I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben am ... April 1991 geboren, eritreischer Staatsangehöriger und am 1. Oktober 2014 in das Bundesgebiet eingereist. Er beantragte am 13. Januar 2014 die Anerkennung als Asylberechtigter.
Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 13. Januar 2015 gab er an, in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen zu haben. Eine Eurodac-Anfrage ergab am 21. Januar 2015 bezüglich des Antragstellers einen Treffer der Kennung „1“ für Italien. Am 27. Februar 2015 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die zuständigen italienischen Behörden, auf das innerhalb von zwei Wochen keine Reaktion erfolgte.
Mit Bescheid vom 19. März 2015, zugestellt am 26. März 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2). Der Asylantrag sei gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig, da Italien für die Behandlung des Antrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.
Gegen den Bescheid des Bundesamts hat der Antragsteller am ... April 2015 Klage erhoben (M 1 K 15.50360). Er beantragt zudem,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt er aus, dass ihm in Italien kein dem menschenrechtlichen Mindeststandard entsprechendes Asylsystem zur Verfügung stehe. Italien biete nicht in jedem Fall ausreichenden Schutz für Asylbewerber. Diese dürften nur nach Italien zurückgeschickt werden, wenn das Land zusichere, dass ihre Rechte eingehalten würden. Die Zuständigkeitsfiktion des Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO biete keine Gewähr dafür, dass der Antragsteller in Italien auch tatsächlich Zugang zu einem geordneten Asylverfahren erhalten werde. Die Erfolgsaussichten der Klage seien zumindest offen, eine Interessenabwägung falle zugunsten des Antragstellers aus.
Die Antragsgegnerin legte am 9. April 2015 die Behördenakten vor. Sie beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Antrag ist unbegründet.
Die vom Antragsteller eingelegte Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylVfG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse des Antragstellers, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Das Gericht bezweifelt nicht die Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des Asylantrags nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 7 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO, da der Antragsteller ausweislich des Eurodac-Treffers der Kennung „1“ dort einen Asylantrag gestellt hat, vgl. Art. 24 Abs. 4 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Eurodac-VO). Aufgrund der fehlenden fristgerechten Reaktion Italiens auf das Wiederaufnahmegesuch vom 27. Februar 2015 ist nach Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO davon auszugehen, dass diesem stattgegeben wird. Es ist daher zu unterstellen, dass Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union seiner sich aus Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO ergebenden Verpflichtung, den Antragsteller wieder aufzunehmen, nachkommen und ihm tatsächlich Zugang zum italienischen Asylverfahren verschaffen wird. Die vom Antragsteller zur Untermauerung seiner gegenteiligen Auffassung angeführte Entscheidung (VG Düsseldorf, B.v. 14.10.2014 - 6 L 2261/14.A - juris) ist schon deshalb nicht vergleichbar, da in dem zugrunde liegenden Fall die Aufnahme des Asylbewerbers durch die italienischen Behörden ausdrücklich verweigert worden war.
Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG auch durchgeführt werden. Es liegen keine Gründe i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vor, die der Überstellung des Antragstellers nach Italien entgegenstünden.
Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta), der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt vielmehr die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta implizieren (EuGH v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Dabei ist die Vermutung nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. Vielmehr ist von systemischen Mängeln nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B.v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris).
Gemessen an diesem Maßstab und übereinstimmend mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris) stehen der Rückführung des Antragstellers nach Italien keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen. Die vorhandenen, nicht unerheblichen Mängel des italienischen Aufnahme- und Versorgungssystems sind nicht derart gravierend, dass von einem grundlegenden, systemischen Versagen Italiens in dem Sinne ausgegangen werden könnte, dass Asylsuchende mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta zu rechnen hätten (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 43 ff.).
Aus der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte betreffend die Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern nach Italien (EGMR, Urt.v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12 Tarakhel - NVwZ 2015, 127) ergibt sich nichts anderes. Hiernach ist sorgfältig und auf die Person des Betroffenen ausgerichtet zu prüfen, ob aufgrund der allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien und der besonderen Lage des Betroffenen nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass er im Fall der Überstellung nach Italien Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Die Überstellung ist auszusetzen, wenn die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung nachgewiesen ist (EGMR, Urt.v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 104 f.). Der EGMR geht davon aus, dass aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen und des Auswärtigen Amtes ernstliche Zweifel an der jetzigen Kapazität des italienischen Systems bestünden. Danach könne die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Zahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht werde. Jedoch verhinderten Struktur und allgemeine Lage der Aufnahme in Italien allein nicht jegliches Überstellen von Asylbewerbern in dieses Land (EGMR, Urt.v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 115). Für den Fall der Abschiebung einer Familie mit minderjährigen Kindern fordert der EGMR die Abgabe einer Zusicherung durch die italienischen Behörden, um sicherzustellen, dass die Familieneinheit erhalten bleibt und die Asylbewerber in Einrichtungen und unter Bedingungen untergebracht werden, die dem Alter der Kinder entsprechen (vgl. EGMR, Urt. v. 4.11.2014 a. a. O. Rn. 120; vgl. auch BVerfG, B.v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris).
Der EGMR stellt in seinem Urteil also nicht systemische Mängel im italienischen Asylverfahren fest. Vielmehr schränkt er die Abschiebung von Familien mit minderjährigen Kindern nach Italien ein. Weder gehört der volljährige Antragsteller zu dieser Personengruppe noch ergibt sich aus anderen Gründen dessen besondere Schutzbedürftigkeit. Daher darf er auch ohne behördliche Zusicherung nach Italien abgeschoben werden.
Darüber hinaus sind außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts verpflichten würden, nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.