Verwaltungsgericht Minden Urteil, 26. März 2015 - 4 K 237/14
Gericht
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am geborene Kläger stand bis zu seiner hier angefochtenen (erneuten) Zurruhesetzung zum 31. Januar 2014 als beamteter Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Er verfügt über eine Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Mathematik und Physik und wurde mit Wirkung vom 7. Juli 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung - BBesO -) ernannt. Zuletzt war er ‑ bis März 2009 ‑ an der F. -I. -L. -Schule, einer Realschule, in H. tätig.
3Nachdem es an dieser Schule vermehrt zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten des Klägers gekommen war, veranlasste die Bezirksregierung Detmold im Jahr 2009 eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das daraufhin unter dem 23. März 2009 erstellte amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht in der Lage, in seinem Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten; mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Der Beklagte versetzte den Kläger mit Verfügung vom 15. Mai 2009 mit Ablauf des 31. Mai 2009 in den Ruhestand.
4Mit Urteil vom 16. März 2011 hob das erkennende Gericht die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung auf, das beklagte Land sei der aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - folgenden Verpflichtung, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, nicht nachgekommen. Eine auf Anregung des Gerichts in diesem Verfahren vom Beklagten eingeholte ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamtes H. vom 15. Juni 2010 war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom März 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Landesdienst und ebenso für die Teilnahme an entsprechenden Qualifikationsmaßnahmen vorgelegen hatten.
5Zur Klärung der Frage einer eventuellen anderweitigen Einsatzmöglichkeit des Klägers veranlasste die Bezirksregierung Detmold daraufhin eine erneute amtsärztliche Begutachtung. Das unter dem 15. November 2011 erstellte und durch Stellungnahme vom 7. Dezember 2011 ergänzte Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. beruht auf den Feststellungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 19. September 2011, das beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau mit schizoiden, paranoiden und emotional instabilen Strukturmerkmalen diagnostizierte. Das amtsärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor dienstunfähig, jedoch in der Lage sei, ältere Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Eine Verwendung des Klägers an Gesamtschulen und Gymnasien sei möglich, wenn er für den Unterricht im Oberstufenbereich (Sekundarstufe II) eingesetzt werde. Auch ein Einsatz an Weiterbildungskollegs und Abendrealschulen sei denkbar und werde befürwortet. Ein Einsatz für Pausenaufsichten und Vertretungsunterricht von bis zu einer Woche sei auch in der Unterstufe möglich. Darüber hinaus sei auch ein außerschulischer Einsatz des Klägers möglich, sofern es sich um eine Tätigkeit handele, von der Kinder und Jugendliche im Pubertätsalter ausgenommen seien.
6In der Folgezeit prüfte der Beklagte eine anderweitige Verwendung des Klägers an den Abendrealschulen im Bereich der Bezirksregierung Detmold. Anschließend veranlasste er die Prüfung landesweiter Einsatzmöglichkeiten des Klägers außerhalb des bisherigen Aufgabenbereichs im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“. Im Verlauf dieses Vermittlungsprojekts machte der Kläger den Beklagten auf mehrere über das Internetportal „LEO“ ausgeschriebene Lehrerstellen aufmerksam. Darunter befanden sich sowohl Stellen für das Lehramt der Sekundarstufe II an Gymnasien bzw. am Berufskolleg, als auch eine für die Sekundarstufe I zum 1. Februar 2013 ausgeschriebene Stelle an der Abendrealschule der Stadt Q. (Ausschreibungsnummer 7-WB-1002, Bl. 163 Bd. I der Beiakten zum Verfahren 3170/13). Eine Bewerbung oder Versetzung des Klägers auf eine dieser Stellen lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die vom Kläger benannten Stellen seien allesamt nur für Neubewerber ausgeschrieben, die noch nicht im Schuldienst seien. Beförderungsbewerbungen, Laufbahnwechsel oder laufbahngleiche Versetzungen seien ausgeschlossen.
7Am 16. April 2013 bestand der Kläger eine Erweiterungsprüfung im Fach Latein mit der Note „sehr gut“.
8Eine vom Kläger Ende Juni 2013 beabsichtigte Bewerbung auf eine unter anderem für das Fach Mathematik in der Sekundarstufe II ausgeschriebene Stelle am Westfalenkolleg C. /Weiterbildungskolleg des Landes NRW wurde vom Beklagten erneut verhindert mit dem Argument, dass der Kläger sich nach wie vor im Schuldienst befände und sich deshalb nicht zulässigerweise bewerben könne, da die Stelle nur für Neubewerber ausgeschrieben sei. Die Entscheidung, ob eine zugewiesene Stelle auch für Versetzungsbewerber zugelassen werde, treffe die jeweils ausschreibende Schule.
9Unter dem 28. Juni 2013 erstellte der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. W. , Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, eine ärztliche Bescheinigung, in der er die Wiederaufnahme einer Lehrtätigkeit des Klägers in der Oberstufe oder an einem Berufskolleg empfahl und sich im Übrigen der Einschätzung des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. November anschloss.
10Der Abschlussbericht des Finanzministeriums vom 5. Juli 2013 über die im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ unternommenen Vermittlungsbemühungen kam zu dem Ergebnis, dass eine Vermittlung des Klägers außerhalb des Schuldienstes nicht möglich sei.
11Im Hinblick auf die zwischenzeitlich abgeschlossenen Vermittlungsbemühungen leitete die Bezirksregierung Detmold erneut ein Zurruhesetzungsverfahren ein und veranlasste abermals eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das unter dem 20. September 2013 erstellte Gutachten des amtsärztlichen Dienstes des Kreises H. bestätigte die Dienstunfähigkeit des Klägers im zuletzt ausgeübten Aufgabenbereich sowie seine Einsetzbarkeit für Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und für Bürotätigkeiten.
12Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, gegen seine beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen zu erheben.
13Nach Zustimmung des Personalrats und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, die ebenfalls keine Bedenken äußerte, versetzte das beklagte Land den Kläger mit Verfügung vom 23. Januar 2014 mit Ablauf des 31. Januar 2014 in den Ruhestand.
14Zur Begründung führt der Beklagte aus, ausweislich der amtsärztlichen Gutachten sei der Kläger im bisherigen Aufgabenbereich auf Dauer dienstunfähig, sodass ein Einsatz als Lehrer in der Schulform Realschule auch künftig ausscheide. Er habe daher geprüft, ob der Kläger auf einem anderen Dienstposten verwendet werden könne, der seinem bisherigen statusrechtlichen Amt entspricht, also einem gleichwertigen Dienstposten. Insoweit sei lediglich ein Einsatz an den Abendrealschulen des Bezirks in Betracht gekommen, deren Lehrkräfte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mit dem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 12 BBesO angehörten. An den Abendrealschulen des Bezirks habe aber weder eine Einsatzmöglichkeit bestanden, noch werde eine solche absehbar bestehen. Außerschulische Einsatzmöglichkeiten seien landesweit im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ geprüft, im Ergebnis aber ebenfalls verneint worden.
15Am 30. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er rügt, die Feststellungen in dem der Zurruhesetzung zugrunde liegenden amtsärztlichen Gutachten vom 20. September 2013 seien zu unbestimmt, da eine konkrete medizinische Diagnose ‑ über die allgemeine Angabe einer „Persönlichkeitsstörung“ hinaus ‑ fehle. Das Gutachten sei zudem widersprüchlich, da einerseits der Kläger für dienstunfähig gehalten werde, andererseits aber Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und Bürotätigkeiten weiterhin möglich sein sollen. Das Gutachten setze sich auch nicht mit der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. vom 28. Juni 2013 auseinander, die zu der Einschätzung komme, die gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers werde abklingen, wenn er als Lehrer der Sekundarstufe II eingesetzt werde. Darüber hinaus habe das beklagte Land seine Verpflichtung, eine anderweitige Einsatzmöglichkeit für den Kläger zu suchen, nicht ausreichend erfüllt. Im Rahmen des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei nur bei sogenannten „Kooperationspartnern“ gesucht worden, sodass mögliche Stellen bei anderen Behörden nicht erfasst worden seien. Darüber hinaus seien nach A 11 BBesO oder niedriger besoldete Stellen nicht in die Suche eingeschlossen worden. Schließlich sei eine Verwendung für Bürotätigkeiten gar nicht in Betracht gezogen worden.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Er wiederholt und vertieft die in der Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 angestellten Erwägungen. Ergänzend trägt er vor, für die Feststellung der Dienstunfähigkeit sei allein das amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 maßgeblich. Darüber hinaus empfehle auch Dr. W. in seiner ärztlichen Bescheinigung ausdrücklich nur die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit in der Oberstufe oder am Berufskolleg und schließe sich im Übrigen den Feststellungen des vorherigen amtsärztlichen Gutachtens an. Eine anderweitige Verwendung des Klägers im Schuldienst habe er geprüft. Auch eine außerschulische Verwendung sei im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ geprüft worden. In diesem Zusammenhang habe der Kläger sogar an mehreren Auswahlgesprächen teilgenommen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten 4 K 1297/09 und 4 K 3170/13 sowie der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Klage ist auch begründet. Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, Abs. 2 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist. Der Kläger ist zwar (weiterhin) dienstunfähig im Sinne von Abs. 1 Satz 1 der Norm (dazu I.); die Kammer vermag jedoch nicht festzustellen, dass seine anderweitige Verwendung nicht möglich ist (dazu II.).
25I.
26Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten, mit sich bringt.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, Rdn. 7; Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 14; Urteil vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, Rdn. 11; Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 15; Beschluss vom 27. November 2008 ‑ 2 B 32.08 -, Rdn. 4, alle juris.
28Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 14, und vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, Rdn. 11, beide juris.
30Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Beschäftigungsbehörde im vorstehenden Sinne anzusehen.
31Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 46, 53.
32Hiernach ist im Falle des Klägers Dienstunfähigkeit anzunehmen.
33Dem Kläger war zuletzt das abstrakt-funktionelle Amt eines Lehrers an der F. -I. -L. Realschule in H. als Beschäftigungsbehörde übertragen. Ein Dienstposten, der seinem Statusamt (Lehrer im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) zugeordnet war, und dessen Anforderungen der Kläger gesundheitlich gewachsen gewesen wäre, stand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung bei der Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung.
34Die mit der Untersuchung des Klägers befassten Amtsärzte und Fachgutachter, zuletzt dokumentiert in dem amtsärztlichen Gutachten vom 20. September 2013, kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, Unterricht in der Schulform der Realschule zu erteilen. Grundlage dieser Einschätzung war die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, die den Kläger im pädagogischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen deutlich einschränke. Da an Realschulen ausschließlich Kinder und Jugendliche bis zum 10. Schuljahr, regelmäßig also bis zum 16. Lebensjahr, unterrichtet werden, war die Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers insoweit folgerichtig.
35Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die Anlass gäben, die Richtigkeit dieser Feststellung in Zweifel zu ziehen, insbesondere nicht hinsichtlich der Sachkunde der beteiligten Amtsärzte und Fachgutachter sowie der Nachvollziehbarkeit der gesundheitlichen Bewertung.
36Entgegen der Ansicht des Klägers war es hinsichtlich der Feststellung der Dienstunfähigkeit ohne Belang, dass der Kläger ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 20. September 2013 gesundheitlich noch in der Lage war, Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Denn bei den insoweit in Frage kommenden Stellen an Weiterbildungs- und Berufskollegs, in der Oberstufe an Gymnasien oder Gesamtschulen sowie an Fachhochschulen und Universitäten handelte es sich gerade nicht um Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde des Klägers – also der F. -I. -L. -Schule in H. –, die seinem Statusamt zugeordnet waren.
37Unschädlich ist zudem die Tatsache, dass das amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 lediglich allgemein eine „bekannte kombinierte Persönlichkeitsstörung“ als Grund für die Leistungseinschränkung des Klägers feststellt, ohne näher zu spezifizieren, um was für eine Persönlichkeitsstörung es sich handelt. Denn dem Gutachten ist zu entnehmen, dass Grundlage der Beurteilung die „Akte mit Voruntersuchungen aus den Jahren ab 2001“ sowie eine neuerliche Untersuchung vom 18. September 2013 waren. Insoweit kann die Feststellung, die „bekannte kombinierte Persönlichkeitsstörung“ liege in unveränderter Weise vor, nur dahingehend verstanden werden, dass die zuletzt in dem amtsärztlichen Gutachten vom 15. November 2011 aufgrund des Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 29. September 2011 getroffene Diagnose einer „Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau (schizoide, paranoide und emotional instabile Strukturmerkmale)“, weiterhin gelten sollte.
38Auch die vom Kläger beigebrachte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. vom 28. Juni 2013 vermag die amtsärztliche Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers nicht zu erschüttern. Die Bescheinigung bestätigt lediglich die bereits amtsärztlich getroffene Einschätzung der anderweitigen Einsetzbarkeit des Klägers außerhalb seines bisherigen Tätigkeitsbereichs als Lehrer an einer Realschule, also der Sekundarstufe II, und zieht ansonsten die Feststellungen des amtsärztlichen Gutachtens hinsichtlich der Dienstunfähigkeit des Klägers nicht in Zweifel. Es ist insoweit zu unterscheiden zwischen der Dienstunfähigkeit „im engeren Sinne“, also der Frage, ob der Beamte noch in der Lage ist, bei seiner Beschäftigungsbehörde einem Dienstposten gerecht zu werden, der seinem statusrechtlichen Amt entspricht, und der anderweitigen Verwendbarkeit im öffentlichen Dienst, die natürlich eine Dienstfähigkeit „im weiteren Sinne“ voraussetzt.
39II.
40Gleichwohl ist die Zurruhesetzungsverfügung rechtswidrig, denn das beklagte Land hat bei seiner Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG im Hinblick auf die Suche nach einer anderen Verwendung des Klägers nicht hinreichend beachtet.
41Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Eine andere Verwendung ist gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In Fällen des § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ist die Übertragung eines anderen Amtes gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann dem Beamten gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
42Die genannten Regelungen sind Ausdruck des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“. Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG begründet daher die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar.
43Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 35, vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, Rdn. 40, sowie vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 1 M 121/12 -, Rdn. 11; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 75, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
44Die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung entfällt nur dann, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist, er also keinerlei Restleistungsvermögen mehr besitzt oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, Rdn. 13; Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 35, und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, Rdn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 1 A 2111/13 -, Rdn. 12; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 1 M 121/12 -, Rdn. 11, alle juris.
46Sofern die Suchpflicht nicht nach den oben genannten Grundsätzen ausnahmsweise entfällt, ist die Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken, wobei auch diejenigen Dienstposten zu berücksichtigen sind, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sein werden.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, Rdn. 4, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25-27, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 28-29; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 78-80, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
48Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn bei dieser Suche handelt es sich um einen Vorgang aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, der dem Einblick des betroffenen Beamten in der Regel entzogen ist. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
49Vgl. BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 30, und vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 32; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 81, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 66, alle juris.
50Zur Darlegungsobliegenheit des Dienstherrn gehört die substantiierte Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich eine Benennung der für eine mögliche Verwendung des Beamten in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten) und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Beamten im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 87.
52Nach diesen Maßstäben ist das beklagte Land seiner Suchpflicht hier nicht mit der gebotenen Intensität nachgekommen.
53Das beklagte Land war zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung verpflichtet, da ein hinreichendes Restleistungsvermögen vorlag. Sowohl die ergänzende Stellungnahme des Amtsarztes vom 7. Dezember 2011 als auch das jüngste amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 gehen davon aus, dass der Kläger gesundheitlich in der Lage ist, Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten oder andere Tätigkeiten in der Landesverwaltung ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen auszuführen. Ausdrücklich vorgeschlagen wurden insoweit Tätigkeiten an Weiterbildungskollegs, Abendrealschulen, (Abend-) Gymnasien, Gesamtschulen, an Universitäten oder Fachhochschulen sowie Bürotätigkeiten.
54Es kann dahinstehen, ob der Beklagte vorliegend verpflichtet gewesen wäre, seine Suche auch auf Stellen der Sekundarstufe II zu erstrecken, also auf solche Stellen, die eine Beförderung des Klägers nach A 13 BbesO erfordert hätten. In Betracht gekommen wären insoweit die zahlreichen, vom Kläger vorgeschlagenen Stellen, die über das Internetportal „LEO“ ausgeschrieben worden waren.
55Vgl. zur Frage, ob ggfs. auch ein Wechsel in eine höhere Laufbahngruppe in Betracht zu ziehen ist, OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 58.
56Einer Entscheidung über diese Frage bedarf es vorliegend nicht, weil der Beklagte bereits nicht hinreichend nach Verwendungsmöglichkeiten gesucht hat, die keinen Wechsel in eine höhere Laufbahngruppe erfordert hätten.
57Den beigezogenen Verwaltungsvorgängen (Bl. 72-92, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) ist zu entnehmen, dass der Beklagte zwar nach Einsatzmöglichkeiten an Abendrealschulen gesucht, diese Suche aber nicht auf seinen gesamten Bereich erstreckt hat. Insoweit wurde lediglich ein Einsatz des Klägers an Abendrealschulen und Weiterbildungskollegs im Bereich der Bezirksregierung Detmold (C. und Q1. ) geprüft.
58Es ist auch nicht ersichtlich, dass aus gesundheitlichen Gründen die Suche auf eine wohnortnahe Beschäftigung des Klägers einzuschränken war. Im Gegenteil ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass der Kläger anlässlich der Suche im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ ausdrücklich seine Bereitschaft erklärt hat, für eine feste Stelle ggfs. umzuziehen (Bl. 200, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13).
59Darüber hinaus wäre der Beklagte jedenfalls verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob der Kläger für die über das Internetportal „LEO“ ausgeschriebene Stelle mit der Ausschreibungsnummer 7-WB-1002 (Bl. 163, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) hätte eingesetzt werden können, auf die ihn der Kläger aufmerksam gemacht hatte. Hierbei handelte es sich um eine für das Fach Mathematik in der Sekundarstufe I ausgeschriebene Stelle an der Abendrealschule der Stadt Q1. , mithin um eine Stelle, die dem bisherigen Statusamt des Klägers entsprach, also keine Beförderung nach A 13 erfordert hätte. Der Beklagte durfte diese Stelle jedenfalls nicht mit dem schlichten Verweis auf den auf Neubewerber beschränkten Bewerberkreis außer Betracht lassen.
60Zwar begründet § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG keine Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen. Es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Ämterstruktur ändert.
61BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rdn. 29.
62Darüber hinaus steht dem Dienstherrn grundsätzlich ein Wahlrecht zu, ob und in welcher Form er eine freie Stelle wieder besetzen will. Insbesondere steht es in seinem freien, allein personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen, ob er eine freie Stelle im Wege der Einstellung, Anstellung, Beförderung, Versetzung, Abordnung oder Umsetzung besetzen will. Dies schließt grundsätzlich das Recht ein, ein Auswahlverfahren um eine freie Stelle auf den entsprechenden Bewerberkreis zu beschränken.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Juli 2006 - 6 B 1184/06 -, Rdn. 8, und Urteil vom 3. Juli 2001 - 1 B 670/01 -, Rdn. 7-9, beide juris.
64Diese grundsätzliche Organisationsfreiheit darf allerdings nicht dazu führen, dass die Verpflichtung des Dienstherrn, gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für den dienstunfähigen Beamten zu suchen, leerläuft. Denn nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 3, „soll“ von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Soll-Vorschriften gestatten eine Abweichung von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht gerechtfertigt ist.
65Vgl. BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rdn. 26.
66Der Dienstherr ist daher verpflichtet, wenn er sein Organisationsermessen dahingehend ausübt, eine neue Stelle zu schaffen oder eine vorhandene Stelle neu zu besetzen, in seine Ermessensentscheidung hinsichtlich einer etwaigen Beschränkung des Bewerberkreises auch die Suchpflicht des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG und den darin zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Vorrang der Weiterbeschäftigung vor Zurruhesetzung mit einzustellen. Dies ist hier ersichtlich nicht geschehen. Ausweislich der Aktenvermerke vom 22. November 2012 (Bl. 146, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) und vom 18. Juli 2013 (Bl. 196, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) verwies der Beklagte lediglich darauf, dass die vom Kläger vorgeschlagenen Stellen nicht für den Seiteneinstieg, einen Laufbahnwechsel oder laufbahngleiche Versetzungen geöffnet seien. Die Entscheidung über die Beschränkung des Bewerberkreises treffe die jeweils ausschreibende Schule. Zwar ist es richtig, dass die Entscheidung darüber, ob ausschließlich Neubewerber oder auch Beförderungs- und Versetzungsbewerber zugelassen werden, gem. § 57 Abs. 7, 1. Halbsatz Schulgesetz NRW - SchulG NRW - regelmäßig von den Schulen selbst getroffen wird. Dies bedeutet aber nicht, dass der Beklagte keinerlei Einfluss auf die Festlegung des Bewerberkreises nehmen kann. Dies ergibt sich bereits aus § 57 Abs. 7, 2. Halbsatz SchulG NRW, wonach bei der Ausschreibung und Auswahl die Vorgaben der Schulaufsichtsbehörden einzuhalten sind.
67Die Suche des Beklagten nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten des Klägers entspricht darüber hinaus auch deshalb nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil der Beklagte weder schlüssig dargelegt und dokumentiert hat, welche Stellen bei welchen Beschäftigungsbehörden er konkret im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ in Erwägung gezogen hat und aus welchen Gründen ein Einsatz des Klägers dort im Einzelnen nicht möglich war, noch dass er seine Suche auch auf geringerwertige Tätigkeiten i.S.d. § 26 Abs. 3 BeamtStG erstreckt hat. Insoweit lässt sich den Verwaltungsvorgängen lediglich entnehmen, dass der Kläger zu einer Reihe persönlicher Gespräche eingeladen worden ist (Bl. 172, 175, 178, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13). Ob es sich hierbei tatsächlich um Vorstellungsgespräche handelte, um welche Stellen es ging und welchen Ausgang das Verfahren jeweils nahm, wird daraus nicht deutlich.
68Dass für den Kläger bei Ausschöpfung der vorgenannten Suchmöglichkeiten eine anderweitige Einsatzmöglichkeit im Bereich des beklagten Landes, seines Dienstherrn, hätte gefunden werden können, dessen gesundheitlichen Anforderungen er genügt hätte, ist bei rückblickender Betrachtung nicht auszuschließen.
69Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
70Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.