Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Juli 2016 - M 12 S 16.50475
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Bulgarien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben am
Am
Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom
Mit Bescheid vom
Am
Bei seiner Anhörung beim Bundesamt am
In der Akte befindet sich ein Bescheid, datiert auf den
Mit Bescheid vom
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gem. Art. 3 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung nach Bulgarien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im bulgarischen Asylverfahren lägen nicht vor. Gründe für eine Reduzierung der Frist gem. § 11 Abs. 4 AufenthG lägen nicht, da keine besonders schutzwürdigen Belange gegeben seien. Es seien auch sonst keine Umstände ersichtlich, die im Rahmen des Ermessens zugunsten des Antragstellers berücksichtigt werden könnten.
Mit Schreiben vom
Am ... Juli 2016 hat der Antragsteller zur Niederschrift des Gerichts Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2016 aufzuheben.
Gleichzeitig hat er beantragt,
hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Bulgarien die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde auf ein Schreiben des Sozialdienstes für Flüchtlinge der ... e.V. verwiesen, das sich mit der Einhaltung der Antragsfrist beschäftigt.
Mit Schreiben vom ... Juli 2016 hat der Antragsteller weiter ausgeführt, dass er auf seiner Flucht etwa einen Monat in Bulgarien gewesen sei, davon 11 Tage im Gefängnis. Er sei dort ständiger Gewalt ausgesetzt gewesen. Die Polizei habe ihn geschlagen und verletzt. Er sei alle drei bis vier Stunden mit Stöcken geschlagen worden. Er habe alles abgeben müssen und sei bestohlen worden. Andere Flüchtlinge seien von Polizeihunden gebissen worden, die auf sie gehetzt worden seien. Er habe schlechtes Essen und stinkendes Wasser bekommen. Die Zustände seien unzumutbar gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er nicht verfristet. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde dem Antragsteller der Bescheid vom
Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht die Bestandskraft des Bescheides vom
Der Antrag ist jedoch in der Sache unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9.12.2013 - 2 B 869/13 - juris). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.
Nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Denn der Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2016 ist nach summarischer Prüfung rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt in Fällen, in denen der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass diese durchgeführt werden kann.
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt.
Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
Im Fall des Antragstellers ergibt sich die Zuständigkeit Bulgariens für die weitere Prüfung des Asylantrags des Antragstellers aus Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO. Nach dieser Norm ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, in den der betreffende Ausländer ausweislich der in dieser Norm genannten Erkenntnismittel aus einem Drittstaat kommend illegal eingereist ist, wenn der Tag des illegalen Grenzübertritts zum maßgeblichen Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung internationalen Schutzes in einem Mitgliedstaat (vgl. Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) noch nicht länger als zwölf Monate zurückliegt. Bulgarien hat dementsprechend auch der Rücküberstellung gem. Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO zugestimmt. Dass der Antragsteller entgegen seinem Vorbringen vor der Stellung seines Asylantrags in Deutschland bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hat, ergibt sich sowohl aus dem Schreiben Bulgariens vom 14. März 2016 als auch aus dem bei einer EURODAC-Abfrage für den Antragsteller erzielten Treffer mit der Kennzeichnung „BG1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (EURODAC-VO)).
Der Antragsteller kann der Überstellung nach Bulgarien auch nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Bulgarien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Bulgarien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO).
Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Angesichts der grundlegenden Veränderungen im Laufe des Jahres 2014 bestehen in Bezug auf Bulgarien nach aktuellem Kenntnisstand keine durchgreifenden Bedenken, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung in dieses Land eine menschenunwürdige Behandlung im eben beschriebenen Sinn droht. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris) geht das erkennende Gericht auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-Rückkehrern (vgl. UNHCR, „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014 - abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/52c598354.html; UNHCR, „Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“ vom April 2014 - abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des Bundesamtes; amnesty international, „Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue“ vom 31.3.2014 - abrufbar unter: https://www.amnesty.org/en/documents/EUR15/002/2014/en; amnesty international, „Amnesty report 2015 Bulgarien“ - abrufbar unter: https://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/bulgarien; European Asylum Support Office (EASO), „Special Support Plan to Bulgaria“ vom 5.12.2014 - abrufbar unter: http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf; Pro Asyl, Presseerklärung vom 23.5.2014: „Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien“ - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/de/presse/detail/news/schwere _menschenrechtsverletzungen_an_fluechtlingen_in_bulgarien; Pro Asyl, „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015 - abrufbar unter: http://ww.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2015/Bulgarien_Broschu _re_Web_END.pdf; Asylum Information Database (aida), „Country Report Bulgaria“, Stand: 30.9.2015 - abrufbar unter: http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria; European Council on Refugees and Exiles (ECRE), „ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation“ vom 7.4.2014 - abrufbar unter: http://www.ecre.org/component/down loads/downloads/873.html; Auskünfte des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg
Zwar war die Situation Asylsuchender in Bulgarien nach einem Anstieg der Asylanträge zu Beginn des Jahres 2014 teilweise heftiger Kritik ausgesetzt. So ging der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) im Januar 2014 davon aus, dass in Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestünden und plädierte dafür, Abschiebungen nach Bulgarien zunächst auszusetzen (vgl. „UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“ vom 2.1.2014). Dieser Einschätzung schlossen sich amnesty international (vgl. „Suspension of Returns of Asylum-Seekers to Bulgaria Must Continue” vom 31.3.2014), European Council on Refugees and Exiles (vgl. „ECRE reaffirms its call for the suspension of transfers of asylum seekers to Bulgaria under the recast Dublin Regulation” vom 7.4.2014) und Pro Asyl (vgl. Presseerklärung vom 23.5.2014: „Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien”) an. Auch in der Stellungnahme von Pro Asyl vom 30. Mai 2014 wird auf die von UNHCR Anfang 2014 festgestellten Mängel im bulgarischen Asylsystem Bezug genommen und eine Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien gefordert. In seiner aktualisierten Bestandaufnahme vom April 2014 („Bulgarien als Asylland - Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien“, Seite 2 und 17) hält UNHCR ungeachtet fortbestehender ernsthafter Mängel einen generellen Aufschub aller Dublin-Überstellungen nach Bulgarien jedoch nicht länger für gerechtfertigt, sondern empfiehlt nur bei Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit - zu denen der Antragsteller nicht gehört - von einer Überstellung abzusehen. Dem Bericht vom April 2014 zufolge haben sich die Aufnahmebedingungen im Vergleich zur Situation im Dezember 2013, die der Stellungnahme vom 2. Januar 2014 zugrunde lag, erheblich verbessert (vgl. auch VGH BW, U. v. 10.11. 2014 - A 11 S 1778/14 - Rn. 49). Auch amnesty international sieht im Jahresbericht 2015 („Amnesty report 2015, Bulgarien“) trotz weiterhin erhobener Kritik insbesondere an der mangelhaften Integration anerkannter Asylbewerber davon ab, ein Rücküberstellungsverbot zu fordern.
Nach aktueller Erkenntnislage sind die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes zwar nicht gänzlich ausgeräumt; allerdings sind weitgehende positive Veränderungen erkennbar, die der Annahme durchgreifender Mängel des bulgarischen Asylsystems entgegenstehen. So sind die Kapazitäten sowohl aufgrund einer technischen und personellen Aufrüstung als auch einer gezielten Ausbildung neuer Kräfte signifikant gestiegen. Damit ist mittlerweile sowohl eine ordnungsgemäße Registrierung einschließlich der notwendigen Information der Asylbewerber über den Zugang zum Verfahren gewährleistet als auch eine regelgerechte Durchführung der Asylverfahren. Die eingereisten Flüchtlinge können bei der Registrierung mit der ersten Befragung ihr Asylbegehren vorbringen; sie haben Zugang zu Dolmetschern. Haft ist für Asylbewerber während des laufenden Asylverfahrens gesetzlich nicht mehr vorgesehen. Der Zugang zu regionalen Gerichten ist eröffnet (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.15 - 13a B 14.50039 - juris Rn. 41 m. w. N.).
Auch im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden in Bulgarien ist derzeit nicht von systemischen Mängeln im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO auszugehen. Die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen sind in baulicher wie auch in personeller Hinsicht im Wesentlichen behoben worden. Bereits im Februar 2014 hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office - EASO) die Aufnahmezentren im Wesentlichen in einem vernünftigen Zustand vorgefunden. Die Unterkünfte wurden renoviert und die Sanitärbereiche erneuert. Nachdem UNHCR im April 2014 noch berichtet hatte, dass in zwei von sieben Zentren ungeeignete Rahmenbedingungen vorhanden seien, und aida im April 2014 sowie die Bundesregierung im Mai 2014 von einer Aufnahmekapazität von ca. 4.150 Plätzen bei einer Belegungsrate von 82% ausgegangen waren, stellte EASO im Dezember 2014 fest, dass die Kapazitäten signifikant auf nunmehr 6000 Plätze angestiegen und die dortigen Lebensbedingungen deutlich verbessert worden seien. Die Verpflegung sei mit entsprechenden neuen Küchen und Personal mit täglich zwei warmen Mahlzeiten sichergestellt; in vier Zentren gebe es Gemeinschaftsküchen. Zusätzliche Mitarbeiter, auch Sozialarbeiter, seien eingearbeitet worden. Da jeder Asylantragsteller krankenversichert wird und eine kostenlose medizinische Behandlung im gleichen Umfang wie ein bulgarischer Staatsbürger erhält, ist die medizinische Versorgung ebenfalls gewährleistet (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.15 - 13a B 14.50039 - juris Rn. 41 m. w. N.).
Die Verbesserung der Aufnahmebedingungen wird auch in aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes an das VG Hamburg
Hinsichtlich der Situation von Dublin-Rückkehrer lässt sich dem aktuellen aida-Länderbericht zu Bulgarien (Stand: 30.9.2015, S. 27 ff.) entnehmen, dass derzeit grundsätzlich keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer bestehen. Dublin-Rückkehrer erhalten die gleichen Rechte wie andere Antragsteller im Erstverfahren und werden im Anschluss an die Rückkehr üblicherweise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht.
Auch der Umstand, dass sich die Situation in Bulgarien deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, U. v. 21. 1.2011 - 30969/09 - juris Rn. 249); auch reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 2. 4.2013 - 27725/10 - juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Ansbach, U. v. 10.7.2015 - AN 14 K 15.50050 - juris Rn. 31; VG Düsseldorf, B. v. 15. 4.2013 - 17 L 660/13.A - juris Rn. 43 m. w. N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 29.1.2015 - 14 A 134/15.A). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebensstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht.
Die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, stellt für sich genommen ebenfalls noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems dar. Denn mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 7.5.2015 - 13 L 1607/15.A - juris Rn. 32- 49; VG Minden, U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 61 - 70).
Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Bericht von Pro Asyl „Erniedrigt, misshandelt, schutzlos: Flüchtlinge in Bulgarien“ vom April 2015. Soweit darin ein Überstellungsstopp gefordert wird, beruht dies auf Berichten von Einzelschicksalen aus den Jahren 2012 bis Anfang 2014. Die dort geschilderten Zustände sind jedoch aufgrund der neueren Entwicklungen überholt. Zudem lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, dass systemische Schwachstellen vorlägen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Die Bulgarien vorgeworfenen Verstöße gegen das Refoulement-Verbot durch Zurückschiebungen an der bulgarisch-türkischen Grenze (vgl. Seite 27 f. des Berichts) betreffen den Antragsteller nicht, weil dieser sich bereits auf Unionsgebiet befindet. Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, lassen sich dem Bericht von Pro Asyl nicht entnehmen. Soweit sich der Bericht des Weiteren mit den Problemen befasst, denen sich Inhaber eines Aufenthaltstitels ausgesetzt sehen, handelt es sich hierbei aber nicht um Probleme während des Asylverfahrens, sondern - da insoweit den Quellen zufolge kein Unterschied zu bulgarischen Staatsbürgern besteht - um die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Bulgarien und eine allgemeine soziale Problematik. Ein hinreichendes Indiz für systemische Schwachstellen im Asylverfahren wird dadurch nicht begründet.
Bei einer Gesamtwürdigung der dargestellten Erkenntnisse erreichen die noch bestehenden Mängel jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel. Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren.
Der Antragsteller kann nach überschlägiger Prüfung auch keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO beanspruchen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Bei Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO handelt es sich um eine restriktiv zu handhabende Ausnahmebestimmung. Dass die Antragsgegnerin von ihrem Selbsteintrittsrecht unter Hinweis darauf, dass außergewöhnliche humanitäre Gründe nicht ersichtlich seien, vorliegend keinen Gebrauch gemacht, ist nicht zu beanstanden. Der Antragsteller ist ein gesunder junger Mann, der nicht zu den Personen mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzwürdigkeit gehört.
Schließlich begegnet auch die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien keinen Bedenken. Die bulgarischen Behörden haben der Rückführung des Antragstellers mit Schreiben vom 14. März 2016 ausdrücklich zugestimmt. Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich.
Nach alledem war der Eilantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. Juli 2016 - M 12 S 16.50475
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(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.
(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.
(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.
(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache unter dem Aktenzeichen 5 K 1233/13.TR bei dem beschließenden Gericht anhängigen Klage des Antragstellers wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
- 1
Der am 6. September 2013 gestellte Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. August 2013 anzuordnen, ist gemäß § 80 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO – in Verbindung mit §§ 34a Abs. 2, 75 Satz 1 Asylverfahrensgesetz – AsylVfG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), geändert durch den insoweit gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG seit dem 6. September 2013 anwendbaren Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474), zulässig.
- 2
Mit dem vorgenannten Bescheid hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers unter Bezugnahme auf § 27a AsylVfG und Art. 16 Abs. 1e der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin-II-VO - für unzulässig erklärt und auf der Grundlage des § 34a AsylVfG die Abschiebung des Antragstellers nach Italien angeordnet. Gegen beide Entscheidungen ist in der Hauptsache eine Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO statthaft, da die Antragsgegnerin mit ihrem Bescheid das Asylverfahren des Antragstellers ohne Sachprüfung abgeschlossen hat (vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 - und vom 6. Juli 1998 - 9 C 45/97 -, juris; Bayerischer VGH, Urteil vom 14. Januar 2013 - 20 B 12.30348 -, juris; Urteil der erkennenden Kammer vom 30. Mai 2012 - 5 K 967/11.TR -, ESOVGRP), so dass § 80 VwGO anwendbar ist.
- 3
Des Weiteren wurde der Antrag ungeachtet der Frage, welche Frist für eine Antragstellung bei bereits vor Inkrafttreten der Änderung des § 34a AsylVfG bekannt gegebenen Bescheiden gilt, jedenfalls fristgerecht gestellt.
- 4
Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
- 5
Bei der Entscheidung darüber, ob die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist, ist das öffentliche Interesse an einer alsbaldigen Vollziehung des Verwaltungsaktes gegenüber dem Interesse des Betroffenen an einer Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzuwägen. Insoweit finden die in den Fällen der vorliegenden Art in der Vergangenheit geltenden Einschränkungen, die darauf gründeten, dass aufgrund der bislang geltenden gesetzlichen Bestimmungen eine angeordnete Abschiebung in einen anderen EU-Mitgliedstaat kraft Gesetzes nicht nach §§ 80, 123 VwGO ausgesetzt werden durfte, keine Anwendung mehr, so dass die allgemeinen Grundsätze gelten, zumal der Gesetzgeber insoweit die für offensichtlich unbegründete Asylanträge geltende Bestimmung des § 36 Abs. 4 AsylVfG, der zufolge eine Aussetzung der Abschiebung nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes angeordnet werden darf, nicht für entsprechend anwendbar erklärt hat und die Gesetzesmaterialen keine Anhaltspunkte für eine abweichende Gesetzauslegung bieten.
- 6
Die Bundestags-Drucksache 17/13556, die der Änderung des § 34a AsylVfG zugrunde liegt, enthält keine Angaben zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden kann. In der Bundestagssitzung vom 7. Juni 2013 (vgl. Plenarprotokoll 17/244 S. 30891 ff, insbesondere S. 30895) wurde alsdann vor der Beschlussfassung in 2. und 3. Lesung ausdrücklich auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes eingegangen und darauf hingewiesen, dass nur noch entscheidend sei, ob dem Aussetzungsinteresse des Schutzsuchenden Vorrang vor dem Vollzugsinteresse der Behörde einzuräumen sei.
- 7
Die Materialien über die Beteiligung des Bundesrats am Gesetzgebungsverfahren ergeben ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG.
- 8
In der Bundesratsdrucksache 495/1/13 vom 21. Juni 2013 ist festgehalten, dass der Bundesratsausschuss für Innere Angelegenheiten dem Bundesrat gegenüber unter 3. eine Empfehlung folgenden Inhalts abgegeben hat:
- 9
„Der Bundesrat stellt aber fest, dass die Änderungen in § 34a AsylVfG ergänzungsbedürftig sind, weil sie das verwaltungsgerichtliche Verfahren bei Anträgen nach § 80 Absatz 5 VwGO ungeregelt lassen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei dem nächsten Gesetzentwurf zur Änderung des Asylverfahrensgesetzes vorzusehen, dass im beschleunigten Verfahren bei Unbeachtlichkeit und offensichtlicher Unbegründetheit von Asylanträgen (§ 36 AsylVfG) entsprechende Bestimmungen ergänzt werden. Die Aussetzung der Überstellung darf nur angeordnet werden, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber erkennbar sind, sodass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH vom 21. Dezember 2011, Rs. C-411/10 und C-493/10).“
- 10
In der Sitzung des Bundesrates vom 5. Juli 2013 (vgl. Stenografischer Bericht, Plenarprotokoll 912, S. 401, 429 - Anlage 19) gab alsdann die rheinland-pfälzische Staatsministerin Margit Conrad eine Erklärung dahingehend zu Protokoll, dass die vorstehend zitierte Entschließung aus dem Innenausschuss nicht mitgetragen werden könne, weil sie den gerade wieder eingeführten einstweiligen Rechtsschutz wieder relativieren würde.
- 11
Bei der anschließenden Beschussfassung des Bundesrates schloss sich alsdann nur eine Minderheit des Bundesrates der dargestellten Beschlussempfehlung an (vgl. Plenarprotokoll 912, S. 401 zu Punkt 14, Ziffer 3).
- 12
Demnach kommt eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs. 4 AsylVfG nicht in Betracht, so dass die bei der Anwendung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 VwGO für kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verwaltungsakte allgemein geltenden Grundsätze Anwendung finden müssen. Danach haben die Gerichte die Erfolgsaussichten der in der in der Hauptsache erhobenen Klage zu prüfen. Zu einer weitergehenden Einzelfallbetrachtung sind sie grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 -, juris).
- 13
Ausgehend hiervon erscheint es der Kammer interessengerecht, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, weil sie die Erfolgsaussichten der Klage unter Berücksichtigung der Gründe des den Beteiligten bekannten Beschlusses des OVG Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2013 - 10 B 10627/13.OVG –, auf die die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen in entsprechender Anwendung des § 77 Abs. 2 AsylVfG verweist, als zumindest offen einstuft, da der dortige Sachverhalt – insbesondere im Hinblick auf die vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Probleme - mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar erscheint, und in dem von dem Antragsteller vorgelegten fachärztlichen Attest, auf das die Antragsgegnerin in ihrer ausführlichen Antragserwiderung nicht eingegangen ist, nachvollziehbar dargelegt ist, warum bei dem Antragsteller aufgrund besonderer Umstände seines Einzelfalles in Italien eine Verschlimmerung seiner gesundheitlichen Lage zu befürchten sei, so dass die vorzunehmende Interessenabwägung zu seinen Gunsten auszufallen hat.
- 14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben.
- 15
Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
AN 14 K 15.50050
Im Namen des Volkes
Urteil
verkündet am
14. Kammer
gez.: (...), Stv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Sachgebiets-Nr.: 0710
Hauptpunkte: Dublin-Verfahren; Abschiebungsanordnung nach Bulgarien; Systematische Mängel in Bulgarien: verneint; Reisefähigkeit
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
...
- Kläger -
bevollmächtigt: ...
gegen
...,
vertreten durch ...
- Beklagte -
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 14. Kammer, durch die Einzelrichterin, Richterin am Verwaltungsgericht Bayer, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Juli 2015 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Der 1989 geborene Kläger, irakischer Staatsangehöriger, arabischer Volks- und moslemischer Religionszugehörigkeit, reiste nach eigenen Angaben am
Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) - Eurodac-Treffer Bulgarien der Kategorie 1 - lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO). Am 8. September 2014 wurde ein Übernahmeersuchen an Bulgarien gerichtet. Die bulgarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin III-VO.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom
Dagegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom
Der Kläger ließ über seinen Prozessbevollmächtigten beantragen,
- die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom
- den Kläger als Asylberechtigten an zu erkennen,
- festzustellen, dass die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
- hilfsweise subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen,
- weiter hilfsweise festzustellen, dass hinsichtlich seiner Person Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen,
- die Abschiebungsanordnung aufzuheben.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach
Im Folgenden beruft sich der Kläger auf ein inlandsbezogene Abschiebungshindernis und legt hierzu ein ärztliches Attest vom 1. Juli 2015 des Dr. ... vor. Hieraus würde sich ergeben, dass der Kläger reiseunfähig sei. Er leide u. a. unter schwerer Depression mit Unruhe- und Angstzuständen. Auf den Inhalt dieses Attests wird verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2015 ist trotz ordnungsgemäßer Ladung und Zustellung keine der Parteien erschienen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2014 ist rechtmäßig, so dass der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers gemäß § 27 a AsylVfG zu Recht als unzulässig abgelehnt, da der Kläger bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt hatte. Die zuständigen Behörden in Bulgarien haben mit Schreiben vom 1. Oktober 2014 der Übernahme des Klägers zugestimmt.
Damit steht fest, dass die Verpflichtungen aus Art. 18 ff. der Dublin-III-VO die Republik Bulgarien treffen.
Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintritts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind weder ersichtlich noch wurden sie konkret vorgetragen.
Hierbei ist aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung des § 26 a AsylVfG entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist, da es sich bei Bulgarien um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG bzw. § 26 a AsylVfG handelt.
Damit ist Bulgarien, wie dargelegt, nach Art. 14 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. nach Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
Die Dublin III-VO ist die grundlegende Vorschrift auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.3.2014, Az.: 10 B 6/14 m. w. N., juris). Dieses gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U. v. 21.12.2011, Rechtssache: RS: C-411/10
Diese Rechtsprechung mündete nunmehr in Art. 3 Abs. 2 der Dublin III-VO, der bestimmt, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird.
Solche systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO liegen aber erst dann vor, wenn die bereits angesprochenen Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK nicht nur in Einzelfällen vorliegen, sondern strukturell bedingt sind. Deshalb setzen systemische Mängel im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO voraus, dass die Asylverfahren bzw. die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat so defizitär sind, dass einem Asylbewerber im konkreten Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die konkrete Gefahr einer gegen die Grundrechte verstoßenden Behandlung im zuständigen Staat aus der grundsätzlichen Behandlung der Asylbewerber heraus ergeben muss, die eben systemisch angelegt sein muss, dass also eine Verletzung von Grundrechten in einem Einzelfall nicht zur Aktivierung des Selbsteintritts ausreicht (BVerwG, BvR.
Allerdings ist im vorliegenden Fall nicht von solchen systemischen Schwachstellen auszugehen. Hierzu wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG auf die zutreffende Begründung der streitgegenständlichen Bescheide des Bundesamtes vom 16. Dezember 2014 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen.
Der Kläger hat in seiner Klagebegründung keine substantiierten Angaben vortragen lassen, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts hinsichtlich des Bestehens systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn führen würden. Das Gericht folgt daher der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend, dass in Bulgarien derzeit derartige systemische Mängel nicht bestehen.
Die in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Regelungen für anerkannte Flüchtlinge, d. h. Art. 20 ff. GFK, die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen im Wesentlichen nicht über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur sog. Inländergleichbehandlung. Dies ist nach den aktuellen Erkenntnissen in Bulgarien gegeben. Die Vorgabe der Richtlinie 2011/95/EU (EU-Qualifikationsrichtlinie) über den Inhalt internationalen Schutzes wird nach den vorliegenden Erkenntnissen im Wesentlichen eingehalten.
Einem anerkannt Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Bildung, zum Erhalt von Sozialleistungen und zum Erhalt medizinischer Versorgung dieselben Rechte zu wie bulgarischen Staatsangehörigen auch. Wenngleich in Bulgarien Hemmnisse und fehlende Integrationsangebote, insbesondere für Kinder, zu bemängeln sein mögen (vgl. hierzu: UNHCR, Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand April 2014) ist darin keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erkennen, sondern ist dies vielmehr Ausdruck des im Vergleich zur Bundesrepublik derzeit noch vorherrschenden niedrigeren Lebensstandards bzw. Sozialniveaus. Einen Anspruch auf Art. 3 EMRK auf Einhaltung eines gewissen Lebensstandards einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung ist daraus jedoch nicht abzuleiten (vgl. EGMR, U. v. 21.1.2011, Az. 30969/09, juris, m. w. N.). Die dem Kläger drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem zurückweisenden Vertragsstaat, reicht jedenfalls offensichtlich nicht aus, die Schwelle zu einer unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK gerade verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, B. v. 2.4.2013, Az. 27725/10, juris). Art. 3 EMRK ist insoweit nicht als individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen zu begreifen. Vielmehr muss sich der Kläger auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Lebens- und Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser derzeit noch nicht gleichwertig dem entsprechenden Standard in der Bundesrepublik Deutschland sein mag.
Auch ein Sonder- bzw. Ausnahmefall vom Konzept der normativen Vergewisserung des Bundesverfassungsgerichts ist vorliegend nicht gegeben und wurde auch nicht vom Kläger konkret vorgetragen. Weder droht dem Kläger in Bulgarien die Todesstrafe, noch bestünde eine erhebliche und konkrete Gefahr, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach Bulgarien Opfer eines Verbrechens würde, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens stünde, noch ist ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat werden würde. Auch wenn die Lebensverhältnisse für Flüchtlinge in Bulgarien nach den vorliegenden Erkenntnissen prekär sein mögen (vgl. UNHCR a. a. O.), und eine gezielte Unterstützung für Flüchtlinge, Arbeit und bezahlbare Unterkünfte zu finden, nur schwer zu erreichen ist, betrifft dies immerhin alle in Bulgarien anerkannten Flüchtlinge gleichermaßen und kann auch aus diesen Gründen heraus die grundgesetzliche Wertung der Einordnung Bulgariens als sicherer Drittstaat nicht erschüttern.
Darüber hinaus sind auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG im engeren Sinne vorliegend nicht einmal im Ansatz erkennbar.
Eine solche liegt vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche, konkrete Gesundheitsgefährdung für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, BayVGH
Gemessen daran mangelt es bei dem einen vorgelegten Attest des praktischen Arztes vom
Das Attest, das erst nach der Ladung zum Termin der mündlichen Verhandlung dem Gericht vorgelegt wurde - vormals hat der Kläger keine gesundheitliche Beschwerden geltend gemacht -, enthält nur allgemeine Angaben über die Erkrankungen des Klägers, ohne dass konkret auf eine durchgeführte Anamnese oder auf einen körperlichen Untersuchungsbefund verwiesen wird. Als Diagnose werden eine schwere Depression mit Unruhe und Angstzuständen, Kriegsopfer mit schweren posttraumatischen Beschwerden, Fußbeschwerden sowie eine chronische Gastritis vorgetragen. Es wurden in dem Attest des praktischen Arztes keine Aussagen getroffen, wie und bei welchen ggf. Fachärzten oder Kliniken der Kläger weiter zu therapieren sei bzw. welche Medikamente er zukünftig einnehmen müsse bzw. jetzt bereits einnehme. Nicht einmal im Ansatz ergibt sich aus dem vorgelegten Attest, weshalb der Kläger unter den angegebenen Beschwerden nicht reisefähig bzw. transportfähig sei. Es wird auch nicht dargelegt, dass die Abschiebung als solche seinen Gesundheitszustand wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Das Attest enthält daher keine nachvollziehbaren tatsächlichen Umstände bezüglich der Erkrankung des Antragstellers, die die Prognose zuließen, dass sich die Krankheit wegen der bevorstehenden Abschiebung massiv verschlechtern werde und medikamentös nicht beherrschbar wäre.
Daher ist von einer Reise- und Transportfähigkeit des Klägers auszugehen. Der Kläger ist auf die medizinische Versorgung in Bulgarien zu verweisen.
Damit ist auch die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 5.000 Euro.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 des Asylverfahrensgesetzes ‑ AsylVfG ‑) nicht vorliegt. Den Darlegungen des Klägers kann eine Klärungsbedürftigkeit der Frage,
3"ob Bulgarien (noch immer) als sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes anzusehen ist",
4nicht entnommen werden.
5Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen ausgeführt, warum diese Frage in tatsächlicher Hinsicht zu bejahen ist. Der Kläger legt keine konkreten Anhaltspunkte dafür dar, dass die vom Verwaltungsgericht benannten entscheidungserheblichen und über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Tatsachen einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind, so dass diese der Klärung bedarf.
6Vgl. zu den Darlegungserfordernissen bei der Grundsatzbedeutung von Tatsachenfragen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 124a Rn. 214.
7Dass Bulgarien als Mitglied der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat ist, steht kraft normativer Vergewisserung des Verfassungsgesetzgebers fest (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes). Dem kann der Kläger nicht mit der bloßen Behauptung entgegentreten, diese Normativwertung sei falsch. Vielmehr bedarf es der konkreten Darlegung, dass es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Kläger von einem der vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist, wobei an diese Darlegung strenge Anforderungen zu stellen sind.
8Vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 ‑ 2 BvR 1938, 2315/93, ‑, BVerfGE 94, 49 (99 f.); zu den Fallgruppen vgl. Marx, AsylVfG, 8. Aufl., § 26a Rn.3 ff.
9Die beiden vom Kläger dargelegten Umstände können keinen der genannten Sonderfälle begründen. So bemängelt der Kläger zum einen unter Bezugnahme auf einen UNHCR-Bericht mit Stand von April 2014, dass in Bulgarien für anerkannte Flüchtlinge und Personen mit subsidiärem Schutz Unklarheiten und Mängel vorlägen, die auch die aus der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 folgenden Rechte des Klägers beeinträchtigten. So konstatiere der UNHCR eine zwei Monate andauernde Lücke beim Zugang zur Gesundheitsversorgung, wenn Asylsuchende als Flüchtlinge anerkannt würden oder ihnen subsidiärer Schutz zugesprochen werde. Der Grund dafür sei eine Übergangsphase für die Änderung des Gesundheitsversorgungsstatus, die zwei Monate lang dauern könne. In diesem Zeitraum könnten Personen in den elektronischen Systemen als „nicht versichert" erscheinen. Zum anderen bemängelt er unter Bezugnahme auf den Bericht der bulgarischen State Agency for Refugees vom 1.8.2014, dass kein Integrationsprogramm für subsidiär Schutzberechtigte in den bulgarischen Arbeitsmarkt bestehe.
10Maßgebend für die gerichtliche Verneinung des Status eines sicheren Drittstaates für subsidiär Schutzberechtigte ist nicht, ob deren Lebensverhältnisse in dem Staat den europarechtlichen oder deutschen Anforderungen entsprechen oder ‑ wie auch das Verwaltungsgericht konstatiert hat ‑ prekär sind, sondern ob ein Sonderfall im obengenannten Sinne vorliegt. Hier kommt die im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangene Sonderfallgruppe in Betracht, dass der Drittstaat subsidiär Schutzberechtigte unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) unterwirft.
11Vgl. BVerfG, Urteil vom 14.5.1996 ‑ 2 BvR 1938, 2315/93, ‑, BVerfGE 94, 49 (99 f.)
12Da es hier nicht um die Behandlung von staatlicherseits Untergebrachten durch den bulgarischen Staat geht, stehen nicht staatliche Unterlassungspflichten aus Art. 3 EMRK in Rede. Vielmehr geht es darum, dass sich die Lebensverhältnisse des Klägers als subsidiär Schutzberechtigten in Bulgarien allgemein als unmenschlich oder erniedrigend darstellen könnten, es geht also darum, ob der Drittstaat insoweit bestehende Schutzpflichten verletzt.
13Vgl. zu den unterschiedlichen Gewährleistungsbereichen des Art. 3 EMRK Sinner in: Karpenstein/Mayer, EMRK, Art. 3 Rn. 9 ff.; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl., Art. 3 Rn. 7 ff.
14Eine solche Schutzpflichtverletzung, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch den bulgarischen Staat darstellte, kann in der dargestellten Zweimonatslücke bei der Gesundheitsversorgung auch nicht im Ansatz gesehen werden. Insoweit kommt allenfalls das Fehlen einer gewissen Grundversorgung in Betracht.
15Vgl. Bank in:Dörr/Grote/Marauhn, EMRK/GG Konkordanzkommentar zum europäischen und deutschen Grundrechtsschutz, Bd. 1, 2. Aufl., Kap. 11 Rn. 110 ff.
16Das Fehlen eines Integrationsprogramms für den bulgarischen Arbeitsmarkt als solches ist nach den genannten Maßstäben für die Frage, ob Bulgarien ein sicherer Drittstaat ist, unerheblich, selbst wenn ein solches Fehlen europäischen Rechtsvorschriften widersprechen sollte (vgl. etwa Art. 26 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Nicht jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften stellt eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
17Schließlich begründen auch die beiden zitierten Entscheidungen von Verwaltungsgerichten keine Klärungsbedürftigkeit. Das gilt schon deshalb, weil es sich lediglich um Entscheidungen im summarischen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt. Im Übrigen sind auch insoweit keine Gesichtspunkte erkennbar, die einer von dem hier angegriffenen Urteil unterschiedlichen Würdigung im Berufungsverfahren zugänglich sind.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
19Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwälte B. & T. aus C. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 29. April 2015 bei Gericht gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 3335/15.A gegen die Abschiebungsanordnung unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. April 2015 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Absatz 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).
5I. Der hier gestellte Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Absatz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antrag ist auch innerhalb von einer Woche nach Zustellung des Bescheides und damit fristgerecht erhoben worden (§ 74 Absatz 1 AsylVfG).
7II. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Die im summarischen Eilverfahren gebotene Abwägung des öffentlichen Interesses der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
9Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt, weil Bulgarien für dessen Prüfung zuständig ist. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
10Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß ihrem Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 1 auf Schutzgesuche Anwendung, die nach dem 31. Dezember 2013 gestellt werden, also auch auf den Asylantrag des Antragstellers vom 10. Dezember 2014.
11Nach den Vorschriften der Dublin III-VO ist Bulgarien der zuständige Staat für die Prüfung dieses Asylantrags.
12Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien aus der EURODAC-Datei festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Nachdem dem Bundesamt Erkenntnisse vorlagen, dass der Antragsteller vor seiner Einreise in die Bundesrepublik in Bulgarien gewesen ist, hat es Bulgarien unter dem 30. Januar 2015 um Übernahme des Antragstellers gebeten. Die bulgarischen Behörden nahmen das Übernahmeersuchen des Bundesamtes am 30. März 2015 an. Bulgarien ist daher grundsätzlich verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Aufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, aufzunehmen (Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO). Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
13Lediglich vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass sich der Antragsteller auf einen etwaigen Verstoß gegen diese Fristenregelung auch nicht berufen könnte, da die Vorschrift ihm kein subjektives Recht einräumt.
14Vgl. hierzu ausführlich Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014– 13 K 8286/13.A –, juris.
15Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, sich freiwillig bei den zuständigen Behörden in Bulgarien zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Dies betreffend regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist, die ausweislich der der Dublin III-VO vorangestellten Erwägungen (Nr. 24) entsprechend anwendbar ist, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
16Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
17Hat es der Asylbewerber folglich selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu der von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“), sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen.
18Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der Zuständigkeit Bulgariens eine Verpflichtung der Antragsgegnerin begründen könnten, von dem Selbsteintrittsrecht nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Antragsteller nach Bulgarien abzuschieben.
19Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die jeweiligen Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Artikel 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der bisherigen Dublin II VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin.
20Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteile vom 10. Dezember 2013 – C 394/12 –, juris, Rn. 60, 62 und 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7.
21Die Antragsgegnerin ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO zugunsten des Antragstellers – nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert, diesen nach Bulgarien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylantragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufwiesen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich brächten. Die Voraussetzungen, unter denen dies nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
22EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
23der Fall wäre, liegen hier nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Schwere nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben syste-misch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
24Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
25Die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, ist nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta implizieren,
26EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 86.
27Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Das Gericht muss sich vielmehr die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Absatz 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.
28Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 6 m.w.N.
29Im Eilverfahren bedeutet dies, dass das erkennende Gericht bei der nur möglichen summarischen Prüfung anhand der tatsächlichen Erkenntnislage im Zeitpunkt seiner Entscheidung festzustellen hat, ob der aufnehmende Mitgliedstaat trotz möglicher Mängel in der Durchführung des Asylverfahrens seine Verpflichtungen jedenfalls soweit einhält, dass eine Rückführung zumutbar erscheint.
30Verwaltungsgericht Berlin, Beschlüsse vom 15. Januar 2015 – 23 L 899.14 A –, juris, Rn. 6 m.w.N. und 4. August 2014 – 34 L 78.14 A –, juris, Rn. 9.
31Bei der Bewertung der in Bulgarien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Flüchtlingen sind dabei vorliegend diejenigen Umstände heranzuziehen, die auf die Situation des Antragstellers zutreffen. Abzustellen ist demnach auf die Situation von Flüchtlingen in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage, wohingegen die Situation von Flüchtlingen in anderen rechtlichen oder tatsächlichen Umständen keine unmittelbare Rolle spielt. Sie kann allenfalls ergänzend herangezogen werden, sofern sich diese Umstände auch auf die Situation des Antragstellers auswirken (können),
32vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12 –, juris, Rn. 130.
33Damit ist vorliegend in erster Linie die Situation von Dublin-Rückkehren zu betrachten.
34Gemessen hieran und unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen.
35Das Gericht verkennt zwar nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände in Bulgarien. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. So listen Amnesty International in seinem Bericht vom März 2014 sowie European Council on Refugees and Exiles (ECRE) in seiner Stellungnahme vom 7. April 2014 – trotz Anerkennung gewisser Verbesserungen – weiterhin mangelhafte Bedingungen auf und plädieren dafür, von einer Überstellung von Flüchtlingen nach Bulgarien abzusehen. Auch Bordermonitoring führt in seinem Bericht vom 7. Juli 2014 über die Situation von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Bulgarien Missstände auf und spricht sich gegen Überstellungen im Dublin-Verfahren nach Bulgarien aus, solange in Bulgarien keine menschliche Behandlung aller Asylsuchenden gewährleistet ist.
36VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 –, juris, Rn. 17.
37Indes ist für das Gericht entscheidend, dass UNHCR in seiner aktualisierten Bestandsaufnahme vom April 2014 („UNHCR Observations: Current Situation of Asylum in Bulgaria – April 2014“) nicht mehr darauf beharrt, von Dublin-Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien abzusehen. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office – EASO) hat ebenfalls keine Empfehlung ausgesprochen, von der Rückstellung nach Bulgarien abzusehen. Dies ist deshalb von erheblicher Bedeutung, weil die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem Drittstaat, der nach den Kriterien der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird, angesichts der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, die bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens zu beachten ist, besonders relevant sind,
38vgl. EuGH, Urteil vom 30. Mai 2013 – C 528/11 –, NVwZ-RR 2013, 660.
39Maßgebend für UNHCR war, dass die bulgarischen Behörden und ihre Partner in den letzten drei Monaten signifikante Anstrengungen mit Blick auf die Lebensbedingungen für Asylsuchende und das Asylsystem unternommen haben. Die Bedingungen in den Aufnahmezentren haben sich verbessert. Es gibt Zugang zur medizinischen Versorgung. Auch die Unterstützung durch EASO brachte erhebliche Verbesserungen. In dem Bericht des UNHCR ist ausgeführt, trotz weiter gegebener Schwächen und Defizite des Asylsystems in Bulgarien sei angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen, zahlreichen Verbesserungen eine allgemeine Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien ‑ mit Ausnahme besonders schutzwürdiger Personen ‑ nicht mehr angezeigt. Die in den Aufnahmezentren festgestellten Bedingungen hätten sich seit Dezember 2013 spürbar verbessert; dies betreffe den Zugang zur medizinischen Primärversorgung, Unterstützung durch Dolmetscherdienste im Anmelde- und Asylverfahren, bei der Unterkunft und der finanziellen Unterstützung. Bulgarien sei von der EU finanziell, logistisch und personell unterstützt worden. Die bulgarische Regierung hab sich dem Problem nicht verschlossen, sondern konstruktiv mit UNHCR und EASO zusammengearbeitet.
40VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 –, juris Rn. 18; VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris Rn. 32; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 –, juris, Rn. 27; VG München, Beschluss vom 7. Mai 2014 – M 11 S 14.50163 –, juris, Rn. 17 ff.
41Die Bulgarien vorgeworfenen Verstöße gegen das Refoulement-Verbot durch Zurückschiebungen an der bulgarisch-türkischen Grenze,
42vgl. dazu etwa den Bericht von Pro Asyl von April 2015 (a.a.O.), S. 27 f,
43betreffen den Antragsteller nicht, weil er sich bereits auf Unionsgebiet befindet. Anhaltspunkte dafür, dass Bulgarien in Bezug auf Dublin-Rückkehrer gegen das Refoulement-Verbot verstößt, sind nicht ersichtlich. Im Gegenteil: Asylbewerber, die wie der Antragsteller aus anderen Mitgliedsstaaten der EU nach Bulgarien zurückkehren, haben grundsätzlich keine Hindernisse beim Zugang zum Asylverfahren aufgrund ihrer Rückkehr. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern, wie dem Antragsteller, wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird nur dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
44Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 4. Mai 2015 – 15 L 947/15.A –, S. 5 f.; Verwaltungsgericht Minden, Urteil vom 10. Februar 2015 – 10 K 1660/14.A –, juris, Rn. 88; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014, – A 11 S 1778/14 –, juris, Rn. 58.
45Schließlich lässt sich auch nicht feststellen, dass der Antragsteller in Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit inhaftiert werden wird. Dublin-Rückkehrer genießen grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Antragsteller im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr üblicherweise in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Nur solche im Dublin-Verfahren überstellte Personen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden ist und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Dies betraf im Zeitraum von 1. Januar bis zum 30. Oktober 2014 nur 7 von 143 Dublin-Rückkehrern.
46Vgl. UNHCR, Auskunft an das Verwaltungsgericht Minden vom 23. Dezember 2014, S. 4 der auszugsweisen Übersetzung aus dem Englischen.
47Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die erstmals in der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326) und neugefasst in der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (ABl. L 180/60) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Artikel 18 Absatz 1 der RL 2005) bzw. weil er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (Artikel 26 Absatz 1 RL 2013). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
48Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2015 – 13 K 501/14.A –, juris Rn. 81 m.w.N.; VG Minden, Urteil vom 10. Februar 2015, 15 K 1660/14.A, juris, Rn. 89 ff. unter Hinweis auf VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013, 33 L 450.13 A, juris, Rn. 14 ff.
49Bei einer Gesamtwürdigung der dargestellten Erkenntnisse geht das Gericht im Ergebnis davon aus, dass die noch bestehenden Umstände jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Soweit die Bedingungen in einzelnen Aufnahmeeinrichtungen noch verbesserungswürdig sind, ist darauf hinzuweisen, dass einzelne Missstände, die in bestimmten Aufnahmeeinrichtungen auftreten, das Asyl- und Aufnahmesystem nicht insgesamt tangieren. Auch der Umstand, dass sich die Situation in Bulgarien deutlich schlechter darstellen mag als in der Bundesrepublik Deutschland, begründet für sich keinen systemischen Mangel.
50Vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 18. August 2014 – W 6 S 14.50098 –, juris Rn. 19.
51Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG keine Bedenken. Es sind weder zielstaatsbezogene noch in der Person des Antragstellers, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersichtlich.
52Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den geschilderten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 166 VwGO, 114 Absatz 1 Satz 1 ZPO).
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
54Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
55Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenem Bekunden am 21. Juni 1984 geborene Kläger stammt aus Mali. Am 6. November 2012 lehnte die deutsche Botschaft in Bamako (Mali) seinen Antrag auf Erteilung eines Visums ab. Am 26. Februar 2014 wurde er in der Gemeinde Dohma (Sachsen) durch die Polizei aufgegriffen. Dabei wies er sich mit einer am 23. Januar 2014 in Ungarn ausgestellten Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens aus. Eine daraufhin durch die Bundespolizei in Altenberg durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarns (HU1330007615465). Das Amtsgericht Pirna – Az.: 23 XIV B 22/14 – ordnete eine vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 12. März 2014 an, woraufhin der Kläger in den Abschiebegewahrsam Köpenick (Berlin) verbracht wurde.
3Am 27. Februar 2014 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Personalpapiere könne er nicht vorlegen. Er habe am 14. Dezember 2013 in Mali geheiratet. Seine Ehefrau, die am 14. April 1987 geborene E. -G. , halte sich ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er habe Mali im August 2013 mit dem Flugzeug verlassen und sich zunächst in die Türkei begeben. Er sei zwei Monate lang in Istanbul geblieben. Danach habe er sich nacheinander zwei Monate in Bulgarien, einen Monat in Griechenland und einen Tag in Serbien aufgehalten. Dann sei er nach Ungarn gereist, wo ihm am 15. Januar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Februar 2014 habe er in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Er wolle aber aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung nicht dorthin rücküberstellt werden.
4Am 28. Februar 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese erklärten unter dem 6. März 2014: Dem Kläger seien in Bulgarien Fingerabdrücke abgenommen worden, da er am 25. September 2013 illegal die Grenze dieses Mitgliedstaates überschritten habe. Die entsprechende EURODAC-Nummer für Bulgarien laute BG2BR206C1309250012. Sie – die ungarischen Behörden – hätten daher am 27. Februar 2014 Bulgarien um Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau gebeten.
5Am 20. März 2014 hob das Landgericht Dresden – Az.: 2 T 197/14 – die gegen den Kläger verhängte Haft auf. Er wurde daraufhin aus dem Abschiebegewahrsam Köpenick entlassen.
6Am 27. März 2014 teilten die ungarischen Behörden dem Bundesamt mit, dass sie sich nicht für zuständig erachteten, da Bulgarien am 26. März 2014 unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers akzeptiert habe. Am selben Tag wurde mit dem Kläger ein weiteres „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ geführt. Dabei ergänzte und korrigierte er einige seiner früher gemachten Angaben und erklärte nunmehr: Die Ehe mit der ebenfalls in Deutschland weilenden kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. sei bereits am 14. Februar 2013 in Mali geschlossen worden. Die türkische Botschaft in Bamako (Mali) habe ihm ein Visum erteilt, mit dem er im August 2013 auf dem Luftweg in die Türkei gereist sei. Dort sei er einen Monat lang geblieben. Von der Türkei aus sei er mit dem Pkw nach Bulgarien gefahren, wo ihm im Oktober 2013 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach einem Monat des Aufenthalts in Bulgarien sei er eine Woche lang in Griechenland gewesen, bevor er über Serbien nach Ungarn gelangt sei. Dort habe er im Januar 2014 einen Asylantrag gestellt. In Ungarn sei er einen Monat lang geblieben. Dann sei er mit einem Pkw nach Deutschland weitergereist.
7Mit Bescheid vom 31. März 2014 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger unter Hinweis auf § 50 AsylVfG der Stadt C. M.---- (Kreis Q. ) zu.
8Am 2. April 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten sich am 10. April 2014 zur Rückübernahme des Klägers bereit.
9Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. Juli 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
10Am 9. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in Bulgarien durchgreifende systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, die mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergingen. Diese Mängel beträfen den Zugang zum Asylverfahren, das Refoulement-Verbot, die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf verschiedene Berichte des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), von Amnesty International sowie der Asylum Information Database (Aida) und verweist auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die er seine Auffassung bestätigt sieht.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie erklärt: Es bestünden keine Gründe für die Annahme, dass das bulgarische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet sei; dies werde auch durch eine Vielzahl entsprechender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bestätigt. Die bulgarische Regierung habe Maßnahmen getroffen, die bereits zu einer erheblichen Verbesserung im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geführt hätten.
16Auf Antrag des Klägers ordnete das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
17Bereits unter dem 8. August 2014 hatte das Gericht den UNHCR um Erteilung einer Auskunft zum Asylverfahren und zur Lage von Asylbewerbern in Bulgarien gebeten. Der UNHCR erteilte die erbetene Auskunft unter dem 23. Dezember 2014 in englischer Sprache (Blatt 63 bis 66 der Gerichtsakte). Das Gericht holte eine Übersetzung der Auskunft ins Deutsche ein (Blatt 67 bis 70 der Gerichtsakte).
18Frau E. -G. , bei der es sich nach Angaben des Klägers um seine Ehefrau handelt, wurde auf der Grundlage des § 50 AsylVfG der Stadt N. B1 zugewiesen. Sie betreibt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 23 K 4771/14.A ein Klageverfahren, in dem ein gleichfalls vom 26. Juni 2014 datierender Bundesamtsbescheid – Az.: 5731212-262 –, mit dem ein Asylantrag Frau E. -G1. als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde, streitgegenständlich ist. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewährte Frau E. -G. mit Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A – vorläufigen Rechtsschutz.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1660/14.A und 10 L 530/14.A, den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang sowie die beim Landrat des Kreises Q. über den Kläger geführte Ausländerakte (jeweils ein Heft) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21A. Der Einzelrichter, dem das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 9. Januar 2015 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
22B. Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. Juni 2014– Az.: 5731265-251 – gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG), sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Bulgarien (§ 34a AsylVfG), sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23I. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) die Republik Bulgarien zuständig.
241. Die Dublin-III-VO und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 27. Februar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
252. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Republik Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
26a) Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Land-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Bulgarien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Bulgariens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
28Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen. Nach der Mitteilung der ungarischen Behörden an das Bundesamt vom 6. März 2014 (Blatt 29 der beigezogenen Bundesamtsakte) ist der Kläger am 25. September 2013 nach Bulgarien eingereist. Die beim Kläger aufgefundene ungarische Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens weist als Ausstellungsdatum den 23. Januar 2014 aus (Blatt 4 der beigezogenen Ausländerakte), woraus folgt, dass er spätestens an diesem Tag in Ungarn einen Asylantrag gestellt haben muss. Dass die vorgenannten Unterlagen inhaltlich unrichtig sein könnten, ist weder vom Kläger substanziiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Liegt danach zwischen dem illegalen Grenzübertritt nach Bulgarien und der Antragstellung in Ungarn ein Zeitraum von höchstens vier Monaten, so ist die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO ergebende zwölfmonatige Frist unzweifelhaft gewahrt. Darauf, dass der Asylantrag nicht in Bulgarien gestellt worden ist, kommt es für die Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates nicht an.
29b) Es greifen auch keine gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangig anzuwendenden Zuständigkeitstatbestände ein, namentlich keine solchen zum Schutz der Familieneinheit gemäß Art. 10 und 11 Dublin-III-VO. Dabei kann zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er tatsächlich die Ehe mit der am 14. April 1987 geborenen kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. geschlossen hat.
30Für die Anwendung des Art. 10 Dublin-III-VO wäre es erforderlich, dass beide Familienangehörigen, zu denen gemäß Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO auch Ehegatten gehören, den Wunsch zur Prüfung ihrer Asylanträge in demselben Mitgliedstaat schriftlich kundtun. Eine schriftliche Erklärung dieser Art liegt indessen – zumindest für den Kläger – nicht vor.
31Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 13 L 2517/14.A –, juris (Rdnr. 15).
32Ebenso wenig vermag Art. 11 Dublin-III-VO etwas an der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Klägers zu ändern. Unter der amtlichen Überschrift „Familienverfahren“ erfasst diese Bestimmung (u.a.) den Fall der gleichzeitigen Asylantragstellung durch mehrere Familienangehörige oder der Asylantragstellung mehrerer Familienangehöriger in so großer zeitlicher Nähe, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können. Besteht in einem solchen Fall bei Anwendung der in der Dublin-III-VO genannten Kriterien die Gefahr der Trennung der Familienangehörigen, so gilt nach Art. 11 Dublin-III-VO Folgendes: a) Zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger (…) ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist; b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.
33Es spricht bereits vieles dafür, dass Art. 11 Dublin-III-VO hier bereits in seinem Ausgangspunkt nicht einschlägig ist. Denn es dürfte schon keine Gefahr der Trennung im Sinne dieser Bestimmung bestehen, weil eine Zuständigkeit Bulgariens nach Lage der Akten wohl ohnehin – unabhängig von der Anwendung der Vorschriften zur Wahrung der Familieneinheit – auch für Frau E. -G. besteht. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Kläger aus Art. 11 Dublin-III-VO nichts für sich herleiten. In Bezug auf Art. 11 Buchst. a) Dublin-III-VO gilt dies schon deshalb, weil es hier um die Bestimmung der Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylverfahren von lediglich zwei Personen – des Klägers und seiner (angeblichen) Ehefrau – geht. In einem solchen Fall kann es bei einer etwaigen Verschiedenheit der an sich zuständigen Mitgliedstaaten rechnerisch keinen „größten Teil“ der Familienangehörigen geben.
34Vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-VO, 1. Auflage (2014), Art. 11 Dublin-III-VO Anm. K 5.
35Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO vermag ebenfalls nichts an der Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zu ändern. Denn er ist nach den von ihm und seiner (angeblichen) Ehefrau gemachten Angaben, wonach er am 21. Juni 1984 und Frau E. -G. am 14. April 1987 geboren ist, der ältere der beiden Ehegatten. Daraus folgt, dass gemäß Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO jener Mitgliedstaat für alle Familienangehörigen (hier für beide Ehegatten) zuständig ist, der nach den einschlägigen Kriterien der Dublin-III-VO für den Kläger zuständig ist
36- ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A –, in dem Frau E. -G. betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. im Einzelnen die Seiten 3 und 4 des den Beteiligten vorliegenden Beschlussabdrucks) -.
37Die sich aus Art. 13 Dublin-III-VO für das Verfahren des Klägers ergebende Zuständigkeit Bulgariens erstreckt sich mithin bei Anwendung des Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO auf seine Ehefrau.
383. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Republik Bulgarien ist diese gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass in seinem Fall die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen (vgl. dazu nachfolgend 5.). Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Bulgarien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Kläger hat selbst angegeben, lediglich in Ungarn (und nicht auch in Bulgarien) einen Asylantrag gestellt zu haben. Abgesehen davon haben die ungarischen Behörden dem Bundesamt unter dem 6. März 2014 mitgeteilt, dass für den Kläger hinsichtlich Bulgariens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 (BG2BR206C1309250012) erzielt worden sei (Blatt 29 der Bundesamtsakte). Gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-Durchführungsverordnung) werden nur Daten von Asylbewerbern mit der Kategorie 1 versehen. Hieran zeigt sich ebenfalls, dass der Kläger in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hat, zumal nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr bzgl. der erhobenen und übermittelten Daten besteht.
39Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 37).
404. Die Aufnahmeverpflichtung Bulgariens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO ist nicht gemäß Art. 19 Dublin-III-VO nachträglich erloschen. Namentlich ergibt sich Entsprechendes nicht aus der Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach erlöschen die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller, um dessen Aufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Nachweis einer mindestens drei Monate dauernden Abwesenheit des Klägers aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten ist nicht geführt. Zwar hat er vor dem Bundesamt erklärt, im Anschluss an seinen Aufenthalt in Bulgarien in Serbien, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt, gewesen zu sein. Dieser Aufenthalt in Serbien ist jedoch in keiner Weise belegt und kann abgesehen davon bei dem vom Kläger geschilderten zeitlichen Ablauf ohnehin nur kurzzeitig gewesen sein. Am 27. Februar 2014 hat er selbst gegenüber dem Bundesamt bekundet, sich lediglich einen Tag lang in Serbien aufgehalten zu haben (Blatt 8 der Bundesamtsakte).
415. Des Weiteren sind die Zuständigkeit Bulgariens und die daraus folgende Aufnahmepflicht nicht aufgrund eines Verstreichens der für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen:
42a) Das Bundesamt hat die im Aufnahmeverfahren maßgebliche Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet. Dabei kann offen bleiben, ob hier eine Frist von drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) oder – aufgrund des von den ungarischen Behörden mitgeteilten EURODAC-Treffers hinsichtlich Bulgariens – eine zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) einschlägig gewesen ist, weil beide Fristen eingehalten worden sind. Das Bundesamt hat dadurch, dass der Kläger am 27. Februar 2015 über einen Aufenthalt in Bulgarien berichtet hat, erste Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates erhalten. Die Hinweise auf eine Zuständigkeit Bulgariens haben sich sodann durch den von den ungarischen Behörden unter dem 6. März 2014 mitgeteilten EURODAC-Treffer verdichtet. Am 27. März 2014 haben die ungarischen Behörden schließlich berichtet, dass Bulgarien sich ihnen gegenüber unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für zuständig erklärt habe. Selbst wenn man hier – zugunsten des Klägers – für den Beginn der Antragsfrist auf den erstgenannten Zeitpunkt (27. Februar 2014) abstellte, hätte das Bundesamt dadurch, dass es sich bereits am 2. April 2014, d.h. nur rund fünf Wochen später, an die bulgarischen Behörden gewandt hat, die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet.
43b) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre.
44Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Republik Bulgarien) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2).
45Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist (jedenfalls) der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung in jedem Fall dann zu, wenn diese gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, m.w.N., juris (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO).
47So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. Denn die bulgarischen Behörden haben sich am 10. April 2014 gegenüber der Beklagten zur Aufnahme des Klägers bereit erklärt, so dass die Frist nach dem ersten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erst mit dem 10. Oktober 2014 verstrichen wäre. Diese Frist ist mit der gerichtlichen Entscheidung vom 30. September 2014, die dem Hauptsacherechtsbehelf aufschiebende Wirkung zugewiesen hat, mit der Folge (rechtzeitig) unterbrochen worden, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht verstrichen.
486. Ferner kann der Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien berufen.
49Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
50Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
51Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
52Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
54Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
55Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
56Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gelten jedenfalls dann, wenn der betreffende Asylbewerber in dem Mitgliedstaat, in den er abgeschoben werden soll, noch keinen Schutzstatus erlangt hat
57- vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014– 17 L 2379/14.A –, juris (Rdnr. 20), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O. -.
58Dies ist beim Kläger der Fall, da er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt und dementsprechend auch noch keinen Schutzstatus erhalten hat.
59Ausgehend hiervon kann das erkennende Gericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen, dass in der Republik Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne, von denen gerade der Kläger betroffen wäre, bestehen
60- ebenso in entsprechenden Fällen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 42 ff.), VG Potsdam, Urteil vom 4. Februar 2014 – 6 K 3905/13.A –, juris (Rdnr. 16), VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 14.30366 –, juris (Rdnr. 27), und VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris (Rdnr. 30 ff.); demgegenüber geht ein Teil der Rechtsprechung vom Vorliegen systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems aus oder sieht deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger Mängel: VG Bremen, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 –, juris (Rdnr. 26 ff.), VG Schwerin, Beschluss vom 13. März 2014– 3 B 230/14 As –, juris (Rdnr. 20 ff.), VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 12 B 1387/14 –, juris (Rdnr. 18 ff.); vgl. außerdem VG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 L 147/14.A –, juris (Rdnr. 8 ff.), das grundsätzlich keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems sieht, eine Ausnahme hiervon jedoch bei besonders schutzbedürftigen Personen (z.B. psychisch kranken Menschen) macht -.
61Der Vortrag des Klägers, wonach in Bezug auf (a) den Zugang zum Asylverfahren, (b) das Refoulement-Verbot, (c) die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie (d) die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens bestünden, greift nicht durch:
62a) Ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren ist in Bulgarien für den Kläger gegeben.
63Allerdings war das bulgarische Asylsystem bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern, die aufgrund des Konflikts in Syrien über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, vollkommen überfordert. Dadurch war bereits ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft heraus, nicht mehr gewährleistet. Zwar wies Bulgarien auch zu dieser Zeit eine vergleichsweise hohe Schutzquote auf. Gleichwohl bestanden – bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation der beteiligten bulgarischen Amtswalter – unübersehbare Mängel im Verfahren, u.a. im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden. Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar vor allem im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind. Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der u.a. eine Verbesserung der Verfahrensabläufe, aber auch eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze mit der Türkei zum Inhalt hatte. Außerdem wurde durch das European Asylum Support Office (EASO) im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober 2013 wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist. Nicht zuletzt aufgrund dieser Grenzanlage ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres 2014 zunächst erheblich zurückgegangen. Dies wiederum hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Es wird von erheblichen Verbesserungen berichtet. Insbesondere wird eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist, worauf nachfolgend unter c) noch näher einzugehen sein wird, nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft heraus nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären. Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr).
64Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 44 ff., 55).
65Zwar hat sich aufgrund des ab August 2014 zu verzeichnenden stetigen Anstiegs der Anzahl der Neuanträge auf internationalen Schutz
66- vgl. dazu die unter http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1 durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
67die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
68Vgl. dazu die Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014, Seiten 2 und 3.
69Nach alledem ist derzeit die Prognose gerechtfertigt, dass für den Kläger im Anschluss an eine Überstellung nach Bulgarien ein ausreichender Zugang zum dortigen Asylverfahren gegeben sein wird. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass er als sog. Dublin-Rückkehrer nach Bulgarien einreisen wird. Für nach Bulgarien zurückkehrende Asylbewerber gilt nach den Feststellungen des UNHCR
70- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
71Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
72Vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 58).
73Gemessen hieran wird dem Kläger als Dublin-Rückkehrer das Asylerstverfahren in Bulgarien ohne Einschränkungen offen stehen, weil er dort noch keinen Asylantrag gestellt hatte und dementsprechend auch noch keine Anhörung stattgefunden haben kann, aufgrund der – ggf. auch in seiner Abwesenheit – eine endgültige verfahrensabschließende Entscheidung hätte getroffen werden können. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund des in Ungarn gestellten Asylantrags in Bulgarien als bloßer Folgeantragsteller behandelt werden würde.
74Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
76Hinweise auf entsprechende Rechtsverletzungen aufgrund von Mängeln des Asylverfahrens ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in Bulgarien bestehenden Schutzquote. Denn die Zahl der in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannten Personen ist vergleichsweise hoch. So wurde im dritten Quartal 2014 bei 1.005 Asylentscheidungen in 785 Fällen ein Flüchtlingsstatus und in 90 Fällen ein subsidiärer Schutz zuerkennt; dies entspricht einer Gesamtschutzquote von rund 87 %
77- vgl. die Eurostat-Daten unter http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/8/88/First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates%2C_3rd_quarter_2014.png (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -,
78die allerdings zum Teil auch dadurch bedingt sein mag, dass viele Personen, die in Bulgarien einen Asylantrag stellen, aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen.
79b) Soweit der Kläger Verstöße gegen das Refoulement-Verbot rügt, mag dies (teilweise) berechtigt sein, und zwar mit Blick darauf, dass es Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei ab dem Jahr 2013 gibt
80- vgl. dazu etwa Human Rights Watch, Containment Plan – Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian an Other Asylum Seekers and Migrants, 29. April 2014, Seiten 14 ff. -.
81Damit könnte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen. Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei Flüchtlinge nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist, wovon aber in Bezug auf Bulgarien wohl nicht auszugehen ist, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns – vgl. dazu bereits die Ausführungen unter a) – kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal keine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich sein dürfte.
82Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 47).
83Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil sich der Kläger bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet und somit von der Zurückweisungspraxis an der türkisch-bulgarischen Grenze nicht (mehr) betroffen ist. Dafür, dass sich Bulgarien des Klägers nach Durchführung eines Asylverfahrens unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen würde, ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84c) Soweit der Kläger gegen den streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid sinngemäß einwendet, Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrern hätten in Bulgarien im Widerspruch zu den Bestimmungen der EMRK und der GR-Charta mit Inhaftierung zu rechnen, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.
85Nach den Feststellungen des UNHCR
86- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
87reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u.a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
88- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 55).
89Abgesehen davon wird der Kläger bei einer Rückkehr nach Bulgarien von einer solchen Einwanderungshaft voraussichtlich nicht mehr betroffen sein, weil er im Wege der Überstellung gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Bulgarien zurückkehren wird.
90Auch mit Blick auf die in Bulgarien herrschende Praxis im Bereich der Abschiebungshaft, können keine gerade den Kläger betreffenden systemischen Schwachstellen festgestellt werden. Die Verhängung von Abschiebungshaft kommt nach der Auskunft des UNHCR an das erkennende Gericht vom 23. Dezember 2014 (Seiten 3 und 4) zunächst dann in Betracht, wenn ein Asylbewerber Bulgarien während des laufenden Asylverfahrens verlässt und erst nach Verstreichen der unter a) behandelten dreimonatigen Betreibensfrist wieder zurückkehrt oder aber sein Asylantrag– ggf. auch während seiner Abwesenheit – abgelehnt wird. In diesen Fällen gilt der (erneute) Aufenthalt des betroffenen Drittstaatsangehörigen als illegal, mit der Folge, dass er (grundsätzlich) in Abschiebungshaft genommen wird. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen. Wird dieser Antrag zur sachlichen Prüfung zugelassen, so ist eine Haftfortdauer gleichwohl wahrscheinlich. Eine Freilassung aus der Haft kommt allerdings in Betracht, wenn dem Folgeantragsteller ein Platz in einer Einrichtung der SAR zugewiesen wird oder aber eine externe Wohnung nachgewiesen wird. Mit Letzterem ist allerdings ein Verzicht auf staatliche Leistungen verbunden. Die vorstehend behandelte Art der Abschiebungshaft kann auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, ohne dass nach Einschätzung des UNHCR bislang ein hinreichender Rechtsschutz dagegen existiert. Mit dieser Art der Haft hat der Kläger indessen ebenfalls nicht zu rechnen. Dublin-Rückkehr, zu denen auch er gehört, genießen nämlich – unabhängig vom etwaigen Ablauf der dreimonatigen Betreibensfrist – grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Asylbewerber im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr – nach Angaben des UNHCR „höchstwahrscheinlich“ – in einer SAR-Einrichtung untergebracht und somit nicht inhaftiert. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, liegen nicht vor. Auch dann, wenn über den Antrag eines Dublin-Rückkehrers auf internationalen Schutz in der Sache bereits (endgültig) entscheiden worden ist, kann dieser, wenn er einen Folgeantrag stellt, zunächst wieder in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden, soweit ein entsprechender Platz vorhanden ist. Nur im Dublin-Verfahren überstellte Asylbewerber, deren Ansprüche durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden sind und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Oktober 2014 wurden nach Auskunft der SAR an den UNHCR 143 Asylbewerber im Dublin-Verfahren nach Bulgarien überstellt. Die Asylanträge von 7 dieser Rückkehrer waren (gerichtlich bestätigt) endgültig abgelehnt worden; diese Personen wurden in Abschiebungshaft genommen. Die restlichen Dublin-Rückkehrer wurden in SAR-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass er, wenn er – wie im streitgegenständlichen Bescheid vorgezeichnet – im Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückkehrt, allenfalls nach rechts- bzw. bestandskräftigem Abschluss eines in Bulgarien erst noch einzuleitenden Asylverfahrens in Abschiebungshaft genommen werden kann. Ob dies überhaupt geschehen wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einmal ansatzweise zuverlässig prognostizieren, so dass das Gericht schon aus diesem Grund nicht die Feststellung treffen kann, der Kläger werde im Zusammenhang mit einer Inhaftierung in Bulgarien einer erniedrigenden, unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt.
91Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die (hier noch geltende) Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326, S. 13 ff., sog. Aufnahmerichtlinie) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
92Vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A, juris (Rdnr. 14 ff.).
93Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des EGMR
94- Urteil vom 27. Januar 2015 – 36925/10 u.a. (Neskov u.a. ./. Bulgarien) –, HUDOC -
95sinngemäß geltend macht, dass in bulgarischen Gefängnissen menschenunwürdige und erniedrigende Zustände im Sinne von Art. 3 EMRK aufgrund von Überfüllung, unzureichenden sanitären Anlagen sowie fehlendem Ausgang herrschten, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Die genannte Entscheidung betrifft die Verhältnisse in der Strafhaft und kann daher nicht auf den hier interessierenden Bereich der Abschiebungshaft, für die – wie dargelegt – gesonderte Haftanstalten zur Verfügung stehen, übertragen werden. Soweit in mehreren Berichten
96- vgl. Aida, National Country Report Bulgaria, April 2014, Seiten 49 ff.; Human Rights Watch, a.a.O., Seiten 39 ff. -
97auch die Verhältnisse in den bulgarischen Abschiebungshaftanstalten – u.a. aufgrund von Überbelegung und unzureichenden sanitären Anlagen – kritisiert werden, beruht dies im Schwerpunkt noch auf der Auswertung von Zahlenmaterial, Besuchen vor Ort und sonstigen Erkenntnissen aus den Jahren bis einschließlich 2013, d.h. aus einer Zeit, in der das gesamte bulgarische Asylsystem durch die (unvorhergesehen) hohe Zahl an Asylbewerbern erheblich überlastet war. Die Berichte vermögen mithin keine verlässliche Auskunft über die heutigen Verhältnisse zu geben. Der UNHCR hat in Bezug auf die Abschiebungshaftanstalten in Busmantsi und Lyubimets (SCAR) im April 2014 festgestellt, dass die Inhaftierten regelmäßig Essen bekämen und eine notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei; zudem bestünden (auf einfachem Niveau) Freizeitmöglichkeiten, und zwar auch auf entsprechenden Außenanlagen.
98Vgl. UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, April 2014, Seite 6.
99Soweit dem bulgarischen Gesetzgeber ein Gesetzentwurf vorliegt, der eine Verschärfung des Haftrechts vorsieht, bleibt abzuwarten, ob dieser überhaupt verabschiedet werden wird. Abgesehen davon ist derzeit noch nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz zu hier relevanten systemischen Mängeln führen würde, zumal nicht erkennbar ist, dass sich die bulgarischen Behörden und Gerichte einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der betreffenden Bestimmungen (systematisch und durchgängig) verweigern würden.
100Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 57).
101Auch für den Bereich der Abschiebungshaft nach bestandskräftiger Entscheidung im Asylverfahren sind nach alledem – zumindest derzeit – keine durchgreifenden systemischen Mängel feststellbar. Wie ausgeführt ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aber ohnehin nicht hinreichend sicher, dass der Kläger in Bulgarien überhaupt von Abschiebungshaft betroffen werden wird.
102d) Schließlich greift auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Einwand, die sozialen Aufnahmebedingungen in Bulgarien, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, seien mit gravierenden (systemischen) Mängeln behaftet, nicht durch.
103Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
104Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
105Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
106Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
107Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49 ff.).
109Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
110Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
111Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
112Soweit überdies in Bulgarien erhebliche Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter bestehen mögen
113- vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 59) -,
114ist der Kläger hiervon – bei seinem derzeitigen Status – ebenfalls nicht betroffen.
1157. Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
116- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -,
117würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylVfG führen. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum bulgarischen Asylsystem (vgl. dazu vorstehend 6.) nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Bulgarien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
1188. Ist demnach Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Mali Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO allein den zuständigen bulgarischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Bulgarien um Rechtschutz nachsuchen.
119II. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann.
120Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Bulgarien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Republik Bulgarien ist – wie bereits unter I. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
121Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3) sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
122Im Falle des Klägers vermag das erkennende Gericht vor allem kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK festzustellen. Namentlich folgt ein solches nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach eigenem Bekunden mit Frau E. -G. verheiratet ist und sich diese in Deutschland aufhält. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
123Vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Januar 2006– 2 BvR 1935/05 –, juris (Rdnr. 16).
124Nach Lage der Akten besteht vorliegend jedoch keine Gefahr einer (dauerhaften) Familientrennung, da nicht nur der Kläger, sondern auch seine Ehefrau zur Durchführung der beantragten Asylverfahren nach Bulgarien zu überstellen sein wird. Dies ergibt sich für Frau E. -G1. , sollte sie wirklich die Ehefrau des Klägers sein, jedenfalls aus Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO; insoweit wird auf die vorstehend unter I. 2. b). angestellten Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass eine unter den Schutz von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK fallende Bindung besteht, nicht ersichtlich, dass ihm eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau unzumutbar wäre, zumal die Eheleute auch bereits in Deutschland unterschiedlichen Städten zugewiesen sind und somit derzeit an getrennten Orten leben, ohne dass – soweit ersichtlich – ernsthafte Bemühungen unternommen worden wären, diesen Zustand zu ändern. Weiter ist mit Blick auf das vom Kläger geltend gemachte Asylbegehren zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er hierbei angesichts des gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich auch in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem anderen, hierfür zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird. Das ist jedenfalls dann nicht völlig unzumutbar, wenn die Trennung von dem Ehegatten nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend sein wird. Eben dies ist hier der Fall. Wie ausgeführt hat nach Lage der Akten auch die (angebliche) Ehefrau des Klägers kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern ist ebenso wie der Kläger nach Bulgarien zu überstellen. Vor diesem Hintergrund ist, soweit nicht ohnehin eine gemeinsame Überstellung nach Bulgarien erfolgen wird, allenfalls eine kurzzeitige (weitere) Trennung zu befürchten. Dass eine solche dem Kläger unzumutbar sein würde, ist derzeit nicht ersichtlich
125- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall: VG München, Beschluss vom 5. Mai 2014 – M 11 S 14.50165 –, juris (Rdnr. 30) -.
126Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine dauerhafte Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit Blick darauf in Betracht käme, dass diese möglicherweise – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist – psychische Probleme hat und deshalb behandelt wird. Dass die Ehefrau des Klägers aufgrund dieses Umstands längerfristig oder gar dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben müsste und damit bei Überstellung allein des Klägers nach Bulgarien eine unzumutbare Trennung drohte, kann das Gericht nicht feststellen, zumal der (auch Frau E. -G. vertretende) Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein aussagekräftiges Attest vorlegen zu können, so dass sich das Gericht mangels eines entsprechenden Ansatzpunktes auch nicht veranlasst sieht, von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Ehefrau des Klägers anzustellen.
127C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.