Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Feb. 2017 - M 21 S 16.32955

bei uns veröffentlicht am08.02.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben ein lediger, kinderloser Staatsangehöriger der Bundesrepublik Nigeria vom Volk der Edo ohne Personalpapiere oder andere Identitätsnachweise.

In der Befragung zur Identitätsklärung am 28. Juli 2015 gab der Antragsteller gegenüber der Regierung von Oberbayern im Wesentlichen an, er habe Nigeria 2006 verlassen. Von 2007 bis 2011 habe er in Italien gelebt und dort schwarzgearbeitet. Er habe einen Führerschein gehabt, in Nigeria jedoch nie einen Pass beantragt. Sein Führerschein sei in Nigeria, Nummer 67 Usiere Street in Benin City. Das sei ihr Familienhaus. Sein Vater lebe dort. Bis zu seiner Ausreise habe sich der Antragsteller auch dort aufgehalten. Seine Mutter lebe an einem anderen Ort. Er habe sie 2013 zuletzt gesehen und viele Verwandte in Nigeria. Nach der Schule sei der Antragsteller mit seinem Vater aufs Feld gegangen und sei Priesterassistenz für ihn gewesen. Letztes Jahr im März habe er sein Heimatland verlassen.

Der Antragsteller stellte am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden kurz: Bundesamt) in München einen Asylantrag.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Wesentlichen an, er habe sein Herkunftsland erstmalig am 12. März 2014 verlassen. Er sei über Niger, Libyen und Italien am 22. Mai 2015 nach Deutschland eingereist. Nach Italien (Lampedusa) sei er im April 2015 eingereist und habe sich dort einen Monat lang aufgehalten. Die Frage, ob er in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt oder zuerkannt bekommen habe, verneinte der Antragsteller.

Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens (Zweitbefragung) gab der Antragsteller am 28. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München im Wesentlichen an, er habe Hämorrhoiden und psychische Probleme. Er sei manchmal unruhig, etwa wenn seine Freunde nicht da seien, glaube, dass sie tot seien oder sehe seinen Freund, der in Nigeria getötet worden sei. Er sei derzeit auch sehr vergesslich und könne manchmal nicht schlafen. Er wolle nicht nach Italien überstellt werden, weil es dort kein richtiges Leben gebe. Dort habe er Feinde aus seinem Herkunftsland, die ihn bedrohten. Sie hätten eine Basis in Italien und arbeiteten mit der italienischen Mafia zusammen. In der Schweiz habe er ein bis eineinhalb Jahre gelebt. Er habe dort Asyl beantragt. Der Asylantrag sei aber abgelehnt worden. Er sei von der Schweiz abgeschoben worden. Danach sei er von Nigeria aus nach Italien gereist.

Mit englischsprachigem Schreiben vom 9. Oktober 2015 lehnte die zuständige Dublin-Einheit des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts hinsichtlich des Antragstellers vom 2. Oktober 2015 unter Bezugnahme auf Art. 19 Abs. 3 Dublin-III-VO ab, weil der Antragsteller nach dortiger Ablehnung seines Asylgesuchs am 25. Juni 2013 nach Nigeria zurückgekehrt sei.

Mit englischsprachigem Schreiben vom 4. November 2015 lehnte die zuständige Dublin-Einheit des italienischen Innenministeriums das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts hinsichtlich des Antragstellers vom 31. Oktober 2015 ab, weil es nicht innerhalb der zwei Monatsfrist nach der EURODAC-Treffermeldung gestellt worden sei.

Durch Aktenvermerk vom 29. Dezember 2015 hielt das Bundesamt insbesondere fest, die weitere Bearbeitung erfolge nunmehr im nationalen Verfahren.

Auf entsprechende Bitte des Bundesamts um Amtshilfe erstellte das Gesundheitsamt des Landratsamts Dachau unter dem 30. November 2015 ein Gutachten hinsichtlich des Antragstellers (Bl. 90 ff. der Bundesamtsakte). Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dieser sei am 26. Oktober 2015 im Beisein eines Dolmetschers amtsärztlich untersucht worden. Zudem sei eine psychiatrische Begutachtung erforderlich gewesen, die am 20. November 2015 von Herrn Dr. L.-K., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, durchgeführt worden sei. Beim Antragsteller habe sich zum Zeitpunkt der Untersuchung kein Anhalt für eine psychische Erkrankung gefunden. Bei ihm sei die (Flug-) Reisefähigkeit gegeben. Er wolle in sein Heimatland Nigeria zurückkehren. Bei ihm bestehe bei einer Rückreise kein Risiko einer Eigen- oder Fremdgefährdung. Weitere Untersuchungen durch Fachärzte seien nicht erforderlich.

Eingangs der Niederschrift über die Anhörung des Antragstellers am 31. August 2016 bei der Außenstelle des Bundesamts in München wurde festgehalten, dass die Angaben im „Teil 1 der Niederschrift zum Asylantrag“ mit ihm abgeglichen worden seien. Mit Ausnahme der Schreibweise seines Familiennamens seien die übrigen Angaben korrekt.

In der weiteren Anhörung gab der Antragsteller im Wesentlichen an, er habe sein Heimatland 2006 im November oder Dezember verlassen. 2006 sei er aus Nigeria zunächst in den Niger gegangen und von dort weiter nach Libyen. Dort sei er zunächst sechs Monate inhaftiert gewesen, bevor er mit dem Schiff nach Italien gebracht worden sei. Dort sei er im Sommer 2007 angekommen und etwa vier Jahre, bis 2011, geblieben. In diesem Jahr sei er in die Schweiz gereist, wo er zunächst für drei Monate inhaftiert worden sei. Nach seiner Entlassung sei er bis 2013 in der Schweiz geblieben. Danach habe er sich entschlossen, in sein Heimatland zurückzukehren und sei mit einer vom Roten Kreuz organisierten Maschine nach Nigeria geflogen. Dort sei er aber nur eine Woche gewesen, bevor er erneut über den Niger und Libyen nach Italien gegangen sei, wo er wohl im Mai 2015 angekommen sei. In der Schweiz habe er einen Asylantrag gestellt, wisse aber nicht, wie entschieden worden sei. Er habe zunächst über Dublin zurück nach Italien geführt werden sollen. Später sei aber entschieden worden, dass niemand mehr nach Italien müsse. Deshalb sei er auch entlassen worden und habe die Schweiz vor der Entscheidung über seinen Antrag verlassen. In Italien habe er von 2007 bis 2011 keine Papiere gehabt und auf der Straße gelebt. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter lebe in Benin City. Der Antragsteller habe keinen Beruf erlernt und auch nicht gearbeitet.

Während er in der Schule gewesen sei habe er für vielleicht zwei Jahre einer Geheimorganisation namens „Anuta“ angehört. Nachdem er die Schule verlassen gehabt habe, habe ihn ein Freund zu einer anderen Organisation namens „Eiye“ gebracht. Die Gruppe sei der Regierung bekannt gewesen. Ursprünglich sei das die Bewegung „Black Axe“ gewesen, aber ihre Gruppe sei ein Ableger gewesen. Im Prinzip habe sie das gleiche Vorgehen gehabt, ihre Farbe sei aber blau gewesen. Sie hätten die Arbeit für die Regierung erledigt. Das sei von Wahlfälschung bis zu Exekutionen gegangen. Der Antragsteller sei irgendwann ein Mitglied des Exekutionskommandos geworden. Sie seien insgesamt zwölf Mitglieder in ihrer Zone gewesen. Jede Zone habe einen „Ellord“ gehabt, der in der Zone die Befehle gegeben habe. Der Antragsteller habe selbst an unzähligen Exekutionen teilgenommen und selbst acht Menschen exekutiert. Ihm sei besonders eine schwangere Frau mit zwei kleinen Kindern in Erinnerung geblieben, die verbrannt worden seien. Die Exekutionen hätten sie meistens mit Schusswaffen begangen. In den Kämpfen mit anderen Gruppen hätten sie oft Beile genutzt, Schusswaffen seien in spontanen Situationen nicht zur Hand gewesen. Auch in diesen Auseinandersetzungen habe er viele Menschen angegriffen, er wisse nicht, wie viele an den Wunden gestorben seien. Der Antragsteller sei auch selbst unzählige Male angegriffen und verletzt worden. Er habe unzählige Vergewaltigungen begangen oder daran teilgenommen. Wenn ein Mann nicht habe getötet werden sollen, habe es geheißen, seine Frau oder seine Tochter solle vergewaltigt werden. Sie seien dann in Gruppen zu den Opfern gegangen und hätten die Frauen vergewaltigt. Das sei fast täglich, mindestens aber alle zwei Tage gewesen. Die Probleme seien eigentlich Kämpfe mit anderen Gruppen gewesen, es habe dann ein großes Blutvergießen gegeben. Die Kämpfe habe es fast jedes Jahr gegeben. Der beste Freund des Antragstellers sei von der Gruppe weggerannt. Er wisse, dass sein Freund mittlerweile tot sei. Nachdem sein Freund weggerannt sei, sei er noch länger bei der Gruppe geblieben. Er habe aber immer weniger Lust gehabt, Aufträge auszuführen. Er habe irgendwann ein Mädchen kennengelernt, das er sehr gemocht habe. Sie sei später von seinen Leuten vergewaltigt worden. Der Antragsteller sei auf die drei Männer, die das getan hätten, sehr wütend geworden. Er habe sie konfrontiert und sie hätten ihn beschuldigt, seinem besten Freund geholfen zu haben. Da der Antragsteller so wütend gewesen sei, sei er nicht mehr zu allen Aufträgen gegangen. Er habe begonnen zu überlegen, ob er wegrennen könnte. Seine einzige Chance wäre aber gewesen, einer anderen Gruppe beizutreten, weil Polizei und Armee keine Hilfe gewesen wären. Wenn man die Gruppe verlasse und sie angreife oder sich ihnen entgegen stelle, töteten sie dich und deine Familie. Wenn man nur wegrenne, seien sie nicht hinter der Familie her. Sein letzter Auftrag sei es gewesen, einen Bankdirektor zu töten. Der Angriff sei aber fehlgegangen. Auf der Flucht seien sie von der Armee beschossen worden. Eines ihrer Mitglieder sei getötet worden, sie anderen seien nur knapp entkommen. Das sei der Moment gewesen, in dem der Antragsteller beschlossen habe, von der Gruppe wegzurennen. Er habe von einem Freund aus der Gruppe gewusst, dass nach ihm gesucht werde. Der Antragsteller habe gewusst, dass ihm als Mitglied des Exekutionskommandos der Weg zur Gruppe offen gestanden sei, solange er sie nicht attackiert gehabt oder verraten habe. Das habe er aber nicht gewollt.

Erst nach zwei oder drei Jahren hätten die Leute in Italien herausgefunden, dass er ein Mitglied der „Eiye“ gewesen und weggerannt sei. Der Zonen-Boss dort habe dem Antragsteller gesagt, dass er der Gruppe in Italien wieder beitreten solle, sonst würde er getötet. Der Antragsteller habe eine Freundin in Italien gehabt, die Gruppe habe sie ihm weggenommen. Er habe deshalb das Auto des Mannes, mit dem seine Freundin nach ihm zusammen gewesen sei, angezündet. Das zähle nicht als Angriff, da es nicht die Person sei. Es sei zu einer großen Verpuffung gekommen und das ganze Gesicht des Antragstellers sei verbrannt gewesen. Die Polizei in Italien habe vermutet, dass er das Auto angezündet habe und habe ihn zwar festgenommen, aber wieder gehen lassen. Da erkennbar gewesen wäre, dass er das Auto angezündet gehabt habe, sei er 2013 von Italien aus in die Schweiz gegangen.

Die Gruppe in Nigeria habe ihm gesagt, dass er zurückkommen könnte, sie würden ihm vergeben. Er sei darüber sehr glücklich gewesen. Deshalb sei er aus der Schweiz zurück nach Nigeria geflogen. Ein Freund aus der Gruppe habe ihn gefragt, in welchem Hotel er dort sei. Der Antragsteller habe gesagt, er sei im Palm Hotel, wo er zwar nicht gewesen sei, es aber habe beobachten können. In der dritten Nacht hätten sie das Hotel angegriffen. Da habe der Antragsteller gewusst, dass sie ihm nicht vergeben würden. Sie seien auch zu seinem Haus gegangen und hätten seine Mutter bedroht. Er habe das Land nach nur einer Woche wieder verlassen müssen.

Auf Frage antwortete der Antragsteller, er sei niemals wegen seiner Vergehen in Nigeria zur Rechenschaft gezogen worden. In Italien habe er nicht nochmals für die Gruppe gearbeitet. Im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria würde er entweder von seiner Gruppe oder von einer anderen Gruppe getötet.

Mit Bescheid vom 5. September 2016 lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1.), auf Asylanerkennung (Ziffer 2.) und auf subsidiären Schutz (Ziffer 3.) als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4.) und drohte dem Antragsteller mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Nigeria an (Ziffer 5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6.). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Soweit der Antragsteller vortrage, er fürchte Verhaftung durch die derzeitige nigerianische Regierung wegen seiner früheren Tätigkeiten für die Gang „Eiye“ bzw. nach dem Verlassen dieser Gruppe die Tötung durch diese oder eine rivalisierende Gruppe könne dies schon deshalb nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen, da es offensichtlich an einem für eine politische Verfolgung notwendigen Anknüpfungsmerkmal fehle. Vorliegend sei (auch) der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG gegeben. Ausweislich seiner ausführlichen Angaben in der Bundesamtsanhörung habe der Antragsteller selbst erklärt, dass er einem Exekutionskommando angehört habe, an unzähligen Exekutionen teilgenommen und in acht Fällen Menschen selbst exekutiert habe. Darüber hinaus habe er Vergewaltigungen in nicht präzisierter Anzahl begangen. Dabei gehe es unzweifelhaft um nichtpolitische Straftaten. Nach alledem erfülle der Antragsteller den Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG. Damit sei auch die Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen somit ebenfalls offensichtlich nicht vor, weil ein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AsylG vorliege. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Es drohe ihm auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Zwar habe der Antragsteller in der Zweitbefragung Dublin am 28. August 2015 gesundheitliche Probleme vorgetragen, jedoch lägen ausweislich einer amtsärztlichen Untersuchung vom 26. Oktober 2015 sowie einer psychiatrischen Begutachtung vom 20. November 2015 keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung vor. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei angemessen, Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. In der Bundesamtsakte befindet sich kein Nachweis zur Zustellung dieses Bescheids.

Am 13. September 2016 erhob der Kläger zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München Klage und beantragte, den Bundesamtsbescheid vom 5. September 2016 aufzuheben, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, die Beklagte zu verpflichten, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG bestehen.

Über die Klage (M 21 K 16.32954) ist noch nicht entschieden.

Zugleich beantragte der Antragsteller am 13. September 2016 zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München, hinsichtlich der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen.

Zur Klage- und Antragsbegründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug. Er könne nicht in seine Heimat zurück, habe hier Arbeit im Gartenbau und eine Freundin. In Kopie legte er dem Gericht einen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 vor. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe sich vom 9. September 2016 bis zum 10. September 2016 in dortiger stationärer Behandlung befunden. Diagnosen: (F43.2) Anpassungsstörungen. (F43.1) V.a. posttraumatische Belastungsstörung. Es handele sich um die erste stationär-psychiatrische Aufnahme des Antragstellers im Haus, der von der Polizei aufgrund suizidaler Äußerungen nach Erhalt einer Abschiebungsverfügung zur Aufnahme gebracht worden sei. Er habe gesagt, nicht vorzuhaben, sich umzubringen. Er habe von einem toten Freund berichtet, der ihm in seinen Träumen und teilweise auch tagsüber begegne, V.a. Flashbacks. Einen weiteren stationären Aufenthalt zur medikamentösen Einstellung und gegebenenfalls Unterstützung im Rahmen des Abschiebeverfahrens habe der Antragsteller abgelehnt. Daher sei am 10. September 2016 auf seinen ausdrücklichen Wunsch die Entlassung erfolgt. Es bestehe kein Anhalt für akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Es werde eine weitere psychiatrische Betreuung empfohlen.

Durch Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 ließ der Antragsteller zur weiteren Klage-und Antragsbegründung im Wesentlichen ausführen, es werde ergänzend beantragt, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unabhängig von der Beurteilung der übrigen Anträge aufzuheben. Der Asylantrag sei nicht offensichtlich unbegründet. Bei einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet hätten auch der Grund und das Verhalten nach der Flucht aus der Gruppe Eiye beurteilt werden müssen. Es habe keine Auseinandersetzung mit dem Hintergrund der Gruppe Eiye stattgefunden. Die Voraussetzungen subsidiären Schutzes lägen vor. Konkret befürchte der Antragsteller, bei einer Rückkehr nach Nigeria von der Gruppe Eiye verfolgt zu werden. Dabei könne er sich insbesondere nicht an die Polizei wenden, da er sonst aufgrund seiner Taten innerhalb der Gruppe Probleme mit der Polizei bekommen würde. Darüber hinaus sei nicht auszuschließen, dass dem Antragsteller politische Verfolgungsmaßnahmen allein aufgrund der Asylantragstellung drohen würden. Eine erneute gesundheitliche Untersuchung des Antragstellers sei unabdingbar, weil er zuletzt bei Erhalt des Bescheids suizidale Äußerungen getätigt habe. Im Übrigen sei das Einreise- und Aufenthaltsverbot unverhältnismäßig. Der Antragsteller sei derzeit in einem festen Arbeitsverhältnis erwerbstätig und die Erwerbstätigkeit würde auch weitergehen. Das habe das Bundesamt ignoriert.

Im dem Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 in Kopie beigefügten Arbeitszeugnis des Antragstellers vom 28. September 2016 wurde im Wesentlichen ausgeführt, er sei als Helfer im Garten- und Landschaftsbau hoch motiviert und zeige ein außerordentlich hohes Maß an Initiative und Leistungsbereitschaft. Er sei auch höchstem Zeitdruck und Arbeitsaufwand stets gewachsen gewesen. Seine Arbeitsergebnisse seien stets guter Qualität gewesen. Da man mit den Leistungen des Antragstellers stets in höchstem Maße zufrieden gewesen sei, sei ihm ein Angebot für den Wiedereinstieg unterbreitet worden für den Fall, dass es die Witterungsverhältnisse wieder zuließen.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2016 ließ der Antragsteller in Kopie einen Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums Fürstenfeldbruck wohl vom 12. Dezember 2016 übermitteln. In ihm wird ihm nach dortigem Aufenthalt vom 9. Dezember 2016 bis zum 12. Dezember 2016 eine Anpassungsstörung (F43.2) diagnostiziert. Im Übrigen wird auf den Inhalt dieses Arztbriefs verwiesen.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2017 übersandte das Bundesamt dem Gericht in Kopie ein Schreiben der Staatsanwaltschaft München II vom 13. Dezember 2016 demzufolge von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller wegen Mordes gemäß § 152 Abs. 2 StPO abgesehen wurde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten zu Eil- und Klageverfahren und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Eilantrag ist unbegründet.

Gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen insbesondere in Fällen, die offensichtlich unbegründet sind, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Im Anschluss an Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - juris Rn. 99).

Da dem Bundesamt bei seiner Entscheidung über die Offensichtlichkeit kein Einschätzungsspielraum und kein Ermessen zusteht, darf das Gericht die Begründung für die offensichtliche Unbegründetheit auswechseln (vgl. VG München, B. v. 29.8.2013 - M 24 S. 13.30753 - juris Rn. 27).

Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Einschätzung des Bundesamts, dass dem Antragsteller kein subsidiärer Schutzstatus nach § 4 AsylG zuzuerkennen ist und dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht bestehen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Dies ist zwar der gesetzlichen Regelung in § 36 AsylG nicht unmittelbar zu entnehmen, dafür sprechen jedoch § 30 Abs. 1 AsylG, § 34 Abs. 1 AsylG und Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 17.7.1996 - 2 BvR 1291/96 - juris Rn. 3).

Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung. Im Einzelnen:

Im Ergebnis bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet. Die im Bundesamtsbescheid angeführten Gründe tragen die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet jedoch nicht.

Die Erwägung des Bundesamts, es fehle nach dem Vorbringen des Antragstellers an einem für eine politische Verfolgung notwendigen Anknüpfungsmerkmal, trägt eine Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 AsylG schon deshalb nicht, weil sie sich inhaltlich nicht mit der Frage subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) auseinandersetzt. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil nach § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG mit jedem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, der auch subsidiären Schutz umfasst, beantragt wird.

Ebenso wenig trägt die Erwägung des Bundesamts, der Asylantrag sei auch deshalb als offensichtlich unbegründet abzulehnen (§ 30 Abs. 4 AsylG), weil die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorlägen.

Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG).

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss „gemeiner Straftäter“, denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines „bona fide refugee“ aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (vgl. BVerwG, U.v. 4.9.2012 - 10 C 13/11 - juris Rn. 20 m.w.N.).

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie auf die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 4.9.2012 - 10 C 13/11 - juris Rn. 21).

Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß genügt. Soweit - wie hier - keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 4.9.2012 - 10 C 13/11 - juris Rn. 24 m.w.N.).

Für die - hier entscheidende - Überzeugungsbildung, dass der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG erfüllt ist, reicht es aus, dass die Annahme der Begehung entsprechender Verbrechen aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt ist. Ein Beweisstandard, wie er etwa im Strafrecht verlangt wird, ist hierfür nicht erforderlich. Vielmehr ergibt sich aus der Qualifizierung als „schwerwiegend“, dass die Anhaltspunkte für die Begehung der in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG genannten Straftat von erheblichem Gewicht sein müssen. Schwerwiegend sind die Gründe in der Regel dann, wenn klare und glaubhafte Indizien für die Begehung derartiger Taten vorliegen (vgl. zu all dem BVerwG, U.v. 31.3.2011 - 10 C 2/10 - juris Rn. 26 m.w.N.).

Ausgehend von diesem Beweismaßstab hat das Bundesamt zu Unrecht angenommen, dass im Fall des Antragstellers die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorliegen. Im Ergebnis liegen keine klaren und glaubhaften Indizien für die Begehung einer Vielzahl von Erschießungen und Vergewaltigungen durch den Antragsteller als Bandenmitglied vor. Das Bundesamt hätte für eine Entscheidung nach § 30 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG vorliegend in jedem Fall die Glaubhaftigkeit des Vortrags des Antragstellers würdigen müssen, weil es an jeglichen objektiven Indizien für seinen Verfolgungsvortrag fehlt. Diese Glaubhaftigkeitsbeurteilung ist seitens des Bundesamts zu Unrecht unterblieben.

Das Vorbringen des Antragstellers ist in wesentlichen Punkten nicht substantiiert und in sich widersprüchlich. Es ist insgesamt so unglaubhaft, dass das Gericht - ohne dass es entscheidungserheblich auf sie ankommt - größte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Antragstellers hat. Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet ist im Ergebnis nach § 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG, nicht aber nach § 30 Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG gerechtfertigt. Im Einzelnen:

In der Befragung zur Identitätsklärung am 28. Juli 2015 hat der Antragsteller gegenüber der Regierung von Oberbayern angegeben, sein Vater lebe in Benin City. Seine Mutter lebe an einem anderen Ort. Er habe sie 2013 zuletzt gesehen und sei nach der Schule mit seinem Vater aufs Feld gegangen und Priesterassistenz für ihn gewesen. Dagegen hat der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung am 31. August 2016 ohne jede Erläuterung behauptet, sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter lebe in Benin City und er selbst habe nicht gearbeitet.

Die auch für den Antragsteller erkennbar in einem weiten Sinn zu verstehende Frage, ob er in einem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt habe, hat er zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am 6. August 2015 bei der Außenstelle des Bundesamts in München verneint. Erst in der Zweitbefragung beim Bundesamt, die - auch für den Antragsteller erkennbar - erst notwendig geworden war, nachdem sich hinsichtlich des Antragstellers EURODAC-Treffer ergeben hatten, hat er dann eingeräumt, in der Schweiz Asyl beantragt zu haben.

Das gesamte Kernvorbringen des Antragstellers zu seiner angeblichen Bandenmitgliedschaft und den Taten, die er angeblich als Bandenmitglied begangen hat, ist inhaltlich so detailarm, dass es ihm nicht abgenommen werden kann. Es fehlen insbesondere konkrete Zeit- und Umstandsangaben zu all den einschneidenden Ereignissen, die der Antragsteller als Bandenmitglied erlebt haben will, insbesondere zu den angeblich von ihm begangenen Straftaten. Im Einzelnen:

So hat es der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung etwa an jeglicher Erläuterung dazu fehlen lassen, wie, wann und warum genau es „einem Freund“ gelungen sein sollte, ihn zu einer anderen Organisation namens „Eiye“ „zu bringen“.

„Irgendwann“, so der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung, sei er ein Mitglied des Exekutionskommandos dieser Gruppierung geworden. Wenn das wirklich der Fall gewesen wäre, hätte sich der Antragsteller insbesondere an den konkreten Zeitpunkt dieses für ihn einschneidenden Ereignisses erinnern können.

In der Bundesamtsanhörung hat der Antragsteller schlicht behauptet, selbst an „unzähligen“ Exekutionen teilgenommen, selbst acht Menschen exekutiert und „unzählige“ Vergewaltigungen begangen oder daran teilgenommen zu haben. Bis auf die pauschale Aussage, ihm sei besonders eine schwangere Frau mit zwei Kindern in Erinnerung geblieben, war der Antragsteller in der Bundesamtsanhörung nicht dazu in der Lage, diese schweren Selbstbezichtigungen zeitlich und inhaltlich näher zu präzisieren. Das ist ein weiteres, bereits für sich genommen schwer gewichtiges Indiz dafür, dass der Antragsteller die Taten, die er auch sich zugeschrieben hat, weder selbst begangen noch sonst wie erlebt hat.

Der Antragsteller hat in der Bundesamtsanhörung auch nicht mitgeteilt, woher er wissen will, dass sein angeblich „von der Gruppe weggerannter Freund“ mittlerweile tot sein soll. Deswegen ist der Schluss darauf gerechtfertigt, dass insoweit nur eine Steigerung des Vorbringens vorliegt, welche die angebliche Gefahr, in welcher der Antragsteller im Falle seiner Rückkehr schweben soll, unterstreichen soll.

„Irgendwann“ will der Antragsteller ein Mädchen, das seine Freundin geworden sein soll, kennen gelernt haben, das „später“ durch drei Männer „seiner Leute“ vergewaltigt worden sein soll. Wenn dieses für den Antragsteller angeblich einschneidende, auch erste Fluchtgedanken auslösende Ereignis wirklich stattgefunden hätte, hätte er sich insbesondere an den Zeitpunkt der angeblichen Vergewaltigung seiner Freundin erinnern können.

Wenn der Antragsteller wirklich Mitglied einer schwerkriminellen Bande gewesen wäre, wäre es - entgegen seiner Einlassung beim Bundesamt - wohl kaum seiner Wut anheimgestellt gewesen, ob er nach der angeblichen Vergewaltigung seiner Freundin noch „zu allen Aufträgen geht“.

Auch die Schilderung zum angeblich letzten (Mord-)Auftrag, der für den Antragsteller von besonderer Einprägsamkeit gewesen sein müsste, weil er ihn als fluchtauslösendes Ereignis dargestellt hat, ist sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht völlig vage geblieben. Auch dieser Auftrag kann ihm daher nicht geglaubt werden.

Dagegen, dass die vom Antragsteller vorgetragene Verfolgungsgeschichte der Wahrheit entspricht, spricht insgesamt nicht zuletzt, dass er gegenüber dem Gesundheitsamt des Landratsamts Dachau laut dessen Gutachten vom 30. November 2015 angegeben hat, er wolle in sein Heimatland Nigeria zurückkehren.

Ernstliche Zweifel bestehen auch nicht an der Rechtmäßigkeit der Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG. Es fehlt insbesondere bereits an der Glaubhaftmachung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG.

Laut dem Gutachten des Gesundheitsamts des Landratsamts Dachau vom 30. November 2015 hat zum Zeitpunkt der damaligen Untersuchungen kein Anhaltspunkt für eine psychische Erkrankung des Antragstellers bestanden. Diese amtsärztliche Einschätzung wird durch die Gesamtschau der (nachfolgenden) Umstände nicht widerlegt, sondern bestätigt.

Der Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016, der lediglich den Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung äußert, trägt die in ihm enthaltene Diagnose von Anpassungsstörungen (F43.2) beim Antragsteller nicht.

Nach der Klassifikation F43.2 der ICD-10-GM-Version 2016 handelt es sich bei Anpassungsstörungen um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Bereits zum Vorliegen dieser Kriterien lässt sich dem Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 nichts Substantielles entnehmen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Antragsteller in seinem Arbeitszeugnis vom 28. September 2016 als Helfer im Garten- und Landschaftsbau eine hohe Motivation und ein außerordentlich hohes Maß an Initiative und Leistungsbereitschaft bescheinigt wird, wären ärztliche Ausführungen zum Gesichtspunkt der Behinderung sozialer Funktionen und Leistungen erforderlich gewesen. Hinzu kommt, dass Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums München Ost vom 10. September 2016 jedenfalls auch insofern auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage beruht, als er sich nicht mit dem Gutachten des Gesundheitsamts des Landratsamts Dachau vom 30. November 2015 auseinandersetzt.

Der Arztbrief des Isar-Amper-Klinikums Fürstenfeldbruck vom 12. Dezember 2016 leidet jedenfalls auch an den vorstehend dargelegten Mängeln und rechtfertigt daher keine andere Beurteilung.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Feb. 2017 - M 21 S 16.32955 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 80 Ausschluss der Beschwerde


Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen: 1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder2. internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vo

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 13 Asylantrag


(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer s

Strafprozeßordnung - StPO | § 152 Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz


(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen. (2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspu

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 08. Feb. 2017 - M 21 S 16.32955 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 04. Sept. 2012 - 10 C 13/11

bei uns veröffentlicht am 04.09.2012

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 31. März 2011 - 10 C 2/10

bei uns veröffentlicht am 31.03.2011

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Flüchtling und Asylberechtigter.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Zur Erhebung der öffentlichen Klage ist die Staatsanwaltschaft berufen.

(2) Sie ist, soweit nicht gesetzlich ein anderes bestimmt ist, verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

2

Er reiste im Mai 2006 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung seines Asylantrags gab er an, in der Türkei wegen Unterstützung der PKK ("Kurdische Arbeiterpartei") für 10 Jahre inhaftiert worden zu sein. Nach seiner Entlassung im Jahr 1990 sei er in Syrien und dem Libanon als PKK-Kämpfer ausgebildet worden und habe 1992/93 in der Türkei an Kampfhandlungen teilgenommen. Später sei er bei der ERNK ("Kurdische Befreiungsfront") gewesen und habe politische und logistische Aufgaben erledigt, d.h. finanzielle Dinge geregelt und versucht, Dorfbewohner für die PKK zu gewinnen. Im Nordirak sei er im Oktober 1999 als Guerilla bei einem Angriff von der türkischen Armee verletzt worden und habe sich dann bis 2004 im Lager Kandil aufgehalten. Danach sei er für den KONGRA-GEL ("Volkskongress Kurdistan") im Nordirak als Kontaktmann zu anderen Organisationen eingesetzt worden. Bis 2006 habe er auf einen Gewaltverzicht der PKK gehofft und sich auch entsprechend geäußert. Nachdem sich diese Auffassung in der PKK nicht durchgesetzt habe, habe er sich entschlossen, die Organisation zu verlassen. Aus Furcht, von der PKK als Verräter getötet zu werden, habe er Kontakt mit seiner Familie aufgenommen. Er sei dann über den Iran nach Deutschland gereist.

3

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Juni 2008 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen und auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehen, und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da beim Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG vorlägen. Durch seine Mitgliedschaft in der PKK und die langjährigen Guerillaaktivitäten für diese Organisation in der Türkei und im Nordirak sei die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling außerhalb Deutschlands eine schwere nichtpolitische Straftat begangen habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Juni 2008 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass dieser die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfülle. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger als nachhaltiger PKK-Aktivist und exponierter Gegner des türkischen Staates bei der Wiedereinreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu erleiden habe. Sein Begehren scheitere nicht an der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, denn als PKK-Aktivist habe er im Iran nicht Fuß fassen können. Schließlich habe er keinen Ausschlussgrund verwirklicht. Schwere Straftaten i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG seien vor allem terroristische, d.h. durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnete Handlungen. Der Kläger sei in der Südosttürkei für die PKK aber ganz überwiegend nur propagandistisch tätig gewesen und habe im Nordirak Kontakte zu anderen Organisationen gehalten. Als Guerilla habe er allenfalls 1992 und 1993 gekämpft; bei militärischen Auseinandersetzungen zwischen der PKK und türkischen Sicherheitskräften hätten jedoch Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung nicht im Vordergrund gestanden. Der von der PKK ausgeübte Druck auf die Dorfbevölkerung liege weit unterhalb der Schwelle des Terrors. Die Beseitigung von nicht genehmen oder abtrünnigen PKK-Leuten habe der Kläger weder selbst begangen noch zu verantworten. Zwar habe er von dem Mord an M.S., dessen Todesurteil auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von den Anwesenden beschlossen worden sei, Kenntnis haben müssen. Aber ihm könnten diese Gewaltakte nicht zugerechnet werden, da er als einfacher Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt habe. Jedenfalls habe er sie aufgrund der Rechtfertigungen von Öcalan und seiner Führungsclique für "legitim" halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck und in konkreter Gefahr für sein eigenes Leben gestanden, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Anschläge auf zivile Ziele in Istanbul und touristische Zentren der Südwesttürkei seien erst erfolgt, als er sich bereits von der PKK losgesagt habe und auf der Flucht gewesen sei. Terroristische Aktivitäten mit internationaler Dimension i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG habe der Kläger nicht unterstützt. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit Aktivitäten der PKK in Europa, geschweige denn mit solchen terroristischer Art, auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die anderweitige Sicherheit des Klägers bzw. Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes nur unzureichend geprüft. Für § 27 AsylVfG komme es - anders als beim Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nicht auf die Möglichkeit der Rückkehr in den sicheren Drittstaat an. Zudem dränge es sich auf, diesbezüglich auf die Lage des Klägers im Irak abzustellen. Das Berufungsurteil verletze ferner § 3 Abs. 2 AsylVfG, denn das Oberverwaltungsgericht befasse sich bei Prüfung der Nr. 2 nur mit terroristischen Handlungen, die zudem durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sein müssten. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die persönliche Verantwortung des Klägers für das Todesurteil gegen den abtrünnigen M.S. trotz seiner Teilnahme an der "Kerker-Konferenz" ausschließe, seien nicht tragfähig.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die Bundesrecht verletzt. Denn es hat zum einen bei Prüfung des Asylanspruchs die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG nicht im Hinblick auf den Irak untersucht (1.). Zum anderen halten die Erwägungen, mit denen es die Verwirklichung von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG durch den Kläger verneint hat, einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand (2.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen (3.).

9

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen.

10

1. Das Berufungsgericht ist, nachdem es für den Kläger als exponierten PKK-Aktivisten bei der Wiedereinreise in die Türkei politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit prognostiziert hat, auf die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung nur unter dem Stichwort "Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes" und nur hinsichtlich des Iran, nicht aber des Irak eingegangen (UA S. 21). Damit hat es bei der Verpflichtung zur Asylanerkennung des Klägers § 27 AsylVfG verletzt (1.1); mit Blick auf die Flüchtlingsanerkennung erweist sich seine Entscheidung aber im Ergebnis als zutreffend (1.2).

11

1.1 Nach § 27 Abs. 1 AsylVfG wird ein Ausländer, der bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war, nicht als Asylberechtigter anerkannt. Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird gemäß Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war. Das gilt gemäß Satz 2 nicht, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war.

12

Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift bei der Prüfung des Asylanspruchs nicht in den Blick genommen, obwohl es davon ausgeht, dass der Kläger mehrere Jahre im Nordirak gelebt hat. Nach den tatrichterlichen Feststellungen spricht alles dafür, dass er dort vor einer Verfolgung durch den türkischen Staat sicher war und eine Lebensgrundlage nach Maßgabe der dort bestehenden Verhältnisse gefunden hat (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1987 - BVerwG 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <344 ff.> zu § 2 AsylVfG 1982); eine Verfolgung seitens des Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Damit greift die widerlegbare gesetzliche Vermutung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ein.

13

Daher hätte das Berufungsgericht der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger durch seine Abkehr von der PKK die im Nordirak bestehende Verfolgungssicherheit verloren hat. Denn § 27 AsylVfG findet keine Anwendung und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen lebt wieder auf, wenn der in einem anderen Land gewährte Schutz vor politischer Verfolgung durch Widerruf, praktischen Entzug oder aus anderen Gründen entfällt; dies gilt auch dann, wenn sich der Asylbewerber längere Zeit in dem Drittstaat aufgehalten hat. Einem Asylanspruch steht die anderweitige Verfolgungssicherheit allerdings dann entgegen, wenn der Asylbewerber auf den Verfolgungsschutz freiwillig verzichtet, etwa durch eine nicht erzwungene Ausreise aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Staates (so bereits Urteil vom 6. April 1992 - BVerwG 9 C 143.90 - BVerwGE 90, 127 <135> m.w.N. zu § 2 AsylVfG 1982). Der Wegfall des Schutzes oder das Entstehen neuer Verfolgungsgefährdung durch die Abkehr von einer terroristischen Organisation - wie der PKK - steht einer freiwilligen Aufgabe der anderweitigen Sicherheit aber nicht gleich. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, welche Konsequenzen der Kläger als abtrünniges PKK-Mitglied im Irak zu befürchten hatte und ob seine Verfolgungssicherheit durch ggf. erfolgende Nachstellungen der PKK entfallen ist. Da hierzu jegliche tatrichterlichen Feststellungen fehlen, ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Asylanerkennung des Klägers schon aus diesem Grund aufzuheben.

14

1.2 Auch bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung hat das Berufungsgericht die Regelung des § 27 AsylVfG nicht herangezogen. Das verletzt Bundesrecht nicht, denn die Vorschrift betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, nicht aber die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - BVerwGE 122, 376 <386> m.w.N.). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, für die es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) zurückgegriffen hat, erweisen sich jedoch mit den inzwischen zu beachtenden unionsrechtlichen Vorgaben als nicht mehr vereinbar. Denn nach Ablauf der Umsetzungsfristen für die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) - Qualifikationsrichtlinie - und die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl EU Nr. L 326 vom 13. Dezember 2005 S. 13; berichtigt ABl EU Nr. L 236 vom 31. August 2006 S. 35) - Verfahrensrichtlinie - ist für ein materiellrechtliches Verständnis der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes kein Raum mehr.

15

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG sieht einen materiellrechtlichen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung aus Gründen der Subsidiarität nur in Fällen des Schutzes oder Beistands einer Organisation oder Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR oder dann vor, wenn der Betroffene von den Behörden des Aufenthaltsstaates als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten eines Staatsangehörigen dieses Landes oder gleichwertige Rechte und Pflichten hat. Die Möglichkeit anderweitig bestehender Sicherheit vor Verfolgung greift die Qualifikationsrichtlinie im Übrigen nur mit Blick auf den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG) auf, nicht aber im Hinblick auf die Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat. Das Unionsrecht verfolgt insoweit keinen materiellrechtlichen, sondern einen verfahrensrechtlichen Ansatz: Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Mitgliedstaat einen Asylantrag als unzulässig betrachten, wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Asylbewerbers gemäß Art. 26 RL 2005/85/EG betrachtet wird. Nach Art. 26 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Staat als erster Asylstaat eines Asylbewerbers u.a. dann angesehen werden, wenn dem Asylbewerber in dem betreffenden Staat anderweitig ausreichender Schutz einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährt wird, vorausgesetzt, dass er von diesem Staat wieder aufgenommen wird. Nach diesem verfahrensrechtlichen Konzept des ersten Asylstaats sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, einen Asylantrag in der Sache zu prüfen, wenn ein Drittstaat dem Antragsteller - auch ohne ihn als Flüchtling anzuerkennen - anderweitig ausreichenden Schutz gewährt und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist (vgl. auch den 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85/EG).

16

Der deutsche Gesetzgeber hat dieses verfahrensrechtliche Konzept des ersten Asylstaats in § 29 Abs. 1 AsylVfG in der Weise umgesetzt, dass ein Asylantrag - und damit auch ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG) - unbeachtlich ist, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher ist, möglich ist. In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylVfG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war (§ 35 AsylVfG). Das Asylverfahren ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG allerdings fortzuführen, wenn die Rückführung innerhalb von drei Monaten nicht möglich ist. Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unbeachtlichkeit des Antrags wird unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht; auch dann hat das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 AsylVfG). Das Asylverfahrensgesetz knüpft somit an die Offensichtlichkeit, dass der Ausländer in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Drittstaat möglich ist, ausschließlich die Unbeachtlichkeit des Asylantrags mit der verfahrensrechtlichen Folge, dass eine Abschiebungsandrohung in einen sicheren Drittstaat ohne umfassende Sachprüfung des Asylbegehrens ergehen kann. Macht das Bundesamt davon keinen Gebrauch, sondern entscheidet es - wie hier - über das Asylbegehren in der Sache, bleibt für eine materiellrechtlich verstandene Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes mit Blick auf die o.g. unionsrechtlichen Vorgaben kein Raum mehr. Die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) erweist sich insoweit als überholt.

17

2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen der in § 3 Abs. 2 AsylVfG enthaltenen Ausschlussgründe verwirklicht. Die dafür angeführten Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

18

Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG), wenn er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder wenn er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AsylVfG vor, ist der Asylantrag gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, so dass sich die Ausschlussgründe auch auf die Asylanerkennung erstrecken.

19

2.1 Das Berufungsgericht hat zu § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ausgeführt, der Kläger habe während seiner Zugehörigkeit zur PKK weder eine schwere nichtpolitische Straftat, insbesondere keine terroristische Handlung, begangen noch sei ihm eine solche zuzurechnen. Terroristische Handlungen seien Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele, die durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet seien (UA S. 24). Indem das Berufungsgericht der Prüfung dieses Ausschlussgrundes ausschließlich terroristische Gewaltaktionen der PKK zugrunde gelegt hat, die sich durch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auszeichnen, hat es - wie die Beklagte zutreffend rügt - einen zu engen Maßstab gewählt.

20

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss "gemeiner Straftäter", denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines "bona fide refugee" aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - BVerwGE 135, 252 Rn. 41).

21

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird. Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Motiv bzw. Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe und kennzeichnen die Tat damit insgesamt als nichtpolitisch. So hat der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG insbesondere grausame Handlungen beispielhaft als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 42), insbesondere, wenn sie durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und 101/09 - NVwZ 2011, 285 Rn. 81; dem folgend Urteil vom 7. Juli 2011 - BVerwG 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114 Rn. 35). Letzteres ist aber - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine notwendige, sondern eine bereits hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer nichtpolitischen Straftat. Die vorsätzliche rechtswidrige und schuldhafte Tötung oder erhebliche Verletzung eines Menschen erweist sich in Bezug auf das behauptete politische Ziel grundsätzlich als unverhältnismäßig und ist daher in aller Regel eine schwere nichtpolitische Straftat unabhängig davon, ob das Opfer ein Angehöriger der staatlichen Sicherheitskräfte, der Zivilbevölkerung oder ein abtrünniges Mitglied der eigenen Organisation ist.

22

Demzufolge hätte das Berufungsgericht bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG die Beteiligung des Klägers an Kampfhandlungen in den Jahren 1992/93 sowie Angriffe der PKK mit Opfern auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte nur dann aus seiner Betrachtung ausscheiden dürfen, wenn es zuvor festgestellt hätte, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat die völker(straf)rechtliche Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut überschritten haben. Dann würden die für einen solchen Konflikt vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und deren völkerstrafrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe beeinflussen, nach denen sich in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt. Denn soweit Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst werden, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 43). Dazu, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat im Südosten der Türkei Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut (vgl. dazu Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 33) erfüllten, hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

23

2.2 Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Ermordung des abtrünnigen PKK-Mitglieds M.S., dessen Todesurteil nach den tatsächlichen Feststellungen auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von mehr als fünfhundert PKK-Leuten "beschlossen" worden ist, als dem Kläger nicht zurechenbar ansieht (UA S. 27), verletzen ebenfalls § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AsylVfG. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Kläger als einfacher PKK-Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt hat, sie aber jedenfalls aufgrund der Rechtfertigung der PKK-Führung für "legitim" habe halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck gestanden und konkrete Gefahr für sein eigenes Leben befürchten müssen, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

24

Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß ("wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist"; vgl. dazu Urteil vom 31. März 2011 - BVerwG 10 C 2.10 - BVerwGE 139, 272 Rn. 26) genügt. Soweit keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme (vgl. die Länderberichte in: Sieber/Cornils, Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, Teilband 4 Tatbeteiligung, Berlin 2010) als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe (vgl. dazu die Beiträge in: Eser/Fletcher, Rechtfertigung und Entschuldigung - Rechtsvergleichende Perspektiven, Bd. I 1987 und Bd. II 1988) grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38).

25

Gerechtfertigt werden kann die Tötung eines Menschen nur durch Notwehr, nicht aber nach dem Prinzip des überwiegenden Interesses, denn das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes und der Menschenrechte - ohne zulässige Relativierung - an höchster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A der Generalversammlung der UN; Art. 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl II 1973, 1533; Art. 2 Abs. 1 EMRK; Art. 2 GRCh). Dieser allgemein anerkannte Rang des Rechts auf Leben in der Wertehierarchie der internationalen Gemeinschaft lässt die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums als Entschuldigungsgrund im Hinblick auf die Tötung eines Menschen nur schwerlich als vorstellbar erscheinen. Denn bei einem offensichtlich rechtswidrigen vorsätzlichen Tötungsdelikt kommt ein Schuldausschluss nicht in Betracht, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände gegen eine Erkennbarkeit des Strafrechtsverstoßes sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 2 BvR 1851/94 u.a. - BVerfGE 95, 96 <142>). Diesem strengen Maßstab genügt die Annahme des Berufungsgerichts auf der Grundlage seiner zur "Kerker-Konferenz" getroffenen tatrichterlichen Feststellungen, der Kläger habe das "Todesurteil" für M.S. wegen der Rechtfertigung durch die PKK-Führung für legitim halten dürfen, nicht. Auch die - mit der Annahme eines Verbotsirrtums im Übrigen unvereinbare - Entschuldigung durch einen Nötigungsnotstand vermag die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen. Gegen die vom Berufungsgericht nicht mit tatsächlichen Feststellungen unterlegte Annahme, der Kläger habe nur aus Angst um das eigene Leben nicht gegen das "Todesurteil" der PKK-Führung aufbegehrt, spricht bereits, dass er sich nicht unmittelbar nach der "Kerker-Konferenz" von der PKK gelöst hat.

26

2.3 Das Berufungsgericht hat den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nicht durchgreifen lassen, da der Kläger keine terroristischen Aktivitäten mit internationaler Dimension unterstützt habe. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt. Auch diese Erwägungen verletzen Bundesrecht. Das Berufungsgericht nimmt für die internationale Dimension, die Handlungen des Terrorismus grundsätzlich haben müssen, um die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen berühren zu können (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82 ff.), nur die terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa, nicht aber deren grenzüberschreitende Aktionen im Nordirak in den Blick. Zudem müssen Unterstützungshandlungen zugunsten einer Organisation, die - wie die PKK - Akte des internationalen Terrors begeht, sich nicht konkret auf terroristische Aktionen internationaler Qualität beziehen, um von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfasst zu werden. Denn dieser Ausschlussgrund verlangt keine Zurechnung nach strafrechtlichen Kriterien, da er kein strafbares Handeln im Sinne einer Beteiligung an bestimmten Delikten voraussetzt. Demzufolge können auch rein logistische Unterstützungshandlungen von hinreichendem Gewicht im Vorfeld den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfüllen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 39). Soweit das Berufungsgericht schließlich ausführt, die Aktivitäten des Klägers hätten nicht das für § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG erforderliche Gewicht gehabt, beruht seine Wertung infolge zu enger Maßstäbe auf unzureichenden Tatsachenfeststellungen.

27

3. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 AsylVfG kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zustehen. Deshalb ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

28

Das Berufungsgericht wird zunächst seine Überzeugungsbildung zu der von ihm gestellten Prognose, der Kläger habe bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten, aktualisieren und jedenfalls detailliert begründen müssen. Mit Blick auf die dafür in der angefochtenen Entscheidung angeführten Quellen, u.a. den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2011, ist seine Annahme jedenfalls nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Denn das Berufungsgericht hat sich mit der Aussage im Lagebericht auf S. 27 nicht auseinandergesetzt, dass weder dem Auswärtigen Amt noch türkischen Menschenrechtsorganisationen oder Vertretungen anderer EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Fälle bekannt geworden seien, in denen auch exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt worden seien. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt jedoch, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, ohne einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse auszublenden oder zu übergehen.

29

Hat der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner PKK-Tätigkeit - über reine Strafverfolgungsmaßnahmen hinaus - politische Verfolgung zu befürchten, ist im Hinblick auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 AsylVfG in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die PKK jedenfalls bis zum Ausscheiden des Klägers eine terroristische Organisation war (Urteile vom 30. März 1999 - BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <20 ff.>; vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.> und vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 35). Im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Begriff der schweren nichtpolitischen Straftat sich nicht auf terroristische Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung beschränkt. Im Rahmen der tatsächlichen Würdigung des Verhaltens der PKK gegenüber der Landbevölkerung im Südosten der Türkei hat das Berufungsgericht das gesamte Geschehen der Auseinandersetzung in den Blick zu nehmen und dabei Feststellungen zu den tatsächlichen Übergriffen und Opfern der PKK aus jener Zeit zu treffen. Dabei wird sich das Berufungsgericht auch mit den entsprechenden Feststellungen anderer Obergerichte auseinanderzusetzen haben (vgl. z.B. VGH München, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 11 B 06.30084 - juris Rn. 34 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 - juris Rn. 45 f.; OVG Bautzen, Urteil vom 22. März 2012 - A 3 A 428/11 - juris Rn. 37). Für die Berücksichtigung von Opfern bei den Sicherheitskräften und diesen nahestehenden Zivilpersonen wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut erfüllten und - sollte dies bejaht werden - PKK-Aktionen (zumindest teilweise) als Verstöße gegen das Völkerrecht i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG zu werten sind.

30

Allerdings rechtfertigt - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - allein der Umstand, dass der Kläger der PKK angehört hat und den von dieser Organisation geführten bewaffneten Kampf aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines der genannten Ausschlussgründe. Zur Ermittlung der individuellen Verantwortung des Klägers bedarf es vielmehr einer genauen Würdigung seiner gesamten Aktivitäten für die PKK sowohl als Kämpfer als auch anschließend als Funktionär bei der Wahrnehmung politischer, logistischer und finanzieller Aufgaben. Dabei ist seine jedenfalls zuletzt offenbar nicht nur untergeordnete Stellung innerhalb der Organisation zu berücksichtigen. Bei der tatsächlichen Würdigung ist dem in der Vorschrift geregelten Beweisniveau Rechnung zu tragen (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 94 ff.). Nur zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der abgesenkte Beweismaßstab des § 3 Abs. 2 AsylVfG sich nur auf die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, nicht aber deren (straf)rechtliche Würdigung z.B. als schwere nichtpolitische Straftat bezieht.

31

Für die Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat richtet sich die Zurechnung grundsätzlich zunächst nach nationalen strafrechtlichen Maßstäben (s.o. Rn. 24); erfasst wird mithin sowohl der Täter als auch der Anstifter. Auch der in sonstiger Weise Beteiligte ist für eine schwere nichtpolitische Straftat verantwortlich, wenn er eine strafrechtlich relevante Beihilfe i.S.d. § 27 StGB begangen hat. Allerdings muss auch im Fall der Beihilfe der Tatbeitrag nach seinem Gewicht dem einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne dieser Vorschrift entsprechen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird insoweit u.a. der Rolle des Klägers bei der sog. "Kerker-Konferenz" nachgehen müssen. Sollte es sich bei dieser Veranstaltung - was angesichts der streng hierarchischen Struktur der PKK durchaus in Betracht kommt - um einen reinen "Schauprozess" gehandelt haben, bei dem das "Todesurteil" der Führung bereits zuvor unumstößlich feststand, läge wohl mangels objektiver Förderung oder Erleichterung der Tathandlung eine Strafbarkeit selbst in der Form einer psychischen Beihilfe nicht nahe (vgl. zur psychischen Beihilfe: BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07 - NJW 2008, 1460 <1461>).

32

Bei dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. Von diesem Ausschlussgrund können auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich wird allerdings - um der Funktion dieses Ausschlussgrundes gerecht zu werden - in jedem Fall zu prüfen sein, ob der individuelle Beitrag des Betroffenen ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 und 39 m.w.N.).

33

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger keinen Ausschlussgrund verwirklicht hat, wird es schließlich prüfen müssen, ob § 27 AsylVfG seiner Asylanerkennung entgegensteht, weil er auch nach Loslösung von der PKK im Irak vor politischer Verfolgung sicher war.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Asyl- und Flüchtlingsanerkennung.

2

Er reiste im Mai 2006 auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein. Zur Begründung seines Asylantrags gab er an, in der Türkei wegen Unterstützung der PKK ("Kurdische Arbeiterpartei") für 10 Jahre inhaftiert worden zu sein. Nach seiner Entlassung im Jahr 1990 sei er in Syrien und dem Libanon als PKK-Kämpfer ausgebildet worden und habe 1992/93 in der Türkei an Kampfhandlungen teilgenommen. Später sei er bei der ERNK ("Kurdische Befreiungsfront") gewesen und habe politische und logistische Aufgaben erledigt, d.h. finanzielle Dinge geregelt und versucht, Dorfbewohner für die PKK zu gewinnen. Im Nordirak sei er im Oktober 1999 als Guerilla bei einem Angriff von der türkischen Armee verletzt worden und habe sich dann bis 2004 im Lager Kandil aufgehalten. Danach sei er für den KONGRA-GEL ("Volkskongress Kurdistan") im Nordirak als Kontaktmann zu anderen Organisationen eingesetzt worden. Bis 2006 habe er auf einen Gewaltverzicht der PKK gehofft und sich auch entsprechend geäußert. Nachdem sich diese Auffassung in der PKK nicht durchgesetzt habe, habe er sich entschlossen, die Organisation zu verlassen. Aus Furcht, von der PKK als Verräter getötet zu werden, habe er Kontakt mit seiner Familie aufgenommen. Er sei dann über den Iran nach Deutschland gereist.

3

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 25. Juni 2008 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen und auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehen, und drohte dem Kläger die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da beim Kläger die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG vorlägen. Durch seine Mitgliedschaft in der PKK und die langjährigen Guerillaaktivitäten für diese Organisation in der Türkei und im Nordirak sei die Annahme gerechtfertigt, dass er vor seiner Aufnahme als Flüchtling außerhalb Deutschlands eine schwere nichtpolitische Straftat begangen habe.

4

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Juni 2008 verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie festzustellen, dass dieser die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfülle. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger als nachhaltiger PKK-Aktivist und exponierter Gegner des türkischen Staates bei der Wiedereinreise mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu erleiden habe. Sein Begehren scheitere nicht an der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, denn als PKK-Aktivist habe er im Iran nicht Fuß fassen können. Schließlich habe er keinen Ausschlussgrund verwirklicht. Schwere Straftaten i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG seien vor allem terroristische, d.h. durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnete Handlungen. Der Kläger sei in der Südosttürkei für die PKK aber ganz überwiegend nur propagandistisch tätig gewesen und habe im Nordirak Kontakte zu anderen Organisationen gehalten. Als Guerilla habe er allenfalls 1992 und 1993 gekämpft; bei militärischen Auseinandersetzungen zwischen der PKK und türkischen Sicherheitskräften hätten jedoch Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung nicht im Vordergrund gestanden. Der von der PKK ausgeübte Druck auf die Dorfbevölkerung liege weit unterhalb der Schwelle des Terrors. Die Beseitigung von nicht genehmen oder abtrünnigen PKK-Leuten habe der Kläger weder selbst begangen noch zu verantworten. Zwar habe er von dem Mord an M.S., dessen Todesurteil auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von den Anwesenden beschlossen worden sei, Kenntnis haben müssen. Aber ihm könnten diese Gewaltakte nicht zugerechnet werden, da er als einfacher Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt habe. Jedenfalls habe er sie aufgrund der Rechtfertigungen von Öcalan und seiner Führungsclique für "legitim" halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck und in konkreter Gefahr für sein eigenes Leben gestanden, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Anschläge auf zivile Ziele in Istanbul und touristische Zentren der Südwesttürkei seien erst erfolgt, als er sich bereits von der PKK losgesagt habe und auf der Flucht gewesen sei. Terroristische Aktivitäten mit internationaler Dimension i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG habe der Kläger nicht unterstützt. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit Aktivitäten der PKK in Europa, geschweige denn mit solchen terroristischer Art, auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die anderweitige Sicherheit des Klägers bzw. Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes nur unzureichend geprüft. Für § 27 AsylVfG komme es - anders als beim Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft - nicht auf die Möglichkeit der Rückkehr in den sicheren Drittstaat an. Zudem dränge es sich auf, diesbezüglich auf die Lage des Klägers im Irak abzustellen. Das Berufungsurteil verletze ferner § 3 Abs. 2 AsylVfG, denn das Oberverwaltungsgericht befasse sich bei Prüfung der Nr. 2 nur mit terroristischen Handlungen, die zudem durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sein müssten. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die persönliche Verantwortung des Klägers für das Todesurteil gegen den abtrünnigen M.S. trotz seiner Teilnahme an der "Kerker-Konferenz" ausschließe, seien nicht tragfähig.

6

Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit einer Begründung zurückgewiesen, die Bundesrecht verletzt. Denn es hat zum einen bei Prüfung des Asylanspruchs die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung gemäß § 27 AsylVfG nicht im Hinblick auf den Irak untersucht (1.). Zum anderen halten die Erwägungen, mit denen es die Verwirklichung von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG durch den Kläger verneint hat, einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand (2.). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts kann der Senat in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zurückzuverweisen (3.).

9

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22. November 2011 (BGBl I S. 2258). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen.

10

1. Das Berufungsgericht ist, nachdem es für den Kläger als exponierten PKK-Aktivisten bei der Wiedereinreise in die Türkei politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit prognostiziert hat, auf die anderweitige Sicherheit vor Verfolgung nur unter dem Stichwort "Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes" und nur hinsichtlich des Iran, nicht aber des Irak eingegangen (UA S. 21). Damit hat es bei der Verpflichtung zur Asylanerkennung des Klägers § 27 AsylVfG verletzt (1.1); mit Blick auf die Flüchtlingsanerkennung erweist sich seine Entscheidung aber im Ergebnis als zutreffend (1.2).

11

1.1 Nach § 27 Abs. 1 AsylVfG wird ein Ausländer, der bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war, nicht als Asylberechtigter anerkannt. Hat sich ein Ausländer in einem sonstigen Drittstaat, in dem ihm keine politische Verfolgung droht, vor der Einreise in das Bundesgebiet länger als drei Monate aufgehalten, so wird gemäß Absatz 3 Satz 1 der Vorschrift vermutet, dass er dort vor politischer Verfolgung sicher war. Das gilt gemäß Satz 2 nicht, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass eine Abschiebung in einen anderen Staat, in dem ihm politische Verfolgung droht, nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen war.

12

Das Berufungsgericht hat diese Vorschrift bei der Prüfung des Asylanspruchs nicht in den Blick genommen, obwohl es davon ausgeht, dass der Kläger mehrere Jahre im Nordirak gelebt hat. Nach den tatrichterlichen Feststellungen spricht alles dafür, dass er dort vor einer Verfolgung durch den türkischen Staat sicher war und eine Lebensgrundlage nach Maßgabe der dort bestehenden Verhältnisse gefunden hat (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1987 - BVerwG 9 C 285.86 - BVerwGE 78, 332 <344 ff.> zu § 2 AsylVfG 1982); eine Verfolgung seitens des Irak hat der Kläger selbst nicht behauptet. Damit greift die widerlegbare gesetzliche Vermutung des § 27 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG ein.

13

Daher hätte das Berufungsgericht der Frage nachgehen müssen, ob der Kläger durch seine Abkehr von der PKK die im Nordirak bestehende Verfolgungssicherheit verloren hat. Denn § 27 AsylVfG findet keine Anwendung und die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen lebt wieder auf, wenn der in einem anderen Land gewährte Schutz vor politischer Verfolgung durch Widerruf, praktischen Entzug oder aus anderen Gründen entfällt; dies gilt auch dann, wenn sich der Asylbewerber längere Zeit in dem Drittstaat aufgehalten hat. Einem Asylanspruch steht die anderweitige Verfolgungssicherheit allerdings dann entgegen, wenn der Asylbewerber auf den Verfolgungsschutz freiwillig verzichtet, etwa durch eine nicht erzwungene Ausreise aus dem Gebiet des ihm Schutz gewährenden Staates (so bereits Urteil vom 6. April 1992 - BVerwG 9 C 143.90 - BVerwGE 90, 127 <135> m.w.N. zu § 2 AsylVfG 1982). Der Wegfall des Schutzes oder das Entstehen neuer Verfolgungsgefährdung durch die Abkehr von einer terroristischen Organisation - wie der PKK - steht einer freiwilligen Aufgabe der anderweitigen Sicherheit aber nicht gleich. Das Berufungsgericht hätte daher prüfen müssen, welche Konsequenzen der Kläger als abtrünniges PKK-Mitglied im Irak zu befürchten hatte und ob seine Verfolgungssicherheit durch ggf. erfolgende Nachstellungen der PKK entfallen ist. Da hierzu jegliche tatrichterlichen Feststellungen fehlen, ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Asylanerkennung des Klägers schon aus diesem Grund aufzuheben.

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1.2 Auch bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung hat das Berufungsgericht die Regelung des § 27 AsylVfG nicht herangezogen. Das verletzt Bundesrecht nicht, denn die Vorschrift betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur die Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG, nicht aber die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 und 4 AsylVfG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Urteil vom 8. Februar 2005 - BVerwG 1 C 29.03 - BVerwGE 122, 376 <386> m.w.N.). Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes, für die es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) zurückgegriffen hat, erweisen sich jedoch mit den inzwischen zu beachtenden unionsrechtlichen Vorgaben als nicht mehr vereinbar. Denn nach Ablauf der Umsetzungsfristen für die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 304 vom 30. September 2004 S. 12; berichtigt ABl EU Nr. L 204 vom 5. August 2005 S. 24) - Qualifikationsrichtlinie - und die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (ABl EU Nr. L 326 vom 13. Dezember 2005 S. 13; berichtigt ABl EU Nr. L 236 vom 31. August 2006 S. 35) - Verfahrensrichtlinie - ist für ein materiellrechtliches Verständnis der Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes kein Raum mehr.

15

Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG sieht einen materiellrechtlichen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung aus Gründen der Subsidiarität nur in Fällen des Schutzes oder Beistands einer Organisation oder Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des UNHCR oder dann vor, wenn der Betroffene von den Behörden des Aufenthaltsstaates als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten eines Staatsangehörigen dieses Landes oder gleichwertige Rechte und Pflichten hat. Die Möglichkeit anderweitig bestehender Sicherheit vor Verfolgung greift die Qualifikationsrichtlinie im Übrigen nur mit Blick auf den internen Schutz (Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG) auf, nicht aber im Hinblick auf die Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat. Das Unionsrecht verfolgt insoweit keinen materiellrechtlichen, sondern einen verfahrensrechtlichen Ansatz: Nach Art. 25 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Mitgliedstaat einen Asylantrag als unzulässig betrachten, wenn ein Staat, der kein Mitgliedstaat ist, als erster Asylstaat des Asylbewerbers gemäß Art. 26 RL 2005/85/EG betrachtet wird. Nach Art. 26 Satz 1 Buchst. b der Richtlinie 2005/85/EG kann ein Staat als erster Asylstaat eines Asylbewerbers u.a. dann angesehen werden, wenn dem Asylbewerber in dem betreffenden Staat anderweitig ausreichender Schutz einschließlich der Anwendung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährt wird, vorausgesetzt, dass er von diesem Staat wieder aufgenommen wird. Nach diesem verfahrensrechtlichen Konzept des ersten Asylstaats sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, einen Asylantrag in der Sache zu prüfen, wenn ein Drittstaat dem Antragsteller - auch ohne ihn als Flüchtling anzuerkennen - anderweitig ausreichenden Schutz gewährt und die Rückübernahme des Antragstellers in diesen Staat gewährleistet ist (vgl. auch den 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/85/EG).

16

Der deutsche Gesetzgeber hat dieses verfahrensrechtliche Konzept des ersten Asylstaats in § 29 Abs. 1 AsylVfG in der Weise umgesetzt, dass ein Asylantrag - und damit auch ein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 13 Abs. 1 und 2 AsylVfG) - unbeachtlich ist, wenn offensichtlich ist, dass der Ausländer bereits in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen Staat oder in einen anderen Staat, in dem er vor politischer Verfolgung sicher ist, möglich ist. In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylVfG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war (§ 35 AsylVfG). Das Asylverfahren ist gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG allerdings fortzuführen, wenn die Rückführung innerhalb von drei Monaten nicht möglich ist. Die Entscheidung des Bundesamtes über die Unbeachtlichkeit des Antrags wird unwirksam, wenn das Verwaltungsgericht einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO entspricht; auch dann hat das Bundesamt das Asylverfahren fortzuführen (§ 37 Abs. 1 AsylVfG). Das Asylverfahrensgesetz knüpft somit an die Offensichtlichkeit, dass der Ausländer in einem sonstigen Drittstaat vor politischer Verfolgung sicher war und die Rückführung in diesen oder einen anderen sicheren Drittstaat möglich ist, ausschließlich die Unbeachtlichkeit des Asylantrags mit der verfahrensrechtlichen Folge, dass eine Abschiebungsandrohung in einen sicheren Drittstaat ohne umfassende Sachprüfung des Asylbegehrens ergehen kann. Macht das Bundesamt davon keinen Gebrauch, sondern entscheidet es - wie hier - über das Asylbegehren in der Sache, bleibt für eine materiellrechtlich verstandene Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes mit Blick auf die o.g. unionsrechtlichen Vorgaben kein Raum mehr. Die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 8. Februar 2005 a.a.O.) erweist sich insoweit als überholt.

17

2. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger keinen der in § 3 Abs. 2 AsylVfG enthaltenen Ausschlussgründe verwirklicht. Die dafür angeführten Erwägungen halten einer revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

18

Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG), wenn er vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG), oder wenn er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG). Liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 AsylVfG vor, ist der Asylantrag gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, so dass sich die Ausschlussgründe auch auf die Asylanerkennung erstrecken.

19

2.1 Das Berufungsgericht hat zu § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ausgeführt, der Kläger habe während seiner Zugehörigkeit zur PKK weder eine schwere nichtpolitische Straftat, insbesondere keine terroristische Handlung, begangen noch sei ihm eine solche zuzurechnen. Terroristische Handlungen seien Gewaltaktionen zur Erreichung politischer Ziele, die durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet seien (UA S. 24). Indem das Berufungsgericht der Prüfung dieses Ausschlussgrundes ausschließlich terroristische Gewaltaktionen der PKK zugrunde gelegt hat, die sich durch Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auszeichnen, hat es - wie die Beklagte zutreffend rügt - einen zu engen Maßstab gewählt.

20

§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG dient wie Art. 1 F Buchst. b GFK dem Ausschluss "gemeiner Straftäter", denen man den Flüchtlingsschutz vorenthalten wollte, um den Status eines "bona fide refugee" aus Gründen der Akzeptanz in der internationalen Gemeinschaft nicht in Misskredit zu bringen. Daher rechtfertigt nicht jedes kriminelle Handeln des Schutzsuchenden vor seiner Einreise einen Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung. Vielmehr muss der Straftat zunächst ein gewisses Gewicht zukommen, wofür internationale und nicht lokale Standards maßgeblich sind. Es muss sich also um ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat handeln, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird (Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - BVerwGE 135, 252 Rn. 41).

21

Zugleich muss die Tat nichtpolitisch sein. Dazu ist auf den Delikttypus sowie die der konkreten Tat zugrunde liegenden Motive und die mit ihr verfolgten Zwecke abzustellen. Nichtpolitisch ist eine Tat, wenn sie überwiegend aus anderen Motiven, etwa aus persönlichen Beweggründen oder Gewinnstreben begangen wird. Besteht keine eindeutige Verbindung zwischen dem Verbrechen und dem angeblichen politischen Motiv bzw. Ziel oder ist die betreffende Handlung in Bezug zum behaupteten politischen Ziel unverhältnismäßig, überwiegen nichtpolitische Beweggründe und kennzeichnen die Tat damit insgesamt als nichtpolitisch. So hat der Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b letzter Halbsatz der Richtlinie 2004/83/EG insbesondere grausame Handlungen beispielhaft als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft, auch wenn mit ihnen vornehmlich politische Ziele verfolgt werden. Dies ist bei Gewalttaten, die gemeinhin als "terroristisch" bezeichnet werden, regelmäßig der Fall (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 42), insbesondere, wenn sie durch Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09 und 101/09 - NVwZ 2011, 285 Rn. 81; dem folgend Urteil vom 7. Juli 2011 - BVerwG 10 C 26.10 - BVerwGE 140, 114 Rn. 35). Letzteres ist aber - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - keine notwendige, sondern eine bereits hinreichende Voraussetzung für das Vorliegen einer nichtpolitischen Straftat. Die vorsätzliche rechtswidrige und schuldhafte Tötung oder erhebliche Verletzung eines Menschen erweist sich in Bezug auf das behauptete politische Ziel grundsätzlich als unverhältnismäßig und ist daher in aller Regel eine schwere nichtpolitische Straftat unabhängig davon, ob das Opfer ein Angehöriger der staatlichen Sicherheitskräfte, der Zivilbevölkerung oder ein abtrünniges Mitglied der eigenen Organisation ist.

22

Demzufolge hätte das Berufungsgericht bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG die Beteiligung des Klägers an Kampfhandlungen in den Jahren 1992/93 sowie Angriffe der PKK mit Opfern auf Seiten der türkischen Sicherheitskräfte nur dann aus seiner Betrachtung ausscheiden dürfen, wenn es zuvor festgestellt hätte, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat die völker(straf)rechtliche Schwelle eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut überschritten haben. Dann würden die für einen solchen Konflikt vorgesehenen Regelungen des Humanitären Völkerrechts und deren völkerstrafrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe beeinflussen, nach denen sich in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt. Denn soweit Kampfhandlungen von Kämpfern in einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG erfasst werden, erfüllen sie in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 43). Dazu, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat im Südosten der Türkei Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut (vgl. dazu Urteil vom 24. November 2009 a.a.O. Rn. 33) erfüllten, hat das Berufungsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen.

23

2.2 Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Ermordung des abtrünnigen PKK-Mitglieds M.S., dessen Todesurteil nach den tatsächlichen Feststellungen auf der vom Kläger besuchten "Kerker-Konferenz" im August 1991 von mehr als fünfhundert PKK-Leuten "beschlossen" worden ist, als dem Kläger nicht zurechenbar ansieht (UA S. 27), verletzen ebenfalls § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 AsylVfG. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Kläger als einfacher PKK-Aktivist die Zusammenhänge und den Unrechtsgehalt der Taten nicht erkannt hat, sie aber jedenfalls aufgrund der Rechtfertigung der PKK-Führung für "legitim" habe halten dürfen. Äußerstenfalls habe er unter einem derartigen Gruppendruck gestanden und konkrete Gefahr für sein eigenes Leben befürchten müssen, dass ihm nichts anderes übrig geblieben sei, als diese Morde zur Kenntnis zu nehmen. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.

24

Bei der Prüfung des Ausschlussgrunds des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG ist zu berücksichtigen, dass die notwendige individuelle Verantwortlichkeit eine Verantwortlichkeit im strafrechtlichen Sinne erfordert, wobei allerdings mit Blick auf die zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände das im Vergleich zum Strafrecht abgesenkte Beweismaß ("wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist"; vgl. dazu Urteil vom 31. März 2011 - BVerwG 10 C 2.10 - BVerwGE 139, 272 Rn. 26) genügt. Soweit keine Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Betracht zu ziehen sind und daher nicht zugleich § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG mit dem dynamischen Verweis auf die Regelungen im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 eingreift, liegt mangels einheitlicher internationaler Kriterien sowohl für Täterschaft und Teilnahme (vgl. die Länderberichte in: Sieber/Cornils, Nationales Strafrecht in rechtsvergleichender Darstellung, Teilband 4 Tatbeteiligung, Berlin 2010) als auch für Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe (vgl. dazu die Beiträge in: Eser/Fletcher, Rechtfertigung und Entschuldigung - Rechtsvergleichende Perspektiven, Bd. I 1987 und Bd. II 1988) grundsätzlich zunächst eine Orientierung an den Regeln des nationalen Strafrechts nahe (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38).

25

Gerechtfertigt werden kann die Tötung eines Menschen nur durch Notwehr, nicht aber nach dem Prinzip des überwiegenden Interesses, denn das Leben eines Menschen steht in der Werteordnung des Grundgesetzes und der Menschenrechte - ohne zulässige Relativierung - an höchster Stelle der zu schützenden Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948, Resolution 217 A der Generalversammlung der UN; Art. 6 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966, BGBl II 1973, 1533; Art. 2 Abs. 1 EMRK; Art. 2 GRCh). Dieser allgemein anerkannte Rang des Rechts auf Leben in der Wertehierarchie der internationalen Gemeinschaft lässt die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums als Entschuldigungsgrund im Hinblick auf die Tötung eines Menschen nur schwerlich als vorstellbar erscheinen. Denn bei einem offensichtlich rechtswidrigen vorsätzlichen Tötungsdelikt kommt ein Schuldausschluss nicht in Betracht, wenn nicht im Einzelfall ganz besondere Umstände gegen eine Erkennbarkeit des Strafrechtsverstoßes sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 1996 - 2 BvR 1851/94 u.a. - BVerfGE 95, 96 <142>). Diesem strengen Maßstab genügt die Annahme des Berufungsgerichts auf der Grundlage seiner zur "Kerker-Konferenz" getroffenen tatrichterlichen Feststellungen, der Kläger habe das "Todesurteil" für M.S. wegen der Rechtfertigung durch die PKK-Führung für legitim halten dürfen, nicht. Auch die - mit der Annahme eines Verbotsirrtums im Übrigen unvereinbare - Entschuldigung durch einen Nötigungsnotstand vermag die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen. Gegen die vom Berufungsgericht nicht mit tatsächlichen Feststellungen unterlegte Annahme, der Kläger habe nur aus Angst um das eigene Leben nicht gegen das "Todesurteil" der PKK-Führung aufbegehrt, spricht bereits, dass er sich nicht unmittelbar nach der "Kerker-Konferenz" von der PKK gelöst hat.

26

2.3 Das Berufungsgericht hat den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nicht durchgreifen lassen, da der Kläger keine terroristischen Aktivitäten mit internationaler Dimension unterstützt habe. Er sei in der Südosttürkei und dem Nordirak aktiv gewesen, habe aber mit terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa auch im Vorfeld nichts zu tun gehabt. Auch diese Erwägungen verletzen Bundesrecht. Das Berufungsgericht nimmt für die internationale Dimension, die Handlungen des Terrorismus grundsätzlich haben müssen, um die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen berühren zu können (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 im Anschluss an EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82 ff.), nur die terroristischen Aktivitäten der PKK in Europa, nicht aber deren grenzüberschreitende Aktionen im Nordirak in den Blick. Zudem müssen Unterstützungshandlungen zugunsten einer Organisation, die - wie die PKK - Akte des internationalen Terrors begeht, sich nicht konkret auf terroristische Aktionen internationaler Qualität beziehen, um von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfasst zu werden. Denn dieser Ausschlussgrund verlangt keine Zurechnung nach strafrechtlichen Kriterien, da er kein strafbares Handeln im Sinne einer Beteiligung an bestimmten Delikten voraussetzt. Demzufolge können auch rein logistische Unterstützungshandlungen von hinreichendem Gewicht im Vorfeld den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 AsylVfG erfüllen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 39). Soweit das Berufungsgericht schließlich ausführt, die Aktivitäten des Klägers hätten nicht das für § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG erforderliche Gewicht gehabt, beruht seine Wertung infolge zu enger Maßstäbe auf unzureichenden Tatsachenfeststellungen.

27

3. Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Ausschlussgründen des § 3 Abs. 2 AsylVfG kann der Senat nicht abschließend selbst entscheiden, ob dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Asyl- und Flüchtlingsanerkennung zustehen. Deshalb ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

28

Das Berufungsgericht wird zunächst seine Überzeugungsbildung zu der von ihm gestellten Prognose, der Kläger habe bei einer Rückkehr in die Türkei mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten, aktualisieren und jedenfalls detailliert begründen müssen. Mit Blick auf die dafür in der angefochtenen Entscheidung angeführten Quellen, u.a. den Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2011, ist seine Annahme jedenfalls nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen. Denn das Berufungsgericht hat sich mit der Aussage im Lagebericht auf S. 27 nicht auseinandergesetzt, dass weder dem Auswärtigen Amt noch türkischen Menschenrechtsorganisationen oder Vertretungen anderer EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren Fälle bekannt geworden seien, in denen auch exponierte Mitglieder und führende Persönlichkeiten terroristischer Organisationen einer menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt worden seien. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt jedoch, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, ohne einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse auszublenden oder zu übergehen.

29

Hat der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wegen seiner PKK-Tätigkeit - über reine Strafverfolgungsmaßnahmen hinaus - politische Verfolgung zu befürchten, ist im Hinblick auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 2 AsylVfG in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht davon auszugehen, dass die PKK jedenfalls bis zum Ausscheiden des Klägers eine terroristische Organisation war (Urteile vom 30. März 1999 - BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <20 ff.>; vom 15. März 2005 - BVerwG 1 C 26.03 - BVerwGE 123, 114 <129 f.> und vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 35). Im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Begriff der schweren nichtpolitischen Straftat sich nicht auf terroristische Gewaltakte gegenüber der Zivilbevölkerung beschränkt. Im Rahmen der tatsächlichen Würdigung des Verhaltens der PKK gegenüber der Landbevölkerung im Südosten der Türkei hat das Berufungsgericht das gesamte Geschehen der Auseinandersetzung in den Blick zu nehmen und dabei Feststellungen zu den tatsächlichen Übergriffen und Opfern der PKK aus jener Zeit zu treffen. Dabei wird sich das Berufungsgericht auch mit den entsprechenden Feststellungen anderer Obergerichte auseinanderzusetzen haben (vgl. z.B. VGH München, Urteil vom 21. Oktober 2008 - 11 B 06.30084 - juris Rn. 34 ff.; OVG Schleswig, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 4 LB 5/11 - juris Rn. 45 f.; OVG Bautzen, Urteil vom 22. März 2012 - A 3 A 428/11 - juris Rn. 37). Für die Berücksichtigung von Opfern bei den Sicherheitskräften und diesen nahestehenden Zivilpersonen wird gegebenenfalls auch zu prüfen sein, ob die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und dem türkischen Staat Anfang der 1990er Jahre die Merkmale eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts i.S.d. Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut erfüllten und - sollte dies bejaht werden - PKK-Aktionen (zumindest teilweise) als Verstöße gegen das Völkerrecht i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG zu werten sind.

30

Allerdings rechtfertigt - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - allein der Umstand, dass der Kläger der PKK angehört hat und den von dieser Organisation geführten bewaffneten Kampf aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines der genannten Ausschlussgründe. Zur Ermittlung der individuellen Verantwortung des Klägers bedarf es vielmehr einer genauen Würdigung seiner gesamten Aktivitäten für die PKK sowohl als Kämpfer als auch anschließend als Funktionär bei der Wahrnehmung politischer, logistischer und finanzieller Aufgaben. Dabei ist seine jedenfalls zuletzt offenbar nicht nur untergeordnete Stellung innerhalb der Organisation zu berücksichtigen. Bei der tatsächlichen Würdigung ist dem in der Vorschrift geregelten Beweisniveau Rechnung zu tragen (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 94 ff.). Nur zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der abgesenkte Beweismaßstab des § 3 Abs. 2 AsylVfG sich nur auf die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, nicht aber deren (straf)rechtliche Würdigung z.B. als schwere nichtpolitische Straftat bezieht.

31

Für die Beteiligung an einer schweren nichtpolitischen Straftat richtet sich die Zurechnung grundsätzlich zunächst nach nationalen strafrechtlichen Maßstäben (s.o. Rn. 24); erfasst wird mithin sowohl der Täter als auch der Anstifter. Auch der in sonstiger Weise Beteiligte ist für eine schwere nichtpolitische Straftat verantwortlich, wenn er eine strafrechtlich relevante Beihilfe i.S.d. § 27 StGB begangen hat. Allerdings muss auch im Fall der Beihilfe der Tatbeitrag nach seinem Gewicht dem einer schweren nichtpolitischen Straftat im Sinne dieser Vorschrift entsprechen (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 38 m.w.N.). Das Berufungsgericht wird insoweit u.a. der Rolle des Klägers bei der sog. "Kerker-Konferenz" nachgehen müssen. Sollte es sich bei dieser Veranstaltung - was angesichts der streng hierarchischen Struktur der PKK durchaus in Betracht kommt - um einen reinen "Schauprozess" gehandelt haben, bei dem das "Todesurteil" der Führung bereits zuvor unumstößlich feststand, läge wohl mangels objektiver Förderung oder Erleichterung der Tathandlung eine Strafbarkeit selbst in der Form einer psychischen Beihilfe nicht nahe (vgl. zur psychischen Beihilfe: BGH, Urteil vom 7. Februar 2008 - 5 StR 242/07 - NJW 2008, 1460 <1461>).

32

Bei dem Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. Von diesem Ausschlussgrund können auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zugunsten terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich wird allerdings - um der Funktion dieses Ausschlussgrundes gerecht zu werden - in jedem Fall zu prüfen sein, ob der individuelle Beitrag des Betroffenen ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylVfG entspricht (Urteil vom 7. Juli 2011 a.a.O. Rn. 28 und 39 m.w.N.).

33

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Kläger keinen Ausschlussgrund verwirklicht hat, wird es schließlich prüfen müssen, ob § 27 AsylVfG seiner Asylanerkennung entgegensteht, weil er auch nach Loslösung von der PKK im Irak vor politischer Verfolgung sicher war.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Anerkennung als Flüchtling und Asylberechtigter.

2

Der 1963 geborene Kläger ist ruandischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hutu an. 1983 legte er in Ruanda das Abitur ab, arbeitete dort anschließend als Lehrer und studierte dann von 1987 bis 1989 in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo). Im März 1989 reiste er zum Studium in die Bundesrepublik Deutschland ein. 1995 schloss er hier sein Studium der Volkswirtschaftslehre ab, im Dezember 2000 wurde ihm der Doktortitel verliehen. Seit dem Bürgerkrieg in Ruanda im Jahr 1994 engagierte sich der Kläger in Deutschland - überwiegend in leitender Funktion - in ruandischen Exilorganisationen. Mit Bescheid vom 17. März 2000 wurde er wegen der Gefahr der politischen Verfolgung, die ihm aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten drohte, als Asylberechtigter anerkannt und festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich Ruandas vorliegen. Mitte 2001 wurde der Kläger Präsident der Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (nachfolgend: FDLR), einer 1999 gegründeten Hutu-Exilorganisation, die im Osten der DR Kongo über bewaffnete Kampfgruppen verfügt.

3

Am 1. November 2005 nahm der Sanktionsausschuss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen - gestützt auf die Sicherheitsrats-Resolution 1596 (2005) vom 18. April 2005 - den Kläger in die Liste von Personen und Einrichtungen auf, gegen die Restriktionen wegen des Waffenembargos für das Gebiet der DR Kongo verhängt wurden. Daraufhin widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 22. Februar 2006 die Asylanerkennung und die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen.

4

Der Widerruf wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Kläger Präsident der FDLR sei und daher aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt sei, dass er Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie Handlungen begangen habe, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderliefen. Die FDLR sei für regelmäßige Übergriffe - wie Überfälle, Vergewaltigungen und Entführungen - auf Dorfbewohner in der ostkongolesischen Provinz Südkivu verantwortlich. Sie verfüge im Osten der DR Kongo schätzungsweise über 10 000 bis 15 000 Kämpfer und begehe seit Jahren systematisch Verbrechen an der kongolesischen Zivilbevölkerung. Es handele sich dabei um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998. Der Kläger sei hierfür als Vorgesetzter verantwortlich. Durch die Verletzungen des durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 28. Juli 2003 verhängten Waffenembargos begehe die FDLR zudem Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderliefen. Der Sanktionsausschuss des Sicherheitsrats habe deshalb den Kläger auf die Liste der mit Sanktionen zu belegenden Personen gesetzt, von denen er überzeugt sei, dass sie gegen das Waffenembargo verstießen.

5

Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 13. Dezember 2006 den Widerrufsbescheid auf. Die Entscheidung beruhte im Wesentlichen auf der Erwägung, das Bundesamt habe das Vorliegen der Voraussetzungen von Ausschlussgründen nicht hinreichend darlegen und belegen können. Die in das Verfahren eingeführten Auskünfte seien eher vage und nicht hinreichend verlässlich. Das gelte umso mehr für die Verantwortlichkeit des Klägers.

6

Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens ist der Kläger aufgrund Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. November 2009 unter anderem wegen Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit und auf Kriegsverbrechen gemäß §§ 4, 7 Abs. 1 Nr. 1 und 6, § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 und 9, § 11 Abs. 1 Nr. 4 Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) in Untersuchungshaft genommen worden. Der Ermittlungsrichter des BGH hat am 17. Juni 2010 die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet (Beschluss vom 17. Juni 2010 - AK 3/10, JZ 2010, 960). Im Dezember 2010 hat der Generalbundesanwalt beim BGH Anklage gegen den Kläger und gegen den Vizepräsidenten der FDLR unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen erhoben; das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 1. März 2011 die Anklage zugelassen.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Urteil vom 11. Januar 2010 das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Er teilt die Auffassung des Bundesamts, dass der Kläger als Präsident der FDLR die Ausschlusstatbestände des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 AsylVfG verwirklicht habe und damit die Voraussetzungen für den Widerruf seiner Flüchtlingseigenschaft nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfüllt seien. Dem Widerruf stehe nicht entgegen, dass die Handlungen, die zum Ausschluss führten, zeitlich nach der Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes lägen. Für den Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter gelte im Ergebnis nichts anderes.

8

Der Kläger habe die Ausschlusstatbestände des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 AsylVfG zumindest als "in sonstiger Weise" Beteiligter nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG verwirklicht. Er sei Präsident der FDLR und allein dadurch als maßgeblicher Unterstützer für ihre Aktivitäten mitverantwortlich. Sein maßgeblicher Einfluss auf die Organisation und die grundsätzliche Billigung ihrer Kampfeinsätze sei von ihm selbst nie in Abrede gestellt worden und werde unter anderem durch Aussagen ehemaliger FDLR-Kämpfer bestätigt. Auch der Ermittlungsrichter des BGH komme, gestützt auf Zeugenaussagen und Telekommunikationsüberwachung, zu dem Ergebnis, dass der Kläger innerhalb der FDLR unumschränkte Befehls- und Verfügungsgewalt habe. Damit könnten die Ausschlussgründe, die von der Organisation als solche verwirklicht worden seien und nach ihrer Struktur von ihr verantwortet werden müssten, auch dem Kläger persönlich zugerechnet werden. Es sei aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass Aktionen der FDLR Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylVfG erfüllten. Das Auswärtige Amt berichte seit Jahren über Ausplünderungen der Bevölkerung, Niederbrennen von Dörfern, Erschießungen von Frauen und Kindern, Massenvergewaltigungen und Verstümmelungen als Kriegswaffe sowie die Rekrutierung von Kindersoldaten (auch) durch die FDLR. Das Gericht sei davon überzeugt, dass die berichteten Gewalttaten mindestens zu einem großen Teil auch tatsächlich der FDLR zur Last fielen und dass die Übergriffe auf die Zivilbevölkerung von der FDLR systematisch als Mittel der Kriegsführung eingesetzt würden. Die aufgeführten Taten der FDLR stellten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 dar.

9

Der Ausschlusstatbestand der Zuwiderhandlung gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG) sei ebenfalls erfüllt. Er ergebe sich aus den festgestellten systematischen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die FDLR gehöre zu den staatsähnlichen Gebilden und der Kläger persönlich zu den Trägern von Machtpositionen, die in der Lage seien, Zuwiderhandlungen gegen Ziele der Vereinten Nationen zu begehen.

10

Der Kläger begründet seine gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision im Wesentlichen wie folgt: Die Anerkennung als Asylberechtigter und Flüchtling dürfe nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nur widerrufen werden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennungsentscheidung nicht mehr vorlägen. Die nachträgliche Verwirklichung von Ausschlusstatbeständen rechtfertige einen Widerruf hingegen nicht. Auch die Genfer Flüchtlingskonvention gehe davon aus, dass die Ausschlusstatbestände des Art. 1 F bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufnahme als Flüchtling vorgelegen haben müssten. Statusbeendende Maßnahmen dürften nur unter den Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 2 GFK erfolgen. Ein Widerruf der Asylberechtigung wegen nachträglicher Verwirklichung von Ausschlusstatbeständen verstoße gegen Art. 16a GG. Wenn man eine immanente Schranke der Asylgewährung in den Rechten der Allgemeinheit sehe, sei darunter die deutsche Allgemeinheit zu verstehen, die im vorliegenden Fall aber nicht betroffen sei. Weiterhin werde seine persönliche Verantwortlichkeit durch Anstiftung und Organisationsherrschaft nur behauptet. Es sei nicht festgestellt worden, welchen Tatbeitrag er geleistet habe. Im Übrigen sei sein Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt worden, dass sein mit Schriftsatz vom 4. Januar 2010 hilfsweise gestellter Antrag abgelehnt worden sei, das Verfahren auszusetzen, bis vorläufige Ergebnisse der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft im Kongo vorlägen. Erst im Zeitraum von ca. 2 Monaten vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs seien Berichte veröffentlicht worden, die überhaupt eine Basis für die getroffene Entscheidung darstellen könnten. Durch die Ablehnung einer Aussetzung sei sein Recht vereitelt worden, Beweise gegen den durch die Berichte vermittelten Eindruck über die Verwicklungen der FDLR und seine Beteiligung zu sammeln.

11

Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt im Wesentlichen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs. Bei der erhobenen Verfahrensrüge müsse sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass er nicht die ihm zu Gebote stehenden und sachgerechten Mittel gewählt habe, etwa anstelle eines Aussetzungsantrags konkrete Beweisanträge zu stellen. Die dem Kläger im Kern zur Last gelegten Vorwürfe seien auch nicht erst kurzfristig vor der Berufungsverhandlung entstanden, sondern seien bereits Grundlage des Widerrufsbescheids gewesen.

12

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren und schließt sich im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten an.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die von ihm erhobene Verfahrensrüge ist unzulässig (1.). Die Rüge der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) bleibt ohne Erfolg. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Rechtsstellung des Klägers als Flüchtling (2.a) und als Asylberechtigter (2.b) zu Recht widerrufen wurde, steht mit Bundesrecht in Einklang.

14

1. Die vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung der Grundsätze eines fairen Verfahrens (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) durch die Verweigerung einer Aussetzung des Verfahrens ist unzulässig.

15

Soweit sie sich gegen die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO wendet, ergibt sich die Unzulässigkeit der Verfahrensrüge daraus, dass ein Verstoß gegen § 94 VwGO als solcher im Revisionsverfahren nicht als Verfahrensmangel rügefähig ist. Eine Aussetzungsentscheidung nach § 94 VwGO ist unanfechtbar, wenn sie im Beschlussweg ergeht (§ 152 Abs. 1 VwGO). Die Revision kann in diesen Fällen nicht auf eine fehlerhafte Ablehnung einer Aussetzung gestützt werden. Dies folgt aus § 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 1997 - BVerwG 8 B 255.97 - NJW 1998, 2301; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Juli 2009, § 94 Rn. 42; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 52). Nichts anderes kann dann gelten, wenn - wie hier - über die hilfsweise begehrte Aussetzung im Urteil entschieden und diese verweigert wird (Beschluss vom 15. April 1983 - BVerwG 1 B 133.82 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 4).

16

Der Kläger legt auch nicht dar, dass die Verweigerung der Aussetzung des Verfahrens zu einem Folgemangel geführt hat, der dem Berufungsurteil weiter anhaftet (vgl. hierzu Urteil vom 17. Februar 1972 - BVerwG 8 C 84.70 - BVerwGE 39, 319 <324>). Zwar rügt die Revision eine Verletzung des fairen Verfahrens dadurch, dass dem Kläger durch die verweigerte Aussetzung des Verfahrens die Möglichkeit genommen worden sei, Beweise "gegen die durch die Berichte entstandenen Eindrücke über die Verwicklungen der FDLR und seiner Beteiligung zu sammeln". Damit wird der Sache nach eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO) geltend gemacht. Insoweit fehlt es aber an einer den gesetzlichen Vorgaben aus § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Darlegung eines Verfahrensmangels, einschließlich der Angabe der Tatsachen, die diesen Mangel ergeben. Denn der Kläger gibt nicht an, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein soll, zu den die FDLR belastenden, von ihm nicht näher bezeichneten "Berichten" Stellung zu nehmen, die "im Zeitraum von ca. 2 Monaten vor der Entscheidung" veröffentlicht worden seien. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um zu begründen, weshalb mit der Berufungsentscheidung am 11. Januar 2010 gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs oder des fairen Verfahrens verstoßen worden sein soll. Es hätte dem Kläger oblegen, darzutun, welche der Vorwürfe aus welchen "Berichten" er für unzutreffend erachtet und weshalb es ihm noch nicht möglich gewesen ist, seine Sicht der Dinge darzulegen und unter Beweis zu stellen. Im Übrigen stützt sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur auf Berichte des Auswärtigen Amtes, einer vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eingesetzten Expertengruppe und von Nichtregierungsorganisationen wie Human Rights Watch, sondern auch auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs (BGH), der dem Kläger - wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Bevollmächtigten des Klägers eingeräumt - bei seiner Inhaftierung Mitte November 2009 bekannt gegeben worden war. Der geltend gemachte Verfahrensverstoß ist des Weiteren auch deshalb nicht dargelegt, weil der Kläger in der Revisionsbegründung nicht angibt, was er im Einzelnen noch vorgetragen und gegebenenfalls unter Beweis gestellt hätte, wenn ihm hinreichend Zeit zur Erwiderung eingeräumt worden wäre (vgl. Beschluss vom 13. Juni 2007 - BVerwG 10 B 61.07 - juris Rn. 5).

17

2. Die Rüge der Verletzung von Bundesrecht ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden, dass der Widerruf der Anerkennung des Klägers als Flüchtling und Asylberechtigter zu Recht erfolgte. Er entspricht den maßgeblichen Anforderungen des § 73 AsylVfG. Dabei ist hinsichtlich der formellen Voraussetzungen auf die zum Zeitpunkt seines Erlasses geltende Fassung des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetzes abzustellen. Hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen ist die Vorschrift in der seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - am 28. August 2007 geltenden Fassung (Bekanntmachung der Neufassung des Asylverfahrensgesetzes vom 2. September 2008, BGBl I S. 1798) anzuwenden.

18

Die formellen Widerrufsvoraussetzungen des § 73 AsylVfG liegen vor. Die Revision hat insoweit auch keine Einwände erhoben.

19

a) Zutreffend ist der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die materiellen Voraussetzungen für den Widerruf der Flüchtlingseigenschaft erfüllt sind. Gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen.

20

aa) Entgegen der Auffassung der Revision erfasst die Vorschrift nicht nur das nachträgliche Entfallen verfolgungsbegründender Umstände, das in Satz 2 der Vorschrift als Beispielfall ("insbesondere") angeführt wird, sondern auch die nachträgliche Verwirklichung von Ausschlussgründen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG.

21

(1) Dafür spricht schon der Wortlaut des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, der ohne sachliche Einschränkung die Verpflichtung zum Widerruf begründet, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung "nicht mehr" vorliegen. Das ist auch bei nachträglicher Verwirklichung von Ausschlussgründen der Fall. Dass diese Fallgestaltung von der Regelung mit erfasst werden soll, ergibt sich zudem aus § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG. Danach ist ein Widerruf auch nach Ablauf von 3 Jahren nach Unanfechtbarkeit der Anerkennungsentscheidung möglich, steht dann aber im Ermessen des Bundesamts, es sei denn der Widerruf erfolgt, weil die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen. Im letzten Fall bleibt es bei der Verpflichtung zum Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Die Regelung geht also davon aus, dass auch die Verwirklichung von Ausschlusstatbeständen zu den Gründen zählt, deren nachträgliches Eintreten zur Folge hat, dass die Anerkennungsvoraussetzungen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG "nicht mehr" vorliegen. Das Ergebnis wird bestätigt durch die Begründung der Bundesregierung zu § 73 Abs. 1 AsylVfG in der Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes (BTDrucks 16/5065 S. 219). Danach sind die Voraussetzungen für den Widerruf "auch dann gegeben, wenn nachträglich Ausschlussgründe eintreten". Ausgenommen ist hiervon nur der Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG, dessen Tatbestand eine vor der Aufnahme als Flüchtling begangene schwere nichtpolitische Straftat voraussetzt.

22

(2) Dem steht die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht entgegen. Diese regelt in Art. 1 F GFK nur die materiellen Voraussetzungen für den Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft, nicht aber das Verfahren der Zu- und Aberkennung. Den Ausschlusstatbeständen liegt maßgeblich das Konzept der Asylunwürdigkeit zugrunde (vgl. Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - BVerwGE 135, 252 Rn. 24 ff.). Die Notwendigkeit des Ausschlusses asylunwürdiger Personen hängt aber nicht davon ab, zu welchem Zeitpunkt sie die materiellen Ausschlussgründe nach Art. 1 F GFK verwirklichen. Etwas anderes gilt nur für den Ausschlussgrund des Art. 1 F Buchst. b GFK, der sich - anders als die hier maßgeblichen Ausschlusstatbestände des Art. 1 F Buchst. a und c GFK - auf nichtpolitische Straftaten beschränkt, die vor Aufnahme als Flüchtling begangen wurden (ebenso wie § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG). Auch der Hohe Flüchtlingskommissar hält eine Aufhebung der Flüchtlingsanerkennung für gerechtfertigt, wenn Ausschlussgründe erst nach der Anerkennungsentscheidung verwirklicht werden. So führt er in Ziffer 4 der UNHCR-Richtlinie zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft vom 10. Februar 2003 (HCR/GIP/03/03) aus: "Ein Widerruf kann ausgesprochen werden, wenn ein Flüchtling im Nachhinein durch sein Verhalten den Tatbestand des Artikels 1 F (a) oder 1 F (c) erfüllt." Gegenteiliges kann nicht aus der Formulierung der Ausschlusstatbestände in der Vergangenheit geschlossen werden ("begangen haben", "zuschulden kommen ließen"), denn daraus ergibt sich nur, dass ein entsprechendes Verhalten vorgelegen haben muss, bevor der Ausschlusstatbestand greift (anders aber Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: Juni 2010, § 2 Rn. 33). Nicht gefolgt werden kann auch der Auffassung von Marx (InfAuslR 2005, 218 <225 f.>), auf die die Revision sich beruft. Er begründet seine Meinung, die nationale Regelung über die Ausschlussgründe könne völkerrechtlich unbedenklich nur die Statusentscheidung sperren, nicht aber einen nachträglichen Widerruf rechtfertigen, unter Bezugnahme auf die Background Note des UNHCR zu den Ausschlussgründen aus dem Jahr 2003 (a.a.O. S. 226 Fn. 52). Marx zitiert aber nur die Passage, die sich mit einer Aufhebung der Flüchtlingsanerkennung ex tunc befasst, während der UNHCR im darauf folgenden Abschnitt der genannten Background Note (a.a.O. Rn. 17) den Widerruf ex nunc wegen nachträglicher Verwirklichung von Ausschlusstatbeständen nach Art. 1 F Buchst. a und c GFK für gerechtfertigt hält, wenn die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, und als Beispiel die Beteiligung des Flüchtlings an bewaffneten Aktionen im Aufnahmeland nennt.

23

(3) Für eine solche Auslegung des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG spricht auch Art. 14 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/83/EG, der bei Erfüllung eines Ausschlusstatbestandes die Verpflichtung zur Beendigung, Aberkennung oder Nichtverlängerung der Flüchtlingseigenschaft unabhängig davon begründet, wann die Ausschlussgründe entstanden sind ("hätte ausgeschlossen werden müssen oder ausgeschlossen ist"). § 73 AsylVfG i.d.F. des Richtlinienumsetzungsgesetzes von 2007 dient der Umsetzung auch dieser EU-Vorschrift und ist daher in Übereinstimmung mit ihr auszulegen (so im Ergebnis auch Hailbronner, AuslR, Stand: Aug. 2008, § 73 AsylVfG Rn. 50; Wolff, in: HK-AuslR, § 73 AsylVfG Rn. 23).

24

(4) Der Kläger genießt entgegen der Ansicht der Revision keinen Vertrauensschutz dahin, dass seine Anerkennung als Flüchtling vom März 2000 nicht nachträglich den Einschränkungen unterworfen wird, die sich aus der Einführung der Ausschlussgründe in bundesdeutsches Recht mit Wirkung zum 1. Januar 2002 durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 (BGBl I S. 361) ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Erfüllung von Ausschlussgründen durch den Kläger aus Tatsachen abgeleitet, die im Schwerpunkt im Zeitraum von 2005 bis 2009 verwirklicht wurden. Aus der Zeit vor 2005 ist insoweit nur die Übernahme des Amtes des Präsidenten der FDLR durch den Kläger Mitte 2001 von Bedeutung. Es kann offenbleiben, ob ein Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft sich nicht auch auf Handeln beziehen darf, das vor der Normierung der Ausschlussgründe im nationalen Recht verwirklicht wurde. Denn hier beruht der Widerruf der Flüchtlingseigenschaft ausschließlich auf dem Kläger zugerechneten Verbrechen der FDLR, die nach Einführung der Ausschlussgründe begangen wurden. Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen. Im Übrigen fordert auch Unionsrecht die Anwendung der Ausschlussgründe auf vor Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG ausgesprochene Anerkennungen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) weist in diesem Zusammenhang auf den zwingenden Charakter des Art. 14 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie hin, der bei Vorliegen von Ausschlussgründen eine Aberkennung oder Beendigung der Flüchtlingseigenschaft auch für schon vorher eingeleitete und abgeschlossene Verfahren verlangt (EuGH, Urteil vom 9. November 2010 - Rs. C-57/09, (B) und Rs. C-101/09, (D) - NVwZ 2011, 285 Rn. 74).

25

bb) Das Berufungsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG verwirklicht hat. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG ist ein Ausländer unter anderem dann kein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen.

26

(1) Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Beurteilung, dass der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG erfüllt ist, den zutreffenden Beweismaßstab zugrunde gelegt. Er ist zu der Überzeugung gelangt, dass durch Handlungen der FDLR Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG begangen wurden und diese dem Kläger als Präsidenten der FDLR zuzurechnen sind. Für diese Überzeugungsbildung reicht es aus, dass die Annahme der Begehung entsprechender Verbrechen aus schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt ist. Ein Beweisstandard, wie er etwa im Strafrecht verlangt wird, ist hierfür nicht erforderlich. Vielmehr ergibt sich aus der Qualifizierung als "schwerwiegend", dass die Anhaltspunkte für die Begehung der in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG genannten Verbrechen von erheblichem Gewicht sein müssen. Schwerwiegend sind die Gründe in der Regel dann, wenn klare und glaubhafte Indizien für die Begehung derartiger Verbrechen vorliegen (vgl. hierzu die Empfehlung <2005> 6 des Ministerrats des Europarats vom 23. März 2005 zum Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 1 F Buchst. b GFK; ähnlich Hailbronner, AuslR, Stand: Dez. 2007, § 3 AsylVfG Rn. 8). Von diesem Beweismaßstab ist das Berufungsgericht ausgegangen (UA Rn. 29).

27

(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, welche zum Ausschluss nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 AsylVfG führenden Handlungen die FDLR im Einzelnen nach der Überzeugung des Gerichts begangen hat. Dazu zählt die Ausplünderung der Bevölkerung, das Niederbrennen von Dörfern, Erschießungen von Frauen und Kindern, Entführungen, Massenvergewaltigungen und Verstümmelungen als Mittel der Kriegsführung sowie die Rekrutierung von Kindersoldaten. Das Berufungsgericht entwickelt seine Überzeugung nicht nur aufgrund einer zusammenfassenden Würdigung von Lageberichten des Auswärtigen Amtes, sondern bezieht sich auch auf konkret aufgelistete Fälle im Bericht einer Expertengruppe der Vereinten Nationen vom 23. November 2009, im Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH vom 16. November 2009, in den Berichten von Human Rights Watch vom April und Dezember 2009 und in der Informationsschrift des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom Mai 2009. Die Beweiswürdigung beruht auf einer hinreichend breiten Tatsachengrundlage.

28

Der Verwaltungsgerichtshof wertet diese Taten zutreffend als Kriegsverbrechen im Sinne von Art. 8 und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von Art. 7 Buchst. a und g des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (BGBl 2000 II S. 1394, nachfolgend: IStGH-Statut). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 24. November 2009 - BVerwG 10 C 24.08 - (a.a.O. Rn. 31) entschieden, dass sich die Frage, ob Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG vorliegen, gegenwärtig in erster Linie nach den im IStGH-Statut ausgeformten Tatbeständen dieser Delikte bestimmt. Denn darin manifestiert sich der aktuelle Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht. Dabei durfte der Verwaltungsgerichtshof offenlassen, ob es sich bei den Kämpfen im Ostkongo um einen internationalen oder einen nichtinternationalen bewaffneten Konflikt handelt, weil die festgestellten Morde, Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Plünderungen und Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten in beiden Fällen als Kriegsverbrechen im Sinne von Art. 8 IStGH-Statut anzusehen sind (Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. I, Buchst. b Ziff. I, II, X, XVI, XXII, Buchst. c Ziff. I, Buchst. e Ziff. I, V, VI, VII und XI IStGH-Statut, Art. 2 und 3 des Genfer Abkommens zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949, BGBl 1954 II, S. 917). Die Morde und Vergewaltigungen im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung stellen gleichzeitig Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von Art. 7 Buchst. a und g IStGH-Statut dar (vgl. auch Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH vom 16. November 2009 S. 16 ff.).

29

(3) Das Berufungsgericht hat eine Verantwortlichkeit des Klägers für die von der FDLR begangenen Verbrechen zutreffend aus dessen Stellung als Präsident der Organisation und dem damit verbundenen Einfluss auf die Handlungen ihrer Kämpfer abgeleitet. Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen tragen den Schluss, dass der Kläger als Täter der von der FDLR begangenen Verbrechen anzusehen ist und nicht nur - wie im Berufungsurteil angenommen - als ein daran in sonstiger Weise Beteiligter gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG.

30

Die Verantwortlichkeit des Klägers ergibt sich aus Art. 28 Buchst. a IStGH-Statut. Danach ist ein militärischer Befehlshaber unter anderem bereits dann für die von Truppen unter seiner Führungsgewalt und Kontrolle begangenen Verbrechen verantwortlich, wenn er wusste oder hätte wissen müssen, dass in seinem Einflussbereich derartige Verbrechen begangen wurden und er nicht alles in seiner Macht stehende unternommen hat, um ihre Begehung zu verhindern. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass der Kläger Präsident der FDLR ist, maßgeblichen Einfluss auf die Organisation ausübt und innerhalb der FDLR unumschränkte Befehls- und Verfügungsgewalt besitzt. Ergänzend verweist er auf den Haftbefehl des Ermittlungsrichters des BGH vom 16. November 2009, der ebenfalls zu diesem Ergebnis kommt. Danach ist der Kläger als Präsident der FDLR zugleich ihr oberster militärischer Befehlshaber (Haftbefehl S. 6 und 14 ff.) und demzufolge berechtigt, sowohl strategische Einsatzbefehle zu erteilen als auch bestimmte Kampfhandlungen oder Kampfmethoden zu unterbinden (Haftbefehl S. 15). Er habe auch faktisch die Befehlsgewalt ausgeübt. Die dem Kläger nachgeordneten, vor Ort tätigen Kommandanten hätten regelmäßig über Satellitentelefon, E-Mail oder herkömmliche Fernsprechverbindungen den engen Kontakt zum Kläger gesucht, um dessen Anordnungen entgegenzunehmen oder zumindest sein Einverständnis zu bestimmten Militäraktionen einzuholen (Haftbefehl S. 15 und 23 ff.). Ausgehend von diesen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) ergibt sich hieraus die Verantwortlichkeit des Klägers für die von der FDLR begangenen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß Art. 28 Buchst. a IStGH-Statut.

31

Der Kläger handelte nach den Feststellungen im Berufungsurteil auch vorsätzlich. Für die subjektive Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 28 Buchst. a IStGH-Statut reicht zwar Fahrlässigkeit. Der Verwaltungsgerichtshof verweist hinsichtlich der subjektiven Verantwortlichkeit aber auf den Haftbefehl vom 16. November 2009, in dem der Ermittlungsrichter zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger vorsätzlich gehandelt hat. Dies wird damit begründet, dass er aufgrund der zahlreichen Berichte wie auch der persönlichen Unterrichtung durch die örtlichen Kommandanten der FDLR Kenntnis von den Straftaten der FDLR-Milizionäre gehabt habe. Er sei sich darüber im Klaren gewesen, dass die von ihm befehligten Milizionäre in ihrem Herrschaftsbereich weiterhin Tötungen, Folterungen, Plünderungen und Vertreibungen begehen würden, solange er dies nicht unterbindet. Mit Recht kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass distanzierende Presseerklärungen für ein entsprechendes Unterbinden der Verbrechen nicht ausreichen. Auch die Verankerung des Verbots derartiger Verbrechen im Statut der FDLR, auf die die Revision sich beruft, reicht nicht aus, wenn der Kläger keine geeigneten Maßnahmen zur Durchsetzung des Verbots ergreift.

32

Zu einer Verantwortlichkeit des Klägers kommt man auch, wenn man die Kriterien des Gerichtshofs der Europäischen Union anlegt, wie er sie in seinem Urteil vom 9. November 2010 für den Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft nach Art. 12 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie 2004/83/EG entwickelt hat (a.a.O. Rn. 95 ff.). Danach kann dem Mitglied einer Organisation ein Teil der Verantwortung für Handlungen, die von der fraglichen Organisation im Zeitraum seiner Mitgliedschaft begangen wurden, zugerechnet werden. Dabei ist insbesondere von Bedeutung, welche Rolle die betreffende Person bei der Verwirklichung der fraglichen Handlungen tatsächlich gespielt hat, welche Position sie innerhalb dieser Organisation gehabt hat und welche Kenntnis sie von deren Handlungen hatte oder haben musste. Hier hatte der Kläger als Präsident und militärischer Oberbefehlshaber eine hervorgehobene Stellung in der Organisation, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit beging. Er wusste von den begangenen Verbrechen und ergriff keine geeigneten Maßnahmen, die Taten zu verhindern.

33

Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Rüge der Revision, der Verwaltungsgerichtshof habe die Verantwortlichkeit des Klägers nur behauptet und nicht festgestellt, welchen Tatbeitrag er geleistet habe. Das Berufungsurteil stellt vielmehr auf die Organisationsherrschaft des Klägers als Präsident und militärischer Oberbefehlshaber ab, wodurch ihm alle Handlungen der von ihm geleiteten Organisation zugerechnet werden, sofern er nicht geeignete Schritte zu ihrer Verhinderung ergriffen hat. Der Verweis auf seine Organisationsherrschaft als Präsident ist mehr als eine lediglich "pauschale Behauptung der Täterschaft". Auch trifft es nicht zu, dass - wie die Revision behauptet - die Auswertungen der Kommunikationsüberwachung (TKÜ) und des Laptops des Klägers keine Rolle spielen dürften, weil diese "selbst am 31. März 2010 weitgehend noch nicht ausgewertet" gewesen seien. Der Haftbefehl stützt sich bei seiner Bewertung, dass der Kläger maßgeblichen Einfluss auf die FDLR ausgeübt habe, auf die Angaben des Klägers selbst, auf zahlreiche Berichte von Nichtregierungsorganisationen, auf die Angaben von drei Zeugen sowie die Erkenntnisse aus der Überwachung der Telekommunikation des Klägers und der Auswertung seines E-Mail-Verkehrs. Diese Unterlagen sind detailreich und präzise.

34

cc) Da die Anerkennung des Klägers als Flüchtling wegen der Verwirklichung des Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG zu widerrufen war, konnte der Senat offenlassen, ob der Kläger - wie vom Berufungsgericht angenommen - auch die Voraussetzungen für den Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG erfüllt. Allerdings spricht viel dafür, dass der Kläger den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.

35

(1) Die für den Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 AsylVfG maßgeblichen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen werden in der Präambel und in den Art. 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen dargelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82). In der Präambel wie in Art. 1 der Charta wird das Ziel formuliert, den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren. Kapitel VII der Charta (Art. 39 bis 51) regelt die zu ergreifenden Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen. Nach Art. 39 der Charta obliegt dem Sicherheitsrat die Feststellung, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass der Sicherheitsrat, indem er Resolutionen aufgrund von Kapitel VII der Charta beschließt, nach Art. 24 der Charta die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist. Das schließt die Befugnis des Sicherheitsrats ein zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt (EuGH, Urteil der Großen Kammer vom 3. September 2008 - Rs. C-402/05 P und Rs. C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat - Slg. 2008 Rn. 294).

36

In der Resolution 1493 (2003) vom 28. Juli 2003 hat der UN-Sicherheitsrat festgestellt, dass der bewaffnete Konflikt in der DR Kongo eine Bedrohung des Weltfriedens darstellt, und sein Handeln ausdrücklich auf Kapitel VII der Charta gestützt (Resolution vor Ziffer 1). Dabei hat er auf das Andauern von Feindseligkeiten im Osten des Landes Bezug genommen und auf die damit einhergehenden schweren Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts. Er verurteilt entschieden die "systematischen Gewalthandlungen gegen Zivilpersonen, einschließlich der Massaker, sowie die anderen Gräueltaten und Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, insbesondere die sexuellen Gewalthandlungen gegen Frauen und Mädchen, und betont, dass die Verantwortlichen, auch auf Führungsebene vor Gericht gestellt werden müssen" (Ziffer 8 der Resolution). Zudem hat der Sicherheitsrat ein Waffenembargo zur Verhinderung der weiteren Einfuhr von Rüstungsgütern und sonstigem Wehrmaterial in die DR Kongo verhängt (Ziffer 20 der Resolution). Damit steht fest, dass die bewaffneten Auseinandersetzungen in der DR Kongo, an denen die FDLR beteiligt ist, eine Störung des Weltfriedens darstellen, ohne dass die nationalen Gerichte insoweit zu einer Überprüfung ermächtigt sind. Aufgrund der Resolution des UN-Sicherheitsrates steht weiter fest, dass die Störung des Weltfriedens jedenfalls auch durch die in der Resolution näher bezeichneten Gräueltaten und Verletzungen des humanitären Völkerrechts wie auch die Einfuhr von Waffen in das Konfliktgebiet erfolgt. Diese Störungshandlungen laufen damit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider.

37

(2) Einer Verwirklichung des Ausschlussgrundes durch den Kläger würde es allerdings entgegenstehen, wenn derartige Zuwiderhandlungen nur von Personen begangen werden könnten, die eine Machtposition in einem Mitgliedstaat der Vereinten Nationen oder zumindest in einer staatsähnlichen Organisation innehaben. Diese Auffassung wird nicht nur vom UNHCR vertreten, sondern entspricht auch der früheren Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Genf, September 1979, Nr. 163; Urteil vom 1. Juli 1975 - BVerwG 1 C 44.68 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 9). Dass der Kläger zu diesem Personenkreis zählt, lässt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nicht entnehmen. Denn für die Annahme des Berufungsgerichts, dass er als Präsident der FDLR einer staatsähnlichen Organisation vorstehe, liegen keine ausreichenden, diesen Schluss rechtfertigenden Tatsachenfeststellungen vor.

38

Aus Sicht des Senats spricht allerdings viel dafür, dass unter bestimmten engen Voraussetzungen auch nichtstaatliche Akteure den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG verwirklichen können. Für Mitglieder terroristischer Organisationen ergibt sich dies aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 9. November 2010 (a.a.O. Rn. 82 ff.). Danach laufen Handlungen des internationalen Terrorismus "unabhängig von der Beteiligung eines Staates" den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider und führen im Falle individueller Verantwortung zum Ausschluss von der Flüchtlingseigenschaft. Dies hat der Gerichtshof unter Bezug auf die Resolution 1373 (2001) vom 28. September 2001 begründet, die in Ziffer 5 ausdrücklich "erklärt, dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen". Für andere Verletzungen des Weltfriedens ist auf der Grundlage der vom UN-Sicherheitsrat verabschiedeten Resolutionen festzustellen, ob und worin er eine Verletzung des Weltfriedens sieht, ob ein privater Akteur maßgeblichen Einfluss darauf hat und ob von ihm eine ähnliche Wirkung auf die Störung des Weltfriedens ausgeht wie von staatlichen Verantwortungsträgern. Diese Auslegung ermöglicht eine sachgerechte Abgrenzung der Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 AsylVfG, denn Nr. 3 erfasst dann auch das Handeln nichtstaatlicher politischer Verantwortungsträger, die möglicherweise nicht strafrechtlich nach Nr. 1 zur Verantwortung gezogen werden können, deren Ausschluss wegen ihres maßgeblichen Einflusses auf die Störung des Weltfriedens etwa als politische Repräsentanten oder Anführer paramilitärischer Verbände oder Milizen aber zur Wahrung der Integrität des Flüchtlingsstatus geboten ist.

39

Auch Gerichte anderer Staaten wenden die Ausschlussklausel des Zuwiderhandelns gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen (Art. 1 F Buchst. c GFK) auf Personen an, die keine staatliche Macht ausüben (vgl. etwa Urteil des britischen Immigration Appeal Tribunal vom 7. Mai 2004, KK

<2004> UKIAT 00101 Rn. 20; Supreme Court of Canada in der Sache Pushpanathan v. Canada <1999> INLR 36), ohne dass insoweit aber eine einheitliche Staatenpraxis besteht. Folgt man der vom Senat hier entwickelten Auslegung, wäre an der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1975 nicht mehr festzuhalten, wonach die Ausschlussbestimmung des Art. 1 F Buchst. c GFK nur Handlungen erfasst, die dem zwischenstaatlichen (internationalen) Frieden und der zwischenstaatlichen Völkerverständigung zuwiderlaufen (vgl. Urteil vom 1. Juli 1975 a.a.O.).

40

Geht man von diesen Kriterien aus, so ergibt sich eine solche Verantwortlichkeit des Klägers nicht schon aus der Tatsache, dass er von den Vereinten Nationen in eine Liste von Personen aufgenommen wurde, gegen die Beschränkungen zur Durchsetzung des Waffenembargos ergriffen werden sollen. Durch die Resolution 1596 (2005) vom 18. April 2005 hat der Sicherheitsrat in Ziffern 13 und 15 ein Einreiseverbot und finanzielle Restriktionen gegen Personen beschlossen, die nach Ziffer 18 Buchst. a der Resolution von einem dafür benannten Ausschuss benannt und in einer zu aktualisierenden Liste erfasst werden. In diese Liste wurde der Kläger am 1. November 2005 aufgenommen, wobei seine Erfassung mit seiner Stellung als Präsident der FDLR und seiner Beteiligung am Waffenhandel in Verletzung des verhängten Embargos begründet wird. Allerdings genügt die Aufnahme in eine derartige Liste allein nicht, um den Ausschlussgrund des Zuwiderhandelns gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen anzunehmen; ihr kommt insoweit (nur) eine erhebliche Indizwirkung zu. Vielmehr bedarf es, wenn der Betreffende - wie hier - die zugrundeliegenden tatsächlichen Umstände bestreitet, entsprechender Feststellungen durch die nationalen Behörden bzw. Gerichte. Diese Prüfung hat sich auch auf die individuelle Verantwortung des Klägers in Bezug auf das Zuwiderhandeln gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen durch Verletzung des Waffenembargos zu beziehen (vgl. Urteil des EuGH vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 82 ff.). Eine solche individuelle Prüfung hat das Berufungsgericht hier nicht vorgenommen.

41

Für eine Verantwortlichkeit des Klägers im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG spricht indes folgender Umstand: Aus der Resolution 1493 (2003) des UN-Sicherheitsrats ergibt sich, dass eine Störung des Weltfriedens vorliegt und dass sie von den bewaffneten Auseinandersetzungen im Osten der DR Kongo ausgeht, an denen nicht nur staatliche Armeeeinheiten sondern auch nichtstaatliche Milizen wie die FDLR beteiligt sind, sowie von den systematischen Gewalthandlungen gegen Zivilpersonen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts, zu deren Verhinderung der Sicherheitsrat "alle Parteien, einschließlich der Regierung der Demokratischen Republik Kongo" auffordert (Ziffer 8 der Resolution). Das spricht dafür, dass hier auch nichtstaatlichen Akteuren ein maßgeblicher Einfluss auf die Störung des Weltfriedens zugeschrieben wird. Nimmt man die Feststellungen des Berufungsgerichts hinzu, dass die FDLR seit Jahren an dem bewaffneten Konflikt beteiligt ist, ein Territorium im Osten der DR Kongo besetzt hält und systematisch Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung verübt, so dürfte sie als eine nichtstaatliche Organisation anzusehen sein, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderhandelt. Dabei kommt es nicht - wie der Verwaltungsgerichtshof meint - darauf an, ob die FDLR ein staatsähnliches Gebilde ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die von ihr und ihren Anführern ausgehenden Wirkungen auf die Störungen des Weltfriedens den von staatlichen Machthabern ausgehenden Wirkungen vergleichbar sind. Für das den Weltfrieden störende Handeln der FDLR trägt der Kläger als deren Präsident, der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblichen Einfluss auf das Verhalten seiner Kämpfer hat, die persönliche Verantwortung (vgl. Urteil des EuGH vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 97 f.).

42

Auch wenn nach Auffassung des Senats viel dafür spricht, dass der Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG in besonderen Fällen auch von nichtstaatlichen Akteuren wie dem Kläger verwirklicht werden kann, bedurfte es hier keiner abschließenden Entscheidung dieser Frage, da der Kläger schon nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG von der Flüchtlingsstellung ausgeschlossen ist.

43

b) Mit Recht ist der Verwaltungsgerichtshof ferner davon ausgegangen, dass auch die materiellen Voraussetzungen für den Widerruf der Asylberechtigung des Klägers erfüllt sind. Denn der Widerruf der Asylberechtigung ist geboten, wenn Ausschlussgründe nach der Anerkennungsentscheidung verwirklicht werden. Das folgt aus nationalem Recht wie aus Unionsrecht.

44

aa) Die Voraussetzungen für den Widerruf einer Asylanerkennung ergeben sich im nationalen Recht aus § 73 Abs. 1 AsylVfG. Die Vorschrift bezieht sich ausdrücklich auf den Widerruf der Flüchtlingseigenschaft und der Asylberechtigung. Danach ist die Anerkennung als Asylberechtigter zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen (§ 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Wie schon für den Widerruf der Flüchtlingseigenschaft ausgeführt, erfasst die Vorschrift nicht nur das nachträgliche Entfallen verfolgungsbegründender Umstände, sondern auch die nachträgliche Verwirklichung von Ausschlussgründen nach § 3 Abs. 2 AsylVfG (vgl. oben Rn. 20 ff.). Weiter ergibt sich aus § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass sich die Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylVfG auch auf die Asylanerkennung erstrecken und demnach auch einen Widerruf der Asylanerkennung rechtfertigen. Der Begriff "Widerruf oder Rücknahme" in dieser Vorschrift bezieht sich ersichtlich auf beide Anerkennungsformen. Außerdem spricht für dieses Verständnis der gesetzlichen Regelung auch § 30 Abs. 4 AsylVfG, wonach ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder des § 3 Abs. 2 AsylVfG vorliegen. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Richtlinienumsetzungsgesetz ergibt sich, dass durch die in § 30 Abs. 4 AsylVfG getroffene Regelung eine mögliche Kollision zwischen der Flüchtlingsanerkennung und der Asylberechtigung vermieden werden soll, indem die Ausschlussklauseln gleichermaßen bei der Flüchtlingsanerkennung wie auch bei der Anerkennung als Asylberechtigter anzuwenden sind (BTDrucks 16/5065 S. 214).

45

Ob diese einfachgesetzliche Regelung in vollem Umfang mit Art. 16a GG vereinbar ist oder ob die Grenzen des grundrechtlichen Asylanspruchs nach der hierzu bisher vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anders zu bestimmen sind als nach der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. hierzu Beschluss vom 14. Oktober 2008 - BVerwG 10 C 48.07 - BVerwGE 132, 79 Rn. 36 ff.), kann hier dahinstehen. Denn jedenfalls wird der Fall des Klägers nicht vom Schutzbereich des verfassungsrechtlich garantierten Asyls erfasst, so dass der Widerruf seiner Asylberechtigung nicht gegen Art. 16a GG verstößt.

46

Der Schutzbereich des Art. 16a GG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch einen "Terrorismusvorbehalt" begrenzt. Danach liegt es außerhalb des Asylrechts, wenn für terroristische Aktivitäten nur ein neuer Kampfplatz gesucht wird, um sie dort fortzusetzen oder zu unterstützen (BVerfG, Beschluss vom 20. Dezember 1989 - 2 BvR 958/86 - BVerfGE 81, 142 <152 f.>). Demgemäß kann Asyl nicht beanspruchen, wer im Heimatland unternommene terroristische Aktivitäten oder deren Unterstützung von der Bundesrepublik Deutschland aus in den hier möglichen Formen fortzuführen trachtet. Er sucht nicht den Schutz und Frieden, den das Asylrecht gewähren will. Diese normative Begrenzung des Schutzbereichs gilt unabhängig von einer etwaigen Verfolgung wegen terroristischer Aktivitäten im Heimatstaat. Sie gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch für diejenigen, die erstmals von Deutschland aus im Rahmen exilpolitischer Aktivitäten den politischen Kampf mit terroristischen Mitteln aufnehmen (Urteil vom 30. März 1999 - BVerwG 9 C 23.98 - BVerwGE 109, 12 <16 ff.>; die gegen dieses Urteil gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 2 BvR 1280/99 - InfAuslR 2001, 89).

47

Lagen den von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen nur Sachverhalte zugrunde, in denen es um terroristische Aktivitäten von Asylsuchenden ging, so bedeutet dies keineswegs, dass sich die normative Begrenzung des Schutzbereichs von Art. 16a GG auf eine Betätigung im Bereich des Terrorismus beschränkt. Denn Grund für die normative Begrenzung ist, dass eine derartige Betätigung von der Bundesrepublik Deutschland in Übereinstimmung mit der von ihr mitgetragenen Völkerrechtsordnung grundsätzlich missbilligt wird (vgl. Urteil vom 30. März 1999 a.a.O. Rn. 17). Die Begehung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit stellt einen vergleichbar schweren Verstoß gegen die von der Bundesrepublik Deutschland mitgetragene Völkerrechtsordnung dar wie Akte des Terrorismus. Derartige Handlungen gehören nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zu den schwersten Verbrechen, die "die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren" (Art. 5 IStGH-Statut). Dieses Statut wurde von der Diplomatischen Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen am 17. Juli 1998 verabschiedet und mittlerweile von 139 Staaten unterzeichnet. In dem Statut wird das Völkerstrafrecht unter Berücksichtigung der gemeinsamen Überzeugungen der Völkerrechtsgemeinschaft kodifiziert (vgl. Denkschrift der Bundesregierung zum Ratifikationsgesetz, BRDrucks 716/1999 S. 99). Ausländer, die nach Aufnahme in Deutschland Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen begehen oder sich an ihnen beteiligen, begehen einen schweren Verstoß gegen die Völkerrechtsordnung und suchen nicht den Schutz und Frieden, den das Asylrecht gewähren will. Sie können asylrechtlichen Schutz nach Art. 16a GG nicht beanspruchen.

48

Für eine derartige Begrenzung des Schutzbereichs von Art. 16a GG spricht im Übrigen auch Art. 26 GG, wonach Handlungen verfassungswidrig sind, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören (vgl. Hobe, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 26 Rn. 11; I. Pernice, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 26 Rn. 18). Durch Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG wird unmittelbar durch die Verfassung ein Verhalten verboten, das auf die Herbeiführung oder Förderung völkerrechtswidriger Zustände unter Gefährdung des Weltfriedens oder der internationalen Sicherheit im Sinne von Art. 39 UN-Charta zielt (vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: März 2006, Art. 26 Rn. 13). Auch die Begehung von oder die Beihilfe zu völkerrechtlichen Verbrechen - wie sie etwa in Art. 5 ff. und Art. 28 IStGH-Statut normiert sind - sind geeignet, den Völkerfrieden zu stören, und werden daher vom Störungsverbot des Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst (so I. Pernice, in: Dreier, GG, Bd. 2, 2. Aufl. 2006, Art. 26 Rn. 15 und 17). So verstanden könnte auch Art. 26 Abs. 1 GG eine verfassungsimmanente Schranke der Asylverheißung des Art. 16a GG begründen.

49

Wie bereits im Rahmen des Widerrufs der Flüchtlingseigenschaft ausgeführt, ist aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt, dass die vom Kläger geleitete FDLR Kriegsverbrechen im Sinne von Art. 8 IStGH-Statut und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne von Art. 7 Buchst. a und g IStGH-Statut begangen hat und der Kläger hierfür nach Art. 28 Buchst. a IStGH-Statut als Täter verantwortlich ist. Die hier noch erforderliche aktuelle Gefahr (oder auch Wiederholungsgefahr - vgl. hierzu Urteil vom 30. März 1999 a.a.O. Rn. 22 unter Hinweis auf Urteil vom 10. Januar 1995 - BVerwG 9 C 276.94 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 175, juris Rn. 23) ist im Fall des Klägers aufgrund der Feststellungen des Berufungsgerichts gegeben, da er weiterhin Präsident der FDLR ist und diese - wie im Haftbefehl ausgeführt - auch während des Berufungsverfahrens ihre einschlägigen Aktivitäten fortgesetzt hat. Damit ist der Kläger auch nach Verfassungsrecht von der Anerkennung als Asylberechtigter ausgeschlossen.

50

bb) Unabhängig davon ist der Widerruf der Asylberechtigung bei der Verwirklichung von Ausschlussgründen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 AsylVfG auch nach Unionsrecht geboten.

51

Die in § 3 Abs. 2 AsylVfG normierten Ausschlussgründe setzen die für die Flüchtlingseigenschaft getroffenen Vorgaben in Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG um. Nach Art. 14 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie gilt die Verpflichtung zur Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft im Fall der nachträglichen Feststellung von Ausschlussgründen im Sinne von Art. 12 der Richtlinie auch für Personen, die - wie der Kläger - ihren Antrag auf Gewährung von Flüchtlingsschutz bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie gestellt haben. Sie ist auch für die nach nationalem Recht gewährte Asylberechtigung zu beachten. Denn Art. 3 der Richtlinie gestattet den Mitgliedstaaten günstigere Regelungen zur Frage, wer als Flüchtling gilt, nur insoweit, als dies mit der Richtlinie zu vereinbaren ist.

52

Der Senat hat durch Beschluss vom 14. Oktober 2008 - BVerwG 10 C 48.07 - (a.a.O.) dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob es mit Art. 3 der Richtlinie vereinbar ist, dass ein Mitgliedstaat nach seinem Verfassungsrecht einer Person, die gemäß Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen ist, ein Asylrecht zuerkennt. Der Gerichtshof hat die Frage dahin beantwortet, dass es Art. 3 der Richtlinie zuwiderläuft, dass ein Mitgliedstaat Bestimmungen erlässt oder beibehält, die die Rechtsstellung des Flüchtlings einer Person gewähren, die hiervon nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie ausgeschlossen ist (Urteil vom 9. November 2010 a.a.O. Rn. 115). Die Mitgliedstaaten dürfen zwar Schutz aus anderen Gründen gewähren als denjenigen, auf denen der internationale Schutz beruht. In Betracht kommt etwa eine Schutzgewährung aus familiären oder humanitären Gründen (a.a.O. Rn. 118). Diese andere Form des Schutzes, zu deren Gewährung die Mitgliedstaaten befugt sind, darf indessen nicht mit der Rechtsstellung des Flüchtlings im Sinne der Richtlinie verwechselbar sein (a.a.O. Rn. 119). Nur soweit die nationalen Rechtsvorschriften, die von der Flüchtlingsanerkennung im Sinne der Richtlinie ausgeschlossenen Personen ein Asylrecht gewähren, eine klare Unterscheidung des nationalen Schutzes von dem Schutz gemäß der Richtlinie erlauben, beeinträchtigen sie daher das von der Richtlinie geschaffene System nicht (a.a.O. Rn. 120).

53

Legt man die vom Gerichtshof entwickelten Kriterien an die einfachgesetzliche Ausgestaltung der Asylberechtigung nach Art. 16a GG an, so handelt es sich um einen nationalen Schutzstatus, der der Rechtsstellung eines Flüchtlings im Sinne der Richtlinie weitgehend entspricht und damit eine Verwechslungsgefahr im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs begründet. Bei der Asylberechtigung nach Art. 16a GG handelt es sich nicht um einen gegenüber der Flüchtlingsanerkennung andersartigen Schutzstatus - gegründet etwa auf familiäre oder humanitäre Motive. Vielmehr genießt ein Asylberechtigter nach § 2 Abs. 1 AsylVfG im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines Flüchtlings im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Seine Rechtsposition entspricht innerstaatlich auch der unionsrechtlichen Stellung von Flüchtlingen, wie sie durch die Richtlinie 2004/83/EG ausgestaltet ist (vgl. Hailbronner, ZAR 2009, 369 <371 ff.>). Damit liefe es aber dem Vorbehalt in Art. 3 der Richtlinie zuwider, wenn Deutschland Personen eine dem Flüchtlingsstatus weitgehend entsprechende Rechtsstellung gewährte oder erhielte, die hiervon nach Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie ausgeschlossen sind. Die Vorgaben des Unionsrechts verlangen somit, dass die Ausschlussgründe des Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie auch auf Asylberechtigte anzuwenden sind und ihre Anerkennung bei nachträglicher Verwirklichung von Ausschlussgründen nach Art. 14 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie zu widerrufen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat dem Rechnung getragen, indem er die Geltung der Ausschlussgründe auch für Asylberechtigte angeordnet hat (vgl. oben Rn. 44).

54

Die einfachgesetzliche Erstreckung der Ausschlussklauseln auf Asylberechtigte ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil der deutsche Gesetzgeber hierdurch seiner Verpflichtung zur innerstaatlichen Umsetzung des Unionsrechts nachgekommen ist. Die Bindung an zwingende Vorgaben einer Richtlinie nach Art. 288 AEUV befindet sich in Übereinstimmung mit den in Art. 23 Abs. 1 genannten Rechtsgrundsätzen des Grundgesetzes, solange die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einen wirksamen Schutz der Grundrechte gegenüber der Hoheitsgewalt der Union generell gewährleistet, der dem vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz im Wesentlichen gleich zu achten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <95 ff.>). Dass dieser unabdingbar gebotene Grundrechtsschutz auf unionsrechtlicher Ebene in Bezug auf das Asylrecht generell nicht gewährleistet wäre, kann angesichts des in Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgten Rechts auf Asyl und der dem Schutzstandard der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichteten Bestimmungen der Richtlinie 2004/83/EG (vgl. etwa Erwägungsgründe 3 und 17 der Richtlinie) nicht angenommen werden. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts hat zwar nicht die Nichtigkeit entgegenstehenden nationalen Rechts zur Folge. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts ist entgegenstehendes mitgliedstaatliches Recht aber grundsätzlich unanwendbar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - NJW 2010, 3422). Der Anwendungsvorrang gilt in Deutschland allerdings nur kraft des durch Zustimmungsgesetz zu den Verträgen erteilten Rechtsanwendungsbefehls. Er reicht für in Deutschland ausgeübte Hoheitsgewalt daher nur so weit, wie die Bundesrepublik Deutschland dieser Kollisionsregel zugestimmt hat und zustimmen durfte (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <343>). Innerhalb dieser Grenzen ist das Unionsrecht aber auch bei der Auslegung des Grundgesetzes zu beachten. Dies hat hier zur Folge, dass mit der Umsetzung der Richtlinie 2004/83/EG das Grundrecht auf Asyl richtlinienkonform auszulegen ist und die Ausschlussklauseln selbst im Falle einer nicht durch richtlinienkonforme Auslegung oder Rechtsfortbildung dieses Grundrechts behebbaren Kollision jedenfalls über den Anwendungsvorrang des vom nationalen Gesetzgeber umgesetzten Unionsrechts beachtlich sind.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.