Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Jan. 2017 - M 7 X1 16.4322

bei uns veröffentlicht am18.01.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 1.666,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller möchte im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens die Einvernahme eines Zeugen zur Frage der Holznutzung auf bestimmten Grundstücken in der ehemaligen Gemeinde Irgertsheim (seit der Eingemeindung im Jahr 1972 zu Ingolstadt gehörend) erreichen.

Es geht in der vorliegenden Streitsache um Nutzungsrechte auf bestimmten Grundstücken. Den vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakten lässt sich entnehmen, dass im ehemaligen Gemeindewald Irgertsheim, der heute im Eigentum der Stadt Ingolstadt steht, Gemeinderechte zur Ausübung der Holzgewinnung durch Berechtigte (sog. Rechtler) bestehen (Bl. 63). Daneben gibt es Grundstücke in der Irgertsheimer Flur, die Dritten gehören. Aus alten Unterlagen ergibt sich für diese im einzelnen bezeichneten Grundstücke, dass den „Besitzern“ darauf nur das Grasrecht, aber der Gemeinde das Holzrecht zusteht (Bl. 40 ff., 45 f.). Die Stadt Ingolstadt hat seit den 1980er Jahren auf Antrag der jeweiligen Eigentümer die Ablösung dieser Nutzungsrechte gegen eine pauschale Entschädigung für eine Reihe von Grundstücken zugelassen und die vereinbarten Entschädigungsbeträge einbehalten.

Die Irgertsheimer Rechtler, deren ... der Antragsteller ist, streiten mit der Stadt Ingolstadt seit Jahren über eine von ihnen geforderte Entschädigung wegen der Ablösung der Nutzungsrechte und ihrer infolgedessen untergegangenen Rechte. Eine gütliche Einigung ist zuletzt gescheitert, da die Irgertsheimer Rechtler dem ausgearbeiteten Vergleichsvertrag nicht einstimmig zugestimmt haben.

Mit Schreiben vom 13. Juli 2016 ließ der Antragsteller beim Landgericht Ingolstadt einen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens stellen. Es solle Beweis erhoben werden über die Behauptung des Antragstellers, dass die Stadt Ingolstadt an den genauer bezeichneten Privatgrundstücken im Irgertsheimer Wald kein besonders Holzrecht habe durch Einvernahme des Zeugen E... G... Der Antragsteller sei Berechtigter eines Gemeinderechts zu zwei Anteilen am unverteilten Gemeindebesitz und als Rechtler zur Holznutzung aufgrund eines besonderen Holzrechts im Irgertsheimer Gemeindewald berechtigt. Er sei aktiv legitimiert, weil durch die Antragsgegnerin sein besonderes Holzrecht beeinträchtigt werde. Die Stadt Ingolstadt behaupte, an den oben aufgeführten Grundstücken ein Holzrecht zu haben, das bei der Eingemeindung von der Gemeinde Irgertsheim auf sie übergegangen sei. Dies sei nicht richtig, weil die Gemeinde Irgertsheim kein Holzrecht an diesen Grundstücken gehabt habe. Die Irgertsheimer Rechtler hätten ein rechtliches Interesse an der Feststellung, weil die Stadt Ingolstadt in der Zeit von 1980 - 2011 mit den Eigentümern dieser Grundstücke sogenannte Ablösungsverträge geschlossen hätte, nach welchen sich die Stadt Ingolstadt bereit erklärt habe, auf ihre Holzrechte gegen Zahlung eines Betrags zu verzichten. Die Grundstückseigentümer hätten in gutem Glauben daran, dass die Stadt Ingolstadt dazu berechtigt sei, Ablösungsverträge mit der Antragsgegnerin geschlossen und damit die Ausübung dieses Rechts vereitelt. Bei den Verhandlungen über einen Ersatz des Schadens, der den Rechtlern dadurch entstanden sei, habe die Stadt keine Einsicht gezeigt, ferner habe sie auch keine Einsicht in die Verträge gewährt. Deshalb sei ein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegeben und es könne möglicherweise ein Rechtsstreit mit der Stadt Ingolstadt vermieden werden. Der Zeuge sei bis zur Übergabe seines Anwesens an seinen Sohn Eigentümer eines Grundstücks mit der FlNr. ... der Gemarkung Irgertsheim gewesen, das mit einem besonderen Holzrecht belastet gewesen sei. An diesem Grundstück hätten die Rechtler seit unvordenklicher Zeit ununterbrochen aus Rechtsüberzeugung das besondere Holzrecht ausgeübt und der Eigentümer G... die Grasnutzung. Der Zeuge sei selbst Rechtler und im Gemeinderat gewesen, so dass er die Verhältnisse bestens kenne. Die Holznutzung auch auf seinem Grundstück sei, so lange er denken könne, durch die Rechtler ausgeübt worden. Die Gemeinde Irgertsheim habe im Irgertsheimer Wald niemals eine Holznutzung getätigt und schon gar nicht auf seinem und den Grundstücken anderer Eigentümer. Deshalb könne bei der Eingemeindung von Irgertsheim in die Stadt Ingolstadt kein besonderes Holzrecht auf diese übergegangen sein. Der Zeuge sei mit 86 Jahren in einem Alter, in dem jeden Tag mit seinem Ableben und damit mit dem Verlust des Beweismittels zu rechnen sei.

Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 beantragte die Beklagte,

den Beweisantrag abzulehnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgebracht: Ein Beweisverfahren diene der Erhebung von Beweisen. Der Antrag ziele jedoch darauf ab, eine Rechtsmeinung des Zeugen einzuholen. Dies sei unzulässig. Zudem sei nicht ersichtlich, was der Zeuge zum Nichtbestehen von Rechten bekunden solle. Schließlich trage der Antragsteller selbst vor, dass der Zeuge nur zum Grundstück Fln. ... eigenes Wissen besitzen solle. Bezüglich der anderen Grundstücke könne es sich dann allenfalls um Mutmaßungen handeln. Auch wenn im Allgemeinen die Beweisverfahren großzügig behandelt würden, da das Verfahren auf Kosten des Antragstellers und zunächst ohne Konsequenzen für den Antragsgegner betrieben würde, sei dennoch darauf zu achten, dass über den Weg des Beweisverfahrens nicht unzulässige Prozesshandlungen erfolgten. Der Antragsteller versuche hier offensichtlich, eine rechtlich unbedeutende Meinung einer Einzelperson durch das besondere Verfahren aufzuwerten und politischen Druck auszuüben.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2016 konkretisierte der Antragsteller seinen Antrag wie folgt: Es ist Beweis zu erheben über die Behauptung des Antragstellers,

1. „Die Gemeinde Irgertsheim hat im Irgertsheimer Wald und auf folgenden bestockten Grundstücken von Privateigentümern, so lange sich der Zeuge erinnern kann, niemals Holz geschlagen und geerntet.

2. Die Holznutzung im Irgertsheimer Wald und auf den aufgeführten im Privateigentum wurde, so lange sich der Zeuge erinnern kann, ausschließlich von den Irgertsheimer Rechtlern ausgeübt.

3. Bei den Privatgrundstücken, die mit einem besonderen Holzrecht belastet sind, welches die Antragsgegnerin für sich in Anspruch nimmt, handelt es sich um nachfolgend aufgeführte Grundstücke“.

Es folgt eine Auflistung von 25 Flurnummern. Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Zeuge wisse und bezeugen könne, dass das Recht zur Holznutzung im Irgertsheimer Wald auf allen bestockten Grundstücken, auch auf denen, die im Privateigentum stünden, den Irgertsheimer Rechtlern zustehe. Dies sei, soweit es nicht die Grundstücke betreffe, die hier zur Debatte stünden, unbestritten und würde von der Antragsgegnerin auch anerkannt. Die Kenntnis der einzelnen Grundstücke im Privateigentum, auf denen die Rechtler die Holznutzung und die Eigentümer die Grasnutzung hätten, sei deshalb nicht notwendig. Die alten bayerischen Nutzungsrechte seien nicht durch Eintragung ins Grundbuch oder durch die Eintragung in das Grundsteuerkataster begründet, sondern durch Ausübung aus Rechtsüberzeugung. Das Holznutzungsrecht müsse also von der Gemeinde Irgertsheim mindestens vom 18. Januar 1922 bis heute ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt worden sein (Art. 80 Abs. 2 BayGO). Während dieses Zeitraums müsse es auch tatsächlich genutzt worden sein. Alle diese Voraussetzungen träfen aber auf die Gemeinde Irgertsheim nicht zu. Da die Gemeinde im Gemeindewald an den bestockten Grundstücken im Privateigentum kein Holznutzungsrecht ausgeübt habe, habe sie auch keines besessen. Somit sei bei der Eingemeindung auch kein solches Nutzungsrecht auf die Stadt Ingolstadt übergegangen, wie sie aber behaupte. Hilfsweise werde die Verweisung des Verfahrens an das Bayerische Verwaltungsgericht München beantragt.

Mit Schreiben vom 5. August 2016 erwiderte die Antragsgegnerin: Die Antragsberechtigung des Antragstellers und die Berechtigung, die Antragsgegnerin als solche zu bezeichnen, würden bestritten. Wenn man die Antragsbegründung richtig verstanden habe, gehe es dem Antragsteller darum, zu klären, ob das Holzrecht an einem bestimmten Grundstück ihm in Mitberechtigung oder der Antragsgegnerin zustehe. Hier werde mit dem Schriftsatz vom 31. Juli 2016 die Behauptung aufgestellt, die Antragsgegnerin habe noch nie irgendwelche Handlungen getätigt, die als Ausübung des Rechts gewertet werden könnten. Hierzu werde die Beweissicherung beantragt. Es bestehe, den Vortrag des Antragstellers als richtig unterstellt, kein Rechtsschutzbedürfnis. Wenn die Antragsgegnerin dem Antragsteller dessen vermeintliches Recht nicht streitig mache, bedürfe es auch keines gerichtlichen Verfahrens. Auch die neuerlich gestellten Anträge seien einer Beweisaufnahme nicht zugänglich, da sie völlig unsubstantiiert seien. Wenn bezüglich des Grundstücks FlNr. ... geklärt werden solle, wer dort welche Rechte besitze, sei dies in einem zweckentsprechenden Verfahren unter Einbeziehung des Eigentümers und mit detailliertem Sachvortrag durchzuführen. Dann könne festgestellt werden, welche Holznutzungen dort waren und durch wen diese stattgefunden haben. Pauschale Aussagen des Zeugen zu den zwei Dutzend Grundstücken und den letzten 8 ½ Jahrzehnten seien keine Beweiserhebung, sondern eine Meinungsumfrage.

Mit Schreiben vom 16. August 2016 erwiderte der Antragsteller, dass sein Rechtschutzbedürfnis bestehe. Die Antragsgegnerin habe mit den Eigentümern der in der Antragsschrift auf Seite 2 aufgeführten Grundstücke, auf denen ein besonderes Holzrecht lastete, Verträge abgeschlossen, wonach sie als Berechtigte dieses Holzrechts gegen Zahlung eines Entgelts auf das Holzrecht verzichten. Dieses Holzrecht stehe aber seit unvordenklichen Zeiten den Irgertsheimer Rechtlern zu und werde von diesen auch ausgeübt. Da die Antragsgegnerin dies bestreite, sei für das selbstständige Beweisverfahren ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin böten die Anträge genügend Substanz für eine Befragung des Zeugen. Er könne beispielsweise dazu befragt werden, wer den Wald genutzt habe, wie die Grundstücke bestockt seien, wie die Nutzung der Grundstücke geregelt sei, auf welche Rechtstitel die Nutzung gestützt werde usw. Die Frageliste könne beliebig sachbezogen verlängert werden, wenn man erst verstanden habe, dass es um ein öffentliches Nutzungsrecht im Sinne von Art. 80 GO gehe.

Mit Beschluss vom19. August 2016 erklärte das Landgericht Ingolstadt den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht München.

Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 übersandte die Antragsgegnerin die Behördenakten.

II.

Der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 1 ZPO hat keinen Erfolg.

Die Zulässigkeit des selbstständigen Beweisverfahrens richtet sich nach § 98 VwGO i. V. m. §§ 485 ff. ZPO. § 485 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass während oder außerhalb eines Streitverfahrens auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden kann, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird. Die Zustimmung des Gegners zur Einleitung des selbstständigen Verfahrens wird im Verwaltungsprozess wegen des ihn beherrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes als entbehrlich angesehen (vgl. BayVGH, B. v. 28.3.2002 - 4 C 01.2417 - juris Rn. 9). § 486 ZPO enthält Regelungen zur sachlichen und örtlichen Gerichtszuständigkeit. Vorliegend ist das Verwaltungsgericht aufgrund der bindenden Verweisung der Streitsache durch das Landgericht (§ 17 a Abs. 2 GVG) zuständig.

Der Antrag ist wegen des Fehlens des rechtlichen Interesses unzulässig. Zwar verlangt § 485 Abs. 1 ZPO im Unterschied zu § 485 Abs. 2 ZPO nach seinem Wortlaut kein rechtliches Interesse an der Beweisaufnahme. Gleichwohl muss der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens im Sinne eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses glaubhaft machen (vgl. BayVGH, B. v. 28.3.2002 - 4 C 01.2417 - juris Rn. 10, OVG NRW, B. v. 13.9.2006 - 15 E 1052/06 - juris Rn. 4 m. w. N.; OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 22.9.2005 - 1 B 11311/05 - juris Rn. 4). Dem Bürger wird nämlich das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 Abs. 1 ZPO nicht zu irgendwelchen Zwecken oder gar zweckfrei zur Verfügung gestellt, sondern allein deshalb, um in einem laufenden oder möglichen Streitverfahren zugunsten des von ihm verfolgten Begehrens Beweis antreten zu können (OVG NRW, a. a. O.). Erforderlich ist daher, dass ein zukünftiger Streit möglich ist und die beantragte Beweiserhebung dafür Bedeutung haben kann (OVG NRW, a. a. O.) Das Interesse ist demnach dann zu verneinen, wenn die Beweisfrage für einen bereits anhängigen oder erst noch möglichen Rechtsstreit offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unerheblich ist (OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben besteht kein rechtliches Interesse an der Erhebung des beantragten Beweises, da nicht glaubhaft gemacht wurde (§ 487 Nr. 4 ZPO), dass die beantragte Beweiserhebung für einen zukünftigen Rechtsstreit von Bedeutung sein kann.

Das Gericht geht nach dem Parteivortrag im Schriftsatz vom 13. Juli 2016 davon aus, dass es dem Antragsteller im Kern um eine Entschädigung wegen vereitelter Rechte geht und der mögliche zukünftige Rechtsstreit, für den die Beweiserhebung Bedeutung haben soll, eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage zur Frage der Berechtigung an öffentlichen Nutzungsrechten beinhaltet. So hat auch das Landgericht Ingolstadt den Antrag ausgelegt und im Verweisungsbeschluss vom 19. August 2016 ausgeführt, dass die Parteien nicht um die Höhe einer Entschädigung stritten, sondern bereits darum, wem ein öffentliches Nutzungsrecht zustehe.

Eine solche Feststellungsklage (§ 43 VwGO) wäre bereits unzulässig. Der Antragsteller könnte kein berechtigtes Interesse an einer verwaltungsgerichtlichen Feststellung geltend machen, weiter stünde die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) ihrer Zulässigkeit entgegen.

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage unter anderem die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein Interesse ist berechtigt, wenn es rechtlicher oder schutzwürdiger tatsächlicher, insbesondere wirtschaftlicher oder ideeller Art ist (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 43 Rn. 30 m. w. N.). Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (BayVGH, U. v. 4.2.2014 - 10 B 10.2913 - juris Rn. 33). Ein solches Feststellungsinteresse begründet der Antragsteller damit, dass die Stadt Ingolstadt Ablösungsverträge geschlossen und seine Rechte damit beeinträchtigt habe, wodurch ihm ein Schaden entstanden sei. Weiter äußert er, dass die Stadt sich bei Verhandlungen über den Ersatz des Schadens nicht einsichtig gezeigt habe. Der Behördenakte ist dazu zu entnehmen, dass Vergleichsverhandlungen zwischen den Irgertsheimer Rechtlern und der Stadt Ingolstadt in der Vergangenheit gescheitert sind, da der ausgearbeitete Vergleichsvertrag von der Rechtlergemeinschaft nicht angenommen wurde (Bl. 193). Ein schutzwürdiges Interesse an einer Feststellung hat er damit nicht dargetan, da unklar bleibt, inwiefern eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung die Position des Antragstellers verbessern könnte.

Der Feststellungsklage stünde auch der Grundsatz der Subsidiarität nach § 43 Abs. 2 VwGO entgegen. Nach dieser Norm kann die Feststellung nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Diese Subsidiaritätsklausel verfolgt den Zweck, den erforderlichen Rechtsschutz aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges gerichtliches Verfahren zu konzentrieren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird. Dort, wo der Kläger sein Ziel mit einer Gestaltungs- oder Leistungsklage erreichen kann, ist die Feststellungsklage ein unnötiger Umweg, der nur zu einer nicht vollstreckbaren Feststellung führt und ein weiteres unmittelbar rechtsgestaltendes oder vollstreckbares Urteil erforderlich machen kann. Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung „rechtswegübergreifend”, d. h. etwa auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben ist (BVerwG, U. v. 12.7.2000 - 7 C 3/00 - juris Rn. 12; BVerwG, U. v. 28.1.2010 - 8 C 19/09 - juris Rn. 40; BVerwG, B. v. 26.3.2014 - 4 B 55/13 - juris Rn. 4).

In Anwendung dieser Grundsätze steht für das vom Antragsteller verfolgte Ziel (Entschädigungszahlungen für die von der Stadt abgelösten Nutzungsrechte) eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung. Mit einer Leistungsklage vor dem Zivilgericht kann er einen etwaigen Entschädigungsanspruch einklagen, wobei das Gericht die aufgeworfenen Fragen, sofern relevant, mit überprüft. Es besteht daher kein Grund, über eine verwaltungsgerichtliche Feststellungsklage eine zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeit zu eröffnen.

Darüber hinaus wäre die beantragte Beweiserhebung für einen zukünftigen Rechtsstreit ohnehin ohne Bedeutung. Der Zeuge soll sich zur Holznutzung im Irgertsheimer Wald äußern, insbesondere dazu, dass die Gemeinde Irgertsheim auf bestimmten genannten bestockten Grundstücken von Privateigentümern niemals Holz geschlagen habe, dass die Holznutzung dort ausschließlich von den Irgertsheimer Rechtlern ausgeübt worden sei und dass es sich bei den Privatgrundstücken, die mit einem besonderen Holzrecht belastet seien, um bestimmte einzeln mit Flurnummern bezeichnete Grundstücke handle.

Soweit der Antragsteller geklärt haben möchte, dass die Holznutzung auf bestimmten Privatgrundstücken von den Rechtlern ausgeübt wurde, ergibt sich dies bereits aus den Behördenakten (vgl. etwa Bl. 78, 91, 114, 156, wonach die Rechtler auch auf den Privatgrundstücken Holz geschlagen und die erforderlichen forstlichen Arbeiten durchgeführt haben und damit das Recht mit Zustimmung des Berechtigten (Stadt Ingolstadt) ausgeübt haben). Die Antragsgegnerin bestreitet diese tatsächlichen Umstände auch nicht.

Soweit der Antragsteller den Zeugen dazu befragen möchte, ob die Gemeinde selbst forstliche Arbeiten an den Grundstücken ausgeführt hat, kommt es darauf für die Frage der Berechtigung der Gemeinde nicht an. Der Antragsteller geht davon aus, dass die Gemeinde Irgertsheim und damit die Stadt Ingolstadt als ihre Rechtsnachfolgerin kein „besonderes Holzrecht“ an den Privatgrundstücken gehabt habe, da sie dort keine Holznutzung getätigt habe. Sie sei daher auch nicht berechtigt gewesen, Ablösungsverträge mit den jeweiligen Grundeigentümern zu schließen. Er meint unter Bezugnahme auf Art. 80 Abs. 2 GO, dass die Holznutzung von der Gemeinde auf den bestockten Grundstücken im Privateigentum mindestens vom 18.01.1922 bis heute ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt worden sein müsse. Die Zeugenvernehmung soll nach Ansicht des Antragstellers aufzeigen, dass die Gemeinde derartige Rechte mangels ununterbrochener Ausübung nicht hatte (vgl. Äußerung im Schriftsatz vom 31.7.201: „Da die Gemeinde Irgertsheim im Gemeindewald an den bestockten Grundstücken im Privateigentum kein Holznutzungsrecht ausgeübt hat, hat sie auch keins besessen“).

Die Annahmen des Antragstellers sind bereits vom rechtlichen Ansatzpunkt her falsch. Für das Bestehen eines Nutzungsrechts der Gemeinde an den streitgegenständlichen Privatgrundstücken kommt es nämlich nicht auf die Erfüllung der Voraussetzungen der Art. 80 ff. GO an. Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GO definiert Nutzungsrechte als öffentliche Rechte einzelner auf Nutzungen am Gemeindevermögen oder an ehemaligem Ortschaftsvermögen. In Art. 80 Abs. 2 GO ist bestimmt, dass Nutzungsrechte nur begründet sind, wenn ein besonderer Rechtstitel vorhanden ist oder wenn das Recht mindestens seit dem 18. Januar 1922 ununterbrochen kraft Rechtsüberzeugung ausgeübt wird. Öffentliche Nutzungsrechte sind demnach im öffentlichen Recht wurzelnde, auf dem Gemeindeverband beruhende unwiderrufliche subjektive Individualrechte, bestimmte Grundstücke, die im Eigentum der Gemeinde stehen oder an denen der Gemeinde ein dingliches Recht zusteht, für den landwirtschaftlichen oder hauswirtschaftlichen Bedarf zu nutzen (BayVGH, U. v. 26.10.1988 - 4 B 87.00171 - BeckRS 1988, 4789; vgl. allgemein zu Gemeindenutzungsrechten OLG München, B. v. 19.7.2016 - 34 Wx 118/16 - juris Rn. 16 ff.).

Dies zeigt, dass eine Gemeinde selbst nicht Berechtigte eines solchen Nutzungsrechts gem. Art. 80 Abs. 1 GO sein kann, da es sich dabei um Individualrechte einzelner Personen auf Nutzungen am Gemeindevermögen handelt und damit um ein Recht gegenüber der Gemeinde. Die Befragung des Zeugen, wer das „besondere Holzrecht“ auf den Privatgrundstücken ausgeübt hat, kann somit keinen Erkenntnisgewinn für das Bestehen eines Nutzungsrechts auf Seiten der Gemeinde Irgertsheim bzw. der Stadt Ingolstadt bringen, da es nicht darauf ankommt, ob eine ununterbrochene Ausübung der Nutzungsrechte i. S. d. Art. 80 GO durch die Gemeinde bzw. die Stadt erfolgte.

Älteren Schriftstücken in den vorgelegten Behördenakten ist im Übrigen - ohne dies in rechtlicher Hinsicht zu bewerten - zu entnehmen, dass der Gemeinde Irgertsheim auf privaten Grundstücken (Holzwiesen) ein Holznutzungsrecht zustand (vgl. etwa Liquidationsprotokoll aus dem Jahr 1835, Bl. 12 ff.), das im Jahr 1906 für im einzelnen genannte Grundstücke im Hypothekenbuch eingetragen wurde (Bl. 45 f.). Ein Gutachten des Leitenden Stadtdirektors aus dem Jahr 1979 (Bl. 78) geht davon aus, dass es sich bei diesem Nutzungsrecht um eines mit privat-rechtlichem Charakter handelt (vgl. auch Bl. 114).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Wird der Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens abgelehnt, ist der Beschluss mit einer Kostenentscheidung zu versehen (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 98 Rn. 39 a.E.). Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 52 Abs. 2 GKG, wobei der Streitwert eines selbstständigen Beweisverfahrens regelmäßig mit einem Drittel des Werts des zu sichernden Anspruchs anzusetzen ist (vgl. Eyermann, a. a. O. m. w. N.).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 98


Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 486 Zuständiges Gericht


(1) Ist ein Rechtsstreit anhängig, so ist der Antrag bei dem Prozessgericht zu stellen. (2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, so ist der Antrag bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 487 Inhalt des Antrages


Der Antrag muss enthalten:1.die Bezeichnung des Gegners;2.die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;3.die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;4.die Glaubhaftmachung der Tat

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(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

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(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Ist ein Rechtsstreit anhängig, so ist der Antrag bei dem Prozessgericht zu stellen.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, so ist der Antrag bei dem Gericht zu stellen, das nach dem Vortrag des Antragstellers zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre. In dem nachfolgenden Streitverfahren kann sich der Antragsteller auf die Unzuständigkeit des Gerichts nicht berufen.

(3) In Fällen dringender Gefahr kann der Antrag auch bei dem Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bezirk die zu vernehmende oder zu begutachtende Person sich aufhält oder die in Augenschein zu nehmende oder zu begutachtende Sache sich befindet.

(4) Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

Der Antrag muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Gegners;
2.
die Bezeichnung der Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll;
3.
die Benennung der Zeugen oder die Bezeichnung der übrigen nach § 485 zulässigen Beweismittel;
4.
die Glaubhaftmachung der Tatsachen, die die Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens und die Zuständigkeit des Gerichts begründen sollen.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4, Arbeitgeber der Briefdienstleistungsbranche und Mitglieder des am 11. September 2007 gegründeten Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste e.V., und der Kläger zu 2, ein Arbeitgeberverband derselben Branche, wenden sich mit ihren Feststellungsklagen gegen die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 (Bundesanzeiger 2007, Nr. 242, S. 8410). Mit dieser bis zum 30. April 2010 befristeten Verordnung regelt die Beklagte, dass näher bezeichnete Rechtsnormen des Tarifvertrages über Mindestlöhne für den Bereich Briefdienstleistungen, der zwischen dem im August 2007 gegründeten Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossen wurde, auf alle nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anwendbar sind, die unter seinen Geltungsbereich fallen. Danach beträgt der Bruttomindestlohn mit Wirkung vom 1. Dezember 2007 für Briefzusteller unabhängig vom zeitlichen und/oder mengenmäßigen Anteil an der Gesamttätigkeit je nach Bundesland 9,00 € bzw. 9,80 € und für die übrigen Arbeitnehmer der Branche 8,00 € bzw. 8,40 €.

2

Am 11. September 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Postdienste e.V., dem die Deutsche Post AG angehört, und die Gewerkschaft ver.di beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Aufnahme der Branche Postdienstleistungen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und zugleich die Allgemeinverbindlicherklärung eines an diesem Tag geschlossenen Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne in der Branche Postdienste. Er sollte für alle Betriebe gelten, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an der Gesamttätigkeit des Betriebes. Ein Verfahren nach § 5 TVG wurde nicht betrieben. Das Bundesministerium leitete ein Verfahren zum Erlass einer Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Arbeitnehmer-Entsendegesetz ein. Im Bundesanzeiger vom 8. November 2007 wurden der Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages für die Branche Postdienste und der Entwurf einer Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Briefdienstleistungen bekannt gemacht, verbunden mit der Gewährung einer Frist zur schriftlichen Stellungnahme von drei Wochen. Im gleichzeitig durchgeführten Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes war insbesondere die Reichweite des einzubeziehenden Bereichs umstritten.

3

Nach einer Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 durch Protokollnotizen Anfang November 2007 hoben die Tarifvertragsparteien ihren Tarifvertrag am 29. November 2007 unter Ausschluss von Nachwirkungen auf und schlossen am selben Tag den nunmehr von der Verordnung erfassten Tarifvertrag. Zugleich beantragten sie beim Bundesminister für Arbeit und Soziales die Allgemeinverbindlicherklärung dieses Tarifvertrages. Den daraufhin angepassten Verordnungsentwurf leitete das Bundesministerium nur denjenigen, die sich auf die Bekanntmachung vom 8. November 2007 geäußert hatten, mit Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 2007 zu. Eine neue Bekanntmachung hielt es für unnötig.

4

Die beigeladene, im Oktober 2007 gegründete Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste schloss am 11. Dezember 2007 mit dem Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. einen Tarifvertrag für das Bundesgebiet. Er betrifft Unternehmen, die Mehrwertbriefdienstleistungen anbieten, die von der Universaldienstleistung trennbar sind, besondere Leistungsmerkmale aufweisen und qualitativ höherwertig sind. Nach § 3 des Tarifvertrages beträgt der Bruttomindestlohn für Mehrwertbriefdienstleistungen mit Wirkung vom 1. Januar 2008 je nach Bundesland 6,50 € oder 7,50 €. Weiter schloss die Beigeladene am 12. Dezember 2007 mit dem Kläger zu 2 einen Tarifvertrag für alle tarifgebundenen Betriebe, die als wesentliche betriebliche Tätigkeit näher definierte Postdienstleistungen, insbesondere die gewerbsmäßige Beförderung von adressierten schriftlichen Mitteilungen bis zu 2 kg zwischen Absender und Empfänger, erbringen. Er gilt deutschlandweit. Der ab dem 1. Januar 2008 vereinbarte Bruttomindestlohn liegt ebenfalls unter den in der streitigen Verordnung bestimmten Beträgen.

5

Am 14. Dezember 2007 beantragten der Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste e.V. und die Beigeladene beim Bundesministerium den von ihnen geschlossenen Tarifvertrag zur Regelung von Mindestarbeitsbedingungen für Mehrwertbriefdienstleistungen vom 11. Dezember 2007 für allgemeinverbindlich zu erklären.

6

Am 14. Dezember 2007 beschloss der Bundestag das am 28. Dezember 2007 in Kraft getretene Zweite Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes. Dessen Art. 1 fügte in § 1 Abs. 1 Satz 4 dieses Gesetzes die Wörter "und für Tarifverträge für Briefdienstleistungen, wenn der Betrieb oder die selbstständige Betriebsabteilung überwiegend gewerbs- und geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördert" ein.

7

Am 19. Dezember 2007 stimmte die Bundesregierung unter der Bedingung des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes dem Erlass der streitigen Verordnung zu.

8

Am 28. Dezember 2007 unterzeichnete der Bundesminister für Arbeit und Soziales die Verordnung, die am Tag darauf im Bundesanzeiger bekannt gemacht wurde.

9

Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht machten die Kläger u.a. geltend, die Verordnung verletze ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG. Sie sei formell rechtswidrig, weil die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 Arbeitnehmer-Entsendegesetz in der seinerzeit geltenden Fassung - AEntG a.F. - gebotene Beteiligung der Betroffenen fehlerhaft verlaufen sei. Die Verordnung sei außerdem materiell rechtswidrig. Sie sei nicht von ihrer Ermächtigungsgrundlage gedeckt, die nur eine Erstreckung eines Tarifvertrages auf nicht anderweitig Tarifgebundene ermögliche und eine Entsendeproblematik voraussetze. Der Verordnungsgeber missbrauche seine Verordnungsmacht zu wettbewerblichen Zwecken.

10

Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag der Kläger festgestellt, die Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen verletze den Kläger zu 2 in seinem Recht aus Art. 9 Abs. 3 GG sowie die übrigen Klägerinnen in ihren Rechten aus Art. 9 Abs. 3 und Art. 12 Abs. 1 GG.

11

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Die Klagen seien bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es fehle an einem konkreten Rechtsverhältnis. Der Kläger zu 2 sei als Arbeitgeberverband nicht einmal Normadressat der Verordnung. Diese begründe zwar für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unmittelbar Pflichten, aber nicht für die Beklagte. Die Rechtsverordnung sei überdies rechtmäßig. Insbesondere sei sie von der Ermächtigung im Arbeitnehmer-Entsendegesetz gedeckt. Die darin verwendete Formulierung, es könne bestimmt werden, dass die Rechtsnormen des Tarifvertrages auf "nicht tarifgebundene" Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anwendung fänden, sei bei einem weiten Verständnis, wonach auch anderweitig tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer von der Rechtsverordnung erfasst würden, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dieses Verständnis habe die Beklagte bisher allen Mindestlohnverordnungen zugrunde gelegt.

12

Das Oberverwaltungsgericht hat im Berufungsverfahren das Urteil des Verwaltungsgerichts teilweise geändert und die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten - hinsichtlich des Klägers zu 2 - zurückgewiesen. Hinsichtlich der Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien die Sachurteilsvoraussetzungen einer Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO nicht erfüllt. Zwar seien die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 kraft Verordnung unmittelbar verpflichtet, ihren Arbeitnehmern den im Tarifvertrag vom 29. November 2007 bestimmten Mindestlohn zu gewähren. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten begründe dies jedoch kein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Der Zulässigkeit stehe zudem die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) entgegen, die rechtswegübergreifend zu verstehen sei. Die Rechtmäßigkeit der Verordnung könne inzident im arbeitsgerichtlichen Verfahren geklärt werden. Die Feststellungsklage des Klägers zu 2 sei dagegen zulässig. Zwar begründe die Rechtsverordnung für ihn keine unmittelbaren Pflichten. Sie betreffe ihn aber in seinen satzungsmäßigen Aufgaben als Arbeitgeberverband, zu denen auch der Abschluss von Tarifverträgen gehöre. Dem Kläger zu 2 werde durch die Rechtsverordnung die Möglichkeit genommen, im Geltungsbereich des Tarifvertrages für seine Mitglieder abweichende Tarifverträge abzuschließen. Damit werde der Kläger zu 2 in seiner grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit als Arbeitgeberkoalition eingeschränkt. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG schütze auch die Koalition selbst in ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Die Klage des Klägers zu 2 sei auch begründet. Der Erlass der Verordnung verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG. Überdies verstoße die Verordnung gegen den Gesetzesvorbehalt gemäß Art. 80 Abs. 1 GG, weil die in der Verordnung zitierte gesetzliche Ermächtigung in § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG es nur zulasse, dass alle unter den Geltungsbereich dieses Tarifvertrages fallenden und nicht bereits anderweitig tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von deren Geltungserstreckung erfasst würden. Die Verordnung greife auch deshalb unzulässig in verfassungsmäßige Rechte des Klägers zu 2 ein, weil die Beklagte bei ihrem Erlass die in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG geregelten Beteiligungsrechte missachtet haben. Die Anfang November eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme durch die erfolgte Veröffentlichung im Bundesanzeiger habe den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Die Aufhebung des alten und der Abschluss eines neuen Tarifvertrages hätten die Einleitung eines neuen Verfahrens mit erneuter Beteiligung erforderlich gemacht.

13

Gegen die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts haben die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

14

Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 rügen, dass das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht von der Unzulässigkeit ihrer Klage ausgegangen sei. In Übereinstimmung mit dem Kläger zu 2 machen sie geltend, die Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtswidrig und verletze sie in ihren Grundrechtspositionen.

15

Die Klägerin zu 1 beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg aufzuheben, soweit es die Klage der Klägerin und Berufungsbeklagten zu 1 abgewiesen hat, und die Berufung der Beklagten auch insoweit zurückzuweisen.

16

Die Klägerinnen zu 3 und 4 beantragen,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen.

17

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Dezember 2008 abzuändern, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, und die Klage des Klägers zu 2 abzuweisen und die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zurückzuweisen.

18

Der Kläger zu 2 beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

19

Die Beklagte hält die Klagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 für unzulässig und die Klage des Klägers zu 2 für unbegründet. Zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten bestehe kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, weil die streitige Verordnung vom 28. Dezember 2007 die Rechtsbeziehungen zwischen Normgeber und Normadressaten nicht unmittelbar gestalte. Dessen ungeachtet sei eine Feststellungsklage auch subsidiär. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 hätten die Möglichkeit, die Verordnung vom 28. Dezember 2007 in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht oder, soweit Überwachungs- und Sanktionsmaßnahmen in Betracht kämen, vor dem Finanzgericht inzident überprüfen zu lassen.

20

Die Klage des Klägers zu 2 sei unbegründet. Die Verordnung vom 28. Dezember 2007 sei formell und materiell rechtmäßig, insbesondere sei die Einholung einer erneuten Stellungnahme der von der Verordnung betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach Änderung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 nicht mehr erforderlich gewesen.

Entscheidungsgründe

21

Die Revisionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben Erfolg. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts beruht auf einer Verletzung von § 43 VwGO, in dem es zu Unrecht annimmt, die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 seien mangels eines feststellbaren Rechtsverhältnisses zwischen Normgeber und Normadressat und wegen der Subsidiarität der Feststellungsklagen unzulässig (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Entscheidung stellt sich auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Deshalb führen die Revisionen insoweit zur Aufhebung des Urteils (1.). Die Revision der Beklagten erweist sich nicht als begründet. Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage des Klägers zu 2 zulässig ist (2.). Auch seine Annahme, der Kläger zu 2 sei wegen Missachtung des in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens in seinen Rechten verletzt, ist frei von Rechtsfehlern. Die Missachtung des Beteiligungsverfahrens verletzt in gleicher Weise auch die Rechte der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 (3.).

22

1. Die Feststellungsklagen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 sind zulässig.

23

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

24

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (Urteile vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <329 f.> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30 S. 87 f., vom 26. Januar 1996 - BVerwG 8 C 19.94 - BVerwGE 100, 262 <264> = Buchholz 454.9 MietpreisR Nr. 15 S. 2 f. und vom 20. November 2003 - BVerwG 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37). Gegenstand der Feststellungsklage muss ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, d.h. es muss "in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig" sein (Urteile vom 13. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 57.66 - BVerwGE 38, 346 m.w.N. = Buchholz 232 § 123 BBG Nr. 8 und vom 30. Mai 1985 - BVerwG 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 = Buchholz 418.32 AMG Nr. 13; Beschluss vom 12. November 1987 - BVerwG 3 B 20.87 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 97). Unabhängig von der Frage der Konkretisierung des Rechtsverhältnisses setzt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis voraus, dass zwischen den Parteien dieses Rechtsverhältnisses ein Meinungsstreit besteht, aus dem heraus sich eine Seite berühmt, ein bestimmtes Tun oder Unterlassen der anderen Seite verlangen zu können. Es müssen sich also aus dieser Rechtsbeziehung heraus bestimmte Rechtsfolgen ergeben können, was wiederum die Anwendung von bestimmten Normen auf den konkreten Sachverhalt voraussetzt (Urteil vom 23. Januar 1992 a.a.O. S. 330 bzw. S. 88). Daran fehlt es, wenn nur abstrakte Rechtsfragen wie die Gültigkeit einer Norm zur Entscheidung gestellt werden. Auch bloße Vorfragen oder unselbstständige Elemente eines Rechtsverhältnisses können nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Darauf beschränkt sich das Klagebegehren bei sinngemäßer Auslegung nach § 88 VwGO jedoch nicht.

25

aa) Der Antrag der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 festzustellen, dass die Rechtsverordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 28. Dezember 2007 über zwingende Arbeitsbedingungen für die Branche Briefdienstleistungen sie in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt, richtet sich nicht auf die Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Norm, so dass § 47 VwGO gegenüber dem Rechtsschutzbegehren der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keine Sperrwirkung entfaltet. Dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes kann nicht entnommen werden, dass außerhalb des § 47 VwGO die Überprüfung von Rechtsetzungsakten ausgeschlossen sein soll. Es gehört zur richterlichen Prüfungskompetenz, auch die Gültigkeit einer Rechtsnorm, insbesondere ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, zu überprüfen, sofern es für den Ausgang des Rechtsstreits hierauf ankommt (Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 <363> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 238). Von einer "Umgehung" des § 47 VwGO kann nur dann die Rede sein, wenn mit einem auf eine andere Klageart gestützten Rechtsschutzbegehren lediglich die Klärung der Gültigkeit einer Rechtsnorm oder einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines ungewissen künftigen Sachverhalts erreicht werden soll; in einem solchen Fall würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen theoretisch zu lösen (Urteil vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 78). Anders liegt es dagegen, wenn - wie vorliegend - die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm als - wenn auch streitentscheidende - Vorfrage aufgeworfen wird (Urteile vom 9. Dezember 1982 - BVerwG 5 C 103.81 - a.a.O. und vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <278> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1; so auch BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541/02 u.a. - BVerfGE 115, 81 <95 f.>). Mit dem Feststellungsbegehren werden subjektive Rechtspositionen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 geltend gemacht, um Einschränkungen der tarifautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes abzuwehren.

26

bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts besteht zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und der Beklagten ein feststellungsfähiges konkretes streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Es ergibt sich aus der Anwendung der Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 3a AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (BGBl I S. 3140) und der den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 verbürgten Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG. Streitig ist, ob der zuständige Minister der Beklagten formell- und materiellrechtlich gegenüber den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 befugt war, auf der Grundlage des § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG in der Fassung vom 21. Dezember 2007 (a.F.) die streitige Rechtsverordnung zu erlassen, und ob die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nach wie vor berechtigt sind, ihre Arbeitnehmer zu niedrigeren Löhnen zu beschäftigen, als es den im Verordnungsweg erstreckten Mindestlohnregelungen entspricht. Das Vorbringen der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, wegen eingegangener anderweitiger Tarifbindung würden sie von der Erstreckungsregelung in der Rechtsverordnung nicht erfasst, lässt sich als ein Geltendmachen des "Nichtbestehens" eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO deuten.

27

Ein im Verhältnis zur Beklagten feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist nicht bereits deshalb zu verneinen, weil das Recht der Klägerinnen zu 1, 3 und 4, die Zahlung des Mindestlohns zu verweigern, nicht gegenüber der Beklagten, sondern nur gegenüber ihren Arbeitnehmern bestünde. Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 und ihren Arbeitnehmern schließt das gleichzeitige Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten als Verordnungsgeberin nicht aus. Beide Rechtsverhältnisse sind von einander abzugrenzen, weil sie auf der Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen beruhen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zu ihren Arbeitnehmern richtet sich nach den arbeitsvertraglichen Regelungen des Privatrechts sowie - bei wirksamer Erstreckung - der tariflichen Mindestlohnvereinbarung. Das streitige Rechtsverhältnis der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Beklagten beurteilt sich hingegen nach § 1 Abs. 3a Satz 1 und 2 AEntG a.F. und den Grundrechtspositionen, in deren Schutzbereich die tarif- oder privatautonome Vereinbarung von Arbeitsentgelten fällt. Wegen des von den Klägerinnen zu 3 und 4 zwischenzeitlich abgeschlossenen Mantel-/Haustarifvertrages vom 23. April 2008 und der Bindung der Klägerin zu 1, die Mitglied im Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste ist, an den Tarifvertrag vom 11. Dezember 2007 kommt eine Verletzung ihrer positiven, ihnen als Arbeitgebern zustehenden Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG in Betracht. Jedenfalls ist ihre Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt, weil die Erstreckung von Mindestlohntarifregelungen das Recht des Arbeitgebers einschränkt, die Arbeitsbedingungen privatautonom zu gestalten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03, 2504/03 und 2582/03 - NZA 2005, 153 <155>).

28

cc) Die Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses scheitert vorliegend auch nicht daran, dass eine Feststellungsklage des Normadressaten unmittelbar gegen den Normgeber im Regelfall ausscheidet. Da nach Art. 30 GG die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben grundsätzlich Sache der Länder ist und Art. 83 GG ebenso grundsätzlich bestimmt, dass die Länder Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten ausführen, d.h. sie verwaltungsmäßig umsetzen, eröffnet sich im Regelfall ein Rechtsverhältnis zwischen Normadressaten und Normanwender, nicht hingegen zwischen Normadressaten und Normgeber, weil Letzterer an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt ist (Urteil vom 23. August 2007 - BVerwG 7 C 2.07 - BVerwGE 129, 199 <204> = Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 5). Das schließt jedoch nicht aus, über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinaus - wenn etwa das Recht des Betroffenen auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsnorm gebietet (BVerfG, Beschluss vom 17. Januar 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 4. Juli 2002 - BVerwG 2 C 13.01 - Buchholz 240 § 49 BBesG Nr. 2 und vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93) - eine Feststellungsklage gegen den Normgeber auch für zulässig zu halten, wenn mangels administrativen Vollzugs kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen Normanwender und Normadressat begründet, die Rechtsbeeinträchtigung bereits unmittelbar durch die Norm bewirkt wird und effektiver Rechtsschutz nur im Rechtsverhältnis zwischen Normgeber und Normadressat gewährt werden kann.

29

Dass eine Norm "self-excuting" ist, d.h. dass sich aus ihr unmittelbar Rechte und Pflichten ergeben, begründet jedoch noch kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zum Normgeber, soweit dort noch Verwaltungsvollzug möglich ist (vgl. Urteil vom 23. August 2007 a.a.O. S. 205). Auch bei solchen Normen können sich normbetroffene Personen und eine die Norm vollziehende Behörde gegenüberstehen, die die Regelungen konkretisiert oder individualisiert und Anordnungen für den Einzelfall aufgrund gesetzlicher Befugnisse trifft. In solchen Fällen muss die Feststellung eines konkreten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen Normadressat und Normanwender geklärt werden und nicht eine Rechtsbeziehung zum Normgeber.

30

Eine Feststellungsklage gegen den Normgeber kommt mithin nur dann in Betracht, wenn die Rechtsverordnung unmittelbar Rechte und Pflichten der Betroffenen begründet, ohne dass eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Verwaltungsvollzug vorgesehen oder möglich ist (vgl. etwa Urteil vom 1. März 1967 - BVerwG 4 C 74.66 - BVerwGE 26, 251 <253> = Buchholz 445.4 § 23 WHG Nr. 2; Beschluss vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 7 VR 1.02 - Buchholz 451.221 § 24 KrW-/AbfG Nr. 2; Urteile vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 <279> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 1, vom 26. November 2003 - BVerwG 9 C 6.02 - BVerwGE 119, 245 <249> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 2 und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <155 f.> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3). Das ist hier der Fall. Aus der Erstreckung tarifvertraglicher Regelungen durch § 1 BriefArbbV ergeben sich unmittelbar Pflichten der von ihrem Anwendungsbereich erfassten Arbeitgeber. Eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzugs ist nicht vorgesehen.

31

Nach dem Wortlaut des § 1 BriefArbbV führt die Erstreckung der Rechtsnormen des zwischen dem Arbeitgeberverband Postdienste e.V. und der ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft abgeschlossenen Tarifvertrages vom 29. November 2007 dazu, dass dessen Regelungen auf alle nicht bereits an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzuwenden sind. Sie gelten damit kraft Tariferstreckung durch Rechtsverordnung, indem sie die betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den persönlichen Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages einbeziehen. Die Betroffenen unterliegen damit der Bindung an die Regelungen des Tarifvertrages ebenso wie die Tarifvertragsparteien. Nach § 4 Abs. 1 TVG verdrängen tarifvertragliche Regelungen in ihrem Geltungsbereich grundsätzlich entgegenstehende arbeitsvertragliche Abreden, ohne dass es dazu einer Umsetzung oder anderer Maßnahmen bedarf (Löwisch/Rieble, TVG, 2. Aufl. 2004, § 4 Rn. 21). Bei einer Erstreckung des Anwendungsbereichs tarifvertraglicher Regelungen nach § 1 Abs. 3a AEntG tritt die unmittelbare Gestaltungswirkung jedenfalls bei Arbeitsverhältnissen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein, die bisher keiner Tarifbindung unterlagen. Auch bei Arbeitsverhältnissen, auf die unterschiedliche tarifvertragliche Regelungen Anwendung finden können, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon auszugehen, dass die Rechtsverordnung eine Verpflichtung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 zur Zahlung des Mindestlohns begründet. Auch die Beklagte geht davon aus, dass durch die unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung eine anderweitige Tarifbindung verdrängt wird.

32

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Fälle der Tarifkonkurrenz, d.h. der Bindung beider Arbeitsvertragsparteien an konkurrierende Tarifverträge, grundsätzlich nach den Regeln der sog. Tarifspezialität zu lösen. Zur Anwendung kommt der speziellere Tarifvertrag, der dem betreffenden Betrieb räumlich, fachlich und persönlich am nächsten steht. Das gilt auch bei einer Tarifkonkurrenz zwischen einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach § 5 TVG und einem nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag und für die Fälle der Tarifpluralität, also der Bindung eines Arbeitgebers an mehrere Tarifverträge (BAG, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 10 AZR 113/02 - AP Nr. 28 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz; a.A. LAG Frankfurt/Main, Urteil vom 14. Juli 2003 - 16 Sa 530/02 - DB 2004, 1786). Der Vorrang des spezielleren Tarifvertrages gilt allerdings dann nicht, wenn der speziellere Tarifvertrag ohne Tarifbindung des Arbeitgebers lediglich einzelvertraglich vereinbart worden ist (BAG, Urteile vom 22. September 1993 - 10 AZR 207/92 - AP Nr. 21 zu § 4 TVG Tarifkonkurrenz und vom 4. Dezember 2002 a.a.O.).

33

Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 und 3 AEntG a.F. werden Tarifkonkurrenzen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nach dem Günstigkeitsprinzip gelöst. Die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung verdrängt die ungünstigere, unabhängig davon, ob der betreffende Tarifvertrag aufgrund vertraglicher Bindung nach § 3 TVG oder aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung anzuwenden ist (BAG, Urteile vom 20. Juli 2004 - 9 ARZ 343/03 - BAGE 111, 247 und vom 18. Oktober 2006 - 10 AZR 576/05 - BAGE 120, 1). Wird die Tarifkonkurrenz auch bei einer Erstreckung tariflicher Mindestarbeitsbedingungen durch Rechtsverordnung nach dem Günstigkeitsprinzip aufgelöst, ergibt sich für alle Arbeitgeber, die nicht bereits aufgrund anderweitiger Tarifbindung zur Zahlung des Mindestlohnes verpflichtet sind, diese Pflicht aus der unmittelbaren Einbeziehung in den Geltungsbereich des erstreckten Tarifvertrages.

34

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sieht wegen der unmittelbaren und zwingenden Wirkung der durch die Rechtsverordnung erstreckten Tarifnormen keine Umsetzungs- bzw. Vollzugsakte vor, sondern beschränkt sich darauf, Verstöße mit Sanktionen zu bewehren (vgl. § 2 Abs. 1, § 5 Abs. 4 AEntG a.F. i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 1 OWiG zur Zuständigkeit der Bundesbehörden; § 5 Abs. 1 und 2 AEntG a.F.). Eine Verfolgung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit ist jedoch nicht geeignet, zwischen den Klägerinnen und der Beklagten ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen. Ein solches Rechtsverhältnis besteht ausschließlich zur Beklagten als Normgeberin, die die Pflichtenregelung durch die Bekanntgabe im Bundesanzeiger ausgelöst hat und die sie wieder aufheben könnte (Beschluss vom 19. Dezember 2002 a.a.O.).

35

Diese Annahme steht nicht im Widerspruch zur nicht entscheidungstragenden Erwägung im Urteil des 7. Senats vom 23. August 2007 (a.a.O.), dass es über den Ausnahmefall der zulässigen Normerlassklagen hinausgehend keiner weiteren "atypischen Feststellungsklagen" gegen den Normgeber bedürfe. Diese Formulierung ist nicht dahingehend zu verstehen, dass ein konkretes Rechtsverhältnis zum Normgeber in allen anderen Fällen begrifflich ausgeschlossen wäre, sondern erklärt sich daraus, dass regelmäßig, wie im seinerzeit zu entscheidenden Fall, die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Norm im Rahmen der gegen die Vollzugsbehörde gerichteten Feststellungsklage als inzident zu prüfende Vorfrage geklärt werden kann. So wurde damals die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen den Normgeber mit Blick auf die Befugnis in § 21 KrW-/AbfG zum Vollzug der Verpackungsverordnung verneint. Mit der Frage, ob bei Fehlen des Verwaltungsvollzugs eine Feststellungsklage gegen den Normgeber in Betracht kommt, setzt sich die Entscheidung des 7. Senats nicht auseinander.

36

Für die Annahme eines streitigen Rechtsverhältnisses genügt es, dass die Möglichkeit der Verdrängung einer anderweitigen Tarifbindung der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 durch eine unmittelbare Gestaltungswirkung der Rechtsverordnung besteht, deren Beachtung von der Beklagten eingefordert wird. Im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung der Feststellungsklage muss weder abschließend geklärt werden, ob bei einer Tariferstreckung nach § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG a.F. das Günstigkeitsprinzip anzuwenden ist, noch, ob sich die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 unter Hinweis auf den Grundsatz der Spezialität auf einen betriebsnäheren Tarifvertrag berufen können, der ihre Verpflichtung zur Zahlung eines erstreckten Mindestlohnes entfallen lässt. Fragen zur Wirksamkeit der von den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 abgeschlossenen Tarifverträge sind daher ebenfalls unerheblich.

37

b) Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 haben auch ein berechtigtes Interesse an einer baldigen Feststellung. Das in § 43 Abs. 1 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse, insbesondere auch wirtschaftlicher oder ideeller Art ein. Unabhängig von den Sanktionen, die den Klägerinnen zu 1, 3 und 4 drohen, falls sie den festgesetzten Bruttomindestlohn ihren Arbeitnehmern nicht bezahlen, ergibt sich ein wirtschaftliches Interesse der Klägerinnen zu 1, 3 und 4 schon daraus, dass sie wegen der finanziellen Belastung möglichst frühzeitig wissen wollen, ob sie verpflichtet sind, den festgesetzten Bruttomindestlohn zu zahlen. Die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 können daneben auch geltend machen, dass sie durch die Erstreckungswirkung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sind. Eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und/oder von Art. 9 Abs. 3 GG ist jedenfalls möglich.

38

c) Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht eine Subsidiarität der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 2 VwGO bejaht und angenommen, eine mögliche Klärung des Rechtsstreits sei in einem arbeitsgerichtlichen Prozess aus prozessökonomischen Gründen vorrangig.

39

Wegen des fehlenden Verwaltungsvollzugs können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 keinen Rechtsschutz durch eine verwaltungsgerichtliche Gestaltungsklage im Wege der Anfechtung erlangen. Auch eine verwaltungsgerichtliche Leistungsklage scheidet aus.

40

Eine Subsidiarität gegenüber Rechtsbehelfen zu den Arbeits- oder Finanzgerichten ist nicht gegeben. Ebenso wenig können die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 darauf verwiesen werden, vorrangig in einem Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eine Klärung der aufgeworfenen Fragen herbeizuführen. Das Berufungsgericht wird im angegriffenen Urteil der Zielsetzung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gerecht. Diese Vorschrift will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht (Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93). Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 Tierkörperbeseitigungsgesetz Nr. 12). Wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege gilt diese Zielsetzung "rechtswegübergreifend", d.h. etwa auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben ist (Urteile vom 18. Oktober 1985 - BVerwG 4 C 21.80 - Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 28 = BVerwGE 72, 172 und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <308 f.> = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133). Eine Subsidiarität ist jedoch zu verneinen, wenn die Feststellungsklage - wie hier - effektiveren Rechtsschutz bietet (Urteil vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156> = Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3).

41

Die Feststellungsklage ist nicht subsidiär gegenüber der Möglichkeit, sich gegen Leistungsklagen der Arbeitnehmer auf Lohnzahlung vor den Arbeitsgerichten zu wehren und in diesen Verfahren eine inzidente Kontrolle der BriefArbbV herbeizuführen. Zum einen legt der Wortlaut des § 43 Abs. 2 VwGO nahe, dass die Subsidiarität die Möglichkeit anderweitiger aktiver Geltendmachung eigener Rechte, und nicht nur eine Verteidigungsmöglichkeit oder eine mögliche Beteiligung als Dritter voraussetzt. Im Übrigen würde die Stellung als Beklagte im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 nicht davor schützen, von der zuständigen Behörde vor Ergehen eines rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichts über die Lohnklage mit Sanktionen wegen der Nichtgewährung des Mindestlohns belangt zu werden.

42

Es ist für die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 auch nicht zumutbar, über ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eine gerichtliche Klärung zu erreichen (Urteil vom 13. Januar 1969 - BVerwG 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 = BVerwGE 31, 177). § 5 Abs. 3 AEntG a.F. erlaubt eine Ahndung mit bis zu 500 000 €. Dass die Beklagte ihre Behörden angewiesen hat, während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine Sanktionen zu verhängen und sich auf Ermittlungen zu beschränken, bedeutet keinen Verzicht, sondern nur einen zeitlichen Aufschub. Da die Klägerinnen zu 1, 3 und 4 Klarheit haben wollen, ob sie verpflichtet sind, allen bei ihnen beschäftigten Mitarbeitern den Bruttomindestlohn zu zahlen, geht es ihnen auch nicht lediglich darum, vorbeugenden Rechtsschutz gegenüber etwaigen späteren Bußgeldverfahren zu erlangen (Urteile vom 7. Mai 1987 - BVerwG 3 C 53.85 - BVerwGE 77, 207 <213> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 16 und vom 23. Januar 1992 - BVerwG 3 C 50.89 - BVerwGE 89, 327 <331> = Buchholz 418.711 LMBG Nr. 30).

43

Soweit nach § 23 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung vom 23. Juli 2004 (BGBl I S. 1842), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2009 (BGBl I S. 818), der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet ist, handelt es sich um Rechtsbehelfe gegen Prüfungs- und Ermittlungsmaßnahmen sowie gegen datenschutzrechtlich relevantes Handeln der Finanzbehörden im Zuge der Verfolgung von Verstößen gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Unterlassungsklagen dagegen stellen keinen effektiven Rechtsschutz hinsichtlich der Klärung der geltend gemachten Rechtsverletzungen durch die Verordnung dar, der einer Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO vorgeht.

44

2. Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der Klage des Klägers zu 2 im Ergebnis zu Recht bejaht.

45

a) Auch zwischen dem Kläger zu 2 und der Beklagten besteht ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Gegenstand des Streits zwischen diesen Beteiligten ist die Anwendung des § 1 Abs. 3a AEntG und der darauf gestützten BriefArbbV auf einen konkreten Sachverhalt, nämlich die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Betätigung des Klägers zu 2 als Arbeitgeberverband (Koalition). Streitig ist, ob § 1 Abs. 3a Satz 1 AEntG zur Tariferstreckung gegenüber anderweitig tarifgebundenen Arbeitgebern ermächtigt mit der Folge, dass vom Kläger zu 2 wirksam abgeschlossene oder noch abzuschließende Tarifverträge bei Anwendung des Günstigkeitsprinzips verdrängt würden, und ob dem Kläger zu 2 wegen eines mittelbaren Eingriffs in sein Recht auf koalitionsgemäße Betätigung aus Art. 9 Abs. 3 GG ein Abwehrrecht gegen die Geltungserstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen nach § 1 BriefArbbV zusteht, obwohl die Verordnung nur für seine Mitglieder, und nicht für ihn selbst unmittelbar Rechte und Pflichten begründet.

46

Für das Vorliegen eines im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO streitigen konkreten Rechtsverhältnisses ist es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht erforderlich, abschließend zu klären, ob die zwischen den Beteiligten streitige Befugnis zum Erlass der Verordnung und das geltend gemachte Abwehrrecht tatsächlich bestehen.

47

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses zwischen ihr und dem Kläger zu 2 weder voraus, dass die umstrittene Verordnung den Arbeitgeberverband unmittelbar verpflichtet, noch, dass sie ihm den Abschluss den Mindestlohn unterschreitender Tarifverträge verbietet. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit kann auch mittelbaren Beeinträchtigungen der koalitionsgemäßen Betätigung entgegengehalten werden.

48

Art. 9 Abs. 3 GG schützt die Koalition selbst in ihrem Bestand, in ihrer organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen (BVerfG, Urteil vom 1. März 1979 - 1 BvR 532/77 u.a. - BVerfGE 50, 290 <373 f.>; Beschlüsse vom 26. Juni 1991 - 1 BvR 779/85 - BVerfGE 84, 212 <224>, vom 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - BVerfGE 100, 271 <282> und vom 3. April 2001 - 1 BvL 32/97 - BVerfGE 103, 293 <304>). Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigungen beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (Beschluss vom 27. April 1999 a.a.O. m.w.N.) und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen (BVerfG, Beschluss vom 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - BVerfGE 94, 268 <283> m.w.N.). Zu den der Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (BVerfG, Beschlüsse vom 24. April 1996 a.a.O., vom 14. November 1995 - 1 BvR 601/92 - BVerfGE 93, 353 <358> und vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - NJW 2007, 51 <53>). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben für geeignet halten, bleiben unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen überlassen (BVerfG, Beschluss vom 28. April 1976 - 1 BvR 71/73 - BVerfGE 42, 133 <138>; Urteil vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 u.a. - BVerfGE 92, 365 <393>). Allerdings schützt Art. 9 Abs. 3 GG einen Arbeitgeberverband nicht gegen ein tarifpolitisches Konkurrenzverhältnis, selbst wenn dieses den Verlust von Verbandsmitgliedern zur Folge haben kann (Beschlüsse vom 24. Mai 1977 - 2 BvL 11/74 - BVerfGE 44, 322 <352> m.w.N. und vom 15. Juli 1980 - 1 BvR 24/74, 1 BvR 439/79 - BVerfGE 55, 7 <24>). Die Koalitionsfreiheit schützt aber vor staatlicher Einflussnahme auf das Konkurrenzverhältnis.

49

Solche für den Kläger zu 2 als Arbeitgeberverband nachteiligen mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit ergeben sich bei Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips aus der Verdrängungswirkung der erstreckten tariflichen Mindestlohnvereinbarung gegenüber den Mindestlohn unterbietenden, bereits abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Tarifverträgen im selben Geltungsbereich. Auf die Frage, ob der vom Kläger zu 2 bereits abgeschlossene Tarifvertrag wirksam ist, und auf die in diesem Zusammenhang erhobenen, arbeitsgerichtlich noch nicht rechtskräftig geklärten Bedenken gegen die Tariffähigkeit und Gegnerfreiheit der Beigeladenen kommt es für die Geltendmachung einer mittelbaren Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit nicht an. Auch wenn die Verdrängungswirkung sich noch nicht aktualisiert haben sollte, verschlechtert sie bereits jetzt die Verhandlungsposition der Arbeitgeberverbände, die nicht am Abschluss des erstreckten Tarifvertrages beteiligt waren. Die Erstreckung der Geltung tariflich vereinbarter Mindestarbeitsbedingungen auf anderweitig Tarifgebundene beeinträchtigt die Verhandlungs- und Wettbewerbsposition der nicht am Tarifvertragsschluss beteiligten Koalitionen jedenfalls insoweit, als sie mit einer Verdrängung ihrer - auch künftigen - Tarifabreden rechnen müssen. Aufgrund der durch die Rechtsverordnung erfolgten Erstreckung des Tarifvertrages vom 29. November 2007 kann der Kläger zu 2 seine durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten tarif- und sozialpolitischen Zielvorstellungen beim angestrebten Abschluss anderweitiger Tarifverträge mit von der Allgemeinverbindlicherklärung abweichendem Inhalt nur noch im beschränkten Maße verwirklichen. Seine koalitionsspezifische Verhandlungsposition wird durch den Erlass der Rechtsverordnung damit beeinträchtigt. Für ihn verschlechtern sich die Möglichkeiten, unbehindert von den Rechtswirkungen der Tariferstreckung mit Arbeitnehmerkoalitionen Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, die seinen tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und denjenigen seiner Mitgliedsunternehmen entsprechen.

50

Die Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit kann im Einzelfall durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt sein, ist aber jedenfalls rechtfertigungsbedürftig. Das reicht für das Vorliegen eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO aus.

51

Dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2000 - 1 BvR 948/00 - (GewArch 2000, 381 f.) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Denn weder er selbst noch die darin in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verhalten sich zur Frage, ob in einer Erstreckung tarifvertraglicher Normen auf einen Arbeitgeberverband eine rechtfertigungsbedürftige mittelbare Beeinträchtigung seiner Koalitionsfreiheit liegen kann.

52

b) Das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche berechtigte Interesse des Klägers zu 2 an der baldigen Feststellung liegt vor. Der Kläger zu 2 ist mittelbar eingeschränkt, seine tarif- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele zu verfolgen und entsprechend diesen Zielvorstellungen für seine Mitgliedsunternehmen von dem durch Rechtsverordnung erstreckten Tarifvertrag abweichende Arbeitsbedingungen auszuhandeln und abzuschließen. Er hat ein geschütztes wirtschaftliches und ideelles Interesse daran, die Rechtmäßigkeit seiner Einschränkung gerichtlich durch Feststellungsklage überprüfen zu lassen und kann eine mögliche Verletzung seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG geltend machen.

53

c) Die vom Kläger zu 2 erhobene Feststellungsklage ist auch nicht unzulässig, weil sie gegenüber einer Klage vor den Arbeitsgerichten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG) subsidiär wäre. Nach § 9 TVG sind rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem TVG oder über das Bestehen eines Tarifvertrages ergangen sind, in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend. Für solche sog. Verbandsklagen ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. Dabei handelt es sich um eine "quasi-Normenkontrolle" (Reinecke, in: Däubler, Kommentar zum Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2006, § 9 Rn. 3) der Tarifvertragsparteien, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben. Der Kläger zu 2 scheidet als Partei eines Verfahrens nach § 9 TVG gegen den Tarifvertrag vom 29. November 2007 von vornherein aus, weil er an dessen Abschluss nicht beteiligt war.

54

Der Kläger zu 2 kann auch nicht auf den Abschluss eines eigenen Tarifvertrages verwiesen werden, um dann gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG i.V.m. § 9 TVG dessen Gültigkeit im Wege der Verbandsklage abklären zu lassen. Mit einer solchen Klage kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Tarifvertrages, jedoch nicht geklärt werden, ob ein Tarifvertrag nach den Regelungen der Tarifkonkurrenz oder aus anderen Gründen gegenüber anderen Tarifverträgen zurücktritt (Franzen, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010, § 9 TVG Rn. 7). Sie könnte den Kläger zu 2 jedenfalls vor den hier in Betracht zu ziehenden mittelbaren Beeinträchtigungen seiner Koalitionsfreiheit, die von der Rechtsverordnung ausgehen, nicht schützen.

55

3. Gegen die selbstständig tragende Annahme des Berufungsgerichts, dass beim Erlass der Rechtsverordnung zur Erstreckung der tariflichen Mindestlohnregelungen das vorgeschriebene Verfahren nicht beachtet worden ist und dass die wegen der Evidenz des Verfahrensfehlers rechtswidrige Verordnung den Kläger zu 2 in seinen Rechten aus Art. 9 Abs. 3 GG verletzt, ist revisionsrechtlich nichts einzuwenden. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

56

a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die BriefArbbV den Kläger zu 2 in seinen Rechten verletzt, weil die Beklagte beim Erlass der Rechtsverordnung das gesetzlich in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. vorgeschriebene Verfahren missachtet hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, dem dort geregelten Beteiligungsgebot komme wegen des Fehlens sonstiger materiellrechtlicher Anforderungen an den Erlass der Rechtsverordnung einerseits und der handgreiflichen Betroffenheit der Arbeitgeberseite im grundrechtlich geschützten Bereich andererseits wesentliche Bedeutung für die Abwägung der für und wider den Erlass der Rechtsverordnung streitenden Erwägungen zu, ist nicht zu beanstanden. Der Senat teilt die Auffassung, dass zwischen den normativen Regelungen des Tarifvertrages und dem Beteiligungsrecht ein unmittelbarer Bezug dergestalt besteht, dass sich die Gelegenheit zur Stellungnahme der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf die konkrete Tarifvertragsvereinbarung beziehen muss und nicht allgemein auf ein "Projekt", das in einer Branche Mindestarbeitsbedingungen mit dem Instrumentarium des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes festlegen will.

57

b) Gemäß § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor Erlass der Rechtsverordnung den in den Geltungsbereich der vorgesehenen Rechtsverordnung fallenden Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. nicht dahingehend zu interpretieren, dass es ausreicht, den zu Beteiligenden auch in dem Fall Gelegenheit zur Stellungnahme nur zum ursprünglichen Entwurf der Rechtsverordnung zu geben, wenn dieser im weiteren Verlauf des Verfahrens wesentlich in seinem Inhalt verändert wird. Die gegenteilige Annahme der Beklagten lässt sich weder aus dem Wortlaut der Bestimmung, noch aus ihrem Sinn und Zweck und ihrer Systematik herleiten.

58

Bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. ergibt sich, dass das Recht zur Stellungnahme auf den konkreten Tarifvertrag bezogen ist, dessen Rechtsnormen durch Rechtsverordnung auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt werden sollen. Zu beteiligen sind nicht nur diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die unter den Anwendungsbereich der Rechtsverordnung fallen, sondern auch die Parteien des Tarifvertrages, dessen Regelungen erstreckt werden sollen. Damit besteht zwischen den Rechtsnormen des konkreten, zu erstreckenden Tarifvertrages und dem Recht zur Stellungnahme eine unmittelbare Beziehung, die das Oberverwaltungsgericht zutreffend mit "handgreiflicher Betroffenheit" jedenfalls im grundrechtlich geschützten Bereich umschrieben hat. Existiert der ursprüngliche Tarifvertrag nicht mehr und wird ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen, so bedarf es grundsätzlich auch eines hierauf bezogenen neuen Antrags auf Allgemeinverbindlicherklärung und einer erneuten Beteiligung im Sinne des Gesetzes.

59

Auch der erkennbare Zweck des Rechts zur Stellungnahme spricht für eine erneute Beteiligung im vorliegenden Fall. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. dient nicht nur der Information des zuständigen Ministeriums, sondern soll den Betroffenen die Möglichkeit einräumen, ihre Rechte geltend zu machen. § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. gewährt den betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie den Parteien des Tarifvertrages das Recht zur Stellungnahme, weil sich die Geltungserstreckung eines Tarifvertrages per Rechtsverordnung unmittelbar gestaltend auf die jeweiligen Arbeitsverhältnisse auswirkt. Betroffen sind grundrechtlich geschützte Positionen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, da die Freiheit zur privatautonomen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse eingeschränkt wird. Die damit einhergehende finanzielle Belastung der Arbeitgeber durch die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns kann je nach Wirtschaftslage und Kostenstruktur eines betroffenen Unternehmens unter Umständen auch zu betriebsbedingten Kündigungen führen und so mittelbar die freie Berufsausübung der Arbeitnehmer beeinträchtigen. Die Beteiligung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. soll gewährleisten, dass der Verordnungsgeber diese Gesichtspunkte und die Interessen aller Betroffenen in das Verordnungsverfahren einbezieht, um in einem späteren Abwägungsvorgang die widerstreitenden Interessen zu gewichten und zu werten (vgl. Begründung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 4. Dezember 1998, BTDrucks 14/151 S. 32 f.). Wegen der eingeschränkten Kontrolldichte bei der Prüfung gesetzgeberischer Einschätzungen und Zielsetzungen im Bereich des Arbeits- und Wirtschaftsrechts ist die vom Gesetz eingeräumte Gelegenheit zur Geltendmachung eigener Rechte vor Inkrafttreten der Regelung von besonderer Bedeutung. Da die Verordnung unmittelbare Gestaltungswirkung hat und ein administrativer Vollzug nicht vorgesehen ist, können die Betroffenen auch nicht auf ein Verwaltungsverfahren verwiesen werden, um dort rechtliches Gehör nach Maßgabe der Vorschriften des VwVfG zu erlangen. Ihre rechtlichen Interessen können sie nur im Rahmen der Beteiligung vor Erlass der Verordnung zu Gehör bringen.

60

Entgegen der Auffassung der Beklagten führt der Vergleich mit dem Konsultations- und Konsolidierungsverfahren, das von der Bundesnetzagentur im Marktregulierungsverfahren (vgl. §§ 9 f. TKG) durchzuführen ist, zu keinem anderen Ergebnis, weil dieses Verfahren anderen Zwecken dient. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - (BVerwGE 131, 41 <59 f.>) dazu ausgeführt: "Bei der Konsultation geht es nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie um die Gewährung rechtlichen Gehörs gegenüber dem Regulierungsadressaten ..., sondern um die Herstellung umfassender Transparenz gegenüber der interessierten Fachöffentlichkeit." Daher bezieht die Konsultation neben den Antragstellern und den Adressaten gemäß § 12 Abs. 1 TKG auch nur "interessierte" Dritte mit ein, und ist das Konsultationsergebnis nach § 5 TKG zu veröffentlichen.

61

Der von der Beklagten vorgenommene Vergleich mit Anhörungspflichten aus dem Bereich planerischer oder planungsähnlicher Verwaltungsentscheidungen führt zu keiner anderen rechtlichen Einschätzung. Vielmehr sieht § 73 VwVfG, der das Anhörungsverfahren für den Bereich der Planfeststellung regelt, ebenfalls eine erneute Anhörung für den Fall der Planänderung vor (vgl. § 73 Abs. 8 VwVfG).

62

Auch aus § 28 Abs. 1 VwVfG folgt nicht, dass eine einmalige Anhörung in allen Verwaltungsverfahren auch im Falle nachträglich erfolgter wesentlicher Änderungen des Anhörungsgegenstandes ausreichend ist, um dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs zu genügen. § 28 VwVfG gilt überdies ausschließlich für Verwaltungsverfahren, die in den Erlass eines Verwaltungsakts münden und ist auf die Beteiligung in einem Normerlassverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. § 1 Abs. 3a AEntG a.F. ist insofern lex specialis.

63

Für die Notwendigkeit einer erneuten Beteiligung vor Erlass der Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a AEntG für den Fall einer wesentlichen Änderung des ursprünglichen Tarifvertrages, dessen Erklärung als allgemeinverbindlich zunächst beantragt worden war, spricht auch die Gesetzessystematik. Mit § 1 Abs. 3a AEntG a.F. sollte im Interesse einer wirksamen Durchführung des Gesetzes die bislang ausschließliche Anknüpfung an allgemeinverbindliche Tarifverträge um eine Ermächtigung zur Tariferstreckung durch Rechtsverordnung ergänzt werden. In Bezug auf die Verbindlichkeit der einzuhaltenden Arbeitsbedingungen sollte sich hieraus kein Unterschied ergeben (BTDrucks 14/45 S. 17, 25, 26). § 5 Abs. 1 und 2 TVG stellt sowohl hinsichtlich der am Verfahren zu Beteiligenden als auch bezüglich der materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages höhere Anforderungen als das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Nach § 5 Abs. 1 TVG ist neben dem Antrag einer Tarifvertragspartei und dem Einverständnis des Ausschusses, der aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer besteht, für die Allgemeinverbindlicherklärung erforderlich, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 v.H. der unter den Geltungsbereich des zu erstreckenden Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen (Grundsatz der Repräsentativität) und dass die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint. Ferner sieht § 5 Abs. 2 TVG unter anderem vor, dass vor der Entscheidung über den Antrag den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die von der Allgemeinverbindlicherklärung betroffen würden, sowie den am Ausgang des Verfahrens interessierten Gewerkschaften und Vereinigungen der Arbeitgeber Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme sowie zur Äußerung in einer mündlichen und öffentlichen Verhandlung zu geben ist. Dagegen ist nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. weder ein Ausschuss aus Interessenvertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beteiligen noch ist dessen Einvernehmen vor dem Erlass der Rechtsverordnung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erforderlich. Auch das Erfordernis des sog. 50 %-Quorums und des öffentlichen Interesses im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 TVG sind dem Wortlaut des § 1 Abs. 3a AEntG a.F. nicht zu entnehmen. Er verlangt für den Erlass einer Rechtsverordnung lediglich einen Antrag einer Tarifvertragspartei auf Allgemeinverbindlicherklärung. Dieser Verzicht auf die Abstimmung mit einem Ausschuss, der mit den jeweiligen Interessenvertretern besetzt ist, und der Verzicht auf inhaltliche Vorgaben für den Erlass einer erstreckenden Rechtsverordnung verleihen dem in § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG vorgesehenen Recht auf Stellungnahme - gleichsam als Ausgleich für die Reduzierung der formellen und materiellen Anforderungen - ein besonderes Gewicht. Die Beteiligung Betroffener dient dem Schutz ihrer Rechte (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 17. November 1994 - 2 BvB 1/93 - BVerfGE 91, 262). Soll das Beteiligungsrecht mit Blick auf die in Rede stehenden Grundrechte aus Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1 GG nicht "leer" laufen, gebührt ihm im Normerlassverfahren besondere Aufmerksamkeit und Beachtung. Es stellt keinen "unnötigen Formalismus" dar, auf einer erneuten Beteiligung zu bestehen, wenn der Tarifvertrag, zu dem die Betroffenen Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhalten haben, durch einen neuen, hinsichtlich des Geltungsbereichs oder der zu erstreckenden Regelungen abweichenden Tarifvertrag ersetzt wird. Dies setzt ein neues Verfahren in Gang.

64

c) Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Mitteilung der Tarifvertragsparteien über den Abschluss eines neuen Tarifvertrages mit Schreiben vom 29. November 2007 ein neuer Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung zu entnehmen ist, der eine erneute Stellungnahme erforderlich machte. Die Formulierung des Schreibens, die Tarifvertragsparteien hielten an ihrem Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrages vom 11. September 2007 "fest" und beantragen "nunmehr" die Allgemeinverbindlicherklärung "unter Einschluss der am 29. November 2007 erfolgten Änderung", ändert nichts daran, dass der Tarifvertrag vom 11. September 2007 nebst Protokollnotiz vom 9. November 2007 von den Tarifvertragsparteien am 29. November 2007 "unter Ausschluss von Nachwirkungen" aufgehoben und durch den neuen Tarifvertrag vom 29. November 2007 ersetzt wurde (vgl. BA 3 Bl. 389). Dabei handelte es sich nicht lediglich um die "Änderung" eines früheren Tarifvertrages, der in den ursprünglichen Antrag mit einbezogen wurde, sondern um einen neuen Tarifvertrag, der den Antrag vom 11. September 2007 gegenstandslos und einen neuen Antrag mit neuer Beteiligungspflicht erforderlich machte.

65

Die erneute schriftliche Stellungnahme der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie der Tarifvertragsparteien zum neuen Entwurf der Rechtsverordnung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich dessen Regelungsinhalt gegenüber dem vorhergehenden Entwurf nicht wesentlich geändert hätte. Ursprünglich sollten vom Tarifvertrag vom 11. September 2007 "alle Betriebe, die gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, unabhängig vom Anteil dieser Tätigkeit an ihrer Gesamttätigkeit des Betriebes" von dessen Geltungsbereich erfasst werden. Demgegenüber sieht der Tarifvertrag vom 29. November 2007 vor: "Der Tarifvertrag gilt für die Branche Briefdienstleistungen. Dies sind alle Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern."

66

Mit der Änderung vom 29. November 2007 sollte sichergestellt werden, dass das "50 %-Quorum" erfüllt ist, das nach Einschätzung der Beklagten ursprünglich für erforderlich gehalten wurde, um eine Erstreckung tariflicher Mindestlohnregelungen zu rechtfertigen (UA S. 5). Betroffene, die deshalb bei der ersten Anhörung meinen konnten, es genüge auf den aus ihrer Sicht bestehenden Mangel der Repräsentativität hinzuweisen, mussten nunmehr Gelegenheit erhalten, auch zum Inhalt der Rechtsnormen des zu erstreckenden Tarifvertrages Stellung zu beziehen. Der Einwand des Beklagten, der neue Entwurf der Rechtsverordnung bedeute gegenüber dem ursprünglichen Entwurf lediglich ein "Minus" trifft nicht zu, vielmehr hat er qualitativ andere Wirkungen für die Rechtspositionen der betroffenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Durch den geänderten Tarifvertrag ist ein Teil des ursprünglichen Adressatenkreises gänzlich von der Erstreckungswirkung der Rechtsverordnung ausgenommen worden, während Betriebe und selbstständige Betriebsteile, die überwiegend gewerbs- oder geschäftsmäßig Briefsendungen für Dritte befördern, vom Geltungsbereich des neuen Tarifvertrages nach wie vor erfasst werden. Darin liegt eine grundrechtsrelevante rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung, die eine (erneute) Beteiligung der Adressaten der neuen Rechtsverordnung nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderlich machte. Die verfassungsrechtliche Relevanz der Einschränkung des Geltungsbereichs ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten bereits aus der ungleichen rechtlichen Behandlung zweier Gruppen von Briefdienstleistern und nicht erst aus den möglichen, durch Marktanalysen zu ermittelnden wirtschaftlichen Folgen der Ungleichbehandlung. Gerade auch zur Frage, ob durch die Beschränkung des Geltungsbereichs eines Tarifvertrages auf Unternehmen eines bestimmten Zuschnitts eine Veränderung der Wettbewerbssituation eintritt, müssen die unmittelbar Betroffenen nach § 1 Abs. 3a AEntG vorab Stellung nehmen können.

67

d) Die nach § 1 Abs. 3a Satz 2 AEntG a.F. erforderliche Stellungnahme zum geänderten Entwurf der Rechtsverordnung wurde nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die die Revisionen keine Einwendungen erhoben haben (§ 137 Abs. 2 VwGO), nicht ermöglicht. Eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger ist unterblieben (vgl. UA S. 5, 38 f.).

68

Das Verordnungserlassverfahren leidet damit an einem Verfahrensmangel, der evident ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Oktober 1994 - 1 BvR 337/92 - BVerfGE 91, 148). Das Beteiligungsrecht ist im Hinblick auf die Wahrung der Grundrechtspositionen der Arbeitgeber und deren Koalitionen so gewichtig und bedeutsam, dass durch seine Nichtbeachtung das Rechtsetzungsverfahren an einem erheblichen Mangel leidet, der die BriefArbbV unwirksam macht.

69

Auf die weiteren Rechtsfragen kommt es nicht an, weil bereits die Verletzung der Beteiligungsrechte zum Erfolg der Klagen führte.

Gründe

1

Die Beschwerde ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2

1. Die Revision ist allerdings nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst.

3

Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage deren Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, wenn dem Feststellungskläger damit zugemutet wird, bei der Behörde einen - später im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgenden - Anspruch geltend zu machen, der im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung steht, bzw.

ist es einem Feststellungskläger zuzumuten, bei der Behörde einen Antrag zu stellen, der auf das Gegenteil dessen gerichtet ist, was er mit seinem Rechtsschutzbegehren erreichen will?

4

Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, denn Reichweite und Bedeutung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (vgl. Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 12 S. 18 f. und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133 = juris Rn. 12). § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO will mithin unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht (vgl. Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 55 f. m.w.N.). Davon kann dann keine Rede sein, wenn die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht, als er mit einer Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden kann (stRspr; Urteile vom 21. Februar 2008 - BVerwG 7 C 43.07 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 1 Rn. 11, vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156>, vom 29. Januar 2004 - BVerwG 3 C 29.03 - Buchholz 442.151 § 41 StVO Nr. 9, vom 5. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 6.00 - Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 2 und vom 29. April 1997 - BVerwG 1 C 2.95 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m.w.N.), wenn also die genannten Klagemöglichkeiten zu keinem gleichwertigen Rechtsschutz führen (Beschlüsse vom 25. Mai 1988 - BVerwG 3 B 5.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 98 S. 7 und vom 9. März 1990 - BVerwG 4 B 145.88 - juris Rn. 34). Davon ist etwa dann auszugehen, wenn sich der Kläger mit der Erhebung einer Verpflichtungsklage in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung setzen müsste. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass ein Kläger nicht auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage zur Erlangung einer Erlaubnis verwiesen werden kann, wenn er die beabsichtigte Tätigkeit selbst für erlaubnisfrei hält und keine Erlaubnis anstrebt (Urteil vom 17. Januar 1972 - BVerwG 1 C 33.68 - BVerwGE 39, 247 <249>; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 43 Rn. 131 m.w.N.). Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

5

2. Die Beschwerde macht allerdings zu Recht einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend. Das Oberverwaltungsgericht hat, indem es die Klage des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig angesehen hat, die prozessuale Bedeutung dieser Vorschrift verkannt.

6

Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Kläger und Beigeladene beabsichtigen, ihre Miteigentümergemeinschaft an dem ihnen gehörenden Grundstück durch Teilung aufzuheben. Hierzu seien von den Rechtsvorgängern des Klägers und den Beigeladenen Vereinbarungen über einen bestimmten Grenzverlauf sowie über die Teilung des Grundstücks geschlossen worden. Der Kläger sehe sich an diese Teilungsvereinbarungen aber nicht gebunden, weil er befürchte, durch diese Grundstücksteilung würden baurechtswidrige Zustände geschaffen. Gegenüber seinem Begehren festzustellen, dass die Teilung des Grundstücks entsprechend der "Variante 2" in zwei Grundstücke Verhältnisse schaffe, die § 6 ThürBO widersprächen und es zur Genehmigung einer Abweichung eines Verfahrens nach § 63e ThürBO bedürfe, könne er jedoch vorrangig einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 3 ThürBO stellen und so klären lassen, ob die Teilung zu baurechtswidrigen Zuständen führe. Daher bedürfe es der vorliegenden Feststellungsklage nicht (UA S. 6, 7). Diese Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts werden dem Rechtsschutzziel des Klägers nicht gerecht und führen daher zu einer Verkennung der Anforderungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Kläger möchte mit seiner Klage die Feststellung erreichen, dass eine Grundstücksteilung entsprechend der sogenannten "Variante 2" bauordnungsrechtlich nicht ohne die Zulassung einer Abweichung nach § 63e ThürBO zulässig ist, weil sie den Anforderungen des § 8 Abs. 1 ThürBO nicht entspricht. Ziel seiner Klage ist mithin die Feststellung, dass die Grundstücksteilung nach der "Variante 2" ohne Zulassung einer Abweichung bauordnungsrechtlich unzulässig ist. Nach dem vom Oberverwaltungsgericht ins Feld geführten § 8 Abs. 3 ThürBO hat die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis darüber auszustellen, dass die Teilung des Grundstücks den Anforderungen des § 8 Abs. 1 und 2 ThürBO entspricht. § 8 Abs. 3 ThürBO regelt damit genau den umgekehrten Fall zum Rechtsschutzziel des Klägers. Damit kann der Kläger nicht auf einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde und im Falle seiner Ablehnung auf die Erhebung von Widerspruch und Verpflichtungsklage verwiesen werden. Infolge dessen kann die Feststellungsklage des Beschwerdeführers entsprechend den unter 1. gemachten Ausführungen nicht an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO scheitern.

7

Der somit vorliegende Verfahrensfehler kann sich auf die Entscheidung der Vorinstanz ausgewirkt haben. Da im Übrigen das Oberverwaltungsgericht keine Einwände gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage gesehen hat, hätte es nicht im Wege des Prozess-, sondern des Sachurteils entscheiden müssen. Insofern ist nicht auszuschließen, dass die Vorinstanz ohne den Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil sie im Rahmen der Begründetheitsprüfung zur Berechtigung des klägerischen Feststellungsbegehrens - wie bereits das Verwaltungsgericht - hätte kommen können. Da das Oberverwaltungsgericht hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und es insofern in erster Linie um die Anwendung irrevisiblen Landesrechts geht, kann der Senat nicht feststellen, dass sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO; vgl. zur Anwendbarkeit dieser Norm im Verfahren über die Zulassung der Revision: Beschlüsse vom 14. Februar 2002 - BVerwG 4 BN 5.02 - BRS 65 Nr. 53 m.w.N. und vom 8. Juni 2011 - BVerwG 4 BN 42.10 - BRS 78 Nr. 70 Rn. 9). Weil auch ein Revisionsverfahren deswegen nur zu einer Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht führen könnte, macht der Senat von seiner Befugnis nach § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Kläger weiter geltend gemachte Verfahrensfehler der unzureichenden Sachaufklärung vorliegt und ob die in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfolgreich gewesen wären (vgl. Beschlüsse vom 3. Februar 1993 - BVerwG 11 B 12.92 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 10 = juris Rn. 6, vom 31. August 1999 - BVerwG 3 B 57.99 - NVwZ-RR 2000, 259 = juris Rn. 11 und vom 29. Juli 2013 - BVerwG 4 BN 13.13 - ZfBR 2014, 159 Rn. 9; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 56; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 133 Rn. 86).

Tenor

I.

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Augsburg - Grundbuchamt - vom 25. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

II.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Beteiligte ist Eigentümerin eines bäuerlichen Anwesens, zu dem u. a. das in der Gemarkung G. gelegene Flurstück (FlSt) 672 (Gebäude- und Freifläche) gehört. Ihr Eigentumserwerb gründet auf dem Übergabevertrag vom 16.6.2015. Der Voreigentümer - ihr Vater - hatte seinerseits das Eigentum am Grundbesitz gemäß Übergabevertrag vom 24.10.1972 von seinem Vater und letzterer - nach Angabe der Beteiligten - aufgrund Übergabevertrag vom Großvater erworben.

Über ihren anwaltlichen Bevollmächtigten beantragte die Beteiligte am 12.2.2016, das Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts zu ergänzen und bei dem FlSt 672, auf dem sich die Hofstelle befindet, ein Gemeinderecht zu einem Nutzungsanteil an den noch unverteilten Gemeindebesitzungen einzutragen. Das Recht beziehe sich auf die in Gemeindeeigentum stehenden Flurstücke 903 (Gemeindeholz, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche zu 61,4351 ha) und 906 (Hagerhölzer, Waldfläche zu 0,31 ha) der Gemarkung G.. Es sei als radiziertes Recht entstanden und vor Anlegung des Grundbuchs im Grundsteuerkataster eingetragen gewesen. Da es von den jeweiligen Hofeigentümern ununterbrochen ausgeübt worden sei und das rechtliche Schicksal des Grundbesitzes teile, bestehe es zugunsten der Beteiligten fort.

Zum Beweis für das Entstehen des Rechts bezieht sich die Beteiligte auf einen „Auszug aus dem renovierten Grundsteuer-Kataster der Steuergemeinde Unterg. ... für Haus Nr. 4“, einen „Auszug aus der Erbhöferolle“ der Gemeinde und ein anerbengerichtliches „Verzeichnis der Höfe, deren Eintragung in die Erbhöferolle in Aussicht genommen ist“, sämtlich in Kopie vorgelegt. Zum Nachweis des Fortbestands des Rechts verweist sie auf die schriftliche Auskunft des Vorsitzenden der „Rechtler“, wonach das Gemeinderecht auf FlSt 672 ununterbrochen in Anspruch genommen worden sei, zuletzt durch die Beteiligte und davor durch deren Vater seit 1972. Wegen des privatrechtlichen Charakters des Rechts beruft sie sich darauf, dass das Gemeinderecht bei der Mehrzahl der übrigen Rechtler im Grundbuch eingetragen sei. Warum dies bei FlSt 672 jedenfalls seit 1938 nicht der Fall ist, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Möglicherweise sei das Recht ursprünglich eingetragen gewesen und bei der Schließung des erstangelegten, im Krieg verbrannten Grundbuchblatts nicht mit übertragen worden.

Den Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 25.2.2016 zurückgewiesen. Es sei nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem behaupteten Recht um ein privatrechtliches Nutzungsrecht handele. Der handschriftliche und nicht mit Datum versehene Eintrag in der Erbhöferolle sei zudem auffällig und nicht geeignet, das Recht zu beweisen; im Verzeichnis des Anerbengerichts sei das Gemeinderecht nicht der FlNr. 672, sondern einem zum Hof gehörenden Flurstück der Gemarkung K. zugeordnet.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, mit der sie zur Eintragungsfähigkeit des Rechts auf den Grundbucheintrag bei FlSt 10 derselben Gemarkung verweist und im Übrigen unter Bezugnahme auf einen Auszug aus dem Grundsteuerkataster der Steuergemeinde K. vorträgt, dass eine andere Zuordnung des Gemeinderechts als die behauptete ausscheide.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft (vgl. Senat vom 19.1.2016, 34 Wx 298/14 juris; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 122; Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 37) und erweist sich auch sonst als zulässig.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die begehrte Eintragung nur im Weg der Grundbuchberichtigung erfolgen könnte, die Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung (§ 22 Abs. 1 GBO) aber nicht vorliegen.

a) Das Grundbuch wäre unrichtig, wenn es - wie behauptet - ein bestehendes dingliches Recht privatrechtlicher Natur nicht verlautbart, sei es, dass das Recht bei Anlegung des Grundbuchs trotz Bestehens nicht eingetragen (anfängliche Unrichtigkeit) oder dass es im Zuge der Grundbuchumschreibung nicht mit übertragen wurde (nachträgliche Unrichtigkeit).

Rechte, mit denen ein Grundstück bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1.1.1900 belastet war, blieben nach Art. 184 Satz 1 EGBGB mit dem sich aus dem früheren Recht ergebenden Inhalt und Rang bestehen. Auch ohne Eintragung im Grundbuch blieb gemäß Art. 187 Abs. 1 Satz 1 EGBGB eine solche altrechtliche Dienstbarkeit wirksam (vgl. Sprau Justizgesetze in Bayern vor Art. 57 AGBGB Rn. 10, 13, 16; Demharter § 22 Rn. 21 m. w. N.). Ob das Recht bei Nichtmitübertragung nach § 46 Abs. 2 GBO als gelöscht anzusehen wäre, kann dahinstehen, denn ein gutgläubig lastenfreier Erwerb der belasteten Grundstücke (Demharter § 71 Rn. 51) scheidet hier schon aus tatsächlichen Gründen aus.

b) Mit der Eintragung im Bestandsverzeichnis erstrebt die Beteiligte eine Grundbuchberichtigung. Zwar ist eine Grunddienstbarkeit - auch eine altrechtliche - grundsätzlich als Belastung in der zweiten Abteilung des für das dienende Grundstück angelegten Grundbuchs einzutragen (§ 10 Abs. 1 Buchst. a GBV). Allerdings ist nach § 9 Abs. 1 GBO auf Antrag ein subjektiv-dingliches Recht auch auf dem Blatt des herrschenden Grundstücks zu vermerken. Die Eintragung eines solchen nachrichtlichen Vermerks über das Recht, die zudem nur vorgenommen werden darf, wenn die altrechtliche Grunddienstbarkeit zugleich auf dem Blatt des belasteten Grundstücks eingetragen wird (vgl. BayObLG MittBayNot 1979, 225/226), setzt ebenfalls eine Berichtigungsbewilligung gemäß § 19 GBO oder den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 894 BGB) voraus (Hügel/Holzer § 22 Rn. 25 und Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 110 f.).

c) Da eine Bewilligung des Eigentümers der mit dem behaupteten Recht belasteten Grundstücke nicht vorliegt, kann auf den Antrag der Beteiligten (vgl. Art. 187 Abs. 1 Satz 2 EGBGB) die Eintragung nur erfolgen, wenn die (anfängliche oder nachträgliche) Unrichtigkeit des Grundbuchs in der Form des § 29 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden belegt ist (Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 22 Rn. 28, 63). Letzteres erfordert den formgerechten Nachweis, dass das behauptete Recht zugunsten des Hofgrundstücks FlSt 672 entstanden ist und fortbesteht (Senat vom 19.1.2016; Hügel/Holzer § 22 Rn. 45). Darüber hinaus ist der privatrechtliche Charakter des Rechts nachzuweisen, denn das Grundbuch ist nur dazu bestimmt, über die privatrechtlichen - nicht auch über die öffentlichrechtlichen - Verhältnisse eines Grundstücks Auskunft zu geben (Senat vom 19.1.2016; BayObLGZ 1960, 447/451; Demharter Einl Rn. 1).

aa) Dabei gilt im Berichtigungsverfahren - wie allgemein im Antragsverfahren - das Beibringungsprinzip. Das Grundbuchamt und an dessen Stelle das Beschwerdegericht im Rechtsmittelzug sind zur Amtsermittlung weder verpflichtet noch berechtigt, sondern treffen die Entscheidung auf der Grundlage der Unterlagen, auf die sich der Antragsteller zum Beweis der behaupteten Unrichtigkeit bezieht (BayObLG Rpfleger 1982, 467; Meikel/Böttcher Einl C Rn. 95; Böttcher ZfIR 2008, 505/509). An den Nachweis sind auch dann, wenn es um Altrechte geht, strenge Anforderungen zu stellen; ein gewisser Grad von Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit genügt regelmäßig nicht (Senat vom 19.1.2016; OLG Jena NotBZ 2012, 457; KG Rpfleger 2013, 81/84; Hügel/Holzer § 22 Rn. 68). Der Antragsteller hat vielmehr alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten Eintragung entgegenstehen würden, sofern es sich dabei nicht nur um ganz entfernt liegende Möglichkeiten handelt (Demharter § 22 Rn. 37, 21).

bb) Zwar kommt eine privatrechtliche Natur des beanspruchten Gemeinderechts in Betracht; sie ist aber nicht nachgewiesen.

(1) Gemeindenutzungsrechte sind Berechtigungen, die auf dem Gemeinde- oder früheren Ortsverband beruhen und Eigentümern von Grundstücken im Ortsbereich (sog. Rechtlern) aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Dorfgemarkung das unwiderrufliche und ausschließliche Recht verleihen, bestimmte Grundstücke, an denen die Gemeinde Eigentum oder ein dingliches Recht hat, zur wirtschaftlichen Ergänzung des eigenen Anwesens oder Haushalts regelmäßig wiederkehrend zu nutzen (Grziwotz/Saller Bayerisches Nachbarrecht 3. Aufl. 4. Teil Rn. 72; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 117). Sie haben in Bayern unter anderem als Wege-, Weide-, Holzbezugs- und Fischereirechte Bedeutung (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 45, 88) und bleiben, wenn sie bereits vor Anlegung des Grundbuchs bestanden haben, als altrechtliche Dienstbarkeiten auch ohne Eintragung ins Grundbuch bestehen (Meikel/Böttcher § 22 Rn. 61; Staudinger/Josef Hönle/Ulrich Hönle BGB (2012) Art. 187 EGBGB Rn. 1 f.).

Zum Inhalt des behaupteten Rechts hat die Beteiligte zwar nicht konkret vorgetragen. Da sie aber den Bezug des Rechts zu gemeindlichen Waldflächen hervorgehoben hat, kommen privatrechtliche oder öffentlichrechtliche (siehe Art. 80 BayGO) Forstrechte an dem ungeteilten Gemeindevermögen in Betracht (vgl. Art. 1 BayFoRG - Gesetz über die Forstrechte vom 3.4.1958, GVBl S. 43 = BayRS 7902-7-L, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.7. 2014, GVBl S. 286; BayVGH vom 16.3.2015, 4 ZB 14.359 juris; Meisner Nachbarrecht in Bayern 7. Aufl. § 31 Rn. 2), die spätestens am 1.4.1852 entstanden sein müssten; denn neue Forstberechtigungen konnten gemäß Art. 33 des Forstgesetzes für das rechtsrheinische Bayern vom 28.3.1852 (BayBS IV S. 533) ab dem Tag der Verkündung des Gesetzes nicht mehr erworben werden (vgl. BayObLGZ 1972, 267/269; Meisner § 31 Rn. 3; S. 82 mit Fn. 1; Monhas Das Bayerische Forstgesetz (1931) S. 187). An der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Neubestellung (oder Erweiterung) von Forstrechten hält auch Art. 2 Abs. 1 BayFoRG, fest (siehe auch BayObLGZ 1975, 69/70; Staudinger/Josef Hönle/Ulrich Hönle Art. 115 EGBGB Rn. 12).

Im öffentlichen Recht wurzelnde Nutzungsrechte können auf landes- oder grundherrlicher Verordnung, Bewilligung oder Verleihung beruhen, auf Gemeindestatuten oder -ordnungen, Verträgen, Gerichts- oder Verwaltungsentscheidungen sowie auf unvordenklicher Verjährung und Herkommen (vgl. Art. 80 BayGO; Senat vom 19.1.2016; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 75). Gemeinderechte privatrechtlicher Natur hingegen beruhen auf einem Privatrechtstitel, etwa auf einer Dienstbarkeit (vgl. Meisner § 31 Rn. 2 mit 4; zur Entstehung nach früherem Recht Meisner § 32 Rn. 14 ff.), und haben keinen Bezug zu dem Verhältnis, in dem der Berechtigte zu der aus dem Recht belasteten Gemeinde steht (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 77; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 119; Meikel/Böttcher § 9 Rn. 19).

Es besteht keine Vermutung für eine bestimmte Rechtsnatur altrechtlicher Dienstbarkeiten (BayObLGZ 7, 3/6; 1960, 447/450; 1982, 400/406; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 77). Bei Anlegung des Grundbuchs wurde aus Beschleunigungsgründen regelmäßig auf eine Überprüfung des Rechtscharakters eines im Grundsteuerkataster bei dem berechtigten Anwesen vorgetragenen Nutzungsrechts verzichtet (siehe BayObLGZ 1960, 447/452 m. w. N.; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 122; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1175); das Recht wurde im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts des berechtigten Anwesens vermerkt (BayObLGZ 1960, 447/452; Hügel/Zeiser Alte Rechte Rn. 122). Daher spricht eine Eintragung im Bestandsverzeichnis nicht zwingend für die privatrechtliche Natur des Rechts (Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 77). Vielmehr ist in jedem Einzelfall der Nachweis erforderlich, dass das Nutzungsrecht nicht in der Gemeindezugehörigkeit, sondern unabhängig von dieser auf einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen dem Berechtigten und der Gemeinde als Eigentümerin der belasteten Grundstücke wurzelt (z. B. BayObLGZ 1982, 400/407). Dieser Nachweis erfordert ein geschlossenes Bild, das keinen Zweifel am privatrechtlichen Charakter des Rechts lässt (BayObLGZ 1982, 400/413 f.; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 78).

(2) Die Eintragung des einem benachbarten Grundstück zugeordneten Nutzungsrechts gleichen Inhalts im Bestandsverzeichnis des zugehörigen Grundbuchblatts erbringt daher nicht den Beweis für die privatrechtliche Natur des Rechts. Diese Eintragungsform kennzeichnet das Gemeinderecht lediglich als ein radiziertes Recht, das mit dem Eigentum an jenem Anwesen verbunden und gemäß § 96 BGB Bestandteil des Anwesens ist (BayObLGZ 1960, 447/450; 1964, 210/211; 1970, 21/23), besagt aber nichts über die Natur dieses Rechts (BayObLGZ 1960, 447/450; 1964, 210/211 f.). Wenngleich die Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung von Amts wegen als unzulässig zu löschen wäre (Schöner/Stöber Rn. 1175), kann sie doch so lange bestehen bleiben, bis ihre öffentlich-rechtliche Natur klar erwiesen ist (BayObLGZ 1960, 447/453; 1964, 210/212). Ist die Rechtsnatur nicht geklärt, bleibt das Recht dort zwar eingetragen, kann aber hier nicht neu eingetragen werden.

Der Auszug aus dem Grundsteuerkataster enthält zwar die am 28.6.1816 vorgenommene Eintragung mit der Bezeichnung als „Gemeinderecht zu einem Nutzungsanteil an den noch unverteilten Gemeindebesitzungen“, gibt aber damit nur einen Hinweis auf den Inhalt des Rechts, nicht aber auf dessen Erwerbsgrund. Der Tatsache der Eintragung im Grundsteuerkataster ist ebenfalls nicht zu entnehmen, dass es sich um ein Gemeinderecht privatrechtlichen Charakters handelt (BayObLGZ 7, 3/11 f.; 1960, 447/452). Hier kommt hinzu, dass die Bezeichnung als Gemeinderecht an noch unverteilten Gemeindebesitzungen eher auf eine öffentlichrechtliche Natur des Rechts hinweist (BayObLGZ 1982, 400/417; Meisner § 30 Rn. 8; Grziwotz/Saller 4. Teil Rn. 78). Auch den Eintragungen in der Erbhöferolle und in dem Verzeichnis des Anerbengerichts jeweils nur mit „Gemeinderecht“ lässt sich nichts für einen privaten Rechtsgrund entnehmen. Für ein öffentlichrechtliches Nutzungsverhältnis spricht vielmehr, dass nach dem Vorbringen der Beteiligten mehrere Eigentümer von in der Gemeinde gelegenen Grundstücken ein vergleichbares Nutzungsrecht an den gemeindlichen Waldgrundstücken in Anspruch nehmen (vgl. BayObLGZ 1982, 400/413; VG Regensburg vom 15.1.2014, RN 3 K 13.1169 juris Rn. 18).

Da die Dokumente, die das Recht bezeugen sollen, schon kein geschlossenes Bild eines Rechts privatrechtlicher Natur zeichnen, kommt es auf die fehlende Urkundenqualität der vorgelegten Ablichtungen nicht weiter an.

c) Daher kann auch offen bleiben, ob mit den vorgelegten (Ablichtungen von) Dokumenten eine eindeutige Zuordnung des Gemeinderechts zum FlSt 672 und das Fortbestehen des Rechts hinreichend sicher bewiesen wären.

III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Beteiligte die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG auch ohne gesonderten Ausspruch zu tragen hat.

Der nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG festzusetzende Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist nach § 36 Abs. 3 GNotKG bemessen.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 78 Abs. 2 GBO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.