Verwaltungsgericht München Beschluss, 05. März 2018 - M 1 S 17.51507
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu je 1/3.
Gründe
I.
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
II.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.
(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:
- 1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2, - 2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.
(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Instanzen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 3. Oktober 19.. geborene Kläger algerischer Staatsangehörigkeit stellte am 18. Oktober 2013 in Deutschland einen Asylantrag. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erklärte er, er habe weder in einem anderen Staat der EU Asyl beantragt noch sei er erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei im Januar 2012 zu Fuß nach Marokko gegangen, von dort aus mit dem Schiff nach Barcelona gefahren und weiter über Paris und Lüttich nach Deutschland gereist. Nachdem das Bundesamt Kenntnis davon erlangt hatte, dass dem Kläger am 16. Mai 2013 von italienischen Behörden in Algier ein vom 3. bis 24. Juni 2013 gültiges Schengen-Visum erteilt worden ist, ersuchte es unter dem 22. November 2013 Italien um Aufnahme des Klägers auf der Grundlage der Dublin-Verordnung. Eine Antwort der italienischen Behörden erfolgte nicht.
3Durch Bescheid vom 11. Februar 2014 stellte das Bundesamt auf der Grundlage des § 27a AsylVfG (jetzt: AsylG) unter Hinweis auf die Zuständigkeit Italiens fest, der Asylantrag des Klägers sei unzulässig, (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 2).
4Am 21. Februar 2014 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage erhoben. Mit Beschluss vom 17. März 2014 ordnete das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung nach Italien an (7a L 284/14.A).
5Zur Klagebegründung hat der Kläger geltend gemacht, das italienische Asylverfahren sei aufgrund der offensichtlichen Überforderung der dortigen Behörden mangelhaft. Er habe keine Garantie, dass in Italien über sein Asylgesuch rechtmäßig entschieden werde.
6Der Kläger hat beantragt,
71. den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 aufzuheben,
82. die Beklagte zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
93. die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass
10Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 2 - 7
11AufenthG vorliegen.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie hat ausgeführt, das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien wiesen keine systemischen Mängel auf. Dies sei auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt.
15Mit Urteil vom 30. Juli 2014 hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen den Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei mit dem Antrag zu 1. zulässig, mit dem Verpflichtungsantrag (Anträge zu 2. und 3) unzulässig, weil die Anfechtungsklage die richtige Klageart sei. Die Anfechtungsklage sei auch begründet. Die Beklagte sei nach der hier maßgeblichen Dublin II-VO zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichtet, weil Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien auch derzeit noch systemische Mängel aufwiesen, die die Prognose rechtfertigten, dass der Asylbewerber dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sei.
16Zur Begründung der vom früher für das Verfahren zuständigen 11. Senat zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Nach der Rechtsprechung des OVG NRW bestünden in Italien keine systemischen, die Grenze zur Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitenden Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung.
17Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
18das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 zu ändern und die Klage abzuweisen.
19Der Kläger beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Gerichtsakte des Eilverfahrens sowie die Verwaltungsvorgänge des Bundesamts Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der im Berufungsverfahren nur noch streitgegenständlichen Anfechtungsklage zu Unrecht stattgegeben. Diese Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394), sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), ebenfalls zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 394).
25A. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
26Die isolierte Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrags nach den unionsrechtlichen Regelungen der Dublin-Verordnung begehrt.
27Vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, 154 = juris, Rn. 13 f., und vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, DVBl. 2016, 313 = juris, Rn. 9, sowie Beschluss vom 12. Januar 2016 - 1 B 64.15 -, juris, Rn. 2; OVG NRW, Urteile vom 16. September 2015 - 13 A 800/15.A -, juris, Rn. 22 ff., und vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 31; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 18.
28Das Bundesamt hat in Ziffer 1 des Bescheids auch eine rechtsgestaltende Regelung über die Zulässigkeit des Asylantrags getroffen, deren Aufhebung mit der Anfechtungsklage begehrt werden kann. Ungeachtet der gewählten Formulierung („Der Asylantrag ist unzulässig.“) liegt nicht lediglich eine Feststellung, sondern eine rechtsgestaltende Entscheidung über die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor, wie dies § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG verlangt.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn.10, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, NVwZ 2016, 67 = juris, Rn. 12.
30B. Die Klage ist aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 11. Februar 2014 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
31I. Die Rechtmäßigkeit des auf §§ 27a, 34a AsylG gestützten Bescheids beurteilt sich nach der Dublin II-VO. Diese ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts ungeachtet des § 77 Abs. 1 AsylG anwendbar.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 ‑ 1 C 4.15 -, juris, Rn. 17.
33Auch die Ersetzung durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) ist insoweit unerheblich. Nach Art. 49 Satz 3 Dublin III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats weiterhin nach den Kriterien der Dublin II-VO, wenn der Asylantrag vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat sein maßgebliches Schutzgesuch am 18. Oktober 2013 angebracht. Die Dublin III-VO gilt zwar ab dem 1. Januar 2014 – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, wenn sie nicht bereits vor diesem Datum gestellt wurden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7.13 -, BVerwGE 150, 29 = juris, Rn. 27, und vom 17. September 2015 - 1 C 26.14 -, juris, Rn. 14.
35Hier ist aber das Wiederaufnahmeersuchen bereits am 22. November 2013 und damit vor dem Stichtag gestellt worden.
36II. Der formell rechtmäßige Bescheid vom 11. Februar 2014 ist sowohl hinsichtlich der Regelung in Ziffer 1 (1.) als auch hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 (2.) materiell rechtmäßig.
371. Rechtsgrundlage der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 ist § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG i. V. m. § 27a AsylG. Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4, Abs. 6 AsylG ist in solchen Fällen der Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
38Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG entscheidungserheblich ist, ist der Asylantrag des Klägers gemäß § 27a AsylG unzulässig. Italien ist nach der Dublin II-VO für die sachliche Prüfung und Entscheidung des Asylantrags zuständig (a.). Es bestehen auch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien, die der Rückführung entgegenstünden (b.). Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer (c.).
39a. Nach der Dublin II-VO ist Italien zuständig für das Asylverfahren. Dies ergibt sich aus Art. 9 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Dublin II-VO, weil Italien dem Kläger ein Visum ausgestellt hat, das im maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung in Deutschland (Art. 5 Abs. 2 Dublin II-VO) weniger als sechs Monate abgelaufen war. Die Asylantragstellung in Deutschland erfolgte am 18. Oktober 2013, das Visum war gültig bis zum 24. Juni 2013. Die Zuständigkeit ist nicht auf Deutschland übergegangen, insbesondere ist die Überstellungsfrist nach Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO nicht – mit der Folge eines Zuständigkeitswechsels – verstrichen. Danach erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Da Italien auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat, begann die Frist gemäß Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO am 23. Januar 2014 zu laufen. Das Verwaltungsgericht ordnete mit Beschluss vom 17. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage an (7a L 284/14.A). In einem solchen Fall endet die Überstellungsfrist – wenn und solange die Überstellung (weiter) ausgesetzt ist – erst sechs Monate nach Entscheidung über die vorliegende Klage, d. h. nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens.
40Vgl. OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 56, und vom 16. Juni 2015 ‑ 11 A 890/14.A -, juris, Rn. 26; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris, Rn. 35; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 - A 2 S 1355/11 -, AuAS 2012, 213 = juris, Rn. 24; Hess. VGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 A 1863/10.Z.A -, InfAuslR 2011, 463 = juris, Rn. 7.
41Die aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 23. Januar 2014 bestehende aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage dauert fort. Sie endet, da der erst-instanzlichen Klage stattgegeben worden ist, gemäß § 80 b Abs. 1 Satz 1 VwGO erst mit der Unanfechtbarkeit des Bescheids.
42Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 4. Februar 2016 - 13 A 59/15.A -, juris, Rn. 39 ff.
43b. Der Beklagten ist auch nicht deshalb die Berufung auf die Zuständigkeit Italiens für den Asylantrag des Klägers verwehrt, weil der Kläger wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt wäre.
44aa. Die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens beruhende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der EU (im Folgenden: GR-Charta), der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) steht, kann widerlegt werden. Eine Widerlegung ist aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die asylrecht-lichen Richtlinien der EU – Richtlinie 2003/9/EG bzw. 2013/33/EU (Aufnahme-richtlinie), Richtlinie 2004/83/EG bzw. 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), Richt-linie 2005/85/EG bzw. 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) – genügen. Vielmehr müssen die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebe-dingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta – der Art. 3 EMRK entspricht – ausgesetzt zu werden.
45Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C- 411/10 und C-493/10 (N.S.) -, NVwZ 2012, 417 = juris, Rn. 78 ff., vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) -, juris, Rn. 30 ff., und vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 (Abdullahi ) -, NVwZ 2014, 208 = juris, Rn. 52; EGMR, Urteile vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, ZAR 2011, 395, Rn. 216 ff., und vom 4. November 2014 ‑ 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 93 und102 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 = juris, Rn. 5 ff., vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, NVwZ 2014, 1677 = juris, Rn. 5, und vom 15. April 2014 - 10 B 17.14 -, juris, Rn. 3 ff.; vgl. zum Ganzen ausführlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 65 ff.
46Wegen des in Deutschland geltenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss sich der Tatrichter die Überzeugungsgewissheit verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Systemische Mängel liegen danach vor, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9.
48Zwar setzt dies nicht voraus, dass in jedem Falle das gesamte Asylsystem einschließlich der Aufnahmebedingungen und der zugehörigen Verfahren schlechthin als gescheitert einzustufen ist, jedoch müssen die in jenem System festzustellenden Mängel so gravierend sein, dass sie in einer Vielzahl von Fällen zu der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Das kann darauf beruhen, dass die Fehler bereits im System selbst angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern nicht zufällig und im Einzelfall, sondern (objektiv) vorhersehbar von ihnen betroffen sind. Ein systemischer Mangel kann daneben aber auch daraus folgen, dass ein in der Theorie nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - mit Blick auf seine empirisch feststellbare Umsetzung in der Praxis - faktisch in weiten Teilen funktionslos wird.
49Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 89 ff.
50Hingegen kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Derartige individuelle Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob im maßgeblichen Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung (hier: der Berufungsverhandlung) systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen, wobei zu beachten ist, dass persönliche Erlebnisse Betroffener durch neuere Entwicklungen in dem betreffenden Staat überholt sein können.
51Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 2013 - 10 B 35.14 -, juris, Rn. 6; s. auch EGMR, Urteil vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 30.
52Bei der Bewertung der in Italien anzutreffenden Umstände der Durchführung des Asylverfahrens und der Aufnahme von Asylbewerbern ist maßgeblich auf Ausländer in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Lage wie der des Klägers abzustellen, eines allein stehenden, jungen, arbeitsfähigen Mannes, der in Italien vor seiner Weiterreise nach Deutschland noch keinen Asylantrag gestellt hatte.
53bb. Hiervon ausgehend steht nach dem im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vorliegenden Erkenntnismaterial zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger im Falle seiner Überstellung nach Italien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden.
54Vgl. ebenso für Italien – in unterschiedlichen Fallkonstellationen – EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 36, vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) -, juris, Rn. 35, und vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, juris, Rn. 114 f.; OVG NRW, Urteile vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 35 ff., und vom 10. Juli 2015 - 15 A 1048/14.A -, juris; Nds. OVG, Urteil vom 25. Juni 2015 - 11 LB 248/14 -, juris, Rn. 47 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 - A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 43 ff.; Bay. VGH, Urteil vom 28. Februar 2014 - 13a B 13.30295 -, BayVBl. 2014, 628 = juris; Hess. VGH, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG Rh.-Pf., Urteil vom 21. Februar 2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG S.-A., Beschluss vom 14. November 2013 - 4 L 44/13 -, juris.
55(1) Bei der Würdigung der Erkenntnisse ist zunächst davon auszugehen, dass Italien - sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch die Verwaltungspraxis - über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.
56Vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt (AA), Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 2. und 3.; CIR (Consiglio Italiano per i Rifugiati), Asylum Information Database (aida): Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 16 ff.; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 4; s. auch EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 37.
57Ob Art. 4 GR-Charta die vollständige Umsetzung der diesbezüglichen Richtlinien erfordert, kann offen bleiben. Das Asylverfahren in Italien ist inzwischen richt-linienkonform. Mit Wirkung vom 30. September 2015 wurden die Neufassungen der Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU in das italienische Recht übernommen (Gesetzesdekret 142/2015: decreto legislative 18 agosto 2015, n 143 „Attuazione della direttiva 2013/33/UE recante norme relative all’accoglienza die richiedenti protezione internazionale, noché della direttiva 2013/32/UE, recante procedure comuni ai fini del riconoscimento e della revoca dello status die protezione internazionale“).
58Vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 9 und 12.
59Der Senat ist auch davon überzeugt, dass das Asylsystem trotz ggf. einzelner Unzulänglichkeiten prinzipiell funktionsfähig ist. Es ist weder in Bezug auf die tatsächliche Dauer noch auf die Qualität menschenrechtswidrig. In etwa der Hälfte der Fälle ist in den letzten Jahren ein Schutzstatus gewährt worden (2013: 61 %, 2014: 59 %, 2015: 42 %).
60Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. April 2014 ‑ A 11 S 1721/13 -, juris, Rn. 44 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 133 ff.; SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 7; zur Schutzquote vgl. Eurostat, recognition rates, 2013, 2014, 2015, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
61Bisher ist regelmäßig vor allem gerügt worden, dass für die formelle Registrierung als Asylbewerber (verbalizzazione) eine Wohnsitzbestätigung erforderlich sei und in der mitunter langen Zeit bis zur verbalizzazione eine Unterbringung nicht gewährleistet sei. Es kann offen bleiben, ob insoweit systemische Mängel anzunehmen wären. Nach der aktuellen Rechtslage (Gesetzesdekret 142/2015) wird ein Wohnsitz nicht verlangt und beträgt die Frist zwischen Asylgesuch und formeller Registrierung drei, maximal zehn Tage. Selbst wenn das Verfahren in der Praxis länger dauert, ist die Unterbringung in der Regel gewährleistet.
62Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 2; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.1.
63Gesetzesdekret 142/2015 stellt klar, dass die Adresse der Unterbringungseinrichtung, in dem der Antragsteller wohnt, als Wohnsitz zu betrachten ist.
64Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 21.
65(2) Dublin-Rückkehrer wie der Kläger müssen nach der aktuellen Erkenntnislage auch während der Durchführung ihres Asylverfahrens in Italien nicht beachtlich wahrscheinlich damit rechnen, dass sie wegen der Aufnahmebedingungen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 GR-Charta verletzt werden. Die dem Senat vorlie-genden Erkenntnisse rechtfertigen nicht den Schluss, dass der Kläger während der Dauer des Asylverfahrens die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse, medizinische Grundversorgung) nicht in einer noch zumutbarer Weise wird befriedigen können. Die zweifellos bestehenden Mängel der Aufnahmebedingungen sind nicht derart gravierend, dass bei jedem Rückkehrer die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 4 GR-Charta zu bejahen wäre.
66Die sich aus der Aufnahmerichtlinie ergebenden Verpflichtungen, die als Konkretisierung des für ein menschenwürdiges Dasein einzuhaltenden Maßstabs im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GR-Charta angesehen werden,
67vgl. EGMR, Urteile vom 30. Juni 2015 - 39350/13 (A.S. v. Schweiz) -, Rn. 28 f., vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) -, Rn. 96 f., und vom 21. Januar 2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243, Rn. 250 f. und 263; zurückhaltender EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ Rs. C-411/10 u.a. (N.S.) -, Rn. 84 (nicht jeder geringste Verstoß genügt); OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 120 ff.; kritisch Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406 (407), sowie Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 27a Rn. 22,
68hat Italien, wie bereits ausgeführt, in innerstaatliches Recht übernommen. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die rechtlichen Vorgaben in der Praxis im erheblichen Ausmaß nicht beachtet werden.
69(a) Das in Art. 17 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 g) Aufnahmerichtlinie verankerte Recht auf Unterkunft bleibt auch nicht systematisch unbeachtet, so dass etwa mit monatelanger Obdachlosigkeit zu rechnen wäre.
70Vgl. für Griechenland EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 - 30696/09 (M.S.S.) -, EuGRZ 2011, 243 = juris, Rn. 253, 263.
71Eine solchermaßen dramatische Lage lässt sich aktuell für Italien aufgrund belastbarer Tatsachen nicht feststellen.
72Wer – wie der Kläger – noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann bei der Questura desjenigen Flughafens, an den er rücküberstellt wird, einen Asylantrag stellen (Verbalizzazione) und erhält etwa bei der Nichtregierungsorganisation (non-governmental organization, NGO) am Flughafen in Rom einen Unterbringungsplatz in einem CAS (Centro die accoglienza straordinaria)-Zentrum in der Umgebung von Rom. Wer vor der Weiterreise bereits ein Asylgesuch in Italien gestellt hatte, muss zur zuständigen Questura reisen, um das Asylverfahren weiterzuführen. Dazu erhält er an der Grenze, etwa auch bei seiner Ankunft am Flughafen in Rom, von NGOs ein Bahnticket zur Verfügung gestellt. Bei der zuständigen Präfektur wird die Unterkunft beantragt. Wer das Unterbringungszentrum ohne Meldung verlassen hat, verliert zwar grundsätzlich seinen Unterkunfts-anspruch, kann aber einen neuen Platz beantragen.
73Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 4 ff.; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 1.2 und 2.1., und vom 11. September 2013; zu letztgenanntem Gesichtspunkt s. auch CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 75.
74Ende 2015 verfügte Italien nach einer massiven Aufstockung über rund 104.000 Unterbringungsplätze in CAS-, CPSA (Centro di primo soccorso e accoglienza)-, CDA (centro di accoglienza)-, CARA (Centro di accoglienza per richiedenti asilo; jetzt: „centri governativi di accoglienza“)- und SPRAR (Sistema di protezione per richiedenti asilo e refugiati“)-Einrichtungen, wovon der größte Anteil auf die temporären Aufnahmeeinrichtungen des CAS-Systems entfällt (76.683 Plätze).
75Dem standen 2015 rund 84.000 neue Asylanträge gegenüber, knapp 20.000 mehr als im Vorjahr.
76Vgl. die Eurostat-Statistik „Asylum and new asylum applicants – annual aggregated data –“, abrufbar von http://ec.europa.eu/eurostat.
77Hinzu kommen noch die Personen, die sich bereits zuvor im Asylverfahren befanden, und die Dublin-Rückkehrer.
78Am 29. Februar 2016 waren insgesamt 107.387 Personen in diversen national unterhaltenen Unterkunftszentren untergebracht.
79Vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) der Republik Österreich, Kurzinformation der Staatendokumentation, Italien, Wien, 22. März 2016.
80Unterstützt von EASO (European Asylum Support Office der EU) hat Italien die Unterkunftskapazitäten erheblich erhöht.
81Vgl. EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 1.
82Das SPRAR-System, ein kommunales Unterbringungssystem, das vom italienischen Staat zentral verwaltet wird und eine Unterbringung bei privaten oder kommunalen Trägern vorsieht, wird ständig ausgebaut und soll von 20.000 auf mindestens 35.000 Plätze aufgestockt werden.
83Vgl. AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4.
84Die Unterbringung in den staatlichen Einrichtungen wird grundsätzlich für die Zeit des Asylverfahrens und eines etwaigen Rechtsmittelverfahrens gewährleistet.
85Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
86Eine zuvor angenommene maximale Aufenthaltsdauer von 20 bzw. 35 Tagen in CARA-/CDA-Zentren oder sechs Monaten in SPRAR-Einrichtungen, die im Übrigen oft wesentlich überschritten wurde,
87vgl. ASGI (Associazione Studi Giuridici sull’Immigrazione), The Dublin System and Italy: A Wavering Balance, März 2015, S. 13 f., 23 f.; aida (Asylum Information Database): Country Report Italy, Januar 2015, S. 53; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 11. September 2013; UNHCR, Recommendations on important aspects of refugee protection in Italy, Juli 2012, S. 12; borderline-europe e.V., Auskunft an VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 34 f. und 51,
88gibt es für Asylantragsteller nicht (mehr). Eine Obergrenze für die Dauer des Aufenthaltes ist im Gesetzesdekret 142/2015, das die entsprechenden Vorgaben der Aufnahmerichtlinie umsetzt, nicht vorgesehen.
89Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 74.
90Ergänzend zu den staatlichen Unterbringungseinrichtungen stellen verschiedene kirchliche oder kommunale Einrichtungen sowie lokale Hilfsorganisationen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Unterkünfte zur Verfügung.
91Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.; AA, Auskunft an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 2.4, und an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 4.4; borderline-europe e.V., Auskunft an das VG Braunschweig, Dezember 2012, S. 21.
92Insgesamt kann angesichts dieser Zahlen nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterbringung, auch wenn sie von unterschiedlicher Qualität ist und nicht in jedem Fall den Mindeststandards entspricht,
93vgl. zu den Bedingungen in den Einrichtungen CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 70 ff.; SFH, Auskunft an das VG Schwerin vom 23. April 2015, S. 4,
94im Sinne systemischer Mängel defizitär ist.
95Selbst wenn man aber unterstellt, die in Italien aktuell vorhandenen Kapazitäten zur Unterbringung von Asylbewerbern reichten derzeit oder in naher Zukunft nicht aus, ergäbe sich daraus nach Auffassung des Senats noch kein systemisches, die Grenze zur drohenden Grundrechtsverletzung nach Art. 4 GR-Charta überschreitendes Versagen des Staates. Die Menschenrechte verpflichten die Staaten weder, eine absolut bestimmbare Mindestanzahl von Unterkünften zur Verfügung zu stellen, noch dazu, rein vorsorglich Unterkunftskapazitäten im Umfang einer „Spitzenbelastung“ vorzuhalten.
96Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris, Rn. 158.
97Nach den vorliegenden Erkenntnissen reagiert Italien jedenfalls inzwischen flexibel auf den Zustrom. Das System ist durch die kurze Auftragsdauer für die temporären CAS-Zentren (Ausschreibung alle sechs Monate) sehr flexibel in Bezug auf Schwankungen. Ferner waren jüngst unter dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU (AMIF) verschiedene Projekte ausgeschrieben, die auch die Unterbringung von Asylbewerbern umfassten.
98Vgl. SFH, Auskunft an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 7 f.
99Hiervon ausgehend ist die Erwartung, dass künftig zunehmend mehr Flüchtlinge den Weg über das Mittelmeer suchen und in Italien die Grenze zur EU überschreiten werden, nicht ausreichend, um derzeit systemische Mängel anzunehmen. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn – was hier nicht der Fall ist – absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung dieses Problems ergriffen würden.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 24. April 2015 - 14 A 2356/12.A -, juris, Rn. 41.
101(b) Auch die Versorgung mit Lebensmitteln, Kleidung, Hygieneartikeln und der Zugang zu einer medizinischen Mindestversorgung (vgl. Art. 19 Richtlinie 2013/33/EU) ist während des Asylverfahrens grundsätzlich in menschenrechtskonformer Weise gewährleistet. Asylbewerber haben Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem, insbesondere ist eine kostenfreie Notversorgung gewährleistet. Die übrige Versorgung erfolgt über die Unterbringungseinrichtungen, teilweise auch über karitative Organisationen.
102Vgl. SFH, Auskünfte an das OVG NRW vom 7. April 2016, S. 8 f., und vom 18. Mai 2016, S. 4; AA, Auskünfte an das OVG NRW vom 23. Februar 2016, 3.1, an das VG Schwerin vom 25. März 2015, sowie an das OVG S.-A. vom 21. Januar 2013, 5. und 6.; CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 64, 82; EASO Special Support Plan to Italy, 11. März 2015, S. 5.
103Zudem ist es Asylbewerbern nach Art. 22 Abs. 1 des Gesetzesdekrets 142/2015 bereits 60 Tage nach Stellung des Asylgesuchs erlaubt zu arbeiten.
104Vgl. CIR, aida: Country Report: Italy, Dezember 2015, S. 81.
105(3) Aus der Tarakhel-Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014, mit der die Rückführung nach Italien von Garantien italienischer Behörden abhängig gemacht worden ist, kann der Kläger nichts zu seinen Gunsten ableiten. Sie beruht auf der besonderen Situation einer Familie mit sechs minderjährigen Kindern, der spezifischen Schutzbedürftigkeit von Kindern und dem Gebot der Wahrung der Familieneinheit. Für den Fall eines alleinstehenden (jungen) Mannes hat der EGMR in späteren Entscheidungen (Urteile vom 13. Januar 2015 - 51428/10 (A.M.E. ./. Niederlande) - und vom 30. Juni 2015 – 39350/13 (A.S. ./.Schweiz) -) gerade keine Grundlage für die Annahme gesehen, ihm drohe im Fall der Rückführung nach Italien eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK.
106Individuelle, in der Person des Klägers liegende besondere Gründe, die eine Zuordnung zur Gruppe der besonders verletzlichen Personen erfordern und eine Überstellung als menschenrechtswidrig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
107c. Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Verfahrensdauer.
108Aus der Rechtsprechung des EuGH lässt sich unter diesem Gesichtspunkt eine Pflicht zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nur ableiten, wenn in einer Situation, in der Grundrechte des Antragstellers im Falle der Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel des Asyl-verfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber verletzt würden, die Lage des Antragstellers durch eine unangemessen lange Verfahrensdauer noch verschlimmert würde.
109Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 (N.S. u.a.) -, juris, Rn. 98 und 108, sowie vom 14. November 2013 - C-4/11 (Puid) - juris, Rn. 35; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5; Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 271 Rn. 66.
110Mit einer solchen Konstellation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Der EuGH geht von der Prämisse aus, dass im eigentlich zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel und demzufolge eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta in Rede stehen. Bei der dann gebotenen Prüfung, ob anhand der Kriterien der Dublin II-Verordnung ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann, ist die Verfahrensdauer im Blick zu behalten. Ein solcher Fall ist hier, wie ausgeführt, nicht gegeben. Vielmehr ist die Überstellung in den als zuständig ermittelten Mitgliedstaat Italien möglich.
111Selbst wenn man aber der Rechtsprechung des EuGH einen allgemeinen Anspruch auf eine angemessene Verfahrensdauer entnehmen wollte, bezieht sich die Verfahrensdauer in diesem Sinne auf die Zuständigkeitsbestimmung durch das Bundesamt, d. h. auf das Verwaltungsverfahren.
112So im Ergebnis auch BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14, 1 C 33.1 C 33.14 und 1 C 34.1 C 34.14 -, jeweils juris, Rn. 21, sowie Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 5.
113Die Einbeziehung der Dauer des gerichtlichen Verfahrens zu Lasten der Beklagten scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Asylbewerber – wie hier in Bezug auf Ziffer 1 des Bescheids – eine rechtmäßige Verwaltungsentscheidung angreift. Denn in diesem Fall hat bei normativer Betrachtung nicht die Beklagte die Ursache für die lange Verfahrensdauer gesetzt.
114Vgl. OVG Rh.-Pf., Urteil vom 18. Februar 2016 ‑ 1 A 11081/14 -, juris, Rn. 33.
115Das Verwaltungsverfahren der Zuständigkeitsbestimmung dauerte hier von der Asylantragstellung am 18. Oktober 2013 bis zum Eintritt der Annahmefiktion, wie ausgeführt, am 23. Januar 2013. Bezieht man weiter das Ergehen des Bescheids am 11. Februar 2014 ein, ist auch dies noch keine unangemessene Verfahrensdauer.
116Der Kläger kann sich ferner nicht auf Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO berufen. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die Überstellungsfrist höchstens auf 18 Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist. Erfolgt die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist, geht nach Satz 1 die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Daraus lässt sich, auch wenn der Dublin II-VO ein Beschleunigungszweck immanent ist, keine Höchstdauer eines Dublin-Verfahrens ableiten. Die Vorschrift regelt lediglich im Verhältnis der Staaten zueinander, nach welchem Zeitraum eine zulässige, aber nicht durchgeführte Überstellung in Gestalt eines Zuständigkeitsübergangs zu Lasten des unzuständigen Staates geht. Eine entsprechende Anwendung auf den vorliegenden Fall, in dem der Überstellung nach Italien der vom Kläger erwirkte stattgebende Eilbeschluss entgegensteht, scheidet mit Blick auf die klare Regelung in Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO aus. Da nach dieser Vorschrift, wie ausgeführt, eine Überstellungsfrist von sechs Monaten ab der Entscheidung über die Klage vorgesehen ist, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, kann der Verordnungsgeber die Frist von 18 Monaten bei Flüchtigkeit nicht im Sinne einer generellen Höchstgrenze verstanden haben. Eine entsprechende Anwendung lässt sich aufgrund der gänzlich unterschiedlich gelagerten Sachverhalte auch nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot begründen. Schließlich widerspräche sie der Auffassung des EuGH, wonach für die Überstellung volle sechs Monate zur Verfügung stehen sollen.
117Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 Rs. C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 1 B 66.15 -, juris, Rn. 9.
118Daran fehlt es aber, wenn aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses die Überstellung über längere Zeit nicht durchgeführt werden kann.
1192. Die auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützte Abschiebungsanordnung in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheids ist ebenfalls rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt, soll der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass die Rück-nahmebereitschaft im positiven Sinne geklärt sein muss. Dem Bundesamt obliegt die Prüfung, dass weder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen noch inlandsbezogene Vollzugshindernisse der Abschiebung entgegenstehen. Dies gilt auch für nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretende Abschie-bungshindernisse und Duldungsgründe.
120Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, und vom 3. März 2015 - 14 B 102/15.A -, juris.
121Anhaltspunkte für das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Die Rückführung ist tatsächlich möglich. Da die Überstellungsfrist noch nicht verstrichen ist, ist aufgrund der gerichtsbekannten ständigen Praxis die Übernahmebereitschaft Italiens zu bejahen, auch wenn dieses auf das Aufnahmeersuchen nicht reagiert hat. Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit oder eine aus sonstigen Gründen resultierende Unmöglichkeit einer Abschiebung sind nicht ersichtlich.
122C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
123Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
124Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen.
II.
…
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die am ... geborene Antragstellerin ist äthiopische Staatsangehörige. Sie hatte bereits im August 2015 in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt wurde. Das Asylverfahren ist seit dem 19. Februar 2016 unanfechtbar abgeschlossen, die Antragstellerin wurde am 19. Mai 2016 nach Italien abgeschoben.
Am
In einer späteren Befragung durch Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab sie u. a. an, ihr Ehemann lebe in Deutschland. Sie sei auf ihrem Weg nach Deutschland im Jahr 2015 über Italien gereist, wo sie sich zwei Wochen aufgehalten habe. Daraufhin richtete das Bundesamt am 17. Juni 2016 ein Übernahmeersuchen an Italien. Die italienischen Behörden erklärten am 21. Oktober 2016 ihre Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens, woraufhin das Bundesamt mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 die Überstellung der Antragstellerin nach Italien vorbereitete
Mit Bescheid vom
Die Antragstellerin erhob am ... November 2016 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den vorgenannten Bescheid (M 1 K 16.50996). Ebenfalls an diesem Tag beantragt sie,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trägt sie vor, sie habe einen Ehemann, der in Deutschland lebe und als Flüchtling anerkannt sei. Heiratsurkunden hierzu seien jedoch nicht vorhanden. Das Asylsystem Italiens weise systemische Mängel auf, weshalb eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin nach der Europäischen Menschenrechtskonvention drohe. Die hohe Zahl an Flüchtlingen werde von den italienischen Behörden nicht bewältigt. Eine Garantieerklärung italienischer Behörden, dass in Italien ihre elementaren Bedürfnisse gedeckt würden, liege nicht vor. Dort drohe ihr Obdachlosigkeit und eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Am ... Dezember 2016 legt sie eine Kopie eines Mutterpasses vor, wonach bei einer Untersuchung am ... November 2016 eine Schwangerschaft in der 10. Schwangerschaftswoche festgestellt worden sei. Als voraussichtlicher Entbindungstermin wird der 16. Juli 2017 angegeben.
Die Antragsgegnerin legte am
Zum weiteren Vorbringen und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig gestellte Antrag ist unbegründet.
Die von der Antragstellerin erhobene Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung des Gerichts zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verneint (2.).
1. Aufgrund des bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens der Antragstellerin ist der Asylantrag der Antragstellerin als Folgeantrag nach § 71 AsylG gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig. Entsprechend der bereits am 19. Mai 2016 erstmals durchgeführten Abschiebung nach Italien haben sich die dortigen Behörden am 21. Oktober 2016 für das weitere Verfahren der Antragstellerin zuständig erklärt. Deshalb ist gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO von einer Zuständigkeit Italiens auszugehen.
Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Antragstellerin ihrer Überstellung nach Italien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO).
Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a.a.O Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).
Dies zugrunde gelegt, ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass der Antragstellerin bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. aktuell OVG NRW, U. v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris Rn. 32 ff; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 13.1.2015 (Nr. 51428/10) und vom 30.06.2015 (Nr. 39350/13
Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt, sondern vielmehr nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).
Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann auch für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der die Antragstellerin angehört, nach alledem nicht angenommen werden (vgl. aktuell VG München, U. v.
Belegte verwandtschaftliche Bindungen, die einer Überstellung der Antragstellerin nach Italien entgegenstünden, liegen nicht vor. Ihrem Vortrag, sie habe einen Ehemann, der als anerkannter Flüchtling in Deutschland lebe, steht bereits entgegen, dass sie sich am 5. Oktober 2016 im Zuge der Erstbefragung als geschieden bezeichnet hatte. Zudem liegen nach ihrem eigenen Vortrag keine Heiratsurkunden vor.
2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch ohne Erfolg, soweit Abschiebungshindernisse zu prüfen sind. Persönliche Vollstreckungshindernisse, die über die allgemeinen Verhältnisse für Asylbewerber in Italien hinausgehen, hat die Antragstellerin nicht belegen können. Ihr Einwand, dass sie derzeit schwanger sei, und die Vorlage des Mutterpasses stehen dem nicht entgegen.
Über den engeren Kreis der durch die Dublin-III-VO vorgegebenen Zuständigkeitsaspekte hinaus ist eine Abschiebungsanordnung - schon im Hinblick darauf, dass § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verlangt, dass die Abschiebung „durchgeführt werden kann“ - dann ausgeschlossen, wenn inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, wie sie in § 60a Abs. 2 AufenthG niedergelegt sind, vorliegen (BayVGH B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; BayVGH B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4).
Im Falle einer Schwangerschaft der abzuschiebenden Ausländerin ist eine auf ein Abschiebungshindernis zurückzuführende Reiseunfähigkeit entweder dann anzu-nehmen, wenn eine Risikoschwangerschaft durch ärztliche Atteste nachgewiesen ist - was hier nicht der Fall ist - und ferner dann, wenn die Niederkunft unmittelbar bevorsteht. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung bereits aus den gesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG; vgl. VG München, B. v. 19.07.2016 - M 12 S 16.50456 - juris Rn. 33). In Anlehnung daran beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Ausweislich der vorgelegten Kopie des Mutterpasses ist Entbindungstermin bei der Antragstellerin wohl der 16. Juli 2017, so dass ihre Abschiebung derzeit (noch) zulässig ist. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen insoweit somit nicht.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)
Tenor
Der Antrag vom 18. Oktober 2016, die aufschiebende Wirkung der Klage 9 A 5886/16 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. September 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.
Gründe
I.
- 1
Der nach § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 21. September 2016. Denn die Abschiebungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt den Antragsteller deshalb nicht in seinen Rechten.
- 2
Die Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt, sofern der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.
- 3
Die Abschiebung des Antragstellers nach Italien ist rechtlich zulässig und tatsächlich möglich:
- 4
1. Für die Durchführung des Asylverfahrens ist nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 – Dublin III-VO), nicht die Antragsgegnerin, sondern der italienische Staat zuständig (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG). Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. die Urteile der Großen Kammer des EuGH v. 7.6.2016, C-63/15 und C-155/15, beide juris) hat ein Asylsuchender im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Anspruch auf Prüfung der fehlerfreien Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den in Kapitel III der Dublin III-VO aufgeführten Kriterien.
- 5
a) Italien ist nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Denn der Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben von Afghanistan aus im Mai 2016 nach Italien gelangt, hielt sich dort etwa drei Tage auf und wurde erkennungsdienstlich behandelt. Dies bestätigt ein entsprechender EURODAC-Treffer der Kategorie 2.
- 6
b) Auf das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2016 hat Italien nach Aktenlage nicht reagiert. Nach Art. 22 Abs. 7 i. V. m. Abs. 1 Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, wenn innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem der ersuchte Mitgliedstaat mit dem Gesuch befasst wurde, keine Antwort erteilt wird. Damit ist Italien seit dem 14. September 2016 zuständig.
- 7
c) Die Zuständigkeit ist nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Nach dieser Vorschrift wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zuständig, wenn keine Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat erfolgen kann. Die Überstellung nach Italien ist indes nicht unmöglich, denn es bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen.
- 8
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, juris) liegen systemische Mängel vor, wenn es sich um Defizite handelt, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Dabei müssen das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sein, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (BVerwG, Beschl. v. 6.6.2014, 10 B 35/14, juris). Derartige individuelle Erfahrungen sind vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme systemischer Mängel dürfte jedenfalls dann vorliegen, wenn hierfür kompetente Stellen wie der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) derartige Mängel feststellen (VG Hamburg, Urt. v. 3.3.2015, 10 A 4414/14, n. v.; s. auch die Erwägungsgründe 22 und 23 sowie Art. 33 der Dublin III-VO).
- 9
Gemessen hieran sind Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen in Italien weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich (vgl. dazu ausführlich OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris; Urt. v. 7.7.2016, 13 A 2238/15.A, juris; ebenso Bundesverwaltungsgericht Österreich, Spruch v. 14.12.2015, W153 2116055-1/7E). Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (v. 17.9.2014, u.a. 2 BvR 1795/14, juris) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Entscheidung der Großen Kammer v. 4.11.2014, Tarakhel, Nr. 29217/12) geben für den Fall des volljährigen Antragstellers, der als junger Alleinreisender nicht zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, nichts her. Systemische Mängel in Italien werden in diesen Entscheidungen gerade nicht festgestellt. Beide Gerichte haben vielmehr unter Hervorhebung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern die Auffassung vertreten, eine Überstellung nach Italien bedürfe einer vorherigen Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden, dass die jeweils betroffenen Asylsuchenden in Italien in einer der besonderen Situation von Kindern gerecht werdenden Einrichtung gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht werden. Diese Entscheidungen, selbst wenn man etwa die Entscheidung des EGMR als Hinweis auf einen systembedingten Mangel der Aufnahmebedingungen in Italien für eine bestimmte Personengruppe verstehen wollte, treffen für den Fall des Klägers indes keine Aussage. So hat auch der EGMR (Entscheidung der Dritten Kammer v. 5.2.2015, A.M.E against the Netherlands, Nr. 51428/10) für einen 21 Jahre alten Mann entschieden, dass eine Verletzung in dem Recht aus Art. 3 EMRK bei Rückkehr nach Italien nicht zu befürchten ist.
- 10
Nichts anderes folgt aus dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, Urt. v. 26.9.2016, 16 A 1757/15 As SN, juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom (OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris). Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich v. 2.8.2016 und v. 29.9.2016). Danach waren in Italien mit Stand 27. Juli 2016 139.207 Personen untergebracht, davon 1.016 in Hotspots, 13.572 in Erstaufnahmezentren, 104.248 in temporären Strukturen (meist durch NGO´s und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 20.371 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Mit Stand 26. September 2016 waren 160.030 Personen untergebracht, davon 980 in Hotspots, 13.377 in Erstaufnahmezentren, 123.481 in temporären Strukturen und 22.192 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Soweit der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe darauf verweist, dass Personen Obdachlosigkeit drohe, weil ein Anspruch auf Unterbringung in einem Aufnahmezentrum nicht mehr besteht, wenn dieses ohne Genehmigung verlassen wurde, so begegnet dies keinen Bedenken, weil dieser Umstand an ein von den jeweils Betroffenen zu vertretendes Verhalten anknüpft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Wiederaufnahme mit Genehmigung der Präfektur gewährt werden kann und in Gemeinden ausweislich des Berichts Informationsschalter bestehen, an denen Unterkunftsplätze auf Gemeindeebene vermittelt werden können. Im Übrigen folgt aus dem Bericht, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet.
- 11
2. Die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ist voraussichtlich ebenfalls rechtmäßig. Der Antragsteller kann sich auf zielstaatsbezogene – bezogen auf Italien – oder inlandsbezogene Abschiebungsverbote, die in Bezug auf die Abschiebungsanordnung gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht werden können (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 31.5.2011, A 11 S 1523/11, juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2010, 4 Bs 223/10, juris), nicht berufen. Er hat insofern weder etwas vorgebracht noch gibt es sonstige Anhaltspunkte hierfür.
- 12
3. Ob die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 6 Monate rechtmäßig ist, kann dahinstehen. Denn die Rechtmäßigkeit der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots, wirkt sich nur dann auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebung aus, wenn der Antragsteller ausnahmsweise einen Anspruch auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf „Null“ hätte, wenn damit also auch die Ausreiseverpflichtung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG entfiele (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.3.2014, 1 C 2/13, juris). Umstände, die einen solchen Anspruch begründen könnten, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Für den Fall von zu lang bemessenem Einreise- und Aufenthaltsverbot ist es dem Antragsteller zuzumuten, auszureisen und einen ggf. erforderlichen Rechtsstreit vom Ausland aus zu führen.
II.
- 13
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
III.
- 14
Der Prozesskostenhilfeantrag ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch gemessen an dem im Prozesskostenhilfeverfahren zu Gunsten des Antragstellers anzulegenden großzügigen Maßstab, der lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraussetzt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2016, 1 So 42/16, juris), aus den unter I. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO.
Tenor
-
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
-
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
-
I.
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1. Die am 1. November 1967 geborene Beschwerdeführerin ist armenische Staatsangehörige. Sie reiste am 5. Januar 2017 gemeinsam mit ihrem Ehemann mit einem italienischen Visum in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie einen Tag später einen Asylantrag stellte.
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2. Mit Bescheid vom 7. Juni 2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag der Beschwerdeführerin als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen, und ordnete die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Italien an. Italien sei aufgrund des von den italienischen Behörden ausgestellten Visums nach der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien wiesen keine systemischen Mängel auf.
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3. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 Klage beim Verwaltungsgericht Münster und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Zur Begründung führte sie an, dass sie an einer Herzerkrankung leide. Zu dieser Erkrankung kündigte sie weiteren Vortrag an, weil nach ihren Angaben ein Facharzttermin erst am 21. Juni 2017 stattfinden sollte. Es fehle eine Garantieerklärung Italiens zu Unterbringung und Versorgung der Beschwerdeführerin. Bei einer Überstellung nach Italien habe sie eine menschenrechtswidrige Behandlung zu befürchten. Aus näher bezeichneten und zitierten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen, unter anderem aus dem Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) vom 15. März 2017 - A 11 S 2151/16 - und näher benannten Erkenntnisquellen ergebe sich, dass Betroffene in Italien insbesondere nach einer Statuszuerkennung Obdach- und Mittellosigkeit zu erwarten hätten. Der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg erfordere eine Aussetzung der Überstellung nach Italien bis zur Klärung der Fragen durch den EuGH. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergebe sich nicht, ob in Italien über einen Asylantrag der Beschwerdeführerin entschieden worden sei.
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Mit Beschluss vom 28. Juni 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag und den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung führte es an, dass der Asylantrag der Beschwerdeführerin unzulässig sei, weil Italien wegen des durch italienische Behörden ausgestellten Visums für die Durchführung ihres Asylverfahrens zuständig sei. Die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages sei auch nicht deshalb auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil die Frist für das Überstellungsgesuch abgelaufen sei. Das Bundesamt habe Italien am 14. März 2017 und damit innerhalb der dreimonatigen Frist seit Asylantragstellung um Übernahme ersucht. Auch die Überstellungsfrist sei im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrages nicht abgelaufen und seitdem unterbrochen; mit ablehnendem Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes werde sie erneut in Gang gesetzt. Das Asyl- und Aufnahmeverfahren in Italien weise keine systemischen Mängel auf. Das italienische Asylsystem sei trotz der hohen Zahlen von Einwanderern nach Italien prinzipiell funktionsfähig. Diesbezüglich verwies das Verwaltungsgericht auf Urteile des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen von Juni und Juli 2016. Der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 weise auf bekannte, vereinzelte Unzulänglichkeiten im italienischen Asylsystem hin, die nicht die Annahme systemischer Mängel rechtfertigten, und stelle zugleich deutliche Verbesserungen für Schutzsuchende fest. Schließlich habe die Beschwerdeführerin keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen dargelegt, die einer Rückkehr nach Italien entgegenstehen könnten.
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4. Die Beschwerdeführerin erhob unter dem 4. Juli 2017 Anhörungsrüge und beantragte die Abänderung des Beschlusses vom 28. Juni 2017. Sie machte geltend, dass das Verwaltungsgericht den Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nicht zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe. Das Bundesverwaltungsgericht gehe angesichts seines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH durch Beschluss vom 27. Juni 2017 - 1 C 26.16 - davon aus, dass die Verhältnisse in Italien für anerkannte Flüchtlinge den Anforderungen der Anerkennungsrichtlinie nicht gerecht würden. Auch hiermit habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt.
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Mit Beschluss vom 19. Juli 2017, zugestellt am 20. Juli 2017, wies das Verwaltungsgericht die Anhörungsrüge zurück. Die Beschwerdeführerin beanstande lediglich die materiell-rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichts, was keinen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs begründen könne. Dies gelte auch hinsichtlich der gerügten fehlenden Auseinandersetzung mit den Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Bundesverwaltungsgerichts.
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Mit Beschluss vom gleichen Tag, zugestellt am 20. Juli 2017, wies das Verwaltungsgericht den Abänderungsantrag ab. Es liege keine beachtliche Änderung der Sach- oder Rechtslage vor, weil die Beschwerdeführerin bereits mit ihrem Eilantrag zu den Vorlagefragen an den EuGH vorgetragen habe und sich in der Sache lediglich gegen die materiell-rechtliche Einschätzung des Verwaltungsgerichts wende.
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II.
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1. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 19. Juli 2017 und vom 28. Juni 2017 am 21. August 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zudem hat sie beantragt, die Erstattung ihrer notwendigen Auslagen anzuordnen. Sie rügt die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, aus Art. 19 Abs. 4 GG und aus Art. 103 Abs. 1 GG.
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Die angegriffenen Beschlüsse verletzten sie in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen der im Eilrechtsschutz gebotenen Folgenabschätzung nachträglich nicht zu behebende Nachteile nicht berücksichtigt habe. Es habe sich nicht - unter Beachtung der Vorlagen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH - mit den Folgen einer Überstellung der Beschwerdeführerin nach Italien auseinandergesetzt. Jedenfalls der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württem-berg habe dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Lebensaussichten in Italien nach der Anerkennung auch die Zulässigkeit einer Überstellung im Dublin-Verfahren - also vor einer Anerkennung - in Zweifel ziehen könnten. Die in den Beschlüssen aufgeworfenen Rechtsfragen könnten offensichtlich nicht im Eilverfahren beantwortet werden, weil sie dem EuGH zur Entscheidung vorlägen.
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Zudem sei das Recht der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt, weil das Verwaltungsgericht die genannten Vorlagebeschlüsse trotz Hinweises der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt habe. Das Verwaltungsgericht habe schließlich gegen das Willkürverbot verstoßen, weil es unter keinem Gesichtspunkt vertretbar gewesen sei, die genannten Vorlagebeschlüsse nicht zu berücksichtigen.
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Mit Schriftsatz vom 28. August 2017 hat die Beschwerdeführerin erneut die Abänderung des Beschlusses vom 28. Juni 2017 beantragt. Hierüber wird das Verwaltungsgericht nach eigener Auskunft und im Einverständnis der Beschwerdeführerin erst nach Abschluss jedenfalls des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht entscheiden.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesamt hat von seinem Recht zur Äußerung Gebrauch gemacht.
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III.
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Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Sie ist unzulässig.
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Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt nicht den Vorgaben aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG. Nach diesen Vorschriften ist der Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Ferner muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen. Aus dem Vortrag eines Beschwerdeführers muss sich mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergeben (vgl. BVerfGE 78, 320 <329>). Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BVerfGE 82, 43 <49>; 86, 122 <127>; 130, 1 <21>).
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Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.
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1. Die Beschwerdeführerin hat einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
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a) Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 93, 1 <13>; stRspr). Den Anforderungen an die Gewährung effektiven Rechtsschutzes müssen die Gerichte auch bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über den verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 79, 69 <74>), da dieser in besonderer Weise der Sicherung grundrechtlicher Freiheit dient. Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn sich die vorzunehmende Interessenabwägung in erster Linie an der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts orientiert (vgl. BVerfGK 15, 102 <107>). Kommt diese Prüfung bei einem von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Bescheid zu dem Ergebnis, dass an dessen Rechtmäßigkeit keine ernstlichen Zweifel bestehen oder dieser sogar offensichtlich rechtmäßig ist, steht Art. 19 Abs. 4 GG einer Ablehnung des Eilrechtsschutzbegehrens nicht entgegen.
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Stellt sich bei dieser Rechtsprüfung eine entscheidungserhebliche unionsrechtliche Frage, die im Hauptsacheverfahren voraussichtlich eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH erfordert (zu den Anforderungen an die Handhabung der Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 2017 - 2 BvR 63/15 -, juris Rn. 8), so gebietet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dies im Eilverfahren bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zu berücksichtigen. Regelmäßig wird dann jedenfalls die offensichtliche Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts - unabhängig von der eigenen, notwendig nur vorläufigen rechtlichen Einschätzung des entscheidenden Gerichts - nicht bejaht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 -, juris Rn. 18).
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Bei der im Falle offener Erfolgsaussichten durchzuführenden weiteren Interessenabwägung ist im Anwendungsbereich der Dublin-III-VO die Wertung des europäischen Rechts zu beachten, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen herrschen, die Mindeststandards festlegen und die Grundlage für das Prinzip gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem bilden (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juni 2016 - C-63/15 - Ghezelbash -, juris, Rn. 60). Diese vereinheitlichten Aufnahmebedingungen ermöglichen es regelmäßig auch, von dem anderen Mitgliedstaat aus das Hauptsacheverfahren in Deutschland einschließlich eines erforderlichen Vorabentscheidungsverfahrens durchzuführen. Liegen aber Gründe vor, die nach der Überstellung in den anderen Mitgliedstaat die Rechtsverfolgung in der Hauptsache und die Vorlage der maßgeblichen Frage an den EuGH unmöglich machen oder unzumutbar erschweren würden, so gebietet Art. 19 Abs. 4 GG, ein Überwiegen des Suspensivinteresses anzunehmen und dem Eilrechtsschutzbegehren zu entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvR 2013/16 - , juris, Rn. 18).
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Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich ein Beschwerdeführer auf eine bereits in einem anderen Verfahren erfolgte Vorlage an den EuGH beruft. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Vorlagefrage auch in seinem eigenen Verfahren entscheidungserheblich und eine Vorlage des dann letztinstanzlich entscheidenden Gerichts an den EuGH im Hauptsacheverfahren - vorbehaltlich der Möglichkeit der Aussetzung im Hinblick auf die in dem bereits vorgelegten anderen Verfahren zu erwartende Klärung - erforderlich (vgl. oben Rn. 18) ist.
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b) Nach diesen Maßstäben hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt, dass die fehlende Auseinandersetzung des Verwaltungsgerichts mit den Vorlagebeschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 (Az.: 1 C 26.16) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. März 2017 (Az.: A 11 S 2151/16) gegen Art. 19 Abs. 4 GG verstößt.
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aa) Sie hat schon nicht hinreichend erklärt, dass eine der darin aufgeworfenen Fragen für ihr Verfahren entscheidungserheblich ist und das Verwaltungsgericht deshalb das Vorliegen unionsrechtlich ungeklärter Rechtsfragen im Rahmen einer offenen Abwägungsentscheidung hätte berücksichtigen müssen.
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(1) Die Fragen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 27. Juni 2017 dem EuGH zur Beantwortung vorgelegt hat, betreffen die Beschwerdeführerin bereits deshalb nicht, weil diese ausschließlich die Situation der in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt Schutzberechtigten beziehungsweise Verfahrensfragen bei einer unterbliebenen Anhörung zum Gegenstand haben. Die Beschwerdeführerin hat in Italien keinen Schutzstatus erhalten und macht keine Anhörungsmängel geltend.
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(2) Gleiches gilt im Ergebnis für die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15. März 2017 unter Ziffer 3. vorgelegte Frage, ob die Überstellung eines Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat zur Durchführung des Asylverfahrens unzulässig ist, wenn im Falle einer Zuerkennung internationalen Schutzes aufgrund der dortigen Lebensumstände das ernsthafte Risiko einer Behandlung entgegen Art. 4 der EU-Grundrechtecharta besteht. Zwar kann diese Rechtsfrage für die Beschwerdeführerin grundsätzlich relevant werden, weil in Betracht kommt, dass ihr nach einer Rücküberstellung nach Italien dort internationaler Schutz zuerkannt wird. Entscheidungserheblich für das Verfahren der Beschwerdeführerin wäre diese Frage jedoch nur, wenn der Beschwerdeführerin für den Fall einer Zuerkennung internationalen Schutzes in Italien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit tatsächlich eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohte. Sollte dies nicht der Fall sein, wären die Vorlagefrage und ihre Beantwortung durch den EuGH für die Beschwerdeführerin ohne Bedeutung.
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Zu den tatsächlichen Umständen einer nach Zuerkennung eines Schutzstatus drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung hat die Beschwerdeführerin jedoch weder im fachgerichtlichen Verfahren noch mit der Verfassungsbeschwerde substantiiert vorgetragen. Sie hat nicht hinreichend dargelegt, dass in Italien anerkannt Schutzberechtigten dort allgemein eine gegen Art. 3 EMRK, Art. 4 EU-Grundrechtecharta verstoßende Behandlung droht. Die Beschwerdeführerin hat im fachgerichtlichen Verfahren lediglich zu den allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Italien vorgetragen, nicht jedoch zur Situation der dort anerkannt Schutzberechtigten. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin geht auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 15. März 2017 nicht von dem Risiko einer unmenschlichen, erniedrigenden Behandlung für alle in Italien anerkannt Schutzberechtigten aus. Dem Vorlagebeschluss ist keine entsprechende Würdigung der tatsächlichen Umstände in Italien zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat dem EuGH unter Ziffer 3. ausschließlich eine Rechtsfrage vorgelegt, die eine Bewertung der tatsächlichen Lage von in Italien anerkannt Schutzberechtigten offen lässt.
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Auch individuelle Umstände, die zur Annahme einer bei Rücküberstellung nach Italien und Zuerkennung internationalen Schutzes ihr konkret drohenden Gefahr berechtigten, hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Die im fachgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Herzerkrankung hat sie weder nach Art und Ausmaß der damit einhergehenden Beschwerden beschrieben noch durch Vorlage eines ärztlichen Attestes nachgewiesen. Sie hat ihren Vortrag hierzu auch nicht nach dem von ihr für den 21. Juni 2017 angekündigten Facharzttermin ergänzt. Die mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2017 vorgetragene psychische Erkrankung und die ärztlichen Stellungnahmen hierzu haben die Beschwerdeführerin veranlasst, einen weiteren Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu stellen; über diesen Antrag hat zunächst das Verwaltungsgericht zu entscheiden, was vor Abschluss des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht nicht der Fall sein wird.
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bb) Hiervon unabhängig hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt, dass es ihr vor dem Hintergrund ihres Rechts aus Art. 19 Abs. 4 GG unzumutbar wäre, das Hauptsacheverfahren in Deutschland von Italien aus zu betreiben. Sie hat keine außergewöhnlichen Umstände geschildert, die die Annahme rechtfertigen, dass sie in Italien keinen Rechtsschutz wird erreichen können; auch fehlt jeder Vortrag zu den allgemeinen Möglichkeiten, von Italien aus Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Mangels substantiierter Darlegung der von ihr geltend gemachten Erkrankung ist auch diese nicht als Hindernis für die Erreichbarkeit von Rechtsschutz in Italien zu werten.
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2. Auch einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt.
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Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. auch BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <146>).
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Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, dass das Verwaltungsgericht nach diesen Maßstäben ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt hat. Sie hat nicht erläutert, dass es sich mit ihrem Vorbringen zu den Vorlagebeschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg in den Beschlussgründen explizit hätte auseinandersetzen müssen. Es fehlt an einer Darlegung, dass ihr nicht ausdrücklich gewürdigter Vortrag insoweit für das Verfahren von zentraler Bedeutung gewesen ist. Nach den vorstehenden Ausführungen hat die Beschwerdeführerin nicht erklärt, dass die an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchen der beiden Gerichte Fragen enthalten, die für ihr Verfahren entscheidungserheblich gewesen sind.
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3. Schließlich ist auch ein Verstoß gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
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Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 <52>; 98, 365 <385>; stRspr). Nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts durch die Rechtsprechung stellt einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dar. Von Willkür kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>). Ein Richterspruch ist jedoch willkürlich und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist (vgl. BVerfGE 70, 93 <97>; 96, 189 <203>).
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Daran gemessen hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt, dass die unterbliebene Würdigung ihres Vorbringens zu den unionsrechtlich ungeklärten Rechtsfragen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Sie hat das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung der fehlenden Auseinandersetzung nicht nachvollziehbar erläutert, weil sie wiederum nicht aufgezeigt hat, dass die dem EuGH vorgelegten Fragen für ihr Verfahren entscheidungserheblich waren.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Tenor
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Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Minden vom 13. März 2017 - 11 L 410/17.A - und vom 20. April 2017 - 11 L 784/17.A - verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sache an das Verwaltungsgericht Minden zurückverwiesen.
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Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erstatten.
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Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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1. Die am 1. Juni 1978 geborene Beschwerdeführerin zu 1. ist syrische Staatsangehörige und Mutter des am 18. August 2000 geborenen Beschwerdeführers zu 2., des am 20. Januar 2006 geborenen Beschwerdeführers zu 3., des am 20. Januar 2008 geborenen Beschwerdeführers zu 4. und der am 1. April 2012 geborenen Beschwerdeführerin zu 5.
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Die Beschwerdeführer flohen infolge des Bürgerkriegs aus Syrien. Sie gelangten zunächst nach Bulgarien, wo sie sich zusammen mit dem Ehemann der Beschwerdeführerin zu 1. und Vater der Beschwerdeführer zu 2. bis 5. für einige Zeit aufhielten und ihnen internationaler Schutz zuerkannt wurde. Am 22. September 2016 reisten die Beschwerdeführer nach Deutschland ein. Sie stellten am 17. Oktober 2016 einen Asylantrag. Die persönliche Anhörung erfolgte am selben Tag. Die Beschwerdeführerin zu 1. trug im Wesentlichen vor, Syrien aus Angst vor dem Bürgerkrieg und einer Wehrdiensteinziehung ihres ältesten Sohnes verlassen zu haben. Auf Anfrage des Bundesamts teilte Bulgarien mit Schreiben vom 18. November 2016 mit, dass den Beschwerdeführern dort internationaler Schutz zuerkannt worden sei.
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Mit Bescheid vom 14. Februar 2017 lehnte das Bundesamt die Asylanträge als unzulässig ab, stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote für Bulgarien vorlägen und drohte die Abschiebung nach Bulgarien an. Eine Abschiebung nach Syrien dürfe nicht erfolgen.
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In Bulgarien drohe den Beschwerdeführern keine Verletzung von Rechten der EMRK, insbesondere keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Anerkannt Schutzberechtigten stünden Leistungen zur sozialen Unterstützung zu. Es stünden 170 Plätze zur Unterbringung von Bedürftigen während der Wintermonate zur Verfügung. Das bulgarische Rote-Kreuz und die Caritas hätten einen "Flüchtlings-Migrantendienst" eingerichtet, der Hilfeleistungen anbiete. Den Dienst der Caritas hätten im Jahr 2015 circa 200 Personen in Anspruch genommen, 29 hätten an einem Sprachkurs teilgenommen. Schutzberechtigte hätten weiterhin Anspruch auf Familienbeihilfe, die für das erste Kind 37 Leva, für das zweite Kind 85 Leva, für das dritte Kind 130 Leva und für das vierte Kind 140 Leva betrage. Es gebe ein garantiertes Mindesteinkommen für bedürftige Familien. Gegen Zahlung von 17 Leva sei eine gesetzliche Krankenversicherung zu erlangen. Grundsätzlich bestehe auch ein allerdings schwer realisierbarer Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sozialhilfe, medizinischer Versorgung und Rechtshilfe. Entgegen der Einschätzung von pro Asyl sei in den Aufnahmebedingungen für anerkannt Schutzberechtigte keine unmenschliche Behandlung zu erkennen. Dabei sei entsprechend der Urteile von einigen Verwaltungsgerichten zu berücksichtigen, dass Bulgarien - anders als die Bundesrepublik - kein ausdifferenziertes Sozialsystem habe, sondern von jedem Einzelnen eigenverantwortliches Verhalten eingefordert werde. Die Integration international Schutzberechtigter sei auch Ziel des mit dem European Asylum Support Office vereinbarten aktuellen Support Plans, der zwar bisher wenig konkret sei, dessen Ziel es jedoch sei, das drängende Problem der Obdachlosigkeit zu beseitigen. Die geringe Anzahl an international Schutzberechtigten, die Sozialhilfeleistungen empfingen (zwölf Personen in 2014), sei nicht aussagekräftig, da viele Flüchtlinge sofort weiterzögen. Der Zugang zum Arbeitsmarkt sei schwierig, ein ausgeweitetes Angebot an Sprachkursen existiere nicht. Offizielle Arbeitgeber wollten oftmals keine Flüchtlinge einstellen, der Schwarzmarkt sei durch Roma besetzt.
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2. Die Beschwerdeführer erhoben gegen den Bescheid Klage und beantragten die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Unter Bezugnahme auf eine Vielzahl von Auskünften von Nichtregierungsorganisationen, des Auswärtigen Amts und des Menschenrechtskommissars des Europarats führten sie aus, dass anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien faktisch der Zugang zu Sozialleistungen verwehrt bleibe. Es existiere seit 2014 kein Integrationsplan mehr, anerkannt Schutzberechtigte blieben ohne Unterstützung und würden angesichts dieser Lage das Land schnellstmöglich verlassen. Auch schon verkündete und beschlossene Unterstützungsmaßnahmen würden nicht umgesetzt. Praktisch alle formal existenten Unterstützungsleistungen knüpften an ein Ausweispapier an, das nur erhalte, wer in Bulgarien gemeldet sei, was jedoch wiederum mangels zugänglichen Wohnraums unmöglich sei. Anerkannt Schutzberechtigte würden praktisch immer Obdachlosigkeit ertragen müssen. Ferner nähmen rassistische Übergriffe auf Flüchtlinge in Bulgarien weiter zu; diese gingen teilweise von staatlichen Stellen aus und würden jedenfalls von diesen geduldet. Aufgrund dessen würden zwischenzeitlich zahlreiche Verwaltungsgerichte Abschiebungen nach Bulgarien stoppen. Weiterhin verstoße der Bescheid des Bundesamts gegen die Tarakhel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, da keine Vorkehrungen getroffen worden seien, um für die Beschwerdeführer zu 2. bis 5. eine kindgerechte Unterbringung zu gewährleisten.
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 13. März 2017 - zugestellt am selben Tag - ab. Die Kammer folge der Rechtsprechung anderer Kammern des Gerichts, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung trotz der schwierigen Situation für anerkannt Schutzberechtigte in Bulgarien noch verneint hätten. Es rückte eine Entscheidung vom 11. Oktober 2016 ein, in der ein Abschiebungsverbot für zwei Syrer, die sich mehrere Monate in Bulgarien aufgehalten hatten, verneint worden war. Neuere Berichte gäben keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, auch wenn wohl weiterhin Schwierigkeiten bei der Aufstellung und Umsetzung eines Integrationsprogramms bestünden.
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3. Die Beschwerdeführer erhoben am 7. April 2017 Anhörungsrüge und stellten hilfsweise einen Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Sie begründeten diese damit, dass das Verwaltungsgericht die Berichte der Nichtregierungsorganisationen unzutreffend ausgewertet beziehungsweise nicht zur Kenntnis genommen habe. Weiterhin habe es sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die Beschwerdeführerin zu 1. mit ihren vier minderjährigen Kindern, den Beschwerdeführern zu 2. bis 5., reisen werde. Für Familien mit Kleinkindern sei eine gesicherte Unterkunft unabdingbare Voraussetzung. Die Beschwerdeführerin zu 1. legte weiterhin einen vorläufigen Arztbrief vom 24. Februar 2017 vor, aus dem sich bei ihr der Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung ergibt. Sie legte weiter dar, dass ihr Ehemann aus Bulgarien nach Syrien zurückgereist sei und sich von ihr getrennt habe.
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 20. April 2017 ab. Die Anhörungsrüge habe keinen Erfolg, da das Gericht die Ausführungen der Beschwerdeführer zur Kenntnis genommen und lediglich nicht die von ihnen gewünschten rechtlichen Schlüsse gezogen habe. Der Vortrag über die Erkrankung der Beschwerdeführerin zu 1. sei schon kein neuer Sachverhalt, und im Übrigen ergäben sich aus dieser keine Abschiebungsverbote.
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II.
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1. Die Beschwerdeführer haben am 13. April 2017 Verfassungsbeschwerde erhoben, diese am 18. Mai 2017 auf den Beschluss über die Anhörungsrüge erweitert und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 GG, Art. 6 GG, Art. 16a GG, Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.
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2. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Die Bundesregierung hat von ihrem Recht zur Äußerung Gebrauch gemacht.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Die zulässige (1.) Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (2.).
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil der Rechtsweg nicht ordnungsgemäß erschöpft worden ist (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Zwar gebietet es der Grundsatz der Rechtswegerschöpfung grundsätzlich, dass der Rechtsweg unter Einhaltung der im Prozessrecht statuierten Fristen beschritten wurde. Die Anhörungsrüge wurde hier erst nach Ablauf der Zwei-Wochenfrist des § 152a Abs. 2 VwGO erhoben, da der Beschluss am 13. März 2017 zugestellt und die Anhörungsrüge erst am 7. April 2017 erhoben wurde.
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Die verfristete Einlegung eines zum Rechtsweg gehörenden Rechtsbehelfs kann dem Beschwerdeführer jedoch dann nicht entgegengehalten werden, wenn sich das Fachgericht mit dem Rechtsbehelf in der Sache auseinandergesetzt hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 28. November 2013 - 2 BvR 2784/12 -, juris, Rn. 19; BVerfGK 13, 409 <415>, für den Fall von hilfsweisen Ausführungen in der Sache; Burkiczak/Henke, BVerfGG, 2015, § 90 Rn. 169). Das Verwaltungsgericht hat die Anhörungsrüge vorliegend in der Sache entschieden, ohne auf ihre Verfristung einzugehen, so dass der Zweck des Gebots der Rechtswegerschöpfung erreicht wurde, den Fachgerichten die Möglichkeit zu geben, Verfassungsverstöße zu korrigieren.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Das Verwaltungsgericht hat die aus dem Recht auf rechtliches Gehör folgenden Maßgaben in verfassungsrechtlich relevanter Weise verkannt.
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a) Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen. Deshalb müssen, damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. auch BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <146>).
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b) Nach diesen Maßstäben verletzen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Es gehörte zum wesentlichen Kern des Vortrags der Beschwerdeführer, dass die Beschwerdeführerin zu 1. als alleinerziehende Mutter zusammen mit ihren vier Kindern, die im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO 16, 11, 9 und 4 Jahre alt waren, abgeschoben werden soll. Dieser Umstand war auch für das Verfahren von zentraler Bedeutung. Unabhängig davon, ob Abschiebungen nach Bulgarien unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt zulässig sind und welche Vorgaben für die Rückführung anerkannt Schutzberechtigter gelten - über diese Fragen wird im vorliegenden Verfahren nicht entschieden -, ist angesichts der Bestimmungen der EU-Aufnahmerichtlinie für besonders schutzbedürftige Personen in Art. 21 ff., der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 10 ff.) und der Tarakhel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Entscheidung vom 4. November 2014 - 29217/12 -) eindeutig, dass den Belangen von Familien mit Kindern besonders Rechnung getragen werden muss.
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Mit diesem zentralen Vortrag setzt sich das Verwaltungsgericht in den angegriffenen Entscheidungen nicht auseinander. Der vom Verwaltungsgericht eingerückte Beschluss der 5. Kammer desselben Gerichts vom 11. Oktober 2016 betrifft gerade keinen Fall einer allein erziehenden Mutter mit Kindern. Die individuelle Subsumtionsleistung des Gerichts im angegriffenen Beschluss vom 13. März 2017 enthält ebenfalls zu dieser Konstellation keine Aussage. Im Anhörungsrügebeschluss setzt sich das Verwaltungsgericht lediglich mit der - kein Abschiebungsverbot begründenden - Krankheit der Beschwerdeführerin zu 1. auseinander. Es hätte sich jedoch aufgedrängt, zu den Voraussetzungen Stellung zu nehmen, unter denen es einer alleinerziehenden Mutter mit vier Kindern, von denen das jüngste vier Jahre alt ist, in einer Flüchtlingen ablehnend gegenüber stehenden Umgebung zumutbar ist, zunächst auf der Straße zu leben. Hieran ändert auch die nur durch Einzelfälle einer erfolgreichen Wohnungssuche begründete Erwartung des Verwaltungsgerichts nichts, dass es nach einiger Zeit eine Möglichkeit für die Familie geben könnte, eine Wohnung zu finden. Auch wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17. September 2014 - 2 BvR 732/14 -, juris, Rn. 10 ff.) und die Tarakhel-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Entscheidung vom 4. November 2014 - 29217/12 -) die Rückführung von Eltern mit Kindern betreffen, ist in der Konstellation einer alleinerziehenden Mutter von vier Kindern erst recht zu verlangen, dass das Verwaltungsgericht darlegt, worin es die Möglichkeit sieht, dass die Familie in Bulgarien eine gesicherte Unterkunft erhält, um Gesundheitsgefahren auszuschließen und den besonderen Belangen von Familien mit Kindern Rechnung zu tragen.
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Im Übrigen bleibt in der angegriffenen Entscheidung unklar, weshalb die Beschwerdeführerin zu 1. zu dem in der eingerückten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden vom 11. Oktober 2016 als allein nach Bulgarien rückführbaren Personenkreis gehören soll. Nach dieser Entscheidung sollen nur Personen zurückgeführt werden können, die alle Voraussetzungen für ein "Sich-Durch-schlagen-Können" erfüllen. Bei einer Mutter, die sich in einer fremden Umgebung um vier Kinder zu kümmern hat, ist eine solche Annahme jedenfalls ohne nähere Begründung nicht nachvollziehbar.
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3. Angesichts des vorliegenden Gehörsverstoßes bedürfen die weiter erhobenen Grundrechtsrügen zunächst keiner Entscheidung. Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass das Verwaltungsgericht bei einer Berücksichtigung des Vortrags der Beschwerdeführer zu einem anderen Ergebnis kommt.
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IV.
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Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.
Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.