Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 09. Sept. 2014 - 9 A 163/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2014:0909.9A163.13.0A
bei uns veröffentlicht am09.09.2014

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Erhebung von Grundgebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung.

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Die Klägerin zu 2. ist Eigentümerin des Grundstücks A-Straße in A., Ortsteil I.. Sie betreibt auf dem Grundstück eine Kleinkläranlage in Form einer MUTEC-Anlage zur Beseitigung des häuslichen Abwassers. Mit wasserrechtlicher Erlaubnis des Landkreises B. vom 23.05.2008 wurde der Klägerin zu 2. die Einleitung von mechanisch / biologisch vorbehandelten Abwasser aus der Kleinkläranlage in das Grundwasser genehmigt.

3

Mit Bescheid vom 01.02.2013 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 2. eine Grundgebühr für die dezentrale Abwasserbeseitigung in Höhe von 90,00 EUR fest.

4

Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 22.02.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führen sie aus, dass aufgrund der Funktionsweise ihrer MUTEC-Pflanzenbeetanlage keine Leistung des Beklagten in Anspruch genommen werden würden. Ihre Anlage sei nicht ursächlich für die beim Beklagten entstandenen Fixkosten zur Bereitstellung der für die Schlammausfuhr notwendigen Entsorgungstechnik.

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Mit Schreiben vom 27.02.2013 wies der Beklagte auf den fristgerechten Eingang des klägerischen Widerspruchs hin und führte aus, dass verbrauchsunabhängige Fixkosten bspw. für das Vorhalten von Personal und Fahrzeugen zur Erhebung der Grundgebühr führten. In den Gesamtkosten seien auch die Aufwendungen für die mit der Änderung des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt auf die Gemeinde/Verbände übertragene Aufgabe der Überwachung der Eigenkontrolle von Kleinkläranlagen enthalten. Die Grundgebühr sei zum 01.01.2013 eingeführt worden, um die Gesamtkosten möglichst verursachergerecht und zeitnah auf alle dezentral zu entsorgenden Grundstücke zu verteilen.

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Der Beklagte wies den als zulässig erachteten Widerspruch der Kläger mit Widerspruchsbescheid vom 24.04.2013 als unbegründet zurück. Allein der Betrieb einer Kleinkläranlage auf dem Grundstück rechtfertige die Grundgebühr. Aufgrund der Notwendigkeit der Gebührenerhöhung habe sich der Beklagte entschlossen, die Mengengebühr konstant zu halten und daneben gemäß § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA eine Grundgebühr zu erheben. Die Grundgebühr decke die verbrauchsunabhängigen Kosten, die sog. Fix-/Vorhaltekosten ab. Diese entstehen unabhängig davon, ob und wann von dem einzelnen Grundstück Fäkalschlamm eingesammelt werden müsse. Die Verpflichtung zur Zahlung der Grundgebühr sei sogar unabhängig von dem Umstand, ob im Erhebungszeitraum tatsächlich eine Entsorgung stattfinde. Mit dem Vorhandensein einer Kleinkläranlage auf einem Grundstück entstehe die Grundgebührenpflicht nach § 27 Abs. 3 der Abgabensatzung des Beklagten.

7

Hiergegen haben die Kläger am 07.05.2013 Klage beim erkennenden Gericht erhoben. Zur Begründung tragen sie ergänzend vor, sie seien zur Nachrüstung ihres Grundstückes mit einer den Regeln der Technik entsprechenden Kleinkläranlage durch den Landkreis B. aufgefordert worden, weil der Beklagte nach seiner Ausschlusssatzung und seinem genehmigten Abwasserbeseitigungskonzept das klägerische Grundstück auf Dauer von der Abwasserbeseitigungspflicht (zentrale Entsorgung) ausgeschlossen habe. Die sodann errichtete MUTEC-Anlage sei jedoch so konstruiert, dass kein Klärschlamm anfalle; insoweit sei auf die Funktionsbeschreibung des MUTEC-Systems mit Klärschlammseparation und integrierter Kompostierung der Dickstoffe zu verweisen. Dies werde auch aus der Anhörung durch den Landkreis B. vom 20.02.2008 ersichtlich. Für die Anlage sei eine wasserrechtliche Erlaubnis durch den Landkreis B. unter dem 23.05.2008 erteilt worden, wobei danach der Klärschlamm ordnungsgemäß zu entsorgen sei und die Bestimmungen des KrW-/AbfG i.V.m. der Klärschlammverordnung Anwendung fänden. Die Gebühr dürfe in keinem Missverhältnis zur Leistung stehen, sie – die Kläger – erhielten jedoch keine Leistung, so dass offensichtlich ein Missverhältnis vorliege. Die Grundgebühr sei nur neben der Mengengebühr statthaft, so dass die Erhebung nicht gerechtfertigt sei. Da eine Inanspruchnahme der dezentralen Abwasserbeseitigung fehle, sei die Erhebung der Grundgebühr nicht gerechtfertigt, zumal § 27 Abs. 1 Satz 1 der Abgabensatzung regele, dass die Gebührenpflicht mit der erstmaligen Inanspruchnahme entstehe, dass bloße Vorhandensein einer Kleinkläranlage nach § 27 Abs. 3 Satz 1 der Abgabensatzung sei mit § 5 Abs. 3 KAG LSA nicht vereinbar.

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Der Kläger zu 1. beantragt,

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den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24.04.2013 aufzuheben.

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Die Klägerin zu 2. beantragt,

11

den Bescheid des Beklagten vom 01. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2013 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt seinen Bescheid und ergänzt, dass die dezentrale Abwasserbeseitigung von den Klägern in Anspruch genommen werde. Die Aussage der Kläger, sie erhielten keine Leistung sei unzutreffend, da der Beklagte nach der Verordnung zur Überwachung der Selbstüberwachung und der Wartung von Kleinkläranlagen vom 19.10.2012 zur regelmäßigen Prüfung der Wartungsprotokolle verpflichtet sei und die Ergebnisse alle zwei Jahre der zuständigen Wasserbehörde zu übersenden habe. Um diese Aufgabe zu erfüllen, müsse Personal beschäftigt werden, was Kosten verursache. Es sei zulässig, die Grundgebühr in Höhe der Fixkosten zu bemessen. Durch den Beklagten sei die Grundgebühr für Kleinkläranlagen in Höhe von ca. 90 % der Fixkosten festgelegt worden, dadurch sei die Mengengebühr konstant gehalten worden. Die Kläger seien als Eigentümer des Grundstücks gebührenpflichtig.

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Die Gebührenpflichtigkeit ergebe sich auch daraus, dass Konstellationen denkbar seien, in denen die MUTEC-Anlage nicht mehr funktionsfähig sei, so dass sie dann mit einer Ausfaul- oder Absetzgrube vergleichbar sei und der Beklagte auch insoweit zur Vorhaltung der Leistung verpflichtet sei.

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Da wegen § 78 Abs. 4 Satz 2 WG LSA die Kosten der Überwachung gerade als Kosten im Sinne von § 5 Abs. 2 und 2a KAG LSA umlagefähig seien, scheitere die Grundgebührenpflichtigkeit nicht daran, dass keine Leistungsgebührenpflichtigkeit bestehe.

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Schließlich dürfe die dem Ortsgesetzgeber eingeräumte weitgehende Gestaltungsfreiheit nicht unberücksichtigt bleiben. Dabei seien im Abgabenrecht insbesondere die Grundsätze der Typengerechtigkeit und Verwaltungspraktikabilität zu beachten, die es gestatten würden, zu verallgemeinern und zu pauschalieren und damit zuließen, an Regelfälle anzuknüpfen. Die Entscheidung des Beklagten, in seinem Satzungsrecht für Kleinkläranlagen eine einheitliche Grundgebühr festzulegen, sei danach rechtlich nicht zu beanstanden. Von dem im Verbandsgebiet vorhandenen 213 Kleinkläranlagen seien lediglich 11 Anlagen des Typs MUTEC vorhanden. Mit diesem Anteil von lediglich 5% werde die Erheblichkeitsschwelle von 10% weit unterschritten. Vor diesem Hintergrund könne vernachlässigt werden, dass der Klarschlamm in MUTEC-Anlagen anderweitig behandelt werde, zumal die Anlagen gleichwohl dem Überwachungsregime des Beklagten unterlägen.

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Nach der Stellungnahme des Landkreises B. im gerichtlichen Verfahren können aus der Beseitigungspflicht des Verbandes nur solche Reststoffe ausgeschlossen werden, die im Zusammenhang mit der Abwasserbehandlung in der Kleinkläranlage eine weitere Behandlung (bspw. Rotteverfahren und Kompostierung) erfahren. Die Anforderungen an die Schlammbehandlung sowie der Umgang mit dem Rottegut oder des Rohkompostes würden im wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren geregelt. Die Behandlung von Schlamm in einem Rottebehälter sei Bestandteil der Kleinkläranlage und nach § 150 Abs. 3 WG LSA Bestandteil der Abwasserbeseitigung, wobei die Bestimmungen der Klärschlammverordnung Anwendung fänden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im anhängigen Verfahren sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und des Landkreises B. verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat Erfolg. Denn der Bescheid des Beklagten vom 01.02.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.04.2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 2. in ihren Rechten. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 24.04.2013 ist darüber hinaus rechtswidrig und verletzt den Kläger zu 1. in seinen Rechten, soweit dieser erstmals beschwert ist.

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Rechtlicher Anknüpfungspunkt für die Erhebung der hier streitbefangenen Grundgebühren für die dezentrale Entsorgung von Abwasser ist § 5 Abs. 1 und 3 KAG LSA i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 4 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes „A.“ (Abgabensatzung) vom 23.11.2009 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 05.11.2012 – im Folgenden: AS –. Danach erhebt der Beklagte ab dem Veranlagungsjahr 2013 neben der Mengengebühr für die Übernahme und Beseitigung des in Absetz- und Ausfaulgruben (Kleinkläranlagen) anfallenden Schlammes eine Grundgebühr je Kleinkläranlage in Höhe von 90,00 EUR/Jahr.

22

Vorliegend fehlt es bereits an der Grundgebührenfähigkeit der hier streitbefangenen MUTEC-Anlage. Dies ergibt sich aus Folgendem:

23

Die Erhebung einer Grundgebühr nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA ist nur neben einer Leistungsgebühr zulässig (vgl. auch Lichtenfels in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 6 Rn. 755a). Daraus folgt, dass eine Grundgebühr nur dann erhoben werden kann, wenn eine Leistungsgebühr in der Satzung vorgesehen ist und diese in Bezug auf das Grundstück auch generell in Betracht kommt. An der zweiten Voraussetzung fehlt es vorliegend. Denn bei Grundstücken auf denen – wie hier – mit Genehmigung der Wasserbehörde eine MUTEC-Anlage betrieben wird, kommt die Erhebung einer Benutzungsgebühr (Leistungsgebühr) für die öffentliche Einrichtung zur dezentralen Entsorgung – Fäkalschlamm – regelmäßig nicht in Betracht, da es beim ordnungsgemäßem Betrieb der Anlage an einer gebührenfähig gestellten Leistung, nämlich der Abgabe von Fäkalschlamm mangelt. Der Beklagte ist mithin für den in einer solchen Anlage anfallenden „Schlamm“ auch nicht verpflichtet, seine – die Erhebung einer Grundgebühr allein rechtfertigende – Leistungsbereitschaft zur Abnahme und Entsorgung desselben vorzuhalten, weil die Verpflichtung zur Vorhaltung von Leistungen der Abwasserbeseitigung nur im gesetzlichen Rahmen besteht (vgl. OVG LSA, Urt. v. 28.05.2013, 4 L 231/11). Zwar obliegt die Pflicht zur Abwasserbeseitigung einschließlich des in Kleinkläranlagen anfallenden Schlamms nach § 78 Abs. 1 Satz 2 WG LSA a. F./ § 78 Abs. 1 Satz 1 WG LSA dem Beklagten, so dass der Geltungsbereich der Vorschrift grundsätzlich auch den in einer MUTEC-Anlage entstehenden Schlamm umfassen dürfte, da es sich vom Typ her um eine Kleinkläranlage handelt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber diese Art von Kleinkläranlage gar nicht habe erfassen wollen (vgl. auch § 79a Abs. 1 Satz 3 2. HS WG LSA). Gleichwohl ist der Beklagte nicht verpflichtet, den Schlamm aus der streitbefangenen Anlage zu übernehmen, weshalb er insoweit auch keine Vorhalteleistungen zu erbringen hat. Denn die Funktionsweise der streitbefangenen Anlage ist so angelegt, dass keine Notwendigkeit besteht, Schlamm an den Beklagten zu übergeben. Das Schlammprodukt – das bei Kleinkläranlagen anderen Typs regelmäßig an den Abwasserbeseitigungspflichtigen abzugeben ist (vgl. § 78 Abs. 3 WG LSA) – wird durch eine Fachfirma in einen Komposter verbracht, so dass im Anschuss an den Kompostprozess sog. Fertigkompost (kompostiertes Klärschlammgemisch) entsteht, der für sich genommen keinen Schlamm im Sinne des Wassergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt darstellt, sondern (nur) solcher im Sinne der Klärschlammverordnung ist (§ 2 Abs. 2 a. E. Klärschlammverordnung). Klärschlammkomposte wiederum unterliegen allein dem Regime des Abfallrechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2006 – 7 C 4.06 – juris), so dass insoweit eine Übernahmeverpflichtung seitens des Beklagten ausscheidet, sondern allein der zuständige Entsorgungsträger Verantwortung zeichnet, mithin etwaige (Vorhalte-)Dienste des Beklagten nicht beansprucht werden. Diese Sichtweise deckt sich auch mit der erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis und der Stellungnahme des Landkreises B. vom 26.08.2013, worin sowohl auf die Klärschlammverordnung als auch das Abfallgesetz Bezug genommen wird.

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Dem Leistungsangebot und damit auch der Grundgebührenpflichtigkeit steht zudem entgegen, dass der Beklagte nach § 79 a Abs. 1 Nr. 3 WG LSA verpflichtet ist, den in einer MUTEC-Anlage anfallenden Schlamm von seiner Beseitigungspflicht auszuschließen, weil dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses geboten ist und eine gesonderte Beseitigung des Schlamms das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 WHG). Einem solchen Ausschluss steht auch § 79a Abs. 1 Satz 3 2. HS WG LSA nicht entgegenstehen. Denn MUTEC-Anlagen sind keine Absetz- oder Ausfaulgrube im Sinne der Vorschrift, weil der Landesgesetzgeber mit der Fassung der Vorschrift genau die technische Weiterentwicklung von Kleinkläranlagen im Auge gehabt hat (vgl. LT-Drs. 4/1789, S. 94). Der Umstand, dass der Beklagte weder die Abgabe des (anfänglich entstehenden) Klärschlamms mittels Anschluss- und Benutzungszwang durchgesetzt hat noch entsprechendes beabsichtigt, spricht – unabhängig davon, ob eine solche Verpflichtung rechtlich zulässig wäre – zudem für eine entsprechende Verpflichtung zum Ausschluss nach § 79a Abs. 1 WG LSA.

25

Der mangelnden Grundgebührenfähigkeit dieser Grundstücke steht nach Auffassung des Kammer auch nicht § 78 Abs. 4 Satz 2 WG LSA entgegen. Die Überwachungspflichtigkeit des Beklagten auch für MUTEC-Anlagen unterstellt, verhält sich die Norm ausschließlich zur Gebührenfähigkeit der bei der Überwachung entstehenden Kosten i. S. v. § 5 Abs. 2 und 2a KAG LSA. „Wer“ diese Gebühren schuldet, richtet sich jedoch ausschließlich danach, ob der Grundstückseigentümer oder Benutzter der öffentlichen Einrichtung die gebotenen Leistungen in Anspruch nimmt bzw. auf die Vorhalteleistungen angewiesen ist. Zudem handelt es sich bei den für die Überwachung entstehenden Kosten gar nicht um grundgebührenfähige Kosten handeln, weshalb allein aus der bestehenden Überwachungspflicht in Verbindung mit § 78 Abs. 4 Satz 2 WG LSA keine Rückschlüsse auf eine - von Gesetzes wegen bestehende – Grundgebührenpflichtigkeit zu gezogen werden darf. Diese Kosten können allenfalls Bestandteil einer Leistungsgebühr sein. Die Kosten für die Überwachung der Selbstüberwachung von MUTEC-Anlagen im Verbandsgebiet sind deshalb gesondert - und nicht als Bestandteil der Fäkalschlammgebühr - zu kalkulieren, weil den „MUTEC-Grundstücken“ mangels Fäkalschlammabfuhr eine wesentlich andere Leistung als den „Fäkalschlamm-Grundstücken“ geboten wird. Zudem würde die Begründung einer (Grund-)Gebührenpflicht allein wegen der Kosten der Überwachung zu einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung stehen, da die Grundgebühr wesentlich von anderen Fixkosten geprägt ist.

26

Allein aus dem Umstand, dass Fälle denkbar sind, in denen eine MUTEC-Anlage nicht erlaubniskonform betrieben wird bzw. ihre Funktionsfähigkeit nicht gewährleistet ist, kann keine (Grund-)Gebührenpflichtigkeit folgen. Diese könnte allenfalls dann eintreten, wenn die Anlage tatsächlich wie eine Ausfaul- oder Absetzgrube betrieben wird. Dem Beklagten steht es schließlich frei, im Wege eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder im Wege vertraglicher Vereinbarung die kostenpflichtige Abnahme des im Falle des gestörten Betriebes entstehenden Fäkalschlamms zu regeln und geltend zu machen

27

Soweit der Beklagte schließlich einwendet, aus dem Grundsatz der Typengerechtigkeit und Verwaltungspraktikabilität folge das Recht, auch Kleinkläranlagen, bei denen aufgrund ihrer regelmäßigen Funktionsweise der Klärschlamm dem Regime des Abfallrechts unterliegt, grundgebührenpflichtig zu stellen, vermag die Kammer dem nicht zu folgen.

28

Der in der Satzung des Beklagten geregelte Grundgebührenmaßstab für Kleinkläranlagen jeglicher Art ist auch nicht durch die von dem Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze der Typengerechtigkeit (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19.09.1983 – BVerwG 8 N 1.83 – juris) gerechtfertigt. Als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund (vgl. etwa BVerwG, Beschluss. v. 28.03.1995 - BVerwG 8 N 3.93 – juris). Dabei ist für das leitungsgebundene Abgabenrecht anerkannt, dass es dem Satzungsgeber gestattet ist, bei der Ausgestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu typisieren und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die sich diesem „Typ“ entziehenden Besonderheiten (bei einer Toleranzbreite von 10. v. H. der von einer Regelung betroffenen Fälle) außer Betracht bleiben (BVerwG, Urteil vom 16.09.1981 – BVerwG 8 C 47.81 – juris). Im Abgabenrecht gilt insoweit der Grundsatz der Praktikabilität, wonach der Satzungsgeber im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigen darf, dass seine Satzungsregelungen den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen müssen, damit die Abgabengerechtigkeit und die Genauigkeit der Abgabenbemessung einerseits sowie der Verwaltungsaufwand, der zur Verwirklichung dieses Zieles erforderlich ist, andererseits in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Rechtfertigung hierfür wird hergeleitet aus der Notwendigkeit, Massenvorgänge des Wirtschaftslebens angemessen verwaltungsmäßig zu bewältigen und zum anderen aus besonderen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, vor allem technischer oder wirtschaftlicher Art, in manchen Bereichen die Abgabe nach einem individuellen, allen Gegebenheiten der Einzelsachverhalte Rechnung tragenden Wirklichkeitsmaßstab zu bemessen. Zu diesen Massenvorgängen zählt auch die Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage, weil sie sämtliche Grundstücke innerhalb eines Verbandsgebiets betrifft. Allerdings muss die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung stehen und die Zahl der Ausnahmen gering sein. Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung wesentlich gleicher oder die gesetzliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte auch mit Blick auf die Verwaltungsvereinfachung fehlt (BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995, a.a.O.; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 29.09.2004 – BVerwG 10 C 3.04 – juris; OVG LSA, Urteil vom 14.04.2008 – 4 L 181/07 –, juris). Der Satzungsgeber ist also bei der Ordnung der Gebührenerhebung und -bemessung berechtigt, eine Vielzahl von Einzelfällen in einem Gesamtbild zu erfassen, wenn bei der unvermeidbar typisierenden Betrachtung eine betroffene Fallgruppe nicht ins Gewicht fällt (vgl. BVerfG, Urteil vom 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 u.a., juris). Der Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem Abgabengesetzgeber die verallgemeinernde und pauschalierende Anknüpfung an die Regelfälle eines Sachbereichs aber nur so lange, als die Zahl der dem „ Typ " widersprechenden Ausnahmen geringfügig ist (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995, a. a. O.; vgl. auch OVG NW, Urt. v. 17.12.2007 - 9 A 3648/04 – juris).

29

Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag allein der Hinweis des Beklagten, dass Kleinkläranlagen des Typs MUTEC im Verhältnis zu den Kleinkläranlagen mit Klärschlammanfall im Verbandsgebiet mit 5% weit unter 10%-Schwelle liege, einen gemeinsamen Grundgebührenmaßstab nicht zu rechtfertigen. Die zuvor erörterten Grundsätze sind nicht geeignet, Sachverhalte zu solchen abgabepflichtiger Art zu machen, sondern setzen die Abgabepflicht von Sachverhalten voraus; gleiches gilt für die Unterschiedlichkeit von Leistungen (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 03.08.2011, 9 A 397/09 MD; n. v.). Nur dann, wenn ein Sachverhalt überhaupt der Abgabenpflicht unterliegen kann, gestatten es diese Grundsätze, Besonderheiten des Einzelfalles zu nivellieren und an den Regelfall anzuknüpfen. Die Kammer folgt deshalb bereits dem Ansatz nicht, dass Kleinkläranlagen ohne tatsächlichen Fäkalschlammanfall und Kleinkläranlagen mit Fäkalschlammanfall einem Regeltyp zugeordnet werden können, weil sowohl die Funktionsweise der jeweiligen Anlage als auch das jeweilige Endprodukt völlig andersartig sind, zumal der auf den Grundstücken anfallende Fäkalschlamm als Endprodukt dem Regime des Wasserrechts und die durch den Anlagentyp MUTEC produzierten Reststoffe, dem des Abfallrechts und der Klärschlammverordnung unterfallen. Fest steht auch, dass generell, nämlich wenn – wovon das Gericht grundlegend ausgeht – eine funktionsfähige Anlage des Typs MUTEC vorhanden ist, die Beseitigungsverpflichtung des Fäkalschlamms durch den Beklagten ausgeschlossen werden kann, ggf. auch ausgeschlossen werden muss, so dass eine Vorhalteleistung nicht zu erbringen ist. Allein der Umstand, dass der Beklagte (ggf.) für die klägerische Anlage überwachungspflichtig nach § 78 Abs. 4 Satz 2 WG LSA ist, rechtfertigt allenfalls – wie dargestellt – die Erhebung einer separaten Leistungs- und nicht etwa die einer Grundgebühr.

II.

30

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III.

31

Die Berufung ist gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die hier beachtliche Rechtsfrage nach der (Grund-)Gebührenpflichtigkeit von Kleinkläranlagen vom Typ „MUTEC“ obergerichtlich noch nicht geklärt ist.

IV.

32

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 3 GKG in Anlehnung an Ziffer 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach der Wert der streitigen Abgabe zugrunde zu legen ist.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 55 Grundsätze der Abwasserbeseitigung


(1) Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Dem Wohl der Allgemeinheit kann auch die Beseitigung von häuslichem Abwasser durch dezentrale Anlagen entsprechen. (2) Niederschlagswasser soll ortsnah

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 28. Mai 2013 - 4 L 231/11

bei uns veröffentlicht am 28.05.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Verbandsgebiet des Beklagten, das in den hier maßgeblichen Erhebungszeiträumen 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 an eine zentrale Einrichtung des Beklagten zur Niederschlagswasserb

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Tatbestand

1

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Verbandsgebiet des Beklagten, das in den hier maßgeblichen Erhebungszeiträumen 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007 an eine zentrale Einrichtung des Beklagten zur Niederschlagswasserbeseitigung angeschlossen war. Mit Bescheid vom 17. November 2008 setzte der Beklagte für diese Zeiträume Niederschlagswassergebühren in Höhe von insgesamt 454,05 € fest. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin am 18. Mai 2009 beim Verwaltungsgericht Magdeburg fristgerecht Anfechtungsklage erhoben.

2

Auf Grund eines Vertrages vom 25. März 2010 sind die Aufgaben der Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung mit Wirkung zum 1. Januar 2011 auf den WAZV B-W übergegangen. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Beklagte aufgelöst und befindet sich seitdem in Abwicklung.

3

Auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011 hat das Verwaltungsgericht den Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufgehoben.

4

Der Beklagte sei nach der Änderung des Wassergesetzes ab 1. September 2003 nur noch für Grundstücke niederschlagswasserbeseitigungspflichtig, bei denen ein gesammeltes Fortleiten erforderlich sei, um eine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit zu verhüten. Ab diesem Zeitpunkt sei in Bezug auf die Erhebung der Niederschlagswassergebühr ausschließlich danach zu fragen, für welche Grundstücke die Beseitigungspflicht dem Zweckverband obliege. Nur der Aufwand, der dafür entstehe, sei ins Verhältnis zu den dadurch „bevorteilten“ Grundstücksflächen zu setzen. Aus Gründen der Leistungsproportionalität könne eine Benutzungsgebühr jedenfalls nicht von den Grundstückseigentümern verlangt werden, die ab dem 1. September 2003 verpflichtet seien, das Niederschlagswasser selbst zu beseitigen. Andererseits könne auch nicht den Grundstückseigentümern, für deren Grundstücke die Aufgabe der Niederschlagswasserbeseitigung dem Beklagten obliege, die gesamte „Kostenlast“ für die Altanlage nur deshalb auferlegt werden, weil der Einrichtungsträger diese in Ansehung anderer rechtlicher Vorgaben errichtet habe. Es sei aber weder vorgetragen noch gebe es greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Beseitigungspflicht des Beklagten jedenfalls eine Einrichtung in einer Ausdehnung erfordert hätte, wie dies nunmehr durch die der Ermittlung des Gebührensatzes zu Grunde gelegten Kosten seinen Ausdruck finde.

5

Darüber hinaus seien die für die Erhebungszeiträume 2004 bis 2006 festgesetzten Gebührensätze auch deshalb unwirksam, weil die maßgeblichen Gebührensatzungen überhöhte und damit nichtige Schmutzwassergebührensätze beinhalteten.

6

Der Beklagte hat fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung erhoben. Er trägt vor, die Widmung der öffentlichen Einrichtung habe sich durch die zum 1. September 2003 geänderte Rechtslage nicht geändert. Die (freiwillige) Entwässerung des Niederschlagswassers von Grundstücken, bei denen der Eigentümer eigentlich selbst beseitigungspflichtig sei, gehöre noch zu den öffentlichen Aufgaben, zu deren Erfüllung eine öffentliche Einrichtung gewidmet werden dürfe. Dies ergebe sich aus § 116 Abs. 2 Satz 1 GO LSA. Die unter Maßgabe des Wassergesetzes in der bis 31. August 2003 geltenden Fassung errichtete Einrichtung sei bedarfsgerecht gewesen und die tatsächliche Inanspruchnahme der angeschlossenen Grundstücke über den 1. September 2003 hinaus sei im Übrigen Beleg dafür, dass ein Bedarf weiterhin bestanden habe, zumal die Klägerseite auch unter der neuen Rechtslage die Nutzung der Einrichtung nicht abgestellt habe. Er habe außerdem weder zum 1. September 2003 noch später die Widmung der Einrichtung eingeschränkt, sondern sie weiter tatsächlich auch jenen Grundstücken zur Verfügung gestellt, auf denen gegebenenfalls selbst eine Versickerung stattfinden konnte. Im Übrigen komme es für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung nach seiner Satzung lediglich auf die objektiv bestehende Einleitung von Niederschlagswasser an. Es bestehe auch keine gesetzliche Verpflichtung des beseitigungspflichtigen Grundstückseigentümers, versickerungsfähiges Niederschlagswasser auf dem Grundstück versickern zu lassen.

7

Sollte eine rückwirkende Satzungsänderung notwendig sein, fehlte dem WAZV B-W die Satzungsbefugnis, da dieser wegen der Aufgabenübertragung seitens der einzelnen Mitgliedsgemeinden nicht sein Rechtsnachfolger sei. Demnach bliebe nur die Möglichkeit, dass er eine rückwirkende Satzung erlasse und insoweit von einer Erforderlichkeit im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG auszugehen sei. Ansonsten wäre die in Anspruch genommene Leistung kostenlos, was nicht sachgerecht sei. Es bliebe nur die Möglichkeit der Geltendmachung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, bei dem sich das Problem der Verjährung stelle.

8

Soweit in der Abwasserbeseitigungssatzung zwei öffentliche Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung genannt worden seien, sei nachfolgend in den Gebührensatzungen jeweils wieder nur von einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung die Rede. Diesen aktuelleren Satzungen komme das ausschlaggebende Gewicht zu. Unabhängig davon habe er durch Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes stets deutlich gemacht, dass er von einer einheitlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung ausgehe. Auch das Verwaltungsgericht habe insoweit die Maßgeblichkeit der Gebührensatzungen angenommen.

9

Zwischenzeitlich habe er die tatsächlich angeschlossenen und einleitenden Flächen in dem Zeitraum 2007 bis 2009 im Einzelnen ermittelt. Es ergebe sich danach ein Gebührensatz von 2,63 €/m2, so dass der in der Vorauskalkulation ermittelte Satz von 2,75 €/ m2 nicht überschritten werde. Für den Fall, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts richtig wäre, würde sich nach einer Nachkalkulation 2007 bis 2009 vom 23. Mai 2013 für das Jahr 2007 ein Gebührensatz von 2,33 €/ m2 ergeben. Dass die Niederschlagswassergebührensätze für 2004 bis 2006 nicht überhöht seien, sei nachweisbar. Die Gebührensätze für diese Zeiträume seien auch nicht deshalb unwirksam, weil die Schmutzwassergebührensätze nichtig seien. Was für das Verhältnis von Mengen- und Grundgebühr gelten möge, sei nicht übertragbar, jedenfalls dann nicht, wenn - wie vorliegend - nicht nur Anhaltspunkte für den hypothetischen Willen des Satzungsgebers vorlägen, sondern dieser Wille in einer rückwirkenden Satzung seinen Niederschlag gefunden habe. Er habe sich bewusst dafür entschieden, es für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2007 bei den niedrigeren Niederschlagswassergebühren zu belassen.

10

Der Beklagte beantragt,

11

das auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - abzuändern und die Klage abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Sie tritt der Berufung entgegen.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

17

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 17. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

18

Gemäß § 5 Abs. 1 KAG LSA erheben die Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird (Satz 1). Das Gebührenaufkommen soll die Kosten der jeweiligen Einrichtung decken, jedoch nicht überschreiten (Satz 2 HS 1). Mit der Entstehung eines Zweckverbandes gehen die entsprechenden Befugnisse gem. § 9 Abs. 1 GKG LSA auf den Zweckverband über.

19

Der streitigen Erhebung von Gebühren für die Beseitigung von Niederschlagswasser auf der Grundlage von Satzungen des Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung vom 20. Februar 2003 (für den Zeitraum 1. Januar 2004 bis 28. Mai 2004), vom 3. Mai 2004 (für den Zeitraum 29. Mai 2004 bis 31. Dezember 2006) sowie vom 30. Juni 2009 (für den Zeitraum ab 1. Januar 2007) steht schon entgegen, dass der Beklagte nach § 1 Abs. 1 Buchst. a und b der insoweit maßgeblichen Abwasserbeseitigungssatzungen vom 31. Juli 1995 i.d.F. der Änderungssatzung vom 5. April 2001 sowie vom 16. Dezember 2004 zwei rechtlich jeweils selbständige Anlagen zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung (einmal im Trennsystem, einmal im Mischsystem) betrieb. Die für eine Einrichtung (im Trenn- und Mischsystem) vorgenommene Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes ist daher nichtig. Werden rechtlich getrennte öffentliche Einrichtungen gebildet, sind wegen der Bezugnahme in § 5 Abs. 1 KAG LSA auf die Kosten der (jeweiligen) Einrichtung zwangsläufig getrennte Gebührensätze zu ermitteln.

20

Dass der Beklagte nach § 1 Abs. 1 Buchst. c der Gebührensatzungen die Abwasseranlagen als einheitliche öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung im Trenn- und Mischsystem betrieb, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Einrichtungsbestimmung in den Gebührensatzungen erfolgte ausdrücklich nach Maßgabe der Abwasserbeseitigungssatzung in der jeweils geltenden Fassung. Damit hat die Einrichtungsbestimmung in den Abwasserbeseitigungssatzungen Vorrang. Die tatsächliche Festsetzung eines einheitlichen Gebührensatzes für die Beseitigung von Niederschlagswasser durch den Beklagten ändert an der Satzungslage ebenso wenig wie die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht diese Frage in der angegriffenen Entscheidung nicht problematisiert hat.

21

Weiterhin sind die für die Erhebungszeiträume 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 festgesetzten Niederschlagswassergebührensätze auch deshalb nichtig, weil die für diese Zeiträume geltenden Gebührensatzungen vom 20. Februar 2003 und vom 3. Mai 2004 überhöhte Schmutzwassergebühren beinhalteten.

22

Hinsichtlich der Nichtigkeit der Schmutzwassergebührensätze wird auf die umfassenden Darlegungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 18. März 2009 (- 9 A 242/07 MD -) Bezug genommen, wonach das Kostenüberschreitungsverbot deshalb verletzt sei, weil der Beklagte zu Unrecht Kosten aus dem Betrieb der Niederschlagswasserbeseitigung berücksichtigt habe. Gegen diese Ausführungen, auf die das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil ausdrücklich verwiesen hat, hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben. Fehler sind auch nicht ersichtlich.

23

Die Nichtigkeit der Schmutzwassergebührensätze hat wiederum die Gesamtnichtigkeit der in Rede stehenden Gebührensatzungen zur Folge. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 13. Januar 2012 - 9 B 56/11 -, zit. nach JURIS m.w.N.) hängt die Entscheidung, ob ein Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder nur zur Nichtigkeit einzelner Vorschriften führt, davon ab, ob - erstens - die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt und ob - zweitens - hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann. Anhaltspunkte für einen solchen Willen des Beklagten, dass die Niederschlagswassergebührensätze trotz einer Nichtigkeit der Festsetzung der Schmutzwassergebührensätze weiter bestehen bleiben sollten, sind aber weder ersichtlich noch in ausreichender Weise geltend gemacht. Die nachträgliche Entscheidung des Beklagten, mit der Gebührensatzung vom 30. Juni 2009 die Niederschlagswassergebührensätze nur rückwirkend ab dem 1. Januar 2007 zu ändern, lässt keinerlei Rückschlüsse auf dessen hypothetischen Willen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Gebührensatzungen zu. Es ist vielmehr ohne deutliche entgegenstehende Anhaltspunkte gerade nicht davon auszugehen, dass sich ein Satzungsgeber derart in seiner Entscheidungsfreiheit zur Festsetzung der verschiedenen Gebührensätze binden will. Denn es kann durchaus vorkommen, dass - wie auch hier - die Nichtigkeit von einzelnen Gebührensätzen aus einer fehlerhaften Kostenzuordnung resultiert.

24

Ohne dass dies abschließend zu entscheiden ist, ist im Übrigen davon auszugehen, dass der Beklagte als aufgelöster und in Abwicklung befindlicher Zweckverband keine rückwirkende Gebührensatzung mehr erlassen darf (vgl. auch Sponer, LKV 2009, 401, 403; a.M.: Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, GKG LSA, § 14 Nr. 2 S. 6). Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA gilt ein Zweckverband nach seiner Auflösung zwar als fortbestehend, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 26 Abs. 3 Satz 2 GKG LSA a.F., der § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG weitestgehend entsprach, sollte „Satz 2 gewährleisten, daß der Zweckverband über den Zeitpunkt seines Erlöschens als Rechtssubjekt hinaus eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit zum Zweck der Abwicklung erhält. Der aufgelöste Zweckverband bleibt als Liquiditätsverband rechtsfähig, solange und soweit Abwicklungshandlungen vorzunehmen sind; in diesem Rahmen bleiben auch die Verbandsorgane und die Funktionen des Verbandsvorsitzenden, z. B. bei Verpflichtungserklärungen, bestehen“ (LT-Drucksache 1/1107, Seite 13). Wenn - wie hier - die Verbandsversammlung für die Abwicklung einen speziellen Abwickler bestellt, ist dieser für die Abwicklungshandlungen zuständig und kann sich dazu auf die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA berufen. Die Abwicklung umfasst sämtliche Handlungen, die zur Beendigung der laufenden Geschäfte einschließlich des Einzugs von Forderungen notwendig sind (OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 18. Juli 2002 - 1 L 22/02 -), so auch die Durchsetzung der vor der Auflösung bereits entstandenen Abgabeansprüche (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 9. August 2004 - 1 M 277/04 -, zu einem Beitragsanspruch). Zur Abwicklung gehört jedoch aller Voraussicht nach nicht der Erlass einer rückwirkenden Gebührensatzung, durch die Abgabenansprüche erst zum Entstehen gebracht werden sollen. Soweit das Oberverwaltungsgericht Thüringen (Beschl. v. 28. Februar 2012 - 4 EO 1317/05 -, zit. nach JURIS) den Erlass einer Anpassungssatzung durch einen Abwickler für zulässig erachtet hat, ging es dabei um die Erfüllung einer speziellen gesetzlichen Verpflichtung zur Rückzahlung von gezahlten Abwasserbeiträgen. Die Berechnung der Rückzahlungsansprüche habe die Anpassung der Beitragssatzung an bestimmte Regelungen des ThürKAG vorausgesetzt, so dass die Abwicklung den Erlass der Anpassungssatzung erfordert habe. Das Gericht zählte also die Rückzahlungsverpflichtungen zu den (noch) bestehenden Abgabeschuldverhältnissen des Zweckverbands, deren Beendigung von der Abwicklung umfasst war.

25

Da der Beklagte deshalb wohl keine rechtliche Möglichkeit (mehr) hat, für Eigentümer von tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücken, die nicht bestandskräftig zur Zahlung von Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren herangezogen worden sind, nachträglich Benutzungsgebühren festzusetzen, dürfte ihm die Geltendmachung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche offenstehen (vgl. dazu OVG Thüringen, Urt. v. 15. November 2012 - 4 KO 1057/06 -, zit. nach JURIS). Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach dem wohl analog anzuwendenden § 199 Abs. 1 BGB; sollte die Verjährungsfrist schon vor Erlass der Gebührenbescheide begonnen haben zu laufen, kommt eine entsprechende Anwendung des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Betracht.

26

Offen bleiben kann, ob seit der zum 1. September 2003 erfolgten Änderung des Wassergesetzes Sachsen-Anhalt - WG LSA 2003 - in der Kalkulation der Niederschlagswasserbeseitigungsgebühren sowohl bei der Aufwandsermittlung als auch der Flächenberechnung nur noch die im Kalkulationszeitraum tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücke berücksichtigt werden durften, für die der Verband gem. § 151 Abs. 1 und 3 WG LSA 2003 niederschlagswasserbeseitigungspflichtig war.

27

Die Gebührensatzungen des Beklagten sahen in ihren §§ 2, 7 eine Gebührenpflicht hinsichtlich der tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücke vor, obwohl damit auch Grundstücke erfasst wurden, für die seit dem 1. September 2003 die Grundstückseigentümer gem. § 151 Abs. 3 Nr. 1 WG LSA 2003 niederschlagswasserbeseitigungspflichtig geworden sind, weil ein Anschluss- und Benutzungszwang nicht erforderlich war, um eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten. Es stellt sich jedoch die Frage, ob Benutzungsgebühren nicht erforderlich i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA sind, soweit Kosten zu deren Berechnung herangezogen werden, die nicht zur Verfolgung des gesetzmäßigen Zwecks der Einrichtung entstanden sind, und der festgesetzte Gebührensatz deshalb das Kostenüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA verletzt. Dann dürften solche Nutzer, welche die Einrichtung nicht in Einklang mit dem gesetzmäßigen Zweck nutzen, nicht zu Benutzungsgebühren herangezogen werden können. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob unabhängig von der Zweckbestimmung der Einrichtung und des gesetzlichen Aufgabenbereichs des Einrichtungsträgers alle an eine Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung tatsächlich angeschlossenen oder in sie entwässernden Grundstücke diese Einrichtung gebührenpflichtig i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Anspruch nehmen und eine Gebührenschuldnerschaft i.S.d. § 5 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA besteht (so i.E. VG Halle, Beschl. v. 24. Januar 2011 - 4 A 108/10 HAL -, zit. nach JURIS; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 759d; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 -; OVG Saarland, Urt. v. 5. September 2007 - 1 A 43/07 -, jeweils zit. nach JURIS) oder ob, wofür Einiges spricht, die Gemeinden und damit die Zweckverbände mit einer öffentlichen Einrichtung grundsätzlich nur eine in ihren Wirkungskreis fallende Aufgabe erfüllen dürfen (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 11. Dezember 2012 - 10 ME 130/12 -, zit. nach JURIS m.w.N.), so dass sich jedenfalls die Widmung der Einrichtung im Rahmen des Aufgabenbereichs der Körperschaft halten muss (vgl. auch § 6 GKG LSA) und auch eine Benutzungsgebührenpflicht nur für eine in diesem Rahmen erbrachte Aufgabenerfüllung bestehen kann (vgl. Rosenzweig/Freese, NdsKAG, § 6 Rdnr. 199; i.E. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 707a).

28

Geht man mit der angegriffenen Entscheidung von letzterem aus, dürften schon die Regelungen der §§ 2, 7 der Gebührensatzungen des Beklagten nichtig sein. Selbst wenn man annimmt, dass die von dem Beklagten vorgenommene Widmung seiner Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung trotz der - möglicherweise nur statischen - Verweise in seinen Verbandssatzungen auf die Regelungen des Wassergesetzes Sachsen-Anhalt keine Zweckbestimmung zur Beseitigung von Niederschlagswasser nur von wasserrechtlich anschlusspflichtigen Grundstücke vorsah, würde eine weitergehende Widmung aller Voraussicht nach mit höherrangigem Recht nicht in Einklang stehen. Denn die Entwässerung des Niederschlagswassers von Grundstücken, bei denen der Grundstückseigentümer selbst nach den wasserrechtlichen Vorschriften beseitigungspflichtig ist, dürfte nicht zu den öffentlichen Aufgaben der Gemeinden und Zweckverbände gehören. Die Abwasserbeseitigung stellt trotz der allgemeinen Formulierung „Kanalisation“ in § 8 Nr. 2 Satz 1 GO LSA und der Festlegung in § 116 Abs. 2 Satz 1 GO LSA, dass Betätigungen der Gemeinde u.a. im Bereich der Abwasserbeseitigung einem öffentlichen Zweck dienen und unter der Voraussetzung des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 zulässig sind, nicht schon an sich eine Aufgabe der Gemeinden dar (vgl. auch OVG Thüringen, Urt. v. 29. September 2008 - 4 KO 1313/05 -, a.a.O.; insoweit missverständlich BGH, Urt. v. 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, zit. nach JURIS). Das Wassergesetz Sachsen-Anhalt nimmt mit der nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgten Übertragung der Abwasserbeseitigungspflichten auf die Gemeinden wohl eine spezielle Aufgabenübertragung vor, was sich schon aus der ausdrücklichen Zuweisung dieser Aufgaben zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde ergibt (vgl. § 151 Abs. 1 Satz 2 WG LSA 2003; § 151 Abs. 1 Satz 3 WG LSA in der ab 22. April 2005 geltenden Fassung; § 78 Abs. 1 Satz 4 WG LSA in der ab 1. April 2011 bis 30. März 2013 geltenden Fassung; § 78 Abs. 1 Satz 2 WG LSA). Die Regelungen des Wassergesetzes, wonach sich Abwasserbeseitigungspflichtige zur Erfüllung dieser Pflicht Dritter bedienen dürfen (vgl. § 151 Abs. 7 WG LSA 2003, § 151 Abs. 9 WG LSA in von 22. April 2005 bis 31. März 2011 geltenden Fassung), haben für die Entstehung einer Gebührenpflicht keine Bedeutung.

29

Ob weiterhin das Kostenüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 HS 1 KAG LSA verletzt wäre, richtete sich danach, ob bei einer Verteilung des konkret entstandenen Aufwandes für die Entsorgung des Niederschlagswassers von tatsächlich angeschlossenen bzw. entwässernden Grundstücken, für die der Verband niederschlagswasserbeseitigungspflichtig war, auf die der Gebührenermittlung zugrunde zu legenden Flächen solcher Grundstücke der höchstzulässige Gebührensatz überschritten wäre.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

31

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

32

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.


(1) Abwasser ist so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Dem Wohl der Allgemeinheit kann auch die Beseitigung von häuslichem Abwasser durch dezentrale Anlagen entsprechen.

(2) Niederschlagswasser soll ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen.

(3) Flüssige Stoffe, die kein Abwasser sind, können mit Abwasser beseitigt werden, wenn eine solche Entsorgung der Stoffe umweltverträglicher ist als eine Entsorgung als Abfall und wasserwirtschaftliche Belange nicht entgegenstehen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.