Der in der Provinz Badakhshan geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit und nach eigenen Angaben 25 Jahre alt. Der Kläger verließ eigenen Angaben zufolge etwa Mitte 2006 sein Herkunftsland und lebte vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Anfang Januar 2012 für mehrere Jahre in Griechenland. Am 1. Februar 2012 stellte er hier einen Asylantrag.
Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 10. Juli 2012 gab der Kläger an, dass sein älterer Bruder bis 2004 Kommandant in ihrer Heimatregion ... gewesen sei. Er habe einer Gruppierung der Mudschaheddin angehört, die Anhänger von ... gewesen sind. 1999 habe es in dem Distrikt, in dem sein Bruder Kommandant gewesen sei, Gefechte gegeben. Im Rahmen dieser Gefechte sei eine Frau von einem Kommandanten und drei Kämpfern vergewaltigt worden. Diese Frau sei zu seinem Vater gekommen und habe darum gebeten, dass diese Tat gerächt werde. Sein Vater sei ein sehr konservativer Geistlicher gewesen. Nach islamischem Recht habe er ihr helfen sollen. Auf seine Veranlassung hin seien die Leute gefunden und nach der Zeugenaussage der Frau hingerichtet worden, sozusagen auf seine Anordnung. Die Leute, die die Tat begangen hatten, hätten der Gruppierung seines Bruders angehört. Sie seien erschossen worden. Sein Bruder habe schon damals gewusst, dass dieser Vorfall für ihn und die ganze Familie Folgen haben würde. Aus diesem Grunde sei sein Bruder dann auch 2006 mit seiner Familie, d. h. mit seiner Ehefrau, seinen Kindern und ihrer gemeinsamen Mutter nach Tadschikistan ausgereist, nachdem sie den Kläger nach Europa geschickt hatten. Sein Vater sei 2004 ermordet worden. Er sei auf einer Beerdigung in einem anderen Dorf gewesen. Er sei mit einem Pferd unterwegs gewesen und auf der Rückreise in einem Waldgebiet erschossen worden. Die Täter müssten von der Familie bzw. von Freunden der Hingerichteten gewesen sein. Damals nach dem Vorfall seien sie zwar aus dem Gebiet geflüchtet, aber seine Familie denke, dass sie es gewesen sind. Nachdem der Bruder nicht mehr an der Macht gewesen sei, seien sie zurückgekommen. Sein Bruder sei bis 2004 an der Macht gewesen und bis dahin habe es keine weiteren Vorkommnisse gegeben. Nachdem sein Bruder dann 2004 die Waffen an die Regierung abgegeben hatte, hätten sie zwei Monate nach dem Tod des Vaters einen Drohbrief erhalten. Er wisse nicht, warum sein Bruder ihn nicht mit nach Tadschikistan genommen habe. Dies sei einzig und allein die Entscheidung seines Bruders gewesen. Er selbst wäre lieber bei seiner Mutter geblieben und dies wäre auch ihr lieber gewesen. Seine Entscheidung habe sein Bruder auch nicht begründet. Sein Bruder habe lediglich gesagt, dass er den Kläger nicht verlieren wolle. Er könne es sich nur damit erklären, dass Tadschikistan ein Nachbarland Afghanistans sei, zwischen beiden Ländern Kontakte bestünden und die Sicherheitslage dort auch nicht so gut sei. Von Griechenland aus habe er oft bei seinem Bruder angerufen und zu ihm gesagt, dass er zurück zu seiner Familie oder nach Afghanistan möchte. Seine Familie hätte dies jedoch nicht zugelassen. Sein Bruder sei 2010 nach Afghanistan zurückgekehrt, weil er gedacht hatte, dass sich die Lage jetzt verbessert habe. Er sei jedoch nicht in seine Heimatprovinz zurückgegangen, sondern in die Provinz Takhar und habe dort bei der Polizei gearbeitet. Daraufhin habe der Kläger unbedingt nach Afghanistan zurück gewollt, aber sein Bruder habe gesagt, er solle noch warten, da er die Lage dort erst richtig sondieren wolle. In dieser Zeit habe sein Bruder auch einige Drohbriefe bekommen. Seine Mutter habe sehr große Angst gehabt, weil in den Drohbriefen angekündigt worden sei, dass sie die ganze Familie vernichtet würden und dabei auch den Namen des Klägers genannt hätten. Im November 2010 sei sein Bruder umgebracht worden, als er auf dem Weg von der Arbeit nach Hause gewesen sei. Zwei Motorradfahrer hätten ihn erschossen. Nach dem Tod seines Bruders habe er nach Afghanistan zurückgehen wollen, um für seine Mutter und die Ehefrau und die Kinder seines Bruders zu sorgen. Seine Mutter habe ihm am Telefon gesagt, sie wolle ihn nicht auch noch verlieren. Alle diese Ereignisse hätten dazu geführt, dass seine Mutter vor ihrem Tod im Jahr 2011 an einer psychischen Krankheit gelitten habe. Nach dem Tod seines Bruders habe es keine weiteren Drohbriefe mehr gegeben. Auf Nachfrage erklärte der Kläger des Weiteren, dass er bei den Gesprächen mit seiner Familie nie danach gefragt habe, welche Position sein Bruder bei der Polizei innehatte. Er wisse nur, dass sein Bruder innerhalb Afghanistans an den Provinzgrenzen gearbeitet habe. Auf Nachfrage erklärte der Kläger des Weiteren, dass sein Bruder den Tod seines Vaters den Behörden gemeldet habe, aber man hätte ihm geantwortet, dass die Lage nicht so sei, dass Untersuchungen angestellt werden könnten. Zum einen sei der Fall so gestaltet, dass keine Ergebnisse bei der Verfolgung zu erwarten waren; zum anderen sei der untersuchende Kommandant ein Angehöriger einer Familie eines Hingerichteten gewesen. Auf weitere Nachfrage erklärte der Kläger, dass sein Vater die Koranschule in ihrem Dorf geleitet habe. Früher habe sein Vater als Angestellter in einem Ministerium gearbeitet. Er wisse jedoch nicht, welche Position er inne gehabt habe. Während des Krieges habe sich sein Vater an den Kämpfen nicht beteiligt. Die Familie sei im Besitz von Grundstücken und Land gewesen, von denen sie gelebt hätten. Die Ländereien und das Hause existierten bestimmt noch, aber das Haus werde nicht mehr von seiner Familie bewohnt.
Mit Bescheid vom 26. Februar 2014, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 15. März 2014 zugestellt, lehnte das Bundesamt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1), den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2) und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (Ziffer 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Widrigenfalls wurde die Abschiebung des Klägers nach Afghanistan oder in einen anderen Staat angedroht, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (Ziffer 5).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen nicht vor. Der Kläger habe seine begründete Furcht vor Verfolgung oder einem ernsthaften Schaden nicht glaubhaft gemacht. Die Schilderung der angeblich fluchtauslösenden Ereignisse sei insgesamt zu pauschal und unpräzise, um als glaubhaft zu erscheinen. Detailangaben, die eine lebensechte Schilderung erst ausmachten, fehlten. Der Kläger habe weder den Namen der Frau, die vergewaltigt worden sei, nennen können, noch habe er sicher gewusst, dass die vorgetragenen Bedrohungen gegen seinen Vater und seinen Bruder tatsächlich von den Familien der Getöteten ausgingen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass sein Vater dieser Frau gegenüber verpflichtet gewesen sei. Des Weiteren sei die Tötung von vier Männern als Bestrafung für die Vergewaltigung einer Frau eine außergewöhnlich hohe Strafe. Somit sei bereits unglaubhaft, dass auf Veranlassung seines Vaters die Vergewaltiger der Frau ermittelt und getötet worden seien, was jedoch im Weiteren der Grund für die Bedrohung der Familie des Klägers sein soll. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass der Bruder des Klägers angeblich bereits im Jahr 1999 gewusst habe, dass dies Folgen für die Familie haben werde. Überdies habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der vorgetragenen Ereignisse aus 1999 ebenfalls landesweit eine konkrete erhebliche Gefahr drohen würde. Des Weiteren habe der Kläger nach eigenen Angaben fünf Jahre lang in Griechenland gelebt, wo er vor eventuellen Verfolgungsmaßnahmen sicher gewesen sei. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus lägen nicht vor. Dem Kläger drohten in seinem Herkunftsland weder die Vollstreckung noch die Verhängung der Todesstrafe. Der Kläger habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm die Gefahr einer Tötung oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung drohten. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Der Kläger habe keine individuelle Gefahrenlage glaubhaft gemacht. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger als volljähriger, gesunder Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten habe, auch ohne nennenswertes Vermögen, ohne abgeschlossene Berufsausbildung und ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren und allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren.
Mit Telefax seines Bevollmächtigten vom ... März 2014, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Februar 2014 in den Nr. 1., 3., 4., und 5. aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Flüchtling gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG anzuerkennen, hilfsweise: dem Kläger den subsidiären Schutz gemäß § 4 Abs. 1 AsylVfG i. V. m. § 60 Abs. 2 AufenthG zuzuerkennen, hilfsweise: festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorlägen.
Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 2. Juni 2014 im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Das Bundesamt habe das Schutzbegehren des Klägers mit der Behauptung abgelehnt, dass eine Angaben pauschal und unpräzise und damit nicht glaubhaft seien. Der klägerische Vortrag unterscheide sich jedoch erheblich von dem der meisten Flüchtlinge aus Afghanistan. Sein Vortrag sei aufgefächert und differenziert und stehe im Kontext mit den historischen Gegebenheiten in Afghanistan. Schon dass die Ereignisse weit zurückreichten und in den familiären Verhältnissen einerseits und den historischen Verhältnissen andererseits wurzelten, unterscheide den Vortrag. Der Kläger habe berichtet, dass sein Vater, der ein hoher Geistlicher der Mudschaheddin gewesen sei, bei den kriegerischen Auseinandersetzungen im Jahre 1999 wohl als örtlicher Geistlicher die Vergewaltigung einer Frau von drei Kämpfern zu sühnen hatte. Es müsse berücksichtigt werden, dass der Kläger bei den Auseinandersetzungen im Jahr 1999 erst 9 Jahre alt gewesen sei. Der Vater des Klägers habe die Täter zum Tode durch Erschießen verurteilt. Diese drakonische Strafe habe den ersten Grund gesetzt, der letztlich dann zur Flucht des Klägers geführt habe. Die Familien der Verurteilten hätten die Strafe nicht akzeptiert und die Familie des Klägers mit Blutrache überzogen, nachdem sich die politischen Verhältnisse gewandelt und die Mudschaheddin die Macht an die jetzige Regierung Karzai verloren hatten. Es gebe keinen Grund an der detaillierten Schilderung des Klägers zu zweifeln. Schwieriger erscheine die Frage, ob dem Kläger eine Verfolgung drohe und ob sie an ein asylrelevantes Merkmal anknüpfe. Zu letzterem könne man anführen, dass es zwar vornehmlich um Blutrache gehe, Anlass aber die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Mudschaheddin, Taliban und Regierungsgruppen gewesen seien. Es sei nicht fernliegend, dass die Verurteilung zur Todesstrafe durch den Vater des Klägers, der vom Kläger als sehr konservativer Geistlicher bezeichnet wurde, der Grund der Gefährdung auch des Klägers sei, als politisch-religiöse Tat angesehen werde. In diesem Fall sei § 3 AsylVfG Anknüpfungspunkt. Jedenfalls aber greife § 4 AsylVfG ein, denn dem Kläger drohe im Falle einer Rückkehr eine menschenrechtswidrige Bestrafung und zwar der Tod durch Blutrache. Nach dem afghanisch tradierten Verständnis sei nach dem UNHCR-Bericht vom 24. März 2011 die Praxis der Blutfehde in Afghanistan nach wie vor verankert. Nach dem Verhaltenskodex des Paschtun Wali richte sich die Rache oft nicht nur gegen den Mörder selbst, sondern auch gegen Brüder und andere patrilinieare Verwandte ab Erreichen der Volljährigkeitsgrenze. Die Blutrache sei nach den dortigen Verhältnissen auch nicht durch die Ermordung des Vaters und des Bruders gesühnt. Zum einen sei zu bedenken, dass es drei Tote gegeben habe, also drei Familien/Stämme auf Rache sinnten, zum anderen reiche Blutrache über mehrere Generationen und sei erst dann befriedigt, wenn die Schuld ausgeglichen sei - ein Kriterium, welches der Täter bestimme. Dass es gegen die Blutrache in Afghanistan keinen wirksamen staatlichen Schutz gebe, lasse sich allen Auskünften und dem Lagebericht entnehmen. Für den Kläger gäbe es im Falle einer Rückkehr auch keine inländische Fluchtalternative. Afghanistan sei eine Familien- und Stammesgesellschaft. Dies führe zu einem Informationsaustausch, in allen den Stamm/die Familie betreffenden Belangen. Wenn eine Familie in Blutrache zu einer anderen stehe, sei es Sache des ganzen Stammes - der durch die moderne Entwicklung längst nicht mehr ortsgebunden sei - diese Schande zu tilgen. Im Falle einer Rückkehr des Klägers nach Afghanistan werde auch einem der die Blutrache führenden Familien die Rückkehr bekannt werden und die Blutrache exekutiert werden - in der Heimatprovinz des Klägers ebenso wie in Kabul. Die Situation in Afghanistan verschlechtere sich seit 2013 vor dem Hintergrund des Rückzugs des westlichen Truppenkontingents im Jahre 2014 kontinuierlich. Die Gewalt in Afghanistan dauere an und werde weiter zunehmen.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 15. April 2014 die Behördenakte vorgelegt. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.
Mit Schreiben vom ... November 2014 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit, dass der Kläger u. a. an einer schweren depressiven Episode leide und der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe. Am 15. Oktober 2014 habe der Kläger versucht sich in der geschützten Krisenintervention zu erdrosseln Auch nach seiner Entlassung aus der stationären Behandlung gehe es ihm weiterhin schlecht. Er habe dissoziative Attacken und benötige eine engmaschige Betreuung.
Dem beigefügten Befundbericht des ...-Klinikums ... vom 24. Oktober 2014 lässt sich entnehmen, dass der Kläger in die dortige Kriseninterventionsstation aufgenommen und von 10. Oktober 2014 bis 28. Oktober 2014 stationär behandelt wurde. Nach ICD-10-GM-14 wurden beim Kläger eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2) sowie dissoziative Störungen (Konversionsstörungen), gemischt (F44.7) und der Verdacht einer posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) diagnostiziert. Laut dem Befundbericht hätten beim Kläger in den ersten vier Tagen noch Suizidgedanken bestanden, die dann aber vollständig und dauerhaft abgeklungen seien. Immer wieder sei es auch zu dissoziativen Zuständen gekommen, in denen der Kläger am ganzen Körper gezittert habe und nicht mehr ansprechbar gewesen sei. Diese hätten durch die Gabe von 2,5 mg Lorazepam zum Abklingen gebracht werden können. Insgesamt sei es bis zum Ende des stationären Aufenthalts zu einer deutlichen Besserung des Zustandsbildes gekommen, die dissoziativen Zustände seien seltener geworden und die Stimmung, der Antrieb und der Schlaf hätten sich deutlich gebessert. Schließlich hätte der Kläger wieder in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können. Eine weitere nervenärztliche Behandlung wurde empfohlen.
Aus dem ebenfalls vom Klägerbevollmächtigten vorgelegten vorläufigen Arztbrief der Kreisklinik ... vom 9. Oktober 2014 geht hervor, dass der Kläger vor seiner Aufnahme in die Kriseninterventionsstation des ...-Klinikums ... im Kreisklinikum ... von 1. Oktober 2014 bis 9. Oktober 2014 stationär behandelt wurde. Diagnostiziert wurden: Thoraxschmerzen, Ausschluss akutes Koronarsyndrom, Synkope, Hypokaliämie, rez. Cephalgien, Ausschluss relevante Ventilationsstörung, Verdacht auf somatoforme Störung bei Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung.
Am ... Januar 2015 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den vorläufigen Arztbericht des Kreisklinikums ... vom 12. Januar 2015, dem zu entnehmen ist, dass der Kläger durch seinen Hausarzt wegen des Verdachts auf eine Myokarditis eingewiesen und von 9. Januar 2015 bis 13. Januar 2015 erneut stationär aufgenommen wurde. Hierbei wurden thorakale Schmerzen, a.e. funktionell bedingt, Refluxösophagitis und Depression diagnostiziert. Ein Anhalt für eine Myokarditis habe sich nicht gefunden. Das EKG sei unauffällig gewesen. Neben einer leichtgradigen Refluxösophagitis habe sich bei einer Gastroskopie ein unauffälliger Befund gezeigt.
Mit Schreiben vom ... März 2015 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers des Weiteren die fachärztliche Stellungnahme von Frau Dr. ..., Ärztin für Psychotherapeutische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse vor. Der Stellungnahme zufolge fanden seit Ende Januar 2015 wöchentliche Gespräche im Sinne von Vorgesprächen für eine Therapie statt. Beim Kläger liege sehr wahrscheinlich eine posttraumatische Belastungsstörung vor. Typische Symptome wie Nachhallerinnerungen, ein zunehmendes Gefühl von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit, Teilnahmslosigkeit und die Furcht bzw. die Vermeidung von Situationen, die Flashbacks hervorrufen können, seien in den vergangenen Monaten in ausgeprägter Weise und Häufigkeit aufgetreten, ergänzt durch dissoziative Symptome sowie massiven Ausbrüchen von Panik. Fremdanamnestisch sei zu erfahren gewesen, dass die Symptomatik bereits im Jahr 2012 phasenweise vorhanden war und sich 2013 deutlich verschlechtert habe. Ein Auslöser für das jetzige Vollbild der Erkrankung sei sicherlich darin zu sehen, dass der Kläger im August 2013 unmittelbarer Zeuge des Badeunfalls eines Freundes geworden war, der wenige Tage danach an den Folgen verstarb. Diese erneute Traumatisierung habe vor dem Hintergrund früherer schwerer Traumatisierungen die psychischen Bewältigungsmechanismen bei weitem überstiegen. Die Erkrankung sei in der derzeitigen Symptomatik eindeutig als schwerwiegend einzuordnen. Der bisherige Behandlungsverlauf sei aufgrund der Schwierigkeiten der sozialen Situation, auch aufgrund der sprachlichen Schwierigkeiten sicherlich noch längst nicht ausreichend erfolgreich, da eine kontinuierliche Anbindung an eine stützende und stabilisierende psychotherapeutische Behandlung noch nicht erfolgt sei. Die medikamentöse Therapie durch die Migrationsambulanz der ...-Universität (...) München habe zu einer leichten Stabilisierung geführt; wegen anhaltender schwerer Schlafstörungen und vor allem wegen der nächtlichen Panikattacken bedürfe es jedoch der weiteren Anpassung. Falls es nicht zu einer Weiterführung der medikamentösen Behandlung und zur Aufnahme einer regelmäßigen Psychotherapie komme, stehe eine erhebliche weitere Verschlechterung der Symptomatik z. B. mit Suizidalität oder auch mit Einmündung der posttraumatischen Belastungsstörung in eine dauernde Persönlichkeitsänderung dringendst zu befürchten. Angesichts des gegenwärtigen Gesundheitszustands des Klägers sei auch auf größtmögliche Regelmäßigkeit im Tagesablauf und in der Umgebung zu achten, so dass ein erneuter Ortswechsel als bedenklich einzuordnen wäre.
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 12. März 2015 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Mit Schreiben vom ... März 2015 teilte der Bevollmächtigte des Klägers mit, dass sich der Kläger seit 18. März 2015 in der Klinik der ..., ...straße, in stationärer Behandlung befinde. Ein Attest der behandelnden Ärztin sei angefordert worden.
In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 legte der Bevollmächtigte des Klägers den Befundbericht des ... Klinikums vom 24. April 2015 vor, in dem über den Klinikaufenthalt des Klägers von 18. März 2015 bis 24. März 2015 in stationär-psychiatrischer Behandlung berichtet wird. Laut dem Befundbericht wurde beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10: F43.1) diagnostiziert sowie als Nebendiagnose eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10: F33.0) festgestellt. Der Kläger sei auf Vermittlung der Migrationsambulanz der ... zur Aufnahme gekommen und freiwillig auf Station ... verblieben. Dem Befundbericht lässt sich u. a. entnehmen, dass der Kläger alleine aus Afghanistan nach Griechenland geflohen sei. Bezüglich der Gründe hierfür sei der Kläger im Erstgespräch ausgewichen. Seit 2013 habe der Kläger Einschlaf- sowie Durchschlafprobleme. Im Oktober 2014 seien Flashbackerlebnisse, Dissoziationen und Alpträume mit verschiedenen Inhalten hinzugekommen. Thematisch handele es sich dabei wohl immer um Situationen aus der Zeit in Afghanistan. Bei solchen Alpträumen erwache er panisch, mit Herzrasen und frontal sowie occipital betonten Kopfschmerzen; zum Teil empfinde der Kläger Todesangst. Die Dissoziationen würden in verschiedenen Situationen auftreten und ca. 30 Minuten andauern. In dieser Zeit sei der Kläger nicht ansprechbar und könne sich im Anschluss nicht erinnern, was er erlebt habe. Den Antrieb empfinde der Kläger als ausreichend und den Alltag könne er auch bewältigen. Er könne an seinem Deutschkurs an der Berufsfachschule regelmäßig teilnehmen. Psychopathologisch habe der Kläger anfangs noch ausgeprägtes Flashbackerleben, Intrusionen und pseudohalluzinatorisches Erleben gezeigt. So habe er von dem Hören von einer Stimme und bildhaftem Erlebten von blutigen Gewaltszenen berichtet. Nach Eindosierung von Risperidon hätten sich diese und die durch Alpträume bedingten Schlafstörungen deutlich verbessert. Im Zuge dessen hätten sich eine Verbesserung der Stimmung und Schwingungsfähigkeit gezeigt. Die Verdachtsdiagnose eines epileptischen Ereignisses habe ausgeschlossen werden können. Der Kläger sei zu jeder Zeit von Eigen- und Fremdgefährdung glaubhaft distanziert und bündnisfähig gewesen. Diagnostisch werde vor dem Hintergrund der soziobiographischen Ereignisse und bei Flashbackerleben, Intrusionen und Alpträumen von einer posttraumatischen Belastungsstörung ausgegangen. Der Inhalt der soziobiographischen Schilderungen sei glaubhaft und passend zu den klinischen Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Zudem bestünde eine rezidivierende depressive Störung mit aktuell leichter Episode.
Des Weiteren gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung an, dass eines Nachts eine Frau in das Haus seiner Familie gekommen sei, die um Hilfe und Gerechtigkeit gerufen habe. Der Kläger habe eine Frau gesehen, deren Kleider zerrissen gewesen seien. Sie sei sehr aufgewühlt gewesen und hätte geweint. Die Frau habe zu seinem Vater gesagt, dass die Leute seines Sohnes sie vergewaltigt hätten. Sein Vater sei daraufhin sehr böse auf seinen Bruder gewesen. Er habe gesagt, dass die Leute, die für die Vergewaltigung verantwortlich waren, gesucht und gefunden werden müssten. Sein Bruder sei der Sache nachgegangen und habe die Vergewaltiger tatsächlich gefunden. Bei den Vergewaltigern hätte es sich um Leute gehandelt, die unter dem Befehl seines Bruders gestanden hätten. Es sei zu einer Besprechung zwischen seinem Vater und den Einheimischen gekommen. Daraufhin sei die öffentliche Hinrichtung der Vergewaltiger beschlossen worden. Sein Bruder habe Bedenken wegen der Hinrichtung gehabt, da die Täter seine eigenen Leute gewesen waren. Er habe auch gewusst, dass ein solcher Vorfall in Afghanistan verpönt sei und die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich ziehe. Soweit er sich erinnere, seien die Todeskandidaten auf ein offenes Gelände gebracht und mit Maschinengewehren erschossen worden. Der Kläger könne sich noch daran erinnern, wie das Blut gespritzt habe. Im Jahr 2004 habe sein Bruder seinen Einfluss verloren. In diesem Jahr sei auch sein Vater ums Leben gekommen. Etwa zwei Monate nach dem Tod des Vaters habe die Familie des Klägers einen Drohbrief erhalten, der an seinen Bruder adressiert gewesen sei. In diesem sei gestanden, dass man den Vater des Klägers getötet habe und die Familie des Klägers vernichten werde und anschließend auch den Bruder des Klägers. Der Brief sei nicht unterschrieben gewesen, aber es sei offensichtlich gewesen, dass er von den Familien der Hingerichteten stammte. Die Familien der Hingerichteten hätten nach wie vor im Dorf des Klägers gelebt. Nach der Hinrichtung hätte kein Kontakt mehr zu den Familien der Hingerichteten bestanden und es sei nicht mehr beieinander ein- und ausgegangen worden. Der Kläger sei noch sehr jung gewesen und habe sich auch nicht bedroht gefühlt. Nach dem Erhalt des Drohbriefs habe ihm sein Bruder eine Ausgangssperre verpasst. Der Wachhund, den der Bruder zum Schutz der Familie gekauft habe, sei vergiftet worden. Weitere Drohbriefe habe sein Bruder nicht erhalten. Sein Bruder sei wegen des Drohbriefs sehr besorgt gewesen. Eines Tages sei ein ehemaliger Soldat seines Bruders zu diesem gekommen. Die beiden hätten sich über etwas unterhalten, was der Kläger nicht verstanden habe. Sein Bruder sei daraufhin sehr aufgewühlt gewesen. Dies habe den Bruder dazu bewegt, ihn wegzuschicken. 2010 sei sein Bruder nach Afghanistan zurückgekehrt. Der Kläger habe von seinem Bruder erfahren, dass dieser weitere Drohbriefe erhalten habe. Er habe sich bei seinem Bruder jedoch nicht nach den Einzelheiten erkundigt. Sein Bruder sei eines Nachts auf dem Weg nach Hause angegriffen und getötet worden. Er vermute, dass die Täter aus den Familien der Hingerichteten stammten. Er nehme dies auch deshalb an, weil er mit den Dorfbewohnern nach dem Tod seins Bruders telefoniert habe, insbesondere mit ehemaligen Soldaten seines Bruders. Die Telefonnummern habe ihm die Ehefrau seines Bruders gegeben. Zwei Familien der hingerichteten Männer würden noch im Heimatdorf des Klägers, eine weitere Familie in Kabul leben. Dies habe er von der Ehefrau seines Bruders und seinen Freunden erfahren. Den Aufenthaltsort der weiteren Familie kenne der Kläger nicht. Auf Nachfrage erklärte der Kläger des Weiteren, dass sein Vater aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Klerus sehr einflussreich gewesen sei. Auch sein Bruder habe aufgrund seiner Kommandantenstellung sehr viel Einfluss gehabt. Deswegen sei es üblich gewesen, dass sich die Dorfbewohner an den Vater des Klägers gewandt haben, wenn sie Hilfe benötigten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 9. Juni 2015 Bezug genommen.
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 entschieden werden, obwohl für die Beklagte ein Vertreter nicht erschienen ist. Die Beklagte wurde ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 9. April 2015 form- und fristgerecht zur mündlichen Verhandlung geladen. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - noch liegen beim Kläger Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG oder nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor. Der Bescheid der Beklagten vom 26. Februar 2014 ist vielmehr rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 VwGO.
a) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylVfG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylVfG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S.559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylVfG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylVfG.
Als Schutzsuchender obliegt es dem Asylsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es - unter Angabe genauer Einzelheiten - einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, U. v. 27.8.2013 - A 12 S 2023/11 - juris; HessVGH, U. v. 4.9.2014 - 8 A 2434/11.A - juris).
Hiervon ausgehend sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen für eine Flüchtlingsanerkennung nicht gegeben. Die vom Kläger geltend gemachte Bedrohung stellt bereits keine asylrelevante Verfolgung im Sinne von § 3 AsylVfG dar (aa). Darüber hinaus konnte der Kläger nicht glaubhaft machen, dass er in seinem Heimatland von Blutrache bedroht wird (bb).
aa) Der Kläger beruft sich vorliegend darauf, dass sein Vater im Jahr 1999 die Tötung von vier Männern veranlasste, denen vorgeworfen wurde, eine Frau vergewaltigt zu haben. Aus Rache für die Tötung ihrer Angehörigen hätten die Familien der Getöteten bereits seinen Vater und seinen älteren Bruder ermordet. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan befürchtet der Kläger, dass die Familien der getöteten Männer auch an ihm Blutrache üben werden.
Die vom Kläger geschilderte Blutfehde gründet hier auf einer privaten Auseinandersetzung und knüpft nicht an eines der in § 3 AsylVfG genannten Verfolgungsmotive an. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt trug der Kläger zwar vor, dass die Tötung der vier Männer während der im Jahr 1999 in seinem Heimatdistrikt währenden Unruhen stattfand. Den Angaben des Klägers zufolge war sein Vater ein einflussreicher Geistlicher und sein älterer Bruder Kommandant einer Gruppierung der Mudschaheddin. Dennoch lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass der Vater des Klägers mit der Tötung der vier Männer über die Vergeltung für die begangene Vergewaltigung hinaus eine bestimmte politische oder religiöse Haltung durchsetzen wollte. Der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung lediglich an, dass sich die Frau, die von den vier Männern vergewaltigt worden war, an seinen Vater gewandt habe, da die Familie des Klägers bei den Dorfbewohnern als sehr einflussreich galt. Es ist deshalb nicht erkennbar, dass das Motiv für die von den Familien der getöteten Männer vorgenommene Blutrache in der religiösen und politischen Überzeugung der Familie des Klägers liegt. Darüber hinaus ist auch in dem hier geschilderten Fall der Blutrache nicht davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der Zugehörigkeit zu seiner Familie Mitglied einer bestimmten, abgrenzbaren sozialen Gruppe im Sinne von § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG angehört. Nach dieser Vorschrift gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 AsylVfG, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten (Buchst. a), und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird (Buchst. b). Vorliegend ist jedoch davon auszugehen, dass die Familie des Klägers von der sie umgebenden Gesellschaft nicht als „andersartig“ wahrgenommen wird.
bb) Ferner konnte das Gericht unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze nicht die Überzeugung gewinnen, dass das Leben oder die Freiheit des Klägers in seinem Heimatland bedroht ist. Das Gericht hat erhebliche Zweifel an der Wahrheit der Schilderungen des Klägers. Diese Zweifel vermochte der Kläger auch nicht durch seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung auszuräumen.
So konnte der Kläger bereits nicht glaubhaft machen, dass im Jahr 1999 auf Veranlassung seines Vaters vier Männer getötet wurden, die beschuldigt waren, eine Frau vergewaltigt zu haben. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Tötung der vier Männer bereits vor über 16 Jahren ereignet haben soll und der Kläger zu diesem Zeitpunkt erst neun Jahre alt war, bleiben die Ausführungen des Klägers zu den Ereignissen im Jahr 1999 insgesamt zu oberflächlich und abstrakt, um dem Gericht einen glaubhaften Eindruck zu vermitteln. So vermochte der Kläger weder den Namen der vergewaltigten Frau noch die Namen der auf Veranlassung seines Vaters getöteten Männer zu benennen. Obwohl sich den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung entnehmen lässt, dass die Familien der Getöteten und seine Familie vor der Tötung der vier Männer wechselseitig beieinander ein- und ausgegangen waren, spricht der Kläger pauschal nur von den „Familien der Hingerichteten“, ohne diese in irgendeiner Weise zu individualisieren. Konkrete Angaben zu ihrem Geschlecht oder ihrem Verwandtschaftsgrad mit den Getöteten fehlen vollständig. Zwar mag sein, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt den Vorkommnissen aufgrund seines Alters nur geringe Beachtung schenkte und er die näheren Umstände der Tötung der Männer kaum wahrnahm; in diesem Fall hält es das Gericht aber jedenfalls für nicht plausibel, dass sich der Kläger - auch als er älter wurde - nie bei seiner Mutter oder seinem Bruder nach den Namen der getöteten Männer und deren Familien erkundigte, obwohl diese seine Familie mit Blutrache bedrohten und für die Ermordung seines Vaters verantwortlich gemacht wurden.
Die vom Kläger dargestellten Umstände, die dazu führten, dass sein Vater die Tötung der vier Männer veranlasste, bleiben vage und erscheinen in sich nicht stimmig. Auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 26. Februar 2014 wird insoweit Bezug genommen. So ist auch für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass der Vater des Klägers das Auffinden der mutmaßlichen Vergewaltiger veranlasste und sich für deren Bestrafung einsetzte, obwohl es sich bei den Tätern um Soldaten handelte, die derselben Gruppierung der Mudschaheddin wie sein Sohn angehörten und unter dessen Befehl standen. Den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zufolge stellte die Tötung der Männer als Reaktion auf die Vergewaltigung zudem eine in Afghanistan verpönte Handlung dar, die Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein nachvollziehbarer Beweggrund für den Vater des Klägers, eine solch unpopuläre Handlung trotz der Warnungen seines ältesten Sohns zu veranlassen, ist nicht ersichtlich: Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich weder, dass sich sein Vater und das Vergewaltigungsopfer persönlich näher gestanden hätten noch dass der Vater des Klägers verpflichtet gewesen wäre, die Vergewaltigung zu vergelten. Die Reaktion des Vaters des Klägers erscheint vielmehr fernliegend, da anzunehmen ist, dass mit einer solchen drakonischen Bestrafung der eigenen Leute der Ruf und die Autorität seines Sohnes als Kommandant aufs Spiel gesetzt wurden. Die Ermittlung der Täter durch seinen Bruder und die Entscheidung, die vier Männer zu töten, wird überdies vom Kläger nur abstrakt beschrieben, ohne dem Gericht ein konkretes Bild zu vermitteln. Schließlich erfolgte auch die Schilderung der Tötung der vier Männer floskelhaft und ohne erkennbare emotionale Beteiligung des Klägers - obwohl es sich hierbei auch für einen Neunjährigen um ein besonders einprägsames Erlebnis gehandelt haben muss.
Auch die weitere Schilderung des Klägers betreffend die Vorkommnisse nach der Tötung der vier Männer beschränkt sich im Wesentlichen auf die Darstellung des schlichten Ablaufs der Ereignisse und lässt lebensbezogene Details vermissen. Die hierzu vom Kläger gemachten Angaben sind sehr vage und teilweise widersprüchlich. Während der Kläger bei seiner Anhörung durch das Bundesamt angab, dass die Familien der getöteten Männer nach diesem Vorfall aus dem Gebiet geflüchtet waren und erst wiederkehrten, als sein Bruder seine Macht als Kommandant eingebüßt hatte, erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass die Familien der Hingerichteten nach wie vor im Dorf des Klägers gelebt hätten. Das Gericht hält es darüber hinaus auch für nicht plausibel, dass, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vortrug, er sich nie bei seinem Bruder nach dem Inhalt des an diesem im Jahr 2010 versandten Drohbriefe erkundigt hatte.
Dass die Familien der im Jahr 1999 getöteten Männer die Drohbriefe an seinen Bruder geschickt hatten und für die Ermordung sowohl seines Vaters als auch seines Bruders verantwortlich waren, bleibt letztlich eine Spekulation des Klägers. Der Kläger gibt hierzu lediglich an, dass die Blutrache offensichtlich von den Familien der auf Veranlassung seines Vaters getöteten Männer ausgeht, ohne für seine Vermutung jedoch konkrete Anhaltspunkte anzuführen. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung fühlte er sich von den Familien der ermordeten Männer zunächst auch nicht bedroht. Die nach der Ermordung des Vaters an den Bruder adressierten Drohbriefe wurden nicht unterschrieben und nahmen keinen Bezug auf die Ereignisse aus dem Jahr 1999. Der Kläger gibt zwar an, dass sich sein Verdacht durch die nach dem Tod seines Bruders mit den Dorfbewohnern geführten Telefonate bestätigt habe, führte hierzu jedoch nicht weiter aus, was die Dorfbewohner ihm mitgeteilt hatten. Aufgrund der einflussreichen Positionen innerhalb der Heimatregion, die sowohl der Vater als auch der Bruder des Klägers über zahlreiche Jahre hinweg inne hatten, erscheint es auch nicht völlig ausgeschlossen, dass für die Ermordung des Vaters und des Bruders des Klägers jeweils andere Motive eine Rolle gespielt hatten.
Schließlich wird die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Klägers auch dadurch in Frage gestellt, dass selbst wenn der Kläger über ihm nahebestehende Personen wie über seinen Vater oder seinen älteren Bruder berichtet, seine Ausführungen stets vage und detailarm bleiben. So gab der Kläger erst auf mehrfache Nachfragen und Vorhalte durch das Bundesamt an, dass sein Vater die örtliche Koranschule geleitet und zuvor in einem Ministerium gearbeitet habe. Dabei konnte der Kläger jedoch weder angeben, in welchem Ministerium sein Vater gearbeitet hatte, noch welche Position er dort innehatte. Auch die Erklärungen des Klägers hinsichtlich der seiner Familie gehörenden Ländereien sind pauschal und unbestimmt. So ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, wo sich die betreffenden Grundstücke befinden, noch wie groß die Flächen sind oder wie sie von der Familie des Klägers bewirtschaftet wurden.
Insgesamt konnten die Aussagen des Klägers daher aufgrund des Fehlens lebensechter Details und der in sich nicht stimmigen Darstellung nicht den Eindruck einer glaubhaften Verfolgungsgeschichte vermitteln, die auf tatsächlichen Erlebnissen des Klägers beruht. Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts sein Heimatland verlassen, ohne verfolgt oder von Verfolgung bedroht gewesen zu sein.
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG.
Der europarechtlich herrührende subsidiäre Schutz nach § 4 AsylVfG bildet einen eigenständigen, vorrangig vor sonstigen herkunftslandbezogenen ausländerrechtlichen (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu prüfenden Streitgegenstand (vgl. ausführlich BVerwG, U. v. 24.6.2008 - 10 C 43/07 - BVerwGE 131, 198 = NVwZ 2008, 1241 = InfAuslR 2008, 474).
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylVfG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylVfG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
aa) Subsidiärer unionsrechtlicher Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG kommt deshalb nur in Betracht, wenn der Kläger schlüssig und substantiiert vorträgt, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan tatsächlich die konkrete Gefahr droht, dass die Familienangehörigen der im Jahr 1999 getöteten Männer Blutrache an ihm üben werden. Davon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Das Gericht hat nicht die Überzeugung erlangt, dass sich die vom Kläger behaupteten Ereignisse tatsächlich zugetragen haben, so dass schon aus diesem Grunde ein Anspruch ausscheidet (s.o.). Angesichts der vagen und in sich nicht stimmigen Angaben des Klägers sind weder Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihm im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan die Todesstrafe droht (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG) noch dass er Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG).
bb) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG, nach dem von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Vorschrift setzt die sich aus Art. 18 i. V. m. Art. 15 Buchst. c QualRL ergebenden Verpflichtungen auf Gewährung eines „subsidiären Schutzstatus“ bzw. „subsidiären Schutzes“ in nationales Recht um.
Es genügt dabei nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24). Erforderlich ist, dass sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende - und damit allgemeine - Gefahr in der Person des Klägers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Gefahr i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG darstellt. Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Hierzu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z. B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist (BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 18 m. w. N.). Fehlen individuelle gefahrerhöhende Umstände, so kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften, individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U. v. 17.11.2011, a. a. O., juris Rn. 18). Erforderlich ist insoweit ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt (BVerwG, U. v. 17. 11. 2011, a. a. O., Rn. 18).
Die Frage, ob die in Afghanistan oder Teilen von Afghanistan stattfindenden gewalttätigen Auseinandersetzungen nach Intensität und Größenordnung als vereinzelt auftretende Gewalttaten i. S. v. Art. 1 Nr. 2 des Zusatzprotokolls vom 8. Juni 1977 zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (BGBl 1990 II S. 1637) - ZP II - oder aber als anhaltende Kampfhandlungen bewaffneter Gruppen im Sinne von Art. 1 Nr. 1 ZP II zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, weil der Kläger nach überschlägiger Prüfung keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt wäre. Bezüglich der Gefahrendichte ist zunächst auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen, in die ein Kläger typischerweise zurückkehren wird (BVerwG, U. v. 14.7.2009 - 10 C 9/08 - BVerwGE 134, 188). Zur Feststellung der Gefahrendichte ist eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung erforderlich (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr setzt voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht. Ein Schadensrisiko von 1:800 bzw. 0,125% ist dabei weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt (BVerwG, U. v. 17.10.2011 - BverwG 10 C 13.10 - juris Rn. 20, 23).
Hiervon ausgehend ergibt sich aus der aktuellen Erkenntnismittellage nicht, dass die Situation in der Heimatprovinz des Klägers einen so hohen Gefahrengrad erreicht hat, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer dortigen Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre.
Der Kläger stammt aus der Provinz Badakhshan, so dass hinsichtlich der Gefahrenlage primär darauf abzustellen ist. Die Provinz Badakhshan wird von der Unterstützungskommission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA, Internet: www.unama.unmissions.org) der Nordostregion Afghanistans (Provinzen: Kunduz, Takhar, Badakhshan und Baghlan) zugeordnet.
Der Jahresbericht der UNAMA vom Februar 2012 (UNAMA, Afghanistan Annual Report 2011 Protection of Civilians in Armed Conflict) geht für das Jahr 2011 für Afghanistan landesweit von 3.021 toten Zivilisten (gegenüber den 2.777 toten Zivilisten des Vorjahres eine Steigerung von 8 Prozent) und 4.507 Verletzten (im Vorjahr 4.368 Verletzte), somit von insgesamt 7.528 zivilen Opfern aus. Der Jahresbericht der UNAMA vom Februar 2013 (UNAMA, Afghanistan Annual Report 2012 Protection of Civilians in Armed Conflict) geht für das Jahr 2012 von 7.559 zivilen Opfern aus (2.754 Tote und 4.805 Verletzte). Nach dem Afghanistan Annual Report 2013 Protection of Civilians in Armed Conflicts der UNAMA sind im Jahr 2013 2.959 tote und 5.656 verletzte Zivilpersonen zu beklagen. Hieraus ergibt sich dem Bericht zufolge im Vergleich zu 2012 eine Steigerung der Zahl der getöteten Zivilpersonen um 7 Prozent und der Zahl der verletzten Zivilpersonen um 17 Prozent. Der Midyear Report 2014 der UNAMA gibt für das erste Halbjahr 2014 1.564 tote und 3.289 verletzte Zivilpersonen in ganz Afghanistan an. Dies entspricht einer Steigerung gegenüber dem Vergleichszeitraum 2013 um knapp 17 bzw. 28 Prozent. Betrachtet man die durchschnittliche Gefährdung landesweit ergibt sich bei ca. 8.615 toten und verletzten Zivilisten im Jahr 2013 bzw. hochgerechnet 9.706 zivilen Opfern im Jahr 2014 bezogen auf eine Gesamtbevölkerung von mindestens 25 Millionen trotz steigender Opferzahlen weiterhin kein so hoher Gefährdungsgrad, dass praktisch jede Zivilperson dort einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Das Verhältnis der zivilen Opfer pro Jahr zur Gesamtbevölkerung liegt weiterhin vorsichtig geschätzt bei höchstens 1:2.500. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG liegen damit nicht vor (vgl. BVerwG, U. v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris).
Die regional unterschiedliche Veränderung der Opferzahlen lässt sich in Beziehung zu der Zahl der Zwischenfälle in den einzelnen Provinzen im Jahr 2012 setzen. Nach dem Bericht des Afghanistan NGO Safety Office (ANSO, abrufbar unter: http://www.ngosafety.org) gab es im Jahr 2012 in Afghanistan insgesamt 21.784 Angriffe (ANSO Quarterly Data Report Q.4 2012). Bei einer Gesamtopferzahl von 7.559 entfallen damit rechnerisch auf jeden Angriff 0,3469 Opfer. Überträgt man dies auf die Nordostregion, kann bei den dort gezählten 1.205 Angriffen im Jahr 2012 von etwa 419 toten/verletzten Zivilisten ausgegangen werden. Bei einer Einwohnerzahl von 3,6 Millionen in der Nordostregion und 419 Toten/Verletzten ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 0,012 Prozent, Opfer eines Anschlages zu werden.
Auch wenn der Vergleich der Opferzahlen mit der Zahl der Angriffe nicht exakt auf die tatsächliche Opferzahl schließen lässt, gibt er doch eine realistische Basis für die erforderliche Risikoabschätzung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Sicherheitslage in Gesamtafghanistan und auch in der Nordostregion weiterhin angespannt bleibt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der diesen Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist (BayVGH, U. v. 15.3.2013 - 13a B 12.30406 - juris). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der unzureichenden medizinischen Versorgungslage in Afghanistan, die eine Notfallbehandlung Schwerverletzter nur eingeschränkt ermöglichen dürfte.
Bezogen auf die Herkunftsprovinz Badakhshan lässt sich nach aktueller Erkenntnismittellage zwar seit dem Jahr 2012 ein deutlicher Anstieg der gezählten Anschläge sowie der Opferzahlen verzeichnen: Während dem ANSO Quarterly Data Report zufolge im 1. Quartal des Jahres 2012 nur 7 Anschläge in der Provinz Badakhshan verübt wurden, erhöhte sich die Anzahl der festgestellten Anschläge für das 1. Quartal des Jahres 2013 auf ca. 20 Anschläge und damit um 186%. Die in der Provinz Badakhshan stattfindenden Anschläge und sicherheitsrelevanten Vorfälle erreichen jedoch nicht das in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geforderte Ausmaß willkürlicher Gewalt. Im Zeitraum von 1. Januar bis 31. Oktober 2014 gab es nach den Erkenntnissen des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) landesweit 18.443 sicherheitsrelevante Zwischenfälle (Entführungen, Luftangriffe, bewaffnete Auseinandersetzungen, Verhaftungen, Tötungen, versuchte Tötungen, Waffenlager, Kriminalität, Demonstrationen, detonierte und entdeckte unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen, Einschüchterungen, Landminen, Drogen, Selbstmordattentate und „Stand-Off“-Angriffe), davon 156 in der Provinz Badakhshan (EASO Country of Origin Information Report, Afghanistan: Security Situation, Januar 2015, Seite 32 und Seite 122, abrufbar unter: https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/Afghanistan-security-situation.pdf). Hochgerechnet auf das Jahr 2014 entspricht dies landesweit 22.132 sicherheitsrelevanten Zwischenfällen, davon 187 - also ca. 0,84% - in der Provinz Badakhshan. Eine Anwendung des genannten Prozentsatzes auf die von der UNAMA verzeichneten Zahlen der im Jahr 2014 landesweit 3.699 getöteten und 6.849 verletzten Zivilpersonen führt zu einer geschätzten Anzahl von 31 getöteten und 58 verletzten Zivilpersonen in der Provinz Badakhshan im Jahr 2014. Bei einer Einwohnerzahl von 904.000 und 58 Toten/Verletzten ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 0,009 Prozent, Opfer eines Anschlags zu werden. Dieser im Promillebereich liegende ungefähre Wahrscheinlichkeitswert bewegt sich damit weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit.
Des Weiteren sind auch keine besonderen, in der Person des Klägers liegenden, individuellen Umstände ersichtlich, die auf eine erhöhte Gefährdung im Verhältnis zu sonstigen Angehörigen der Zivilbevölkerung schließen lassen. Für den Kläger besteht somit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, Opfer des Konflikts zu werden.
c) Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
aa) Ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG liegt nicht vor. Eine Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nach der Rechtsprechung des BVerwG (U. v. 15.4.1997 - 9 C 38/96 -BVerwGE 104, 265) nur in Frage, wenn die umschriebenen Gefahren durch den Staat oder eine staatsähnliche Organisation drohen oder dem Staat zuzurechnen sind. Schon diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben.
bb) Ferner liegt auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit das Bestehen einer konkreten, individuellen - zielstaatsbezogenen - Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, wie etwa eine unzureichenden Versorgungslage, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
Eine solche Gefahr kann sich auch aus der Krankheit eines Antragstellers ergeben, wenn sich diese im Heimatstaat verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind oder ihm nicht zu nicht Verfügung stehen. Die befürchtete Verschlimmerung einer Krankheit kann die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan begründen, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Klägers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, B. v. 24.5.2006 - 1 B 118/05 - NVwZ 2007, 3345). Nicht gravierende oder nicht hinreichend wahrscheinliche Gefahren sind dabei nicht ausreichend. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr nach Afghanistan eintreten würde, weil der Ausländer auf die dort unzureichende Möglichkeit der Behandlung angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U. v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - juris).
Hiervon ausgehend sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen für ein kranheitsbedingtes zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erfüllt. Denn der Kläger hat bereits nicht substantiiert vorgetragen, im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) an einer postraumatischen Belastungsstörung oder einer sonstigen psychischen oder physischen Krankheit erkrankt zu sein.
(1) Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Atteste genügen nicht den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag für die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Zwar lassen sich die Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer PTBS nicht abstrakt bestimmen. In erster Linie ist es dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er seine Stellungnahme unterbreitet. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Gericht bei den in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde besitzt (BVerwG v. 17.8.2011, 10B 13/11). Gleichwohl ist dem Ergebnis eines Gutachtens oder der fachlichen Stellungnahme nicht blindlings, sondern nur dann zu folgen, wenn es schlüssig, nachvollziehbar und transparent hergeleitet ist und auf einer zutreffenden Grundlage beruht. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss vom Schutzsuchenden gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber einem ärztlichen Gutachter nachgewiesen bzw. wahrscheinlich gemacht werden. Der objektive Erlebnisaspekt ist nämlich nicht Gegenstand der gutachtlichen ärztlichen Untersuchung zu einer posttraumatischen Belastungsstörung. Allein mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher darauf geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein Ereignis vorlag und wie dieses geartet war (BayVGH v.15.12.2010, 9 ZB 10.30376).
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um ein komplexes psychisches Krankheitsbild, bei dem nicht äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen, sondern innerpsychische Erlebnisse im Mittelpunkt stehen, so dass es entscheidend auf Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit des geschilderten inneren Erlebens und der zugrunde liegenden faktischen äußeren Erlebnistatsachen ankommt. Aufgrund dieser Eigenart des Krankheitsbildes bestehen entsprechende Anforderungen an ärztliches Vorgehen und Diagnostik, die nur von Fachärzten für Psychiatrie oder für Psychotherapeutische Medizin erfüllt werden können. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik gehört zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an PTBS nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG v. 11.9.2007 - 10 C 17/07 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 31) regelmäßig die Vorlage eines, gewissen Mindestanforderungen genügenden, fachärztlichen Attestes. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen der PTBS auf traumatische Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Krankheit nicht früher geltend gemacht worden ist (BVerwG v.11. 9. 2007, a. a. O.). Vorgelegte Gutachten müssen im Besonderen nachvollziehbar sein und den genannten Mindestanforderungen entsprechen (VG Düsseldorf v. 20. 2. 2003, juris).
Unabhängig von der Frage, ob der Vortrag des Vorliegens einer PTBS nicht schon aufgrund einer Präklusion gemäß § 74 Abs. 2 AsylVG zurückzuweisen wäre, genügen die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht den oben genannten Substantiierungsanforderungen.
Dem vom Kläger vorgelegten Befundbericht des ...-Klinikums vom 24. Oktober 2014 lässt sich bereits keine sichere Diagnose auf eine PTBS entnehmen, sondern lediglich der Verdacht einer solchen. Aus dem Arztbericht geht darüber hinaus auch nicht hervor, auf welcher Grundlage die Diagnose Verdacht auf PTBS getroffen wurde. Das Attest setzt sich in keinster Weise mit den Angaben des Klägers und dem die PTBS auslösenden traumatisierenden Ereignis auseinander. Ebenso wenig äußert sich das Attest zu der Schwere und Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung des Klägers. Der pauschale Hinweis, eine weitere nervenärztliche Behandlung werde empfohlen, genügt nicht, um auf die Dauer und Erforderlichkeit einer solchen Therapie schließen zu können.
Auch durch die beiden vorläufigen Arztberichte des Kreisklinikums ... vom 9. Oktober 2014 und vom 12. Januar 2015 wurde die Erkrankung einer PTBS nicht substantiiert vorgetragen. Die Arztberichte wurden jeweils von keinem Facharzt aus dem psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Fachbereich abgefasst. Darüber hinaus wird auch in dem vorläufigen Arztbericht vom 9. Oktober 2014 nur der Verdacht einer somatoformen Störung bei Verdacht auf PTBS geäußert, jedoch keine sichere Diagnose gestellt. Zudem fehlt es auch hier an einer fundierten Auseinandersetzung mit dem die Traumatisierung auslösenden Ereignis.
Die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. ... vom 2. März 2015 vermag ebenfalls die Substantiierungsanforderungen für die Geltendmachung einer PTBS als krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht zu erfüllen. Auch ihr lässt sich keine sichere Diagnose hinsichtlich des Vorliegens einer PTBS entnehmen. Die Ärztin führt ihrer Stellungnahme lediglich aus, dass es sich „sehr wahrscheinlich“ um eine posttraumatische Belastungsstörung handle. Überdies ergibt sich auch aus diesem Attest nicht, auf welcher tatsächlichen Grundlage die Einschätzung der Ärztin beruht. Das Attest verweist lediglich pauschal auf frühere schwere Traumatisierungen des Klägers, ohne diese konkret zu benennen. Ohne eine hinreichend konkrete Darstellung des traumatisierenden Ereignisses lässt sich letztlich aber auch die eventuell bestehende Gefahr einer Retraumatisierung bei einer Rückkehr in das Heimatland naturgemäß nicht beurteilen. Soweit die Ärztin ausführt, dass der tödliche Badeunfall eines Freundes Auslöser für das jetzige Vollbild der PTBS ist, wird aus dem Attest nicht deutlich, welches Gewicht den Erlebnissen des Klägers in Afghanistan im Hinblick auf die Entwicklung einer PTBS zukommt. Darüber hinaus wird auch der bisherige Behandlungsverlauf in dem Attest nur sehr knapp und oberflächlich abgehandelt. Das Attest liefert schließlich auch keine Erklärung dafür, dass die Erkrankung vom Kläger erst jetzt geltend gemacht wird, obwohl die Symptomatik bereits phasenweise in 2012 vorhanden war.
Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Arztbericht des ...-Klinikums vom 24. April 2015 genügt ebenfalls nicht den oben genannten Mindestanforderungen der Rechtsprechung. Zwar wird in dem Arztbericht nunmehr die sichere Diagnose einer PTBS gestellt und nicht nur der Verdacht einer solchen. Aus dem Arztbericht ist jedoch nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Diagnose gestellt wurde und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Zur hinreichenden Substantiierung im Sinne einer Nachvollziehbarkeit, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt, ist eine eingehende Auseinandersetzung mit der Frage, welche traumatisierenden Ereignisse konkret zu der Erkrankung geführt haben, von erheblicher Bedeutung (vgl. VG Gelsenkirchen, U. v. 25.5.2014 - 6a K 238/12.A - juris, Rn. 38 ff.). Denn nach der International Classification of Diseases (ICD-10, F 43.1) ensteht eine PTBS als „Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“. Ein traumatisierendes Erlebnis bzw. Ereignis ist damit zwingende Voraussetzung für die Entwicklung einer PTBS. Vorliegend geht aus dem vorgelegten Befundbericht nicht hervor, durch welches Erlebnis die PTBS beim Kläger konkret verursacht wurde. Das Attest lässt offen, ob das traumatisierende Ereignis in den Vorkommnissen im Jahr 1999 zu sehen ist, dem Erhalt der Drohbriefe, der Ermordung des Vaters bzw. des Bruders des Klägers oder in der Trennung von seiner Familie. Sofern alle diese Erlebnisse zu der Entwicklung des Krankheitsbilds beigetragen haben, bleibt unklar, in welchem Verhältnis diese Erlebnisse zueinander stehen. Der von Frau Dr. ... als ein wesentlicher Grund für die Traumatisierung des Klägers angesehene tödliche Badeunfall eines Freundes findet in dem Arztbrief keine Erwähnung. Zudem fehlt es an einer fundierten, differenzierten und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Angaben des Klägers. Zweifel an einer ausführlichen Anamnese bestehen auch insoweit, als in dem Arztbericht darauf hingewiesen wird, dass beim Kläger nur rudimentäre Deutschkenntnisse vorhanden waren und er im Erstgespräch Fragen bezüglich der Gründe, die ihn dazu veranlassten, Afghanistan zu verlassen, auswich. Des Weiteren ergibt sich aus dem ärztlichen Bericht keine nachvollziehbare Erklärung, weshalb das Vollbild der PTBS erst Jahre später nach den vermeintlich traumatisierenden Ereignissen in Afghanistan entstanden ist. Dem Attest lässt sich des Weiteren nicht entnehmen, welche Folgen ein Behandlungsabbruch für den Kläger hätte.
Das Gericht geht im Übrigen aufgrund der Unglaubhaftigkeit des Vortrags des Klägers davon aus, dass die in dem Arztbericht andeutungsweise zugrunde gelegten traumatisierenden Ereignisse so nicht stattgefunden haben. Nach ICD-10 ist ein traumatisches Erlebnis, das fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, zwingende Voraussetzung für die Entwicklung einer PTBS. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss gegenüber dem Tatrichter und nicht gegenüber dem ärztlichen oder psychotherapeutischen Gutachter nachgewiesen bzw. beachtlich wahrscheinlich gemacht werden (vgl. BayVGH, U. v. 17.10.2012 - 9 ZB 10.30390 - juris, m. w. N.). Das Gericht ist nach Würdigung aller Umstände davon überzeugt, dass es die vom Kläger beschriebenen Ereignisse, die in der Sache auch dem vorgelegten ärztlichen Attest des ...-Klinikums zugrunde gelegt werden, so tatsächlich nicht stattgefunden haben. Auf die vorherigen Erwägungen wird Bezug genommen. Insbesondere aus diesem Grund - und insofern nicht aus medizinischen Gründen - sieht das Gericht die ärztliche Diagnose, wonach der Kläger aufgrund seiner Erlebnisse in seiner Heimat an einer PTBS leide, als widerlegt an. Mit dem Wegfall der unglaubhaften traumatisierenden Ereignisse ist den vorgelegten medizinischen Befunden in Bezug auf eine PTBS die tatsächliche Basis entzogen.
(2) Der Kläger leidet zur Überzeugung des Gerichts auch nicht an einer sonstigen psychischen Krankheit, die ein Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnte.
Gemäß dem Befundbericht des ...-Klinikums wurden beim Kläger eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome sowie dissoziativen Störungen diagnostiziert. Dem aktuelleren Attest des ...-Klinikums vom 24. März 2015 lässt sich die Nebendiagnose rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10: F 33.0) entnehmen.
Aus Sicht des Gerichts sind die oben dargestellten Anforderungen an die Substantiierung für die PTBS auf das Vorliegen einer Depression übertragbar. Diese Erkrankung weist vergleichbare „Unschärfen des Krankheitsbildes sowie einer vielfältigen Symptomatik“ und die damit verbundene Schwierigkeit der Stellung einer eindeutigen Diagnose sowie deren Therapierung auf.
Hiervon ausgehend vermögen die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Unterlagen kein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen.
Dem Befundbericht des ...-Klinikums lässt sich entnehmen, dass sich das Zustandsbild des Klägers bereits während der stationären Behandlung in der Zeit von 10. Oktober 2014 bis 28. Oktober 2014 deutlich besserte. Insbesondere wurden die dissoziativen Zustände seltener und Stimmung, Antrieb und Schlaf des Klägers verbesserten sich merklich. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers wird auch dadurch deutlich, dass das ...-Klinikum in dem aktuellen Attest vom 24. März 2015 von einer leichten depressiven Episode (ICD-10: F 33.0) ausgeht. Bei der hier diagnostizierten rezidivierenden depressiven Störung mit der Schlüsselnummer „F 33.0“ leidet der betroffene Patient gemäß ICD-10 unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Aus der ICD-10-Schlüsselnummer geht des Weiteren hervor, dass im Falle einer depressiven Episode die Fähigkeit zu Freude sowie das Interesse und die Konzentration vermindert sind. Abhängig von Anzahl und Schwere der Symptome wird die depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer eingestuft. Bei der hier getroffenen Diagnose „rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode“ ist nicht aus sich heraus erkennbar, wie deswegen auch bei fehlender Behandlungsmöglichkeit im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wesentliche oder gar lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorgerufen werden könnten (vgl. auch VG München, U. v. 16.4.2015- M 18 K 13.30985 und U. v. 6.3.2015 - M 21 K 14.30869). Es ist insbesondere auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass die beim Kläger beobachteten Symptome wie Schlafstörungen, Flashbackerleben und Alpträume auch bei fehlender Behandlungsmöglichkeit zu einer wesentlichen oder lebensbedrohlichen Gesundheitsbeeinträchtigung führen werden. Hierzu führt das vorgelegte Attest nichts aus. Dem Arztbericht vom 24. März 2015 lässt sich darüber hinaus entnehmen, dass der Kläger trotz dieser Beeinträchtigungen in der Lage ist, seinen Alltag zu bewältigen.
Auch führt der Umstand, dass der Kläger während der in der Zeit vom 10. Oktober 2014 bis 28. Oktober 2014 stattgefundenen geschützten Krisenintervention im ...-Klinikum einen Suizidversuch unternommen hat, nicht zu einem krankheitsbezogenen Abschiebungshindernis. Dem Attest der ...-Klinik vom 24. April 2015 lässt sich entnehmen, dass der Kläger von Eigen- bzw. Fremdgefährdung klar distanziert ist.
(3) Ein Abschiebungsverbot lässt sich schließlich auch nicht aus einer sonstigen Erkrankung des Klägers ableiten.
Dem aktuellen Arztbericht des ...-Klinikums vom 24. April 2015 zufolge konnte die Verdachtsdiagnose eines epileptischen Ereignisses ausgeschlossen werden. Somatisch erfolgte ein Röntgen, Thorax und ein CCT, welche jedoch keine pathologischen Auffälligkeiten hervorbrachte.
Gemäß dem vorläufigem Arztbericht des Kreisklinikums ... vom 9. Oktober 2014 konnten beim Kläger ein akutes Koronarsyndrom sowie eine relevante Ventilationsstörung ausgeschlossen werden. Im EKG zeigte sich kein Anhalt für einen Infarkt. Dem Attest lässt sich ferner nicht entnehmen, dass die attestierten Thoraxschmerzen, die Ohnmachtsanfälle, die Hypokaliämie und die rez. Cephalgien zwingend behandelt werden müssten bzw. dem Kläger aufgrund dessen eine wesentliche oder lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigung drohten.
cc) Trotz der schlechten Versorgungslage in Afghanistan hat sich die allgemeine Gefahr für den alleinstehenden arbeitsfähigen Kläger vorliegend auch nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist (st. Rspr.. des BayVGH, vgl. U. v. 15.3.2014 - 13a B 12.30406 - juris Rn. 26 ff. m. w. N.; vgl. auch HessVGH, U. v. 30.1.2014 - 8 A 119/12.A - juris Rn. 48 ff.; OVG RP; U. v. 21.3.2012 - 8 A 11050/10 - juris Rn. 39ff.). Ein arbeitsfähiger Mann, der mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten zu tragen hat, kann regelmäßig ohne nennenswertes Vermögen im Falle einer Rückführung in sein Heimatland Afghanistan ein ausreichendes Auskommen erzielen (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.2014 - 13a B 12.30406, a. a. O.). Das Gericht geht davon aus, dass der Kläger trotz der gegenüber seinen Ärzten beschriebenen Symptome in der Lage ist, Gelegenheitsarbeiten zu finden und auszuführen und ggf. unter Inanspruchnahme internationaler Hilfe zumindest ein kleines Einkommen zu erzielen, um sein Überleben zu sichern (BayVGH, U. v. 13.3.2014 - 13a ZB 14.30043 - juris Rn. 10).
d) Die nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung ist ebenso wie die nach § 38 AsylVfG festgesetzte Ausreisefrist nicht zu beanstanden.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.