Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Feb. 2015 - 9 A 179/14

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:0226.9A179.14.0A
bei uns veröffentlicht am26.02.2015

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten.

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Der Kläger war – jedenfalls bis zum Jahr 2010 (vgl. Schlussbericht des Verwalters im Sekundärinsolvenzverfahren vom 25.01.2010) – Eigentümer des Grundstücks ... (Grundbuch von … Bl., Gemarkung I Flur 2, Flurstück ), das mit einem als Hotel genutzten Gebäude bebaut ist (Altstadthotel). Seit 2003 war das Zwangsverwaltungsverfahren hinsichtlich des vorbezeichneten Grundstücks beim Amtsgericht B-Stadt anhängig (12 L 23/2004). Als Verwalter wurde Herr D… bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 17.11.2003 ist der Beitritt des Klägers zur Zwangsversteigerungssache (12 K 80/2003) zugelassen worden. Die Zwangsverwaltung über das vorbezeichnete Grundstück wurde mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 07.03.2007 aufgehoben. Die Beschlagnahme endete zum 07.03.2007. Mit an den Zwangsverwalter – Herrn D… – gerichteten und die Verbrauchsstelle „Altstadthotel …“ bezeichnenden Bescheid vom 31.01.2006 setzte der Beklagte Abschlagszahlungen in Höhe von 1.488,81 EUR auf die künftige Gebührenschuld (Schmutz- und Niederschlagswassergebühr) zum 15.02., 15.05., 15.08. sowie 15.11.2006 fest. Mit erneut an den Zwangsverwalter adressiertem und die obige Verbrauchsstelle bezeichnendem Bescheid vom 31.01.2007 setzte der Beklagte zum 15.02 sowie 15.04.2007 zu zahlende Abschläge in Höhe von jeweils 897,48 EUR fest. Die Bescheide sind in Bestandskraft erwachsen.

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Mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 22.10.2003 im Insolvenzantragsverfahren gegen den Kläger wurde die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Klägers angeordnet, Herr Rechtsanwalt K… zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und dem Kläger ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt.

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Der ursprünglich in B-Stadt wohnhafte Kläger verlagerte im Sommer 2003 seinen Wohnsitz nach Frankreich. Das französische Appellationsgericht Metz hat mit Liquidationseröffnungsurteil vom 18.05.2004 seine Zuständigkeit bejaht und das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet. Mit Beschluss vom 04.03.2005 eröffnete das Amtsgericht Magdeburg unter Anerkennung des in Frankreich geführten Hauptinsolvenzverfahrens das Sekundärinsolvenzverfahren gemäß Art. 27 EuInsVO, als Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt K. bestellt. Mit Schlussurteil vom 23.11.2006 hat des Appellationsgericht Metz das Hauptinsolvenzverfahren nach Art. L. 643-9 Code de commerce mangels Masse eingestellt, was eine Restschuldbefreiung hinsichtlich Forderung, die vor dem Eröffnungsbeschluss entstanden sind, bewirkt (vgl. Beschluss des erkennenden Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 02.10.2014 – 9 B 180/14 MD –). Das Sekundärinsolvenzverfahren wurde mangels Masse mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 03.06.2010 gemäß § 207 InsO eingestellt.

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Mit streitbefangener Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 machte der Beklagte gegenüber der Harzsparkasse als Drittschuldnerin des Klägers vollstreckbare Forderungen in Höhe von insgesamt 22.221,54 EUR geltend, die im Einzelnen in einer Forderungsaufstellung aufgeschlüsselt sind. Mit Schreiben vom 15.04.2014 stellte der Beklagte die an die Drittschuldnerin gerichtete Verfügung dem Kläger zur Kenntnis zu.

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Hiergegen hat der Kläger am 08.05.2014 Klage beim erkennenden Gericht erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Dem Eilantrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 08.05.2014 auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 anzuordnen (9 B 180/14 MD), entsprach das erkennende Gericht mit Beschluss vom 02.10.2014, soweit mit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 mehr als 1.887,03 EUR vollstreckt werden sollen. Im Übrigen lehnte das Gericht den Eilantrag ab. Daraufhin erklärte der Beklagte unter Bezugnahme auf den Beschluss des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes am 14.10.2014, die Aufhebung der streitbefangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung, soweit das Gericht die aufschiebende Wirkung angeordnet hat, und das Verfahren in der Hauptsache insoweit unter Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung für erledigt. Der Kläger schloss sich der teilweisen Erledigungserklärung an, im Übrigen hielt er an der Klage fest.

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Streitig zwischen dem Beteiligten sind somit allein die Vollstreckbarkeit der sich aus der der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 beigefügten Forderungsaufstellung ergebenen Forderungen in Höhe von insgesamt 1.887,03 EUR, die unter dem Buchungszeichen 904006/9916 geführt werden und Gebührenforderungen für das Grundstück „Altstadthotel ...“ in Höhe von insgesamt 950,98 EUR (838,81 EUR + 22,50 EUR + 89,67 EUR) sowie damit verbundene Säumniszuschläge in Höhe von 894,00 EUR und Nebenleistungen von insgesamt 42,05 EUR (Mahngebühren: 5,00 EUR, Auslagen: 2,05 EUR, Pfändungsgebühr: 35,00 EUR) Pfändungsgebühren, Mahngebühr, Auslagen) betreffen.

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Zur Begründung seines verbliebenen Klageantrags trägt der Kläger im Wesentlichen vor, dass die Hauptforderung zahlungsverjährt sei. Hinsichtlich des Neubeginns der Verjährungsfrist sei nicht auf den Abschluss des Sekundärinsolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgericht Magdeburg vom 03.06.2010, sondern auf die Einstellung des Hauptinsolvenzverfahrens mit Urteil vom 23.11.2006 abzustellen; hierauf habe der Berichterstatter in einem parallel geführten Verfahren (4 A 131/13 MD) in seiner Verfügung vom 29.05.2013 hingewiesen.

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Die Forderungen aus den an den Zwangsverwalter gerichteten Bescheiden vom 31.01.2006 und 31.01.2007 seien nicht vollstreckbar, denn die Bescheide seien bereits nichtig, weil der Abgabepflichtige nicht benannt sei, mithin die Bescheide zu unbestimmt seien. Es liege einer schwerer offenkundiger Fehler im Sinne von § 125 Abs. 1 AO vor; ausgehend von den Bescheiden sei ein Rückschluss auf den Kläger als Abgabepflichtiger nicht möglich. Es könnte allenfalls gegen den Zwangsverwalter und nicht gegen den Kläger vollstreckt werden. Schließlich hätten die Bescheide auch gegenüber dem Kläger bekanntgegeben werden müssen, wolle man Zwangsvollstreckungsmaßnahmen daraus ergreifen. Die Zwangsvollstreckung setzt die Bekanntgabe des Bescheides gegenüber dem Vollstreckungsschuldner voraus.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 aufzuheben, soweit sie nicht durch den Beklagten aufgehoben wurde.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt die Verfügung, soweit die Festsetzung nunmehr auf 1.887,03 EUR lautet und führt aus, dass die Verfügung des Berichterstatters im Verfahren 4 A 131/13 MD nichts Gegenteiliges ergebe, denn das Sekundärinsolvenzverfahren werde an keiner Stelle erwähnt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein solches dem Gericht nicht bekannt gewesen sei. Durch die Forderungsanmeldung im Sekundärinsolvenzverfahren mit an den Insolvenzverwalter gerichtetem Schreiben vom 30.10.2008 sei gemäß § 231 AO, § 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA die Verjährung unterbrochen worden. Die Bescheide vom 31.01.2006 und 31.01.2007 seien weder nichtig noch rechtswidrig. Zwischen Inhalts- und Bekanntgabeadressat werde hinreichend unterschieden, es genüge dass sich aus den Begleitumständen oder der bestimmten Grundstücksbezeichnung ergebe, wer Inhaltsadressat sei. Hier werde die Verbrauchsstelle konkret bezeichnet und auch der Zwangsverwalter habe gegenüber dem Beklagten diese Bezeichnung verwandt, so dass auch nach den Begleitumständen klar gewesen sei, wer Inhaltsadressat gewesen sei. Schließlich bedürfe es für die Vollstreckung keiner gesonderten Bekanntgabe gegenüber dem Inhaltsadressaten.

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Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss vom 12.01.2015 auf die Einzelrichterin übertragen. Die Beteiligten verzichteten in der Folge auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte im anhängigen Verfahren und im Verfahren 4 A 131/13 MD sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

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Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt haben.

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Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Denn die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 in Gestalt der vom Beklagten erklärten, teilweisen Aufhebung mit Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 14.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist berechtigt, gegenüber der Drittschuldnerin des Klägers Forderungen in Höhe von insgesamt 1.887,03 EUR zu vollstrecken, denn die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor.

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Die Vollstreckung darf gemäß § 3 Abs. 1 VwVG LSA erst beginnen, wenn gegen den Leistungsbescheid kein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt werden kann (Nr. 1), die Geldforderung fällig ist (Nr.2), gemahnt wurde (Nr. 3) und die in der Mahnung bestimmte Zahlungsfrist verstrichen ist (Nr. 4). Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat die Vollstreckungsbehörde den Drittschuldnern schriftlich zu verbieten, an die Vollstreckungsschuldner zu zahlen, und den Vollstreckungsschuldnern schriftlich zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 45 Abs. 1 VwVG LSA). Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Pfändungsverfügung den Drittschuldnern zugestellt ist. Die an die Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügungen bezeichnen den beizutreibenden Geldbetrag ohne Angabe des Schuldgrundes. Die Zustellung ist den Vollstreckungsschuldnern mitzuteilen (§ 45 Abs. 2 VwVG LSA).

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Allein streitig zwischen dem Beteiligten ist, ob die Vollstreckbarkeit der sich aus der der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 beigefügten Forderungsaufstellung ergebenen Forderungen in Höhe von insgesamt 1.887,03 EUR, die unter dem Buchungszeichen 904006/9916 geführt werden und Gebührenforderungen für das Grundstück „Altstadthotel ...“ in Höhe von insgesamt 950,98 EUR (838,81 EUR + 22,50 EUR + 89,67 EUR) sowie damit verbundene Säumniszuschläge in Höhe von 894,00 EUR und sonstige Nebenleistungen von insgesamt 42,05 EUR (Mahngebühren: 5,00 EUR, Auslagen: 2,05 EUR, Pfändungsgebühr: 35,00 EUR) Pfändungsgebühren, Mahngebühr, Auslagen) betreffen, rechtmäßig ist. Dies ist der Fall.

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a. Die noch offene Hauptforderung in Höhe von 950,98 EUR ist vollstreckbar. Ihr liegen dem Zwangsverwalter bekanntgegebene und vollziehbare (Abschlags-)Bescheide des Beklagten vom 31.01.2006 und 31.01.2007 zugrunde. Die jeweilige Forderung ist zudem fällig gestellt und angemahnt worden, ohne dass auf sie geleistet wurde. Soweit der Kläger einwendet, ihm seien die Bescheide vom 31.01.2006 und 31.01.2007 nicht bekanntgegeben worden und die Bekanntgabe an den Zwangsverwalter könne ihm nicht entgegengehalten werden, verfängt dies nicht. Voranzustellen ist, dass im hier maßgebenden Zeitraum der Festsetzung die Zwangsverwaltung hinsichtlich des Grundstücks ..., das im Eigentum des Klägers stand, angeordnet war und der Bekanntgabeadressat der Bescheide als Zwangsverwalter agierte. Steuer- bzw. Abgabeschuldner und damit Leistungsverpflichteter im Falle der Zwangsverwaltung eines Grundstücks bleibt grundsätzlich der Eigentümer. Steht die Vermögensverwaltung anderen Personen als dem Eigentümer des Vermögens – wie im Falle der Zwangsverwaltung dem Zwangsverwalter, der die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten zu berichtigen hat (vgl. §§ 156 Abs. 1 Satz 1; 155 Abs. 1, 2 Sätze 1 und 2; 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) – zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die steuerlichen/abgabenrechtlichen Pflichten der Eigentümer zu erfüllen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a KAG LSA i.V.m. 34 Abs. 3 und 1 AO). Damit werden sie jedoch nicht zu den Abgabenpflichtigen, sondern an diese ist lediglich der Bescheid zu richten, so dass zwischen dem Inhalts- und Bekanntgabeadressat zu unterscheiden ist (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 15.08.2007 – 4 L 21/07 – juris; VG Bayreuth, Beschluss vom 02.12.2013 – B 4 E 13.806 – juris). Ein an einen Zwangsverwalter gerichteter Bescheid wirkt damit auch gegenüber dem Abgabepflichtigen, ohne dass es einer – weiteren – Bekanntgabe ihm gegenüber bedarf. Eine entsprechende Verpflichtung ergibt sich auch nicht daraus, dass mit Beschluss des Amtsgerichts B-Stadt vom 07.03.2007 die Zwangsverwaltung des Grundstücks ... aufgehoben wurde und die Beschlagnahme zu diesem Zeitpunkt endete. Der Beklagte wird hierdurch nicht in seinen Rechten beschnitten, nach Freigabe des Grundstücks bzw. Abschluss eines etwaigen Insolvenzverfahrens die Vollstreckung weiter zu betreiben; eine andere Auffassung würde eine ungerechtfertige Benachteiligung des Vollstreckungsgläubigers sowie eine Besserstellung des Abgabepflichtigen bewirken (bspw. im Fall mittlerweile eingetretener Festsetzungsverjährung).

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Die streitbefangene Hauptforderung ist auch nicht von der faktischen Restschuldbefreiung als Ergebnis des in Frankreich geführten Hauptinsolvenzverfahrens umfasst, da sie nicht vor dem Liquidationseröffnungsurteil des französischen Appellationsgericht Metz vom 18.05.2004 durch welches das Gericht seine Zuständigkeit bejaht und das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet hat, entstanden sind (vgl. im Einzelnen: Beschluss des Gerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 02.10.2014 – 9 B 180/14 –).

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Die Forderung ist auch nicht zahlungsverjährt. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA i.V.m. § 231 Abs. 1 und 2 AO wird die Verjährung durch Anmeldung im Insolvenzverfahren unterbrochen. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um ein sog. Haupt- oder Sekundärinsolvenzverfahren handelt. Der Beklagte hat gegenüber dem Insolvenzverwalter Herrn Rechtsanwalt K... die streitbefangene Forderung im Sekundärinsolvenzverfahren mit Schreiben vom 30.10.2008 (siehe Beiakte A) geltend gemacht und eine Unterbrechung der sich nach § 228 AO ergebenden fünfjährigen Verjährungsfrist herbeigeführt, die bis zum Abschluss des Sekundärinsolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 03.06.2010 andauerte. Die fünfjährige Frist beginnt folglich mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Unterbrechung geendet hat, so dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses der streitbefangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung noch nicht abgelaufen sein kann und bis heute auch noch nicht abgelaufen ist. Auf den Zeitpunkt der Einstellung des in Frankreich geführten Hauptinsolvenzverfahrens (Schlussurteil vom 23.11.2006) ist für den erneuten Beginn der Verjährungsfrist nicht abzustellen. Soweit der Kläger schließlich auf eine richterliche Verfügung im Verfahren 9 A 131/13 MD vom 29.05.2013 verweist, wonach der Berichterstatter darauf hinweist, dass „die Unterbrechung (der Verjährung) nach der rechtskräftigen Einstellung des Insolvenzverfahrens (vgl. Urteil des Appellationsgerichts Metz vom 23.11.2006) beendet sein dürfte“, führt dies zu keiner anderen Betrachtung. Denn ob und inwieweit die in dem Verfahren 4 A 131/13 MD streitbefangenen Forderungen im Sekundärinsolvenzverfahren angemeldet wurden, kann der Gerichtsakte nicht entnommen werden, zumal auch nur eine Rechtsauffassung mitgeteilt wird und das Verfahren durch Vergleich seine Erledigung gefunden hat.

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Die Forderungen sind auch nicht mit Abschluss des Sekundärinsolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 03.06.2010 untergegangen, denn die Einstellung des Verfahrens erfolgte gemäß § 207 InsO mangels Masse. Eine Restschuldbefreiung war hiermit nicht verknüpft.

26

Soweit der Kläger schließlich einwendet, die Bescheide seien zu unbestimmt und deshalb gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. b KAG LSA i.V.m. § 125 Abs. 1 AO bereits nichtig, da der Abgabepflichtige nicht explizit bezeichnet werde, vermag das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Fehler i.S.v. § 125 Abs. 1 AO sind solche, die in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen der Gemeinschaft stehen, dass es schlechterdings unerträglich wäre, wenn der Verwaltungsakt die mit ihm intendierten Rechtswirkungen hätte. Der Verstoß muss nach Art und Ausmaß ein Gewicht haben, so dass eine Einschränkung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zugunsten der Stabilität des Verwaltungsakts und damit der Rechtssicherheit nicht mehr gerechtfertigt ist. Anhaltspunkte für die Beurteilung geben die in § 125 Abs. 2 und 3 geregelten Fälle. Deshalb muss es sich grundsätzlich um Fehler handeln, die denen in Abs. 2 an Tragweite und Schwere vergleichbar sind, die aber schwerer wiegen als die in Abs. 3 genannten Mängel. Dass der Abgabepflichtige – nämlich der Kläger – nicht ausdrücklich bezeichnet wurde, sondern nur die Zwangsverwaltung des Grundstücks unter Bezeichnung der Verbrauchsstelle „Altstadthotel ...“ und namentlich des berufenen Zwangsverwalters ihren Niederschlag in den Bescheiden vom 31.01.2006 und 31.01.2007 finden, wird dem Bestimmtheitserfordernis nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO, wonach der Abgabeschuldner, mithin der Inhaltsadressat des Bescheides im Abgabenbescheid anzugeben ist, noch gerecht. Obwohl zur inhaltlichen Bestimmtheit die Angabe des Abgabenschuldners erforderlich ist, muss dieser nicht ausdrücklich als solcher bezeichnet werden, wenn der Inhaltsadressat durch Auslegung ermittelt werden kann; dies muss sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Abgabenbescheid ergeben. Entscheidend ist, dass eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen und der Inhaltsadressat des Bescheides für den Bekanntgabeadressaten sicher erkennbar ist (Klein, AO Kommentar, 9. Aufl., § 122 Rdnr. 14, m.w.N.). Um dem Bestimmtheitserfordernis zu genügen, reicht es aus, wenn der Inhaltsadressat durch Auslegung ermittelt werden kann, wobei vorhergehende Bescheide und beigefügte Unterlagen herangezogen werden können. Bei dieser Auslegung ist auf den konkreten Empfänger abzustellen, hier also auf den Kenntnis- und Wissensstand des Herrn D..., als erfahrener Zwangsverwalter (vgl. zur Wohnungseigentümergemeinschaft: VG Köln, Urteil vom 27.01.2009 – 14 K 1415/08 –, Rn. 24, juris). Dass der Zwangsverwalter, Herr D..., dies auch so verstanden hat, macht er selbst durch seine in den Verwaltungsakten des Beklagten vorhandene Korrespondenz mit dem Beklagten deutlich (bspw. Schreiben vom 19.03.2007). Vor diesem Hintergrund konnte es für Herrn D... als Zwangsverwalter des klägerischen Grundstücks, welches in den Bescheiden hinreichend bestimmt unter der Rubrik Verbrauchsstelle („Altstadthotel ...“) bezeichnet ist, keine Zweifel geben, dass Schuldner der Abgaben der bei Erlass der Bescheide eingetragene Eigentümer des Grundstücks, mithin der Kläger sein soll.

27

Auch die rechnerische Ermittlung des noch offenen (Haupt-)Forderungsbetrags ist anhand der vorliegenden Unterlagen nachvollziehbar und wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt. Die Höhe der noch offenen Forderungen ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

28

b. Soweit der Beklagte Säumniszuschläge geltend macht, sind diese in Höhe von insgesamt 894,00 EUR gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA i.V.m. § 240 AO auch verwirkt und können gemäß § 3 Abs. 2 VwVG LSA mit der Hauptforderungen beigetrieben werden. Die in der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vorgenommene Berechnung der einzelnen Zuschläge ist nachvollziehbar dokumentiert, entspricht den gesetzlichen Regelungen und ist im Ergebnis rechnerisch richtig, was der Kläger auch nicht in Abrede stellt.

29

c. Auch gegen die zugleich in den Ansatz gebrachten Mahngebühren in Höhe von 5,00 EUR und Auslagen für die Postzustellung in Höhe von insgesamt 2,05 EUR ist nichts zu erinnern. Diese Vollstreckungskosten im Sinne des § 74 VwVG LSA können gemäß Absatz 4 der Vorschrift wegen ihrer sofortigen Fälligkeit ohne besonderen Leistungsbescheid mit der Hauptforderung beigetrieben werden. Auch die Höhe des Ansatzes der Mahngebühr begegnet keinen Bedenken, da sie der Regelung des § 74b Abs. 1 VwVG LSA i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 VKostO LSA entspricht, wonach Mahngebühren bei einer zu mahnenden Forderungen bis einschließlich 250,00 EUR (hier: 89,67 EUR) 5,00 EUR beträgt. Die Verpflichtung zur Erstattung von Auslagen entsteht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 1 VwVG LSA mit der Aufwendung des zu erstattenden Betrages, hier der Versendung der Ankündigung der Zwangsvollstreckung mit Schreiben vom 20.02.2014 (0,60 EUR Porto) und der Versendung der streitbefangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung (1,45 EUR Porto) und kann nach Absatz 4 der Vorschrift ohne besonderen Leistungsbescheid mit der Hauptforderung beigetrieben werden.

30

d. Die zunächst geltend gemachte Pfändungsgebühr in Höhe von 191,00 EUR war jedoch ausgehend davon, dass lediglich Hauptforderungen von 950,98 EUR, Säumniszuschläge von 894,00 EUR, Mahngebühren von 5,00 EUR sowie Auslagen von 2,05 EUR vollstreckbar sind, überhöht. Denn gemäß § 74b Abs. 1 VwVG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 und 3 i.V.m. Anlage 2 zu § 3 VKostO LSA werden für Pfändungen bis einschließlich 2.000,00 EUR nur Pfändungsgebühren in Höhe von 35,00 EUR erhoben, so dass der nach § 74 Abs. 4 VwVG LSA sogleich mit der Hauptforderung vollstreckbare Betrag darauf zu reduzieren war, was der Beklagte auch mit insoweitiger Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung erklärt hat.

31

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO sowie aus Anlage 1 Nr. 5111 Ziff. 4 GKG. Denn soweit der Rechtsstreit seine Erledigung gefunden hat (anteiliger Streitwert: 20.334,51 [22.221,54 EUR – 1.887,03 EUR]), hat der Beklagte eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg, so dass die Kosten des Verfahrens insoweit vom Kläger zu tragen sind, sich mithin die tenorierte Kostenquote ergibt.

32

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33

IV. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.


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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

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Insolvenzordnung - InsO | § 207 Einstellung mangels Masse


(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender G

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(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch1.Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,2.Sicherheitsleistung,3.eine Vollst

Abgabenordnung - AO 1977 | § 228 Gegenstand der Verjährung, Verjährungsfrist


Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz - VwVG | § 3 Vollstreckungsanordnung


(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht. (2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind: a) der Leistungsbescheid, durch d

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Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 02. Okt. 2014 - 9 B 180/14

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Gründe 1 Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine gegenüber dem Drittschuldner – der Harzsparkasse Halberstadt – erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 betreffend Gebührenforderungen und

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(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.

(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine gegenüber dem Drittschuldner – der Harzsparkasse Halberstadt – erlassene Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 betreffend Gebührenforderungen und Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 22.221,54 EUR.

2

I. Der sinngemäße und nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 66 VwVG LSA i.V.m. § 9 AG VwGO zulässige, insbesondere fristgerechte Antrag des Antragstellers,

3

die aufschiebende Wirkung seiner am 08.05.2014 erhobenen Klage auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 anzuordnen,

4

hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.

5

Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 66 Satz 3 VwVG i.V.m. § 80 Abs. 4 S. 3, Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes – hier der Pfändungs- und Einziehungsverfügung nach §§ 45, 50 VwVG LSA (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., Anhang § 42, Rdnr. 33 m.w.N.) – bestehen oder die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verfügung derart überwiegen, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfsführers wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Hat der eingelegte Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich Erfolg, so überwiegt regelmäßig das Interesse des Pflichtigen, denn an der Vollziehung eines im Hauptsacheverfahren offensichtlich aufzuhebenden Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen. Bestehen hingegen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung so bleibt das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, hinter dem öffentlichen Interesse zurück.

6

Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen, nur summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung soweit daraus vollstreckbare Forderung von mehr als …EUR gezogen werden sollen (1.1. bis 1.4.). Im Übrigen sind solche Zweifel nicht ersichtlich, sodass insoweit im Rahmen der Abwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung dieser Verfügung das entgegenstehende Interesse des Antragstellers, vorerst von diesen Maßnahmen verschont zu bleiben, überwiegt (2.).

7

1.1. Voranzustellen ist, dass soweit die Forderungsaufstellung in der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Forderungen des Antragsgegners erfasst, die bereits vor dem Liquidationseröffnungsurteil des Appellationsgerichts Metz (Frankreich) vom 18.10.2004 entstanden sind, eine Vollstreckung ausscheidet, da mit Schlussurteil vom 23.11.2006 das Appellationsgericht Metz (Landgericht Saargemünd, 1. Zivilkammer, Az.: I.2006/02197 D V / SR) das Hauptinsolvenzverfahren gemäß Art. L. 643-9 Code de commerce mangels Masse eingestellt hat. Denn nach Art. L. 643-11 Abs. 1 Code de commerce ermöglicht das Urteil über die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Masse dem Gläubiger nicht, wieder einzeln gegen den Schuldner vorzugehen. Für die in der Regelung normierten Ausnahmetatbestände, die die Individualklage und Einzelvollstreckung wieder aufleben lassen (Art. L. 643-11 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1-4, Abs. 4 und 5 Code de commerce) ist vorliegend nichts ersichtlich. Praktisch läuft dies, soweit Forderungen betroffen sind, die bereits vor dem Eröffnungsurteil entstanden sind, auf eine Restschuldbefreiung heraus (vgl. Delzant/Schütze, Die Restschuldbefreiung für Privatpersonen in den französischen Departements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle im Rahmen einer Privatinsolvenz (faillite civile), ZInsO 2008, 540 ff.). Soweit der Antragsgegner einwendet, der Antragsteller habe sich die Zuständigkeit des Appellationsgerichts Metz erschlichen, indem er gegenüber französischen Gerichten einen Wohnsitz in Frankreich vorgetäuscht habe, kann dies hier offen bleiben. Ist einem Gläubiger bekannt, dass der tatsächliche Lebensmittelpunkt des Schuldners während des französischen Insolvenzverfahrens faillite civile in Deutschland ist, d.h. er nicht die Voraussetzungen für die Durchführung des Verfahrens gemäß Art. L. 670-1 Code de commerce erfüllt, nämlich in einem der drei ostfranzösischen Departements Bas Rhin, Haut-Rhin oder Moselle seinen Wohnsitz i.S.v. Art. 102 ff. Code civil hat, so besteht für den Gläubiger die Möglichkeit gegen das Eröffnungsurteil Drittwiderspruch einzulegen (vgl. Delzant/Schütze, a.a.O.). Von seinem Widerspruchsrecht hat der Antragsgegner keinen Gebrauch gemacht und wegen des mittlerweile eingetretenen Fristablaufs ist ein solcher auch nicht mehr möglich. Auch der Einwand des Klägers, er habe weder Kenntnis vom Schlussurteil des Appellationsgericht vom 23.11.2006 noch etwaige Kenntnisse über die Verfahrensweisen im französischen Insolvenzrecht, vermag keine andere Sichtweise rechtfertigen. Die in Art. L. 643-11 Code de commerce angeordnete Wirkung des Schlussurteils ist gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. j und k i.V.m. Art. 25 Abs.1 EuInsVO auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzuerkennen, so dass der Antragsteller die restschuldbefreiende Wirkung des Schlussurteils dem Antragsgegner auch insoweit entgegenhalten kann (vgl. Delzant/Schütze, a.a.O.). Dass dem Antragsgegner das Schlussurteil tatsächlich nicht bekannt gewesen sei, ist rechtlich unerheblich, da ausweislich des Urteils die öffentliche Bekanntmachung angeordnet wurde. Dass die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur öffentlichen Bekanntmachung nicht vorgenommen wurden, behauptet weder der Antragsgegner noch liegen entsprechende Anhaltspunkte dafür vor. Es ist dem Antragsgegner damit verwehrt, in dem hier geführten Verfahren die faktische Restschuldbefreiung in Frage zu stellen. Um dies zu tun, ist er gezwungen Rechtsbehelfe nach dem französischen Insolvenz- und Verfahrensrecht bei dem für das Hauptinsolvenzverfahren zuständigen Gericht geltend zu machen. Dafür, dass er und/oder ein Dritter dies getan haben und gegebenenfalls das Recht der Individualklage und Einzelvollstreckung wieder auflebt (Art. L. 643-11 Code de commerce) ist weder etwas ersichtlich noch behauptet der Antragsgegner Entsprechendes.

8

1.2. Soweit die Forderung aus der „Rechnung vom 18.07.2006“ in Höhe von 196,50 EUR abzgl. 17,00 EUR aufgrund von Zahlungen (Buchungszeichen: 2… das Grundstück …, B-Stadt) in der Forderungsaufstellung geführt wird, ist die Gesamtforderung auch um diesen Betrag zu kürzen, denn der Antragsgegner hat selbst auf Nachfrage des Gerichts eingeräumt, dass die Forderung doppelt geführt worden und deshalb zu stornieren sei, da sie tatsächlich Säumniszuschläge zu den Abschlägen und Verbrauchsrechnungen vom 15.11.2002, 14.03.2003, 15.05.2003, 15.08.2003, 15.11.2003 und 13.04.2004 betrifft, mithin Nebenforderungen, die bereits vor dem Liquidationseröffnungsurteil des Appellationsgerichts Metz (Frankreich) vom 18.10.2004 entstanden sind. Durch die vom Antragsgegner beabsichtigte Stornierung der Forderung um diesen Betrag hat sich der Rechtsstreit auch nicht insoweit erledigt, denn dass der Antragsgegner die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.04.2014 gegenüber dem Drittschuldner (Harzsparkasse) insoweit aufgehoben hat, trägt der Antragsgegner weder vor noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.

9

1.3. Auch die in der Forderungsaufstellung aufgeführten „Übersetzungskosten I-Vf“ in Höhe von 205,44 EUR („Gebühr BG 2004000755“) die der Antragsteller durch Vorlage der der Honorar- und Kostennote vom 14.10.2004 nachgewiesen hat, dürften nach summarischer Prüfung nicht vollstreckbar sein. Nach § 3 Abs. 1 VwVG LSA darf die Vollstreckung erst beginnen, wenn gegen den Leistungsbescheid oder gegen die Vollstreckungsurkunde kein Rechtsbehelf eingelegt werden kann (Nr. 1), die Geldforderung fällig ist (Nr. 2), den Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Mahnung angedroht wurde, es sei denn dies ist nach § 4 VwVG LSA nicht erforderlich (Nr. 3) und wenn die in der Mahnung bestimmte Zahlungsfrist oder in den Fällen in den es keiner Mahnung bedarf, drei Tage gerechnet vom Zeitpunkt der Fälligkeit verstrichen sind. Vorliegend fehlt es bereits am erforderlichen Leistungsbescheid über die geltend gemachten Kosten. Ausweislich des Verwaltungsvorgangs handelt es sich bei der streitbefangenen Forderungen um Kosten, die im Zusammenhang mit der vom Antragsgegner erfolgten Forderungsanmeldung beim Appellationsgericht Metz entstanden sind, da die vorzunehmende Anmeldung in französischer Sprache zu erfolgen hatte, mithin die Übersetzung voraussetzte. Dies sind keine Vollstreckungskosten i.S.d. § 74 VwVG LSA, da diese nur Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen nach Teil 1 der Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes des Landes erfasst. Hierunter zählen etwaige Kosten für eine Forderungsanmeldung in einem Insolvenzverfahren nicht. Dementsprechend gelangt auch § 74 Abs. 4 VwVG LSA nicht zur Anwendung, wonach es eines besonderen Leistungsbescheides nicht bedarf und die sofortige Beitreibung mit der Hauptforderung möglich ist. Selbst wenn man – entgegen der Rechtsauffassung des Gerichts – die Übersetzungskosten als Vollstreckungskosten im oben genannten Sinne verstehen wollte, dürfte jedoch wegen der Nichtvollstreckbarkeit der diesen Kosten zugrundeliegenden Hauptforderung, nämlich die vor dem Eröffnungsurteil des Appellationsgerichts Metz entstandenen Forderungen (siehe 1.1.) auch die Vollstreckung der Nebenforderungen ausscheiden, da diese akzessorisch an die Vollstreckbarkeit der Hauptforderung gebunden sind, denn ohne Leistungsbescheid dürfen diese nur mit der Hauptforderung vollstreckt werden (vgl. § 74 Abs. 4 VwVG LSA). Schließlich wären nach dieser Rechtsauffassung auch Säumniszuschläge – entgegen der Vorgehensweise des Antragsgegners – nicht zu erheben. Denn die Verweisungsnorm des § 74 Abs. 5 VwVG LSA schließt die Anwendbarkeit des § 8 VwKostG, der die Erhebung von Säumniszuschlägen regelt, aus.

10

Als Rechtsgrundlage für die streitbefangene Übersetzungskosten dürfte dagegen § 4 Abs. 1 KAG LSA i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 Spiegelstrich 4 und § 6 der Verwaltungsgebührensatzung des Antragsgegners in Betracht kommen. Danach hat der Kostenschuldner, der zu der Amtshandlung oder Verwaltungstätigkeit Anlass gegeben hat, die bei der Vorbereitung oder bei der Vornahme einer Amtshandlung oder Verwaltungstätigkeit entstandenen Auslagen zu erstatten, wobei als Auslagen insbesondere die Entschädigung von Sachverständigen zählt. Ausgehend hiervon bedarf es einer Festsetzung durch Leistungsbescheid gegenüber dem Schuldner/Insolvenzverwalter. Dies ist nicht geschehen. Fehlt es damit bereits an einem vollziehbaren Leistungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVG LSA scheidet die Vollstreckung aus. Mangels Festsetzung bzw. Fälligkeit der Übersetzungskosten können schließlich auch keine Säumniszuschläge nach § 9 der Verwaltungskostensatzung des Antragsgegners erhoben werden.

11

1.4. Schließlich sind auch die mit Abschlagsbescheid des Antragsgegners vom 27.03.2007 gegenüber dem Antragsteller – nach erfolgter Freigabe des Grundstücks durch den Zwangsverwalter – festgesetzten Abschläge auf die Schmutz- und Niederschlagswassergebühr mit der Fälligstellung am 15.04.2007, 15.10.2007 und 15.12.2007 (Buchungsnummer: 901518/9916) nicht als vollstreckbare Forderungen berücksichtigungsfähig. Insoweit liegen die Voraussetzungen für eine Vollstreckbarkeit nicht vor, denn es mangelt an einem vollziehbaren Leistungsbescheid (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVG LSA), da nach summarischer Prüfung Überwiegendes für eine fehlende Bekanntgabe an den Antragsteller sprechen dürfte. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 lit. b KAG LSA i.V.m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Das bedeutet, dass die gesetzliche Bekanntgabevermutung dann nicht eingreift, mit der Folge, dass die Behörde das Risiko der Nichterweislichkeit des Zugangs trägt, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, dass im konkreten Fall die auf der Erfahrung des täglichen Lebens beruhende Vermutung, dass eine gewöhnliche Postsendung den Empfänger binnen weniger Tage erreicht, zutrifft (vgl. zur vergleichbaren Regelung des § 41 VwVfG: OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.08.2012 – 12 LA 180/11 – juris). Das schlichte Bestreiten des Betroffenen, der Verwaltungsakt sei ihm nicht zugegangen, reicht regelmäßig nicht aus, um die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu entkräften (vgl. Klein, Abgabenordnung, 8. Auflage, § 122 Rdnr. 53). Vielmehr muss der Adressat sein Vorbringen nach Lage des Einzelfalls derart substantiieren, dass zumindest ernsthafte Zweifel am Zugang begründet werden. Allerdings dürfen an das substantiierte Bestreiten des Zugangs keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, denn das Erfordernis eines substantiierten Tatsachenvortrags darf nicht dazu führen, dass die objektive Beweislast, die nach der Beweislastverteilung die Behörde trifft, zu Lasten des Abgabepflichtigen umgekehrt wird. Bestreitet er jedoch, dass (lediglich) ein Schriftstück überhaupt zugegangen ist, kann eine weitere Sustantiierung in der Regel nicht verlangt werden, weil dies objektiv unmöglich ist (Klein, a.a.O., § 122 Rdnr. 55). Hat der Abgabepflichtige im Rahmen des Möglichen den substantiiert Zugang bestritten, muss die Behörde bzw. das Gericht den Sachverhalt unter Berücksichtigung dieses Vorbringens aufklären und die festgestellten oder unstreitigen Umstände im Wege freier Beweiswürdigung gegeneinander abwägen, um festzustellen, ob die Zugangsvermutung erschüttert ist (vgl. Klein, a.a.O., § 122 Rdnr. 53, m.w.N). Dies ist hier der Fall. Denn der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, weder unter der vom Antragsgegner verwendeten Anschrift wohnhaft noch geschäftlich tätig gewesen zu sein, mithin den hier streitbefangenen Bescheid nicht erhalten zu haben. Der maßgebende Bescheid vom 27.03.2007, dessen im Verwaltungsvorgang geführtes Doppel auch keinen Postabgangsvermerk aufweist, ist an den Antragsteller c/o A. Beratungsgesellschaft mbH, …Straße B-Stadt adressiert. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Meldeauskunft der Stadt A-Stadt vom 18.09.2012 war der Antragsteller – was der Antragsgegner auch nicht in Abrede stellt – im Zeitraum vom 01.11.2006 bis 01.12.2010 mit dem Wohnsitz in A-Stadt, A-Straße gemeldet, so dass der Bescheid dem Antragsteller jedenfalls nicht an seine Wohnanschrift übermittelt wurde. Es spricht nach der derzeitigen Aktenlage auch nichts dafür, dass der Antragsteller unter dieser Anschrift geschäftlich tätig gewesen sein soll. Denn die Gesellschafteranteile der Dr. G. A. Beratungsgesellschaft mbH, die vom Antragsteller zwar gegründet wurde, sind ausweislich des Schlussberichts des Insolvenzverwalters des Sekundärinsolvenzverfahrens vom 25.01.2010 (vgl. Beiakte A) bereits im Jahr 1999 auf den Geschäftsführer der Gesellschaft, Herrn M… übertragen worden, der den Sitz des Unternehmens bereits im Jahr 2003 nach Berlin verlegt hat, wobei bereits die Löschung erfolgt sein soll. Woraus der Antragsgegner schöpft, den Antragsteller unter Verwendung dieser Anschrift zu erreichen, erschließt sich dem Gericht damit bereits nicht. Zwar könnte eine Niederlassung am vormaligen Sitz bestanden haben, gleichwohl kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der Bescheid, den mit dem Unternehmen nicht mehr verbundenen Antragsteller erreicht hat. Bestehen damit berechtigte Zweifel am Zugang des Verwaltungsaktes, liegt mangels Bekanntgabe bereits kein vollziehbarer Leistungsbescheid zugrunde, was die Vollstreckbarkeit der Hauptforderung ausschließt und mangels Fälligkeit auch keine Säumniszuschläge zur Entstehung gelangen lässt (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA i.V.m. § 240 AO). Auch die in diesem Zusammenhang in der Forderungsaufstellung aufgeführten Mahngebühren (Fälligkeit: 19.05.2007,19.11.2007 und 21.01.2008) sind wegen fehlenden Leistungsbescheides nicht entstanden, zumal der Verwaltungsvorgang auch die in Bezug genommenen Mahnschreiben nicht enthält. Zudem weist das Gericht darauf hin, dass Säumniszuschläge für steuerliche Nebenleistungen und Vollstreckungskosten, mithin für Mahngebühren nicht erhoben werden können (vgl. § 240 Abs. 2 AO bzw. § 74 Abs. 5 VwVG LSA, der nicht auf § 8 VwVG LSA verweist).

12

2. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung bestehen jedoch nicht, soweit der Antragsgegner in seiner Forderungsaufstellung unter dem Buchungszeichen 9… die gegenüber dem Zwangsverwalter D… für das Grundstück … in I… geltend gemachten Gebührenforderungen und damit verbundenen Säumniszuschläge sowie Nebenleistungen (wie Pfändungsgebühren, Mahngebühr, Auslagen) in Höhe von insgesamt 1.887,03 EUR (außer Ansatz bleiben Pfändungsgebühren soweit sie 35,00 EUR übersteigen [siehe Darstellung 2.4.]) in den Ansatz gebracht hat. Denn die Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 3 VwVG LSA liegen nach summarischer Prüfung insoweit vor.

13

2.1. Den noch offenen Hauptforderungen von insgesamt 950,98 EUR (838,81 EUR + 22,50 EUR + 89,67 EUR) liegen vollziehbare Gebührenbescheide vom 31.01.2006 und 31.01.2007 zugrunde. Die jeweilige Forderung ist zudem fällig gestellt und angemahnt worden, ohne dass auf sie geleistet wurde. Soweit der Antragsteller einwendet, ihm seien die drei Bescheide vom 31.01.2006 und 31.01.2007 nicht bekannt gemacht worden und die Bekanntgabe an den Zwangsverwalter könne ihm nicht entgegengehalten werden, verfängt dies nicht. Steuer- bzw. Abgabeschuldner und damit Leistungsverpflichteter im Falle der Zwangsverwaltung eines Grundstücks bleibt grundsätzlich der Eigentümer. Steht die Vermögensverwaltung anderen Personen als dem Eigentümer des Vermögens – wie im Falle der Zwangsverwaltung dem Zwangsverwalter, der die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten zu berichtigen hat (vgl. §§ 156 Abs. 1 Satz 1; 155 Abs. 1, 2 Sätze 1 und 2; 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG) – zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die steuerlichen/abgabenrechtlichen Pflichten der Eigentümer zu erfüllen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a KAG LSA i.V.m. 34 Abs. 3 und 1 AO). Damit werden sie jedoch nicht zu den Abgabenpflichtigen, sondern an diese ist lediglich der Bescheid zu richten, so dass zwischen dem Inhalts- und Bekanntgabeadressat zu unterscheiden ist (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 15.08.2007 – 4 L 21/07 – juris; VG Bayreuth, Beschluss vom 02.12.2013 – B 4 E 13.806 – juris). Da die Forderung von der faktischen Restschuldbefreiung (siehe 1a.) nicht umfasst ist und die im Sekundärinsolvenzverfahren angemeldete Forderung mangels Masse weder befriedigt wurde noch Anhaltspunkte für eine Zahlungsverjährung (§ 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA i.V.m. §§ 228, 231 Abs. 1 und 2 AO, Neubeginn der fünfjährigen Verjährungsfrist nach Abschluss des Sekundärinsolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 03.06.2010) ersichtlich sind, sind diese auch vollstreckbar.

14

2.2. Auch soweit der Antragsgegner Säumniszuschläge geltend macht, sind diese in Höhe von insgesamt 894,00 EUR gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 lit. b KAG LSA i.V.m. § 240 AO auch verwirkt und können gemäß § 3 Abs. 2 VwVG LSA mit der Hauptforderungen beigetrieben werden. Die in der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vorgenommene Berechnung der einzelnen Zuschläge ist nachvollziehbar dokumentiert, entspricht den gesetzlichen Regelungen und ist jedenfalls im Ergebnis rechnerisch richtig.

15

2.3. Schließlich dürfte auch nichts gegen die zugleich in den Ansatz gebrachten Mahngebühren in Höhe von 5,00 EUR und Auslagen für die Postzustellung in Höhe von insgesamt 2,05 EUR zu erinnern sein. Diese Vollstreckungskosten im Sinne des § 74 VwVG LSA können gemäß Absatz 4 der Vorschrift wegen ihrer sofortigen Fälligkeit ohne besonderen Leistungsbescheid mit der Hauptforderung beigetrieben werden. Auch die Höhe des Ansatzes der Mahngebühr begegnet keinen Bedenken, da sie der Regelung des § 74b Abs. 1 VwVG LSA i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 1 VKostO LSA entspricht, wonach Mahngebühren bei einer zu mahnenden Forderungen bis einschließlich 250,00 EUR (hier: 89,67 EUR) 5,00 EUR beträgt. Die Verpflichtung zur Erstattung von Auslagen entsteht gemäß § 74 Abs. 3 Satz 1 VwVG LSA mit der Aufwendung des zu erstattenden Betrages, hier der Versendung der Ankündigung der Zwangsvollstreckung mit Schreiben vom 20.02.2014 (0,60 EUR Porto) und der Versendung der streitbefangenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung (1,45 EUR Porto) und kann nach Absatz 4 der Vorschrift ohne besonderen Leistungsbescheid mit der Hauptforderung beigetrieben werden.

16

2.4. Die geltend gemachte Pfändungsgebühr in Höhe von 191,00 EUR ist jedoch ausgehend davon, dass lediglich Hauptforderungen von 950,98 EUR, Säumniszuschläge von 894,00 EUR, Mahngebühren von 5,00 EUR sowie Auslagen von 2,05 EUR vollstreckbar sein dürften, überhöht. Denn gemäß § 74b Abs. 1 VwVG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 und 3 i.V.m. Anlage 2 zu § 3 VKostO LSA werden für Pfändungen bis einschließlich 2.000,00 EUR nur Pfändungsgebühren in Höhe von 35,00 EUR erhoben, so dass der nach § 74 Abs. 4 VwVG LSA sogleich mit der Hauptforderung vollstreckbare Betrag darauf zu reduzieren ist.

17

Rechnerisch ergeben sich damit vollstreckbare Forderungen von insgesamt 1.887,03 EUR (Hauptforderungen: 950,98 EUR, Säumniszuschläge: 894,00 EUR, Mahngebühren: 5,00 EUR, Auslagen: 2,05 EUR, Pfändungsgebühr: 35,00 EUR), so dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die streitbefangene Pfändungs- und Einziehungsverfügung hinsichtlich des überschießenden Betrages anzuordnen ist.


(1) Die Verjährung eines Anspruchs wird unterbrochen durch

1.
Zahlungsaufschub, Stundung, Aussetzung der Vollziehung, Aussetzung der Verpflichtung des Zollschuldners zur Abgabenentrichtung oder Vollstreckungsaufschub,
2.
Sicherheitsleistung,
3.
eine Vollstreckungsmaßnahme,
4.
Anmeldung im Insolvenzverfahren,
5.
Eintritt des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
Aufnahme in einen Insolvenzplan oder einen gerichtlichen Schuldenbereinigungsplan,
7.
Ermittlungen der Finanzbehörde nach dem Wohnsitz oder dem Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen und
8.
schriftliche Geltendmachung des Anspruchs.
§ 169 Abs. 1 Satz 3 gilt sinngemäß.

(2) Die Unterbrechung der Verjährung dauert fort

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 bis zum Ablauf der Maßnahme,
2.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bis zum Erlöschen der Sicherheit,
3.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 bis zum Erlöschen des Pfändungspfandrechts, der Zwangshypothek oder des sonstigen Vorzugsrechts auf Befriedigung,
4.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 4 bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens,
5.
im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 5 bis zum Wegfall des Vollstreckungsverbots nach § 210 oder § 294 Absatz 1 der Insolvenzordnung,
6.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6, bis der Insolvenzplan oder der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan erfüllt oder hinfällig wird.
Wird gegen die Finanzbehörde ein Anspruch geltend gemacht, so endet die hierdurch eingetretene Unterbrechung der Verjährung nicht, bevor über den Anspruch rechtskräftig entschieden worden ist.

(3) Mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Unterbrechung geendet hat, beginnt eine neue Verjährungsfrist.

(4) Die Verjährung wird nur in Höhe des Betrags unterbrochen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht.

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen einer besonderen Zahlungsverjährung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, in Fällen der §§ 370, 373 oder 374 zehn Jahre.

(1) Stellt sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, daß die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht das Verfahren ein. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten nach § 4a gestundet werden; § 26 Abs. 3 gilt entsprechend.

(2) Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören.

(3) Soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, hat der Verwalter vor der Einstellung die Kosten des Verfahrens, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Zur Verwertung von Massegegenständen ist er nicht mehr verpflichtet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.

(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.

(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.

(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.

(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.

(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.

(1) Die Vollstreckung wird gegen den Vollstreckungsschuldner durch Vollstreckungsanordnung eingeleitet; eines vollstreckbaren Titels bedarf es nicht.

(2) Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind:

a)
der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist;
b)
die Fälligkeit der Leistung;
c)
der Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabe des Leistungsbescheides oder, wenn die Leistung erst danach fällig wird, der Ablauf einer Frist von einer Woche nach Eintritt der Fälligkeit.

(3) Vor Anordnung der Vollstreckung soll der Schuldner ferner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahnt werden.

(4) Die Vollstreckungsanordnung wird von der Behörde erlassen, die den Anspruch geltend machen darf.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.