Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 29. Sept. 2016 - 9 A 295/15
Gericht
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die uneingeschränkte Genehmigung ihrer Hauptsatzung.
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Der Stadtrat der Klägerin fasste in seiner Sitzung vom 26.11.2014 den Beschluss über die Neufassung der Hauptsatzung (Beschluss-Nr.: 6.024/2014). In § 12 Abs. 1 traf er die Regelung, dass der Stadtrat und seine Ausschüsse im Rahmen ordentlicher öffentlicher Sitzungen eine Einwohnerfragestunde durchführen.
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Die Klägerin legte die Hauptsatzung mit Schreiben vom 13.01.2015 dem Beklagten zur Genehmigung vor. Dieser genehmigte mit Bescheid vom 10.03.2015 die beschlossene Neufassung der Hauptsatzung (Ziff. 1), nahm jedoch den § 12 Abs. 1 der Satzung hinsichtlich der Durchführung von Einwohnerfragestunden in beratenden Ausschüssen von der Genehmigung aus (Ziff. 2). Seine Entscheidung begründete er damit, dass mit der Novellierung des Kommunalverfassungsrechts und der Vorschrift des § 28 Abs. 2 KVG LSA die Beteiligung der Einwohner im Wege von Fragestunden nur für Sitzungen der beschließenden Ausschüsse der Vertretung eingeführt worden sei, eine präzise Regelung der Einwohnerbeteiligung an Sitzungen der beratenden Ausschüsse fehle. Die Vorschrift des § 28 Abs. 2 KVG LSA lasse wegen der ausdrücklichen Differenzierung Fragestunden in den beratenden Ausschüssen nicht zu. Die Formulierung der Neufassung der Hauptsatzung stelle insoweit einen Rechtsverstoß dar, weshalb die Genehmigung nicht erteilt werden könne.
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Hiergegen hat die Klägerin am 10.04.2015 Klage auf vorbehaltslose Genehmigung der Neufassung ihrer Hauptsatzung erhoben. Sie vertritt dabei die Auffassung, die ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung aus § 28 Abs. 2 KVG LSA, Fragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beschließenden Ausschüsse einzuführen, schließe die Einführung entsprechender Fragestunden auch in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse der Vertretung nicht aus. Dabei habe sich der Stadtrat von der Erwägung leiten lassen, der interessierten Bürgerschaft ein Recht auf Teilhabe an den eigentlichen Arbeitsgremien zukommen zu lassen. Das Kommunalverfassungsgesetz regele an keiner Stelle positiv den Ausschluss von Fragestunden in öffentlichen Sitzungen beratender Ausschüsse. Der Gesetzesbegründung sei auch nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 28 Abs. 2 KVG LSA eine abschließende Regelung habe treffen wollen. So sei ihr alles, was nicht ausdrücklich verboten ist, erlaubt. Das Prinzip des Gesetzesvorbehalts fände auf die Erweiterung von Rechtspositionen keine Anwendung, sondern greife nur bei der Einschränkung von Grundrechten. Mit dem Instrument der Einwohnerfragestunde in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse sei jedoch kein Eingriff in Grundrechte Dritter verbunden, welcher nur durch oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen dürfe. Die Fragestunde diene lediglich der direkten und aktuellen Unterrichtung der Bevölkerung und nicht der Abgabe eigener Stellungnahmen der Bürger. Sofern die Fragen überhand nähmen, könne die Vertretung selbst jederzeit die Hauptsatzung wieder ändern; diese, wie auch die Entscheidung zur Einführung der Fragestunden in öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse stehe jedoch allein in ihrer Entscheidungsbefugnis im Sinne der Organisationshoheit als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsfreiheit.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheides des Beklagten vom 10.03.2015 den Beklagten zu verpflichten, die Genehmigung der Neufassung der Hauptsatzung in der Fassung vom 26.11.2014 uneingeschränkt zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt seinen angegriffenen Bescheid und beruft sich hierzu auf eine Rundverfügung des Landesverwaltungsamtes des Landes Sachsen-Anhalt (Rundverfügung 29/14), wonach auch das Ministerium für Inneres und Sport die Auffassung vertrete, § 28 Abs. 2 KVG LSA sei dahin abschließend zu verstehen, dass lediglich Fragestunden in beschließenden Ausschüssen zugelassen werden sollen. Anderenfalls hätte es der ausdrücklichen und differenzierenden Regelung nicht bedurft. Jedenfalls hätte die Zulassung solcher Einwohnerbeteiligungen auch in beratenden Ausschüssen einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung bedurft, da das Fragerecht über die reine Teilnahme der Öffentlichkeit hinausgehe und einer besonderen Ermächtigung bedürfe. Der Gesetzgeber habe den Umfang der Beteiligung von Einwohnern im Wege von Einwohnerfragestunden als Erweiterung der unmittelbaren Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der Bürger der Gemeinden geregelt. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 28 Abs. 2 KVG LSA habe er aber eine abschließende Entscheidung über die Partizipierungsrechte der Bürger getroffen. Einwohnerfragestunden seien nach der Vorgängerregelung ausschließlich in Gemeinderatssitzungen zulässig gewesen, mit der Fassung des § 28 Abs. 2 KVG LSA sei dies explizit nur auf beschließende Ausschüsse der Vertretung ausgeweitet worden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
I.
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1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 154 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA) zulässig. Die Neufassung der Hauptsatzung bedurfte gemäß §§ 8 Abs. 2 Satz 2, 10 Abs. 2 Satz 2, 150 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA der Genehmigung. Der Beklagte hat seine Genehmigung bzgl. eines Teils der Satzung der Klägerin versagt. Die Klägerin begehrt die vorbehaltlose Genehmigung der Neufassung ihrer Hauptsatzung, welche sie nur im Wege der Verpflichtung des Beklagten erreichen kann. Das insoweit geäußerte Anfechtungsbegehren ist als Ausfluss des Verpflichtungsantrages zu werten. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht, § 150 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA.
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2. Die Ziffer 2. des Bescheides des Beklagten vom 10.03.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), denn die Klägerin hat einen Anspruch auf vorbehaltslose Genehmigung der Neufassung der Hauptsatzung vom 26.11.2014 (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Der Kommunalaufsicht obliegt es in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Kommunen gemäß § 143 Abs. 2 KVG LSA sicherzustellen, dass die Verwaltung der Kommune im Einklang mit den Gesetzen erfolgt. Dabei hat sie gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA die Aufsicht so auszuüben, dass die Rechte der Kommune geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert werden. Satzungen, die der Genehmigung der Kommunalaufsicht bedürfen, werden nach § 150 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA erst mit der Genehmigung wirksam. Die Stellung des § 150 KVG LSA im Teil 8. unter der Überschrift „Aufsicht” zeigt, dass der Kommunalaufsichtsbehörde bei der Entscheidung über die Genehmigung der – hier – Hauptsatzung lediglich die Funktion der Rechtsaufsicht zukommt. Sie dient dabei der Rechtmäßigkeitskontrolle der Wahrnehmung der (weisungsfreien) Selbstverwaltungsangelegenheiten (vgl. Miller in Bücken-Thielmeyer/Grimberg/Miller/Schneider/Wiegand/Gundlach/Fenzel, KVG LSA-Kommentar, LBW, § 8 S. 6-7und § 10 S.2 – jeweils Stand 01/2015). Die Beschränkung auf die Rechtmäßigkeitskontrolle ist dabei das notwendige Korrelat zur kommunalen Selbstverwaltung. Zweckmäßigkeitserwägungen sind durch die Kommunalaufsicht nicht anzustellen.
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Der insoweit durch §§ 8 Abs. 2, 10 Abs. 2 Satz 2 KVG LSA für die Änderungen der Hauptsatzung vorgesehene Genehmigungsvorbehalt stellt ein Mittel der präventiven Rechtsaufsicht dar. Versagungsgründe können dabei nur in gesetzlichen Grundlagen enthalten sein; anders gewendet: Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn eine Genehmigungspflicht besteht und die von der Kommune beabsichtigte Maßnahme den geltenden Rechtsvorschriften entspricht (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 09.02.2000 - A 2 S 404/97 -, juris; Miller in Bücken/Thielmeyer/Grimberg/Miller/ Schneider/Wiegand/ Gundlach/Fenzel, KVG LSA-Kommentar, LBW, § 150 S. 3 – 5, Stand 05/2015).
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Die Neufassung der Hauptsatzung war zu genehmigen, denn sie steht auch mit der hier streitgegenständlichen Regelung von Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der Vertretung und ihrer Ausschüsse, mithin auch in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse, im Einklang mit den Gesetzen. Die Neufassung der streitgegenständlichen Hauptsatzung verstößt weder gegen § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA (a) noch gegen sonstige, den Inhalt der Hauptsatzung vorgebende Bestimmungen geltenden Rechts (b).
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a) Eine gesetzliche Schranke im Hinblick auf die hier streitgegenständliche Regelung in der Hauptsatzung der Klägerin lässt sich nicht dem § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA entnehmen. Danach sind bei öffentlichen Sitzungen der Vertretung und ihrer beschließenden Ausschüsse Fragestunden für die Einwohner vorzusehen. Mit dem Wortlaut der Norm besteht zwar keine gesetzliche Verpflichtung für die Kommunen, Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse vorzusehen. Ein ausdrückliches Verbot, solche einzuführen, enthält die Vorschrift hingegen ebenfalls nicht. Ein solches lässt sich der gesetzlichen Regelung auch nicht im Wege der Auslegung entnehmen.
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Maßgebend für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Unter ihnen hat keine einen unbedingten Vorrang vor einer anderen. Ausgangspunkt der Auslegung ist der Wortlaut der Vorschrift. Er gibt allerdings nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich, der sich der Richter nicht entgegenstellen darf. Dessen Aufgabe beschränkt sich darauf, die intendierte Regelungskonzeption bezogen auf den konkreten Fall – auch unter gewandelten Bedingungen – möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen. In keinem Fall darf richterliche Rechtsfindung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine nicht unerhebliche Indizwirkung zu (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 23.03.2016 - OVG 4 S 49.15 -; BVerfG, Beschl. v. 31.05.2011 - 1 BvR 857/07 - Orientierungssatz 1c, juris; Franz Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. ergänzte Aufl. 1991).
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Dies zugrunde gelegt verstößt die Neufassung der Hauptsatzung der Klägerin nicht gegen § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA.
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aa) Bereits der Wortlaut der Norm gibt für ein ausdrückliches gesetzliches Verbot der streitgegenständlichen Regelung keinen Anhalt. Der Gesetzgeber hat in der Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA in der Fassung ab dem 01.07.2014 expressis verbis lediglich die verbindliche Einführung - „sind…vorzusehen” - der Fragestunden für Einwohner in öffentlichen Sitzungen der Vertretung und ihrer beschließenden Ausschüsse vorgesehen. Mit dieser Vorschrift wird konkret nur eine Verpflichtung der Gemeinden zur Einführung dieses Instruments der Einwohnerbeteiligung gerade in den ausdrücklich genannten Gremiumssitzungen begründet. Darüber hinaus lässt sich dem Wortlaut nichts entnehmen, was die Rechtsauffassung des Beklagten begründen könnte.
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bb) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. hierzu Gesetzentwurf der Landesregierung vom 04.07.2013, LT-Drs. 6/2247, S. 127 ff, 177) ist für die Auslegung nur teilweise ergiebig. Aus ihr folgt zwar, welchen Wert der Gesetzgeber der Beteiligung der Bürger am politischen und insbesondere dem kommunalpolitischen Geschehen beimisst. Für die Annahme eines Verbots der Begründung einer über den konkreten Wortlaut der Norm hinausgehenden Selbstverpflichtung der Klägerin ist sie hingegen wenig aussagekräftig. Das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17.05.1990 (Gesetzblatt der DDR 1990, Teil I Nr. 28, Bl. 255 ff.) enthielt noch keine Regelung zur Durchführung von Fragestunden für Einwohner. Mit dem Inkrafttreten der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt vom 05.10.1993 (GVBl. LSA, S. 568) enthielt der § 27 in Absatz 2 bis zum Inkrafttreten des KVG LSA zum 01.07.2014 die Regelung, dass nach Maßgabe der Hauptsatzung Fragestunden für die Einwohner im Rahmen der Gemeinderatssitzungen vorzusehen sind. Die Übernahme sonstiger gesetzlicher Regelungen zur bürgerschaftlichen Beteiligung in das Kommunalverfassungsgesetz aus der bisher geltenden Gemeindeordnung erfolgte im Wesentlichen unverändert. Die Einbeziehung erfolgt dabei über verschiedene Instrumente wie dem Einwohnerantrag (§ 25), dem Bürgerbegehren (§ 26), den Bürgerentscheid (§ 27) und die Einwohnerfragestunden (§ 28 Abs. 2). Die letztgenannte Vorschrift wurde nach den Angaben aus dem parlamentarischen Verfahren dahingehend erweiternd geändert, als nunmehr in den öffentlichen Sitzungen der Vertretung und der beschließenden Ausschüsse Fragestunden für die Einwohner durchzuführen sind, um den Informationszugang der Einwohner zu stärken (vgl. LT-Drs. 6/2247 vom 04.07.2013, S. 132, 177). Fehlte es auch bisher an einer gesetzlichen Regelung von Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse einer Kommunalvertretung, ist ein gesetzgeberischer Wille dahin, dass dieses Instrument der Einwohnerbeteiligung wegen seiner nicht ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz auch nicht gewollt ist, nicht zu konstatieren.
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cc) Ein Verbot der von der Vertretung der Klägerin über den ausdrücklichen Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA hinaus erfolgten Regelung der Einwohnerfragestunden vermag das Gericht auch nicht dem Sinn und Zweck der insoweitigen Neufassung des KVG LSA entnehmen. Aus dem parlamentarischen Verfahren ergibt sich die Zielstellung des Gesetzgebers einer dynamischen Weiterentwicklung der Grundlagen der aktiven Mitgestaltung im örtlichen Gemeinwesen und der Rahmenbedingungen für die kommunalpolitische Arbeit zur Schaffung von mehr Transparenz und einer Verbesserung der praktischen Handhabung des Rechts sowie einer Stärkung der bürgerschaftlichen Teilhabe am kommunalpolitischen Geschehen (vgl. Gesetzesbegründung zum KVG – Entwurf der Landesregierung, LT-Drs. 6/2247 vom 04.07.2014, S. 127). Aus dem parlamentarischen Ursprung der plebiszitären Beteiligung ergibt sich, dass der Landesgesetzgeber selbst vor dem Hintergrund der bisherigen Regelungen der Gemeindeordnung im Interesse kommunalen Verwaltungshandelns und zur Stärkung der örtlichen Demokratie die Einbeziehung und unmittelbare Beteiligung der Einwohner und Bürger an kommunalen Entscheidungsprozessen erweitern und stärken wollte. Mit der Gesetzesnovellierung sollten nun auf kommunaler Ebene den Einwohnern und Bürgern stärker als bisher Informationen über kommunale Angelegenheiten zugänglich sein und direkte Mitwirkungs- und Beteiligungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ziel der Gesetzesreform im Hinblick auf die Einwohnerfragestunde war die Fortentwicklung der maßgeblichen Regelung zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements.
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Der gesetzgeberische Zweck zielte auf eine Verbesserung des Informationszugangs der Einwohner durch die Ausweitung der Einwohnerfragestunden über die öffentlichen Sitzungen der Vertretung hinaus auf öffentliche Sitzungen der beschließenden Ausschüsse, da mit dieser Erweiterung die Unterrichtung der Einwohner auf solche Angelegenheiten ausgedehnt werde, welche die Vertretung aus ihrer Zuständigkeit einem beschließenden Ausschuss zur eigenständigen Entscheidung übertragen hat, dieser also ohne eine Behandlung in der Vertretung berät und abschließend entscheidet. Die Einwohner sollten sich dadurch in den einem beschließenden Ausschuss übertragenen Angelegenheiten direkt und aktuell an die sachkundigen und entscheidungskompetenten Ausschussmitglieder richten können (vgl. Gesetzesbegründung zum KVG – Entwurf der Landesregierung, LT-Drs. 6/2247 vom 04.07.2013, S. 131-132, 177). Im Ergebnis der Anhörung im Gesetzgebungsverfahren lehnte der Landkreistag diese Novellierung ab, da nach seiner Auffassung den Einwohnern durch die ständige Einrichtung der Einwohnerfragestunde im öffentlichen Teil der Sitzungen der Vertretung hinreichende Möglichkeiten zur Fragestellung zur Verfügung stünden. Der Gesetzgeber hielt gleichwohl an der von ihm angestrebten – nunmehr geltenden – Regelung fest. Mit seiner Begründung stellen die Einwohnerfragestunden ein wichtiges Mittel zur aktiven Teilnahme am kommunalpolitischen Geschehen dar, die es der Einwohnerschaft ermöglichen, sich direkt und aktuell über Angelegenheiten von besonderem Interesse zu unterrichten und sich in die Diskussion einzubringen. Die Öffnung der Einwohnerfragestunden auch für die öffentlichen Sitzungen der beschließenden Ausschüsse war von der gesetzgeberischen Erwägung getragen, eine verstärkte Nutzung dieser Beteiligungsmöglichkeit zu gewährleisten, gerade weil in den beschließenden Ausschüssen fachlich abgegrenzte Angelegenheiten erörtert und entschieden werden. Den Bürgern sollte die Möglichkeit eröffnet werden, sich in solchen besonderen Themenbereichen mit Fragen und Problemen an die dafür unmittelbar fachlich zuständigen Mandatsträger zu wenden (vgl. Gesetzesbegründung zum KVG – Entwurf der Landesregierung, LT-Drs. 6/2247 vom 04.07.2013, S. 178).
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Ohne die Einfügung der Fragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beschließenden Ausschüsse war den Einwohnern bisher ein Zugang zu Informationen und die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung durch Fragen verwehrt. Der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass es dem Gesetzgeber auf eine verbindliche Erweiterung der Informationsmöglichkeiten der Einwohner und Bürger gerade für diejenigen Konstellationen ankam, bei denen endgültige Entscheidungen in Bezug auf die örtliche Gemeinschaft getroffen werden, in den Einwohnern und Bürgern jedoch bisher keinerlei Beteiligungs- und Informationsmöglichkeit zustanden. Die Gemeinden sollten hierzu in verpflichtender Weise angehalten werden, diesen Informationszugang für ihre Einwohner in der Hauptsatzung vorzusehen. Diese Intention hat in dem § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA auch ihre ausdrückliche Regelung gefunden.
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Insoweit bedurfte die Zulässigkeit der Einwohnerfragestunden in den Sitzungen der beschließenden Ausschüsse einer gesetzlichen Bestimmung. Denn mit diesem Beteiligungsinstrument sind Auswirkungen auf das freie Mandat der Vertretungsmitglieder, die Mitglieder in einem beschließenden Ausschuss sind, verbunden. Das hier zwischen den plebiszitären Elementen der Kommunalverfassung und dem Prinzip der indirekten Demokratie, als der Funktion der kommunalen Mandatsträger als Repräsentanten der Einwohner, bestehende Spannungsfeld bedurfte mithin einer ausdrücklichen Regelung. Denn wie bereits dargestellt, nehmen die Vertretung und die beschließenden Ausschüsse insoweit dieselben Funktionen wahr, als sie – jeweils im Rahmen des ihnen zugewiesenen Aufgabenkreises – verbindliche Endentscheidungen für die Kommune und deren Einwohner treffen. Demgegenüber kann die freie Mandatsausübung der demokratisch legitimierten Volksvertreter durch Beteiligungsrechte der Wähler beeinträchtigt werden. Denn der Möglichkeit für den Einwohner, neben der bloßen Anwesenheit in einer öffentlichen Sitzung auch Fragen an die Entscheidungsträger zu stellen, wohnt jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Einflussnahme auf die Freiheit der Entscheidung des Mandatsträgers inne, welcher sich ggf. – spätestens bei der nächsten Wahl – gegenüber seinem Wähler rechtfertigen muss.
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Zwar kann eine solche Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung der Mitglieder der beratenden Ausschüsse nicht ausgeschlossen werden. Die Gefährdung der freien Mandatsausübung ist hierbei jedoch als geringer anzusehen, denn in den beratenden Ausschüssen werden Entscheidungen der Vertretung lediglich vorbereitet.
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Sofern die mit der hier streitgegenständlichen Regelung des § 12 Abs. 1 der Hauptsatzung der Klägerin erweiterten Partizipationsrechte über die vom Gesetzgeber beabsichtigte Stärkung der untersten Demokratieebene hinausgehen, ist den gesetzgeberischen Erwägungen nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber diese nicht zulassen wollte. Sofern der Gesetzgeber eine ausdrückliche Regelung unterlassen hat, vermag das Gericht diesem Schweigen jedenfalls nicht den Inhalt beizumessen, dass die Nichtregelung bewusst erfolgt ist.
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dd) Auch der Systematik des Kommunalverfassungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt und den Regelungen zu den verschiedenen Formen möglicher Beteiligung und Information der Einwohner und Bürger lässt sich nichts für die Annahme eines gesetzlichen Verbots und so eines Verstoßes gegen geltendes Recht durch die relevante Regelung in der Hauptsatzung entnehmen.
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aaa) Dem Kommunalverfassungsrecht des Landes Sachsen-Anhalt sind plebiszitäre Beteiligungsrechte nicht fremd. Das Gesetz selbst regelt ausdrücklich und umfangreich die zulässigen Beteiligungsformen der Einwohner und Bürger der Kommunen und so beispielhaft der Einwohnerantrag (§ 25 KVG LSA), das Bürgerbegehren (§ 26 KVG LSA), die Unterrichtungspflicht des Hauptverwaltungsbeamten und die Bürgerbefragung (§ 28 Abs. 1, 3 KVG LSA). Damit sind weitreichende Beteiligungen der Bevölkerung möglich und zulässig und neben diese Rechte tritt der Grundsatz der Öffentlichkeit der Sitzungen der Kommunalvertretungen nach § 52 Abs. 1 KVG LSA. Die vielfältigen Regelungen, die der Gesetzgeber des Landes zu den verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten für Einwohner und Bürger getroffen hat, sprechen aber noch nicht für die Annahme, dass sämtliche dieser Regelungen als abschließend zu betrachten sind und sich hieraus für die Gemeinden keine weitergehende Regelungskompetenz ergibt. Denn der Teil 4. des KVG LSA regelt neben den Rechten und Pflichten der Einwohner und Bürger damit korrespondierende Pflichten der Kommunen, um die effektive Wahrnehmung der Einwohner- und Bürgerrechte zu gewährleisten. Mit diesen landesrechtlichen Vorgaben wird den Kommunen jedoch lediglich das Mindestmaß dessen vorgegeben, wie sie für die wirksame Inanspruchnahme der Beteiligungsrechte ihrer Einwohner und Bürger Sorge zu tragen haben.
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Auch aus der im Übrigen § 28 Abs. 1 und 3 KVG LSA zu entnehmenden Regelungsdichte vermag das Gericht nicht darauf zu schließen, dass der Gesetzgeber allein mit der Nichterwähnung der beratenden Ausschüsse in § 28 Abs. 2 KVG LSA die Zulassung von Einwohnerfragestunden hat ausschließen wollen. Die in den Absätzen 1 und 3 geregelten Handlungsempfehlungen verfolgen eine andere Regelungsintention als die Regelung des Absatzes 2.
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bbb) Die Regelungssystematik des Kommunalverfassungsgesetzes selbst ist darauf ausgerichtet, verbindliche Vorgaben zu machen, welche Regelungen von den Kommunen zu treffen sind. So können die Kommunen ihre Angelegenheiten in Satzungen regeln (§ 9 Abs. 1 KVG LSA). Verbote, mithin gesetzliche Vorgaben, was in den eigenen Angelegenheiten nicht durch Ortsrecht bestimmt werden darf, finden sich hingegen im KVG nicht. Ein gesetzliches Verbot der Einführung von Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse ergibt sich jedenfalls nicht aus § 10 KVG LSA. Diese Vorschrift regelt, dass jede Kommune eine Hauptsatzung erlassen muss, in welcher zu regeln ist, was nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Hauptsatzung vorbehalten ist. Soweit andere für die Verfassung der Kommune wesentliche Angelegenheiten geregelt werden sollen, hat dies ebenfalls in der Hauptsatzung zu erfolgen.
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Dieser Vorschrift ist insoweit lediglich zu entnehmen, dass die Hauptsatzung eine Pflichtsatzung der Kommune ist, in der neben den gesetzlich vorgegebenen Regelungsinhalten (vgl. §§ 46 Abs. 1 Satz 2 HS 1, 48 Abs. 1, 9 Abs. 1 Satz 4 KVG LSA) auch weitere, die innere Verfassung der Kommune betreffende Bestimmungen getroffen werden können.
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b) Für die Auffassung der Klägerin spricht zudem, dass es für die Einführung von Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse keiner parlamentarischen Rechtsgrundlage bedarf. Der Vorbehalt des Gesetzes, der verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird, findet vorliegend keine Anwendung. Vielmehr gilt im Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinde allein der Grundsatz der Bindung an Recht und Gesetz (vgl. Art. 2 Abs. 3, 87 Abs. 1 und 4 KVG LSA). Zudem liegt in der hier streitgegenständlichen Erweiterung der Informationsmöglichkeiten für die Einwohner keine derart wesentliche Angelegenheit, die für alle Kommunen einheitlich vom Landesgesetzgeber selbst zu treffen und nicht anderen Normgebern überlassen werden darf. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel „wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte“. Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt dagegen für sich genommen nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste (BVerwG, Beschl. v. 17.02.2015 - 4 B 56.14 -, juris). Hiernach bedarf es im Zusammenhang mit der Einführung von Einwohnerfragestunden in den öffentlichen Sitzungen der beratenden Ausschüsse keiner speziellen gesetzlichen Regelung. Im Lichte der Organisationshoheit der Gemeinden ist der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gerade nicht dahin zu verstehen, dass die Gemeinden die internen Entscheidungsabläufe ihrer Organe nur dann und auf die Weise regeln dürfen, wenn und wie ein Gesetz dies ausdrücklich vorsieht; vielmehr ist es gerade umgekehrt, dass allein Beschränkungen des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts einer gesetzlichen Grundlage bedürfen.
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Für das Binnenorganisationsrecht gilt daher einzig der Vorrang des Gesetzes im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG, so dass den Gemeinden hinsichtlich ihrer internen Ausrichtung/Verfassung alles erlaubt ist, was nicht durch Gesetz anders geregelt ist. So ist zwar unbestritten der Landesgesetzgeber ausschließlich zuständig für die Kommunalgesetzgebung; dies bedeutet aber nur, dass er insoweit berechtigt und in gewissem Umfang auch verpflichtet ist, allgemeine kommunalverfassungsrechtliche Vorgaben gesetzlich festzulegen. Dort, wo der Landesgesetzgeber nicht tätig geworden ist, kann die einzelne Gemeinde die Kommunalverfassung auch durch Ortsrecht gestalten, verfeinern, ergänzen.
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Dies begründet auch keinen Widerspruch zu den Prinzipien der repräsentativen Demokratie und des freien Mandats. Denn die Einführung der Fragestunden dient der Erkenntnisvermittlung und so der Schaffung von Akzeptanz und Verständnis bei den – ggf. von Entscheidungen der Vertretung - Betroffenen. Der Landesgesetzgeber, dem es maßgeblich gerade auch auf eine Erweiterung der Informationsmöglichkeiten der Einwohner ankam, hat mit der Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 1 KVG LSA nur ein Minimum geschaffen und insoweit mit der verpflichtenden Ausgestaltung dieser Vorschrift die Kommunen gebunden. Dass dieser Verpflichtung gleichzeitig das Verbot darüber hinausgehenden Fragestunden in anderen Ausschüssen innewohnt, er damit die Entscheidung der Gemeinden, zu Gunsten der Einwohner weitere Partizipierungsrechte einzuräumen, gänzlich ausschließen wollte, ergibt sich nicht.
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Es begegnet im Hinblick auf die Bindung der Kommunen an Recht und Gesetz deshalb keinen Bedenken, wenn die Vertretung der Klägerin sich in Ausübung ihrer Allzuständigkeit und Organisationshoheit für die Einführung weitergehender Einwohnerfragestunden entscheidet.
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Die streitgegenständliche Regelung der Hauptsatzung steht auch nicht in Widerspruch zu sonstigem, insbesondere Verfassungsrecht. Die Kommunalverfassung des Landes Sachsen-Anhalt selbst ist zwar auf die mittelbare Demokratie ausgerichtet, womit auf kommunaler Ebene die verfassungsrechtliche Grundentscheidung für ein repräsentatives System getroffen wird, was über Art. 87 Verf LSA - so auch in Art. 28 Abs. 2 GG - bestätigt wird. Hieraus folgt hingegen nicht die Unzulässigkeit jedweder plebiszitären Mitwirkung, denn Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Verf LSA erklären beispielsweise Abstimmungen als demokratische Beteiligungsformen für zulässig. Dies erkennt das Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt mit den o. g. Elementen der Einwohner- und Bürgerbeteiligung an den Entscheidungsprozessen der Vertretung als ihrer Vertretung bereits an.
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3. Die Berufung war gemäß §§ 124 a, 124 VwGO zuzulassen, denn die Rechtssache weist grundsätzliche Bedeutung auf und obergerichtliche Rechtsprechung zu der mit Inkrafttreten des Kommunalverfassungsgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt zum 01.07.2014 geschaffenen neuen Rechtslage existiert nicht.
II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 2, 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 22.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach in Kommunalverfassungsstreitigkeiten ein Streitwert von 15.000,00 Euro festzusetzen ist.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Veröffentlichung in Kraft.
Bis zur Länderbildung nehmen die Regierungsbevollmächtigten für die Bezirke die Befugnisse aus § 2 Absatz 2 und § 8 Absatz 2 wahr.
Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Veröffentlichung in Kraft.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.