Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 20. Juni 2017 - 1 L 625/17.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2017:0620.1L625.17.00
bei uns veröffentlicht am20.06.2017

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen das Verbot einer Versammlung. Der Antragsteller hatte am 8. Juni 2017 bei dem Antragsgegner eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel auf dem Gelände der … Fachklinik A. angemeldet, die am 24. Juni 2017 zu dem Thema „Zwangsbehandlung in der Psychiatrie“ stattfinden soll. Am gleichen Tag findet das jährlich veranstaltete Sommerfest im Park der … Fachklinik statt. Diese ist nach eigenen Angaben ein Behandlungszentrum für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Neurologie mit 800 Betten und Plätzen in öffentlicher Trägerschaft als Anstalt öffentlichen Rechts. Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 12. Juni 2017 die angemeldete Versammlung untersagt. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag vom 16. Juni 2017.

II.

2

Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat im Ergebnis keinen Erfolg.

3

1. Die Anordnung des Sofortvollzuges genügt zunächst dem formellen Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO. Die Warn-, Kontroll- und Rechtsschutzfunktion des Begründungserfordernisses gebieten eine einzelfallbezogene Begründung des überwiegenden öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung. Dabei darf sich die Begründung nicht in formelhaften Wendungen, der bloßen Wiederholung der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Gesetzes erschöpfen. Andererseits sind an die Begründung der Anordnung jedoch auch keine übermäßigen Anforderungen zu stellen. Dem Erfordernis ist vielmehr genügt, wenn die Behörde erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache (OVG RP, Beschluss vom 13. Mai 2014 – 8 B 10342/14 –, DVBl 2014, 1074; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02. März 2005 – 2 MB 1/05 –, NVwZ-RR 2007, 187; vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 80 Rn. 84 f.). Diesen Erfordernissen genügt die Begründung des Antragsgegners, zumal ohne sofortige Vollziehung eine Vorwegnahme der Hauptsache zugunsten der Anmelder der Versammlung eintreten würde.

4

2. Im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist in materieller Hinsicht das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) abzuwägen. Bei dieser Abwägung der widerstreitenden Interessen sind regelmäßig auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs in einem Verfahren zur Hauptsache in den Blick zu nehmen. Kann bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht festgestellt werden, ob der Rechtsbehelf des Betroffenen sich als offensichtlich erfolgversprechend oder offensichtlich aussichtslos erweist, bedarf es einer Abwägung der widerstreitenden Interessen (vgl. nur Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Aufl. 2011, Rn. 958 f.; stRsp., vgl. OVG RP, Beschluss vom 3. Mai 1977, AS 14, S. 429, 436 ; VGH BW, Beschluss vom 05. Februar 1980 – 3 S 43/80 –, juris ; BayVGH, Beschluss vom 16. April 2015 – 10 CS 15.842 –, juris).

5

3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze wird sich das Versammlungsverbot nach der im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage in einem Hauptsacheverfahren (hier nur möglich als Fortsetzungsfeststellungsklage) auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 VersG voraussichtlich als rechtmäßig erweisen.

6

a. Das Begehren des Antragstellers ist ohne weiteres ein grundsätzlich rechtlich zulässiges Anliegen, welches dem Schutz des Versammlungsrechts unterfällt und in dessen Rahmen zur Geltung gebracht werden kann. Eine Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und 2 GG ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung und umfasst auch provokative Äußerungen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 –, BVerfGE 69, 315 <342 f.>). Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. November 1986 – 1 BvR 713/83 –, BVerfGE 73, 206 <248>; Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 –, BVerfGE 104, 92 <103 f.>). Bei einer Versammlung geht es darum, dass die Teilnehmer nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. BVerfGE 69, 315 <345>).

7

b. Die Grundrechte binden gemäß Art 1 Abs. 3 GG die staatliche Gewalt umfassend, wobei der Begriff der staatlichen Gewalt weit zu verstehen ist. Grundrechtsgebunden in diesem Sinne ist demnach jedes Handeln staatlicher Organe oder Organisationen. Diese Bindung steht zudem nicht unter einem Nützlichkeits- oder Funktionsvorbehalt: sobald der Staat eine Aufgabe an sich zieht, ist er bei deren Wahrnehmung auch an die Grundrechte gebunden. Der Schutz des Art. 8 GG besteht zudem unabhängig davon, ob eine Versammlung anmeldepflichtig und dementsprechend angemeldet ist (vgl. BVerfGE 69, 315 <351>). Er endet mit der rechtmäßigen Auflösung der Versammlung (vgl. BVerfGE 73, 206 <250>).

8

c. Die Versammlungsfreiheit verschafft allerdings kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt sie keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, BVerfGE 128, 226 <251>). Die Durchführung von Versammlungen in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 Abs. 1 GG ebenso wenig geschützt wie etwa in einem öffentlichen Schwimmbad oder einem Krankenhaus. Die Versammlungsfreiheit verbürgt die Durchführungen von Versammlungen jedoch dort, wo ein kommunikativer Verkehr eröffnet ist; ausschlaggebend ist die tatsächliche Bereitstellung des Ortes und ob nach diesen Umständen ein allgemeines öffentliches Forum eröffnet ist (BVerfGE 128, 226 <251 ff.>). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in der vorgenannten und auch von dem Antragsteller zitierten Entscheidung ausgeführt (Rn. 72):

9

„Das Begehren der Beschwerdeführerin, im Frankfurter Flughafen Versammlungen durchzuführen, fällt nicht schon aus dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit heraus. Der Frankfurter Flughafen ist in wesentlichen Bereichen als Ort allgemeinen kommunikativen Verkehrs ausgestaltet. Zwar gilt dies nicht für den gesamten Flughafen (…). Jedoch umfasst der Flughafen auch große Bereiche, die als Orte des Flanierens und des Gesprächs, als Wege zum Einkaufen und zu Gastronomiebetrieben ausgestaltet sind und hierfür einen allgemeinen Verkehr eröffnen. (…) Hier sind ersichtlich Orte als allgemein zugängliche öffentliche Foren ausgestaltet, deren Verkehrsflächen Versammlungen damit grundsätzlich offenstehen.“

10

d. Zur Überzeugung der Kammer wurde ein solches allgemeines öffentliches Forum jedoch gerade nicht durch die Ansetzung eines Sommerfestes mit einem Tag der offenen Tür geschaffen. Der Tag der offenen Tür ist ersichtlich – anders als in den beschriebenen Fraport-Bereichen – als Ausnahme vom Regelbetrieb konzipiert, der an einem einzigen Tag im Jahr der Öffentlichkeitsarbeit und dem geselligen Beisammensein von Personal der Klinik und Bürgern gewidmet ist. Diese Veranstaltung begründet damit kein Recht, dort zugleich andere Versammlungen durchzuführen, auch wenn die Veranstalter sich gerade kritisch mit den Behandlungsmethoden in der genannten Klinik befassen möchten, was durch das angemeldete Thema („Zwangsbehandlung in der Psychiatrie“) hinreichend verdeutlicht wurde. Würde man jedoch das „Sommerfest im Park“ (siehe Programm und Details unter http://www. ...) als Eröffnung eines öffentlichen Forums anerkennen, so würde hieraus ein allgemeines Versammlungsrecht auf privatem Grund in all denen Fällen entstehen, wo (auch) öffentlich zugängliche Festveranstaltungen des Eigentümers zuvor durchgeführt wurden oder zeitgleich durchgeführt werden. Dies könnte Publikumsfeste und Tage der offenen Tür in bestimmten öffentlichen Einrichtungen praktisch unmöglich machen, zumindest aber erheblich erschweren. Das Begehren des Antragstellers ist daher zur Überzeugung der Kammer durch den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 und 2 GG nicht abgedeckt. Zumindest fällt die Abwägung der widerstreitenden Interessen nach Maßgabe von § 80 Abs. 5 VwGO insoweit zulasten des Antragstellers aus, zumal eine erhebliche Beeinträchtigung der Veranstaltung nicht auszuschließen ist.

11

e. Gegen dieses Ergebnis können auch nicht mit Erfolg die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 18. und 20 Juli 2015 – 1 BvQ 25/15 – herangezogen werden. Denn die Beeinträchtigung wurde dort nur für eine kurze Dauer von etwa 15 Minuten als gerechtfertigt angesehen, ohne dass hierdurch die Maßstäbe der Senatsrechtsprechung (vgl. nur BVerfGE 128, 226) berührt worden wären. Insbesondere war aber auch dieser Bereich (Passauer Nibelungenplatz) im Zusammenhang mit einem Einkaufszentrum öffentlich zugänglich gemacht worden, auch wenn er im Privateigentum eines Investors stand. Eine dem hier vorliegenden Fall vergleichbare Konstellation liegt daher nicht vor. Damit bleibt es dabei, dass das Versammlungsrecht nur auf öffentlichen Grund gewährleistet wird, soweit dieser in geeigneter Form dem Gemeingebrauch gewidmet ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001, - 1 BvR 1190/90 -, BVerfGE 104, 92, Rn. 44 ff.; s.a. LG Köln, Urteil vom 16. August 2013 – 24 O 392/12 –, juris Rn 27; Schneider, in BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, Stand: 1.03.2017, Art. 8 GG, Rn. 13 f.).

12

f. Daraus folgt zugleich, dass eine Veranstaltung vor dem Eingangsbereich den genannten Einschränkungen nicht grundsätzlich unterliegen dürfte, was aber nicht Gegenstand dieser Entscheidung ist. Entsprechend dem Bescheid des Antragsgegners vom 12. Juni 2017 (S. 2) habe der Antragsteller aber die Zuweisung eines entsprechenden Bereichs nicht annehmen wollen. Dementsprechend geht die Kammer davon aus, dass sich das Verbot der Versammlung nicht auf diesen Bereich bezieht („… auf dem Gelände der … wird unsererseits hiermit verboten“). Bei der Gewährleistung eines solchen „Außenbereichs“ hat die Antragsgegnerin zu beachten, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit dabei im Grundsatz auch – unter Beachtung der zuvor genannten Bedingungen – ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung gewährleistet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 –, BVerfGE 69, 315 <343>).

13

g. Dabei wird der Antragsgegner auch zu bedenken haben, dass eine Hör- und Sichtweite für Demonstrationen nicht nur für Großveranstaltungen zu gewährleisten ist, sondern auch für kleinere Versammlungen, die auf Initiative einiger Bürger zustanden kommen. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt auch das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu einem symbolhaltigen Ort (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985, 1 BvR 233/81, BVerfGE 69, 315 <323, 365>; BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 1 BvR 1423/07 –, juris Rn. 23). Damit dürfte – was wohl seitens des Antragsgegners nach wie vor auch nicht beabsichtigt ist – ein Verbot der Versammlung im Bereich des „Pförtnerhäuschens“ nicht zulässig sein, soweit der Verkehrsfluss nicht erheblich beeinträchtigt wird. Der Antragsgegner hat demnach im Rahmen der genannten Grundsätze auf eine kooperative Festlegung von Veranstaltungsplan und Ordnungsvorkehrungen hinzuwirken, um damit einen störungsfreien Verlauf der Versammlung zu gewährleisten, sofern der Antragsteller unter den gegebenen Bedingungen an der angemeldeten Versammlung festhalten möchte.

14

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

15

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m Ziffern 1.5 und 45.4. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (siehe Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, Anhang zu § 164, Rn. 14).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Apr. 2015 - 10 CS 15.842

bei uns veröffentlicht am 16.04.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Beschluss, 13. Mai 2014 - 8 B 10342/14

bei uns veröffentlicht am 13.05.2014

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung, für eine militärische Einrichtung der beigeladenen US-Streitkräfte eine Abweichung von den städtebaulichen Vorschriften zuzulassen.

2

Die Beigeladenen planen auf dem im Außenbereich des Gemeindegebiets der Antragstellerin gelegenen Standortübungsplatz „B.“, auf dem sie bereits einen Hubschrauberlandeplatz und eine Satelliten-Kommunikationsanlage betreiben, die Neuerrichtung einer Breitband-Satelliten-Kommunikations- und Betriebskontrolleinrichtung sowie einer strategischen Satelliten-Kommunikations-Erdstation. Das betreffende Gelände des Truppenübungsplatzes wurde aufgrund Liegenschaftsvereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahr 1976 den amerikanischen Streitkräften zur ausschließlichen Benutzung überlassen. Der geltende Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Landstuhl aus dem Jahr 2006 stellt die Vorhabenfläche teilweise als „Sondergebiet Bund“ dar, im Übrigen aber als Fläche für Wald sowie teilweise als „Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“.

3

Im Oktober 2012 bat der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB Kaiserslautern) für die US-Streitkräfte bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) um Kenntnisnahme des Vorhabens nach § 83 Abs. 4 LBauO. Bereits zuvor hatte der LBB Kaiserslautern die Verbandsgemeindeverwaltung Landstuhl um das Einvernehmen zu der Baumaßnahme gebeten. Nach Erhalt weiterer von ihr angeforderter Unterlagen versagte die Antragstellerin im März 2013 ihr Einvernehmen mit der Begründung, dass das Vorhaben den Festsetzungen des Flächennutzungsplans der Verbandsgemeinde widerspreche. Nachdem die SGD Süd dem Vorhaben zunächst zugestimmt hatte, gab sie das Verfahren aufgrund des Widerspruchs der Antragstellerin schließlich an das Bundesministerium der Verteidigung ab. Nachdem das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Oktober 2013 zunächst sein Einvernehmen zum Vorhaben wegen Bedenken gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsvorprüfung verweigert hatte, wurde eine neuerliche Stellungnahme der Gesellschaft für …. (L.A.U.B.) vom 21. November 2013 eingeholt. Im Anschluss daran erteilte das Bundesumweltministerium sein Einvernehmen zu der begehrten Abweichungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB. Daraufhin ließ das Bundesministerium für Verteidigung die beantragte Abweichung von städtebaulichen Vorschriften mit Bescheid vom 14. Januar 2014 zu und ordnete die sofortige Vollziehung ihrer Entscheidung an.

4

Den hiergegen gerichteten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. März 2014 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

5

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

6

Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine vom Beschluss des Verwaltungsgerichts abweichende Entscheidung.

7

1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Zulassungsbescheid des Bundesministeriums der Verteidigung ist zulässig.

8

Die Antragstellerin ist antragsbefugt, da sie durch die Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 Satz 3 BauGB in ihrer Planungshoheit betroffen ist. Mit dieser Entscheidung wird ihr gegen das Vorhaben eingelegter Widerspruch überwunden, weshalb die Entscheidung ihr gegenüber einen anfechtbaren Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1992 - 4 C 24.90 -, BVerwGE 91, 227 und juris, Rn. 13).

9

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen hat die Antragstellerin ihre Antragsbefugnis auch nicht durch den Eintritt einer Einvernehmensfiktion verloren. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Gemeinde mit Eintritt der Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB die Berechtigung verliert, die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des genehmigten Vorhabens geltend zu machen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 [Leitsatz 2]). Die Rechtsfolge eines solchen Verlustes des Anfechtungsrechts kraft Eintritts der Einvernehmensfiktion setzt indes voraus, dass ein Einvernehmenserfordernis kraft Gesetzes besteht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, wovon auch die Antragsgegnerin in der angegriffenen Entscheidung ausgeht (vgl. S. 6 des Bescheids vom 14. Januar 2014).

10

Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Einvernehmen der Gemeinde einmal im bauaufsichtsbehördlichen Genehmigungsverfahren erforderlich, nach Satz 2 darüber hinaus auch in einem anderen Verfahren, in dem über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB entschieden wird. Während für Vorhaben des Bundes und der Länder nach § 83 Abs. 1 LBauO noch ein Zustimmungsverfahren bei der Bauaufsichtsbehörde i.S.v. § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB durchgeführt wird, sind Vorhaben, die der Landesverteidigung dienen - wie hier – (vgl. hierzu: BVerwG, a.a.O., Rn. 17), der oberen Bauaufsichtsbehörde lediglich zur Kenntnis zu bringen (§ 83 Abs. 4 Satz 1 LBauO). Mangels Zulassungsentscheidungen entfällt somit das Einvernehmenserfordernis nach § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB. Die hier streitgegenständliche Zustimmungserklärung nach § 37 Abs. 2 BauGB wird man nicht als Entscheidung über die Zulässigkeit nach §§ 31, 33 bis 35 BauGB werten können; vielmehr handelt es sich um eine eigenständige Entscheidung zur Abweichung von Vorschriften des Baurechts. Gegen die Geltung des Einvernehmenserfordernisses nach § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB spricht insbesondere, dass für diese Zustimmung zur Abweichung von baurechtlichen Vorschriften eine gesonderte Beteiligung der Gemeinde durch Einräumung eines Anhörungsrechts (§ 37 Abs. 2 Satz 2 BauGB) vorgesehen ist. Ein solches Anhörungsrecht wäre überflüssig, wenn die Gemeinde über die stärkere Mitwirkungsbefugnis des Einvernehmens verfügte.

11

Sieht das Gesetz die Notwendigkeit des gemeindlichen Einvernehmens nicht vor, so kann ein solches Einvernehmenserfordernis einschließlich der Rechtsfolge eines Verlustes der Antragsbefugnis bei nicht rechtzeitiger Verweigerung des Einvernehmens durch die bloße Aufforderung eines Verfahrensbeteiligten - wie hier durch den LBB Kaiserslautern - nicht begründet werden.

12

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist jedoch nicht begründet.

13

a) Zunächst ist dem Eilantrag nicht bereits wegen formell-rechtlicher Mängel der Anordnung der sofortigen Vollziehung - durch deren Aufhebung - stattzugeben.

14

Eine Anhörung vor Anordnung der sofortigen Vollziehung der Zustimmungsentscheidung ist gesetzlich nicht vorgesehen. § 28 VwVfG bezieht sich auf den Erlass von Verwaltungsakten und nicht auf verfahrensrechtliche Nebenentscheidungen - wie hier -. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz scheidet auch eine analoge Anwendung von § 28 VwVfG auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus (vgl. OVG RP, Beschluss vom 25. November 1987 - 12 B 112/87 -, NVwZ 1988, 748; ebenso: OVG Nds., Beschluss vom 28. April 1989 - 1 OVG B 114/88 -, DVBl. 1989, 887; auch: BayVGH, Beschluss vom 17. September 1987 - 26 CS 87.01144 -, BayVBl. 1988, 369 - fehlende Anhörung unerheblich -). Im Übrigen wäre hier ein unterstellter Anhörungsmangel durch die Anhörung der Antragstellerin im Eilrechtsschutzverfahren geheilt; denn die analoge Anwendung von § 28 Abs. 1 VwVfG müsste konsequenterweise die analoge Anwendung von § 45 Abs. 2 VwVfG zur Folge haben, wonach die erforderliche Anhörung noch bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nachholbar ist (vgl. hierzu: Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 80 Rn. 82).

15

Der Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. Januar 2014 genügt auch dem Begründungserfordernis nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Danach ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dieser formell-rechtlichen Anforderung ist genügt, wenn die Behörde erkennen lässt, aufgrund welcher Überlegungen sie die sofortige Vollziehung als notwendig ansieht; ob sich die angeführten Gründe im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung als tragfähig erweisen, betrifft nicht das formale Begründungserfordernis, sondern die Eilrechtsschutzentscheidung in der Sache; eine bloß formelhafte Begründung genügt indes nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 85 m.w.N.). Hier hat das Bundesministerium der Verteidigung im Bescheid vom 14. Januar 2014 ausführlich begründet, warum es die Modernisierung der in Landstuhl vorhandenen Satelliten-Kommunikationseinrichtungen für dringend erforderlich hält. Die Dringlichkeit beruhe im Wesentlichen darauf, dass die beabsichtigte Neuerrichtung der beiden Kommunikationseinrichtungen Teil eines weltweiten Modernisierungsprogramms der Kommunikationsnetzwerke der Vereinigten Staaten von Amerika sei. Da diese Einrichtungen eng aufeinander koordiniert werden müssten, sei der zügige Abschluss der Arbeiten geboten. Vorhabenverzögerungen würden zu einer Gefährdung kritischer militärischer Kommunikationsaufträge führen. Damit hat der Antragsgegner hinreichend deutlich gemacht, warum er die sofortige Vollziehung der Entscheidung für notwendig erachtet. Dies genügt dem Begründungserfordernis gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Auch die - mehrmonatige - Dauer des Verwaltungsverfahrens verbietet nicht, den Suspensiveffekt für die Dauer eines (eventuell langfristigen) verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auszuschließen.

16

b) In der Sache teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bei der nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der Durchführung der Baumaßnahme das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiegt, weil die Antragstellerin durch die angegriffene Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB aller Voraussicht nach nicht in ihren Rechten verletzt wird, so dass im Verfahren der Hauptsache nicht mit einer Aufhebung dieser Entscheidung zu rechnen ist.

17

(1) Zunächst wird die Antragstellerin durch eine vermeintlich fehlerhafte Adressierung der Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt.

18

In der Sache handelt es sich bei dem Bescheid vom 14. Januar 2014 um einen begünstigenden Verwaltungsakt für den Vorhabenträger, der den von der Antragstellerin ausgesprochenen Widerspruch gegen das Vorhaben überwindet und deshalb eine nachteilige Betroffenheit der Antragstellerin auslöst. Zur Anfechtung dieses Verwaltungsakts wäre die Antragstellerin auch unabhängig von einer Adressierung an sie befugt. Im Übrigen ist auch der Senat der Auffassung, dass die Adressierung an die Verbandsgemeindeverwaltung Landstuhl als dem nach § 68 GemO für die Antragstellerin nach außen handelnden Organ erfolgt ist, so dass von einer zutreffenden Adressierung an die Antragstellerin ausgegangen werden kann.

19

(2) Der Bescheid vom 14. Januar 2014 erweist sich auch nicht deshalb als verfahrensfehlerhaft, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung fehlerhaft unterblieben wäre.

20

Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG ein unselbstständiger Teil verwaltungsbehördlicher Verfahren, die der Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben (i.S.v. Anlage 1 des Gesetzes, § 3 Abs. 1 Satz 1 UVPG) dienen. Der Antragsgegner hat hier in Ermangelung anderer Zulassungsentscheidungen das Verfahren zur Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB als Trägerverfahren für die Umweltverträglichkeitsprüfung angesehen.

21

Die Antragstellerin ist befugt, das Fehlen einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu rügen. Zwar dient die UVP nur dem Schutz von Rechtsgütern der Allgemeinheit ohne erkennbaren Bezug zur Rechtsstellung einer Gemeinde. Jedoch darf nach § 4 Abs. 3 Umweltrechtsbehelfsgesetz im Rahmen eines zulässig erhobenen Rechtsbehelfs auch ein Dritter die fehlende UVP rügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, Rn. 41).

22

Die UVP-Pflichtigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen kommt hier deshalb in Betracht, weil es mit der Rodung von Wald einhergeht. Eine uneingeschränkte Pflicht zur Vornahme einer UVP ist nach Nr. 17.2.1 der Anlage 1 zum UVPG jedoch nur bei der Rodung von Wald im Umfang von mehr als 10 ha vorgesehen. Im vorliegenden Fall kommt eine UVP-Pflicht nur dann in Betracht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG dies ergibt, wobei es sich nach Nr. 17.2.3 der Anlage 1 zum UVPG lediglich um eine standortbezogene Vorprüfung handelt, weil die zu rodende Fläche zwar mehr als 1 ha, aber weniger als 5 ha beträgt. Dass die für diese Zuordnung ausschlaggebenden Flächenangaben fehlerhaft sind und gar die allgemeine Vorprüfungspflicht für Rodungen von Flächen über 5 ha einschlägig ist, wird von der Antragstellerin zwar für möglich gehalten, jedoch – trotz vorhandener Ortskenntnis - nicht konkret dargelegt; eine solche Fehlerhaftigkeit der Flächenangaben ist auch nicht ersichtlich. So werden die für waldbauliche Arbeiten in Anspruch genommenen Flächen in der Anlage 4 zum Schriftsatz des LBB Kaiserslautern vom 26. April 2013 dargestellt. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der auch dem Bescheid vom 14. Januar 2014 zugrunde liegenden Annahmen im landespflegerischen Begleitplan vom 22. Oktober 2012. Dort heißt es auf S. 12, dass es infolge des Bauvorhabens zu Rodungen im Umfang von rund 2,2 ha Kiefernmischwald kommen wird. Darüber hinaus ist sowohl in Anlage 4 des genannten Schreibens vom 26. April 2013 als auch im landespflegerischen Begleitplan festgestellt, dass zwecks Herstellung von Hindernisfreiheit für die neuen Funkantennen noch Einzelbäume gefällt werden müssen und von diesem Einschlag von Einzelbäumen eine Fläche von zusätzlich ca. 3.300 m² betroffen sei.

23

Nach dem Ergebnis der hier allein möglichen summarischen Prüfung weist die durchgeführte UVP-Vorprüfung keine auf die Rechtmäßigkeit der Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB durchgreifenden Fehler auf.

24

Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin ist zunächst nicht ersichtlich, dass es an einer Vorprüfung durch das dafür zuständige Bundesministerium der Verteidigung gefehlt hat. Im Gegenteil wird im Bescheid vom 14. Januar 2014 (S. 8) ausdrücklich auf die Stellungnahmen der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd zur UVP-Pflicht hingewiesen, insbesondere auf die abschließende Stellungnahme vom 5. Dezember 2013, worin sich ausdrücklich der Hinweis befindet, dass die von der SGD Süd durchgeführte Vorprüfung von dem jetzt zuständigen Bundesministerium der Verteidigung noch einmal bestätigt werden müsse. Ferner wird im Bescheid vom 14. Januar 2014 ausdrücklich auf das Einvernehmensschreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 18. Dezember 2013 verwiesen, das sich ausdrücklich mit der Frage der (verneinten) UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens befasst. Durch diese Angaben im Bescheid vom 14. Januar 2014 ist hinreichend belegt, dass das Bundesministerium der Verteidigung sich mit der Frage der UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens befasst und sich die ausführliche Stellungnahme der SGD Süd insbesondere vom 5. Dezember 2013 sowie die Stellungnahme des Bundesumweltministeriums vom 18. Dezember 2013 zu Eigen gemacht hat. Eine nochmalige Wiederholung der in den zitierten Schreiben dargelegten Gründe war demnach entbehrlich.

25

Inhaltlich spricht nach derzeitigem Sach- und Streitstand alles dafür, dass die UVP-Vorprüfung den Anforderungen des § 3a Satz 4 UVPG genügt.

26

Danach ist die Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine UVP unterbleiben kann, von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Sofern für ein Vorhaben eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen ist - wie hier -, ist nach § 3c Satz 2 UVPG eine UVP nur dann durchzuführen, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG ist bei der standortbezogenen Vorprüfung die ökologische Empfindlichkeit eines Gebiets insbesondere hinsichtlich näher benannter Nutzungs-, Qualitäts- und Schutzkriterien zu untersuchen (vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 70. EL, August 2013, § 3c UVPG, Rn. 33 ff; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3c Rn. 16 – bei Vorhaben nach § 3c Satz 2 UVPG im Regelfall keine UVP-Pflicht -). Wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung wird der Behörde ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 -, BVerwGE 127, 208 und juris, Rn. 48; HessVGH, Beschluss vom 19. März 2012 - 9 B 1916/11 -, NVwZ-RR 2012, 544 und juris, Rn. 51).

27

Im vorliegenden Fall haben die mit der UVP-Vorprüfung beauftragten Sachverständigen die besonderen örtlichen Gegebenheiten überprüft und kommen in ihrem Bericht vom 21. November 2013 zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben aufgrund seiner geringen Größe und Leistung nicht zu einer UVP-Pflicht führt. Die Überprüfung der örtlichen Standortmerkmale habe gezeigt, dass im Vorhabengebiet keine besonderen ökologisch hochwertigen Gegebenheiten existierten, die eine UVP trotz geringer Größe und Leistung des Vorhabens auslösen könnten (vgl. Bericht vom 21. November 2013, S. 19).

28

Der Verlust des Kiefern-Buchen-Mischwaldes stelle wegen seiner bloß mittleren ökologischen Wertigkeit keine erhebliche Umweltauswirkung im Sinne des UVPG dar; dies gelte einschließlich des Verlustes einzelner älterer Buchen, und zwar auch derjenigen, die zwecks Herstellung von Hindernisfreiheit gefällt werden sollten (vgl. a.a.O., S. 15 f.). Die örtlich zuständige Naturschutzfachbehörde (SGD Süd, Stellungnahme vom 22. November 2013) sowie das Bundesumweltministerium (Schreiben vom 18. Dezember 2013) haben diese Wertung als naturschutzfachlich nachvollziehbar ebenso gebilligt wie das Urteil der Sachverständigen zur Betroffenheit der Calluna-Heide (vgl. Bericht L.A.U.B. vom 21. November 2013, S. 16). Angesichts dieser sachverständigen Bewertungen hat der Senat keinen Grund, an der ordnungsgemäßen Durchführung der Vorprüfung und der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses zu zweifeln, zumal die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren insofern ebenfalls keine konkreten Bedenken vorträgt.

29

Hinsichtlich der Betroffenheit der Tiere wird in der Stellungnahme des Büros L.A.U.B. vom 21. November 2013 ausgeführt, dass hier Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG infolge von geeigneten Vermeidungsmaßnahmen nicht zu besorgen seien (Bericht L.A.U.B., S. 16 f.). Auch diese Einschätzung ist von der oberen Naturschutzfachbehörde und dem Bundesumweltministerium akzeptiert worden. Dass diese Bewertung i.S.v. § 3a Satz 4 UVPG nachvollziehbar ist, wird durch die Einwendungen der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. Zunächst verpflichtet § 3c Satz 3 UVPG ausdrücklich dazu, bei der Vorprüfung zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehene Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus rügt, möglichen Irritationen der Fledermäuse durch die Signale und Strahlungen der Satellitenantennen sei zu Unrecht nicht nachgegangen worden, kann dem entgegengehalten werden, dass die Fledermäuse nach den sachverständigen Feststellungen des Büros L.A.U.B. in erster Linie durch den Verlust von Nahrungshabitaten, nicht aber durch dauerhafte Beeinträchtigungen von Wochenstuben- und Balzquartieren betroffen sind (vgl. Bericht L.A.U.B., S. 17). Was die Eignung der vorgeschlagenen Vermeidungsmaßnahmen anbelangt, sind auch die hierzu getroffenen Aussagen des beauftragten Sachverständigenbüros von den Fachbehörden akzeptiert worden. Mangels konkret vorgetragener Bedenken vermag der Senat auch die Nachvollziehbarkeit dieser Bewertung, für die den Behörden ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, nicht in Zweifel zu ziehen.

30

Sofern die Antragstellerin schließlich konkrete Auflagen zur Durchführung der als notwendig angesehenen Schutzmaßnahmen vermisst, ist dies die zwangsläufige Folge der Genehmigungsfreiheit des Vorhabens nach § 83 Abs. 4 LBauO. Die hier angegriffene Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB hat allein die Frage der Abweichung von Vorschriften des Baurechts zum Gegenstand, lediglich ergänzt um die Frage der UVP-Pflichtigkeit. Mangels Zulassungsentscheidung für das Vorhaben ergibt sich die Pflicht des Vorhabenträgers zur Beachtung der Anforderungen des Naturschutzrechts und anderer öffentlich-rechtlicher Sachmaterien unmittelbar aus dem jeweils einschlägigen Gesetz sowie aus Art. 49 Abs. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Danach haben die Behörden der Truppe bei Durchführung von Baumaßnahmen mit eigenen Kräften die deutschen Bau- und Umweltvorschriften zu beachten. Zur Konkretisierung der sich hieraus ergebenden Pflichten ist hierbei auf die eingeholten Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahmen der zuständigen Fachbehörden zurückzugreifen.

31

(3) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB in ihren Rechten verletzt ist. Vielmehr spricht alles dafür, dass die zugelassene Abweichung von baurechtlichen Vorschriften rechtlicher Überprüfung standhalten wird.

32

Das Bundesministerium der Verteidigung ist im Bescheid vom 14. Januar 2014 davon ausgegangen, dass das Bauvorhaben nicht nach § 35 BauGB zugelassen werden konnte, weil es - hinreichend standortbezogenen - Darstellungen im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde über eine „Fläche für Wald“ sowie eine „Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft (§ 5 (2) 10 BauGB)“ widerspricht (vgl. Bescheid vom 14. Januar 2014, S. 5).

33

Der Senat sieht keinen Anlass, im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens von dieser Feststellung mit der Folge abzurücken, dass eine Zustimmungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB gänzlich entbehrlich wäre. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Abwägung der Verbandsgemeinde zu diesen Darstellungen fehlerfrei erfolgt ist oder ob der Flächennutzungsplan gegen das Anpassungsgebot gemäß § 1 Abs. 4 BauGB verstößt, was eine - allerdings zweifelhafte - Zielqualität der Darstellung im Regionalen Raumordnungsplan „Sonderfläche Bund“ im Sinne eines raumordnerischen bzw. bauleitplanerischen Tabubereichs voraussetzen würde. Dahingestellt bleiben kann ebenfalls, ob die genannte Darstellung dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegierten Vorhaben der Beigeladenen i.S.v. § 35 Abs. 1 „entgegensteht“.

34

Es genügt die Feststellung, dass nach bisherigem Sach- und Streitstand die Voraussetzungen für die Abweichungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB vorliegen: Die besondere öffentliche Zweckbestimmung des der Landesverteidigung dienenden Vorhabens der Beigeladenen rechtfertigt eine Abweichung von den genannten Darstellungen im Flächennutzungsplan.

35

Die Abweichung von städtebaulichen Vorschriften ist dann erforderlich, wenn sie zur Erfüllung oder Wahrung der in Rede stehenden besonderen öffentlichen Zweckbestimmung vernünftigerweise geboten ist; dies erfordert eine Abwägung der widerstreitenden öffentlichen Belange (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1992, a.a.O., Rn. 20 und 22). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die von der Antragstellerin angeführten bauleitplanerischen Belange nur geringes Gewicht. Sowohl die Darstellung als Fläche für Wald als auch die Darstellung einer Kompensationsfläche stehen von vornherein unter dem Vorbehalt, dass sie ein im Eigentum der Beklagten stehendes Gelände betreffen, das den US-Streitkräften bereits seit längerem zur ausschließlichen Nutzung überlassen ist und deshalb nicht mehr dem uneingeschränkten planerischen Zugriff der Antragstellerin unterliegt (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1992, a.a.O., Rn. 22). Zudem wird gerade die vorgesehene Kompensationsfläche durch das Vorhaben nur zu einem geringen Teil in Anspruch genommen, und zwar lediglich für die neu zu errichtende Zaunanlage. Die Baukörper und die Umfahrung befinden sich hierzu in einem deutlichen Abstand. Umgekehrt erweist sich die mit dem Bauvorhaben verfolgte Zweckbestimmung als vernünftigerweise geboten. Die Beigeladenen haben mehrfach nachvollziehbar dargelegt, dass das Bauvorhaben am Standort Landstuhl Teil einer umfassenden Modernisierung der Satelliten-Kommunikationsstruktur der Amerikanischen Streitkräfte ist. Ohne die Verbesserung der Breitband-Satelliten-Kommunikations- und Betriebskontrolleinrichtungen und Satelliten-Kommunikationserdstation könne die beabsichtigte Optimierung der globalen Breitband-Satellitenstruktur nicht erreicht werden. Die hierdurch gestellten Anforderungen könnten durch die aktuell vorhandenen Anlagen nicht hinreichend erfüllt werden, so dass die Neuerrichtung von Bodenstationen erforderlich sei (vgl. das Schreiben des Department of the Army vom 24. September 2013, Bl. 148 f der Behördenakte). Diese Optimierung der Breitband-Satellitenstruktur der US-Streitkräfte erweist sich unabhängig davon als vernünftigerweise geboten, welche Kommandos im Einzelnen ausgeführt werden.

36

Darüber hinaus führt auch die Standortentscheidung der Beigeladenen nicht auf einen Abwägungsfehler bei der Abweichungsentscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB. Zunächst ist die Wahl des Standorts für die Kommunikationskontrolleinrichtung und -erdstation durch den notwendigen Zusammenhang zu den vorhandenen Antennenanlagen eingeschränkt. Im Übrigen drängt sich der - von der Antragstellerin erwähnte - Hubschrauberlandeplatz mangels Entwidmung auch nach dem Abzug der Hubschrauberstaffel nicht als offensichtlich vorzugswürdiger Standort auf (vgl. zu den Anforderungen an die Alternativenprüfung im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägungsentscheidung: Urteil des Senats vom 23. Januar 2013 - 8 C 10782/12.OVG -, BauR 2013, 1075 [Leitsatz]).

37

Soweit die Antragstellerin schließlich auf die von ihr vorgelegten anonymen Schreiben verweist, bleibt unklar, inwiefern die wohl auf die Auftragsvergabe bezogenen Andeutungen Rechtsfehler der hier allein streitgegenständlichen Entscheidung nach § 37 Abs. 2 BauGB begründen sollen. Dasselbe gilt auch für die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob es sich bei den auf dem Rodungsgelände entdeckten Steinen nicht um Teile keltischer Grabstätten handelt. Die Beigeladenen sind dem unter Hinweis auf fachbehördliche Stellungnahmen entgegengetreten. Sollte die Vermutung der Antragstellerin zutreffen, obliegt das weitere Vorgehen der dafür zuständigen Denkmalschutzbehörde (vgl. hierzu bereits den Bericht des Büros L.A.U.B. vom 21. November 2013, S. 13); dies berührt indes nicht den Rechtskreis der Antragstellerin.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

39

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 GKG.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. April 2015, mit dem ihr Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 16. April 2015 anzuordnen, abgelehnt worden ist. Mit dieser Klage begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der Ziffer 1.3.6. der versammlungsrechtlichen Beschränkungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. April 2015, mit der ihr auferlegt worden ist, die Musikdarbietungen bei ihrer Versammlung am 16. April 2015 von 18.30 Uhr bis ca. 22.30 Uhr auf höchstens drei 10-Minuten-Blöcke pro Stunde zu beschränken, wobei zwischen den einzelnen Blöcken eine Pause von mindestens 10 Minuten ohne Musikdarbietung erfolgen muss.

Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung im Wege einer Interessenabwägung, die wegen der Eilbedürftigkeit allein möglich gewesen sei, kein überwiegendes Interesse der Antragstellerin an der Aufhebung der streitgegenständlichen Beschränkung und demgemäß auch der beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung gesehen.

Hiergegen wendet die Antragstellerin ein, die streitgegenständliche Beschränkung sei weder geeignet noch erforderlich. Zudem werde durch die Reglementierung des Abspielens von Musik in starren Blöcken erheblich in ihr Selbstbestimmungsrecht über die Art und Weise der Durchführung der Versammlung eingegriffen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte des Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. April 2015, wobei sich die Prüfung auf die dargelegten Gründe zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Ob die streitbefangene, auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG gestützte Beschränkung allerdings geeignet und erforderlich ist, der von der Antragsgegnerin befürchteten Störung der gleichzeitig stattfindenden Versammlung der P.-Bewegung entgegenzuwirken, lässt sich insbesondere angesichts der Eilbedürftigkeit schon in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend sicher feststellen.

So ist nicht bekannt, wie weit die beiden gleichzeitig vorgesehenen (Gegen-)Versammlungen der Antragstellerin und der P.-Bewegung tatsächlich voneinander entfernt sind. Es lässt sich daher nicht beurteilen, ob die von der Antragstellerin beabsichtigten Musikdarbietungen angesichts der ebenfalls verfügten Lautstärkenbegrenzung überhaupt geeignet sind, die andere Versammlung nachhaltig zu stören oder deren Durchführung sogar unmöglich zu machen, und darüber hinaus auch störender wirken als ein anderweitiger Einsatz der Lautsprecher bei gleicher Lautstärke. Da diese Frage auch von den räumlichen Verhältnissen des Versammlungsortes abhängig sein dürfte, die dem Senat nicht bekannt sind, und zudem von der Ausrichtung der Lautsprecher und sonstigen lärmrelevanten Bedingungen, kann insofern eine eindeutige, belastbare Aussage nicht getroffen werden.

Auch die von der Antragstellerin in ihrer Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Beschränkung in Ziffer 1.3.6. des Bescheids vom 13. April 2015 neben der Beschränkung in Ziffer 1.3.5., nämlich der Festsetzung des momentanen Schallpegels auf maximal 85 dB(A) im Abstand von 5 Metern vor der Austrittsmündung der betriebenen Lautsprecher und Megaphone, noch erforderlich ist, lässt sich ohne genauere Kenntnis der näheren lärmrelevanten Umstände nicht abschließend beurteilen. Insbesondere kann vom Senat im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren nicht eingeschätzt werden, ob ununterbrochene Musikdarbietungen einen störenderen Effekt haben als z. B. Wortbeiträge in derselben Dezibelstärke.

Aber auch die Rüge der Antragstellerin, die streitgegenständliche Beschränkung beeinträchtige ihr Recht, über die Art und Weise ihrer Versammlung selbst bestimmen zu dürfen (vgl. BVerfGE 69, 315/343), greift nicht. Denn die Antragstellerin behauptet zwar einen solchen Eingriff, führt dann aber nur pauschal aus, sie wolle auch ohne das ihr von der Antragsgegnerin auferlegte starre Reglement die Redebeiträge und die Musikdarbietungen ausgewogen abstimmen. Damit legt sie aber nicht hinreichend dar, dass mit der Festlegung der Musikbeiträge und der anderen Beiträge auf starre 10-Minuten-Blöcke das Programm für ihre beabsichtigte Versammlung so nachhaltig beeinträchtigt wird, dass sie in ihrem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs.1 GG unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Denn hierzu hätte es zumindest einer überschlägigen Darlegung bedurft, welches Programm für die Versammlung geplant war und inwiefern dieses durch die Beschränkung nicht mehr wie gewünscht durchführbar ist. Hinzu kommt, dass das Selbstbestimmungsrecht nicht die Abwägung mit kollidierenden Interessen Dritter, hier dem Recht der Versammlungsteilnehmer an der parallel stattfindenden Versammlung auf ungestörte Grundrechtsausübung ihres Versammlungsrechts, erübrigt.

Lässt sich nach alledem die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Beschränkung im Eilverfahren nicht abschließend beurteilen und sind demgemäß die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren offen, hat der Senat eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung fällt wie in erster Instanz zu Ungunsten der Antragstellerin aus, weil einer ungestörten Durchführung beider Versammlungen ein höheres Gewicht beizumessen ist als der die Antragstellerin allenfalls geringfügig beeinträchtigenden Umgestaltung ihres „Versammlungsprogramms“. Im Übrigen hat sie selbst in der Beschwerde nicht hinreichend dargelegt, dass und weshalb die bereits vom Verwaltungsgericht mit dem selben Ergebnis vorgenommene Interessenabwägung fehlerhaft sein soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

1. Durch Beschluss vom 13. Juli 2015 - 17 C 1163/15 - wies das Amtsgericht Passau einen Antrag des Leiters der Versammlung "Bierdosen-Flashmob für die Freiheit" auf Aufhebung eines gegen ihn ausgesprochenen Hausverbots auf dem Passauer Nibelungenplatz für die Dauer der Versammlung in der Zeit von ca. 18:15 Uhr bis ca. 18:30 Uhr am 20. Juli 2015 sowie auf Deaktivierung der auf dem Nibelungenplatz stattfindenden Videoüberwachung für die entsprechende Zeit zurück. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde vom Landgericht Passau mit Beschluss vom 16. Juli 2015 - 2 T 127/15 - zurückgewiesen.

2

Parallel hierzu untersagte das Amtsgericht Passau dem Leiter der Versammlung durch Beschluss vom 14. Juli 2015 - 13 C 1219/15 - auf Antrag der privaten Grundstückseigentümerin, für die geplante Veranstaltung auf Facebook zu werben. Den hiergegen gerichteten Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 14. Juli 2015 wies das Amtsgericht Passau mit Beschluss vom 17. Juli 2015 - 13 C 1219/15 - zurück.

3

Hiergegen hat der Leiter der Versammlung am 17. Juli 2015 um einstweiligen Rechtsschutz beim Bundesverfassungsgericht nachgesucht. Dem Eilantrag hat die 3. Kammer des Ersten Senats durch Beschluss vom 18. Juli 2015 - 1 BvQ 25/15 - weitgehend entsprochen. Die Kammer hat die Beschlüsse des Amtsgerichts Passau vom 13. Juli 2015 - 17 C 1163/15 - und vom 17. Juli 2015 - 13 C 1219/15 - sowie des Landgerichts Passau vom 16. Juli 2015 - 2 T 127/15 - aufgehoben und die Vollstreckung des Beschlusses des Amtsgerichts Passau vom 14. Juli 2015 - 13 C 1219/15 - bis zum Tag nach der Versammlung ausgesetzt. Ferner hat die Kammer festgestellt, dass der Versammlungsleiter den Bereich des Nibelungenplatzes in Passau am 20. Juli 2015 für die Dauer der Versammlung "Bierdosen-Flashmob für die Freiheit" (ca. 18:15 Uhr bis ca. 18:30 Uhr) betreten und zum Zwecke der Durchführung der Versammlung nutzen darf.

4

2. Gegen die einstweilige Anordnung der Kammer hat die Grundstückseigentümerin des Nibelungenplatzes am 19. Juli 2015 Widerspruch eingelegt und gleichzeitig beantragt, die Vollziehung der einstweiligen Anordnung vom 18. Juli 2015 auszusetzen. Sie macht einen erheblichen Eingriff in ihr Eigentumsgrundrecht geltend und bestreitet eine demgegenüber vorrangige Verletzung der Versammlungsfreiheit des Versammlungsleiters.

II.

5

Über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entscheidet - anders als gemäß § 93d Abs. 2 Satz 3, § 32 Abs. 3 BVerfGG über den Widerspruch - die Kammer (vgl. BVerfGE 89, 119 <120>).

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Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung ist abzulehnen, da das Vorbringen der Antragstellerin der Kammer keine Veranlassung gibt, von ihrer im Beschluss vom 18. Juli 2015 - 1 BvQ 25/15 - getroffenen Folgenabwägung abzuweichen. Die in Rede stehende Veranstaltung wird auf Facebook inzwischen eindeutig so beworben, dass je Teilnehmer nur eine Dose Bier konsumiert werden darf und leere Dosen nach der Versammlung zu entsorgen sind. Zudem wird auf den engen zeitlichen Rahmen der Veranstaltung und die Tatsache hingewiesen, dass betrunkene Versammlungsteilnehmer nicht geduldet würden. Vor diesem Hintergrund erscheint der Kammer die Gefahr einer Vielzahl Betrunkener, die die Grundstückseigentümerin bloßstellen und das auf dem Platz geltende Alkoholverbot grundsätzlich aushebeln sollen, fernliegend. Darüber hinaus weist die Entscheidung der Kammer vom 18. Juli 2015 deutlich auf die Möglichkeit beschränkender Verfügungen hin, sollte Gegenteiliges erkennbar werden. Zur weiteren Begründung wird auf den der Antragstellerin bekannten Beschluss vom 18. Juli 2015 - 1 BvQ 25/15 - verwiesen.

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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.