Verwaltungsgericht Minden Urteil, 26. März 2015 - 4 K 237/14
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am geborene Kläger stand bis zu seiner hier angefochtenen (erneuten) Zurruhesetzung zum 31. Januar 2014 als beamteter Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Er verfügt über eine Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Mathematik und Physik und wurde mit Wirkung vom 7. Juli 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung - BBesO -) ernannt. Zuletzt war er ‑ bis März 2009 ‑ an der F. -I. -L. -Schule, einer Realschule, in H. tätig.
3Nachdem es an dieser Schule vermehrt zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten des Klägers gekommen war, veranlasste die Bezirksregierung Detmold im Jahr 2009 eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das daraufhin unter dem 23. März 2009 erstellte amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht in der Lage, in seinem Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten; mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Der Beklagte versetzte den Kläger mit Verfügung vom 15. Mai 2009 mit Ablauf des 31. Mai 2009 in den Ruhestand.
4Mit Urteil vom 16. März 2011 hob das erkennende Gericht die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung auf, das beklagte Land sei der aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - folgenden Verpflichtung, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, nicht nachgekommen. Eine auf Anregung des Gerichts in diesem Verfahren vom Beklagten eingeholte ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamtes H. vom 15. Juni 2010 war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom März 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Landesdienst und ebenso für die Teilnahme an entsprechenden Qualifikationsmaßnahmen vorgelegen hatten.
5Zur Klärung der Frage einer eventuellen anderweitigen Einsatzmöglichkeit des Klägers veranlasste die Bezirksregierung Detmold daraufhin eine erneute amtsärztliche Begutachtung. Das unter dem 15. November 2011 erstellte und durch Stellungnahme vom 7. Dezember 2011 ergänzte Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. beruht auf den Feststellungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 19. September 2011, das beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau mit schizoiden, paranoiden und emotional instabilen Strukturmerkmalen diagnostizierte. Das amtsärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor dienstunfähig, jedoch in der Lage sei, ältere Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Eine Verwendung des Klägers an Gesamtschulen und Gymnasien sei möglich, wenn er für den Unterricht im Oberstufenbereich (Sekundarstufe II) eingesetzt werde. Auch ein Einsatz an Weiterbildungskollegs und Abendrealschulen sei denkbar und werde befürwortet. Ein Einsatz für Pausenaufsichten und Vertretungsunterricht von bis zu einer Woche sei auch in der Unterstufe möglich. Darüber hinaus sei auch ein außerschulischer Einsatz des Klägers möglich, sofern es sich um eine Tätigkeit handele, von der Kinder und Jugendliche im Pubertätsalter ausgenommen seien.
6In der Folgezeit prüfte der Beklagte eine anderweitige Verwendung des Klägers an den Abendrealschulen im Bereich der Bezirksregierung Detmold. Anschließend veranlasste er die Prüfung landesweiter Einsatzmöglichkeiten des Klägers außerhalb des bisherigen Aufgabenbereichs im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“. Im Verlauf dieses Vermittlungsprojekts machte der Kläger den Beklagten auf mehrere über das Internetportal „LEO“ ausgeschriebene Lehrerstellen aufmerksam. Darunter befanden sich sowohl Stellen für das Lehramt der Sekundarstufe II an Gymnasien bzw. am Berufskolleg, als auch eine für die Sekundarstufe I zum 1. Februar 2013 ausgeschriebene Stelle an der Abendrealschule der Stadt Q. (Ausschreibungsnummer 7-WB-1002, Bl. 163 Bd. I der Beiakten zum Verfahren 3170/13). Eine Bewerbung oder Versetzung des Klägers auf eine dieser Stellen lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die vom Kläger benannten Stellen seien allesamt nur für Neubewerber ausgeschrieben, die noch nicht im Schuldienst seien. Beförderungsbewerbungen, Laufbahnwechsel oder laufbahngleiche Versetzungen seien ausgeschlossen.
7Am 16. April 2013 bestand der Kläger eine Erweiterungsprüfung im Fach Latein mit der Note „sehr gut“.
8Eine vom Kläger Ende Juni 2013 beabsichtigte Bewerbung auf eine unter anderem für das Fach Mathematik in der Sekundarstufe II ausgeschriebene Stelle am Westfalenkolleg C. /Weiterbildungskolleg des Landes NRW wurde vom Beklagten erneut verhindert mit dem Argument, dass der Kläger sich nach wie vor im Schuldienst befände und sich deshalb nicht zulässigerweise bewerben könne, da die Stelle nur für Neubewerber ausgeschrieben sei. Die Entscheidung, ob eine zugewiesene Stelle auch für Versetzungsbewerber zugelassen werde, treffe die jeweils ausschreibende Schule.
9Unter dem 28. Juni 2013 erstellte der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. W. , Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, eine ärztliche Bescheinigung, in der er die Wiederaufnahme einer Lehrtätigkeit des Klägers in der Oberstufe oder an einem Berufskolleg empfahl und sich im Übrigen der Einschätzung des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. November anschloss.
10Der Abschlussbericht des Finanzministeriums vom 5. Juli 2013 über die im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ unternommenen Vermittlungsbemühungen kam zu dem Ergebnis, dass eine Vermittlung des Klägers außerhalb des Schuldienstes nicht möglich sei.
11Im Hinblick auf die zwischenzeitlich abgeschlossenen Vermittlungsbemühungen leitete die Bezirksregierung Detmold erneut ein Zurruhesetzungsverfahren ein und veranlasste abermals eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das unter dem 20. September 2013 erstellte Gutachten des amtsärztlichen Dienstes des Kreises H. bestätigte die Dienstunfähigkeit des Klägers im zuletzt ausgeübten Aufgabenbereich sowie seine Einsetzbarkeit für Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und für Bürotätigkeiten.
12Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, gegen seine beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen zu erheben.
13Nach Zustimmung des Personalrats und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten, die ebenfalls keine Bedenken äußerte, versetzte das beklagte Land den Kläger mit Verfügung vom 23. Januar 2014 mit Ablauf des 31. Januar 2014 in den Ruhestand.
14Zur Begründung führt der Beklagte aus, ausweislich der amtsärztlichen Gutachten sei der Kläger im bisherigen Aufgabenbereich auf Dauer dienstunfähig, sodass ein Einsatz als Lehrer in der Schulform Realschule auch künftig ausscheide. Er habe daher geprüft, ob der Kläger auf einem anderen Dienstposten verwendet werden könne, der seinem bisherigen statusrechtlichen Amt entspricht, also einem gleichwertigen Dienstposten. Insoweit sei lediglich ein Einsatz an den Abendrealschulen des Bezirks in Betracht gekommen, deren Lehrkräfte der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes mit dem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 12 BBesO angehörten. An den Abendrealschulen des Bezirks habe aber weder eine Einsatzmöglichkeit bestanden, noch werde eine solche absehbar bestehen. Außerschulische Einsatzmöglichkeiten seien landesweit im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ geprüft, im Ergebnis aber ebenfalls verneint worden.
15Am 30. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er rügt, die Feststellungen in dem der Zurruhesetzung zugrunde liegenden amtsärztlichen Gutachten vom 20. September 2013 seien zu unbestimmt, da eine konkrete medizinische Diagnose ‑ über die allgemeine Angabe einer „Persönlichkeitsstörung“ hinaus ‑ fehle. Das Gutachten sei zudem widersprüchlich, da einerseits der Kläger für dienstunfähig gehalten werde, andererseits aber Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und Bürotätigkeiten weiterhin möglich sein sollen. Das Gutachten setze sich auch nicht mit der vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. vom 28. Juni 2013 auseinander, die zu der Einschätzung komme, die gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers werde abklingen, wenn er als Lehrer der Sekundarstufe II eingesetzt werde. Darüber hinaus habe das beklagte Land seine Verpflichtung, eine anderweitige Einsatzmöglichkeit für den Kläger zu suchen, nicht ausreichend erfüllt. Im Rahmen des Projektes „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei nur bei sogenannten „Kooperationspartnern“ gesucht worden, sodass mögliche Stellen bei anderen Behörden nicht erfasst worden seien. Darüber hinaus seien nach A 11 BBesO oder niedriger besoldete Stellen nicht in die Suche eingeschlossen worden. Schließlich sei eine Verwendung für Bürotätigkeiten gar nicht in Betracht gezogen worden.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2014 aufzuheben.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Er wiederholt und vertieft die in der Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 angestellten Erwägungen. Ergänzend trägt er vor, für die Feststellung der Dienstunfähigkeit sei allein das amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 maßgeblich. Darüber hinaus empfehle auch Dr. W. in seiner ärztlichen Bescheinigung ausdrücklich nur die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit in der Oberstufe oder am Berufskolleg und schließe sich im Übrigen den Feststellungen des vorherigen amtsärztlichen Gutachtens an. Eine anderweitige Verwendung des Klägers im Schuldienst habe er geprüft. Auch eine außerschulische Verwendung sei im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ geprüft worden. In diesem Zusammenhang habe der Kläger sogar an mehreren Auswahlgesprächen teilgenommen.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakten 4 K 1297/09 und 4 K 3170/13 sowie der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Die zulässige Klage ist auch begründet. Die angefochtene Verfügung des Beklagten vom 23. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3, Abs. 2 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind und eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist. Der Kläger ist zwar (weiterhin) dienstunfähig im Sinne von Abs. 1 Satz 1 der Norm (dazu I.); die Kammer vermag jedoch nicht festzustellen, dass seine anderweitige Verwendung nicht möglich ist (dazu II.).
25I.
26Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten ist das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, d.h. die Gesamtheit der bei seiner Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen eingesetzt werden kann. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beamte die Aufgaben bewältigen kann, die das konkret-funktionelle Amt, also der Dienstposten, mit sich bringt.
27Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, Rdn. 7; Urteil vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 14; Urteil vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, Rdn. 11; Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 15; Beschluss vom 27. November 2008 ‑ 2 B 32.08 -, Rdn. 4, alle juris.
28Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 14, und vom 30. August 2012 - 2 C 82.10 -, Rdn. 11, beide juris.
30Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Beschäftigungsbehörde im vorstehenden Sinne anzusehen.
31Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 46, 53.
32Hiernach ist im Falle des Klägers Dienstunfähigkeit anzunehmen.
33Dem Kläger war zuletzt das abstrakt-funktionelle Amt eines Lehrers an der F. -I. -L. Realschule in H. als Beschäftigungsbehörde übertragen. Ein Dienstposten, der seinem Statusamt (Lehrer im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) zugeordnet war, und dessen Anforderungen der Kläger gesundheitlich gewachsen gewesen wäre, stand im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Zurruhesetzungsverfügung bei der Beschäftigungsbehörde nicht zur Verfügung.
34Die mit der Untersuchung des Klägers befassten Amtsärzte und Fachgutachter, zuletzt dokumentiert in dem amtsärztlichen Gutachten vom 20. September 2013, kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger gesundheitlich nicht mehr in der Lage war, Unterricht in der Schulform der Realschule zu erteilen. Grundlage dieser Einschätzung war die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung, die den Kläger im pädagogischen Umgang mit Kindern und Jugendlichen deutlich einschränke. Da an Realschulen ausschließlich Kinder und Jugendliche bis zum 10. Schuljahr, regelmäßig also bis zum 16. Lebensjahr, unterrichtet werden, war die Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers insoweit folgerichtig.
35Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die Anlass gäben, die Richtigkeit dieser Feststellung in Zweifel zu ziehen, insbesondere nicht hinsichtlich der Sachkunde der beteiligten Amtsärzte und Fachgutachter sowie der Nachvollziehbarkeit der gesundheitlichen Bewertung.
36Entgegen der Ansicht des Klägers war es hinsichtlich der Feststellung der Dienstunfähigkeit ohne Belang, dass der Kläger ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 20. September 2013 gesundheitlich noch in der Lage war, Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Denn bei den insoweit in Frage kommenden Stellen an Weiterbildungs- und Berufskollegs, in der Oberstufe an Gymnasien oder Gesamtschulen sowie an Fachhochschulen und Universitäten handelte es sich gerade nicht um Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde des Klägers – also der F. -I. -L. -Schule in H. –, die seinem Statusamt zugeordnet waren.
37Unschädlich ist zudem die Tatsache, dass das amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 lediglich allgemein eine „bekannte kombinierte Persönlichkeitsstörung“ als Grund für die Leistungseinschränkung des Klägers feststellt, ohne näher zu spezifizieren, um was für eine Persönlichkeitsstörung es sich handelt. Denn dem Gutachten ist zu entnehmen, dass Grundlage der Beurteilung die „Akte mit Voruntersuchungen aus den Jahren ab 2001“ sowie eine neuerliche Untersuchung vom 18. September 2013 waren. Insoweit kann die Feststellung, die „bekannte kombinierte Persönlichkeitsstörung“ liege in unveränderter Weise vor, nur dahingehend verstanden werden, dass die zuletzt in dem amtsärztlichen Gutachten vom 15. November 2011 aufgrund des Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 29. September 2011 getroffene Diagnose einer „Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau (schizoide, paranoide und emotional instabile Strukturmerkmale)“, weiterhin gelten sollte.
38Auch die vom Kläger beigebrachte ärztliche Bescheinigung des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. vom 28. Juni 2013 vermag die amtsärztliche Feststellung der Dienstunfähigkeit des Klägers nicht zu erschüttern. Die Bescheinigung bestätigt lediglich die bereits amtsärztlich getroffene Einschätzung der anderweitigen Einsetzbarkeit des Klägers außerhalb seines bisherigen Tätigkeitsbereichs als Lehrer an einer Realschule, also der Sekundarstufe II, und zieht ansonsten die Feststellungen des amtsärztlichen Gutachtens hinsichtlich der Dienstunfähigkeit des Klägers nicht in Zweifel. Es ist insoweit zu unterscheiden zwischen der Dienstunfähigkeit „im engeren Sinne“, also der Frage, ob der Beamte noch in der Lage ist, bei seiner Beschäftigungsbehörde einem Dienstposten gerecht zu werden, der seinem statusrechtlichen Amt entspricht, und der anderweitigen Verwendbarkeit im öffentlichen Dienst, die natürlich eine Dienstfähigkeit „im weiteren Sinne“ voraussetzt.
39II.
40Gleichwohl ist die Zurruhesetzungsverfügung rechtswidrig, denn das beklagte Land hat bei seiner Entscheidung, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen, die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG im Hinblick auf die Suche nach einer anderen Verwendung des Klägers nicht hinreichend beachtet.
41Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Eine andere Verwendung ist gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In Fällen des § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ist die Übertragung eines anderen Amtes gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben gemäß § 26 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann dem Beamten gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
42Die genannten Regelungen sind Ausdruck des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“. Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG begründet daher die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes unvereinbar.
43Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 35, vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, Rdn. 40, sowie vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 1 M 121/12 -, Rdn. 11; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 75, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
44Die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung entfällt nur dann, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist, er also keinerlei Restleistungsvermögen mehr besitzt oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.
45Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, Rdn. 13; Urteile vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, Rdn. 35, und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 -, Rdn. 40; OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 1 A 2111/13 -, Rdn. 12; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - 1 M 121/12 -, Rdn. 11, alle juris.
46Sofern die Suchpflicht nicht nach den oben genannten Grundsätzen ausnahmsweise entfällt, ist die Suche auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken, wobei auch diejenigen Dienstposten zu berücksichtigen sind, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sein werden.
47Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, Rdn. 4, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25-27, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 28-29; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 78-80, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
48Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn bei dieser Suche handelt es sich um einen Vorgang aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, der dem Einblick des betroffenen Beamten in der Regel entzogen ist. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
49Vgl. BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 30, und vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 32; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 81, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 66, alle juris.
50Zur Darlegungsobliegenheit des Dienstherrn gehört die substantiierte Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich eine Benennung der für eine mögliche Verwendung des Beamten in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten) und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Beamten im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 87.
52Nach diesen Maßstäben ist das beklagte Land seiner Suchpflicht hier nicht mit der gebotenen Intensität nachgekommen.
53Das beklagte Land war zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung verpflichtet, da ein hinreichendes Restleistungsvermögen vorlag. Sowohl die ergänzende Stellungnahme des Amtsarztes vom 7. Dezember 2011 als auch das jüngste amtsärztliche Gutachten vom 20. September 2013 gehen davon aus, dass der Kläger gesundheitlich in der Lage ist, Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten oder andere Tätigkeiten in der Landesverwaltung ohne Kontakt zu Kindern und Jugendlichen auszuführen. Ausdrücklich vorgeschlagen wurden insoweit Tätigkeiten an Weiterbildungskollegs, Abendrealschulen, (Abend-) Gymnasien, Gesamtschulen, an Universitäten oder Fachhochschulen sowie Bürotätigkeiten.
54Es kann dahinstehen, ob der Beklagte vorliegend verpflichtet gewesen wäre, seine Suche auch auf Stellen der Sekundarstufe II zu erstrecken, also auf solche Stellen, die eine Beförderung des Klägers nach A 13 BbesO erfordert hätten. In Betracht gekommen wären insoweit die zahlreichen, vom Kläger vorgeschlagenen Stellen, die über das Internetportal „LEO“ ausgeschrieben worden waren.
55Vgl. zur Frage, ob ggfs. auch ein Wechsel in eine höhere Laufbahngruppe in Betracht zu ziehen ist, OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 58.
56Einer Entscheidung über diese Frage bedarf es vorliegend nicht, weil der Beklagte bereits nicht hinreichend nach Verwendungsmöglichkeiten gesucht hat, die keinen Wechsel in eine höhere Laufbahngruppe erfordert hätten.
57Den beigezogenen Verwaltungsvorgängen (Bl. 72-92, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) ist zu entnehmen, dass der Beklagte zwar nach Einsatzmöglichkeiten an Abendrealschulen gesucht, diese Suche aber nicht auf seinen gesamten Bereich erstreckt hat. Insoweit wurde lediglich ein Einsatz des Klägers an Abendrealschulen und Weiterbildungskollegs im Bereich der Bezirksregierung Detmold (C. und Q1. ) geprüft.
58Es ist auch nicht ersichtlich, dass aus gesundheitlichen Gründen die Suche auf eine wohnortnahe Beschäftigung des Klägers einzuschränken war. Im Gegenteil ergibt sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass der Kläger anlässlich der Suche im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ ausdrücklich seine Bereitschaft erklärt hat, für eine feste Stelle ggfs. umzuziehen (Bl. 200, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13).
59Darüber hinaus wäre der Beklagte jedenfalls verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob der Kläger für die über das Internetportal „LEO“ ausgeschriebene Stelle mit der Ausschreibungsnummer 7-WB-1002 (Bl. 163, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) hätte eingesetzt werden können, auf die ihn der Kläger aufmerksam gemacht hatte. Hierbei handelte es sich um eine für das Fach Mathematik in der Sekundarstufe I ausgeschriebene Stelle an der Abendrealschule der Stadt Q1. , mithin um eine Stelle, die dem bisherigen Statusamt des Klägers entsprach, also keine Beförderung nach A 13 erfordert hätte. Der Beklagte durfte diese Stelle jedenfalls nicht mit dem schlichten Verweis auf den auf Neubewerber beschränkten Bewerberkreis außer Betracht lassen.
60Zwar begründet § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG keine Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen. Es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Ämterstruktur ändert.
61BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rdn. 29.
62Darüber hinaus steht dem Dienstherrn grundsätzlich ein Wahlrecht zu, ob und in welcher Form er eine freie Stelle wieder besetzen will. Insbesondere steht es in seinem freien, allein personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen, ob er eine freie Stelle im Wege der Einstellung, Anstellung, Beförderung, Versetzung, Abordnung oder Umsetzung besetzen will. Dies schließt grundsätzlich das Recht ein, ein Auswahlverfahren um eine freie Stelle auf den entsprechenden Bewerberkreis zu beschränken.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 11. Juli 2006 - 6 B 1184/06 -, Rdn. 8, und Urteil vom 3. Juli 2001 - 1 B 670/01 -, Rdn. 7-9, beide juris.
64Diese grundsätzliche Organisationsfreiheit darf allerdings nicht dazu führen, dass die Verpflichtung des Dienstherrn, gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit für den dienstunfähigen Beamten zu suchen, leerläuft. Denn nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 Satz 3, „soll“ von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Soll-Vorschriften gestatten eine Abweichung von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Ausnahmefällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht gerechtfertigt ist.
65Vgl. BverwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, juris, Rdn. 26.
66Der Dienstherr ist daher verpflichtet, wenn er sein Organisationsermessen dahingehend ausübt, eine neue Stelle zu schaffen oder eine vorhandene Stelle neu zu besetzen, in seine Ermessensentscheidung hinsichtlich einer etwaigen Beschränkung des Bewerberkreises auch die Suchpflicht des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG und den darin zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Vorrang der Weiterbeschäftigung vor Zurruhesetzung mit einzustellen. Dies ist hier ersichtlich nicht geschehen. Ausweislich der Aktenvermerke vom 22. November 2012 (Bl. 146, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) und vom 18. Juli 2013 (Bl. 196, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13) verwies der Beklagte lediglich darauf, dass die vom Kläger vorgeschlagenen Stellen nicht für den Seiteneinstieg, einen Laufbahnwechsel oder laufbahngleiche Versetzungen geöffnet seien. Die Entscheidung über die Beschränkung des Bewerberkreises treffe die jeweils ausschreibende Schule. Zwar ist es richtig, dass die Entscheidung darüber, ob ausschließlich Neubewerber oder auch Beförderungs- und Versetzungsbewerber zugelassen werden, gem. § 57 Abs. 7, 1. Halbsatz Schulgesetz NRW - SchulG NRW - regelmäßig von den Schulen selbst getroffen wird. Dies bedeutet aber nicht, dass der Beklagte keinerlei Einfluss auf die Festlegung des Bewerberkreises nehmen kann. Dies ergibt sich bereits aus § 57 Abs. 7, 2. Halbsatz SchulG NRW, wonach bei der Ausschreibung und Auswahl die Vorgaben der Schulaufsichtsbehörden einzuhalten sind.
67Die Suche des Beklagten nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten des Klägers entspricht darüber hinaus auch deshalb nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil der Beklagte weder schlüssig dargelegt und dokumentiert hat, welche Stellen bei welchen Beschäftigungsbehörden er konkret im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ in Erwägung gezogen hat und aus welchen Gründen ein Einsatz des Klägers dort im Einzelnen nicht möglich war, noch dass er seine Suche auch auf geringerwertige Tätigkeiten i.S.d. § 26 Abs. 3 BeamtStG erstreckt hat. Insoweit lässt sich den Verwaltungsvorgängen lediglich entnehmen, dass der Kläger zu einer Reihe persönlicher Gespräche eingeladen worden ist (Bl. 172, 175, 178, Bd. I der Beiakten zum Verfahren 4 K 3170/13). Ob es sich hierbei tatsächlich um Vorstellungsgespräche handelte, um welche Stellen es ging und welchen Ausgang das Verfahren jeweils nahm, wird daraus nicht deutlich.
68Dass für den Kläger bei Ausschöpfung der vorgenannten Suchmöglichkeiten eine anderweitige Einsatzmöglichkeit im Bereich des beklagten Landes, seines Dienstherrn, hätte gefunden werden können, dessen gesundheitlichen Anforderungen er genügt hätte, ist bei rückblickender Betrachtung nicht auszuschließen.
69Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
70Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Minden Urteil, 26. März 2015 - 4 K 237/14
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Minden Urteil, 26. März 2015 - 4 K 237/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger entsprechend seinem Amt als
Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am geborene Kläger stand bis zu seiner (erneuten) Zurruhesetzung zum 31. Januar 2014 als beamteter Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Er verfügt über eine Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Mathematik und Physik und wurde mit Wirkung vom 7. Juli 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung - BBesO -) ernannt. Zuletzt war er – bis März 2009 – an der F. -I. -L. -Schule, einer Realschule, in H. tätig.
3Nachdem es an dieser Schule vermehrt zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten des Klägers gekommen war, veranlasste die Bezirksregierung Detmold im Jahr 2009 eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das daraufhin unter dem 23. März 2009 erstellte amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht in der Lage, in seinem Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten; mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Der Beklagte versetzte den Kläger mit Verfügung vom 15. Mai 2009 mit Ablauf des 31. Mai 2009 in den Ruhestand.
4Mit Urteil vom 16. März 2011 hob das erkennende Gericht im Verfahren 4 K 1297/09 die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung auf, das beklagte Land sei der aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - folgenden Verpflichtung, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, nicht nachgekommen. Eine auf Anregung des Gerichts in diesem Verfahren vom Beklagten eingeholte ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamtes H. vom 15. Juni 2010 war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom März 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Landesdienst und ebenso für die Teilnahme an entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen vorgelegen hatten.
5Zur Klärung der Frage einer eventuellen anderweitigen Einsatzmöglichkeit des Klägers veranlasste die Bezirksregierung Detmold daraufhin eine erneute amtsärztliche Begutachtung. Das unter dem 15. November 2011 erstellte und durch Stellungnahme vom 7. Dezember 2011 ergänzte Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. beruht auf den Feststellungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 19. September 2011, das beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau mit schizoiden, paranoiden und emotional instabilen Strukturmerkmalen diagnostizierte. Das amtsärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor dienstunfähig, jedoch in der Lage sei, ältere Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Eine Verwendung des Klägers an Gesamtschulen und Gymnasien sei möglich, wenn er für den Unterricht im Oberstufenbereich (Sekundarstufe II) eingesetzt werde. Auch ein Einsatz an Weiterbildungskollegs und Abendrealschulen sei denkbar und werde befürwortet. Ein Einsatz für Pausenaufsichten und Vertretungsunterricht von bis zu einer Woche sei auch in der Unterstufe möglich. Darüber hinaus sei auch ein außerschulischer Einsatz des Klägers möglich, sofern es sich um eine Tätigkeit handele, von der Kinder und Jugendliche im Pubertätsalter ausgenommen seien.
6In der Folgezeit prüfte der Beklagte eine anderweitige Verwendung des Klägers an den Abendrealschulen im Bereich der Bezirksregierung Detmold. Anschließend veranlasste er die Prüfung landesweiter Einsatzmöglichkeiten des Klägers außerhalb des bisherigen Aufgabenbereichs im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“.
7Unter dem 7. Mai 2013 beantragte der Kläger, umgehend amtsangemessen beschäftigt zu werden. Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 wies der Beklagte auf die noch andauernden Vermittlungsbemühungen im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ hin und kündigte an, er werde sich nach deren Abschluss voraussichtlich im Juli 2013 mit dem Kläger wegen des weiteren Verfahrens in Verbindung setzen. Daraufhin beantragte der Kläger am 4. Juli 2013, dass ihm eine unter der Kennziffer 7-WB-1011 ausgeschriebene Stelle für Lehramt der Sekundarstufe II am X. -L1. in C. übertragen werde. Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 lehnte der Beklagte die Übertragung der vom Kläger benannten Stelle im Wege einer Versetzung mit der Begründung ab, die Stelle sei ausschließlich für Neubewerber, nicht jedoch für Seiteneinsteiger oder Versetzungsbewerber geöffnet, sodass sich der Kläger nicht zulässig auf diese Stelle bewerben könne.
8Nachdem die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ im Juli 2013 erfolglos abgeschlossen worden war, leitete der Beklagte erneut ein Zurruhesetzungsverfahren ein und veranlasste abermals eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das unter dem 20. September 2013 erstellte Gutachten des amtsärztlichen Dienstes des Kreises H. kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor nicht in der Lage sei, in seinem bisherigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und dass mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu rechnen sei. Er sei jedoch für Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und für Bürotätigkeiten einsetzbar.
9Am 27. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, sein Antrag vom 7. Mai 2013 sei trotz Erinnerung bislang nicht beschieden worden. Der Beklagte habe nicht in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise dargetan, dass er seiner Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers zu suchen, genügt habe, sodass ihm der geltend gemachte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zustehe.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten zu verpflichten, den Kläger entsprechend seinem Amt als Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er trägt vor, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Er sei im Hinblick auf den Antrag des Klägers keineswegs untätig gewesen, sondern habe durchgehend nach anderweitigen Einsatzmöglichkeiten für den Kläger gesucht. Der Kläger habe jedoch wegen fehlenden Bedarfs an den im Hinblick auf die gesundheitliche Einschränkung des Klägers noch in Frage kommenden Schulformen nicht beschäftigt werden können. Auch die landesweite Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb des Schuldienstes im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei ergebnislos verlaufen. Daher bestehe kein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Zuweisung eines entsprechenden Dienstpostens.
15Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, gegen seine beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen zu erheben. Nach Zustimmung des Personalrates und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten versetzte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 23. Januar 2014 mit Ablauf des 31. Januar 2014 erneut in den Ruhestand. Hiergegen hat der Kläger am 30. Januar 2014 die beim erkennenden Gericht unter dem Az. 4 K 237/14 geführte Klage erhoben, der das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben hat.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakte 4 K 237/14 und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat Erfolg.
19Sie ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig, weil der Beklagte über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 ohne zureichenden Grund innerhalb angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.
20Der Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 war auf den Erlass einer Versetzungsverfügung und damit auf die Vornahme eines Verwaltungsaktes gerichtet. Versetzung ist die nicht nur vorübergehende Übertragung eines anderen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Behörde desselben Dienstherrn oder bei einem anderen Dienstherrn.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juni 1984 - 2 C 84.81 -, Rdn. 39 und vom 2. September 1999 - 2 C 36.98 -, Rdn. 14, beide juris.
22Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Behörde in diesem Sinne anzusehen.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009, - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 53.
24Da vorliegend ein Einsatz des Klägers in seinem bisherigen abstrakt-funktionellen Amt als Lehrer der Sekundarstufe I an der F. -I. -L. -Schule in H. im Hinblick auf seine Dienstunfähigkeit nicht mehr in Betracht kam,
25– vgl. zur Dienstunfähigkeit des Klägers die mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 getroffenen Feststellungen –
26setzte seine weitere statusamtsangemessene Beschäftigung zwingend die Versetzung an eine andere Schule oder eine andere Behörde voraus.
27Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auch nicht innerhalb angemessener Frist entschieden, ohne dass hierfür ein zureichender Grund ersichtlich wäre. Angesichts des Umstands, dass der Beklagte bereits seit der Aufhebung der ersten Zurruhesetzungsverfügung mit Urteil vom 16. März 2011 Gelegenheit hatte, eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger zu suchen, ist die Zeitspanne von mehr als vier Monaten zwischen Antragstellung und Klageerhebung ohne weiteres als angemessene Frist zur Bescheidung des Antrags auf Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens anzusehen.
28Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (27. September 2013) lag eine sachliche Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht vor. Insbesondere handelt es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 18. Juli 2013 nicht um eine Sachentscheidung über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013, da sich dieses nur über den Antrag des Klägers vom 4. Juli 2013 betreffend die Zuweisung eines bestimmten Dienstpostens am X. -L1. in C. verhielt.
29Es kann dahinstehen, ob die Zurruhesetzungsverfügung des Beklagten vom 23. Januar 2014 zugleich eine konkludente negative Sachentscheidung über den Antrag des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung darstellt. In der Zurruhesetzung kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Beklagte eine weitere amtsangemessene Beschäftigung des Klägers ablehnt. Ein entsprechendes Verständnis der Zurruhesetzungsverfügung würde aber die Zulässigkeit der Klage nicht berühren, da es hinsichtlich der fehlenden Sachentscheidung allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt.
30Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 2, 6, 19 ff.
31Da die bei dieser Betrachtungsweise ergangene Entscheidung für den Kläger negativ war, kann der Kläger seine Klage unter Einbeziehung des ergangenen Verwaltungsakts als Verpflichtungsklage aufrechterhalten und fortführen.
32Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2004 - 14 E 1259/03 -, juris, Rdn. 3.
33Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Zwar mag es zutreffen, dass der Beklagte seit Antragstellung am 7. Mai 2013 und auch zuvor nach Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger gesucht hat und in diesem Sinne nicht untätig war. Einem Beamten kann aber die Erhebung einer Untätigkeitsklage nicht allein deshalb verwehrt sein, weil sein Dienstherr noch nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten sucht. Denn dann läge es in der Hand des Dienstherrn, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung dadurch zu unterlaufen, dass die Suche (unnötig) in die Länge gezogen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Suche – wie vorliegend – bereits mehr als zweieinhalb Jahre andauert und durch den Beamten aktiv durch eigene Recherchen unterstützt wird. Vorliegend blieb dem Kläger insoweit nur die Erhebung einer Untätigkeitsklage, um seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung durchzusetzen.
34Die Klage ist auch begründet.
35Das Gericht hat mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Kläger kann daher vom Beklagten verlangen, dass ihm ein Dienstposten übertragen wird, der seinem Statusamt (Lehrer im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) entspricht.
36Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG haben Beamte, die Inhaber eines Amtes im statusrechtlichen Sinne sind, ein subjektives Recht auf amtsangemessene Beschäftigung. Dieser Anspruch ist als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich gewährleistet.
37Vgl. u.a. Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 8, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 9, beide juris.
38Beamte, die Inhaber eines statusrechtlichen Amtes sind, können von ihrem Dienstherrn verlangen, dass ihnen Funktionsämter, nämlich ein abstrakt-funktionelles und ein konkret-funktionelles Amt übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.September 2008 - 2 C 126.07 -, juris, Rdn. 8.
40Daraus folgt, dass der Dienstherr verpflichtet ist, den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen, sobald ihn der Beamte geltend macht. Insoweit trifft ihn eine Bringschuld. Ohne seine Zustimmung darf der Beamte weder auf unbestimmte Zeit unterwertig beschäftigt werden, noch darf ihm gar eine Beschäftigung gänzlich vorenthalten werden.
41Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 13, 15, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 12, beide juris.
42Diese Grundsätze gelten prinzipiell auch für dienstunfähige Beamte. Denn bei der Dienstunfähigkeit i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG handelt es sich um einen normativen Begriff, der sich stets auf das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne bezieht. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Dienstunfähigkeit liegt daher bereits dann vor, wenn bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 46.
44Es ist daher möglich, dass ein Beamter zwar dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist, er jedoch in einem anderen abstrakt-funktionellen Amt bei einer anderen Beschäftigungsbehörde weiter Dienst leisten kann und insoweit weiterhin dienstfähig ist. Daher entfällt der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, der dem Lebenszeitprinzip des Berufsbeamtentums Rechnung trägt, nicht automatisch, wenn der Beamte dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist. Er besteht weiterhin, jedoch nur in den Grenzen der konkret bestehenden Leistungsfähigkeit des Beamten.
45Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 51, 83.
46Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung eines dienstunfähigen Beamten unterliegt jedoch im Vergleich zu dem Anspruch eines uneingeschränkt dienstfähigen Beamten gewissen Einschränkungen. So ist etwa ein dienstunfähiger Beamter gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG verpflichtet, auch die dauerhafte Zuweisung eines unterwertigen Dienstpostens hinzunehmen, wenn eine anderweitige gleichwertige Verwendung nicht möglich und die unterwertige Tätigkeit zumutbar ist.
47Vgl. Lenders, Beamtenstatusgesetz, 1. Aufl. 2012, § 26 Rdn. 547.
48Macht ein dienstunfähiger Beamter gegenüber seinem Dienstherrn seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend, ist dieser nicht zwingend – wie bei dienstfähigen Beamten – in letzter Konsequenz verpflichtet, den Anspruch durch Zuweisung eines anderen gleichwertigen abstrakt- und konkret-funktionellen Amtes zu erfüllen. Er kann zunächst ein Zurruhesetzungsverfahren nach § 26 BeamtStG einleiten, sofern dies noch nicht geschehen ist. Besteht ein hinreichendes Restleistungsvermögen des Beamten, ist der Dienstherr verpflichtet, nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten zu suchen. Diese Suche muss mindestens den Anforderungen des § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG genügen, sich also auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken, auch diejenigen Dienstposten berücksichtigen, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sein werden, sowie einen möglichen Laufbahnwechsel in Betracht ziehen.
49Vgl. zu den Anforderungen an die Suchpflicht des Dienstherrn BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, Rdn. 4, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25-27, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 28-29; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 78-80, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
50Nur dann, wenn der dienstunfähige Beamte nicht auf einem gleichwertigen Dienstposten anderweitig verwendet werden kann, ist gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG eine unterwertige Beschäftigung in Betracht zu ziehen und entfällt sein Anspruch auf amtsangemessene, also seinem ursprünglichen Amt entsprechende Beschäftigung. Er hat dann einen Anspruch auf Beschäftigung in einem geringerwertigen Amt. Die Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten muss sich demnach in diesem Falle auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstrecken.
51Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn bei dieser Suche handelt es sich um einen Vorgang aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, der dem Einblick des betroffenen Beamten in der Regel entzogen ist. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 30, und vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 32; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 81, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 66, alle juris.
53Zur Darlegungsobliegenheit des Dienstherrn gehört die substantiierte Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich eine Benennung der für eine mögliche Verwendung des Beamten in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten) und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Beamten im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 87.
55Vorliegend hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 festgestellt, dass der Beklagte seiner aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG folgenden Suchpflicht nicht genügt hat, und insoweit die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Beklagte hat weder hinreichend dargelegt, dass eine anderweitige gleichwertige Verwendung des Klägers nicht möglich ist, noch dass seine anderweitige geringerwertige Verwendung ausscheidet. Dem Kläger steht daher jedenfalls zurzeit (noch) der tenorierte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung in den Grenzen seiner aktuellen Leistungsfähigkeit zu.
56Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
57Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Gründe
- 1
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 14. November 2012, die sich ausdrücklich nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 31. Juli 2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2012 bezieht und deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat die begehrte aufschiebende Wirkung zu Unrecht wiederhergestellt.
- 3
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei in jedem Falle eine eigene, originäre Entscheidung, und zwar eine Ermessensentscheidung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde (§ 80 Abs. 3 und 4 VwGO) über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners sowie die betroffenen Interessen Dritter und der Allgemeinheit nach denselben Grundsätzen gegeneinander abzuwägen wie die Ausgangsbehörde und die Widerspruchsbehörde nach § 80 Abs. 4 VwGO. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Hauptsacheklage überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes oder fehlende Erfolgsaussichten der Klage können allein das besondere Vollzugsinteresse jedoch nicht begründen, ersetzen oder entbehrlich machen, sondern nur zur Folge haben, dass vorhandene, ihrer Art nach dringliche Vollzugsinteressen grundsätzlich als schwerwiegender anzusehen sind als das Interesse der Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Bürger auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen. Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 1 M 2/11 -, juris [m. w. N.]). Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus.
- 4
Im gegebenen Fall kann nach den vorstehenden Grundsätzen indes ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht festgestellt werden, da der Antragsgegner mit Verfügung vom 1. August 2012 die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO mit sachlich zureichender Begründung rechtsfehlerfrei angeordnet hat und im Übrigen ein überwiegendes Vollzugsinteresse besteht.
- 5
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kann die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung anordnen, wenn diese im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist. Hiervon hat der Antragsgegner rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Insbesondere hat er im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO den angeordneten Sofortvollzug der hier angefochtenen Verfügung einzelfallbezogen und ordnungsgemäß begründet. Die Begründung setzt sich mit den abzuwägenden Interessen des Antragsstellers und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Verfügung auseinander; eine lediglich formelhafte oder schlicht auf die Begründung in der Sache Bezug nehmende Begründung der Sofortvollzugsanordnung liegt nicht vor. Die Sofortvollzugsanordnung konnte auch erst nach Erlass des Bescheides vom 12. Juli 2012 erfolgen.
- 6
Im Übrigen trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO - wie ausgeführt - eine originäre, umfassend bewertende und abwägende Entscheidung. Die voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zur Hauptsache sind einzubeziehen, dies allerdings dem Zweck des Eilverfahrens entsprechend in summarischer Prüfung. Einer Klärung des Sachverhaltes mittels einer Beweisaufnahme bedarf es regelmäßig nicht (OVG LSA, Beschluss vom 16. Februar 2011 - 1 M 9/11 -, juris [m. w. N.]). Dabei ist - entgegen der Annahme des Antragstellers und des Verwaltungsgerichtes - hier von der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 12. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2012 auszugehen.
- 7
Beamte auf Lebenszeit sind gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt (hier: 6 Monate gemäß § 45 Abs. 2 LBG LSA), die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Das Verwaltungsgericht hat dabei zu Recht darauf abgestellt, dass sich die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten danach beurteilt, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - hier dem Erlass des Widerspruchsbescheides am 23. September 2012 - nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Beamte dauernd dienstunfähig ist, so dass danach eingetretene wesentliche Veränderungen nicht zu berücksichtigen sind (vgl.: BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 -, juris [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 25. August 2010 - 1 L 116/10 -, juris [m. w. N.]). Insoweit hat das Verwaltungsgericht - ohne dass dem der Antragsteller noch weiter entgegen tritt - mit eingehender wie überzeugender Begründung festgestellt, dass der Antragsgegner mit Recht den Antragsteller als dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG angesehen hat.
- 8
Gegenteiliges vermag der Senat ebenso wenig anzunehmen, denn das der Zurruhesetzungsverfügung zugrunde gelegte amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2012 teilt nicht nur das Untersuchungsergebnis mit, sondern enthält auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für den Antragsgegner unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Ein derartiges Gutachten muss dabei sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten treffen, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Wie detailliert die Ausführungen sein müssen, ist im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens zu beantworten. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und gegebenenfalls welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind (etwa: Reduzierung der Arbeitszeit, Übertragung eines anderen Amtes derselben, einer entsprechenden gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn oder Versetzung in den Ruhestand). Zugleich muss das Gutachten dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtsarztes bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Dabei sind Verweise auf an anderer Stelle erhobene Befunde bzw. formulierte Bewertungen zulässig, wenn deutlich wird, in welchem Umfang sich der Amtsarzt ihnen anschließt (siehe zum Vorstehenden zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 -, juris [m. w. N.]). Dem genügt das hier maßgebliche amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2012.
- 9
Soweit das Verwaltungsgericht im Hinblick die anderweitige Verwendungsmöglichkeit des Antragstellers nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG eine Rechtsverletzung seitens des Antragsgegners bejaht, tritt die Beschwerde - entgegen den Einwendungen des Antragstellers - dieser Annahme mit Recht entgegen.
- 10
Von der Versetzung in den Ruhestand soll gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Eine anderweitige Verwendung ist gemäß § 26 Abs. 2 BeamtStG möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann, wobei die Übertragung eines anderen Amtes auch ohne Zustimmung zulässig ist, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Zudem kann gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG dem Beamten zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
- 11
Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zwar richtigerweise aus, schlussfolgert jedoch - wie die Beschwerde zutreffend rügt - zu Unrecht, dass der Antragsgegner gegen die aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG resultierende „Suchpflicht“ in Bezug auf eine anderweitige bzw. geringerwertige Verwendung des Antragstellers verstoßen bzw. eine solche nicht zureichend dokumentiert habe. Die vorbezeichnete Rechtspflicht knüpft nämlich grundlegend daran, dass eine weitere - anderweitige oder geringerwertige - Verwendung des (dienstunfähigen) Beamten überhaupt (noch) in Betracht kommt, um dem in § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG zum Ausdruck kommenden Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung" Rechnung zu tragen (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, juris [m. w. N.]; Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, BVerwGE 133, 297). Scheidet - nach den (amts-)ärztlichen Feststellungen - indes jegliche Weiterverwendung des Beamten wegen dessen körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen aus, besäße eine gleichwohl durchzuführende Suche nach einer Verwendungsmöglichkeit schlechterdings keinen Sinn mehr. Anderes ergibt sich auch nicht aus den vorgenannten und den weiteren vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss herangezogenen und vom Antragsteller sich zu Eigen gemachten gerichtlichen Entscheidungen. Insbesondere stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf eine - noch ausreichende - Leistungsfähigkeit des Beamten ab; ein dienstunfähiger Beamter soll nur - aber jedenfalls - dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. Die gesetzliche Suchpflicht soll nämlich nur verhindern, dass die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen kann, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Die Suche nach einer § 26 Abs. 3 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 26. März 2009, a. a. O.), die sich zugleich aber auch aus den vorstehenden Gründen darauf beschränkt.
- 12
Dies zugrunde legend scheidet hier - wie der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 12. Juli 2012 und seinem Widerspruchsbescheid vom 23. September 2012 wie auch mit seinem Beschwerdevorbringen zutreffend ausgeführt hat - jedwede weitere Verwendung des Antragstellers aus gesundheitlichen Gründen aus. Das polizeiärztliche Gutachten vom 13. April 2012 führt nach Schilderung der beruflichen, privaten und gesundheitlichen Entwicklung des Antragstellers aus, dass die bei ihm zu diagnostizierende Störung dem „seelischen Formenkreis“ zuzuordnen und diese „als anhaltend und mittel- bis schwergradig einzustufen“ ist. Eine gesundheitliche Eignung könnte überhaupt erst „bei Klärung des dienstlichen Konfliktfeldes … nach einem danach liegenden gewissen Therapiezeitraum … vorliegen“, den das Gutachten „mit 12 Monaten prognostiziert“. Im Ergebnis hält das Gutachten fest, dass weder eine „gesundheitliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben nach Besoldungsgruppe B 2 mit den diesem Amt verbundenen weitreichenden Entscheidungsbefugnissen“ vorliegt, noch „eine geringerwertige Beschäftigung oder eine zeitlich verkürzte Beschäftigung aufgrund der Erkrankung … möglich“ ist. Der Antragsteller „ist zum derzeitigen Zeitpunkt gesundheitlich nicht geeignet, als Beamter im Land Sachsen-Anhalt“ tätig zu sein. Mit anderen Worten: Die seelische Erkrankung besteht auch noch für längere Zeit fort und hindert den Antragsteller gesundheitlich, nicht nur sein Status-Amt, sondern auch jedes andere Funktionsamt (Amt im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinne) auszuüben. Darauf hat der Antragsgegner mithin zutreffend abgestellt.
- 13
Erweist sich nach der hier möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Zurruhesetzungsverfügung des Antragsgegners als voraussichtlich rechtmäßig, vermag der beschließende Senat ein - gleichwohl - bestehendes überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung des Suspensiveffektes einer Klage gegen die Verfügung nicht zu erkennen. Insbesondere die mit der Zurruhesetzung einhergehenden finanziellen Einschränkungen vermögen die Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der Nichtausübung des Dienstes durch einen Beamten, der hierfür gesundheitlich nicht geeignet ist, nicht zu überwiegen. Sie stellen sich vielmehr gemäß § 45 Abs. 4 LBG LSA als gewollte gesetzliche Folge dar, und zwar unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit oder Bestandkraft einer Zurruhesetzungsverfügung. Das besondere Vollzugsinteresse liegt überdies darin begründet, dass es dem Antragsgegner wie auch der Allgemeinheit nicht zuzumuten ist, bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens den gesundheitlich nicht verwendungsfähigen Antragsteller (zunächst) weiter zu verwenden.
- 14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 15
Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 47, 40, 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG, wobei der Wert im Hinblick auf die Vorläufigkeit der begehrten Regelung zu halbieren war (vgl. Ziffer II., 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, NVwZ 2004, 1327).
- 16
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Berufungszulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat durch den zuständigen Berichterstatter (§§ 125 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
3Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
4Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nicht entsprechend den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dargelegt bzw. liegt auf der Grundlage der maßgeblichen fristgerechten Darlegungen nicht vor.
5Das Zulassungsvorbringen zeigt ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils erster Instanz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht auf. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
6Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 186, 194.
7In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Berufungszulassung nicht erfolgen.
8Mit seinem Antragsvorbringen wendet sich der Kläger als erstes gegen die Bewertung in dem angefochtenen Urteil, er sei im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung dienstunfähig im Sinne der Begriffsbestimmung des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG gewesen. Er führt hierzu im Wesentlichen an: Das Verwaltungsgericht habe den von ihm vorgelegten Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. und der Diplom-Psychologin I. , aus welchen sich seine Dienstfähigkeit ergebe, zu Unrecht einen geringeren Beweiswert eingeräumt als dem bahnärztlichen Gutachten des Dr. T. , dessen Bewertung die Beklagte bei der streitigen Zurruhesetzung im Wesentlichen gefolgt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 8. März 2001 – 1 DB 8.01 –) komme den Feststellungen eines Amts- oder Betriebsarztes ein solcher Vorrang nur unter der Voraussetzung zu, dass dieser sich mit einer ihm bekannten, seinen Feststellungen widersprechenden substantiierten privatärztlichen Bescheinigung auseinander setzt und nachvollziehbar darlegt, warum er ihr nicht folgt. Diesen Anforderungen habe der Bahnarzt, was die ihm seinerzeit vorliegende Feststellung von Dr. C. betreffe, die depressive Störung remittiere zurzeit und der Zustand des Klägers sei ausreichend stabil, nicht genügt.
9Dieses Vorbringen greift in mehrfacher Hinsicht nicht durch. Zunächst verdeutlicht es schon nicht hinreichend und ist überdies auch in der Sache sehr zweifelhaft, ob die vom Kläger vorgelegten kurzen Befundberichte seiner behandelnden Privatärztin und der Therapeutin (Diplom-Psychologin) ihrem Inhalt nach überhaupt geeignet sind, eine hinreichend fundierte und zugleich nachvollziehbare Aussage zur (dauernden) Dienstunfähigkeit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG zu treffen. Denn die dortigen nur ergebnishaft wiedergegebenen Aussagen zur Stabilität des Zustandes der „zurzeit“ in Remission befindlichen depressiven Störung des Klägers lassen aus sich heraus nicht hinreichend erkennen, ob und ggf. auf welcher Grundlage sie über eine Bewertung des seinerzeit aktuellen Befundes hinaus auch die bisherige Entwicklung der hier unter erheblichen dienstlichen Fehlzeiten langjährig aufgetretenen psychischen Probleme des Klägers und beispielsweise auch die in der Vergangenheit – etwa bei Arbeitsversuchen – wiederholt schon bei geringster Belastung aufgetretenen Dekompensationen für die Bescheinigung eines angeblich zuletzt „ausreichend stabil“(en) Zustandes prognostisch mit in den Blick genommen haben. Fehlte es daran, so käme es hier auf die Frage eines grundsätzlichen Vorrangs des Gutachtens eines Bahnarztes vor privatärztlichen Stellungnahmen, auf welchen das Verwaltungsgericht (mit) abgehoben hat, schon gar nicht mehr an. Soweit die Zulassungsbegründung einen solchen Vorrang unter Hinweis auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter den hier vorliegenden Verhältnissen in Frage stellt, überzeugt das aber ebenfalls nicht. Denn es lässt sich nach dem Vorstehenden schon nicht feststellen, dass die vom Kläger in Bezug genommenen Befundberichte den Feststellungen des Bahnarztes „substantiiert“ widersprochen haben. Davon abgesehen macht der Inhalt des aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 12. März 2012 erstatteten (abschließenden) bahnärztlichen Gutachtens des Dr. T. deutlich, dass dieser „den vorgelegten Bericht der behandelnden Psychiaterin“ (das zielt ersichtlich auf den seinerzeit schon vorliegenden ärztlichen Befundbericht von Dr. C. vom 7. März 2012) bei seiner Beurteilung sehr wohl berücksichtigt hat. Das gilt auch für dem Umstand, dass der Kläger im Untersuchungszeitpunkt seit vier Wochen wieder einer Tätigkeit nachging. Warum Dr. T. gleichwohl den Kläger im Ergebnis nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG für dienstfähig gehalten hat, hat er in der genannten gutachterlichen Stellungnahme nachvollziehbar erläutert. Dabei ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bahnarzt für seine prognostische Bewertung, ob der Kläger über die aktuell erreichte Kompensation seines Befindens hinaus auch zukünftig in der Lage sein werde, mit der erforderlichen Regelmäßigkeit über einen längeren Zeitraum Dienst zu leisten, nicht nur den damals aktuellen Befund zugrunde gelegt, sondern diesen zugleich im Lichte der gesamten Vorgeschichte mitsamt den dabei gemachten Erfahrungen bei schon geringfügigen dienstlichen Belastungen, die zur psychischen Dekompensation geführt hatten, gewürdigt hat.
10Weiter wendet der Kläger gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ein, dass er auch nicht im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG als dienstunfähig anzusehen (gewesen) sei. Zwar sei er in den sechs Monaten vor seiner Zurruhesetzung über einen längeren Zeitraum erkrankt gewesen. Die weiter vorzunehmende Prognose hätte jedoch nicht ergeben dürfen, dass in den folgenden sechs Monaten keine Aussicht auf Wiederherstellung der Dienstfähigkeit bestanden habe. Die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten sich nämlich diesbezüglich nicht ausschließlich auf das bahnärztliche Gutachten zurückziehen dürfen. Denn jenes Gutachten stütze sich bei seiner Prognose unzulässigerweise auf die in der Vergangenheit vorhanden gewesenen Leiden und berücksichtige nicht die nach erfolgreicher Therapie erreichte Genesung.
11Das überzeugt nicht, wozu – was die Anforderungen an die Prognose zur Wiederherstellung einer auf Dauer angelegten Dienstfähigkeit betrifft – entsprechend auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann. Davon abgesehen ist dieser Vortrag schon nicht erheblich. Denn dann, wenn wie hier das Vorliegen der Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG für die Dienstunfähigkeit des Beamten hinreichend nachgewiesen ist, kommt es nicht darauf an, ob zusätzlich auch die besonderen, der Beweiserleichterung dienenden Voraussetzungen nach § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG erfüllt sind.
12Der Kläger hält das Urteil weiter insofern für unrichtig, als es das Verwaltungsgericht gebilligt habe, dass die Beklagte ihm im Rahmen der Anwendung des § 44 Abs. 3 und 4 BBG auch eine andere, ggf. geringerwertige Tätigkeit bzw. eine Tätigkeit unter Reduzierung der Wochenarbeitszeit nicht habe übertragen müssen. Insofern habe es hier an der dem Dienstherrn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegenden umfassenden Suche nach einer dem Leistungsvermögen des betroffenen Beamten entsprechenden anderweitigen Verwendung gefehlt. Die Beklagte hätte es insbesondere nicht bei den im Jahr 2011 durchgeführten Arbeitsversuchen belassen dürfen, da sich erst im Anschluss daran mit dem Abschluss der durchgeführten Psychotherapie sein Gesamtzustand gebessert habe. Auch ein Rückgriff auf die früheren Fehlzeiten verbiete sich daher in dem betreffenden Zusammenhang.
13Dieses Vorbringen benennt zutreffend die allgemeinen rechtlichen Anforderungen an die Anwendung des § 44 Abs. 3 und 4 BBG, von welchen auch das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung ausgegangen ist. Anerkannt ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass die in Rede stehende, prinzipiell auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu beziehende Suchpflicht im Einzelfall nur dann zum Tragen kommt, wenn bei dem betroffenen Beamten in gesundheitlicher Hinsicht überhaupt noch ein ausreichendes Restleistungsvermögen vorhanden ist, welches ihn befähigt, wenigstens noch einfache dienstliche Aufgaben wahrzunehmen. Kann er dagegen voraussichtlich keinerlei Dienst in einem seiner oder einer anderen Laufbahn zugehörigen Amt mehr leisten oder wären dabei erhebliche Fehlzeiten zu erwarten, so entfällt die Suchpflicht.
14Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13 –, NVwZ 2014, 1319 = juris, Rn. 35, und Beschluss vom 6. November 2014 – 2 B 97.13 –, DÖD 2015, 44 = juris, Rn.13; ferner etwa OVG Sachsen-Anhalt,Beschluss vom 20. Dezember 2012 – 1 M 121/12 –, juris, Rn. 11.
15Hieran hat das Verwaltungsgericht (sinngemäß) angeknüpft, indem es im Falle des Klägers das Bestehen eines Restleistungsvermögens auch für Tätigkeiten einfacher Art verneint hat. Es durfte sich für diese Feststellung auch auf Erkenntnisse aus den im Jahre 2011 sowie auch schon in den Jahren davor in einer als ausreichend zu bewertenden Zahl durchgeführten Arbeitsversuchen stützen. Denn unter den hier gegebenen Umständen durften daraus relevante Schlüsse auch für eine Zukunftsprognose gezogen werden. Der Kläger wendet in diesem Zusammenhang gegen das Urteil im Kern nur ein, dass sein nach Abschluss der Psychotherapie zwischenzeitlich gebesserter Gesundheitszustand unberücksichtigt geblieben sei. Dieses Argument greift hier aber – wie schon in anderem Zusammenhang – nicht durch, weil eine nachhaltige Stabilisierung des psychischen Zustands des Klägers, welche eine mögliche Dekompensation schon bei der Wahrnehmung einfacher Diensttätigkeiten im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über die Versetzung in den Ruhestand unwahrscheinlich gemacht hätte, mangels Substanz der Behandlungsberichte der Fachärztin Dr. C. und der Diplom-Psychologin I. nicht hinreichend dargetan und auch sonst nicht ersichtlich ist. Gegen eine nachhaltige Stabilisierung spricht im Übrigen auch, dass der Kläger – wie in der Antragerwiderung der Beklagten und in dem Gutachten von Dr. T. mitgeteilt – schon in der Vergangenheit stationär psychotherapeutisch behandelt worden war. Das hatte im Ergebnis nicht zu mehr als einer temporären Verbesserung seiner psychischen Konstitution und Stabilität geführt.
16Soweit die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils auf die ggf. bestehende Möglichkeit einer künftigen Reaktivierung des Klägers eingehen, ist dies kein tragender Bestandteil der Begründung der Rechtmäßigkeit des Zurruhesetzungsbescheides. Das Urteil stellt deshalb nicht in Frage, dass ein Beamter, bei dem die rechtlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand nicht vorliegen, nicht einfach auf den Weg einer evtl. in Betracht kommenden Reaktivierung nach § 46 BBG verwiesen werden darf.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
18Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
Gründe
- 1
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 14. November 2012, die sich ausdrücklich nur auf die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 31. Juli 2012 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 12. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2012 bezieht und deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist, ist begründet.
- 2
Das Verwaltungsgericht hat die begehrte aufschiebende Wirkung zu Unrecht wiederhergestellt.
- 3
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei in jedem Falle eine eigene, originäre Entscheidung, und zwar eine Ermessensentscheidung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde (§ 80 Abs. 3 und 4 VwGO) über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners sowie die betroffenen Interessen Dritter und der Allgemeinheit nach denselben Grundsätzen gegeneinander abzuwägen wie die Ausgangsbehörde und die Widerspruchsbehörde nach § 80 Abs. 4 VwGO. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Hauptsacheklage überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes oder fehlende Erfolgsaussichten der Klage können allein das besondere Vollzugsinteresse jedoch nicht begründen, ersetzen oder entbehrlich machen, sondern nur zur Folge haben, dass vorhandene, ihrer Art nach dringliche Vollzugsinteressen grundsätzlich als schwerwiegender anzusehen sind als das Interesse der Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung. Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Bürger auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen. Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 1 M 2/11 -, juris [m. w. N.]). Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus.
- 4
Im gegebenen Fall kann nach den vorstehenden Grundsätzen indes ein überwiegendes Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht festgestellt werden, da der Antragsgegner mit Verfügung vom 1. August 2012 die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO mit sachlich zureichender Begründung rechtsfehlerfrei angeordnet hat und im Übrigen ein überwiegendes Vollzugsinteresse besteht.
- 5
Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO kann die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, die sofortige Vollziehung anordnen, wenn diese im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist. Hiervon hat der Antragsgegner rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Insbesondere hat er im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO den angeordneten Sofortvollzug der hier angefochtenen Verfügung einzelfallbezogen und ordnungsgemäß begründet. Die Begründung setzt sich mit den abzuwägenden Interessen des Antragsstellers und dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug der Verfügung auseinander; eine lediglich formelhafte oder schlicht auf die Begründung in der Sache Bezug nehmende Begründung der Sofortvollzugsanordnung liegt nicht vor. Die Sofortvollzugsanordnung konnte auch erst nach Erlass des Bescheides vom 12. Juli 2012 erfolgen.
- 6
Im Übrigen trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO - wie ausgeführt - eine originäre, umfassend bewertende und abwägende Entscheidung. Die voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zur Hauptsache sind einzubeziehen, dies allerdings dem Zweck des Eilverfahrens entsprechend in summarischer Prüfung. Einer Klärung des Sachverhaltes mittels einer Beweisaufnahme bedarf es regelmäßig nicht (OVG LSA, Beschluss vom 16. Februar 2011 - 1 M 9/11 -, juris [m. w. N.]). Dabei ist - entgegen der Annahme des Antragstellers und des Verwaltungsgerichtes - hier von der Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 12. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2012 auszugehen.
- 7
Beamte auf Lebenszeit sind gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt (hier: 6 Monate gemäß § 45 Abs. 2 LBG LSA), die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Das Verwaltungsgericht hat dabei zu Recht darauf abgestellt, dass sich die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten danach beurteilt, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - hier dem Erlass des Widerspruchsbescheides am 23. September 2012 - nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Beamte dauernd dienstunfähig ist, so dass danach eingetretene wesentliche Veränderungen nicht zu berücksichtigen sind (vgl.: BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 -, juris [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 25. August 2010 - 1 L 116/10 -, juris [m. w. N.]). Insoweit hat das Verwaltungsgericht - ohne dass dem der Antragsteller noch weiter entgegen tritt - mit eingehender wie überzeugender Begründung festgestellt, dass der Antragsgegner mit Recht den Antragsteller als dienstunfähig im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG angesehen hat.
- 8
Gegenteiliges vermag der Senat ebenso wenig anzunehmen, denn das der Zurruhesetzungsverfügung zugrunde gelegte amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2012 teilt nicht nur das Untersuchungsergebnis mit, sondern enthält auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für den Antragsgegner unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Ein derartiges Gutachten muss dabei sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d. h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten treffen, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Wie detailliert die Ausführungen sein müssen, ist im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens zu beantworten. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und gegebenenfalls welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind (etwa: Reduzierung der Arbeitszeit, Übertragung eines anderen Amtes derselben, einer entsprechenden gleichwertigen oder einer anderen Laufbahn oder Versetzung in den Ruhestand). Zugleich muss das Gutachten dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtsarztes bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie ggf. substantiiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Dabei sind Verweise auf an anderer Stelle erhobene Befunde bzw. formulierte Bewertungen zulässig, wenn deutlich wird, in welchem Umfang sich der Amtsarzt ihnen anschließt (siehe zum Vorstehenden zusammenfassend: BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2.10 -, juris [m. w. N.]). Dem genügt das hier maßgebliche amtsärztliche Gutachten vom 13. April 2012.
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Soweit das Verwaltungsgericht im Hinblick die anderweitige Verwendungsmöglichkeit des Antragstellers nach Maßgabe des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG eine Rechtsverletzung seitens des Antragsgegners bejaht, tritt die Beschwerde - entgegen den Einwendungen des Antragstellers - dieser Annahme mit Recht entgegen.
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Von der Versetzung in den Ruhestand soll gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Eine anderweitige Verwendung ist gemäß § 26 Abs. 2 BeamtStG möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann, wobei die Übertragung eines anderen Amtes auch ohne Zustimmung zulässig ist, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen. Zudem kann gemäß § 26 Abs. 3 BeamtStG dem Beamten zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
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Hiervon geht das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zwar richtigerweise aus, schlussfolgert jedoch - wie die Beschwerde zutreffend rügt - zu Unrecht, dass der Antragsgegner gegen die aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG resultierende „Suchpflicht“ in Bezug auf eine anderweitige bzw. geringerwertige Verwendung des Antragstellers verstoßen bzw. eine solche nicht zureichend dokumentiert habe. Die vorbezeichnete Rechtspflicht knüpft nämlich grundlegend daran, dass eine weitere - anderweitige oder geringerwertige - Verwendung des (dienstunfähigen) Beamten überhaupt (noch) in Betracht kommt, um dem in § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG zum Ausdruck kommenden Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung" Rechnung zu tragen (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, juris [m. w. N.]; Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, BVerwGE 133, 297). Scheidet - nach den (amts-)ärztlichen Feststellungen - indes jegliche Weiterverwendung des Beamten wegen dessen körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen aus, besäße eine gleichwohl durchzuführende Suche nach einer Verwendungsmöglichkeit schlechterdings keinen Sinn mehr. Anderes ergibt sich auch nicht aus den vorgenannten und den weiteren vom Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss herangezogenen und vom Antragsteller sich zu Eigen gemachten gerichtlichen Entscheidungen. Insbesondere stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf eine - noch ausreichende - Leistungsfähigkeit des Beamten ab; ein dienstunfähiger Beamter soll nur - aber jedenfalls - dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. Die gesetzliche Suchpflicht soll nämlich nur verhindern, dass die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes „Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen kann, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Die Suche nach einer § 26 Abs. 3 BeamtStG entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken (siehe zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 26. März 2009, a. a. O.), die sich zugleich aber auch aus den vorstehenden Gründen darauf beschränkt.
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Dies zugrunde legend scheidet hier - wie der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 12. Juli 2012 und seinem Widerspruchsbescheid vom 23. September 2012 wie auch mit seinem Beschwerdevorbringen zutreffend ausgeführt hat - jedwede weitere Verwendung des Antragstellers aus gesundheitlichen Gründen aus. Das polizeiärztliche Gutachten vom 13. April 2012 führt nach Schilderung der beruflichen, privaten und gesundheitlichen Entwicklung des Antragstellers aus, dass die bei ihm zu diagnostizierende Störung dem „seelischen Formenkreis“ zuzuordnen und diese „als anhaltend und mittel- bis schwergradig einzustufen“ ist. Eine gesundheitliche Eignung könnte überhaupt erst „bei Klärung des dienstlichen Konfliktfeldes … nach einem danach liegenden gewissen Therapiezeitraum … vorliegen“, den das Gutachten „mit 12 Monaten prognostiziert“. Im Ergebnis hält das Gutachten fest, dass weder eine „gesundheitliche Eignung für die Erfüllung der Aufgaben nach Besoldungsgruppe B 2 mit den diesem Amt verbundenen weitreichenden Entscheidungsbefugnissen“ vorliegt, noch „eine geringerwertige Beschäftigung oder eine zeitlich verkürzte Beschäftigung aufgrund der Erkrankung … möglich“ ist. Der Antragsteller „ist zum derzeitigen Zeitpunkt gesundheitlich nicht geeignet, als Beamter im Land Sachsen-Anhalt“ tätig zu sein. Mit anderen Worten: Die seelische Erkrankung besteht auch noch für längere Zeit fort und hindert den Antragsteller gesundheitlich, nicht nur sein Status-Amt, sondern auch jedes andere Funktionsamt (Amt im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinne) auszuüben. Darauf hat der Antragsgegner mithin zutreffend abgestellt.
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Erweist sich nach der hier möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Zurruhesetzungsverfügung des Antragsgegners als voraussichtlich rechtmäßig, vermag der beschließende Senat ein - gleichwohl - bestehendes überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung des Suspensiveffektes einer Klage gegen die Verfügung nicht zu erkennen. Insbesondere die mit der Zurruhesetzung einhergehenden finanziellen Einschränkungen vermögen die Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der Nichtausübung des Dienstes durch einen Beamten, der hierfür gesundheitlich nicht geeignet ist, nicht zu überwiegen. Sie stellen sich vielmehr gemäß § 45 Abs. 4 LBG LSA als gewollte gesetzliche Folge dar, und zwar unabhängig von der sofortigen Vollziehbarkeit oder Bestandkraft einer Zurruhesetzungsverfügung. Das besondere Vollzugsinteresse liegt überdies darin begründet, dass es dem Antragsgegner wie auch der Allgemeinheit nicht zuzumuten ist, bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens den gesundheitlich nicht verwendungsfähigen Antragsteller (zunächst) weiter zu verwenden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 47, 40, 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG, wobei der Wert im Hinblick auf die Vorläufigkeit der begehrten Regelung zu halbieren war (vgl. Ziffer II., 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, NVwZ 2004, 1327).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger entsprechend seinem Amt als
Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Der am geborene Kläger stand bis zu seiner (erneuten) Zurruhesetzung zum 31. Januar 2014 als beamteter Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Er verfügt über eine Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Mathematik und Physik und wurde mit Wirkung vom 7. Juli 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung - BBesO -) ernannt. Zuletzt war er – bis März 2009 – an der F. -I. -L. -Schule, einer Realschule, in H. tätig.
3Nachdem es an dieser Schule vermehrt zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten des Klägers gekommen war, veranlasste die Bezirksregierung Detmold im Jahr 2009 eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das daraufhin unter dem 23. März 2009 erstellte amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht in der Lage, in seinem Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten; mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Der Beklagte versetzte den Kläger mit Verfügung vom 15. Mai 2009 mit Ablauf des 31. Mai 2009 in den Ruhestand.
4Mit Urteil vom 16. März 2011 hob das erkennende Gericht im Verfahren 4 K 1297/09 die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung auf, das beklagte Land sei der aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - folgenden Verpflichtung, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, nicht nachgekommen. Eine auf Anregung des Gerichts in diesem Verfahren vom Beklagten eingeholte ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamtes H. vom 15. Juni 2010 war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom März 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Landesdienst und ebenso für die Teilnahme an entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen vorgelegen hatten.
5Zur Klärung der Frage einer eventuellen anderweitigen Einsatzmöglichkeit des Klägers veranlasste die Bezirksregierung Detmold daraufhin eine erneute amtsärztliche Begutachtung. Das unter dem 15. November 2011 erstellte und durch Stellungnahme vom 7. Dezember 2011 ergänzte Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. beruht auf den Feststellungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 19. September 2011, das beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau mit schizoiden, paranoiden und emotional instabilen Strukturmerkmalen diagnostizierte. Das amtsärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor dienstunfähig, jedoch in der Lage sei, ältere Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Eine Verwendung des Klägers an Gesamtschulen und Gymnasien sei möglich, wenn er für den Unterricht im Oberstufenbereich (Sekundarstufe II) eingesetzt werde. Auch ein Einsatz an Weiterbildungskollegs und Abendrealschulen sei denkbar und werde befürwortet. Ein Einsatz für Pausenaufsichten und Vertretungsunterricht von bis zu einer Woche sei auch in der Unterstufe möglich. Darüber hinaus sei auch ein außerschulischer Einsatz des Klägers möglich, sofern es sich um eine Tätigkeit handele, von der Kinder und Jugendliche im Pubertätsalter ausgenommen seien.
6In der Folgezeit prüfte der Beklagte eine anderweitige Verwendung des Klägers an den Abendrealschulen im Bereich der Bezirksregierung Detmold. Anschließend veranlasste er die Prüfung landesweiter Einsatzmöglichkeiten des Klägers außerhalb des bisherigen Aufgabenbereichs im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“.
7Unter dem 7. Mai 2013 beantragte der Kläger, umgehend amtsangemessen beschäftigt zu werden. Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 wies der Beklagte auf die noch andauernden Vermittlungsbemühungen im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ hin und kündigte an, er werde sich nach deren Abschluss voraussichtlich im Juli 2013 mit dem Kläger wegen des weiteren Verfahrens in Verbindung setzen. Daraufhin beantragte der Kläger am 4. Juli 2013, dass ihm eine unter der Kennziffer 7-WB-1011 ausgeschriebene Stelle für Lehramt der Sekundarstufe II am X. -L1. in C. übertragen werde. Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 lehnte der Beklagte die Übertragung der vom Kläger benannten Stelle im Wege einer Versetzung mit der Begründung ab, die Stelle sei ausschließlich für Neubewerber, nicht jedoch für Seiteneinsteiger oder Versetzungsbewerber geöffnet, sodass sich der Kläger nicht zulässig auf diese Stelle bewerben könne.
8Nachdem die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ im Juli 2013 erfolglos abgeschlossen worden war, leitete der Beklagte erneut ein Zurruhesetzungsverfahren ein und veranlasste abermals eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das unter dem 20. September 2013 erstellte Gutachten des amtsärztlichen Dienstes des Kreises H. kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor nicht in der Lage sei, in seinem bisherigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und dass mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu rechnen sei. Er sei jedoch für Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und für Bürotätigkeiten einsetzbar.
9Am 27. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, sein Antrag vom 7. Mai 2013 sei trotz Erinnerung bislang nicht beschieden worden. Der Beklagte habe nicht in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise dargetan, dass er seiner Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers zu suchen, genügt habe, sodass ihm der geltend gemachte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zustehe.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten zu verpflichten, den Kläger entsprechend seinem Amt als Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er trägt vor, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Er sei im Hinblick auf den Antrag des Klägers keineswegs untätig gewesen, sondern habe durchgehend nach anderweitigen Einsatzmöglichkeiten für den Kläger gesucht. Der Kläger habe jedoch wegen fehlenden Bedarfs an den im Hinblick auf die gesundheitliche Einschränkung des Klägers noch in Frage kommenden Schulformen nicht beschäftigt werden können. Auch die landesweite Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb des Schuldienstes im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei ergebnislos verlaufen. Daher bestehe kein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Zuweisung eines entsprechenden Dienstpostens.
15Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, gegen seine beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen zu erheben. Nach Zustimmung des Personalrates und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten versetzte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 23. Januar 2014 mit Ablauf des 31. Januar 2014 erneut in den Ruhestand. Hiergegen hat der Kläger am 30. Januar 2014 die beim erkennenden Gericht unter dem Az. 4 K 237/14 geführte Klage erhoben, der das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben hat.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakte 4 K 237/14 und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat Erfolg.
19Sie ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig, weil der Beklagte über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 ohne zureichenden Grund innerhalb angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.
20Der Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 war auf den Erlass einer Versetzungsverfügung und damit auf die Vornahme eines Verwaltungsaktes gerichtet. Versetzung ist die nicht nur vorübergehende Übertragung eines anderen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Behörde desselben Dienstherrn oder bei einem anderen Dienstherrn.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juni 1984 - 2 C 84.81 -, Rdn. 39 und vom 2. September 1999 - 2 C 36.98 -, Rdn. 14, beide juris.
22Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Behörde in diesem Sinne anzusehen.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009, - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 53.
24Da vorliegend ein Einsatz des Klägers in seinem bisherigen abstrakt-funktionellen Amt als Lehrer der Sekundarstufe I an der F. -I. -L. -Schule in H. im Hinblick auf seine Dienstunfähigkeit nicht mehr in Betracht kam,
25– vgl. zur Dienstunfähigkeit des Klägers die mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 getroffenen Feststellungen –
26setzte seine weitere statusamtsangemessene Beschäftigung zwingend die Versetzung an eine andere Schule oder eine andere Behörde voraus.
27Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auch nicht innerhalb angemessener Frist entschieden, ohne dass hierfür ein zureichender Grund ersichtlich wäre. Angesichts des Umstands, dass der Beklagte bereits seit der Aufhebung der ersten Zurruhesetzungsverfügung mit Urteil vom 16. März 2011 Gelegenheit hatte, eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger zu suchen, ist die Zeitspanne von mehr als vier Monaten zwischen Antragstellung und Klageerhebung ohne weiteres als angemessene Frist zur Bescheidung des Antrags auf Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens anzusehen.
28Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (27. September 2013) lag eine sachliche Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht vor. Insbesondere handelt es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 18. Juli 2013 nicht um eine Sachentscheidung über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013, da sich dieses nur über den Antrag des Klägers vom 4. Juli 2013 betreffend die Zuweisung eines bestimmten Dienstpostens am X. -L1. in C. verhielt.
29Es kann dahinstehen, ob die Zurruhesetzungsverfügung des Beklagten vom 23. Januar 2014 zugleich eine konkludente negative Sachentscheidung über den Antrag des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung darstellt. In der Zurruhesetzung kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Beklagte eine weitere amtsangemessene Beschäftigung des Klägers ablehnt. Ein entsprechendes Verständnis der Zurruhesetzungsverfügung würde aber die Zulässigkeit der Klage nicht berühren, da es hinsichtlich der fehlenden Sachentscheidung allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt.
30Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 2, 6, 19 ff.
31Da die bei dieser Betrachtungsweise ergangene Entscheidung für den Kläger negativ war, kann der Kläger seine Klage unter Einbeziehung des ergangenen Verwaltungsakts als Verpflichtungsklage aufrechterhalten und fortführen.
32Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2004 - 14 E 1259/03 -, juris, Rdn. 3.
33Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Zwar mag es zutreffen, dass der Beklagte seit Antragstellung am 7. Mai 2013 und auch zuvor nach Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger gesucht hat und in diesem Sinne nicht untätig war. Einem Beamten kann aber die Erhebung einer Untätigkeitsklage nicht allein deshalb verwehrt sein, weil sein Dienstherr noch nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten sucht. Denn dann läge es in der Hand des Dienstherrn, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung dadurch zu unterlaufen, dass die Suche (unnötig) in die Länge gezogen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Suche – wie vorliegend – bereits mehr als zweieinhalb Jahre andauert und durch den Beamten aktiv durch eigene Recherchen unterstützt wird. Vorliegend blieb dem Kläger insoweit nur die Erhebung einer Untätigkeitsklage, um seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung durchzusetzen.
34Die Klage ist auch begründet.
35Das Gericht hat mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Kläger kann daher vom Beklagten verlangen, dass ihm ein Dienstposten übertragen wird, der seinem Statusamt (Lehrer im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) entspricht.
36Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG haben Beamte, die Inhaber eines Amtes im statusrechtlichen Sinne sind, ein subjektives Recht auf amtsangemessene Beschäftigung. Dieser Anspruch ist als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich gewährleistet.
37Vgl. u.a. Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 8, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 9, beide juris.
38Beamte, die Inhaber eines statusrechtlichen Amtes sind, können von ihrem Dienstherrn verlangen, dass ihnen Funktionsämter, nämlich ein abstrakt-funktionelles und ein konkret-funktionelles Amt übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.September 2008 - 2 C 126.07 -, juris, Rdn. 8.
40Daraus folgt, dass der Dienstherr verpflichtet ist, den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen, sobald ihn der Beamte geltend macht. Insoweit trifft ihn eine Bringschuld. Ohne seine Zustimmung darf der Beamte weder auf unbestimmte Zeit unterwertig beschäftigt werden, noch darf ihm gar eine Beschäftigung gänzlich vorenthalten werden.
41Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 13, 15, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 12, beide juris.
42Diese Grundsätze gelten prinzipiell auch für dienstunfähige Beamte. Denn bei der Dienstunfähigkeit i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG handelt es sich um einen normativen Begriff, der sich stets auf das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne bezieht. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Dienstunfähigkeit liegt daher bereits dann vor, wenn bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 46.
44Es ist daher möglich, dass ein Beamter zwar dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist, er jedoch in einem anderen abstrakt-funktionellen Amt bei einer anderen Beschäftigungsbehörde weiter Dienst leisten kann und insoweit weiterhin dienstfähig ist. Daher entfällt der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, der dem Lebenszeitprinzip des Berufsbeamtentums Rechnung trägt, nicht automatisch, wenn der Beamte dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist. Er besteht weiterhin, jedoch nur in den Grenzen der konkret bestehenden Leistungsfähigkeit des Beamten.
45Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 51, 83.
46Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung eines dienstunfähigen Beamten unterliegt jedoch im Vergleich zu dem Anspruch eines uneingeschränkt dienstfähigen Beamten gewissen Einschränkungen. So ist etwa ein dienstunfähiger Beamter gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG verpflichtet, auch die dauerhafte Zuweisung eines unterwertigen Dienstpostens hinzunehmen, wenn eine anderweitige gleichwertige Verwendung nicht möglich und die unterwertige Tätigkeit zumutbar ist.
47Vgl. Lenders, Beamtenstatusgesetz, 1. Aufl. 2012, § 26 Rdn. 547.
48Macht ein dienstunfähiger Beamter gegenüber seinem Dienstherrn seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend, ist dieser nicht zwingend – wie bei dienstfähigen Beamten – in letzter Konsequenz verpflichtet, den Anspruch durch Zuweisung eines anderen gleichwertigen abstrakt- und konkret-funktionellen Amtes zu erfüllen. Er kann zunächst ein Zurruhesetzungsverfahren nach § 26 BeamtStG einleiten, sofern dies noch nicht geschehen ist. Besteht ein hinreichendes Restleistungsvermögen des Beamten, ist der Dienstherr verpflichtet, nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten zu suchen. Diese Suche muss mindestens den Anforderungen des § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG genügen, sich also auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken, auch diejenigen Dienstposten berücksichtigen, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sein werden, sowie einen möglichen Laufbahnwechsel in Betracht ziehen.
49Vgl. zu den Anforderungen an die Suchpflicht des Dienstherrn BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, Rdn. 4, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25-27, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 28-29; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 78-80, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
50Nur dann, wenn der dienstunfähige Beamte nicht auf einem gleichwertigen Dienstposten anderweitig verwendet werden kann, ist gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG eine unterwertige Beschäftigung in Betracht zu ziehen und entfällt sein Anspruch auf amtsangemessene, also seinem ursprünglichen Amt entsprechende Beschäftigung. Er hat dann einen Anspruch auf Beschäftigung in einem geringerwertigen Amt. Die Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten muss sich demnach in diesem Falle auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstrecken.
51Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn bei dieser Suche handelt es sich um einen Vorgang aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, der dem Einblick des betroffenen Beamten in der Regel entzogen ist. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 30, und vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 32; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 81, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 66, alle juris.
53Zur Darlegungsobliegenheit des Dienstherrn gehört die substantiierte Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich eine Benennung der für eine mögliche Verwendung des Beamten in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten) und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Beamten im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 87.
55Vorliegend hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 festgestellt, dass der Beklagte seiner aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG folgenden Suchpflicht nicht genügt hat, und insoweit die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Beklagte hat weder hinreichend dargelegt, dass eine anderweitige gleichwertige Verwendung des Klägers nicht möglich ist, noch dass seine anderweitige geringerwertige Verwendung ausscheidet. Dem Kläger steht daher jedenfalls zurzeit (noch) der tenorierte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung in den Grenzen seiner aktuellen Leistungsfähigkeit zu.
56Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
57Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit sind in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Für Gruppen von Beamtinnen und Beamten können besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit durch Landesrecht geregelt werden.
(2) Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn der Beamtin oder dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. In den Fällen des Satzes 1 ist die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden. Beamtinnen und Beamte, die nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzen, haben an Qualifizierungsmaßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen.
(3) Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann der Beamtin oder dem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherrn übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.
Tenor
Der Beklagte wird verpflichtet, den Kläger entsprechend seinem Amt als
Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Der am geborene Kläger stand bis zu seiner (erneuten) Zurruhesetzung zum 31. Januar 2014 als beamteter Lehrer im Dienst des beklagten Landes. Er verfügt über eine Lehrbefähigung für die Sekundarstufen I und II in den Fächern Mathematik und Physik und wurde mit Wirkung vom 7. Juli 1998 unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit zum Lehrer (Besoldungsgruppe A 12 Bundesbesoldungsordnung - BBesO -) ernannt. Zuletzt war er – bis März 2009 – an der F. -I. -L. -Schule, einer Realschule, in H. tätig.
3Nachdem es an dieser Schule vermehrt zu Beschwerden über das dienstliche Verhalten des Klägers gekommen war, veranlasste die Bezirksregierung Detmold im Jahr 2009 eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das daraufhin unter dem 23. März 2009 erstellte amtsärztliche Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. gelangte zu dem Ergebnis, der Kläger sei nicht in der Lage, in seinem Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten; mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht zu rechnen. Der Beklagte versetzte den Kläger mit Verfügung vom 15. Mai 2009 mit Ablauf des 31. Mai 2009 in den Ruhestand.
4Mit Urteil vom 16. März 2011 hob das erkennende Gericht im Verfahren 4 K 1297/09 die Zurruhesetzungsverfügung mit der Begründung auf, das beklagte Land sei der aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - folgenden Verpflichtung, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen, nicht nachgekommen. Eine auf Anregung des Gerichts in diesem Verfahren vom Beklagten eingeholte ergänzende Stellungnahme des Gesundheitsamtes H. vom 15. Juni 2010 war zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger zum Zeitpunkt der Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens vom März 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine anderweitige Verwendung im Landesdienst und ebenso für die Teilnahme an entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen vorgelegen hatten.
5Zur Klärung der Frage einer eventuellen anderweitigen Einsatzmöglichkeit des Klägers veranlasste die Bezirksregierung Detmold daraufhin eine erneute amtsärztliche Begutachtung. Das unter dem 15. November 2011 erstellte und durch Stellungnahme vom 7. Dezember 2011 ergänzte Gutachten des Amtsarztes des Kreises H. beruht auf den Feststellungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachtens der Dres. E. und N. vom 19. September 2011, das beim Kläger eine Persönlichkeitsstörung auf narzisstischem Strukturniveau mit schizoiden, paranoiden und emotional instabilen Strukturmerkmalen diagnostizierte. Das amtsärztliche Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor dienstunfähig, jedoch in der Lage sei, ältere Schüler jenseits des Pubertätsalters zu unterrichten. Eine Verwendung des Klägers an Gesamtschulen und Gymnasien sei möglich, wenn er für den Unterricht im Oberstufenbereich (Sekundarstufe II) eingesetzt werde. Auch ein Einsatz an Weiterbildungskollegs und Abendrealschulen sei denkbar und werde befürwortet. Ein Einsatz für Pausenaufsichten und Vertretungsunterricht von bis zu einer Woche sei auch in der Unterstufe möglich. Darüber hinaus sei auch ein außerschulischer Einsatz des Klägers möglich, sofern es sich um eine Tätigkeit handele, von der Kinder und Jugendliche im Pubertätsalter ausgenommen seien.
6In der Folgezeit prüfte der Beklagte eine anderweitige Verwendung des Klägers an den Abendrealschulen im Bereich der Bezirksregierung Detmold. Anschließend veranlasste er die Prüfung landesweiter Einsatzmöglichkeiten des Klägers außerhalb des bisherigen Aufgabenbereichs im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“.
7Unter dem 7. Mai 2013 beantragte der Kläger, umgehend amtsangemessen beschäftigt zu werden. Mit Schreiben vom 27. Juni 2013 wies der Beklagte auf die noch andauernden Vermittlungsbemühungen im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ hin und kündigte an, er werde sich nach deren Abschluss voraussichtlich im Juli 2013 mit dem Kläger wegen des weiteren Verfahrens in Verbindung setzen. Daraufhin beantragte der Kläger am 4. Juli 2013, dass ihm eine unter der Kennziffer 7-WB-1011 ausgeschriebene Stelle für Lehramt der Sekundarstufe II am X. -L1. in C. übertragen werde. Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 lehnte der Beklagte die Übertragung der vom Kläger benannten Stelle im Wege einer Versetzung mit der Begründung ab, die Stelle sei ausschließlich für Neubewerber, nicht jedoch für Seiteneinsteiger oder Versetzungsbewerber geöffnet, sodass sich der Kläger nicht zulässig auf diese Stelle bewerben könne.
8Nachdem die Suche nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ im Juli 2013 erfolglos abgeschlossen worden war, leitete der Beklagte erneut ein Zurruhesetzungsverfahren ein und veranlasste abermals eine amtsärztliche Überprüfung der Dienst- und Einsatzfähigkeit des Klägers. Das unter dem 20. September 2013 erstellte Gutachten des amtsärztlichen Dienstes des Kreises H. kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nach wie vor nicht in der Lage sei, in seinem bisherigen Aufgabenbereich uneingeschränkt Dienst zu verrichten und dass mit der Wiederherstellung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate nicht zu rechnen sei. Er sei jedoch für Unterrichtstätigkeiten im Erwachsenenbereich und für Bürotätigkeiten einsetzbar.
9Am 27. September 2013 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, sein Antrag vom 7. Mai 2013 sei trotz Erinnerung bislang nicht beschieden worden. Der Beklagte habe nicht in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise dargetan, dass er seiner Pflicht, nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers zu suchen, genügt habe, sodass ihm der geltend gemachte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zustehe.
10Der Kläger beantragt,
11den Beklagten zu verpflichten, den Kläger entsprechend seinem Amt als Lehrer im gehobenen Dienst (A 12 Bundesbesoldungsordnung) amtsangemessen zu beschäftigen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er trägt vor, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Er sei im Hinblick auf den Antrag des Klägers keineswegs untätig gewesen, sondern habe durchgehend nach anderweitigen Einsatzmöglichkeiten für den Kläger gesucht. Der Kläger habe jedoch wegen fehlenden Bedarfs an den im Hinblick auf die gesundheitliche Einschränkung des Klägers noch in Frage kommenden Schulformen nicht beschäftigt werden können. Auch die landesweite Suche nach einer anderweitigen Verwendung außerhalb des Schuldienstes im Rahmen des Projekts „Vorfahrt für Weiterbeschäftigung“ sei ergebnislos verlaufen. Daher bestehe kein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung und Zuweisung eines entsprechenden Dienstpostens.
15Mit Schreiben vom 26. Oktober 2013 wurde dem Kläger Gelegenheit gegeben, gegen seine beabsichtigte Zurruhesetzung Einwendungen zu erheben. Nach Zustimmung des Personalrates und Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten versetzte der Beklagte den Kläger mit Verfügung vom 23. Januar 2014 mit Ablauf des 31. Januar 2014 erneut in den Ruhestand. Hiergegen hat der Kläger am 30. Januar 2014 die beim erkennenden Gericht unter dem Az. 4 K 237/14 geführte Klage erhoben, der das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage stattgegeben hat.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verfahrensakte 4 K 237/14 und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat Erfolg.
19Sie ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig, weil der Beklagte über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 ohne zureichenden Grund innerhalb angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.
20Der Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013 war auf den Erlass einer Versetzungsverfügung und damit auf die Vornahme eines Verwaltungsaktes gerichtet. Versetzung ist die nicht nur vorübergehende Übertragung eines anderen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Behörde desselben Dienstherrn oder bei einem anderen Dienstherrn.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juni 1984 - 2 C 84.81 -, Rdn. 39 und vom 2. September 1999 - 2 C 36.98 -, Rdn. 14, beide juris.
22Im Bereich des Schuldienstes ist jede Schule als Behörde in diesem Sinne anzusehen.
23Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009, - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 53.
24Da vorliegend ein Einsatz des Klägers in seinem bisherigen abstrakt-funktionellen Amt als Lehrer der Sekundarstufe I an der F. -I. -L. -Schule in H. im Hinblick auf seine Dienstunfähigkeit nicht mehr in Betracht kam,
25– vgl. zur Dienstunfähigkeit des Klägers die mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 getroffenen Feststellungen –
26setzte seine weitere statusamtsangemessene Beschäftigung zwingend die Versetzung an eine andere Schule oder eine andere Behörde voraus.
27Der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auch nicht innerhalb angemessener Frist entschieden, ohne dass hierfür ein zureichender Grund ersichtlich wäre. Angesichts des Umstands, dass der Beklagte bereits seit der Aufhebung der ersten Zurruhesetzungsverfügung mit Urteil vom 16. März 2011 Gelegenheit hatte, eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger zu suchen, ist die Zeitspanne von mehr als vier Monaten zwischen Antragstellung und Klageerhebung ohne weiteres als angemessene Frist zur Bescheidung des Antrags auf Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens anzusehen.
28Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (27. September 2013) lag eine sachliche Entscheidung über den Antrag des Klägers nicht vor. Insbesondere handelt es sich bei dem Schreiben des Beklagten vom 18. Juli 2013 nicht um eine Sachentscheidung über den Antrag des Klägers vom 7. Mai 2013, da sich dieses nur über den Antrag des Klägers vom 4. Juli 2013 betreffend die Zuweisung eines bestimmten Dienstpostens am X. -L1. in C. verhielt.
29Es kann dahinstehen, ob die Zurruhesetzungsverfügung des Beklagten vom 23. Januar 2014 zugleich eine konkludente negative Sachentscheidung über den Antrag des Klägers auf amtsangemessene Beschäftigung darstellt. In der Zurruhesetzung kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass der Beklagte eine weitere amtsangemessene Beschäftigung des Klägers ablehnt. Ein entsprechendes Verständnis der Zurruhesetzungsverfügung würde aber die Zulässigkeit der Klage nicht berühren, da es hinsichtlich der fehlenden Sachentscheidung allein auf den Zeitpunkt der Klageerhebung ankommt.
30Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 2, 6, 19 ff.
31Da die bei dieser Betrachtungsweise ergangene Entscheidung für den Kläger negativ war, kann der Kläger seine Klage unter Einbeziehung des ergangenen Verwaltungsakts als Verpflichtungsklage aufrechterhalten und fortführen.
32Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 75 Rdn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2004 - 14 E 1259/03 -, juris, Rdn. 3.
33Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Zwar mag es zutreffen, dass der Beklagte seit Antragstellung am 7. Mai 2013 und auch zuvor nach Verwendungsmöglichkeiten für den Kläger gesucht hat und in diesem Sinne nicht untätig war. Einem Beamten kann aber die Erhebung einer Untätigkeitsklage nicht allein deshalb verwehrt sein, weil sein Dienstherr noch nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten sucht. Denn dann läge es in der Hand des Dienstherrn, den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung dadurch zu unterlaufen, dass die Suche (unnötig) in die Länge gezogen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Suche – wie vorliegend – bereits mehr als zweieinhalb Jahre andauert und durch den Beamten aktiv durch eigene Recherchen unterstützt wird. Vorliegend blieb dem Kläger insoweit nur die Erhebung einer Untätigkeitsklage, um seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung durchzusetzen.
34Die Klage ist auch begründet.
35Das Gericht hat mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Kläger kann daher vom Beklagten verlangen, dass ihm ein Dienstposten übertragen wird, der seinem Statusamt (Lehrer im gehobenen Dienst, Besoldungsgruppe A 12 BBesO) entspricht.
36Nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG haben Beamte, die Inhaber eines Amtes im statusrechtlichen Sinne sind, ein subjektives Recht auf amtsangemessene Beschäftigung. Dieser Anspruch ist als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums i.S.v. Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich gewährleistet.
37Vgl. u.a. Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 8, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 9, beide juris.
38Beamte, die Inhaber eines statusrechtlichen Amtes sind, können von ihrem Dienstherrn verlangen, dass ihnen Funktionsämter, nämlich ein abstrakt-funktionelles und ein konkret-funktionelles Amt übertragen werden, deren Wertigkeit ihrem Amt im statusrechtlichen Sinne entspricht.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.September 2008 - 2 C 126.07 -, juris, Rdn. 8.
40Daraus folgt, dass der Dienstherr verpflichtet ist, den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen, sobald ihn der Beamte geltend macht. Insoweit trifft ihn eine Bringschuld. Ohne seine Zustimmung darf der Beamte weder auf unbestimmte Zeit unterwertig beschäftigt werden, noch darf ihm gar eine Beschäftigung gänzlich vorenthalten werden.
41Vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 2008 - 2 C 126.07 -, Rdn. 13, 15, und vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, Rdn. 12, beide juris.
42Diese Grundsätze gelten prinzipiell auch für dienstunfähige Beamte. Denn bei der Dienstunfähigkeit i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG handelt es sich um einen normativen Begriff, der sich stets auf das zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne bezieht. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Dienstunfähigkeit liegt daher bereits dann vor, wenn bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, juris, Rdn. 46.
44Es ist daher möglich, dass ein Beamter zwar dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist, er jedoch in einem anderen abstrakt-funktionellen Amt bei einer anderen Beschäftigungsbehörde weiter Dienst leisten kann und insoweit weiterhin dienstfähig ist. Daher entfällt der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, der dem Lebenszeitprinzip des Berufsbeamtentums Rechnung trägt, nicht automatisch, wenn der Beamte dienstunfähig i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist. Er besteht weiterhin, jedoch nur in den Grenzen der konkret bestehenden Leistungsfähigkeit des Beamten.
45Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 51, 83.
46Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung eines dienstunfähigen Beamten unterliegt jedoch im Vergleich zu dem Anspruch eines uneingeschränkt dienstfähigen Beamten gewissen Einschränkungen. So ist etwa ein dienstunfähiger Beamter gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG verpflichtet, auch die dauerhafte Zuweisung eines unterwertigen Dienstpostens hinzunehmen, wenn eine anderweitige gleichwertige Verwendung nicht möglich und die unterwertige Tätigkeit zumutbar ist.
47Vgl. Lenders, Beamtenstatusgesetz, 1. Aufl. 2012, § 26 Rdn. 547.
48Macht ein dienstunfähiger Beamter gegenüber seinem Dienstherrn seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend, ist dieser nicht zwingend – wie bei dienstfähigen Beamten – in letzter Konsequenz verpflichtet, den Anspruch durch Zuweisung eines anderen gleichwertigen abstrakt- und konkret-funktionellen Amtes zu erfüllen. Er kann zunächst ein Zurruhesetzungsverfahren nach § 26 BeamtStG einleiten, sofern dies noch nicht geschehen ist. Besteht ein hinreichendes Restleistungsvermögen des Beamten, ist der Dienstherr verpflichtet, nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten zu suchen. Diese Suche muss mindestens den Anforderungen des § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 BeamtStG genügen, sich also auf den gesamten Bereich des Dienstherrn erstrecken, auch diejenigen Dienstposten berücksichtigen, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sein werden, sowie einen möglichen Laufbahnwechsel in Betracht ziehen.
49Vgl. zu den Anforderungen an die Suchpflicht des Dienstherrn BVerwG, Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5.10 -, Rdn. 4, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 25-27, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 28-29; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 78-80, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 64, alle juris.
50Nur dann, wenn der dienstunfähige Beamte nicht auf einem gleichwertigen Dienstposten anderweitig verwendet werden kann, ist gem. § 26 Abs. 3 BeamtStG eine unterwertige Beschäftigung in Betracht zu ziehen und entfällt sein Anspruch auf amtsangemessene, also seinem ursprünglichen Amt entsprechende Beschäftigung. Er hat dann einen Anspruch auf Beschäftigung in einem geringerwertigen Amt. Die Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten muss sich demnach in diesem Falle auch auf geringerwertige Tätigkeiten erstrecken.
51Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn bei dieser Suche handelt es sich um einen Vorgang aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, der dem Einblick des betroffenen Beamten in der Regel entzogen ist. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.
52Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, Rdn. 30, und vom 26. März 2009 - 2 C 46.08 -, Rdn. 32; OVG NRW, Urteile vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07-, Rdn. 81, und vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, Rdn. 66, alle juris.
53Zur Darlegungsobliegenheit des Dienstherrn gehört die substantiierte Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich eine Benennung der für eine mögliche Verwendung des Beamten in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten) und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Beamten im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Januar 2010 - 1 A 2211/07 -, juris, Rdn. 87.
55Vorliegend hat die Kammer mit Urteil vom heutigen Tage im Verfahren 4 K 237/14 festgestellt, dass der Beklagte seiner aus § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG folgenden Suchpflicht nicht genügt hat, und insoweit die Zurruhesetzungsverfügung vom 23. Januar 2014 aufgehoben. Der Beklagte hat weder hinreichend dargelegt, dass eine anderweitige gleichwertige Verwendung des Klägers nicht möglich ist, noch dass seine anderweitige geringerwertige Verwendung ausscheidet. Dem Kläger steht daher jedenfalls zurzeit (noch) der tenorierte Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung in den Grenzen seiner aktuellen Leistungsfähigkeit zu.
56Der Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
57Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.