Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 17. Juni 2015 - 1 L 410/15.A
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin T. -T1. , S. , wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
21. Der Antrag des Antragstellers,
3ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin T. -T1. aus S. beizuordnen,
4ist unbegründet.
5Es fehlt an den für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
6Hinreichende Aussicht auf Erfolg bedeutet bei einer an Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG orientierten Auslegung des Begriffs einerseits, dass Prozesskostenhilfe nicht erst und nur dann bewilligt werden darf, wenn der Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung gewiss ist, andererseits aber auch, dass Prozesskostenhilfe dann versagt werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist.
7Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 08.08.2011 - 12 E 225/11 -, bei juris.
82. Nach diesen Maßstäben hat der sinngemäße Antrag,
9die aufschiebende Wirkung der Klage - 1 K 1052/15.A - gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 08.04.2015 anzuordnen,
10keine Aussicht auf Erfolg. Er ist unbegründet.
11Die nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen.
12Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 08.04.2015 begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
13Das Bundesamt geht zu Recht von der Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers aus. Diese Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1 der Dublin-III-VO. Denn der Antragsteller hat aus einem anderen Drittstaat kommend illegal die Landesgrenze Spaniens überschritten. In diesem Fall ist Spanien für die Prüfung des Antrags zuständig; dies hat die zuständige spanische Behörde in ihrem an das Bundesamt gerichteten Schreiben vom 04.03.2015 auch anerkannt (EURODAC-Treffer ES 21831717947). Eine etwaige zuvor ergangene Ausreiseaufforderung an den Antragsteller dürfte damit aufgehoben sein.
14Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin hätten veranlassen können, ihr Selbsteintrittsrecht nach Maßgabe des Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, sind nicht ersichtlich. Diese ergeben sich nicht daraus, dass sich in Deutschland Verwandte des Antragstellers aufhalten. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor und sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen.
15Vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 – C – 394/12 -;
16BVerwG, B. v. 19.03.2014 - 10 B 6/14 -, beide bei juris.
17Allein die Existenz von Verwandten im Bundesgebiet, die nicht den Begriff des Familienangehörigen i.S.d. Art. 2 lit.g Dublin III – Verordnung unterfallen, begründen keine besonderen humanitäre Gründe, die im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts maßgeblich zu berücksichtigen wären.
18Es ist nach der im Eilrechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung derzeit nicht davon auszugehen, dass die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern in Spanien im Allgemeinen nicht eingehalten werden. Dem Gericht liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass dort systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorhanden sind.
19Vgl. z.B. VG Magdeburg, Beschluss vom 14.04.2015 - 9 B 234/15 -; VG Minden, Urteil vom 16.03.2015 - 10 K 494/15.A -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20.02.2015 - 7a K 1515/14.A -; VG Bayreuth, Beschluss vom 30.01.2015 - B 3 E 15.50003 -.
20Auch darüber hinausgehend bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Spanien. Anders als bei der Abschiebungsandrohung darf eine Abschiebungsanordnung erst erfolgen, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, der das Gericht folgt, hat das Bundesamt im Rahmen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse - dabei ist hier auf Spanien abzustellen - als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen.
21Vgl. u.a. BayVGH, Beschluss vom 12.03.2014 - 10 CE 14.427 -.
22Dafür ist hier nichts ersichtlich.
233. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83b AsylVfG.
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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Gründe
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I.
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Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
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II.
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg.
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1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden."
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Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.
- 5
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Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
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Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
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Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt.
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2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch.
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Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154).
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An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte.
Gründe
- 1
Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage - am 16.03.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.02.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung des Antragstellers nachSpanien angeordnet wurde.
- 2
Der zulässige Antrag,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 25.02.2015 anzuordnen,
- 4
ist unbegründet.
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1.) Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
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Wegen §§ 27 a, 34 a AsylVfG ist im Rahmen einer Interessenabwägung vorrangig zu beurteilen, ob das Land, auf welches die Abschiebungsanordnung lautet für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist bzw. ob diese Zuständigkeit ausnahmsweise wegen systemischer Mängel im Asyl- oder Aufnahmeverfahren in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen sein könnte.
- 7
Die Klage gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrages sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylVfG). Die aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 34 a Abs. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Ziffer 3, Abs. 5 VwGO durch das Gericht angeordnet werden. Die Antragsfrist von einer Woche (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) ist eingehalten.
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2.) Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005.04, juris); § 36 Abs. 4 AsylVfG findet keine Anwendung.
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Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, B. v. 14.07.2014, A 1 K 254/14). Dies ist der Fall, wenn ernst zu nehmende, hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Umstände bestehen. Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).
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3.) Diese Anforderungen an die gerichtliche Eilentscheidung gestellt, kann vorliegend nicht mit der für das Eilverfahren notwendigen Gewissheit ausgeschlossen werden, dass die so von der Antragsgegnerin angenommene Zuständigkeit Spaniens wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Anders gewendet: Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des Selbsteintritts (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) ist vielmehr auszuschließen. Das Hauptsacheverfahren ist insoweit gerade nicht als offen im oben erörterten Sinne anzusehen.
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a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).
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Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014, 10 A 10656/13, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014, 3 B 6802/13, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichter der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, der der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, 1 A 21/12, juris).
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Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.
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Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die dem zugrunde liegenden Umstände in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, B. v. 16.06.2014, 13 L 141/14, juris).
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Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014, 10 B 6.14, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, B. v. 14.03.2013. 4 L 44/13, juris; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, alle juris; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
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b.) In Ansehung dessen folgt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, dass bezüglich Spaniens zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylVfG [analog]) keine ernst zu nehmenden oder hinsichtlich ihrer Schwere noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel bestehen. Dies ergibt die Recherche in den einschlägigen Datenbanken. Ebenso in jüngerer Zeit: VG Aachen, Beschlüsse vom 27.02.2015, 4 L 68/15.A, 14. Januar 2015 - 4 L 786/14.A -, vom 15. Dezember 2014 - 4 L 805/14.A -, 30. Juni 2014 - 4 L 398/14.A-, vom 16. Juni 2014 - 4 L 216/14.A -, vom 1. April 2014 - 4 L 110/14.A - und - 4 L 673/13.A -; ebenso: VG Düsseldorf, Urteil vom 8. Oktober 2014 - 11 K 900/14.A, juris, Rn. 68; Beschlüsse vom 25. August 2014 - 13 L 1834/14.A und vom 17. April 2014 - 13 L 247/14.A -, juris, Rn. 22 f.; VG Minden, Urteil vom 14. März 2014 - 10 K 55/14.A -, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 - 6 L 551/14.A -, juris, Rn. 9 ff.; VG Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 - Au 7 S 14.50094- , juris, Rn. 50 f.
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Dabei ist zunächst festzustellen, dass es Internet nahezu keine verwertbaren Informationen zu den Begrifflichkeiten „Spanien, systemische Mängel, Dublin“ auffindbar sind. Weder vom UNHCR noch von Amnesty International oder sonstigen Flüchtlingshilfeorganisationen sind überhaupt Dokumente auffindbar. Bereits diese Tatsache der fehlenden Veröffentlichungen im Internet, lässt den Schluss zu, dass die „systemischen Mängel“ gerade nicht zu verzeichnen sind. Denn ansonsten wären mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Informationen erhältlich. Für diesen Rückschluss spricht, dass Informationen und Dokumente zu den Ländern in denen „systemische Mängel“ zu verzeichnen sind oder waren, wie Griechenland, Italien, Bulgarien und Ungarn, massig im Netz auffindbar sind und die Rechsprechung darauf reagiert hat. Seitens der Rechtsprechung sind ausnahmslos Entscheidungen auffindbar, die die EU-Konformität Spaniens annehmen und das Selbsteintrittsrecht Deutschlands verneinen, wenngleich diese Entscheidungen eine tiefere Begründung vermissen lassen, was wegen der Offensichtlichkeit aber auch nicht notwendig ist (vgl.: oben angegebene Rechtsprechung).
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Schließlich besteht das Selbsteintrittsrecht auch nicht aufgrund sonstiger humanitärer Gründe oder aufgrund nationaler Abschiebungsverbote. Der als diesbezüglich zu verstehende Vortrag des Antragstellers, er müsse auch in Spanien mit einer Verfolgung durch den syrischen Geheimdienst rechnen, wird dem nicht gerecht. Denn insoweit beruht dies auf bloße Vermutungen und ist durch nichts belegt. Auch bei Unterstellung muss davon ausgegangen werden, dass die spanischen Behörden den Asylbewerber insoweit Schutz gewähren. Zudem müsste der Antragsteller dann auch in Deutschland mit derartiger Verfolgung rechnen.
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4.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte, Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Klägerinnen wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerinnen stammen aus Nigeria. Die am 25. April 1990 geborene Klägerin zu 1. ist die Mutter der am 25. Januar 2012 geborenen Klägerin zu 2. Am 14. Oktober 2014 stellten die Klägerinnen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) Asylanträge. Im Rahmen eines am selben Tag mit der Klägerin zu 1. (in englischer Sprache) geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ erklärte diese: Sie – die Klägerinnen – hätten Nigeria am 16. Mai 2014 verlassen und seien über Niger und Algerien nach Marokko gefahren. Von dort aus seien sie mit einem Boot nach Spanien gelangt. Dort seien ihr – der Klägerin zu 1. – am 1. September 2014 Fingerabdrücke abgenommen worden. Nach drei Wochen des Aufenthalts in Spanien seien sie nach Deutschland weitergereist. Personalpapiere könnten nicht vorlegen werden.
3Ein Abgleich der Fingerabdrücke der Klägerin zu 1. mit der EURODAC-Datenbank ergab für sie am 23. Oktober 2014 hinsichtlich des Königreichs Spanien einen Treffer der Kategorie 2 (ES21832218386).
4Am 12. Dezember 2014 richtete das Bundesamt ein Aufnahmegesuch an die spanischen Behörden. Diese erklärten sich am 28. Januar 2014 zur Rückübernahme der Klägerinnen bereit und teilten mit, dass die Klägerin zu 1. in Spanien unter dem Namen „Rita F. “ aufgetreten sei.
5Mit Bescheid vom 30. Januar 2015 – Az.: 5828768-232 – lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Klägerinnen als unzulässig ab und ordnete ihre Abschiebung nach Spanien an. Der Bescheid wurde den Klägerinnen am 4. Februar 2015 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
6Am 18. Februar 2015 haben die Klägerinnen Klage erhoben: Sie seien am 26. September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Zuvor seien sie in Spanien gewesen. Dort seien sie nach ihrem Reiseweg befragt und erkennungsdienstlich behandelt worden. Anschließend habe man sie zu einer Station des Roten Kreuzes gebracht, wo man ihnen ein Schreiben übergeben habe, wonach sie Spanien binnen 15 Tagen verlassen sollten. Die Klägerin zu 1. habe immer wieder versucht, ihre Fluchtgründe vorzutragen. Es habe sich jedoch niemand darum gekümmert. Ein Asylantrag sei nicht angenommen worden. Man habe ihr gesagt, dass ihre Asylgründe in Spanien niemanden interessierten; sie solle doch nach Deutschland oder zurück nach Nigeria gehen. Dies sei in Spanien wohl auch kein Einzelfall. So habe etwa das VG Potsdam (Beschluss vom 29. August 2014 – 6 L 425/14.A –) erhebliche Zweifel daran, dass illegal eingereisten Schwarzafrikanern regelmäßig das Asylverfahren in Spanien offenstehe. Auch dem US-Außenministerium (Bericht vom 19. April 2013) lägen Erkenntnisse vor, dass manche Personen – speziell solche aus Afrika – Diskriminierung im Zusammenhang mit der Asylantragstellung erführen. In gleicher Weise habe sich Amnesty International in einem Bericht aus dem Jahre 2013 geäußert. Ferner sei vorliegend von Bedeutung, dass sich die Klägerin zu 2. noch im Kleinkindalter befinde und daher besonders schutzbedürftig sei. Es sei angesichts des geschilderten Verhaltens der spanischen Stellen damit zu rechnen, dass eine ausreichende Versorgung und Unterbringung der Klägerin zu 2. nicht gesichert sei. Ihnen – den Klägerinnen – sei danach eine Überstellung nach Spanien nicht zumutbar.
7Die Klägerinnen beantragen schriftsätzlich,
8die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids (Az. 5828768-232) vom 30.01.2015 (zugestellt am 04.02.2015) zu verpflichten, ein Asylverfahren in Deutschland durchzuführen.
9Mit Beschluss vom 3. März 2015 hat die Kammer das Verfahren dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang (ein Heft) Bezug genommen.
11Entscheidungsgründe:
12A. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO). Die Klägerinnen haben ihr Einverständnis mit einer solchen Entscheidung durch Schriftsatz vom 13. März 2015 erklärt. Die Beklagte hat am 26. Januar 2015 – Az.: M21-9221-2015 – gegenüber dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Minden eine allgemeine Prozesserklärung abgegeben, in der sie für asylrechtliche Verfahren (u.a.) auf mündliche Verhandlung verzichtet. Eine hiervon abweichende Erklärung der Beklagten für das vorliegende Verfahren liegt nicht vor.
13B. Die Klagen haben keinen Erfolg.
14I. Soweit der Klägerinnen die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 30. Januar 2015 begehren, ist die Klage als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
15Soweit die Klägerinnen dagegen über die Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 2015 hinaus die Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland begehren, sind die Klagen mangels Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig. Denn schon die Beseitigung der in dem genannten Bundesamtsbescheid enthaltenen Verwaltungsakte – der Ablehnung der durch die Klägerinnen in Deutschland gestellten Asylanträge als unzulässig (§ 27a AsylVfG) und der daran anknüpfenden Anordnung ihrer Abschiebung nach Spanien (§ 34a AsylVfG) – führt grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages. Das Bundesamt wäre nach Aufhebung des Bescheides bereits von Gesetzes wegen (§§ 24, 31 AsylVfG) verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen. In den Fällen des § 27a AsylVfG – ein solcher ist hier gegeben – hat sich das Bundesamt lediglich mit der Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens zuständig ist. Eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache noch nicht erfolgt. Die Aufhebung des Bescheides beseitigt ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens. Das Bundesamt hätte im Fall einer solchen Aufhebung das Asylverfahren in dem Stadium, in dem es dieses zu Unrecht beendet hat, weiterzuführen. Einer Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens bedarf es daher nicht.
16Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris (Rdnr. 28 ff.); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25. November 2014– 6a K 3817/14.A –, juris (Rdnr. 14), m.w.N.
17II. Soweit die Klage danach zulässig ist, ist sie unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 enthaltenen Verwaltungsakte nach § 27a AsylVfG (Ablehnung der Asylanträge als unzulässig) und § 34a AsylVfG (Anordnung der Abschiebung nach Spanien) sind rechtmäßig und verletzen die Klägerinnen nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
181. Das Bundesamt hat die Asylanträge der Klägerinnen zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor:
19a) Die Zuständigkeit Spaniens für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin zu 1. ergibt sich aus den Zuständigkeitskriterien der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO). Diese Verordnung und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil die Klägerin zu 1. ihren Asylantrag, d.h. ihren Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 14. Oktober 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
20Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist das Königreich Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens der Klägerin zu 1. zuständig.
21Dies folgt mangels vorrangiger Kriterien aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat. Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von ihren eigenen Angaben hat die Klägerin zu 1. aus einem Drittstaat (Marokko) kommend als erstes die (See-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Spanien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Spaniens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
22Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
23Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Spaniens nicht entgegen. Ausgehend vom Vortrag der Klägerinnen, wonach sie am 26. September 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind (vgl. Blatt 2 der Gerichtsakte) und sich unmittelbar davor nur drei Wochen in Spanien aufgehalten haben (vgl. Blatt 37 der beigezogenen Bundesamtsakte), muss der illegale Grenzübertritt nach Spanien, der den Beginn der Zwölfmonatsfrist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO markiert, Anfang September 2014 erfolgt sein. Einen Asylantrag hat die Klägerin zu 1. sodann am 14. Oktober 2014 und damit unzweifelhaft innerhalb dieser Frist in Deutschland gestellt. Dass ein Asylantrag nicht auch in Spanien gestellt worden ist, ist für die Zuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO ohne Bedeutung.
24b) Die danach gegebene Zuständigkeit des Königreichs Spanien und die hiermit gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO verbundene Pflicht zur Aufnahme der Klägerin zu 1. ist auch nicht nachträglich erloschen. Namentlich sind die einschlägigen Antrags- und Überstellungsfristen nicht verstrichen:
25Die (hier aufgrund des erzielten EURODAC-Treffers) einschlägige zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) hat das Bundesamt beachtet, indem es sich am 12. Dezember 2014, d.h. rund sieben Wochen nach Erzielung des EURODAC-Treffers, der vom 23. Oktober 2014 datiert, an die spanischen Behörden gewandt hat.
26Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung der Klägerin zu 1. in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre. Gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald sie praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedstaat. Nachdem das Bundesamt das die Klägerin zu 1. betreffende Aufnahmegesuch am 12. Dezember 2014 an die spanischen Behörden gerichtet hatte, hätten diese das Gesuch gemäß Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO innerhalb einer der zweimonatigen Frist, d.h. bis zum Ablauf des 12. Januar 2015, beantworten müssen. Dies haben die spanischen Behörden indessen versäumt; sie haben ihr Einverständnis mit der Aufnahme der Klägerin zu 1. erst am 28. Januar 2015 erteilt. Dies hat zur Folge, dass von einer stattgebenden Entscheidung Spaniens über das Aufnahmegesuch bereits mit Ablauf des 12. Januar 2015 auszugehen ist (Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO). Dieser Zeitpunkt markiert zugleich den Beginn der sechsmonatigen Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, die somit erst mit dem 12. Juli 2015 verstreichen wird.
27c) Die danach gegebene Zuständigkeit des Königreichs Spanien für die Bearbeitung des Asylantrags der Klägerin zu 1. führt dazu, dass dieser Mitgliedstaat auch für das Asylgesuch ihrer Tochter, der Klägerin zu 2., zuständig ist. Dies folgt aus der verfahrensrechtlichen Abhängigkeit der Situation der am 25. Januar 2012 in Nigeria geborenen Klägerin zu 2. von derjenigen ihrer Mutter. Art. 20 Abs. 3 Satz 1 Dublin-III-VO bestimmt hierzu, dass für die Zwecke dieser Verordnung die Situation eines mit dem Asylantragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition eines Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden ist und in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaates fällt, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Für die Prüfung des Antrags der Klägerin zu 1. auf internationalen Schutz ist – wie ausgeführt – das Königreich Spanien zuständig. Da ihre Situation nach Art. 20 Abs. 3 Satz 1 Dublin-III-VO untrennbar mit derjenigen ihrer minderjährigen Tochter verbunden ist, die deren Familienangehörige im Sinne von Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO ist, erstreckt sich die Zuständigkeit Spaniens auch auf die Klägerin zu 2. Da diese erst drei Jahre alt ist, dient es auch unzweifelhaft ihrem Wohl, nicht zum Zweck der Durchführung des Asylverfahrens von ihrer Mutter getrennt zu werden.
28d) Gegen die danach für beide Klägerinnen gegebene Zuständigkeit Spaniens können sie auch nicht mit Erfolg einwenden, dass das spanische Asylwesen mit durchgreifenden systemischen Mängeln behaftet sei.
29Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
30Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
31Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
32Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
34Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
35Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
36Dem erkennenden Gericht liegen indessen keinerlei Erkenntnismittel vor, welche die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne bestehen.
37- ebenso z.B. VG Bayreuth, Beschluss vom 30. Januar 2015 – B 3 E 15.50003 –, juris (Rdnr. 25), VG Augsburg, Beschluss vom 21. Januar 2015 – Au 5 S 50003 –, juris (Rdnr. 26 und 27), VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A – , juris (Rdnr. 32 ff.), und vom 8. Oktober 2014 – 11 K 900/14.A –, juris (Rdnr. 68 und 69), VG München, Beschlüsse vom 13. Oktober 2014 – M 16 S 14.50529 –, juris (Rdnr. 17), und vom 15. September 2014 – M 6a S 14.50475 –, juris (Rdnr. 22 und 23), VG Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris (Rdnr. 9 ff.), VG Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris (Rdnr. 23), sowie VG Stuttgart, Urteile vom 20. Mai 2014 – A 12 K 1131/14 – (Seite 5 des Urteilsabdrucks), vom 19. Mai 2014 – A 12 4512/13 – (Seite 4 des Urteilsabdrucks) und vom 29. April 2014 - A 12 K 1539/14 – (Seiten 4 und 5 des Urteilsabdrucks), jeweils m.w.N. -.
38Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem sinngemäßen Vortrag der Klägerinnen, wonach sie in Spanien ein Schreiben erhalten hätten, mit dem sie zur zeitnahen Ausreise aufgefordert seien, und man ihren Asylantrag nicht habe annehmen wollen. Aus dieser Darstellung der Klägerinnen zu ihrem Aufenthalt in Spanien können sie schon deshalb nichts für sich herleiten, weil die diesbezüglichen Angaben, die allein von der Klägerin zu 1. stammen können, unglaubhaft sind. Diese Feststellung beruht vor allem darauf, dass die Klägerin zu 1. den spanischen und den deutschen Behörden jeweils unter Angabe unterschiedlicher Personalien gegenübergetreten ist. Ausweislich der Mittleilung der spanischen Behörden vom 28. Januar 2015 ist sie dort unter dem Namen Rita F. aufgetreten, wohingegen sie in Deutschland behauptet hat, Rita N. zu heißen. Da diese Angaben ersichtlich nicht miteinander vereinbar sind, ist festzuhalten, dass die Klägerin zu 1. zumindest in einem Fall, möglicherweise aber auch in zwei Fällen, eine falsche Identität benutzt hat. Dies spricht dafür, dass die Klägerin zu 1. etwas zu verbergen hat und letztlich nicht ersichtlich ist, was man ihr überhaupt glauben kann. Erschwerend kommt bei alledem hinzu, dass die Klägerin zu 1. die in Spanien gemachten Angaben zu ihrer Identität nicht von sich aus gegenüber dem Bundesamt offengelegt hat, sondern die diesbezügliche Abweichung erst durch die Mitteilung der spanischen Behörden vom 28. Januar 2014 aufgedeckt worden ist. Die Klägerin zu 1. hat auch keine nachvollziehbare Erklärung dazu geliefert, warum sie in Spanien und Deutschland unter verschiedenen Identitäten aufgetreten ist. Des Weiteren sind die Angaben der Klägerin zu 1. zu ihrem Aufenthalt in Spanien weitgehend unsubstanziiert. Insbesondere werden die Behörden oder sonstigen Stellen, bei denen sie angeblich erfolglos einen Asylantrag hat stellen wollen, nicht konkret genannt. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn sie sich tatsächlich – wie von ihr behauptet – „immer wieder die Gründe für ihre Flucht“ dargelegt hätte, ohne dass „ein Asylantrag angenommen worden“ wäre. Insgesamt ist ihr diesbezüglicher Vortrag derart unsubstanziiert, farblos und ungenau, dass ihm nicht entnommen werden kann, die spanischen Behörden hätten die Entgegennahme eines Asylgesuchs pflichtwidrig verweigert. Ein nachvollziehbarer, detaillierter Vortrag zu dieser Frage wäre zudem deshalb von erheblicher Bedeutung gewesen, weil auch ein Anspruch auf staatliche Sozialleistungen für illegal eingereiste Ausländer in Spanien erst durch die Stellung eines Asylantrags ausgelöst wird.
39Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 35).
40Im Übrigen hat die Klägerin zu 1. auch keinerlei Unterlagen zu ihrem Aufenthalt in Spanien vorgelegt. Das Gericht kann nach alledem ihren Behauptungen zu angeblichen Pflichtverletzungen durch die spanischen Stellen keinen Glauben schenken.
41Soweit die Klägerinnen unter Berufung auf entsprechende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und Berichte des US-Außenministeriums sowie von Amnesty International geltend machen, dass gerade Afrikaner in Spanien teilweise keinen Zugang zum Asylverfahren hätten, können sie auch hieraus nichts für sich herleiten. Zwar gibt es in der Tat Berichte darüber, dass aus Afrika stammenden Asylbewerbern in Spanien eine Asylantragstellung verwehrt worden ist.
42Vgl. dazu etwa VG Potsdam, Beschluss vom 29. August 2014 – VG 6 L 424/14.A –, Seite 9 des Beschlussabdrucks (unter Hinweis auf Berichte des US-Außenministeriums und von Amnesty International aus den Jahren 2012 und 2013), sowie den Länderbericht Spanien von Amnesty International, Seiten 2 und 3 (dieser ist im Internet abrufbar unter https://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/spanien#flchtlingeundmigranten).
43Abgesehen davon, dass die betreffenden Berichte mehrere Jahre alt sind und daher allenfalls bedingt Auskunft über die aktuelle Situation von Asylbewerbern in Spanien geben können, kann das Gericht nicht feststellen, dass es sich bei den geschilderten Problemen um solche handelt, die eine über Einzelfälle hinausgehende Schwachstelle des spanischen Asylsystems kennzeichnen, von der auch die Klägerinnen bei einer Rückkehr nach Spanien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit betroffen wären. Im Gegenteil wird im Bericht des US-Außenministeriums „Spain 2013 Human Rights Report“
44- dieser kann im Internet unter folgender Adresse abrufgerufen werden: http://www.state.gov/documents/organization/220546.pdf -
45auf Seite 9 ausgeführt, dass potentielle Asylsuchende (grundsätzlich) in der Lage seien, ihre Rechte gegenüber den spanischen Behörden effektiv auszuüben.
46Das Gericht kann daher im Ergebnis nicht erkennen, dass die Klägerinnen bei einer Überstellung nach Spanien von Mängeln des spanischen Asylwesens betroffen wären, die für sie eine unmenschliche, erniedrigende Behandlung mit sich bringen würden. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich die Klägerin zu 2. noch im Kleinkindalter befindet. Wie ausgeführt ist mit einer Asylantragstellung in Spanien auch der Zugang zu Sozialleistungen eröffnet. Dass diese Leistungen nicht ausreichen würden, um den notwendigen Lebensunterhalt der Klägerinnen zu bestreiten und dabei auch den Bedarf zu decken, der sich gerade daraus ergibt, dass es sich bei der Klägerin zu 2. um ein Kleinkind handelt, ist nicht ersichtlich.
47e) Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
48- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -
49könnten die Klägerinnen hieraus nichts für sich herleiten. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum spanischen Asylsystem einerseits und der Bewertung des Vortrags der Klägerin zu 1. andererseits nicht erkennbar, dass sie Gefahr liefen, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Spanien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
502. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Sie findet ihre rechtliche Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, wonach in den Fällen, in denen ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
51Danach ist die Anordnung der Abschiebung der Klägerinnen nach Spanien rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser Mitgliedstaat ist – wie dargelegt – für die Durchführung ihrer Asylverfahren zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
52Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3), sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
53Entsprechende Hindernisse sind weder substanziiert geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.
54C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
55Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger, ägyptische Staatsangehörige, reisten nach eigenen Angaben am 10. Mai 2013 mit einem von der spanischen Botschaft ausgestellten Visum über Spanien in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 24. Mai 2013 die Anerkennung als Asylberechtigte. Nach entsprechendem VIS-Treffer richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 16. August 2013 ein Übernahmeersuchen an Spanien. Mit Schreiben vom 16. September 2013 erklärten die spanischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger gemäß Art. 9 Abs. 2 Dublin II VO.
3Mit Bescheid vom 28. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass die Asylanträge der Kläger unzulässig sind und ordnete die Abschiebung nach Spanien an.
4Am 4. März 2014 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Arnsberg Klage erhoben. Mit Beschluss vom 21. März 2014 hat das Verwaltungsgericht Arnsberg den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Gelsenkirchen verwiesen.
5Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens sei auf die Beklagte übergegangen, da die Überstellungsfrist inzwischen abgelaufen sei. Insofern stehe ihnen auch ein subjektiv-öffentliches Recht zu. Bei einer Rückkehr in ihr Heimatland Ägypten müssten sie um ihr Leben fürchten, da sie zum christlichen Glauben übergetreten seien und dies von ihren Familien nicht akzeptiert werde.
6Die Kläger beantragen,
7den Bescheid des Bundesamtes vom 28. Januar 2014 aufzuheben.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes.
11Das Gericht hat mit Beschluss vom 18. Juli 2014 (1a L 484/14.A) den Eilantrag der Kläger abgelehnt. Mit Beschluss vom 12. Januar 2015 (7a L 1613/14.A) hat das Gericht den Antrag auf Abänderung des vorstehend genannten Beschlusses nach § 80 Absatz 7 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung(VwGO) abgelehnt.
12Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit, dass diese sich inzwischen im Kirchenasyl befinden.
13Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
14Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der zugehörigen Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes (1a L 484/14.A und 7a L 1613/14.A) sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit gemäß § 76 Absatz 1 AsylVfG durch Beschluss der Kammer vom 17. Februar 2015 zur Entscheidung übertragen worden ist.
17Gemäß § 101 Absatz 2 VwGO konnte die Einzelrichterin über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten, die Beklagte durch allgemeine Erklärung, hierauf verzichtet haben.
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 28. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
19Das Bundesamt hat den Asylantrag der Kläger zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung der Kläger nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
20Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag der Kläger Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung - wie hier - auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist. Zwar ist die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten. Gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO aber für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar.
21Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch die Kläger gestellten Asylantrags. Nach einem VIS-Treffer und einem an Spanien gerichtetes Ersuchen der Beklagten erklärten die spanischen Behörden unter dem 16. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge der Kläger. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Spanien damit verpflichtet, die Kläger spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen.
22Der Überstellung nach Spanien steht nicht entgegen, dass die vorstehend genannte Frist zu Überstellung der Kläger nach Spanien zwischenzeitlich bereits abgelaufen ist. Schließlich sind in Spanien auch keine systemischen Mängel ersichtlich.
23Auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfrist können sich die Kläger nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Dies ergibt sich maßgeblich aus der sog. Abdullahi-Entscheidung des EuGH,
24Urteil vom 10. Dezember 2013, - C-394/12 -, juris; vgl. nachfolgend auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 7,
25wenngleich diese sich nicht ausdrücklich auf die Überstellungsfrist bezieht.
26Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt aus dem Inhalt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Hoheitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Dublin II-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asylsystems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e) AEUV. Grundgedanke der Dublin II-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objektiven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
27EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, - C-4/11 -, juris, Rn. 57 f.; Verwaltungsge-richtDüsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A -, juris, Rn. 37.
28Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
29EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, - C-394/12 -, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 ‑ 10 B 16.14 -, juris, Rn. 12; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 - W 6 S 14.50065 -, juris, Rn. 18 m.w.N.
30Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die hier relevante Überstellungsfrist. Diese dient nicht dem Schutz der Kläger, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander. Etwas anderes mag gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme, wofür vorliegend allerdings keine Anhaltspunkte bestehen.
31Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des anderen Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Insoweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbe-stimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
32Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, so kann er sich nicht auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland berufen.
33Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat. Dies kann aber nur dann gelten, wenn der Asylbewerber durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnahen Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechtsverletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen.
34Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2014 - 13 K 8286/13.A -, juris; Urteil vom 1. Oktober 2013 - 13 K 1562/14.A -, juris und Urteil vom 23. Oktober 2014 - 13 K 471/14.A -.
35Vorliegend haben die Kläger sich den Rückführungsmaßnahmen entzogen und sich nach Ablehnung des Abänderungsantrags durch Beschluss vom 12. Januar 2015 in Kirchenasyl begeben. In dieser von ihnen selbst geschaffenen Situation können sie sich nicht auf eine überlange Verfahrensdauer berufen.
36Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, die Kläger nach Spanien abzuschieben. Die Beklagte ist insbesondere auch nicht gehindert, die Kläger nach Spanien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
37EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 et al. -, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 ‑ 30696/09 -, NVwZ 2011, S. 413,
38der Fall wäre, liegen nicht vor und sind von den Klägern auch nicht geltend gemacht worden.
39Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG keine Bedenken. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass keine zielstaatsbezogenen oder in der Person des Ausländers bestehenden, also inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse bestehen. Das ist vorliegend nicht der Fall.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
41Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2,711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller, irakischer Staatsangehöriger, assyrischer Volkszugehörigkeit und katholisch-christlicher Religionszugehörigkeit, flog nach eigenen Angaben mit einem Touristenvisum nach Spanien und reiste am ...Februar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Hier beantragte er am 26. Februar 2014 die Anerkennung als Asylberechtigter.
Die VIS- Antragsauskunft ergab, dass der Antragsteller in Bagdad ein spanisches Visum für die Schengen Staaten, gültig vom ... Februar 2014 bis ... Februar 2014, erhalten hatte. Am ... Mai 2014 wurde ein Wiederaufnahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an Spanien gerichtet. Spanien erklärte mit Schreiben vom ... Juli 2014 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages. Mit Bescheid vom 18. Juli 2014 wurde die Unzulässigkeit des Asylantrages festgestellt und die Abschiebung des Antragsstellers nach Spanien angeordnet. Der Bescheid wurde am 8. August 2014 bestandskräftig; die darin enthaltene Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG wurde bereits am 1. August 2014 bestandskräftig. Die gegen diesen Bescheid am 10. Oktober 2014 erhobene Klage (B 3 K 14.50080) wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Oktober 2014 wieder zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 2014 wandte sich der Antragsteller, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, an die Ausländerbehörde des Landratsamtes Bamberg und stellte den Antrag, bezüglich seines Herkunftsstaates Irak das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2014 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth einen Antrag nach § 123 VwGO stellen (B 3 E 14.735) und beantragte, dem Freistaat Bayern bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung der Ausländerbehörde des Landratsamtes Bamberg zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen den Antragsteller fortzusetzen. Der Eilantrag wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth
Der Antragsteller, der am ... Oktober 2014 - dem Tag seiner geplanten Luftabschiebung nach Spanien - unbekannt verzog, beantragte am
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 21. Januar 2015 Klage erheben. Die Klage wird beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth unter dem Aktenzeichen B 3 K 15.50004 geführt. Gleichzeitig stellte der Antragsteller folgende Anträge:
1. Der Antragsgegnerin wird es im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens untersagt, den Antragsteller nach Spanien abzuschieben.
2. Dem Kläger und Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Unterfertigten gewährt, gegebenenfalls mit den Beschränkungen des § 121 ZPO.
Der Antragsteller erstrebe nicht (mehr) die Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling, sondern ausschließlich die Gewährung subsidiären Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Dublin-III-VO sei bei einer Beschränkung des Schutzbegehrens auf § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht anwendbar, so dass die Antragsgegnerin ausschließlich für das Schutzbegehren zuständig sei. Hierzu werde insbesondere auf das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte dieses Verfahrens sowie die Gerichtsakten der Verfahren B 3 E 14.735, B 3 K 15.50004 und B 3 K 14.50080 Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren haben keinen Erfolg.
1.
Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die mit dem Antrag nach § 123 VwGO beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den in der nachfolgenden Nummer 2 dargestellten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, § 114 ZPO).
2.
Der Eilantrag nach § 123 VwGO ist unzulässig und hat auch in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
a)
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist nicht statthaft und damit bereits unzulässig.
Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in den Fällen der §§ 80 und 80a VwGO ausgeschlossen. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO anordnen. Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylVfG hat eine Anfechtungsklage gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG keine aufschiebende Wirkung. Nach § 34a Abs. 2 AsylVfG ist in diesem Fall ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der statthafte Rechtsbehelf.
Vorliegend richtet sich die Klage in der Hauptsache (B 3 K 15.50004) gegen die im Bescheid vom 7. Januar 2015 enthaltene Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG. Vorläufiger Rechtsschutz wird in diesem Fall durch das Gericht nach § 80 Abs. 5 VwGO gewährt, weshalb ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO unstatthaft ist.
b)
Im Übrigen ist der Antrag unbegründet, weil der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
Bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung hat der Antragsteller unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG feststellt, weil diese für eine Entscheidung über das Schutzbegehren des Antragstellers nicht zuständig ist. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers ist die Dublin-III-VO vorliegend anwendbar, weil der Antrag auf Gewährung subsidiären nationalen Abschiebungsschutzes aufgrund des tatsächlichen Vorbringens des Antragstellers als „Antrag auf internationalen Schutz“ i. S. d. Art. 2 Buchst. b Dublin-III-VO auszulegen ist.
aa)
Die Zuständigkeit Spaniens für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ergibt sich aus Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO, weil dem Antragsteller ein spanisches Visum erteilt und die Überstellungsfrist bis zum... Januar 2016 verlängert wurde.
bb)
Die Zuständigkeit Spaniens ist vorliegend auch nicht deshalb entfallen, weil der Antragsteller seinen Asylantrag auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG beschränkt hat.
Zwar findet die die Dublin-III-VO grundsätzlich keine Anwendung auf solche Sachverhalte, bei denen ein Schutzbegehren von vornherein oder auch nachträglich auf die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG beschränkt worden ist. Denn nach Art. 1 der Dublin-III-VO gilt diese Verordnung nur für „Anträge auf internationalen Schutz“. Nach Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO wird ein „Antrag auf internationalen Schutz“ definiert als Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Artikels 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU. Nach dieser Vorschrift liegt ein solcher Antrag vor, wenn der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, es sei denn, der Antragsteller ersucht ausdrücklich um einen anderweitigen Schutz, der gesondert beantragt werden kann. Ein auf § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG beschränktes Schutzbegehren kann gesondert beantragt werden und stellt daher grundsätzlich keinen „Antrag auf internationalen Schutz“ i. S. d. Dublin-III-VO dar. Werden somit von der Dublin-III-VO Anträge auf subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht erfasst, kann diese bei einer ausschließlichen Beschränkung auf subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG auch grundsätzlich nicht mehr zur Anwendung kommen.
Die fehlende Anwendbarkeit der Dublin-III-VO auf Begehren subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG birgt aber die Problematik einer Umgehung bevorstehender Abschiebungen durch nachträgliche Beschränkungen des Schutzbegehrens in sich, so dass das durch die Verordnung begründete Konzept auf die Mitgliedstaaten verteilter Zuständigkeiten unterlaufen werden kann. Bei der Auslegung des Schutzbegehrens ist daher sowohl nach nationalem Recht wie auch im Rahmen der Anwendung der Verordnung auf das tatsächliche Vorbringen des Antragstellers abzustellen. Der gestellte Antrag ist objektiv auszulegen, so dass es sowohl für die innerstaatliche Rechtsanwendung als auch für die Anwendbarkeit der Verordnung allein auf die inhaltliche Bedeutung, die der Antragsteller seinem Schutzbegehren beimisst, nicht ankommen kann. Macht der Schutzsuchende daher unter formaler Berufung auf § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Wirklichkeit ein Schutzersuchen vor Verfolgung geltend, liegt ein Asylantrag bzw. ein „Antrag auf internationalen Schutz“ i. S. d. Dublin-III-VO vor (vgl. VG Trier, B. v. 20.12.2011 - 5 L 1595/11.TR - juris Rn. 5 sowie VG Bremen, B. v. 21.11.2011 - 5 V 1698/11.A - juris Rn. 15 zur Dublin-II-VO). Ergibt sich mithin aus dem tatsächlichen Vorbringen, dass der Antragsteller letztlich internationalen Schutz vor Verfolgung i. S. d. Genfer Flüchtlingskonvention sucht, kann auch die formale Beschränkung des Antrags auf die Vorschriften des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG eine Abschiebung in den für die Prüfung des Antrags zuständigen Mitgliedstaat nicht hindern (VG Bremen, B. v. 21.11.2011 a. a. O.).
Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich die Beschränkung des Asylantrags des Antragstellers auf Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG als eine unzulässige und rechtsmissbräuchliche Umgehung der für die Prüfung von Asylanträgen geltenden europarechtlichen Zuständigkeitsvorschriften dar, weil sich aus dem tatsächlichen Vorbringen des Antragstellers ergibt, dass er die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i. S. d. § 3 AsylVfG ersucht. Denn der Antragsteller macht geltend, dass er im Irak wegen seiner christlichen Religionszugehörigkeit von islamistischen Fanatikern bedroht und körperlich geschlagen worden sei. Dieser Vortrag zielt auf die Geltendmachung einer Verfolgung des Antragstellers wegen des flüchtlingsrelevanten Merkmals der Religion i. S. d. des § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG bzw. des Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EU ab. Ein solches Schutzersuchen ist deshalb - trotz formaler Berufung auf § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG - als Antrag auf internationalen Schutz i. S. d. Dublin-III-VO und der Richtlinie 2011/95/EU anzusehen. Art. 12 Abs. 4 Dublin-III-VO ist damit anwendbar, so dass Spanien für die (materielle) Prüfung der Flüchtlingseigenschaft zuständig ist.
cc)
Wesentliche Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in Spanien systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO), wurden seitens des Antragstellers nicht genannt und sind für das Gericht nach den vorliegenden Erkenntnissen auch nicht ersichtlich. Das Gericht nimmt insoweit auf die ausführlichen Darlegungen im Beschluss des VG Aachen
Da die Antragsgegnerin somit unter Anwendung der Dublin-III-VO nicht für die Prüfung des tatsächlich geltend gemachten Schutzbegehrens des Antragstellers zuständig ist, fehlt es dem Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin an einem Anordnungsanspruch, so dass der Eilantrag des Antragstellers nicht nur unzulässig, sondern auch unbegründet ist.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.