich zu verneinen. Auf die Frage, ob eigentumsfähige Positionen betroffen sind, kommt es nur bei einer entsprechenden, hier gerade nicht offensichtlichen Beschränkung der Haftung an. Ob Vermögenseinbußen wegen rechtlicher Missbilligung der untersagten Tätigkeit nicht ersatzfähig sind, lässt sich nur auf der Grundlage einer ins Einzelne gehenden verfassungs- und unionsrechtlichen Prüfung der die Tätigkeit beschränkenden oder missbilligenden Vorschriften beantworten, so dass auch insoweit keine Offensichtlichkeit vorliegt.

23

Mangels entsprechenden substantiierten Vorbringens der Beteiligten gibt es schließlich keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte seinerzeit durch eine kommunalaufsichtliche Weisung oder einen ministeriellen Erlass zum Erlass der hier angegriffenen Verfügung verpflichtet gewesen und ihre Passivlegitimation im Staatshaftungsprozess schon deshalb zu verneinen wäre.

24

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die angegriffene Untersagungsverfügung sei im Zeitpunkt ihrer Erledigung sowie im gesamten vorherigen Zeitraum seit ihrem Erlass rechtswidrig gewesen, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

25

Für die materiell-rechtliche Beurteilung ist die Rechtslage in der Zeit vom Erlass der angegriffenen Verfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung am 27. August 2010 maßgeblich. Als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist die glücksspielrechtliche Untersagung während ihres Wirkungszeitraums an der jeweils aktuellen Rechtslage zu messen. Da die vom Oberverwaltungsgericht herangezogenen Ermächtigungsgrundlagen des § 14 OBG NW und des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum revisiblen Recht gehören (§ 137 Abs. 1 VwGO), hat das Revisionsgericht von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung beider Vorschriften auszugehen und nach § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prüfen, ob diese revisibles Recht verletzt.

26

Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV hat das Berufungsgericht für den Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Januar 2008 revisionsrechtlich fehlerfrei bejaht. Weder die Klägerin noch das Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, verfügten über die jeweils nach § 4 Abs. 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis. Mangels europarechtlicher Harmonisierung musste die Beklagte die dem Wettunternehmen im EU-Ausland erteilte Konzession nicht als solche Erlaubnis anerkennen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das damit eröffnete Untersagungsermessen hat die Beklagte jedoch gemäß § 40 VwVfG NW fehlerhaft ausgeübt (a). Eine Ermessensausübung war nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert und diese zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre (b). Die Beklagte hat die Defizite ihrer Ermessenserwägungen auch nicht nachträglich geheilt (c). Für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages gilt nichts anderes. Insoweit kann offenbleiben, ob die Tätigkeit der Klägerin die öffentliche Sicherheit gemäß § 14 OBG NW gefährdete, weil sie den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB erfüllte. Jedenfalls war die Ermessensentscheidung für den Erlass der Untersagung nach § 14 OBG NW ebenso fehlerhaft wie deren Aufrechterhalten unter der Geltung des Glücksspielstaatsvertrages (d).

27

a) Die Beklagte hat ihre Ermessensentscheidung im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass eine Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) weder der Klägerin noch dem privaten Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, erteilt werden könne. Das Berufungsgericht hat diese Ermessensausübung zutreffend für rechtswidrig gehalten. Die Beklagte hätte die Monopolregelung nicht anwenden dürfen, weil diese die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte. Wie das Oberverwaltungsgericht ausführt, ergab sich schon aus den systematischen Verstößen der Monopolträger gegen die Grenzen zulässiger Werbung, dass das staatliche Sportwettenmonopol nicht den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen genügte.

28

aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, ABl C 115, 47) einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 62).

29

Für die Rechtfertigung glücksspielrechtlicher Monopolregelungen stellt der Gerichtshof der Europäischen Union in ständiger Rechtsprechung auf die zwingenden Gründe des Allgemeininteresses ab, zu denen die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen gehören (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol Profissional - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schließt die in § 1 GlüStV genannten Ziele der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes ein (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 79).

30

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, ist nur verhältnismäßig, wenn sie ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet ist, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes u.a. - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

31

Das Kohärenzgebot präzisiert die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit der beschränkenden Regelung in zweifacher Hinsicht. Zum einen verlangt es, dass der Mitgliedstaat die unionsrechtlich legitimen Ziele im Anwendungsbereich der Monopolregelung tatsächlich verfolgt. Er darf nicht scheinheilig legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. sowie - Carmen Media - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45). Diese Anforderung bezieht sich allein auf den Monopolsektor und gebietet, die normative Ausgestaltung und die praktische Handhabung des Monopols konsequent an den unionsrechtlich legitimen Zielen auszurichten (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich deshalb als Erfordernis der Binnenkohärenz umschreiben und trifft sich mit dem verfassungsrechtlichen Erfordernis einer normativen Ausgestaltung und Praxis, die konsequent an den überragend wichtigen Gemeinwohlzielen des Monopols ausgerichtet ist (dazu vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff.>; BVerwG, Urteil vom 24. November a.a.O. Rn. 32).

32

Die zweite aus dem Kohärenzgebot abgeleitete Anforderung greift dagegen über den Monopolsektor hinaus und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung eines mit ihr (tatsächlich) verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielbereichen beeinträchtigt werden kann. Die Monopolregelung darf deshalb nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn die zuständigen Behörden in einem anderen Glücksspielbereich eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik betreiben oder dulden und dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.). Davon ist bei einem zur Spielsuchtbekämpfung geschaffenen Monopol auszugehen, wenn in anderen Glücksspielsektoren mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 f.) - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 jeweils a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 43).

33

bb) Das Oberverwaltungsgericht hat die erste, die Binnenkohärenz betreffende Anforderung des Kohärenzgebots in Bezug auf die Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot zutreffend konkretisiert und ist revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) wegen systematischer Missachtung dieser Grenzen durch die Monopolträger dem Kohärenzgebot nicht genügt.

34

(1) Dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes entspricht nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103). Dies kann das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken implizieren (vgl. EuGH, Urteil vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 55). Eine solche Werbung darf aber nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen. Die Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten darf nur eine erfreuliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 104). Soweit die Behörden eines Mitgliedstaates den Verbrauchern Anreize geben und sie dazu ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sie sich zur Rechtfertigung beschränkender Maßnahmen nicht auf die öffentliche Sozialordnung und die aus ihr folgende Notwendigkeit berufen, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

35

Entgegen der Auffassung der Revision liegt in der Übernahme und Anwendung dieser Grundsätze durch das Berufungsurteil keine unzulässige Verengung des Werbebegriffs, wie er sich aus § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV oder anderen mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften ergibt. Die dargelegten Grundsätze schränken nicht den Begriff der Werbung ein, sondern nur den Rahmen, in dem Werbung für das Monopolangebot unionsrechtlich zulässig ist. Der Rahmen wird auch nicht so eng gezogen, dass die noch zulässigen Maßnahmen nicht mehr als Werbung im Wortsinne zu bezeichnen wären. Der Begriff wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 50). Wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts lassen sich gegen dessen Werbebeschränkungen auch keine großzügigeren mitgliedstaatlichen Vorschriften anführen. Vielmehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, soweit er ausdrücklich den gezielten Anreiz zum Wetten verbietet, im Hinblick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV unionsrechtskonform auszulegen. Verfassungsrechtliche Bedenken sind dagegen - auch unabhängig von der Reichweite des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - nicht geltend zu machen. Vielmehr stimmen die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgebot ergeben und denen durch verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rechnung zu tragen ist, mit den unionsrechtlichen Anforderungen im Wesentlichen überein. Verfassungsrechtlich hat die Werbung für das Monopolangebot sich konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielsucht auszurichten und auf eine sachliche Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum legalen Wetten zu beschränken. Sie darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 34, 46 ff.). Entscheidend dafür ist nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Insbesondere darf die Teilnahme an Wetten nicht als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt werden. Das schließt auch eine Werbung mit dem Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung der Einnahmen aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 316 ff.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52).

36

Die Grenzen zulässiger Werbung müssen auch nicht wegen des unions- wie verfassungsrechtlich legitimen Ziels der Kanalisierung der Wettleidenschaft "dynamisiert" werden, um eine von der Beklagten geforderte "Waffengleichheit" mit solchen privaten Anbietern herzustellen, die geringeren Beschränkungen unterworfen sind als die Monopolträger oder sich geltenden Beschränkungen entziehen. Ebenso wenig ist es unionsrechtlich geboten oder auch nur zulässig, eine Werbung zu gestatten, die nicht nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenkt, sondern auch die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motiviert. Der dazu angeregten Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht. Diese Fragen sind in seiner bisherigen Rechtsprechung bereits eindeutig geklärt, so dass für vernünftige Zweifel kein Raum mehr bleibt. Entgegen der Annahme der Beklagten hält die Rechtsprechung des Gerichtshofs sich auch innerhalb der ihm zugewiesenen Kompetenz (Art. 276 AEUV). Sie entscheidet nicht über das Sicherheits- und Ordnungsrecht, sondern lediglich über die Reichweite der Grundfreiheiten, die die mitgliedstaatlichen Gerichte bei ihrer Prüfung sicherheits- und ordnungsrechtlicher Maßnahmen zu beachten haben.

37

Eine Politik der kontrollierten Expansion mit einem "gewissen Werbeumfang" hat der Gerichtshof in Bezug auf das Monopolangebot nur für zulässig erklärt, soweit dies erforderlich ist, um Spieler, die verbotenen geheimen Spiel- oder Wetttätigkeiten nachgehen, zum legalen Angebot hinzulenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 101 f.). Schon daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass die Werbung nur die bereits zur Teilnahme am Glücksspiel Entschlossenen zum legalen Angebot hinlenken, aber nicht die noch Unentschlossenen zur Teilnahme motivieren darf. Die Kanalisierung der Spielleidenschaft durch Werbung darf sich nur darauf richten, die bereits vorhandene und bislang illegal gedeckte Nachfrage umzulenken und so den Marktanteil des legalen Anbieters zulasten des Marktanteils der illegalen Anbieter zu erhöhen. Der Gerichtshof unterscheidet deshalb zwischen einer - zulässigen - restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer - unzulässigen - expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleichzeitig wird klargestellt, dass das Ziel der Lenkung der vorhandenen Nachfrage es nicht rechtfertigen kann, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel anzureizen oder zu ermuntern. Nur vorbehaltlich der Erfordernisse, die sich aus dem Verbot solcher Maßnahmen ergäben, könne eine gewisse Werbung zur legitimen Lenkung beitragen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 102 mit Verweis auf Rn. 97 ff.). Die kanalisierende Werbung muss deshalb nicht nur streng auf das zur Lenkung der Verbraucher Erforderliche begrenzt bleiben. Auch eine solche, der Lenkung dienende Werbung darf nicht zur aktiven Teilnahme am Spiel anregen, sondern nur über die Existenz der Produkte informieren. Dabei muss sie die bereits im Einzelnen dargestellten Verbote beachten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. September 2011 a.a.O. Rn. 68). Eine Dynamisierung der Grenzen zulässiger Werbung ist damit nicht zu vereinbaren. "Waffengleichheit" mit privaten Anbietern können die staatlichen Monopolträger wegen ihrer Bindung an die Grundfreiheiten nicht verlangen. Nichts anderes ergibt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht. Die Länder, die ein Monopol errichtet und ausgestaltet haben, sind nicht Grundrechtsträger, sondern Grundrechtsverpflichtete und unterliegen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG einer Rechtsbindung, die nicht aus Zweckmäßigkeitserwägungen gelockert werden kann.

38

Der Einwand der Beklagten, unter diesen rechtlichen Voraussetzungen sei es den Monopolträgern unmöglich, die Glücksspielnachfrage entsprechend ihrem Auftrag zu lenken und zu kanalisieren, rechtfertigt keine andere Auslegung. Die Kanalisierung ist kein unionsrechtlicher Auftrag, sondern nur eine Rechtfertigung für gewisse Werbemaßnahmen in den dargelegten rechtlichen Grenzen. Mitgliedstaatlich-einfachrechtliche Aufgabenzuweisungen können die unionsrechtliche Eingriffsrechtfertigung nicht beeinflussen.

39

(2) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung, ob die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung im maßgeblichen Zeitraum beachtet wurden, nicht allein auf die Sportwetten-Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers abgestellt, sondern dessen Werbung für andere Monopolangebote wie Lotteriespiele in die Beurteilung mit einbezogen. Da es für die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf die tatsächlichen Ziele der Monopolregelung ankommt, ist auf ihren gesamten Anwendungsbereich und damit auf alle monopolisierten Angebote abzustellen. Eine Inkohärenz ist schon anzunehmen, wenn der Inhaber des Sportwettenmonopols in Bezug auf die ebenfalls dem Monopol unterliegenden Lotteriespiele unionsrechtlich unzulässige, die Werbebeschränkungen missachtende Werbekampagnen durchführt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) 1. Spiegelstrich Rn. 100, 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 77). Die eindeutige unionsgerichtliche Anknüpfung an das gesamte Verhalten des Monopolträgers lässt in Verbindung mit den ebenfalls unmissverständlichen, strengen und nicht dynamisierbaren Grenzen zulässiger Werbung auch keine Differenzierung der Werbegrenzen nach dem Grad der Suchtgefährlichkeit des jeweils beworbenen Glücksspiels zu. Eine Vorlage an den Gerichtshof gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist wegen der Unmissverständlichkeit seiner Rechtsprechung in dieser Frage nicht geboten.

40

Revisionsrechtlich ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht neben der Werbung des nordrhein-westfälischen Monopolträgers auch die im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung anderer Monopolträger unter der gemeinsamen Dachmarke Lotto berücksichtigt hat. Der nordrhein-westfälische Monopolträger muss sich diese Werbemaßnahmen allerdings nicht schon zurechnen lassen, weil unionsrechtlich der Mitgliedstaat verpflichtet ist, die Grundfreiheiten zu wahren, und innerstaatliche Kompetenzregelungen keine Verletzung dieser Pflicht rechtfertigen können. Die Zurechnung wie eine eigene Werbemaßnahme ist vielmehr gerechtfertigt, weil die im Berufungsurteil gewürdigte Werbung der Monopolträger anderer Bundesländer nach den Feststellungen der Vorinstanz Ausdruck einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und umgesetzten Vertriebsstrategie aller Monopolträger ist. Das Oberverwaltungsgericht ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass die im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengeschlossenen Monopolträger ihre Angebote im Rahmen einer gemeinsamen, landesgrenzenübergreifenden Dachmarkenstrategie vertreiben. Damit hat es ein von allen Monopolträgern mitgetragenes, koordiniertes und planmäßiges Vorgehen für den Vertrieb der Angebote angenommen, das vertriebsfördernde Wirkungen der Werbung für ein Dachmarkenprodukt auch der Vermarktung anderer Produkte unter derselben Dachmarke zugute kommen lässt. Mit dem Erlass gemeinsamer Werberichtlinien setzte die ländergrenzenübergreifende Koordination sich sogar im Bereich der Aufsicht fort.

41

An die berufungsgerichtlichen Feststellungen ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil insoweit keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden. Die gerügten Mängel betreffen die Beweiswürdigung einzelner Werbemaßnahmen, jedoch nicht die Feststellungen zur Dachmarkenstrategie selbst. Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, die im Berufungsurteil verwerteten Werbemaßnahmen anderer Monopolträger seien nicht der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzuordnen gewesen.

42

Ihr rechtlicher Einwand, die Einbeziehung der im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierten Werbung verletze das Bundesstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Berufungsgericht vorgenommene faktische Zurechnung von Werbemaßnahmen im Rahmen der von den Monopolanbietern abgestimmten Dachmarkenwerbung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch das Bundesverfassungsgericht hat für die verfassungsrechtliche Beurteilung des bayerischen Sportwettenmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag unter anderem auf die seinerzeit bundesweit im Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung abgestellt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Widerspruch zur bundesstaatlichen Kompetenzverteilung und der Eigenstaatlichkeit der Länder, sondern zieht nur rechtliche Konsequenzen aus einer bestimmten Art und Weise des gemeinsam abgestimmten und verantworteten, koordinierten Gebrauchs der jeweiligen Kompetenz.

43

(3) Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von ihm angeführte Imagewerbung für das West-Lotto, die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau und die Jackpot-Werbung die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung missachten.

44

Den von West-Lotto verwendeten Werbeslogan "Glück ist, wenn man seinen Mitmenschen helfen kann" hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei dahin interpretiert, dass er die Teilnahme am Lotto zum sozialen Handeln in Form der Hilfeleistung aufwertet. Damit widerspricht der Slogan dem an den Monopolträger gerichteten Verbot, der Teilnahme am Glücksspiel ein positives Image zu verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103 f.). Das unzulässige moralische Aufwerten der Teilnahme am Glücksspiel kann auch durch suchtpräventive Hinweise nicht kompensiert werden (Urteile vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 32; zur parallelen verfassungsrechtlichen Wertung vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Aufgrund des Vergleichs mit ähnlichen, im angegriffenen Urteil als "Lotto-Hilft"-Kampagnen bezeichneten Werbestrategien hat das Oberverwaltungsgericht die nordrhein-westfälische Werbung als Teil einer systematischen Missachtung des Verbots sozialer Aufwertung des Glücksspiels im Rahmen der Dachmarkenstrategie eingeordnet.

45

Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Die Rüge der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe den Überzeugungsgrundsatz und die gerichtliche Aufklärungspflicht durch planlose, stichprobenartige Ermittlung der in Betracht kommenden Werbebeispiele verletzt, greift nicht durch. Nach § 86 Abs. 1 VwGO war das Oberverwaltungsgericht zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen ohne einen Beweisantrag der bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretenen Beklagten nicht verpflichtet. Solche Ermittlungen mussten sich ihm nicht aufdrängen, nachdem die Beteiligten eingehend zur Werbung vorgetragen hatten und sich schon aus den festgestellten Werbemaßnahmen nach der für die Prüfung von Verfahrensmängeln zugrunde zu legenden materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ergab, dass eine Inkohärenz des Monopols wegen systematischer Werbeverstöße vorlag. Zu welchem Ergebnis die geforderte weitere, umfassendere Ermittlung von Werbemaßnahmen geführt hätte und inwieweit sie zu einer anderen Beurteilung hätte führen können, hat die Beklagte nicht dargelegt. Der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO ist ebenfalls nicht verletzt. Insbesondere hat die Beklagte keine selektive Verwertung und Würdigung des vorhandenen Prozessstoffs durch das Berufungsgericht dargetan.

46

Nicht zu beanstanden ist auch dessen Annahme, die Art und Weise der Ermittlung der Lottozahlen vor laufenden Fernsehkameras und die Präsentation der Lotto-Glücksspirale mit der Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € vor der Hauptausgabe der Tagesschau sei dem nordrhein-westfälischen Monopolträger als Teil der gemeinsamen Dachmarkenstrategie zuzurechnen und entfalte eine unzulässige Anreizwirkung. Die Ermittlung der Lottozahlen als Teil des Unterhaltungsprogramms präsentiert das Glücksspiel als sozial adäquate Beschäftigung. Die Platzierung in der Hauptsendezeit gewährleistet, dass ein möglichst breites Publikum erreicht wird. Dasselbe gilt für die Präsentation der Glücksspirale in unmittelbarer zeitlicher Verknüpfung mit der Hauptausgabe der Tagesschau. Sie bringt das Glücksspiel auch denen nahe, die bislang nicht daran interessiert sind. Die Werbung für eine "Sofortrente" in Höhe von 7 500 € widerspricht dem Verbot, die Anziehungskraft des Glücksspiels durch eine zugkräftige Werbebotschaft zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellt (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 78). Sie erfüllt die Voraussetzungen einer zugkräftigen Werbebotschaft, da sie dem durchschnittlichen Empfänger der Botschaft mit der weit über dem Durchschnittseinkommen liegenden "Sofortrente" eine in materieller Hinsicht dauerhaft sorgenfreie Zukunft in Aussicht stellt. Der monatliche Rentenbetrag addiert sich im Lauf der in Aussicht gestellten Rentenzahlung auf eine Summe, die als bedeutender Gewinn einzuordnen ist.

47

Die Aufklärungsrüge, mit der die Beklagte geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe die Anreizwirkung der Werbebotschaft nicht ohne Hinzuziehen eines Sachverständigen feststellen können, greift nicht durch. Ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt oder ermuntert, ergibt sich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei kommt es darauf an, ob die Werbeaussage von einem noch nicht zur Teilnahme entschlossenen durchschnittlichen Empfänger als Anreiz zur Teilnahme zu verstehen ist oder nur als sachliche Information über die legale Möglichkeit, einen etwa vorhandenen Entschluss zur Teilnahme umzusetzen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Die erforderliche Sachkunde, einen an das Publikum gerichteten Werbespot zu verstehen, durfte das Oberverwaltungsgericht sich zuerkennen. Insoweit ist auch der Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO nicht verletzt. Weshalb das Oberverwaltungsgericht im konkreten Fall sachverständiger Hilfe zur Auslegung der Werbebotschaft bedurft hätte, hat die Beklagte nicht prozessordnungsgemäß nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO dargelegt. Insbesondere hat sie nicht dargetan, welche Erkenntnisse die Hinzuziehung eines Sachverständigen erbracht hätte, und inwieweit sie für die berufungsgerichtliche Beurteilung erheblich gewesen wären.

48

Die weiter gerügte Verletzung des Rechts der Beklagten auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Dazu genügt nicht, dass das Oberverwaltungsgericht ihr gegenüber nicht schon vor der Entscheidung offengelegt hat, dass es von einer bundesweit unzulässigen Werbung insbesondere durch die bisher allseits gebilligte Fernsehwerbung ausgehe. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (Beschlüsse vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 1991 - 1 BvL 32/88 - BVerfGE 84, 188 <190>). Wegen der strengen Konkretisierung der Grenzen zulässiger Werbung für das Monopolangebot in der bereits zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs und wegen deren Konkretisierung in den ebenfalls zitierten Entscheidungen des Senats, die von der Unzulässigkeit jeder dem objektiven Aussagegehalt nach zum Wetten anreizenden oder ermunternden Werbung ausgehen, musste die Beklagte damit rechnen, dass das Berufungsgericht auch zuvor noch nicht beanstandete Werbemaßnahmen für unzulässig halten würde. Dies gilt wegen § 5 Abs. 3 GlüStV auch und gerade für die Präsentation und das Bewerben von Glücksspielen im Fernsehprogramm.

49

Die von ihm festgestellte Jackpot-Werbung hat das Oberverwaltungsgericht gleichfalls revisionsrechtlich fehlerfrei als Verstoß gegen die unionsrechtlichen Beschränkungen der Werbung für das Monopolangebot eingeordnet. Insoweit liegt ebenfalls eine zugkräftige Werbebotschaft vor, die die Anziehungskraft der Lotterie erhöht, indem sie einen bedeutenden Gewinn in Aussicht stellt. Für die Anreizwirkung hat das Berufungsgericht zwar vornehmlich auf die von ihm zitierte Pressemitteilung des rheinland-pfälzischen Monopolanbieters vom 11. August 2011 verwiesen, die hervorhebt, wegen der Höhe des Jackpots gäben mehr Menschen einen Lottoschein ab, die sonst nicht am Spiel teilnähmen. Insofern rügt die Beklagte, die Pressemitteilung sei ihr nicht bekannt gewesen. Ob deshalb ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurde, kann indes offenbleiben. Denn unabhängig hiervon konnte das Berufungsgericht aus der - allgemeinkundigen - Art und Weise des Anpreisens des Jackpots auf einen Anreiz zur Teilnahme schließen und auf die Häufigkeit der Werbebotschaften im Rundfunk unmittelbar vor der Ziehung abstellen. Dabei ist es ersichtlich davon ausgegangen, dass der wiederholte Hinweis auf eine nur am selben Tag noch bestehende Gewinnmöglichkeit Zeitdruck suggeriert und das Hervorheben des Scheiterns früherer Versuche, den Jackpot zu "knacken", sowie der Hinweis auf die Höhe des aktuellen Jackpots zur Teilnahme anreizt und ermuntert. Hinsichtlich der Aufklärungsrüge und der Rüge der Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes kann auf die Ausführungen zu den entsprechenden Rügen gegen die Würdigung der Fernsehwerbung verwiesen werden.

50

(4) Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz aus diesen Werbemaßnahmen auf eine systematische Missachtung der Werbebeschränkungen und daraus wiederum darauf geschlossen hat, die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV habe tatsächlich nicht unionsrechtlich legitimen Zielen, sondern illegitimen fiskalischen Zielen gedient. Allen drei Werbemaßnahmen ist gemeinsam, dass es sich nicht um Einzelfälle, sondern um Werbestrategien handelt, die regelmäßig und über einen erheblichen Zeitraum praktiziert wurden. Die Aufsichtsbehörden haben diese systematische Missachtung von Werbegrenzen nicht wirksam unterbunden. Aus den im Berufungsurteil zitierten gemeinsamen Werberichtlinien ergibt sich vielmehr, dass sie noch im Jahr nach der Präzisierung der unionsrechtlichen Anforderungen an eine zulässige Monopolwerbung durch die bereits zitierten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 und die daran anknüpfenden Urteile des Senats vom 24. November 2010 fehlerhaft nur den gezielten Anreiz zur Teilnahme am Glücksspiel für rechtswidrig hielten, statt auf den objektiven Aussagegehalt abzustellen. Nach den insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts erklärten die Werberichtlinien der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder noch nach dem letzten ihm vorliegenden Stand vom Mai 2011 eine Imagewerbung - einschließlich der moralischen Aufwertung der Teilnahme am Glücksspiel - unzutreffend für zulässig. Daraus durfte das Oberverwaltungsgericht auf ein strukturelles Vollzugsdefizit schließen, das auf das Verfolgen unionsrechtlich illegitimer Ziele hindeutet. Entgegen der Auffassung der Beklagten widerspricht dies weder der rechtsstaatlichen Gesetzesbindung noch dem Wesen des Verwaltungsrechtsschutzes. Selbst im Verfassungsrecht ist aus strukturellen Vollzugsdefiziten auf die Unverhältnismäßigkeit einer Monopolregelung im engeren Sinne und damit auf einen normativen Mangel zu schließen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <309, 313 ff.>). Die Voraussetzungen eines solchen Rechtsverstoßes zu prüfen, ist eine genuin verwaltungsgerichtliche Aufgabe.

51

cc) Die zweite Anforderung des Kohärenzgebots, die Beeinträchtigungen der Wirksamkeit der Monopolregelung durch eine gegenläufige Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren in den Blick nimmt und sich als Erfordernis intersektoraler Kohärenz umschreiben lässt, wird im angegriffenen Urteil allerdings nicht zutreffend konkretisiert. Die Feststellungen des Berufungsgerichts reichen auch nicht aus, die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz wegen einer das Monopol konterkarierenden Politik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels zu tragen. Das Berufungsurteil beruht freilich nicht auf diesem Fehler, weil seine Annahme, die Monopolregelung sei inkohärent, bereits selbstständig durch seine Erwägungen zur Missachtung der Grenzen zulässiger Werbung getragen wird. Wegen der diesbezüglichen kontroversen Erörterung im Revisionsverfahren geht der Senat auf diesen Punkt gleichwohl näher ein.

52

(1) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, das zweite Kohärenzerfordernis verlange eine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasse. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht nach der neueren unionsgerichtlichen Rechtsprechung eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung zur Überprüfung der Geeignetheit des Monopols nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit höherem oder gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

53

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

54

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. - Carmen Media - a.a.O. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Markus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

55

Eine Vorlage an den Gerichtshof wäre auch insoweit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV geboten. Die von der Klägerin bestrittene Erforderlichkeit einer Folgenbetrachtung ergibt sich, wie bereits dargelegt, klar und eindeutig aus dem Wortlaut der beiden einschlägigen, zur Kohärenz der deutschen Sportwettenmonopole ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs. Auch die dogmatische Einordnung als Element der Geeignetheit der Monopolregelung, die durch die Auswirkungen einer gegenläufigen Politik in anderen Sektoren beeinträchtigt werden kann, lässt keinen anderen Schluss zu. Der Mittelweg der intersektoralen Kohärenz, die sich weder auf eine Betrachtung des Monopolsektors beschränkt, noch eine in föderalen Mitgliedstaaten kaum zu leistende Gesamtkohärenz fordert, ist damit unmissverständlich vorgegeben. Die spätere Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Glücksspielrecht stellt den eingeschlagenen Mittelweg nicht in Frage. Erst recht lässt sich aus der früheren, das Kassenzahnarztrecht betreffenden Entscheidung in der Rechtssache Petersen (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 - Rs. C-341/08, Petersen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Erforderlichkeit einer glücksspielrechtlichen Gesamtkohärenz herleiten. Dort versteht der Gerichtshof den Bereich der kassenzahnärztlichen Tätigkeit, für den eine Altersgrenze geregelt wurde, und den von dieser Regelung nicht erfassten Bereich privatzahnärztlicher Tätigkeit nicht als zwei verschiedene Sektoren. Vielmehr interpretiert er das Fehlen einer Altersgrenze für Privatzahnärzte als Ausnahme von der Regelung der Altersgrenze, die mangels tragfähiger Begründung für diese Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt sei.

56

(2) Soweit das angegriffene Urteil in einer Hilfserwägung die Notwendigkeit einer Folgenbetrachtung unterstellt, verengt es den Blick unzulässig auf aktuelle Spielergruppen, so dass seine tatsächlichen Feststellungen die Annahme, die Monopolregelung habe ihre Wirksamkeit infolge einer gegenläufigen Glücksspielpolitik im Bereich des gewerblichen Automatenspiels verloren, nicht zu tragen vermögen.

57

Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Glücksspielpolitik im Bereich des Automatenspiels nur dann zu Folgewirkungen im Monopolbereich führen könne, wenn sich die Kreise der potenziellen Kunden überschneiden (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist allerdings nur eine notwendige und noch keine hinreichende Voraussetzung für das Entstehen problematischer Folgewirkungen. Das Berufungsgericht hat eine Überschneidung von Kundenkreisen insbesondere in der Teilgruppe besonders suchtgefährdeter junger männlicher Erwachsener ausgemacht. Es hat sich jedoch mit der weiteren Feststellung begnügt, die expansive Politik im Bereich des Automatenspiels habe zu einer Wanderung eines hohen Anteils von Spielern dieser Teilgruppe vom Bereich der Sportwetten zu dem des Automatenspiels geführt. Diese Feststellung ist in zweifacher Hinsicht unzureichend. Zum einen ist damit noch nicht geklärt, ob die Abwanderung praktisch einen Leerlauf der Monopolregelung zur Folge hat oder diese auf eine Alibifunktion reduziert. Zum anderen lässt die auf eine Abwanderung von (aktuellen) Spielern beschränkte Betrachtung unberücksichtigt, dass es für die Wirksamkeit des Beitrags der Monopolregelung zur Suchtbekämpfung nicht nur auf die bereits aktiven, suchtgefährdeten oder gar spielsüchtigen Spieler ankommen kann. Suchtbekämpfung schließt auch die Suchtprävention mit ein, die potenzielle Kunden bei einer Teilnahme am Glücksspiel vor einer solchen Gefährdung schützt. Erforderlich ist deshalb eine Folgenbetrachtung, die nicht nur die aktuelle, sondern auch die potenzielle Nachfrage nach beiden Glücksspielarten und die Auswirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Sektor auf die Nachfrage im Monopolbereich ermittelt.

58

dd) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV wegen ihres Verstoßes gegen Unionsrecht für unanwendbar gehalten. Als primärrechtliche Gewährleistungen binden die Grundfreiheiten die Mitgliedstaaten der Union im jeweiligen Anwendungsbereich unmittelbar, und zwar auch außerhalb der bereits durch sekundäres Unionsrecht harmonisierten Regelungsbereiche. Ihr Anwendungsvorrang schließt eine Anwendung grundfreiheitswidriger Regelungen prinzipiell aus (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

59

Entgegen der Auffassung der Beklagten hält sich diese Rechtsprechung im Rahmen der unionsrechtlichen Kompetenzen und ist auch nicht mit verfassungsrechtlichen Erwägungen in Zweifel zu ziehen. Art. 5 des Vertrages über die Europäische Union i.d.F. des Vertrages von Lissabon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) verbietet der Union zwar, ihre Kompetenzen über den Kreis der ihr jeweils nach Art. 23 Abs. 1 GG übertragenen Hoheitsrechte hinaus auszudehnen. Die vertraglich begründete Rechtsprechungskompetenz des Gerichtshofs nach Art. 267 AEUV schließt jedoch die Befugnis ein, den Anwendungsvorrang der Grundfreiheiten zu konkretisieren. Dass der Anwendungsvorrang von den mitgliedstaatlichen Gerichten aller Instanzen zu beachten ist, ergibt sich aus der Bindung der Mitgliedstaaten an den Vertrag, der als supranationales Primärrecht keiner Transformation bedarf, und aus der Bindung der Gerichte an das geltende Recht, zu dem auch das Unionsrecht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da weder die Verfassungsmäßigkeit der Norm noch das Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts in Frage steht. Eine unionsrechtswidrige und deshalb im konkreten Fall unanwendbare Norm wird wegen des Unionsrechtsverstoßes nicht für nichtig erklärt.

60

Das Rechtsstaatsgebot ist auch nicht etwa verletzt, weil aus einem objektiv-rechtlichen Verstoß eine subjektiv-rechtliche Begünstigung hergeleitet würde. Die subjektiv-rechtliche Gewährleistung ergibt sich aus Art. 49 oder 56 AEUV. Eingriffe in das subjektive Recht sind - wie im mitgliedstaatlichen Recht - im Einklang mit dem Rechtsstaatsgebot nur gerechtfertigt, wenn sie rechtmäßig sind. Daran kann es auch wegen einer Verletzung objektiv-rechtlicher Anforderungen fehlen.

61

b) Die Beklagte meint, auf etwaige Fehler ihrer Ermessensausübung komme es nicht an, weil ihr Ermessensspielraum ohnehin dahin eingeschränkt gewesen sei, dass nur eine Untersagung rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

62

aa) Eine Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Klägerin hat das Berufungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei verneint. Sie könnte sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur ergeben, wenn der Klägerin das Fehlen einer Erlaubnis entgegengehalten werden könnte. Das setzt voraus, dass ihr die Erlaubnis nicht unionsrechtswidrig vorenthalten oder verweigert wurde. Zwar ist der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV verfassungs- und unionsrechtskonform. Wegen der Unionsrechtswidrigkeit des Monopols durfte eine Erlaubnis aber nicht schon seinetwegen, sondern nur nach Prüfung der unionsrechtskonformen, monopolunabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen ausgeschlossen werden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Diese Voraussetzung war im maßgeblichen Zeitraum in Nordrhein-Westfalen nicht erfüllt, weil dort das Erlaubnisverfahren - im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie etwa dem Freistaat Bayern oder Rheinland-Pfalz - nicht für Private geöffnet wurde. Aus den Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerin aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig gewesen wäre. Das gilt auch in Ansehung der Feststellung, dass die Klägerin die getätigten Wetten per Internet an den Wettanbieter weitergeleitet habe. Die Vorinstanz konnte ohne revisiblen Rechtsverstoß davon ausgehen, dass ein Verstoß gegen das Internet-Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht schon bei der Online-Übermittlung zuvor terrestrisch vermittelter Wetten an den Wettanbieter vorliegt, sondern nur, wenn die Wetten selbst im Internet abgeschlossen wurden.

63

bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV räume kein intendiertes Ermessen ein, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Vorschrift ist nach § 137 Abs. 2 VwGO nicht revisibel. Ihre Anwendung durch das Berufungsgericht verkennt auch nicht die Rechtsfigur des intendierten Ermessens, die als Frage der Anwendung des § 40 VwVfG NW gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO der revisionsrechtlichen Prüfung unterliegt. Schließlich berücksichtigt die Beklagte nicht, dass ein intendiertes Ermessen zwar eine nähere Begründung der Ermessensausübung erübrigen, aber keine fehlerhafte Begründung heilen kann.

64

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ermessensfehler schließlich nicht durch die mit Schriftsatz vom 21. September 2011 nachgeschobenen Erwägungen geheilt. Der angegriffene Bescheid konnte schon wegen seiner endgültigen Erledigung vor Abfassung des Schriftsatzes nicht mehr rückwirkend geändert werden. Im Übrigen wäre die rückwirkende Änderung auch verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig gewesen, da sie die wesentlichen Ermessenserwägungen auswechselte und die Klägerin dadurch in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte (vgl. hierzu Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <217 f.>, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Die Untersagung war ursprünglich auf die Monopolwidrigkeit der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin und darauf gestützt, dass das Sportwettenmonopol rechtmäßig sei. Dieser Gesichtspunkt war für die nachgeschobene Begründung unerheblich; nunmehr wurde die Untersagung allein mit der formellen und materiellen Illegalität der Wettvermittlung ohne Rücksicht auf das Sportwettenmonopol gerechtfertigt. Gegen einen Austausch der wesentlichen Erwägungen spricht auch nicht, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen durch das Auswechseln der wesentlichen Ermessenserwägungen erheblich beeinträchtigt. Die neue Begründung der Untersagung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

65

d) Ohne revisiblen Rechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht die angegriffene Untersagungsverfügung auch im Zeitraum von ihrem Erlass bis zum 31. Dezember 2007 für rechtswidrig gehalten. Die Ausübung des durch § 14 OBG NW eröffneten Ermessens war fehlerhaft, weil das Sportwettenmonopol, mit dem die Untersagung begründet wurde, bereits damals gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot verstieß.

66

Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei darauf abgestellt, dass das nordrhein-westfälische Sportwettenmonopol unter dem damals geltenden Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LoStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an diesen legitimen Zielen ausgerichtet wurde. Insoweit durfte das Oberverwaltungsgericht auf die entsprechende bundesverfassungsgerichtliche Würdigung verweisen (zum nordrhein-westfälischen Recht vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 - 2 BvR 2428/06 - NJW 2007, 1521 = juris Rn. 26 f. mit Verweis auf das Urteil zum bayerischen Sportwettenmonopol vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) und davon ausgehen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine konsequent am Ziel der Suchtbekämpfung orientierte Ausgestaltung des Monopolbereichs sich mit den unionsrechtlichen decken. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es nach den insoweit nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, nach denen die - irrevisible - Rechtslage in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 der beanstandeten Rechtslage in Bayern entsprach. Insbesondere fehlten auch in Nordrhein-Westfalen Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Die einschlägigen Regelungen in § 4 Abs. 3 LoStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus. Darüber hinaus war mangels einer neutralen Kontrollinstanz nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312 f.; vgl. Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2006 a.a.O.).

67

Dass das Bundesverfassungsgericht die Anwendung der verfassungswidrigen bayerischen Monopolregelung für eine Übergangszeit bis längstens zum 31. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der unionsrechtswidrigen nordrhein-westfälischen Monopolregelung unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht rechtfertigen. Auf die Umsetzung der bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben kommt es dabei nicht an, weil sie die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren konnte. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 24).

68

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 39, 48).

69

Die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist dem Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vorzulegen, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum Ende 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern die Beklagte die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 21. September 2011 rückwirkend auswechseln wollte, war dies aus den oben dargelegten Gründen verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig. Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.


Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. März 2013 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die mit Schreiben vom 24. Juni 2010 bestätigte glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012.

2

Mit ihr wurde der Klägerin die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über eine Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz verfügen, in den Geschäftsräumen F--Straße in W… sowie in allen in Rheinland-Pfalz von der Klägerin betriebenen weiteren Geschäftsstellen untersagt (Ziffer 1). Ferner sprach der Beklagte das Verbot aus, die vorgenannten Betriebsräume einem Dritten zum Zweck der Weiterführung der Sportwettvermittlung zu überlassen (Ziffer 2). Des Weiteren wurde der Klägerin die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über die Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz verfügen, sowie die Eröffnung und/oder Übernahme einer Annahmestelle zu diesem Zweck spätestens mit Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Verfügung folgenden Tages im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz untersagt (Ziffer 3). Ihr wurde außerdem aufgegeben, alle speziellen Hilfsmittel für die Annahme und Vermittlung oder das Weiterleiten von Sportwetten bis spätestens innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung aus den in Ziffer 1 genannten Geschäftsräumen zu entfernen (Ziffer 4). Darüber hinaus erging die Aufforderung, in den Geschäftsräumen ab Zustellung der Verfügung auf die Einstellung der Annahme und Vermittlung der Sportwetten deutlich und für jedermann sichtbar hinzuweisen (Ziffer 5). Schließlich wurde der Klägerin aufgegeben, jegliche Werbung für bzw. Hinweise auf die Sportwetten bis spätestens mit Ablauf des auf den Tag der Zustellung der Verfügung folgenden Tages einzustellen, Hilfsmittel zur Werbung unverzüglich aus den Geschäftsräumen und die Außenwerbung innerhalb einer Woche nach Zustellung der Verfügung endgültig zu entfernen (Ziffer 6). Zu den Anordnungen ergingen jeweils Zwangsmittelandrohungen (Ziffern 7 bis 9).

3

Der von der Klägerin dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. März 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle an der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Vermittlung privater Sportwetten. Das Erlaubnisverfahren sei in Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2010 eröffnet; die seitens der Antragsteller zu erfüllenden Anforderungen könnten einer „Check-Liste“ des zuständigen Ministeriums entnommen werden. Das Internet-Verbot und das Live-Wetten-Verbot müssten beachtet werden. Allerdings habe weder die Klägerin noch der Wettveranstalter, an den die Wetten vermittelt werden sollen, einen Erlaubnisantrag gestellt.

4

Mit ihrer daraufhin erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst beantragt,

5

die Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, schriftlich bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 aufzuheben.

6

Nach Aufgabe der Betriebsstätte in der F-Straße in W… am 10. Mai 2012 hat sie im ersten Rechtszug beantragt,

7

1. Ziffer 3 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 8 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - aufzuheben,

8

2. festzustellen, dass Ziffer 3 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 8 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zur Entscheidung des Gerichts rechtswidrig gewesen sind

9

3. die als Grundlage für die Zwangsgeldfestsetzung vom 1. August 2011 dienende Ziffer 6 der Verfügung vom 15 Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 9 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - aufzuheben,

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4. festzustellen, dass Ziffern 1, 2, 4 und 5 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezüglichen Zwangsmittelandrohungen in Ziffern 7, 8 und 9 - jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen sind.

11

Der Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

14

Das Verwaltungsgericht hat das Aufhebungsbegehren hinsichtlich der Regelung der Ziffer 3 und das darauf bezogene Fortsetzungsfeststellungsbegehren mit dem Gerichtsbescheid vom 21. März 2013 abgewiesen. Auch das im Hinblick auf Ziffer 6 verfolgte Fortsetzungsfeststellungsbegehren blieb ohne Erfolg. Dem Begehren, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung bezüglich der Ziffern 1, 2, 4 und 5 sowie der dazu ergangenen Zwangsmittelandrohungen in Ziffern 7, 8 und 9 festzustellen, wurde hingegen stattgegeben.

15

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Klägerin könne die Aufhebung des auf das Fehlen einer Erlaubnis gestützten und landesweit geltenden Verbots, unerlaubte Sportwetten zu vermitteln (Ziffer 3), nicht beanspruchen. Denn sie verfüge nicht über die unionsrechtskonform geforderte und nach wie vor notwendige Erlaubnis. Mangels berechtigten Interesses müsse auch das auf Ziffer 3 der Verfügung bezogene Fortsetzungsfeststellungsbegehren erfolglos bleiben. Gleiches gelte im Ergebnis für das Werbeverbot der Ziffer 6. Demgegenüber sei die Klage begründet, soweit die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung hinsichtlich der Ziffern 1, 2, 4 und 5 sowie der dazu ergangenen Zwangsmittelandrohungen in Ziffern 7, 8 und 9 beantragt habe. Im Hinblick auf diese Regelungen sei die Ermessensausübung des Beklagten, die eine denkbare Erlaubnisfähigkeit der von der Klägerin vermittelten Sportwetten nicht in den Blick genommen habe, fehlerhaft gewesen.

16

Beide Beteiligte haben im Umfang des jeweiligen Unterliegens die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.

17

Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige die Untersagung einer landesweiten Vermittlungstätigkeit (Ziffer 3) nicht, weil ein ergebnisoffenes Erlaubnisverfahren zu keinem Zeitpunkt eröffnet gewesen sei und sie als Vermittlerin aufgrund des seit dem 1. Juli 2012 geltenden Glücksspielrechts eine Konzession ohnehin nicht erlangen könne. Bei seiner Ermessensausübung habe der Beklagte ferner berücksichtigen müssen, dass die Begrenzung auf 20 Konzessionen unionsrechtswidrig sei, seit dem 1. Juli 2012 keine neuen Untersagungsverfügungen erlassen worden seien und bereits ergangene Verfügungen nicht vollzogen würden. Anders als das Verwaltungsgericht meine, komme es auch bei der Prüfung des landesweiten Verbots der Ziffer 3 auf die Erlaubnisfähigkeit der vermittelten Sportwetten an. Schließlich fehle es an der Verhältnismäßigkeit, der Eignung und der Erforderlichkeit der in Ziffer 3 getroffenen Regelung. Ihrem Fortsetzungsfeststellungsbegehren habe in Bezug auf Ziffer 3 wegen bestehender Wiederholungsgefahr und hinsichtlich der Regelungen der Ziffer 6 wegen fehlerhafter Ermessensausübung ebenfalls stattgegeben werden müssen.

18

Die Klägerin beantragt,

19

unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. März 2013

20

1. Ziffer 3 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 8 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - aufzuheben,

21

2. festzustellen, dass Ziffer 3 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 8 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zur Entscheidung des Gerichts rechtswidrig gewesen sind,

22

3. festzustellen, dass die als Grundlage für die Zwangsgeldfestsetzung vom 1. August 2011 dienende Ziffer 6 der Verfügung vom 15 Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 9 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen sind.

23

Der Beklagte beantragt,

24

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und unter teilweiser Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Mainz vom 21. März 2013 die Klage insgesamt abzuweisen.

25

Zur Begründung führt der Beklagte aus, die Untersagungsverfügung sei ohne Ermessensfehler auf das Fehlen der erforderlichen glücksspielrechtlichen Vermittlungserlaubnis gestützt worden. Der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige die Untersagung einer nicht genehmigten Vermittlungstätigkeit, zumal in Rheinland-Pfalz seit geraumer Zeit Vermittlungserlaubnisse erlangt werden könnten. Zudem dürfe nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Untersagung der Sportwettvermittlung schon dann ausgesprochen werden, wenn diese nicht offensichtlich erlaubnisfähig sei. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass - wie die Klägerin behaupte - seit dem 1. Juli 2012 keine neuen Untersagungsverfügungen erlassen worden seien und bereits ergangene Verfügungen nicht vollzogen würden.

26

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen sowie den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet (I.). Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin die Aufhebung der Regelung in Ziffer 3 der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt durch Schreiben vom 24. Juni 2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 mit Wirkung für die Zukunft (1.) sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Verbots für den Zeitraum vom Erlass bis zur gerichtlichen Entscheidung (2.) begehrt. Ebenso wenig ist das auf Ziffer 6 dieser Untersagungsverfügung bezogene Fortsetzungsfeststellungsbegehren begründet (3.).

28

Hingegen hat die Berufung des Beklagten Erfolg (II.). Anders als das Verwaltungsgericht kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Feststellung hat, die Regelungen in Ziffer 1, 2, 4 und 5 sowie 7, 8 und 9 der Untersagungsverfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt durch Schreiben vom 24. Juni 2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 seien im Zeitraum vom Erlass bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen. Dementsprechend ist der Gerichtsbescheid vom 21. März 2013 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

I.

29

Die Berufung der Klägerin ist mit keinem der gestellten Anträge erfolgreich.

30

1. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid hat das Verwaltungsgericht zutreffend das Aufhebungsbegehren der Klägerin abgewiesen. Insoweit weist der Senat die Berufung der Klägerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück und sieht gemäß § 130b Satz 2 VwGO in diesem Umfang von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

31

Die Klägerin kann die Aufhebung der Regelung in Ziffer 3 der Untersagungsverfügung mit Wirkung für die Zukunft nicht beanspruchen. Da es sich insoweit um einen glücksspielrechtlichen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BVerwG, 8 B 62.11, ZfWG 2012, 115, juris) handelt, ist entscheidend auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abzustellen (vgl. BVerfG, 1 BvR 2410/08, NVwZ 2009, 1221, juris; BVerfG, 1 BvR 1946/06, NVwZ-RR 2011, 405, juris; BVerfG, 1 BvR 2218/06, NVwZ 2008, 301; BVerwG, 3 C 6.97, BVerwGE 106, 141; BVerwG, 8 C 11.10, juris, Rn. 17). In diesem Zeitpunkt erweist sich die Aufrechterhaltung der Regelung in Ziffer 3 der angefochtenen Untersagungsverfügung durch den Beklagten nicht als ermessensfehlerhaft. Der Beklagte hat nämlich von der ihm durch die Bestimmung des § 13 Abs. 3 Nr. 3 des Landesglücksspielgesetzes vom 22. Juni 2012 (GVBl. S. 166 - LGlüG 2012 -) eingeräumten Ermessensbefugnis fehlerfreien Gebrauch gemacht, als er das mit Ziffer 3 der angefochtenen Untersagungsverfügung ausgesprochene Verbot der Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über die Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz verfügen, sowie die Untersagung der Eröffnung und/oder Übernahme einer Annahmestelle zu diesem Zweck im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz aufrecht erhielt. Denn die Klägerin verfügt, wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, nicht über die nach der maßgeblichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 des Glücksspielstaatsvertrags 2012 (GVBl. S. 173 - GlüStV 2012 -) erforderliche Erlaubnis.

32

Anders als die Klägerin vorträgt, kann ihr das Fehlen einer solchen Erlaubnis entgegen gehalten werden. Es ist nämlich keineswegs ausgeschlossen, ihr die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis zu erteilen. Zwar kann gemäß § 7 Abs. 8 LGlüG 2012 der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten in einer Wettvermittlungsstelle oder Verkaufsstelle nur von dem Konzessionsnehmer gestellt werden. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Wettvermittlungsstellen nur von Wettveranstaltern betrieben werden dürfen. Vielmehr greift § 7 Abs. 8 LGlüG 2012 den in § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV 2012 enthaltenen Verweis auf § 29 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2012 auf, wonach der Veranstalter den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV 2012 für die für ihn tätigen Vermittler stellt, soweit diese in die Vertriebsorganisation des Veranstalters eingegliedert sind (vgl. auch Begründung zum Gesetzentwurf, LT-Drucks. 16/1179, S. 47).

33

Unabhängig davon besteht derzeit, also schon während des laufenden Konzessionierungsverfahrens gemäß §§ 4a, 10a GlüStV 2012, die vom Beklagten eingeräumte Möglichkeit, private Sportwettvermittlungen einstweilen zu dulden, wenn die Erteilung einer Konzession erwartet werden kann, die gewerbe- sowie glücksspielrechtliche Zuverlässigkeit vorliegt und die Betriebsstätte zur Sportwettvermittlung geeignet ist. Diese inhaltliche Orientierung an dem neuen Glücksspielrecht entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen Stanleybet und Sportingbet (EuGH, C-186/11 und C-209/11, GRUR 2013, 524, juris, Rn. 48). Der Senat hat mit Urteil vom 2. Juli 2013 (6 A 10026/13.OVG) entschieden, dass angesichts der einstweiligen Duldung privater Sportwettvermittlung von einem faktischen Fortbestehen des staatlichen Sportwettmonopols nicht gesprochen werden kann und auch dem Unionsrecht und insbesondere der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Übergangszeit bis zu einer Konzessionserteilung Genüge getan ist, weil auch Dienstleistungen ausländischer Sportwettveranstalter in Rheinland-Pfalz tatsächlich erbracht werden können.

34

Ob die Begrenzung auf 20 Konzessionen in § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 unionsrechtswidrig ist, musste der Beklagte - wie in dem angefochtenen Gerichtsbescheid bereits ausgeführt wurde - bei seiner Ermessensausübung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in Betracht ziehen. Denn sie hat nichts dafür vorgetragen, die Erteilung einer Konzession an den oder die Wettveranstalter, für den bzw. für die sie Sportwetten vermitteln möchte, könne nicht erwartet werden.

35

Das landesweite Vermittlungsverbot der Ziffer 3 der Verfügung kann auch nicht deshalb beanstandet werden, weil die Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin nicht geprüft wurde. Denn es kommt auf die Erlaubnisfähigkeit nicht entscheidend an, solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann (vgl. BVerwG, 8 C 14.12, juris, Rn. 54 ff.). Davon kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Erlaubnisfähigkeit nur hinsichtlich einer oder mehrerer bestimmter Betriebsstätten, nicht aber abstrakt für alle landesweit denkbaren Vermittlungsstellen sämtlicher möglicher künftiger Konzessionsinhaber geprüft werden kann und die Klägerin dazu keine näheren Einzelheiten angegeben hat.

36

Mit der Behauptung, nach dem 1. Juli 2012 seien von dem Beklagten weder neue Untersagungsverfügungen gegenüber privaten Sportwettvermittlern ausgesprochen noch bereits erlassene vollstreckt worden, weist die Kläger ebenso wenig auf einen Ermessensfehlgebrauch hin, zumal der Beklagte dem entgegen getreten ist.

37

Schließlich vermögen vermeintliche Verstöße der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH gegen gesetzliche Bestimmungen die gegenüber der Klägerin aufrecht erhaltene Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beeinflussen. Dies könnte allenfalls angenommen werden, wenn diese Entscheidung mit dem Bestehen eines staatlichen Monopols begründet worden wäre (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 11163/11.OVG, ZfWG 2012, 203, esovgrp, juris). Die Untersagungsverfügung ist in der Gestalt des Widerspruchsbescheids jedoch auf den Erlaubnisvorbehalt und die Tatsache, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht erteilt wurde, gestützt.

38

2. Erfolglos bleibt auch das auf Ziffer 3 der Untersagungsverfügung bezogene Fortsetzungsfeststellungsbegehren der Klägerin. Der Antrag

39

festzustellen, dass Ziffer 3 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 8 - jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zur Entscheidung des Gerichts rechtswidrig gewesen sind,

40

kann unabhängig davon, wie er auszulegen ist (a), keinen Erfolg haben (b und c).

41

a) Da dieser Antrag nicht eindeutig formuliert ist, bedarf er zunächst der Auslegung. In der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 könnte die mit Schreiben vom 24. Juni 2010 bestätigte Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010 seit diesem Tag ihres Erlasses nur rechtswidrig gewesen sein, wenn sie seitdem unverändert geblieben wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr wurde die allein auf das Sportwettmonopol gestützte Verfügung vom 15. Juni 2010 durch den Widerspruchsbescheid vom 30. März 2012 in den tragenden Ermessenserwägungen durch das Abstellen auf den Erlaubnisvorbehalt geändert. In dieser neuen Gestalt ist die Untersagungsverfügung erst seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 existent und kann allenfalls seit diesem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen sein.

42

b) Sollte der Antrag dahingehend auszulegen sein, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit seit dem 15. Juni 2010 begehrt wird, ist die Klage insoweit schon deshalb unzulässig, weil dadurch der Streitgegenstand der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage erweitert würde. Der Übergang von einem Anfechtungs- oder einem Verpflichtungs- zu einem Feststellungsbegehren nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO setzt nämlich voraus, dass der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird (BVerwG, 8 B 62/11, NVwZ 2012, 510, juris). Der ursprüngliche Streitgegenstand umfasste der Klageschrift zufolge (lediglich) das Begehren, die Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, schriftlich bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 aufzuheben. Die Ermessensentscheidung vom 15. Juni 2010, die die Untersagung im Wesentlichen mit dem Sportwettmonopol begründete, war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeändert und wurde nur in ihrer neuen Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 30. März 2012 erhalten hat, zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemacht. Da die Klägerin auch in zeitlicher Hinsicht über den Umfang der Anfechtung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung entscheidet (vgl. BVerwG, 8 B 62.11, NVwZ 2012, 510, juris), war die mit Schreiben vom 24. Juni 2010 bestätigte Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010 nur in der neuen Gestalt angefochten, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 30. März 2012 erhalten hat, also mit den Ermessenserwägungen, die nicht auf das Monopol abstellen, sondern auf den Erlaubnisvorbehalt und die Tatsache, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht erteilt wurde.

43

c) Legt man den Antrag als Begehren aus, die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids bis zur Entscheidung des Gerichts festzustellen, muss er im Ergebnis ohne Erfolg bleiben, weil die Regelungen in Ziffern 3 und 8 dieser Verfügung nicht rechtswidrig, insbesondere nicht ermessensfehlerhaft waren.

44

Die Ermessensentscheidung des Beklagten, der Klägerin wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis die Sportwettvermittlung landesweit zu verbieten, ist für den Zeitraum vom Erlass des Widerspruchsbescheids im März 2012 bis zum 30. Juni 2012 nicht zu beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, 8 C 14.12, juris, Rn. 52 ff.) hat entschieden, dass die Vermittlung privater Sportwetten ohne die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis in diesem Zeitraum zum Erlass einer auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glücksspielstaatsvertrags 2008 (GVBl. S. 240 - GlüStV 2008 -) gestützten Untersagungsverfügung ermächtigte. Diese Norm habe bezweckt, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren, wobei ein Verbot der Tätigkeit nicht ausgeschlossen gewesen sei. Wörtlich heißt es in dieser Entscheidung (Rn. 54 f.):

45

„Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war.

46

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden…

47

Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich.“

48

Etwas hiervon Abweichendes könnte allenfalls angenommen werden, wenn die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis in diesem Zeitraum von vornherein nicht hätte erlangt werden können. Unter solchen Umständen könnte das Fehlen einer solchen Erlaubnis der Klägerin nicht entgegen gehalten werden (vgl. hierzu OVG SL, 3 B 273/12, ZfWG 2013, 35, juris). Dafür ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin nichts ersichtlich, auch wenn der Beklagte an seiner Auffassung festhielt, das Sportwettmonopol sei mit dem Unionsrecht und dem Verfassungsrecht vereinbar. Gleichwohl hatte der Beklagte das Erlaubnisverfahren nach Ergehen der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen Stoß u.a. (EuGH, C-316/07, Slg. 2010, I-8069, juris), Carmen Media Group (EuGH, C-46/08, Slg. 2010, I-8175, juris) sowie Winner Wetten (EuGH, C-409/06, Slg. 2010, I-8041, juris) eröffnet. Soweit seinerzeit gerichtlich weiter verfolgte Anträge auf Erteilung einer Veranstaltungs- bzw. einer Vermittlungserlaubnis ohne Erfolg blieben, war dies im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Veranstalter nicht bereit waren, sich dem Verbot von Live-Wetten (§ 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV 2008) und dem Internet-Verbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008) zu unterwerfen, und eine Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV 2008 nur für nach diesem Glücksspielstaatsvertrag erlaubte Glücksspiele erteilt werden durfte (vgl. hierzu OVG RP, 6 B 11013/10.OVG, ZfWG 2011, 58, esovgrp, juris).

49

Internet-Sportwetten von der Erlaubnisfähigkeit auszunehmen, verstieß auch nicht gegen das Unionsrecht. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sich die Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, anders gearteten und größeren Gefahren für den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten, und dass deswegen anzuerkennen ist, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt (EuGH, C-46/08 - Carmen Media Group – Slg. 2010, I-08149, Rn. 103 ff.; EuGH, C-42/07 - Liga Portuguesa - Slg.2009, I-07633, Rn. 70).

50

Anders als die Klägerin meint, stand die Bestimmung des § 7 Abs. 5 des Landesglücksspielgesetzes vom 3. Dezember 2007 (GVBl. S. 240 - LGlüG 2008 -) der Erteilung einer Vermittlungserlaubnis an sie nicht entgegen. Diese Vorschrift, wonach der Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betreiben einer Annahmestelle nur vom Land als unmittelbarer Veranstalter oder von der die Veranstaltung durchführenden Gesellschaft gestellt werden kann, betrifft nur Annahmestellen für die unmittelbar vom Land veranstalteten öffentlichen Glücksspiele i.S.d. § 5 LGlüG 2008, nicht aber Betriebsstätten für private Sportwettvermittlung (vgl. hierzu schon OVG RP, 6 A 10511/11.OVG). Ob die Regelung in Ziffer 3 der Untersagungsverfügung in - wie die Klägerin meint - untrennbarem Zusammenhang mit den Anordnungen in Ziffern 1 und 2 steht, kann unerörtert bleiben, weil die Fortsetzungsfeststellungklage auch insoweit abzuweisen ist, wie unter II. im Einzelnen begründet wird.

51

Dass die Entscheidung des Beklagten, für den bislang unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags 2012 verstrichenen Zeitraum an der landesweiten Untersagung festzuhalten, nicht ermessensfehlerhaft war, kann den Ausführungen zu I. 1. entnommen werden.

52

3. Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass

53

die als Grundlage für die Zwangsgeldfestsetzung vom 1. August 2011 dienende Ziffer 6 der Verfügung vom 15 Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezügliche Zwangsmittelandrohung in Ziffer 9 – jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen sind,

54

gelten die Ausführungen zu I. 2. a) bis c) entsprechend. Die Anordnung in Ziffer 6, jegliche Werbung für bzw. Hinweise auf die Sportwetten einzustellen, Hilfsmittel zur Werbung aus den Geschäftsräumen und Außenwerbung zu entfernen, war in dem Zeitraum vom Erlass des Widerspruchsbescheids im März 2012 bis zum 10. Mai 2012 nicht zu beanstanden. Denn sie bezogen sich auf eine unerlaubte Sportwettvermittlung (vgl. oben I. 2. c). Das gegenüber der Klägerin in der Gestalt des Widerspruchsbescheids nicht auf das staatliche Monopol gestützte Werbeverbot der Ziffer 6 beruht unabhängig von der Werbung der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH auf einer fehlerfreien Ermessensentscheidung des Beklagten. Die beantragte Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Werbeverbots kann auch nicht etwa deshalb Erfolg haben, weil es Grundlage für die Zwangsgeldfestsetzung vom 1. August 2011 war. Denn die Zwangsgeldfestsetzung ist, wie sich bereits aus dem angefochtenen Gerichtsbescheid ergibt, rechtskräftig aufgehoben worden.

II.

55

Auf die Berufung des Beklagten ist der Gerichtsbescheid vom 21. März 2013 teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. Der im ersten Rechtszug erfolgreiche Antrag der Klägerin

56

festzustellen, dass Ziffern 1, 2, 4 und 5 der Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, und die diesbezüglichen Zwangsmittelandrohungen in Ziffern 7, 8 und 9 - jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 - im Zeitraum vom Erlass bis zum 10. Mai 2012 rechtswidrig gewesen sind,

57

kann - anders als das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen hat - keinen Erfolg haben.

58

1. Aus den unter I. 2. a) dargelegten Gründen ist der Antrag nicht eindeutig formuliert. Er kann dahingehend ausgelegt werden, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit seit dem 15. Juni 2010 begehrt wird. Er lässt sich aber auch als Begehren verstehen, die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids bis zum 10. Mai 2012 festzustellen.

59

2. Sollte der Antrag dahingehend auszulegen sein, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit seit dem 15. Juni 2010 begehrt wird, ist die Klage insoweit schon deshalb unzulässig, weil dadurch der Streitgegenstand der ursprünglich erhobenen Anfechtungsklage erweitert würde. Dieser umfasste der Klageschrift zufolge (lediglich) das Begehren, die Verfügung des Beklagten vom 15. Juni 2010, schriftlich bestätigt mit Schreiben vom 24. Juni 2010, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 aufzuheben. Die Ermessensentscheidung vom 15. Juni 2010, die die Untersagung im Wesentlichen mit dem Sportwettmonopol begründete, war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeändert und wurde nur in ihrer neuen Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 30. März 2012 erhalten hat, zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemacht, also mit den Ermessensgründen, die nicht auf das Monopol abstellen, sondern auf den Erlaubnisvorbehalt und die Tatsache, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis nicht erteilt wurde.

60

3. Legt man den Antrag als Begehren aus, die Rechtswidrigkeit der Regelungen in Ziffern 1, 2, 4 und 5 sowie 7, 8 und 9 der Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids bis zum 10. Mai 2012 festzustellen, mangelt es ihm schon an der Zulässigkeit. Denn die Klägerin hat kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (a). Ungeachtet dessen waren diese Regelungen in dem genannten Zeitraum nicht ermessensfehlerhaft (b).

61

a) Unter Berücksichtigung der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Feststellung nach der bereits erwähnten Änderung des Glücksspielrechts zum 1. Juli 2012 weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf ein Rehabilitierungsinteresse stützen (vgl. hierzu BVerwG, 8 C 14.12, juris). Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann auch nicht wegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit oder die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit angenommen werden (vgl. hierzu BVerwG, 8 C 14.12, juris). Die Absicht, Amtshaftungs- und/oder unionsrechtliche Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, vermag ebenso wenig ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu begründen, weil es offensichtlich an der Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden fehlt. Bei Ermessensentscheidungen wie den glücksspielrechtlichen Untersagungen ist der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsverletzung und Schaden nämlich nur zu bejahen, wenn feststeht, dass die Behörde bei fehlerfreier Ermessensausübung eine andere, nicht zum Schaden führende Entscheidung getroffen hätte (vgl. BVerwG, 8 C 14.12, juris). Vergleichbares gilt des Weiteren für Ersatzansprüche auf der Grundlage der verschuldensunabhängigen Haftung gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (vgl. hierzu OVG RP, 8 A 10814/03.OVG, UPR 2004, 198, esovgrp). Auch nach dieser Bestimmung ist ein „angemessener Ausgleich“ nur zu gewähren, wenn jemand durch eine rechtswidrige Maßnahme einer allgemeinen Ordnungsbehörde einen Schaden erleidet. Diese Voraussetzung liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Regelungen in Ziffern 1, 2, 4 und 5 sowie 7, 8 und 9 der Untersagungsverfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. März 2012 seit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids bis zum 10. Mai 2012 nicht rechtswidrig waren, wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen unter b) ergibt.

62

b) Anders als in dem angefochtenen Gerichtsbescheid auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung angenommen wurde, können die mit dem Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis begründeten Einzelanordnungen der Ziffern 1, 2, 4 und 5 sowie die diesbezüglichen Zwangsmittelandrohungen in Ziffern 7, 8 und 9 der Untersagungsverfügung nicht allein deswegen beanstandet werden, weil der Beklagte keine Feststellungen zur Erlaubnisfähigkeit der vermittelten Sportwetten getroffen hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. Mai 2013 (BVerwG, 8 C 14.12, juris, Rn. 52 ff.) entschieden, dass die Vermittlung privater Sportwetten ohne die erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis in dem fraglichen Zeitraum zum Erlass einer auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2008 gestützten Untersagungsverfügung ermächtigte. Diese Norm habe bezweckt, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren, wobei ein Verbot der Tätigkeit nicht ausgeschlossen gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Begründung, warum die dagegen von der Klägerin erhobenen Einwände nicht durchgreifen, wird auf die Ausführungen unter I. 2. c) verwiesen. Das gilt nicht nur für die Untersagung der tatsächlichen betriebenen Sportwett-Vermittlungsstellen der Klägerin (Ziffer 1), sondern auch für das Verbot, die Betriebsräume einem Dritten zum Zweck der Weiterführung der Sportwettvermittlung zu überlassen (Ziffer 2) sowie die Anordnung in Ziffer 4, alle speziellen Hilfsmittel für die Annahme und Vermittlung oder das Weiterleiten von Sportwetten aus den in Ziffer 1 genannten Geschäftsräumen zu entfernen, und auch für die Aufforderung, in den Geschäftsräumen auf die Einstellung der Annahme und Vermittlung der Sportwetten deutlich und für jedermann sichtbar hinzuweisen (Ziffer 5). Insoweit und auch hinsichtlich der Zwangsmittelandrohungen enthalten sowohl die schriftliche Bestätigung der Untersagungsverfügung vom 24. Juni 2010 als auch der Widerspruchsbescheid ausführliche und zutreffende Begründungen, auf die Bezug genommen wird, zumal Einwände gegen deren Rechtmäßigkeit weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

III.

63

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

64

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

65

Revisionszulassungsgründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art liegen nicht vor.

66

Beschluss

67

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin vermittelt seit dem 7.10.2010 in ihren Geschäftsräumen R-Straße, A-Stadt, M-Straße, A-Stadt, H-straße , A-Stadt, seit Juli 2011 in der M-Straße, A-Stadt und seit Februar 2011 in der L-Straße, B-Stadt, Sportwetten mit fester Gewinnquote an die in Malta ansässige und konzessionierte Firma T..

Mit Bescheid vom 18.5.2012 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin die Ausübung der Tätigkeit „Vermittlung von Sportwetten“, hier speziell den Betrieb einer Annahmestelle, die Vermittlung von Sportwetten und die Abwicklung des damit verbundenen Zahlungsverkehrs, sowie jegliche Werbung hierfür, für nicht im Saarland konzessionierte Sportwetten für das gesamte Gebiet des Saarlandes, insbesondere an den vorgenannten Betriebsstätten, mit sofortiger Wirkung. Gleichzeitig wurde der Antragstellerin untersagt, die vorgenannten Betriebsräume Dritten zum Zwecke der Weiterführung der Sportwettvermittlung zu überlassen.

Am 24.5.2012 hat die Antragstellerin Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 erhoben und am 25.5.2012 beantragt, deren aufschiebende Wirkung anzuordnen. Mit Beschluss vom 20.8.2012 - 6 L 523/12 - hat das Verwaltungsgericht den Eilrechtsschutzantrag zurückgewiesen. Gegen diesen am selben Tag zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 24.8.2012 Beschwerde erhoben und diese fristgerecht begründet. Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegen getreten.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung der angegriffenen Entscheidung, mit der der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 zurückgewiesen wurde. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin, der Verbotsverfügung vom 18.5.2012 erst nach Klärung deren Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren nachkommen zu müssen, und dem öffentlichen Interesse an dem sowohl gemäß § 9 Abs. 2 des am 31.12 2011 außer Kraft getretenen Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (im Folgenden: GlüStV a.F.) als auch in § 9 Abs. 2 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011 (im Folgenden: GlüStV n.F.) angeordneten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung kommt dem Vollzugsinteresse der Vorrang zu.

Denn die von der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände vermögen bei der im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zu begründen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Senats, da der streitgegenständliche Bescheid als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren ist und die einschlägigen gesetzlichen Regelungen keinen abweichenden Zeitpunkt bestimmen

vgl. u.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8.12.2011 -4 A 1965/07-, m.w.N., juris.

Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung - wovon bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - anhand der am Tag der Entscheidung geltenden Rechtsvorschriften, also anhand des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (GlüStV n.F.) sowie des saarländischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 20.6.2012 (AG GlüStV-Saar n.F.) zu beurteilen. Diese Regelungen gelten im Saarland seit dem 1.7.2012.

Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die angefochtene Untersagung der Vermittlung von Sportwetten ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. hat die Glücksspielaufsicht die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehenden oder auf seiner Grundlage begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Der Antragsgegner als die nach § 14 Abs. 1 AG GlüStV-Saar n.F. zuständige Behörde kann nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Insbesondere kann er nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Nach Maßgabe der vorgenannten Vorschriften ist die angefochtene Untersagung voraussichtlich nicht zu beanstanden.

Zwar vermag – wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - ebensowenig wie das durch die Neuregelung außer Kraft getretene Sportwettenmonopol das vom Antragsgegner angeführte rein formale Fehlen einer Konzession des Wettveranstalters im Sinne von § 4 a GlüStV n.F bzw. der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zur Zeit eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung der vorliegenden Art zu rechtfertigen. Das Fehlen einer solchen Erlaubnis bzw. Konzession kann der Antragstellerin derzeit bereits deshalb nicht entgegen gehalten werden, weil die Antragstellerin unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrages mit Blick auf das darin vorgesehene Sportwettenmonopol gar keine Möglichkeit hatte, eine Erlaubnis für die Vermittlung von Sportwetten an einen privaten Veranstalter zu erhalten, und das seit dem 1.7.2012 vorgesehene Verfahren zur Erteilung von Sportwettenkonzessionen noch in vollem Gange ist. Erst nach der Entscheidung darüber, wem eine Konzession erteilt wird, kann die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle von dem Konzessionsnehmer beantragt werden. Vorher wäre ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für die Antragstellerin aussichtslos. Solange dieser - durch die verzögerte Umsetzung des neuen Glücksspielstaatsvertrages bedingte - Schwebezustand andauert, kann der Antragstellerin das Fehlen einer Erlaubnis nicht angelastet werden.

Die Untersagung der von der Antragstellerin ohne Erlaubnis aufgenommenen Geschäftstätigkeit ist dennoch im Ergebnis nicht zu beanstanden, da die konkret ausgeübte Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten auch materiell nicht erlaubnisfähig ist.

Ob sich – wie das Verwaltungsgericht angenommen hat – die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit bereits aus der zum Verweilen einladenden Ausstattung der Betriebsräume der Antragstellerin ergibt oder – wie die Antragstellerin geltend macht - eine den Zielen des § 1 GlüStV n.F. entgegenstehende Einrichtung der Räumlichkeiten zum jetzigen Zeitpunkt allenfalls eine entsprechende Auflagenverfügung, nicht aber eine vollständige Untersagung der Sportwettenvermittlung hätte rechtfertigen können, kann vorliegend dahinstehen. Denn die konkrete Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin ist jedenfalls deshalb materiell nicht erlaubnisfähig, weil sie mit § 21 Abs. 2 GlüStV n.F. nicht in Einklang zu bringen ist, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Ergänzt wird diese Regelung durch § 11 Abs. 4 Nr. 2 AG GlüStV-Saar n.F., wonach die Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle nur erteilt werden darf, wenn mit der Antragstellung erklärt wird, dass die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33 i der Gewerbeordnung eingerichtet wird. Auch § 10 Abs. 4 Nr. 2 AG GlüStV-Saar a.F. beinhaltete bereits eine vergleichbare Bestimmung. Das Trennungsgebot beruht auf der Erwägung, dass eine Kumulation der Vermittlung von Sportwetten und des gewerblichen Glücksspielangebots mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vereinbar wäre. Zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages gehört unter anderem die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ( § 1 Nr. 1 GlüStV ). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn Annahmestellen für Sportwetten in Räumlichkeiten mit gewerblichem Glücksspielangebot eingerichtet werden dürften. Hierdurch würde die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Zahl anfällig für die Entwicklung einer Spiel- oder Wettsucht ist. Es ist davon auszugehen, dass das Automatenspiel die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervorbringt. Die räumliche Verknüpfung von gewerblichem Spiel mit einer Annahmestelle für Sportwetten würde daher für Automatenspieler einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz bieten, sich auch dem Wetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden unerwünschter Weise dazu animiert werden, sich dem Automatenspiel zuzuwenden

vgl. OVG Münster, Urteil vom 8.12.2011 - 4 A 1965/07 - und VG Arnsberg, Urteil vom 14.12.2011 - 1 K 62/09 -, juris.

Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragsgegners bietet die Antragstellerin in Betriebsstätten, in denen sie Sportwetten entgegennimmt, auch die Möglichkeit zum Automatenspiel an. Zudem verstößt die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin gegen § 21 Abs. 4 Satz 2 bis 4 GlüStV n.F.. Satz 2 der genannten Vorschrift bestimmt zunächst, dass Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig sind. Zwar können gemäß Satz 3 1. HS der Vorschrift davon abweichend Sportwetten, die Wetten auf das Endergebnis sind, während des laufenden Sportereignisses zugelassen werden ( Endergebniswetten ); Wetten auf einzelne Vorgänge während des Sportereignisses ( Ereigniswetten ) sind gemäß Satz 3 2. HS jedoch ausgeschlossen.

Die von der Antragstellerin vermittelten Sportwetten widersprechen offenkundig den vorgenannten Regelungen. Auf Grund der in den Verwaltungsakten befindlichen Exemplare der von der Antragstellerin in ihren Betriebsräumen vorgehaltenen Wettscheine ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht erlaubte Livewetten und auch unzulässige Ereigniswetten ( etwa Wetten auf das erste bzw. nächste Tor usw. ) vermittelt. Dem entsprechenden Vorbringen des Antragsgegners ist die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit die Antragstellerin demgegenüber geltend macht, dass die Firma T, deren Wetten sie vermittle, im Rahmen ihres Antrags auf Erteilung einer Konzession gemäß §§ 4a ffGlühStV n. F. bestrebt sei, ein den Anforderungen des neuen Glücksspielstaatsvertrags entsprechendes Wettangebot zu erarbeiten, ändert dies nichts daran, dass das aktuell von der Antragstellerin vorgehaltene Wettangebot den Vorgaben des § 21 Abs. 4 GlüStv n.F. eindeutig widerspricht. Maßgeblich für die Beurteilung der materiellen Erlaubnisfähigkeit bzw. der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Tätigkeit von Veranstaltern und den betroffenen Vermittlern ist deren gegenwärtiges und nicht ein – zudem nicht näher konkretisiertes – zukünftiges Geschäftsmodell

vgl. OVG Lüneburg, Urt. vom 21.6.2011 – 11 LC 348/10 – m.w.N., juris.

Wird ein gegenwärtig rechtswidriges Geschäftsmodell zukünftig im Sinne der zuvor bezeichneten Anforderungen geändert und (sowohl für den Veranstalter als auch für den jeweiligen Vermittler) genehmigt, so wird dieses Modell schon begrifflich nicht mehr von der angefochtenen Untersagungsverfügung, welche sich lediglich gegen im Saarland nicht konzessionierte Sportwetten richtet, erfasst.

Zweifel an der Vereinbarkeit der vorgenannten Regelungen mit dem Verfassungs- bzw. Gemeinschaftsrecht bestehen bei summarischer Prüfung nicht. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass sowohl das Trennungsgebot gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV n.F. als auch das in § 21 Abs. 4 GlüStV n.F. festgesetzte Live- bzw. Ereigniswettenverbot mit Blick auf das mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgte Ziel der Suchtvorbeugung verhältnismäßig und von daher als Einschränkungen der Berufsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 56, 57 AEUV ist ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere steht außer Frage, dass die hier in Rede stehenden Verbote nicht diskriminierend sind, also für Inländer und Ausländer gleichermaßen gelten, und dass damit tatsächlich auch das unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziel der Bekämpfung der Wettsucht verfolgt wird. Anhaltspunkte dafür, dass Sinn und Zweck der hier in Rede Verbote durch andere gesetzliche Regelungen bzw. die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich

so zum Trennungsgebot bereits Beschluss des Senats vom 19.11.2012 – 3 B 273/12 -; zu den generellen Anforderungen an die Vereinbarkeit einer den Betrieb von Sportwetten einschränkenden Regelungen mit der Dienstleistungsfreiheit BVerwG, Urteil vom 1.6.2011 -8 C 5/10-, juris.

Zu weitergehenden Ausführungen bietet das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keinen Anlass, da die von der Antragstellerin angesprochenen verfassungs- bzw. gemeinschaftsrechtlichen Bedenken nicht die hier in Rede stehenden Verbote betreffen.

Ist der Antragsgegner daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin materiell nicht erlaubnisfähig ist, ist die Untersagung der Vermittlungstätigkeit nicht zu beanstanden. Da eine lediglich standortbezogene Untersagung durch eine Verlagerung der Tätigkeit an andere Standorte einfach umgangen werden könnte, wie dies in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen häufig geschah, ist auch ein saarlandweites Verbot gerechtfertigt.

Der Antragsgegner war entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht gehalten, vor einer Untersagung der Vermittlungstätigkeit zunächst die Möglichkeit einer Auflagenverfügung in Erwägung zu ziehen. Zwar kommen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

vgl. Urteil vom 1.6.2011 - 8 C 2.10 – , juris

bei Zweifeln über die Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit zunächst Nebenbestimmungen in Betracht und rechtfertigt der Erlaubnisvorbehalt eine vollständige Untersagung der Sportwettenvermittlung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch gerade keine Zweifel über die Beachtung der einschlägigen rechtlichen Vorschriften. Vielmehr ist die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot sowie das Verbot von Live- und Ereigniswetten eindeutig nicht erlaubnisfähig, so dass auch nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine unmittelbare Untersagung gerechtfertigt ist. Im Übrigen dürfte die Einhaltung etwa einer Auflage, künftig keine Live- oder Ereigniswetten mehr zu vermitteln, obwohl der Wettveranstalter diese weiterhin anbietet, auch kaum zu kontrollieren sein.

Der weitere Einwand der Antragstellerin, dass die noch auf der Grundlage des alten Glücksspielstaatsvertrages ergangene Untersagungsverfügung vom 18.5.2012 nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages vom 15.12.2011 bereits deshalb keine Regelungswirkung mehr entfalten könne, weil mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gänzlich andere Ziele als mit der früheren Regelung verfolgt würden und mit der am 1.7.2012 in Kraft getretenen Neuregelung insbesondere die Zielrichtung des streitgegenständlichen ordnungsrechtlichen Einschreitens, nämlich die Sicherung des ehemaligen Sportwettenmonopols, vollständig entfallen sei, geht ebenfalls fehl. Zunächst lässt sich einem Vergleich der in § 1 GlüStV n.F. genannten Ziele der Neuregelung mit den in § 1 GlüStV a.F. angeführten Zielen des früheren Staatsvertrages ohne weiteres entnehmen, dass diese weitgehend übereinstimmen. Insbesondere ist es nach wie vor Ziel des neuen - wie auch bereits des alten - Glücksspielstaatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Es kann keine Rede davon sein, dass mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag gänzlich andere Ziele als mit dem früheren verfolgt würden. Im neuen Glücksspielstaatsvertrag wurden im Wesentlichen lediglich die Mittel zur Erreichung der fortbestehenden Zielsetzung einer Neuregelung unterzogen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist ein überwiegendes Suspensivinteresse auch nicht deshalb anzunehmen, weil die angefochtene Untersagungsverfügung – wie die Antragstellerin geltend macht - allein zum Zweck der Sicherung des staatlichen Sportwettenmonopols ergangen sei, welches nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages jedoch nicht mehr fortbestehe. Zwar ist im Anschluss an die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2010 - 8 C 13.09 - u.a., vom 1.6.2011 - 8 C 4/10 - u.a. und vom 11.7.2011 - 8 C 11/10 - in der Rechtsprechung in Fällen, in denen Untersagungsverfügungen ursprünglich allein auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt waren, in hiergegen gerichteten Eilrechtsschutzverfahren nicht zuletzt mit Blick auf das im neuen Glücksspielstaatsvertrag im Rahmen einer Experimentierklausel vorgesehene Konzessionssystem zum Teil ein überwiegendes Suspensivinteresse der betroffenen Sportwettenvermittler bejaht worden

vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.8.2011 - 6 S 1695/11 -, juris.

Eine solche Fallkonstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Die streitgegenständliche Untersagungsverfügung war zwar auch, aber nicht einmal hauptsächlich darauf gestützt, dass die der Antragstellerin untersagten Tätigkeiten dem staatlichen Sportwettenmonopol zuwider liefen; vielmehr hat der Antragsgegner die angefochtene Untersagungsverfügung von Beginn an selbständig tragend des Weiteren damit begründet, dass weder die Antragstellerin noch der Wettveranstalter, dessen Wetten sie vermittele, im Besitz der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnis seien und die Vermittlungstätigkeit der Antragstellerin materiellrechtlich nicht erlaubnisfähig sei. Soweit der Antragsgegner die Untersagungsverfügung nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages weiterhin darauf stützt, dass die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin auch nach den nunmehr geltenden Neuregelungen, welche nach wie vor - wenn auch modifizierte - Internet-, Livewetten- und Koppelungsverbote enthielten, weiterhin materiell nicht erlaubnisfähig sei, handelt es sich von daher lediglich um eine zulässige Ergänzung seiner ursprünglichen Ermessenserwägungen, nicht jedoch um einen gänzlichen Austausch der Begründung wie in dem o.g. vom VGH Baden-Württemberg entschiedenen Fall. Eine Wesensänderung der ursprünglichen Untersagungsverfügung durch die nunmehr an der Neuregelung des Sportwettenbereichs orientierte Argumentation des Antragsgegners kann insoweit nicht angenommen werden.

Der Antragsgegner ist bei der Auswahl der privaten Sportwettenvermittler, gegen die er Untersagungsverfügungen erlassen hat, auch nicht willkürlich vorgegangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO zunächst auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen. Dem von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Einwand, dass die vom Antragsgegner herangezogenen Auswahlkriterien nicht sachgerecht gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. Auch nach Auffassung des Senats ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner bei der Auswahl der Wettbüros, gegen die er vorrangig vorgegangen ist, insbesondere auf das von den jeweiligen Büros für wett- und spielaffines Publikum unter Suchtgesichtspunkten ausgehende Gefahrenpotential abgestellt hat. Die zur Bewertung des Gefahrenpotentials herangezogenen Kriterien - etwa eine hohe Anziehungskraft aufgrund Lage, Außendarstellung und Werbewirksamkeit, eine zum Verweilen einladende Ausgestaltung der Räumlichkeiten sowie das gleichzeitige Anbieten mehrerer Spielmöglichkeiten, z.B. von Sportwetten und Spielautomaten innerhalb einer Betriebsstätte - begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Antragstellerin hiergegen geltend macht, dass andere Sportwettvermittler im Saarland etwa durch die Art der von ihnen angebotenen Wetten weit schwerwiegender gegen die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages verstießen, handelt es sich um eine rein subjektive Bewertung der Antragstellerin, die die nachvollziehbaren Auswahlkriterien des Antragsgegners nicht in Frage zu stellen vermag. Auch war der Antragsgegner entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gehalten, bei seiner Auswahlentscheidung die bisherigen Bemühungen der jeweiligen Wettvermittler bzw. –veranstalter um den Erhalt einer behördlichen Erlaubnis zu berücksichtigen. Eine entsprechende Verpflichtung kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil die hier in Rede stehenden Untersagungsverfügungen noch vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages und damit zu einem Zeitpunkt ergangen sind, als ein Antrag auf Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Vermittlung privater Sportwetten nicht erfolgversprechend war. Das nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Konzessionsverfahren wurde erst geraume Zeit nach der vom Antragsgegner getroffenen Auswahlentscheidung eingeleitet.

Der weitere Einwand der Antragstellerin, dass angesichts einer unzureichenden Personalausstattung der Glücksspielabteilung des Landesverwaltungsamtes derzeit im Saarland ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Durchsetzung der materiell-rechtlichen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags im Bereich der Wettvermittlung anzunehmen sei, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Allein der Umstand, dass die Personalstärke der Glücksspielabteilung des Antragsgegners ein zeitgleiches Vorgehen gegen sämtliche Anbieter nicht erlaubnisfähiger Sportwetten nicht zulässt, vielmehr ein zeitlich gestaffeltes Einschreiten erforderlich macht, lässt weder auf eine generell unzureichende Personalausstattung noch darauf schließen, dass der Antragsgegner nicht in der Lage wäre, die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrages in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen. Eine kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages setzt nicht notwendig ein zeitgleiches Vorgehen gegen sämtliche Verstöße voraus.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin begegnet die Untersagungsverfügung auch nicht mit Blick auf die derzeitige Untersagungspraxis in anderen Bundesländern rechtlichen Bedenken. Hinreichende Anhaltspunkte, die auf eine gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende inkohärente Verfahrensweise schließen ließen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Kenntnisstand des Senats sind bei unerlaubter Vermittlung von ungenehmigten Glücksspielen, insbesondere von Sportwetten, bundesweit bis in die jüngere Vergangenheit Untersagungsverfügungen erlassen worden. Soweit in jüngster Zeit vorübergehend vom Erlass oder von der Durchsetzung entsprechender Verfügungen abgesehen worden ist, wie dies auch im Saarland zeitweilig der Fall war, lässt dies jedoch nicht auf eine generelle Duldung unerlaubter Sportwettenvermittlung schließen, vielmehr geschah dies - soweit ersichtlich – zum einen mit Blick auf unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrages bestehende rechtliche Unsicherheiten, zum Teil in Reaktion auf die Rechtsprechung der örtlich zuständigen Obergerichte, aber auch im Hinblick auf die zu erwartende, mit erheblichen Änderungen verbundene Neuregelung im GlüStV n.F., deren Umsetzung immer noch nicht vollzogen ist. Im Übrigen lässt sich dem pauschalen Vorbringen der Antragstellerin, mit Blick auf die mittlerweile in Kraft getretene Neuregelung des Sportwettenbereichs sei die Vermittlung von Sportwetten privater Veranstalter bundesweit zuletzt geduldet worden, nichts dafür entnehmen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden auch gegen nach der neuen Rechtslage materiellrechtlich offenkundig nicht erlaubnisfähige Vermittlungstätigkeiten weiterhin nicht einschreiten.

Ist nach alledem die aktuelle Geschäftstätigkeit der Antragstellerin materiell-rechtlich nicht erlaubnisfähig, begegnet nicht nur die landesweite Untersagung derselben, sondern auch das darüber hinaus ausgesprochene Verbot der Überlassung der Betriebsräume an Dritte zum Zwecke der Weiterführung entsprechender – und damit nicht erlaubnisfähiger - Aktivitäten keinen rechtlichen Bedenken.

Vermag nach alledem das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin bei summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung zu begründen, ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass dem in § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV n.F. zum Ausdruck gebrachten öffentlichen Interesse an deren Vollzug der Vorrang vor dem Suspensivinteresse der Antragstellerin zukommt. Dass der Antragsgegner im Hinblick auf vergleichsweise Regelungen, die im Jahr 2011 angesichts der zu erwartenden Neuregelung des Sportwettenbereichs mit anderen Sportwettenvermittler getroffen wurden, auch im Falle der Antragstellerin vorübergehend von einem Einschreiten abgesehen hat, bietet keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Der vorübergehende Verzicht auf ein Einschreiten gegen unerlaubte Vermittlung privater Sportwetten erfolgte im Wesentlichen mit Blick darauf, dass eine Neuregelung dieses Bereichs bevorstand, deren Inhalt jedoch noch nicht feststand. Unter der Voraussetzung der Einhaltung bestimmter Vorgaben sah der Antragsgegner von einem Einschreiten ab, um zunächst eine Klärung dessen, was künftig erlaubnisfähig sein wird, abzuwarten. Der Antragsgegner war dadurch jedoch nicht gehindert, nach Bekanntwerden des Inhalts der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Neuregelung gegen Aktivitäten vorzugehen, die auch nach der Neuregelung eindeutig nicht erlaubnisfähig sind. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus geltend macht, dass ihr im Falle einer sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung irrevisible Schäden drohten, denen kein nennenswerter Vorteil in Bezug auf die Erreichung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gegenüberstehe, vermag auch dies kein überwiegendes Suspensivinteresse der Antragstellerin zu begründen. Da die Vermittlung von Sportwetten in der von der Antragstellerin derzeit praktizierten Form nicht erlaubnisfähig ist, besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Weiterführung dieser Geschäftstätigkeit.

Von daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

1

Der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung hat keinen Erfolg.

2

1. Über diesen Antrag entscheidet der Senat gemäß § 119 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO durch Beschluss unter Mitwirkung derjenigen Richterinnen und Richter, die an dem angegriffenen, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. und 21. März 2013 ergangenen Urteil vom 16. Mai 2013 mitgewirkt haben.

3

2. Dem Antrag der Klägerin, auch über die Tatbestandsberichtigung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden, war nicht stattzugeben. Nach § 101 Abs. 3 VwGO können Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, ohne mündliche Verhandlung ergehen, sofern nichts anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung fehlt für Entscheidungen über eine Tatbestandsberichtigung gemäß § 119 VwGO. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten.

4

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Das darin gewährleistete Recht jeder Person auf eine öffentliche gerichtliche Verhandlung über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen bezieht sich auf die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche selbst (vgl. EGMR, Urteil vom 8. Februar 2005 - Nr. 55853/00, Miller/Schweden - Rn. 28 f.). Insoweit hat die Klägerin in erster Instanz auf mündliche Verhandlung verzichtet; in der Berufungs- und Revisionsinstanz wurde am 23. Januar 2012 und am 20. und 21. März 2013 jeweils öffentlich mündlich verhandelt. Art. 6 Abs. 1 EMRK verlangt nicht, auch in Zwischen- oder Nebenverfahren, die beispielsweise die Ablehnung von Gerichtspersonen, Eilentscheidungen (dazu vgl. VGH München, Beschluss vom 17. September 2003 - 13 AS 03.2009 - juris Rn. 23) oder Urteils- oder Tatbestandsberichtigungen nach §§ 118 f. VwGO zum Gegenstand haben, stets eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

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Selbst wenn man das Tatbestandsberichtigungsverfahren einem Rechtsmittelverfahren gleichstellen wollte, wäre eine mündliche Verhandlung nach Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht ausnahmslos erforderlich. Vielmehr kann in Rechtsmittelverfahren unter anderem davon abgesehen werden, wenn in der Vorinstanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat - oder wegen eines Verzichts der Beteiligten unterblieben ist - und es nur um die Zulassung eines Rechtsmittels geht oder wenn das Rechtsmittel nur eine rechtliche Überprüfung eröffnet und das Rechtsmittelgericht ohne eigene Ermittlungen und weitere tatsächliche Feststellungen aufgrund der Aktenlage entscheiden kann (vgl. EGMR, Urteile vom 12. November 2002 - Nr. 28394/95, Döry/Schweden - Rn. 37 ff. und vom 8. Februar 2005 a.a.O. Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 28. Juni 1983 - BVerwG 9 C 15.83 - Buchholz 312 EntlG Nr. 32 = juris Rn. 16, vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113 = juris Rn. 14 und vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82 Rn. 23; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 174 ff. m.w.N.). Über die Tatbestandsberichtigung kann das Gericht nach Aktenlage entscheiden. Eine weitere Sachaufklärung ist nicht vorgesehen; § 119 Abs. 2 Satz 1 VwGO schließt eine Beweisaufnahme ausdrücklich aus.

6

b) Eine mündliche Verhandlung über den Tatbestandsberichtigungsantrag ist hier auch nicht dazu erforderlich, der Klägerin rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) als Voraussetzung eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) zu gewähren. Die Klägerin hatte Gelegenheit, ihren Antrag schriftsätzlich im Einzelnen zu begründen und zu den Erwiderungen der übrigen Beteiligten Stellung zu nehmen. Sie hat davon mit zwei Schriftsätzen vom 12. August 2013 sowie mit weiteren Schriftsätzen vom 28. Oktober, 18. November und 20. Dezember 2013 sowie vom 7. März 2014 Gebrauch gemacht. Aus ihrem Vorbringen und dem Vortrag der übrigen Beteiligten ergibt sich keine Notwendigkeit weiterer mündlicher Erörterung.

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3. Der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung ist unzulässig, da er keine der Tatbestandsberichtigung nach § 119 VwGO zugänglichen Tatsachenfeststellungen des angegriffenen Urteils betrifft.

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a) Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt der Tatbestandsberichtigung gemäß § 119 Abs. 1 VwGO nur bezüglich eigener Feststellungen des Revisionsgerichts, auf die sich die urkundliche Beweiskraft des Urteils gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO oder § 98 VwGO, § 417 ZPO erstreckt und die für einen nachfolgenden Verfahrensabschnitt bindend wären. Das sind insbesondere Feststellungen zu den Revisionsanträgen und sonstigen Prozesserklärungen in der Revisionsinstanz. Die revisionsgerichtliche Wiedergabe von Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, an die das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, kann dagegen nicht nach § 119 Abs. 1 VwGO berichtigt werden (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 16. Mai 1960 - BVerwG 3 ER 404.60 - Buchholz 427.3 § 339 LAG Nr. 101 S. 127, vom 8. Oktober 1986 - BVerwG 4 C 21.84 - juris LS und Rn. 1, vom 12. März 1987 - BVerwG 8 B 103.86 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 4 und vom 31. Mai 2013 - BVerwG 2 C 6.11 - NVwZ 2013, 1237 = juris Rn. 2 m.w.N.). Diese Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 119 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus dessen Zusammenhang mit den zitierten Vorschriften über die Beweiskraft des Urteilstatbestands sowie aus dem Zweck der Regelung.

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Die Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 1 VwGO soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Prozessstoff wegen der urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands nach § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO Grundlage der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird (Beschluss vom 31. Mai 2013 a.a.O. Rn. 3; vgl. BFH, Beschluss vom 24. August 1967 - IV 410/61 - BFHE 89, 565). Sie kommt daher nur in Betracht in Bezug auf diejenigen Feststellungen des angegriffenen Urteils, auf die sich die gesetzlich angeordnete Beweiskraft erstreckt und die deshalb einer Entscheidung in einem nachfolgenden Verfahrensabschnitt zugrunde zu legen wären.

10

Die Beweiskraft des Tatbestands des Revisionsurteils erstreckt sich nur auf die darin bezeugten eigenen Feststellungen des Revisionsgerichts und nicht auf die Wiedergabe der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, an die es nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen gebunden ist. Selbst wenn die Wiedergabe fehlerhaft sein und sich nicht mehr als Zusammenfassung des von der Vorinstanz angenommenen Sachverhalts darstellen sollte, läge darin noch keine eigene, der urkundlichen Beweiskraft fähige Tatsachenfeststellung des Revisionsgerichts. Mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 Abs. 1 VwGO kann auch keine Änderung der Sachverhaltsbewertung oder gar eine Korrektur der rechtlichen Würdigung verlangt werden (Beschluss vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 VwGO § 108 Abs. 1 Nr. 73 = juris Rn. 15).

11

b) Der Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin betrifft keine im Urteil vom 16. Mai 2013 dokumentierten Tatsachenfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich die Beweiskraft des Tatbestands gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO oder § 98 VwGO, § 417 ZPO erstreckt und die deshalb der Entscheidung in einem nachfolgenden Verfahren zugrunde zu legen wären. Stattdessen rügt die Klägerin die unrichtige Wiedergabe von Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, eine Missachtung der revisionsrechtlichen Bindung an diese Feststellungen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO und die rechtliche Würdigung festgestellter Tatsachen.

12

Die mit der Antragsschrift vom 12. August 2013 erhobenen Einwände der Klägerin gegen die Ausführungen in den Randnummern 46 und 58 bis 60 des angegriffenen Urteils betreffen die revisionsgerichtliche Wiedergabe und die rechtliche Würdigung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts.

13

Soweit die Klägerin beanstandet, der Senat habe in Randnummer 46 weder eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch den handelnden Amtswalter noch ein Verschulden verneinen dürfen, verkennt sie, dass es sich dabei um eine rechtliche Würdigung und nicht um bloße Tatsachenfeststellungen handelt. Gleiches gilt für die von ihr gerügte Annahme, ein etwaiger Verstoß gegen Unionsrecht sei nicht hinreichend qualifiziert. Die Konkretisierung dieses rechtlichen Erfordernisses und die Subsumtion darunter erschöpfen sich nicht in tatsächlichen Feststellungen, sondern stellen rechtliche Erwägungen dar. Soweit die Klägerin meint, die Feststellungen der Vorinstanz reichten nicht aus, die beanstandete rechtliche Einschätzung zu tragen, rügt sie einen materiell-rechtlichen Mangel und keine unzutreffende Tatsachenfeststellung des Revisionsgerichts.

14

Ihr Einwand, das angegriffene Urteil habe in Randnummer 58 nicht von einer Öffnung des Erlaubnisverfahrens für private Anbieter ausgehen dürfen, betrifft die Darstellung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen. Die Formulierung gibt zusammenfassend wieder, dass der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Überprüfung der angefochtenen Untersagungsverfügung aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen ist, Erlaubnisanträge privater Glücksspielanbieter und -vermittler seien im Freistaat Bayern nach Bekanntwerden der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 nicht mehr stets von vornherein mit dem Hinweis auf das Glücksspielmonopol und die daraus folgende Unzulässigkeit einer Erlaubniserteilung an Private abgelehnt, sondern inhaltlich geprüft und beschieden worden. Dies hat der Senat im Übrigen in der Revisionsverhandlung im Termin vom 20. und 21. März 2013, in dem das vorliegende Verfahren unter anderem mit dem ähnlich gelagerten Verfahren - BVerwG 8 C 15.12 - zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden war, eingehend unter Bezugnahme auf die im Verfahren - BVerwG 8 C 15.12 - zu den Akten gelangten und - auch - von der Klägerin des vorliegenden Verfahrens kritisierten Checklisten zur inhaltlichen Antragsprüfung und daraufhin ergangenen Bescheide der Regierung von Oberbayern mit den Beteiligten erörtert. Der Hinweis der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe eine Ergebnisoffenheit der behördlichen Prüfung angemahnt, bestätigt indirekt, dass die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht von einer behördlichen Sachprüfung ausging und die Prüfpraxis lediglich rechtlich kritisch beurteilte.

15

Entgegen der Darstellung der Klägerin auf Seite 5 ihrer Antragsbegründung findet sich in Randnummer 58 des Urteils vom 16. Mai 2013 nicht die Behauptung, es habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Freistaat Bayern ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren für private Wettanbieter gegeben. Vielmehr wird ausgeführt, eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der gesetzlichen Erlaubnisregelungen mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler sei - in der in Randnummer 58 näher dargestellten Weise - möglich gewesen, und gegen rechtsfehlerhafte Entscheidungen habe effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung gestanden. Diese Ausführungen und ihre Konkretisierung in Randnummer 58 erläutern die Rechtsauffassung, dass eine den verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen genügende Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht ausgeschlossen war. Sie äußern sich nicht zu der Frage, ob seinerzeit eine solche Anwendung praktiziert wurde. Im Übrigen wäre auch eine Aussage über die Vereinbarkeit einer bestimmten Praxis mit Verfassungs- und Unionsrecht als rechtliche Würdigung einzuordnen und als solche keiner Tatbestandsberichtigung zugänglich.

16

Die von der Klägerin gerügte Annahme in Randnummer 59 des Urteils, für die Behörde sei nicht hinreichend erkennbar gewesen, ob die Tätigkeit der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen genügte, erschöpft sich ebenfalls nicht in einer Tatsachenfeststellung. Vielmehr subsumiert sie den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt unter das Erfordernis offensichtlicher materieller Erlaubnisfähigkeit, bei dessen Vorliegen eine Untersagung trotz formeller Illegalität unverhältnismäßig gewesen wäre, und verneint die Offensichtlichkeit mit der Formulierung, eine "hinreichende" Erkennbarkeit sei nicht gegeben. Diese rechtliche Würdigung unterfällt nicht § 119 Abs. 1 VwGO.

17

Die darüber hinaus beanstandete Annahme in Randnummer 60 des Urteils, anhand der Verwaltungspraxis der Beklagten sei nicht feststellbar gewesen, dass diese die unerlaubte Vermittlung in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als tatsächliche Spekulation zu qualifizieren. Vielmehr bewertet das Urteil die bereits dem Berufungsurteil zugrunde liegenden, durch Beiziehen der Verwaltungsvorgänge ermittelten Tatsachen zum Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sie keine Bereitschaft der Beklagten zur Duldung formell illegaler Glücksspielvermittlung erkennen lassen. Selbst wenn insoweit nicht nur eine Würdigung der Feststellungen der Vorinstanz, sondern eine eigene Feststellung des Senats vorläge, wäre im Übrigen nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin, die im Verfahren stets das strenge Vorgehen der Beklagten gegen jede formell illegale Tätigkeit beanstandet hat, eine entsprechende Feststellung für unzutreffend halten sollte.

18

Als revisionsgerichtliche Tatsachenfeststellung ist auch nicht die in Randnummer 47 formulierte Annahme einzuordnen, der Gerichtshof der Europäischen Union habe in seinen Entscheidungen zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 erstmals klargestellt, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinne nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern auch eine Kohärenz zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordere. Diese Aussage stellt für die klare Erkennbarkeit eines Unionsrechtsverstoßes auf die Rechtsprechung des zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts berufenen Gerichtshofs ab und interpretiert dessen glücksspielrechtliche Entscheidungen. Damit ist sie Teil der rechtlichen Würdigung. Die gegenteilige Deutung der unionsgerichtlichen Rechtsprechung durch die Klägerin und ihre Auffassung, der Senat habe auf die - uneinheitliche - nationale Rechtsprechung abstellen müssen, stellen keine Tatsachenfeststellungen, sondern die Rechtsauffassung des Urteils in Frage.

19

Die im ergänzenden Schriftsatz der Klägerin vom 12. August 2013 gerügte Annahme in Randnummer 22 des Urteils, eine Rückkehr zur alten - von der umstrittenen Monopolregelung geprägten - Rechtslage sei nicht abzusehen, ist im Zusammenhang mit dem ihr vorangestellten Satz zu verstehen. Sie bewertet die auch von der Klägerin zitierte Experimentierklausel (§ 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4 ff. GlüStV n.F.), die das Monopol - zunächst für die Dauer von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt, im Hinblick auf das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Dazu wird ausgeführt, aus der gesetzlichen Befristung der Experimentierphase sei noch nicht darauf zu schließen, dass nach Ablauf dieser Phase wieder eine den Regelungen des GlüStV a.F. entsprechende Rechtslage in Kraft trete. Darin liegt keine Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Bewertung.

20

c) Unabhängig von diesen Erwägungen ist der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung auch deshalb unzulässig, weil die beanstandeten Ausführungen den gerichtlichen Entscheidungen in den von der Klägerin angestrebten weiteren Verfahren mangels gesetzlicher Beweiskraft oder gesetzlicher Bindungsregelungen nicht zugrunde zu legen wären. Insoweit fehlt dem Antrag der Klägerin jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis, das auch für eine Tatbestandsberichtigung vorliegen muss (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 119 Rn. 3; vgl. BFH, Beschluss vom 8. Mai 2003 - IV R 63/99 - BFHE 202, 216 = juris Rn. 4 ff.).

21

Im Amtshaftungsprozess ist das Zivilgericht weder an die revisionsgerichtliche Sachverhaltsdarstellung noch an die Erwägungen zu den Voraussetzungen eines Staatshaftungsanspruchs gebunden. Letztere wurden nur als Vorfrage der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage geprüft, die der Senat verneint hat. Sie sind damit nicht in materielle Rechtskraft gemäß § 121 VwGO erwachsen.

22

Im Verfahren über die von der Klägerin beabsichtigte Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht an die revisionsgerichtliche Wiedergabe der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz oder an eigene Feststellungen des Revisionsgerichts gebunden, da eine § 137 Abs. 2 VwGO vergleichbare Norm fehlt (Beschluss vom 31. Mai 2013 a.a.O. Rn. 5; ebenso: BFH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1983 - VII R 33 - 34/82 - juris Rn. 4 und vom 9. Oktober 2008 - V R 45/06 - BFH/NV 2009, 39 Rn. 3; offengelassen von: BGH, Beschluss vom 6. Juli 1998 - II ZR 117/97 - juris Rn. 3).

23

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prüft Verletzungen der EMRK ebenfalls, ohne an Feststellungen oder Erwägungen in der angegriffenen Entscheidung gebunden zu sein.

24

4. Soweit die Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 28. Oktober, 18. November und 20. Dezember 2013 sowie vom 7. März 2014 weitere Tatbestandsberichtigung begehrt, ist ihr Antrag unzulässig, weil die gesetzliche Frist des § 119 Abs. 1 VwGO bereits zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils, also am 12. August 2013 abgelaufen war. Gründe für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor.

25

Neuer Vortrag und neue Unterlagen, die nach Fristablauf nachgereicht wurden, sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Die Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 1 VwGO dient der Korrektur unzutreffender oder unklarer tatsächlicher Urteilsfeststellungen zum der Entscheidung zugrunde liegenden Prozessstoff, nicht jedoch dessen Erweiterung oder Veränderung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.