Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Jan. 2019 - 7 K 5732/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die am 00.00.1978 in Pawlodar (Kasachstan) geborene Klägerin ist russische Staatsangehörige und stellte am 07.11.2014 einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedlerin und auf Einbeziehung ihres Ehemanns und ihrer zwei Kinder an das Bundesverwaltungsamt. Gleichzeitig stellten der Vater der Klägerin und ihre Schwester O. einen Aufnahmeantrag.
3Ausweislich der vorgelegten Geburtsurkunde vom 06.06.1978 ist sie die Tochter des russischen Volkszugehörigen Q. E. und der russischen Volkszugehörigen W. E1. . Sie gibt an, sie sei deutsche Volkszugehörige. In ihrem ersten Inlandspass sei die russische Nationalität eingetragen gewesen. In den vorgelegten Urkunden (Inlandspass, Heiratsurkunde, Geburtsurkunden der Kinder) fehlte eine Nationalitätsangabe. Die deutsche Sprache habe sie als Kind von ihrem Vater, Großvater und Onkel W1. H. gelernt. Der 1996 verstorbene Großvater väterlicherseits, Q. Q1. H1. , sei ein Deutscher gewesen. Sie könne ein einfaches Gespräch führen. Ein am 16.06.2014 ausgestelltes B1-Zertifikat wurde dem Antrag beigefügt.
4Im Verlauf des Verfahrens wurde eine am 20.11.2015 neu ausgestellte Geburtsurkunde der Klägerin vorgelegt, in der der Vater, Q. Q1. E. , nunmehr als Deutscher eingetragen ist. Auf Anforderung der Beklagten übersandte die Klägerin ferner im Dezember 2015 neu ausgestellte Dokumente (Heiratsurkunde, Geburtsurkunden der Kinder), in denen die deutsche Nationalität der Klägerin eingetragen ist.
5Mit Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 wurde der Aufnahmeantrag abgelehnt. Gleichzeitig wurden auch die Aufnahmeanträge des Vaters und der Schwester O. abgelehnt. In der Begründung wurde angegeben, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie von deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstamme. Insbesondere habe sie nicht belegt, dass der deutsche Volkszugehörigen Q. Q1. H1. (1921 – 1996) ihr Großvater väterlicherseits sei. Zur Begründung wurde auf den Ablehnungsbescheid für den Vater Bezug genommen.
6Im Ablehnungsbescheid für den Vater, Q. Q1. E. , wurde ausgeführt, dieser habe seine leibliche Abstammung von dem deutschen Volkszugehörigen Q. Q1. H1. , nicht belegt. In der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde sei der Vater nicht eingetragen gewesen. Der gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsbeschluss vom 18.02.2014 könne nicht als Abstammungsnachweis anerkannt werden, weil er lediglich auf Zeugenaussagen und einer Eintragung im Militärausweis des vermeintlichen Vaters beruhe, was nach deutschen Maßstäben nicht ausreichend sei. Auch habe Q. Q1. H1. die Vaterschaft zu Lebzeiten, anders als im Fall des Sohnes W1. , nie anerkannt.
7Gegen den Ablehnungsbescheid im Verfahren der Klägerin wurde am 22.02.2016 durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch eingelegt. In der Widerspruchsbegründung wurde vorgetragen, der Vater der Klägerin habe gegen den Ablehnungsbescheid ebenfalls Widerspruch eingelegt und ein Abstammungsgutachten eingereicht. In diesem werde bestätigt, dass der Vater der Klägerin und sein Bruder X. , der in Deutschland als Spätaussiedler anerkannt sei, Vollgeschwister seien. Damit sei auch die Vaterschaft des Q. H1. für den Vater der Klägerin nachgewiesen. Folglich sei Q. H1. der Großvater der Klägerin, sodass die deutsche Abstammung gegeben sei.
8Mit Widerspruchsbescheiden vom 08.06.2016 wurden die Widersprüche der Klägerin, ihrer Schwester sowie ihres Vaters gegen die Ablehnung der Aufnahme zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, auch das vorgelegte Abstammungsgutachten könne die gemeinsame Abstammung der Brüder von Q. Q1. H1. nicht beweisen. Denn diese seien einige Jahre vor der Eheschließung der Mutter mit Herrn H1. im Jahr 1953 nicht ehelich geboren, sodass die Vaterschaft unklar sei.
9Auch bei dem als Spätaussiedler anerkannten Bruder des Vaters, X. H1. , sei die Vaterschaft des Q. H. erst im Jahr 1990, und damit viele Jahre nach der Geburt, in eine neu ausgestellte Geburtsurkunde eingetragen worden. Die Vaterschaft sei also auch hier zweifelhaft.
10Am 01.07.2016 hat die Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid Klage erhoben und zunächst die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung beantragt. Auch im Verfahren des Vaters und der Schwester wurde Klage erhoben (7 K 5671/16 und 7 K 5733/16).
11Zur Begründung wurde vorgetragen, die Abstammung der Klägerin von ihrem Großvater Q. Q1. H1. sei durch das im Verfahren des Vaters vorgelegte Abstammungsgutachten eindeutig belegt. Die Beklagte könne die Vaterschaft des Q. H1. zu X. H1. nach dessen Anerkennung als Spätaussiedler nicht mehr in Frage stellen. In dessen Aufnahmeverfahren sei die Vaterschaft von Q. H1. bestandskräftig festgestellt worden. Im Übrigen habe Q. H1. noch zu Lebzeiten die Vaterschaft zu X. H1. offiziell anerkannt. Da der Vater der Klägerin und X. H1. Vollgeschwister seien, sei auch die Vaterschaft von Q. H1. zum Vater der Klägerin eindeutig nachgewiesen.
12Ergänzend werden Fotokopien von Abschriften von Anmeldungskarten vorgelegt, aus denen sich ergeben soll, dass die Großeltern der Klägerin sowie ihr Vater unter der gemeinsamen Adresse „0.N. -Straße Haus 00, Wohnung 0“, in Karpinsk gemeldet waren und gemeinsam gelebt haben (Anlagen K9 – K11).
13Die Klägerin berichtigt den Klageantrag mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 16.06.2017 und beantragt nunmehr,
14die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 zu verpflichten, der Klägerin einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Sie weist darauf hin, dass eine Klage auf Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung mangels Vorverfahren unzulässig und darüber hinaus unbegründet sei, da die Klägerin ihren Wohnsitz noch in den Aussiedlungsgebieten habe. Im Übrigen sei die Abstammung der Klägerin von Q. H1. auch durch die im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen nicht bewiesen worden.
18Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren sowie in den Verfahren des Vaters 7 K 5671/16 (Q. E. ) und der Schwester O. 7 K 5733/16 (O. T. ) und die in diesen Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge und sonstigen Unterlagen Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG.
21Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Aufnahmebescheides sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler kann nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG.
22Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 2 BVFG, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann auch durch einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 oder durch familiär vermittelte Sprachkenntnisse erbracht werden. Es muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Antrag zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können.
23Die Klägerin erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht. Es fehlt an einem tragfähigen Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. Da die Mutter der Klägerin russische Volkszugehörige ist, kann sie die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nur von ihrem Vater, Q. Q1. E. herleiten.
24Der Vater ist jedoch ebenfalls kein deutscher Volkszugehöriger. Das hat das erkennende Gericht mit Urteil vom heutigen Tag im Klageverfahren des Vaters auf Erteilung eines Aufnahmebescheides – 7 K 5671/16 – entschieden. Der im Jahr 1946 geborene Q. Q1. E. konnte nämlich die gemäß § 6 Abs. 2 BVFG erforderliche Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nicht nachweisen. Insbesondere kann die deutsche Volkszugehörigkeit nicht von Herrn Q. Q1. H1. abgeleitet werden, der seit 1953 mit der Mutter von Herrn E. , also der Großmutter der Klägerin verheiratet war. Die Beklagte hat die deutsche Volkszugehörigkeit von Herrn Q. H1. nicht in Zweifel gezogen. Die leibliche Abstammung des vor der Eheschließung im 1947 geborenen Vaters der Klägerin von Herrn Q. H1. ist aber nicht belegt. Somit konnte auch die Klägerin nicht nachweisen, dass Q. H1. ihr Großvater ist.
25Das Gericht hat hierzu im Klageverfahren des Vaters mit Urteil vom 15.01.2019 – 7 K 5671/16 – das Folgende ausgeführt:
26„Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der Abstammung in § 6 Abs. 2 BVFG die biologische Abstammung gemeint ist,
27vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2003 – 5 C 40/03 – ; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 – 12 A 1840/09 - , Beschluss vom 12.05.2010 – 12 A 310/09 – Beschluss vom 23.01.2006 – 12 A 519/05 - , Beschluss vom 18.11.2005 – 12 E 838/05 – .
28Die biologische Abstammung wird weder durch beweisgeeignete Urkunden nachgewiesen, noch kann sie auf der Grundlage von hinreichend aussagekräftigen Indizien festgestellt werden.
29In der vorgelegten beglaubigten Kopie der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde vom 09.04.1947 (Beiakte 4) wird der Kläger mit dem Nachnamen seiner Mutter „E. “ geführt. Ein Vater ist nicht eingetragen.
30Die Eintragung des vermeintlichen Vaters Q. H1. wurde auch nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahr 1953 nachgeholt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1996 hat Q. H1. die Vaterschaft nicht offiziell anerkannt. Der Umstand, dass Q. H1. im Jahr 1990 die Vaterschaft des jüngeren Sohnes X. (geboren 1949), nicht aber die der älteren Kinder P. (geboren 1945) und Q. (geboren 1947) anerkannt hat, spricht klar gegen eine biologische Abstammung.
31Auch wenn die Anerkennung von X. im Jahr 1990 vermutlich im Hinblick auf einen beabsichtigten Aufnahmeantrag erfolgt ist, wie der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorträgt, hätte es nahegelegen, die ungeklärte Vaterschaft auch für die Kinder P. und Q. aus diesem Anlass offiziell zu bestätigen. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine Anerkennung sei beabsichtigt gewesen, habe wegen des plötzlichen Todes des Vaters im Jahr 1996 aber nicht mehr erfolgen können, ist dies nicht überzeugend. Zwischen der Anerkennung von X. (1990) und dem Tod von Q. H1. (1996) liegen 6 Jahre, also eine für ein Anerkennungsverfahren ausreichende Zeitspanne.
32Die Vaterschaft von Q. H1. bezüglich des Klägers lässt sich auch nicht aus dem vorgelegten Abstammungsgutachten vom 14.03.2016 ableiten, in dem die Vollgeschwisterschaft von X. H1. und Q. E. festgestellt wird. Damit ist bewiesen, dass X. H1. und der Kläger dieselbe Mutter und denselben Vater haben. Aus dem Umstand, dass die Vaterschaft des Q. H1. zu X. H. anerkannt und standesamtlich festgestellt ist und im Aufnahmeverfahren des X. H. zugrunde gelegt wurde, lässt sich aber nicht der zwingende Schluss ziehen, dass die biologische Vaterschaft von Q. H1. zum anerkannten Bruder X. H1. feststeht.
33Eine bestandskräftige Feststellung der Vaterschaft im Aufnahme- und Spätaussiedlerverfahren von X. H1. liegt nicht vor. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts erfasst nicht die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich sind, also Vorfragen wie die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. In Bestandskraft erwächst nur die Entscheidung selbst, also die Feststellung des Aufnahmeanspruchs und der Spätaussiedlereigenschaft,
34vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 31.
35Auch die Anerkennung der Vaterschaft durch Q. H1. für X. H1. im Jahr 1990 ist kein Beweis für die biologische Abstammung, sondern eine freiwillige Erklärung, die lediglich zu einer rechtlichen Vaterschaft führt, also zu einer Begründung von Rechten und Pflichten im Verhältnis von Vater und Kind. Sie ist allerdings ein starkes Indiz für eine biologische Abstammung, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines nicht-ehelichen Kindes erklärt wird. Diese Indizwirkung ist jedoch hier dadurch entkräftet, dass die Anerkennung 41 Jahre nach der Geburt für ein volljähriges Kind erfolgte und im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufnahmeverfahren stand. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Anerkennung möglicherweise nur eine familiäre Gefälligkeit war, die eine Auswanderung ermöglichen sollte, aber keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine leibliche Vaterschaft zulässt. Die Vaterschaftsanerkennung für den Bruder X. schließt demnach nicht aus, dass beide von einem anderen Vater abstammen,
36vgl. auch VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 24 - 27.
37Die Abstammung des Klägers von Q. H1. ist auch nicht durch die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde vom 13.08.2014 belegt, in der Q. H1. als Vater des Klägers eingetragen ist. Diese Urkunde erbringt keinen Beweis für die biologische Abstammung, weil sie allein auf dem Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Tsentralny Bezirksgerichtes der Stadt Barnaul vom 18.02.2014 beruht.
38Dieser Gerichtsbeschluss kann nicht als Nachweis der Vaterschaft anerkannt werden, weil geeignete Feststellungen über die biologische Abstammung nicht getroffen wurden,
39vgl. auch VG Köln, Urteile vom 08.01.2018 – 7 K 9518/17 – juris, Rn. 19, 23, vom 20.02.2018 – 7 K 118/15 – juris, Rn. 51, vom 24.07.2018 – 7 K 16234/17 – juris Rn. 27, vom 10.08.2018 – 7 K 13452/17 – juris Rn. 20.
40Zwar müssen auch in deutschen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausländische Entscheidungen in Kindschaftssachen ohne eine Rechtmäßigkeitsprüfung und ohne Durchführung eines besonderen Verfahrens anerkannt werden, § 108 Abs. 1 und § 109 Abs. 5 FamFG. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Anerkennungshindernis vorliegt, insbesondere wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (sog. „ordre public“) offensichtlich unvereinbar ist, § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG,
41vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – ; OVG NRW, Urteil vom 14.07.2016 – 19 A 2/14 – juris Rn. 59 ff.
42Das ist hier der Fall. Denn im deutschen Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung ist der biologische Vater durch ein genetisches Vaterschaftsgutachten zu ermitteln, §§ 177, 178 FamFG. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann auf die Vermutungsregel des § 1600 d Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach als Vater vermutet wird, wer der Mutter im Empfängniszeitraum beigewohnt hat. Zur Beiwohnung im Empfängniszeitraum können die Mutter sowie der fragliche Vater als Zeugen vernommen werden; Zeugenaussagen Dritter vom Hörensagen sind allerdings nicht ausreichend,
43vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 – juris, Rn.
44Eine derartige Beweiserhebung hat das Gericht in Barnaul nicht durchgeführt. Ein genetisches Abstammungsgutachten oder eine Zeugenaussage der Eltern konnte nicht eingeholt werden, weil die Eltern im Zeitpunkt des Verfahrens bereits verstorben waren. Das Gericht hat die Vaterschaftsfeststellung daher ausschließlich auf der Grundlage von Angaben des Klägers und Zeugenaussagen seiner Ehefrau und seiner Töchter über das tatsächliche familiäre Zusammenleben der Eheleute E. /H1. mit den Kindern P. , Q. und X. in der Zeit von 1943 bis 1996, von Familienfotos und aufgrund von Eintragungen in einem Militärausweis des vermeintlichen Vaters Q. H1. aus dem Jahr 1963 getroffen. Diese Indizien sind jedoch zur Feststellung der biologischen Vaterschaft nicht geeignet.
45Es ist unstreitig, dass die Mutter des Klägers seit der Eheschließung im Jahr 1953 mit Q. H1. und mit den Kindern P. , Q. und X. sowie dem Sohn aus erster Ehe B. familiär zusammengelebt hat. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Q. H1. auch der leibliche Vater der Kinder ist. Denn auch Stiefväter leben mit den Kindern der Ehefrau zusammen.
46Es kann hier offen bleiben, ob in Fällen, in denen eine Beweiserhebung über die biologische Abstammung aufgrund des Todes der Eltern nicht mehr möglich ist, wegen der daraus resultierenden Beweisnot Beweiserleichterungen eingreifen, beispielsweise auch ein erwiesenes Zusammenleben im Zeitpunkt der Empfängnis als Indiz für die Vaterschaft ausreicht. Im vorliegenden Verfahren kann jedoch nicht belegt werden, dass die Mutter des Klägers im Jahr 1946 mit ihrem späteren Ehemann bereits zusammengelebt hat. Soweit der Kläger und seine Familienangehörigen dies bezeugen, hat dieses Zeugnis keine Aussagekraft, weil alle Personen erst nach 1946 geboren sind und daher aus eigener Erkenntnis keine Informationen über die Lebensverhältnisse im Jahr 1946 haben können.
47Auch die Eintragungen der Kinder Q. und X. in der vorgelegten Personalkarte zum Militärausweis von Q. H1. , der im Jahr 1963 ausgestellt wurde, sind nicht geeignet, die biologische Abstammung zu belegen. Zum einen weist der Militärausweis äußere Anzeichen einer späteren Manipulation auf, da die Klebespuren, das Fehlen des Stempels auf dem Foto sowie das weiße Feld auf dem Foto auf ein nachträgliches Einkleben des Passbildes hindeuten. Auch stimmen die Nummer der Personalkarte (0000000) und die Nummer des Ausweises (0000000) nicht überein. Zum anderen wecken die Eintragungen auch inhaltlich Zweifel an der Authentizität. Es ist unklar, warum die „Söhne“ Q. und X. mit dem Familiennamen H. eingetragen sind, obwohl beide im Jahr 1963 den Namen der Mutter „E. “ geführt haben. Auch fehlt hier die angebliche Tochter P. . Diese Ungereimtheiten konnten auch in der mündlichen Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht aufgeklärt werden.
48Selbst wenn aber die Eintragungen tatsächlich auf einer Erklärung von Q. H1. zu seinen Familienangehörigen bei der Ausstellung der Personalkarte beruhen sollten, belegt diese nicht die biologische Abstammung, sondern lediglich den Umstand, dass Q. H1. mit den Kindern Q. und X. in einer Familie zusammenlebte und diese wie eigene Kinder erzogen und unterhalten hat. Die soziale Vaterrolle schließt aber nicht aus, dass es sich bei den Kindern um Kinder eines anderen biologischen Vaters handelte. Auch diese Erklärung erfolgte in einem großen zeitlichen Abstand zu der Geburt der Kinder (16 bzw. 14 Jahre) und ist auch nicht in einem offiziellen Vaterschaftsanerkennungsverfahren erfolgt. Ein eindeutiges Indiz für die biologische Vaterschaft ergibt sich daraus nicht.
49Ein eheähnliches Zusammenleben von W2. E. und Q. H1. in der Zeit der Empfängnis im Jahr 1946 kann auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgelegten Erklärungen der Nachbarn und der Familienangehörigen, die im Gerichtsverfahren eingereichten Anmeldungskarten und die übersandten Archivbescheinigungen nicht nachgewiesen werden. Die Aussagen der Zeugen U. N. , S. U1. und X. H. vom 20.01.2016 und vom 05.02.2016 sind als Beweismittel ungeeignet, weil die Zeugen im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 1946 noch nicht geboren oder Kleinkinder waren. Der Nachbar W1. D. bestätigt ein Zusammenleben der Eheleute erst ab 1952.
50Die Anmeldungskarten (Anlagen K9 und K10) weisen einen gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute E. /H1. in der 0.N. -Straße, Haus 00 in Karpinsk im Zeitraum 1968 bis 1973, möglicherweise auch ab 26.07.1956 in der M.----straße Haus 00 nach. Über den Wohnsitz im Zeitraum 1942 bis 1956 sagen die Karten nichts aus.
51Die Archivbescheinigungen vom 14.02.1997, vorgelegt im Widerspruchsverfahren, und vom 19.05.2017, vorgelegt im Klageverfahren, enthalten ebenfalls keine Auskünfte über den Aufenthaltsort des vermeintlichen Vaters, Q. H1. , in der Zeit von 1942 bis 1950. Daraus ergibt sich lediglich, dass H. im Mai 1941 in die Sowjetarmee einberufen wurde, im November 1942 in die Kohleindustrie verlegt wurde und 1944 in eine Sondersiedlung umgesiedelt wurde. 1948 erfolgte die Anmeldung in der Sondersiedlung. Von 1950 bis 1952 befand sich P. H. in Strafhaft. Am 04.04.1952 wurde er aus der Strafhaft in die Sondersiedlung der Stadt Karpinsk entlassen. In welcher Sondersiedlung er sich ab 1942 befand, lässt sich den Bescheinigungen nicht entnehmen.
52Soweit die Bescheinigung der Volksrepublik Donezk vom 19.05.2017 noch Angaben zu Familienmitgliedern enthält, die mit H1. zusammengelebt haben sollen, sind auch diese als Beweis für die biologische Abstammung des Klägers ungeeignet. Sie sind auch als Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft im Jahr 1946 ungeeignet, weil sie keine Daten zum Zeitraum des Zusammenlebens enthalten und im Übrigen teilweise falsch sind. Beispielsweise ist B. E. , geb. 1938, der Sohn der Mutter des Klägers aus ihrer ersten Ehe, aber nachweislich nicht der Sohn von Q. H1. . Gleichzeitig fehlt in der Aufzählung der später anerkannte Sohn X. .
53Auch aus der vorgelegten Bescheinigung des Standesamts der Stadt Karpinsk vom 26.04.2018 über die Eintragungen im Heiratsregister des Jahres 1953 lassen sich keine eindeutigen Aussagen über den biologischen Vater des Klägers entnehmen. Zwar wird über den Ehemann, Q. H1. , angeblich im Heiratsregister angegeben: „hat 3 Kinder, die erste Ehe“, für die Ehefrau, W2. E1. ; „hat 3 Kinder, erste Ehe“. Diese Angaben sind jedoch offensichtlich unzutreffend. Im Jahr 1953 war in den Geburtsurkunden der vorehelich geborenen Kinder P. , Q. und X. ein Vater nicht angegeben. Demzufolge kann dieser auch nicht im Geburtsregister verzeichnet sein und in das Heiratsregister übernommen worden sein. W2. E1. hatte hingegen 4 Kinder, nämlich zusätzlich einen Sohn aus erster Ehe, B. E. . Für sie war also die Ehe mit P. H1. die zweite Ehe.
54Ein Nachweis für die biologische Vaterschaft von Q. H. ergibt sich auch nicht aus den beigefügten Familienfotos, insbesondere aus dem Portraitfoto von Q. H. aus dem Jahr 1972 mit der rückseitigen Aufschrift „An meine lieben Kinder Q. , X1. , O1. von ihrem Vater und Großvater“ und der Unterschrift „P H1. “.
55Selbst wenn man dem beigefügten unvollständigen Schriftgutachten vom 21.05.2018 (Beiakte 4; es fehlen die Fotos 1 und 2) entnehmen könnte, dass die Unterschrift tatsächlich von P. H1. stammt, würde es sich lediglich um eine Erklärung handeln, die das tatsächliche Zusammenleben in der Familie widerspiegelt. Es ist nicht erkennbar, ob hierdurch nur die soziale Vaterrolle von P. H1. zum Ausdruck kommt oder ob er von einer leiblichen Vaterschaft ausgeht.
56Bei Würdigung aller vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Vaterschaft von Q. Q2. H1. für den Kläger zwar nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür sprechen die Vatersnamen der Geschwister Q. Q2. E. und X. Q2. H1. und das Zusammenleben der Kinder mit den Eheleuten W2. E1. /H1. ab 1953.
57Jedoch verbleiben durchgreifende Zweifel an der biologischen Vaterschaft der vorehelich geborenen Kinder, die auch durch die Anzeichen für nachträgliche Änderungen in den Militärausweisen der Brüder Q. und X. sowie die zahlreichen Ungereimtheiten in den vorgelegten Dokumenten gestützt werden. Nachweise für die biologische Abstammung oder eindeutige Indizien liegen nicht vor. Angeforderte Unterlagen, die weiteren Aufschluss über eine eheähnliche Gemeinschaft der Mutter des Klägers mit P. H1. im Jahr 1946 hätten geben können, wie z.B. Nachweise über die Dauer der ersten Ehe mit J. E. oder über den Aufenthaltsort der Mutter ab 1942 in Form des Arbeitsbuches, konnten nicht vorgelegt werden.
58Diese Zweifel gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers, da es sich bei der Abstammung um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt. Auch im Fall einer Beweisnot muss der Kläger durch einen vollständigen, schlüssigen Vortrag eine Überzeugung des erkennenden Gerichts von der Tatsache der biologischen Abstammung begründen,
59vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1999 – 5 B 102.99 – juris, Rn. 6, OVG NRW, Urteil vom 08.04.2010 – 12 A 2782/07 – juris, rn. 71; VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 28.
60Diese Überzeugung konnte im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen werden.“
61Auf diese Ausführungen wird in vollem Umfang Bezug genommen. Fehlt es somit an der Abstammung der Klägerin von einem deutschen Volkszugehörigen, musste die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen werden.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
63Rechtsmittelbelehrung
64Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
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1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
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3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
72Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
73Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
74Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
75Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
76Beschluss
77Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
785.000,00 €
79festgesetzt.
80Gründe
81Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
82Rechtsmittelbelehrung
83Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
84Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
85Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
86Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
87Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Jan. 2019 - 7 K 5732/16
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Jan. 2019 - 7 K 5732/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.1947 in der Stadt L. (Gebiet Swerdlowsk, ehemalige UdSSR, heute: Russische Föderation) geborene Kläger, Q. Q1. E. , ist russischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 07.11.2014 seine Aufnahme als Spätaussiedler und die Einbeziehung seiner Ehefrau in den Aufnahmebescheid beim Bundesverwaltungsamt. Die Töchter O. T. und J. L1. beantragten ebenfalls die Aufnahme als Spätaussiedlerinnen.
3Im Aufnahmeantrag gab der Kläger an, seine Eltern seien die russische Volkszugehörige W. E1. und der deutsche Volkszugehörige Q. Q1. H. , geb. 00.00.1921. Diese hätten 1953 die Ehe geschlossen, der Vater sei 1996, die Mutter 1999 verstorben. Die Großeltern väterlicherseits seien die deutschen Volkszugehörigen Q. H1. H. und P. H. , geb. T1. . Diese seien 1941 zwangsumgesiedelt worden. Eine notariell beglaubigte Kopie einer Geburtsurkunde des vermeintlichen Vaters Q. H. vom 00.00.1949, in der die Eltern mit deutscher Volkszugehörigkeit eingetragen sind, wurde vorgelegt. Die Eheschließung der Eltern des Klägers wurde ebenfalls mit einer notariell beglaubigten Fotokopie einer am 24.01.1953 ausgestellten Heiratsurkunde belegt. Sterbeurkunden der genannten Eltern und Großeltern des Klägers väterlicherseits waren beigefügt.
4Zum Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen legte der Kläger eine am 13.08.2014 ausgestellte Geburtsurkunde vor, in der der oben genannte Q. H. als Vater eingetragen ist und er selbst mit dem Namen Q. E. geführt wird. Die Eintragung von Q. H. in die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde des Klägers beruhte auf einem Beschluss des Tsentralny Bezirksgerichts der Stadt Barnaul vom 18.02.2014. In diesem Beschluss wurde die Vaterschaft des Q. H. aufgrund eines Antrages des Klägers festgestellt. Die Feststellung beruhte auf einer Eintragung des Klägers als Sohn des Q. H. in dessen Wehrpass (Personalkarteikarte), auf Zeugenaussagen der Ehefrau und Töchter des Klägers sowie auf privaten Fotos. In diesem Verfahren wurde vorgetragen, die Eltern des Klägers hätten von 1943 bis 1996 als Eheleute zusammengelebt. Der Kläger sei zusammen mit seinen Geschwistern in dieser Familie aufgewachsen, erzogen und unterhalten worden. Notariell beglaubigte Fotokopien des Gerichtsbeschlusses, der Personalkarteikarte zum Wehrpass und ein persönlicher „Erläuterungsbericht in Bezug auf die Vaterschaft“ wurden vorgelegt.
5Im weiteren Verlauf des Verfahrens übersandte der Kläger eine am 21.10.2015 neu ausgestellte Urkunde über die Eheschließung am 05.09.1969, in der der Kläger nunmehr mit deutscher Nationalität eingetragen ist. In neu ausgestellten Geburtsurkunden der Töchter ist der Kläger ebenfalls mit deutscher Nationalität geführt.
6Ferner reichte der Kläger eine Geburtsurkunde seines 1949 geborenen Bruders X. H. vom 15.09.1990 ein, in der als Vater ebenfalls Q. H. eingetragen ist. Der Kläger, sein Bruder X. und Nachbarn der Familie bestätigten in schriftlichen Erklärungen, dass Q. H. seit 1942 (bzw. 1944 bzw. 1952) mit der Mutter, W. N. E1. , zusammengelebt und mit dieser 3 Kinder gehabt habe (P. , Q. – der Kläger – und X. ), die gemeinsam erzogen worden seien. Darüber hinaus wurden gemeinsame Familienfotos sowie eine Archivbescheinigung des Innenministeriums der Ukraine vom 14.02.1997 über die Anmeldung von Q. H. in der Sondersiedlung der Stadt L. übersandt.
7Bei einem Sprachtest in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk am 15.10.2015 wurde festgestellt, dass der Kläger nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse verfügte.
8Mit Bescheid vom 10.02.2016 wurde der Aufnahmeantrag des Klägers abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Nachweis darüber geführt, dass der deutsche Volkszugehörige Q. H. sein leiblicher Vater sei. Der gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Barnauler Bezirksgerichts vom 18.02.2014 könne nicht als Abstammungsnachweis anerkannt werden. Dieser beruhe lediglich auf Zeugenaussagen und einer Eintragung im Militärausweis des vermeintlichen Vaters, was nach deutschen Maßstäben für die Feststellung der leiblichen Vaterschaft nicht ausreichend sei. Auch sprächen die Gesamtumstände gegen die Vaterschaft.
9Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.02.2016 am 18.02.2016 Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 31.03.2016 begründet wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, die leibliche Abstammung des Klägers von Q. H. sei durch die Aussagen des Bruders und der Nachbarn belegt. Außerdem sei der Bruder X. in Deutschland als Spätaussiedler anerkannt. Die Vaterschaft von Q. H. zu X. H. stehe zweifelsfrei fest und sei vom Bundesverwaltungsamt anerkannt worden. Das beigefügte genetische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 14.03.2016 bestätige die Vollgeschwisterschaft zwischen X. H. und dem Kläger. Demnach stehe auch die leibliche Vaterschaft des Q. H. zum Kläger fest.
10Durch Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde erneut mitgeteilt, die leibliche Abstammung des Klägers von einem deutschen Volkszugehörigen sei nicht durch Urkunden belegt. Die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sei 67 Jahre nach der Geburt des Klägers und nach dem Tod der Eltern allein aufgrund von Zeugenaussagen erfolgt und bilde daher kein tragfähiges Beweismittel.
11Auch die Feststellung der genetischen Vollgeschwisterschaft zwischen dem Kläger und seinem Bruder X. erbringe keinen belastbaren Beweis für die Vaterschaft, da beide Geburten vor der Eheschließung der vermeintlichen Eltern im Jahr 1953 stattgefunden hätten. Auch die Geburt des Bruders X. im Jahr 1949 sei nicht durch eine im Geburtsjahr oder zeitnah zur Eheschließung der Eltern ausgestellte Geburtsurkunde belegt. Die für X. vorgelegte Geburtsurkunde stamme vom 15.09.1990. Daher bestünden auch Zweifel an der Vaterschaft von Q. H. zu X. H. . Es könne daher nicht festgestellt werden, dass Q. H. der gemeinsame Vater des Klägers und seines Bruders X. sei. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen.
12Die Aufnahmeanträge der Töchter J. und O. wurden ebenfalls mit der Begründung abgelehnt, es sei die Abstammung von ihrem vermeintlichen Großvater Q. H. nicht belegt.
13Am 29.06.2016 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben, mit der er weiterhin die Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt. Zur Begründung bezieht er sich auf den bisherigen Vortrag und die eingereichten Unterlagen. Er führt ergänzend aus, die Beklagte könne die Vaterschaft des Q. H. zu X. H. nach dessen Anerkennung als Spätaussiedler nicht mehr in Frage stellen. In dessen Aufnahmeverfahren sei die Vaterschaft bestandskräftig festgestellt worden. Im Übrigen habe Q. H. noch zu Lebzeiten die Vaterschaft zu X. H. offiziell anerkannt. Wenn dies im Aufnahmeverfahren des Bruders zur Feststellung der Abstammung ausgereicht habe, könne im Verfahren des Klägers nicht anderes gelten. Daher sei auch die Abstammung des Klägers im Hinblick auf die nachgewiesene Vollgeschwisterschaft eindeutig belegt.
14Außerdem habe Q. H. die Vaterschaft durch die freiwillige Eintragung des Klägers in die bereits vorgelegte Personalkarte zum Militärausweis zu Lebzeiten anerkannt.
15Zur Begründung der Abstammung werden im Klageverfahren weitere Unterlagen vorgelegt. Darunter befinden sich Abschriften von Meldedaten, aus denen sich ergeben soll, dass die Mutter des Klägers und Q. H. unter der Adresse „0.-N1. -Straße, Haus 00, Wohnung 0 in L. gemeldet gewesen seien und dort gemeinsam gelebt hätten (Anlagen K9 – K11). Außerdem werden weitere Archivbescheinigungen über die Erfassung des Q. H. und seiner Familie in der Sondersiedlung der Stadt L. (Bl. 34 ff. Gerichtsakte) sowie eine Bescheinigung über die Feststellung der Vaterschaft des Q. H. für den Bruder des Klägers X. vom 17.08.2017 (Bl. 45 Gerichtsakte) eingereicht.
16Auf Anforderung des Gerichts übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers weitere Dokumente und Unterlagen (Beiakte 4), die nach Rüge bestimmter Unstimmigkeiten durch die Beklagte durch geänderte Bescheinigungen berichtigt wurden (Beiakte 5).
17Schließlich legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Module „Lesen“ und „Sprechen“ des Goethe-Zertifikates B1 für den Kläger im Original (Beiakte 6) sowie das Modul „Schreiben“ in Fotokopie vor (Bl. 61 Gerichtsakte).
18Die Töchter des Klägers haben ebenfalls gegen die Ablehnung ihrer Aufnahmeanträge Klage erhoben (7 K 5732/16: J. L1. und 7 K 5733/16: O. T. ).
19O. T. hat die Klage in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2019 zurückgenommen, da sie inzwischen aufgrund einer Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen in Deutschland lebt.
20Die Klage der Tochter J. wurde mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, da sie das Merkmal der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nicht erfüllt.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie bezieht sich auf die Begründung der ablehnenden Bescheide und trägt ergänzend vor, dass auch die neu vorgelegten Unterlagen keinen Beweis für die biologische Abstammung des Klägers erbrächten.
26Auch bei den im Verfahren des Bruders eingereichten Unterlagen ergäben sich Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit. Beispielsweise sei der Bruder in seinem 1968 ausgestellten Militärpass mit deutscher Nationalität und dem Namen „H2. “ eingetragen, obwohl er erst 1990 nach Anerkennung der Vaterschaft den Namen H2. angenommen habe und damit Bezug zu einer deutschen Volkszugehörigkeit gehabt habe. Bei seiner Geburt habe dieser den Namen seiner russischen Mutter „E. “ erhalten.
27Soweit der Kläger sich auf die Aufnahme seines Bruders als Spätaussiedler berufe, sei darauf hinzuweisen, dass es im deutschen Recht keine Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Die biologische Abstammung des Bruders von Q. H. sei nicht nachgewiesen. Somit könne auch durch das Abstammungsgutachten, das die Vollgeschwisterschaft belege, keine biologische Abstammung belegt werden.
28Auch die neu übersandten Dokumente seien nicht beweisgeeignet, weil sie mit den bisher vorgelegten Unterlagen in Teilen nicht übereinstimmten. Wenn der Kläger nunmehr korrigierte Dokumente vorlege, erwecke dies den Verdacht, dass die für das Verfahren benötigten Unterlagen jeweils „auf Bestellung“ von den zuständigen Behörden ausgestellt würden. Das Abstammungserfordernis sei im Hinblick auf die beachtlichen Ungereimtheiten nach wie vor nicht erfüllt.
29Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Klägers sowie seines Bruders X. H2. (Beiakten 2 und 3) sowie auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Beiakten 1, 4, 5 und 6) Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
32Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Aufnahmebescheides sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler kann nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG.
33Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 2 BVFG, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann auch durch einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 oder durch familiär vermittelte Sprachkenntnisse erbracht werden. Es muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Antrag zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können.
34Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht. Es fehlt an einem tragfähigen Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. Da die Mutter des Klägers russische Volkszugehörige ist, kann der Kläger die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nur von Herrn Q. H. ableiten, der seit 1953 mit seiner Mutter verheiratet war. Die Beklagte hat die deutsche Volkszugehörigkeit des Ehemanns der Mutter nicht in Zweifel gezogen. Die leibliche Abstammung des vor der Eheschließung im 1947 geborenen Klägers von Herrn Q. H. ist aber nicht belegt.
35Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der Abstammung in § 6 Abs. 2 BVFG die biologische Abstammung gemeint ist,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2003 – 5 C 40/03 – ; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 – 12 A 1840/09 - , Beschluss vom 12.05.2010 – 12 A 310/09 – Beschluss vom 23.01.2006 – 12 A 519/05 - , Beschluss vom 18.11.2005 – 12 E 838/05 – .
37Die biologische Abstammung wird weder durch beweisgeeignete Urkunden nachgewiesen, noch kann sie auf der Grundlage von hinreichend aussagekräftigen Indizien festgestellt werden.
38In der vorgelegten beglaubigten Kopie der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde vom 00.00.1947 (Beiakte 4) wird der Kläger mit dem Nachnamen seiner Mutter „E. “ geführt. Ein Vater ist nicht eingetragen.
39Die Eintragung des vermeintlichen Vaters Q. H. wurde auch nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahr 1953 nachgeholt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1996 hat Q. H. die Vaterschaft nicht offiziell anerkannt. Der Umstand, dass Q. H. im Jahr 1990 die Vaterschaft des jüngeren Sohnes X. (geboren 1949), nicht aber die der älteren Kinder P. (geboren 1945) und Q. (geboren 1947) anerkannt hat, spricht klar gegen eine biologische Abstammung.
40Auch wenn die Anerkennung von X. im Jahr 1990 vermutlich im Hinblick auf einen beabsichtigten Aufnahmeantrag erfolgt ist, wie der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorträgt, hätte es nahegelegen, die ungeklärte Vaterschaft auch für die Kinder P. und Q. aus diesem Anlass offiziell zu bestätigen. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine Anerkennung sei beabsichtigt gewesen, habe wegen des plötzlichen Todes des Vaters im Jahr 1996 aber nicht mehr erfolgen können, ist dies nicht überzeugend. Zwischen der Anerkennung von X. (1990) und dem Tod von Q. H. (1996) liegen 6 Jahre, also eine für ein Anerkennungsverfahren ausreichende Zeitspanne.
41Die Vaterschaft von Q. H. bezüglich des Klägers lässt sich auch nicht aus dem vorgelegten Abstammungsgutachten vom 14.03.2016 ableiten, in dem die Vollgeschwisterschaft von X. H. und Q. E. festgestellt wird. Damit ist bewiesen, dass X. H. und der Kläger dieselbe Mutter und denselben Vater haben. Aus dem Umstand, dass die Vaterschaft des Q. H. zu X. H2. anerkannt und standesamtlich festgestellt ist und im Aufnahmeverfahren des X. H2. zugrunde gelegt wurde, lässt sich aber nicht der zwingende Schluss ziehen, dass die biologische Vaterschaft von Q. H. zum anerkannten Bruder X. H. feststeht.
42Eine bestandskräftige Feststellung der Vaterschaft im Aufnahme- und Spätaussiedlerverfahren von X. H. liegt nicht vor. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts erfasst nicht die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich sind, also Vorfragen wie die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. In Bestandskraft erwächst nur die Entscheidung selbst, also die Feststellung des Aufnahmeanspruchs und der Spätaussiedlereigenschaft,
43vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 31.
44Auch die Anerkennung der Vaterschaft durch Q. H. für X. H. im Jahr 1990 ist kein Beweis für die biologische Abstammung, sondern eine freiwillige Erklärung, die lediglich zu einer rechtlichen Vaterschaft führt, also zu einer Begründung von Rechten und Pflichten im Verhältnis von Vater und Kind. Sie ist allerdings ein starkes Indiz für eine biologische Abstammung, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines nicht-ehelichen Kindes erklärt wird. Diese Indizwirkung ist jedoch hier dadurch entkräftet, dass die Anerkennung 41 Jahre nach der Geburt für ein volljähriges Kind erfolgte und im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufnahmeverfahren stand. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Anerkennung möglicherweise nur eine familiäre Gefälligkeit war, die eine Auswanderung ermöglichen sollte, aber keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine leibliche Vaterschaft zulässt. Die Vaterschaftsanerkennung für den Bruder X. schließt demnach nicht aus, dass beide von einem anderen Vater abstammen,
45vgl. auch VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 24 - 27.
46Die Abstammung des Klägers von Q. H. ist auch nicht durch die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde vom 13.08.2014 belegt, in der Q. H. als Vater des Klägers eingetragen ist. Diese Urkunde erbringt keinen Beweis für die biologische Abstammung, weil sie allein auf dem Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Tsentralny Bezirksgerichtes der Stadt Barnaul vom 18.02.2014 beruht.
47Dieser Gerichtsbeschluss kann nicht als Nachweis der Vaterschaft anerkannt werden, weil geeignete Feststellungen über die biologische Abstammung nicht getroffen wurden,
48vgl. auch VG Köln, Urteile vom 08.01.2018 – 7 K 9518/17 – juris, Rn. 19, 23, vom 20.02.2018 – 7 K 118/15 – juris, Rn. 51, vom 24.07.2018 – 7 K 16234/17 – juris Rn. 27, vom 10.08.2018 – 7 K 13452/17 – juris Rn. 20.
49Zwar müssen auch in deutschen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausländische Entscheidungen in Kindschaftssachen ohne eine Rechtmäßigkeitsprüfung und ohne Durchführung eines besonderen Verfahrens anerkannt werden, § 108 Abs. 1 und § 109 Abs. 5 FamFG. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Anerkennungshindernis vorliegt, insbesondere wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (sog. „ordre public“) offensichtlich unvereinbar ist, § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG,
50vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – ; OVG NRW, Urteil vom 14.07.2016 – 19 A 2/14 – juris Rn. 59 ff.
51Das ist hier der Fall. Denn im deutschen Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung ist der biologische Vater durch ein genetisches Vaterschaftsgutachten zu ermitteln, §§ 177, 178 FamFG. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann auf die Vermutungsregel des § 1600 d Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach als Vater vermutet wird, wer der Mutter im Empfängniszeitraum beigewohnt hat. Zur Beiwohnung im Empfängniszeitraum können die Mutter sowie der fragliche Vater als Zeugen vernommen werden; Zeugenaussagen Dritter vom Hörensagen sind allerdings nicht ausreichend,
52vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 – juris, Rn.
53Eine derartige Beweiserhebung hat das Gericht in Barnaul nicht durchgeführt. Ein genetisches Abstammungsgutachten oder eine Zeugenaussage der Eltern konnte nicht eingeholt werden, weil die Eltern im Zeitpunkt des Verfahrens bereits verstorben waren. Das Gericht hat die Vaterschaftsfeststellung daher ausschließlich auf der Grundlage von Angaben des Klägers und Zeugenaussagen seiner Ehefrau und seiner Töchter über das tatsächliche familiäre Zusammenleben der Eheleute E. /H. mit den Kindern P. , Q. und X. in der Zeit von 1943 bis 1996, von Familienfotos und aufgrund von Eintragungen in einem Militärausweis des vermeintlichen Vaters Q. H2. aus dem Jahr 1963 getroffen. Diese Indizien sind jedoch zur Feststellung der biologischen Vaterschaft nicht geeignet.
54Es ist unstreitig, dass die Mutter des Klägers seit der Eheschließung im Jahr 1953 mit Q. H. und mit den Kindern P. , Q. und X. sowie dem Sohn aus erster Ehe B. familiär zusammengelebt hat. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Q. H. auch der leibliche Vater der Kinder ist. Denn auch Stiefväter leben mit den Kindern der Ehefrau zusammen.
55Es kann hier offen bleiben, ob in Fällen, in denen eine Beweiserhebung über die biologische Abstammung aufgrund des Todes der Eltern nicht mehr möglich ist, wegen der daraus resultierenden Beweisnot Beweiserleichterungen eingreifen, beispielsweise auch ein erwiesenes Zusammenleben im Zeitpunkt der Empfängnis als Indiz für die Vaterschaft ausreicht. Im vorliegenden Verfahren kann jedoch nicht belegt werden, dass die Mutter des Klägers im Jahr 1946 mit ihrem späteren Ehemann bereits zusammengelebt hat. Soweit der Kläger und seine Familienangehörigen dies bezeugen, hat dieses Zeugnis keine Aussagekraft, weil alle Personen erst nach 1946 geboren sind und daher aus eigener Erkenntnis keine Informationen über die Lebensverhältnisse im Jahr 1946 haben können.
56Auch die Eintragungen der Kinder Q. und X. in der vorgelegten Personalkarte zum Militärausweis von Q. H2. , der im Jahr 1963 ausgestellt wurde, sind nicht geeignet, die biologische Abstammung zu belegen. Zum einen weist der Militärausweis äußere Anzeichen einer späteren Manipulation auf, da die Klebespuren, das Fehlen des Stempels auf dem Foto sowie das weiße Feld auf dem Foto auf ein nachträgliches Einkleben des Passbildes hindeuten. Auch stimmen die Nummer der Personalkarte (0000000) und die Nummer des Ausweises (0000000) nicht überein. Zum anderen wecken die Eintragungen auch inhaltlich Zweifel an der Authentizität. Es ist unklar, warum die „Söhne“ Q. und X. mit dem Familiennamen H2. eingetragen sind, obwohl beide im Jahr 1963 den Namen der Mutter „E. “ geführt haben. Auch fehlt hier die angebliche Tochter P. . Diese Ungereimtheiten konnten auch in der mündlichen Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht aufgeklärt werden.
57Selbst wenn aber die Eintragungen tatsächlich auf einer Erklärung von Q. H2. zu seinen Familienangehörigen bei der Ausstellung der Personalkarte beruhen sollten, belegt diese nicht die biologische Abstammung, sondern lediglich den Umstand, dass Q. H. mit den Kindern Q. und X. in einer Familie zusammenlebte und diese wie eigene Kinder erzogen und unterhalten hat. Die soziale Vaterrolle schließt aber nicht aus, dass es sich bei den Kindern um Kinder eines anderen biologischen Vaters handelte. Auch diese Erklärung erfolgte in einem großen zeitlichen Abstand zu der Geburt der Kinder (16 bzw. 14 Jahre) und ist auch nicht in einem offiziellen Vaterschaftsanerkennungsverfahren erfolgt. Ein eindeutiges Indiz für die biologische Vaterschaft ergibt sich daraus nicht.
58Ein eheähnliches Zusammenleben von W. E. und Q. H. in der Zeit der Empfängnis im Jahr 1946 kann auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgelegten Erklärungen der Nachbarn und der Familienangehörigen, die im Gerichtsverfahren eingereichten Anmeldungskarten und die übersandten Archivbescheinigungen nicht nachgewiesen werden. Die Aussagen der Zeugen U. N2. , S. U1. und X. H2. vom 20.01.2016 und vom 05.02.2016 sind als Beweismittel ungeeignet, weil die Zeugen im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 1946 noch nicht geboren oder Kleinkinder waren. Der Nachbar W1. D. bestätigt ein Zusammenleben der Eheleute erst ab 1952.
59Die Anmeldungskarten (Anlagen K9 und K10) weisen einen gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute E. /H. in der 0.N1. -Straße, Haus 00 in L. im Zeitraum 1968 bis 1973, möglicherweise auch ab 26.07.1956 in der M.----straße Haus 00 nach. Über den Wohnsitz im Zeitraum 1942 bis 1956 sagen die Karten nichts aus.
60Die Archivbescheinigungen vom 14.02.1997, vorgelegt im Widerspruchsverfahren, und vom 19.05.2017, vorgelegt im Klageverfahren, enthalten ebenfalls keine Auskünfte über den Aufenthaltsort des vermeintlichen Vaters, Q. H. , in der Zeit von 1942 bis 1950. Daraus ergibt sich lediglich, dass P. H. im Mai 1941 in die Sowjetarmee einberufen wurde, im November 1942 in die Kohleindustrie verlegt wurde und 1944 in eine Sondersiedlung umgesiedelt wurde. 1948 erfolgte die Anmeldung in der Sondersiedlung. Von 1950 bis 1952 befand sich P. H. in Strafhaft. Am 04.04.1952 wurde er aus der Strafhaft in die Sondersiedlung der Stadt L. entlassen. In welcher Sondersiedlung er sich ab 1942 befand, lässt sich den Bescheinigungen nicht entnehmen.
61Soweit die Bescheinigung der Volksrepublik Donezk vom 19.05.2017 noch Angaben zu Familienmitgliedern enthält, die mit P. H. zusammengelebt haben sollen, sind auch diese als Beweis für die biologische Abstammung des Klägers ungeeignet. Sie sind auch als Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft im Jahr 1946 ungeeignet, weil sie keine Daten zum Zeitraum des Zusammenlebens enthalten und im Übrigen teilweise falsch sind. Beispielsweise ist B. E. , geb. 1938, der Sohn der Mutter des Klägers aus ihrer ersten Ehe, aber nachweislich nicht der Sohn von P. H. . Gleichzeitig fehlt in der Aufzählung der später anerkannte Sohn X. .
62Auch aus der vorgelegten Bescheinigung des Standesamts der Stadt L. vom 26.04.2018 über die Eintragungen im Heiratsregister des Jahres 1953 lassen sich keine eindeutigen Aussagen über den biologischen Vater des Klägers entnehmen. Zwar wird über den Ehemann, Q. H. , angeblich im Heiratsregister angegeben: „hat 3 Kinder, die erste Ehe“, für die Ehefrau, W. E1. ; „hat 3 Kinder, erste Ehe“. Diese Angaben sind jedoch offensichtlich unzutreffend. Im Jahr 1953 war in den Geburtsurkunden der vorehelich geborenen Kinder P. , Q. und X. ein Vater nicht angegeben. Demzufolge kann dieser auch nicht im Geburtsregister verzeichnet sein und in das Heiratsregister übernommen worden sein. W. E1. hatte hingegen 4 Kinder, nämlich zusätzlich einen Sohn aus erster Ehe, B. E. . Für sie war also die Ehe mit P. H. die zweite Ehe.
63Ein Nachweis für die biologische Vaterschaft von Q. H2. ergibt sich auch nicht aus den beigefügten Familienfotos, insbesondere aus dem Portraitfoto von Q. H. aus dem Jahr 1972 mit der rückseitigen Aufschrift „An meine lieben Kinder Q. , X1. , O1. von ihrem Vater und Großvater“ und der Unterschrift „P H. “.
64Selbst wenn man dem beigefügten unvollständigen Schriftgutachten vom 21.05.2018 (Beiakte 4; es fehlen die Fotos 1 und 2) entnehmen könnte, dass die Unterschrift tatsächlich von P. H. stammt, würde es sich lediglich um eine Erklärung handeln, die das tatsächliche Zusammenleben in der Familie widerspiegelt. Es ist nicht erkennbar, ob hierdurch nur die soziale Vaterrolle von P. H. zum Ausdruck kommt oder ob er von einer leiblichen Vaterschaft ausgeht.
65Bei Würdigung aller vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Vaterschaft von Q. Q2. H. für den Kläger zwar nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür sprechen die Vatersnamen der Geschwister Q. Q2. E. und X. Q2. H. und das Zusammenleben der Kinder mit den Eheleuten W. E1. /H. ab 1953.
66Jedoch verbleiben durchgreifende Zweifel an der biologischen Vaterschaft der vorehelich geborenen Kinder, die auch durch die Anzeichen für nachträgliche Änderungen in den Militärausweisen der Brüder Q. und X. sowie die zahlreichen Ungereimtheiten in den vorgelegten Dokumenten gestützt werden. Nachweise für die biologische Abstammung oder eindeutige Indizien liegen nicht vor. Angeforderte Unterlagen, die weiteren Aufschluss über eine eheähnliche Gemeinschaft der Mutter des Klägers mit P. H. im Jahr 1946 hätten geben können, wie z.B. Nachweise über die Dauer der ersten Ehe mit J1. E. oder über den Aufenthaltsort der Mutter ab 1942 in Form des Arbeitsbuches, konnten nicht vorgelegt werden.
67Diese Zweifel gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers, da es sich bei der Abstammung um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt. Auch im Fall einer Beweisnot muss der Kläger durch einen vollständigen, schlüssigen Vortrag eine Überzeugung des erkennenden Gerichts von der Tatsache der biologischen Abstammung begründen,
68vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1999 – 5 B 102.99 – juris, Rn. 6, OVG NRW, Urteil vom 08.04.2010 – 12 A 2782/07 – juris, rn. 71; VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 28.
69Diese Überzeugung konnte im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen werden.
70Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung
72Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
73- 74
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
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2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 76
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
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4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
80Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
81Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
82Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
83Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
84Beschluss
85Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
865.000,00 €
87festgesetzt.
88Gründe
89Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
90Rechtsmittelbelehrung
91Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
92Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
93Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
95Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Personen, die die Aussiedlungsgebiete als Spätaussiedler verlassen wollen, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes ihren ständigen Aufenthalt zu nehmen, wird nach Maßgabe der folgenden Vorschriften ein Aufnahmebescheid erteilt.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.1947 in der Stadt L. (Gebiet Swerdlowsk, ehemalige UdSSR, heute: Russische Föderation) geborene Kläger, Q. Q1. E. , ist russischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 07.11.2014 seine Aufnahme als Spätaussiedler und die Einbeziehung seiner Ehefrau in den Aufnahmebescheid beim Bundesverwaltungsamt. Die Töchter O. T. und J. L1. beantragten ebenfalls die Aufnahme als Spätaussiedlerinnen.
3Im Aufnahmeantrag gab der Kläger an, seine Eltern seien die russische Volkszugehörige W. E1. und der deutsche Volkszugehörige Q. Q1. H. , geb. 00.00.1921. Diese hätten 1953 die Ehe geschlossen, der Vater sei 1996, die Mutter 1999 verstorben. Die Großeltern väterlicherseits seien die deutschen Volkszugehörigen Q. H1. H. und P. H. , geb. T1. . Diese seien 1941 zwangsumgesiedelt worden. Eine notariell beglaubigte Kopie einer Geburtsurkunde des vermeintlichen Vaters Q. H. vom 00.00.1949, in der die Eltern mit deutscher Volkszugehörigkeit eingetragen sind, wurde vorgelegt. Die Eheschließung der Eltern des Klägers wurde ebenfalls mit einer notariell beglaubigten Fotokopie einer am 24.01.1953 ausgestellten Heiratsurkunde belegt. Sterbeurkunden der genannten Eltern und Großeltern des Klägers väterlicherseits waren beigefügt.
4Zum Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen legte der Kläger eine am 13.08.2014 ausgestellte Geburtsurkunde vor, in der der oben genannte Q. H. als Vater eingetragen ist und er selbst mit dem Namen Q. E. geführt wird. Die Eintragung von Q. H. in die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde des Klägers beruhte auf einem Beschluss des Tsentralny Bezirksgerichts der Stadt Barnaul vom 18.02.2014. In diesem Beschluss wurde die Vaterschaft des Q. H. aufgrund eines Antrages des Klägers festgestellt. Die Feststellung beruhte auf einer Eintragung des Klägers als Sohn des Q. H. in dessen Wehrpass (Personalkarteikarte), auf Zeugenaussagen der Ehefrau und Töchter des Klägers sowie auf privaten Fotos. In diesem Verfahren wurde vorgetragen, die Eltern des Klägers hätten von 1943 bis 1996 als Eheleute zusammengelebt. Der Kläger sei zusammen mit seinen Geschwistern in dieser Familie aufgewachsen, erzogen und unterhalten worden. Notariell beglaubigte Fotokopien des Gerichtsbeschlusses, der Personalkarteikarte zum Wehrpass und ein persönlicher „Erläuterungsbericht in Bezug auf die Vaterschaft“ wurden vorgelegt.
5Im weiteren Verlauf des Verfahrens übersandte der Kläger eine am 21.10.2015 neu ausgestellte Urkunde über die Eheschließung am 05.09.1969, in der der Kläger nunmehr mit deutscher Nationalität eingetragen ist. In neu ausgestellten Geburtsurkunden der Töchter ist der Kläger ebenfalls mit deutscher Nationalität geführt.
6Ferner reichte der Kläger eine Geburtsurkunde seines 1949 geborenen Bruders X. H. vom 15.09.1990 ein, in der als Vater ebenfalls Q. H. eingetragen ist. Der Kläger, sein Bruder X. und Nachbarn der Familie bestätigten in schriftlichen Erklärungen, dass Q. H. seit 1942 (bzw. 1944 bzw. 1952) mit der Mutter, W. N. E1. , zusammengelebt und mit dieser 3 Kinder gehabt habe (P. , Q. – der Kläger – und X. ), die gemeinsam erzogen worden seien. Darüber hinaus wurden gemeinsame Familienfotos sowie eine Archivbescheinigung des Innenministeriums der Ukraine vom 14.02.1997 über die Anmeldung von Q. H. in der Sondersiedlung der Stadt L. übersandt.
7Bei einem Sprachtest in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk am 15.10.2015 wurde festgestellt, dass der Kläger nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse verfügte.
8Mit Bescheid vom 10.02.2016 wurde der Aufnahmeantrag des Klägers abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Nachweis darüber geführt, dass der deutsche Volkszugehörige Q. H. sein leiblicher Vater sei. Der gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Barnauler Bezirksgerichts vom 18.02.2014 könne nicht als Abstammungsnachweis anerkannt werden. Dieser beruhe lediglich auf Zeugenaussagen und einer Eintragung im Militärausweis des vermeintlichen Vaters, was nach deutschen Maßstäben für die Feststellung der leiblichen Vaterschaft nicht ausreichend sei. Auch sprächen die Gesamtumstände gegen die Vaterschaft.
9Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.02.2016 am 18.02.2016 Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 31.03.2016 begründet wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, die leibliche Abstammung des Klägers von Q. H. sei durch die Aussagen des Bruders und der Nachbarn belegt. Außerdem sei der Bruder X. in Deutschland als Spätaussiedler anerkannt. Die Vaterschaft von Q. H. zu X. H. stehe zweifelsfrei fest und sei vom Bundesverwaltungsamt anerkannt worden. Das beigefügte genetische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 14.03.2016 bestätige die Vollgeschwisterschaft zwischen X. H. und dem Kläger. Demnach stehe auch die leibliche Vaterschaft des Q. H. zum Kläger fest.
10Durch Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde erneut mitgeteilt, die leibliche Abstammung des Klägers von einem deutschen Volkszugehörigen sei nicht durch Urkunden belegt. Die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sei 67 Jahre nach der Geburt des Klägers und nach dem Tod der Eltern allein aufgrund von Zeugenaussagen erfolgt und bilde daher kein tragfähiges Beweismittel.
11Auch die Feststellung der genetischen Vollgeschwisterschaft zwischen dem Kläger und seinem Bruder X. erbringe keinen belastbaren Beweis für die Vaterschaft, da beide Geburten vor der Eheschließung der vermeintlichen Eltern im Jahr 1953 stattgefunden hätten. Auch die Geburt des Bruders X. im Jahr 1949 sei nicht durch eine im Geburtsjahr oder zeitnah zur Eheschließung der Eltern ausgestellte Geburtsurkunde belegt. Die für X. vorgelegte Geburtsurkunde stamme vom 15.09.1990. Daher bestünden auch Zweifel an der Vaterschaft von Q. H. zu X. H. . Es könne daher nicht festgestellt werden, dass Q. H. der gemeinsame Vater des Klägers und seines Bruders X. sei. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen.
12Die Aufnahmeanträge der Töchter J. und O. wurden ebenfalls mit der Begründung abgelehnt, es sei die Abstammung von ihrem vermeintlichen Großvater Q. H. nicht belegt.
13Am 29.06.2016 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben, mit der er weiterhin die Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt. Zur Begründung bezieht er sich auf den bisherigen Vortrag und die eingereichten Unterlagen. Er führt ergänzend aus, die Beklagte könne die Vaterschaft des Q. H. zu X. H. nach dessen Anerkennung als Spätaussiedler nicht mehr in Frage stellen. In dessen Aufnahmeverfahren sei die Vaterschaft bestandskräftig festgestellt worden. Im Übrigen habe Q. H. noch zu Lebzeiten die Vaterschaft zu X. H. offiziell anerkannt. Wenn dies im Aufnahmeverfahren des Bruders zur Feststellung der Abstammung ausgereicht habe, könne im Verfahren des Klägers nicht anderes gelten. Daher sei auch die Abstammung des Klägers im Hinblick auf die nachgewiesene Vollgeschwisterschaft eindeutig belegt.
14Außerdem habe Q. H. die Vaterschaft durch die freiwillige Eintragung des Klägers in die bereits vorgelegte Personalkarte zum Militärausweis zu Lebzeiten anerkannt.
15Zur Begründung der Abstammung werden im Klageverfahren weitere Unterlagen vorgelegt. Darunter befinden sich Abschriften von Meldedaten, aus denen sich ergeben soll, dass die Mutter des Klägers und Q. H. unter der Adresse „0.-N1. -Straße, Haus 00, Wohnung 0 in L. gemeldet gewesen seien und dort gemeinsam gelebt hätten (Anlagen K9 – K11). Außerdem werden weitere Archivbescheinigungen über die Erfassung des Q. H. und seiner Familie in der Sondersiedlung der Stadt L. (Bl. 34 ff. Gerichtsakte) sowie eine Bescheinigung über die Feststellung der Vaterschaft des Q. H. für den Bruder des Klägers X. vom 17.08.2017 (Bl. 45 Gerichtsakte) eingereicht.
16Auf Anforderung des Gerichts übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers weitere Dokumente und Unterlagen (Beiakte 4), die nach Rüge bestimmter Unstimmigkeiten durch die Beklagte durch geänderte Bescheinigungen berichtigt wurden (Beiakte 5).
17Schließlich legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Module „Lesen“ und „Sprechen“ des Goethe-Zertifikates B1 für den Kläger im Original (Beiakte 6) sowie das Modul „Schreiben“ in Fotokopie vor (Bl. 61 Gerichtsakte).
18Die Töchter des Klägers haben ebenfalls gegen die Ablehnung ihrer Aufnahmeanträge Klage erhoben (7 K 5732/16: J. L1. und 7 K 5733/16: O. T. ).
19O. T. hat die Klage in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2019 zurückgenommen, da sie inzwischen aufgrund einer Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen in Deutschland lebt.
20Die Klage der Tochter J. wurde mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, da sie das Merkmal der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nicht erfüllt.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie bezieht sich auf die Begründung der ablehnenden Bescheide und trägt ergänzend vor, dass auch die neu vorgelegten Unterlagen keinen Beweis für die biologische Abstammung des Klägers erbrächten.
26Auch bei den im Verfahren des Bruders eingereichten Unterlagen ergäben sich Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit. Beispielsweise sei der Bruder in seinem 1968 ausgestellten Militärpass mit deutscher Nationalität und dem Namen „H2. “ eingetragen, obwohl er erst 1990 nach Anerkennung der Vaterschaft den Namen H2. angenommen habe und damit Bezug zu einer deutschen Volkszugehörigkeit gehabt habe. Bei seiner Geburt habe dieser den Namen seiner russischen Mutter „E. “ erhalten.
27Soweit der Kläger sich auf die Aufnahme seines Bruders als Spätaussiedler berufe, sei darauf hinzuweisen, dass es im deutschen Recht keine Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Die biologische Abstammung des Bruders von Q. H. sei nicht nachgewiesen. Somit könne auch durch das Abstammungsgutachten, das die Vollgeschwisterschaft belege, keine biologische Abstammung belegt werden.
28Auch die neu übersandten Dokumente seien nicht beweisgeeignet, weil sie mit den bisher vorgelegten Unterlagen in Teilen nicht übereinstimmten. Wenn der Kläger nunmehr korrigierte Dokumente vorlege, erwecke dies den Verdacht, dass die für das Verfahren benötigten Unterlagen jeweils „auf Bestellung“ von den zuständigen Behörden ausgestellt würden. Das Abstammungserfordernis sei im Hinblick auf die beachtlichen Ungereimtheiten nach wie vor nicht erfüllt.
29Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Klägers sowie seines Bruders X. H2. (Beiakten 2 und 3) sowie auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Beiakten 1, 4, 5 und 6) Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
32Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Aufnahmebescheides sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler kann nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG.
33Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 2 BVFG, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann auch durch einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 oder durch familiär vermittelte Sprachkenntnisse erbracht werden. Es muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Antrag zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können.
34Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht. Es fehlt an einem tragfähigen Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. Da die Mutter des Klägers russische Volkszugehörige ist, kann der Kläger die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nur von Herrn Q. H. ableiten, der seit 1953 mit seiner Mutter verheiratet war. Die Beklagte hat die deutsche Volkszugehörigkeit des Ehemanns der Mutter nicht in Zweifel gezogen. Die leibliche Abstammung des vor der Eheschließung im 1947 geborenen Klägers von Herrn Q. H. ist aber nicht belegt.
35Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der Abstammung in § 6 Abs. 2 BVFG die biologische Abstammung gemeint ist,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2003 – 5 C 40/03 – ; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 – 12 A 1840/09 - , Beschluss vom 12.05.2010 – 12 A 310/09 – Beschluss vom 23.01.2006 – 12 A 519/05 - , Beschluss vom 18.11.2005 – 12 E 838/05 – .
37Die biologische Abstammung wird weder durch beweisgeeignete Urkunden nachgewiesen, noch kann sie auf der Grundlage von hinreichend aussagekräftigen Indizien festgestellt werden.
38In der vorgelegten beglaubigten Kopie der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde vom 00.00.1947 (Beiakte 4) wird der Kläger mit dem Nachnamen seiner Mutter „E. “ geführt. Ein Vater ist nicht eingetragen.
39Die Eintragung des vermeintlichen Vaters Q. H. wurde auch nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahr 1953 nachgeholt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1996 hat Q. H. die Vaterschaft nicht offiziell anerkannt. Der Umstand, dass Q. H. im Jahr 1990 die Vaterschaft des jüngeren Sohnes X. (geboren 1949), nicht aber die der älteren Kinder P. (geboren 1945) und Q. (geboren 1947) anerkannt hat, spricht klar gegen eine biologische Abstammung.
40Auch wenn die Anerkennung von X. im Jahr 1990 vermutlich im Hinblick auf einen beabsichtigten Aufnahmeantrag erfolgt ist, wie der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorträgt, hätte es nahegelegen, die ungeklärte Vaterschaft auch für die Kinder P. und Q. aus diesem Anlass offiziell zu bestätigen. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine Anerkennung sei beabsichtigt gewesen, habe wegen des plötzlichen Todes des Vaters im Jahr 1996 aber nicht mehr erfolgen können, ist dies nicht überzeugend. Zwischen der Anerkennung von X. (1990) und dem Tod von Q. H. (1996) liegen 6 Jahre, also eine für ein Anerkennungsverfahren ausreichende Zeitspanne.
41Die Vaterschaft von Q. H. bezüglich des Klägers lässt sich auch nicht aus dem vorgelegten Abstammungsgutachten vom 14.03.2016 ableiten, in dem die Vollgeschwisterschaft von X. H. und Q. E. festgestellt wird. Damit ist bewiesen, dass X. H. und der Kläger dieselbe Mutter und denselben Vater haben. Aus dem Umstand, dass die Vaterschaft des Q. H. zu X. H2. anerkannt und standesamtlich festgestellt ist und im Aufnahmeverfahren des X. H2. zugrunde gelegt wurde, lässt sich aber nicht der zwingende Schluss ziehen, dass die biologische Vaterschaft von Q. H. zum anerkannten Bruder X. H. feststeht.
42Eine bestandskräftige Feststellung der Vaterschaft im Aufnahme- und Spätaussiedlerverfahren von X. H. liegt nicht vor. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts erfasst nicht die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich sind, also Vorfragen wie die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. In Bestandskraft erwächst nur die Entscheidung selbst, also die Feststellung des Aufnahmeanspruchs und der Spätaussiedlereigenschaft,
43vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 31.
44Auch die Anerkennung der Vaterschaft durch Q. H. für X. H. im Jahr 1990 ist kein Beweis für die biologische Abstammung, sondern eine freiwillige Erklärung, die lediglich zu einer rechtlichen Vaterschaft führt, also zu einer Begründung von Rechten und Pflichten im Verhältnis von Vater und Kind. Sie ist allerdings ein starkes Indiz für eine biologische Abstammung, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines nicht-ehelichen Kindes erklärt wird. Diese Indizwirkung ist jedoch hier dadurch entkräftet, dass die Anerkennung 41 Jahre nach der Geburt für ein volljähriges Kind erfolgte und im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufnahmeverfahren stand. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Anerkennung möglicherweise nur eine familiäre Gefälligkeit war, die eine Auswanderung ermöglichen sollte, aber keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine leibliche Vaterschaft zulässt. Die Vaterschaftsanerkennung für den Bruder X. schließt demnach nicht aus, dass beide von einem anderen Vater abstammen,
45vgl. auch VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 24 - 27.
46Die Abstammung des Klägers von Q. H. ist auch nicht durch die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde vom 13.08.2014 belegt, in der Q. H. als Vater des Klägers eingetragen ist. Diese Urkunde erbringt keinen Beweis für die biologische Abstammung, weil sie allein auf dem Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Tsentralny Bezirksgerichtes der Stadt Barnaul vom 18.02.2014 beruht.
47Dieser Gerichtsbeschluss kann nicht als Nachweis der Vaterschaft anerkannt werden, weil geeignete Feststellungen über die biologische Abstammung nicht getroffen wurden,
48vgl. auch VG Köln, Urteile vom 08.01.2018 – 7 K 9518/17 – juris, Rn. 19, 23, vom 20.02.2018 – 7 K 118/15 – juris, Rn. 51, vom 24.07.2018 – 7 K 16234/17 – juris Rn. 27, vom 10.08.2018 – 7 K 13452/17 – juris Rn. 20.
49Zwar müssen auch in deutschen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausländische Entscheidungen in Kindschaftssachen ohne eine Rechtmäßigkeitsprüfung und ohne Durchführung eines besonderen Verfahrens anerkannt werden, § 108 Abs. 1 und § 109 Abs. 5 FamFG. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Anerkennungshindernis vorliegt, insbesondere wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (sog. „ordre public“) offensichtlich unvereinbar ist, § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG,
50vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – ; OVG NRW, Urteil vom 14.07.2016 – 19 A 2/14 – juris Rn. 59 ff.
51Das ist hier der Fall. Denn im deutschen Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung ist der biologische Vater durch ein genetisches Vaterschaftsgutachten zu ermitteln, §§ 177, 178 FamFG. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann auf die Vermutungsregel des § 1600 d Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach als Vater vermutet wird, wer der Mutter im Empfängniszeitraum beigewohnt hat. Zur Beiwohnung im Empfängniszeitraum können die Mutter sowie der fragliche Vater als Zeugen vernommen werden; Zeugenaussagen Dritter vom Hörensagen sind allerdings nicht ausreichend,
52vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 – juris, Rn.
53Eine derartige Beweiserhebung hat das Gericht in Barnaul nicht durchgeführt. Ein genetisches Abstammungsgutachten oder eine Zeugenaussage der Eltern konnte nicht eingeholt werden, weil die Eltern im Zeitpunkt des Verfahrens bereits verstorben waren. Das Gericht hat die Vaterschaftsfeststellung daher ausschließlich auf der Grundlage von Angaben des Klägers und Zeugenaussagen seiner Ehefrau und seiner Töchter über das tatsächliche familiäre Zusammenleben der Eheleute E. /H. mit den Kindern P. , Q. und X. in der Zeit von 1943 bis 1996, von Familienfotos und aufgrund von Eintragungen in einem Militärausweis des vermeintlichen Vaters Q. H2. aus dem Jahr 1963 getroffen. Diese Indizien sind jedoch zur Feststellung der biologischen Vaterschaft nicht geeignet.
54Es ist unstreitig, dass die Mutter des Klägers seit der Eheschließung im Jahr 1953 mit Q. H. und mit den Kindern P. , Q. und X. sowie dem Sohn aus erster Ehe B. familiär zusammengelebt hat. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Q. H. auch der leibliche Vater der Kinder ist. Denn auch Stiefväter leben mit den Kindern der Ehefrau zusammen.
55Es kann hier offen bleiben, ob in Fällen, in denen eine Beweiserhebung über die biologische Abstammung aufgrund des Todes der Eltern nicht mehr möglich ist, wegen der daraus resultierenden Beweisnot Beweiserleichterungen eingreifen, beispielsweise auch ein erwiesenes Zusammenleben im Zeitpunkt der Empfängnis als Indiz für die Vaterschaft ausreicht. Im vorliegenden Verfahren kann jedoch nicht belegt werden, dass die Mutter des Klägers im Jahr 1946 mit ihrem späteren Ehemann bereits zusammengelebt hat. Soweit der Kläger und seine Familienangehörigen dies bezeugen, hat dieses Zeugnis keine Aussagekraft, weil alle Personen erst nach 1946 geboren sind und daher aus eigener Erkenntnis keine Informationen über die Lebensverhältnisse im Jahr 1946 haben können.
56Auch die Eintragungen der Kinder Q. und X. in der vorgelegten Personalkarte zum Militärausweis von Q. H2. , der im Jahr 1963 ausgestellt wurde, sind nicht geeignet, die biologische Abstammung zu belegen. Zum einen weist der Militärausweis äußere Anzeichen einer späteren Manipulation auf, da die Klebespuren, das Fehlen des Stempels auf dem Foto sowie das weiße Feld auf dem Foto auf ein nachträgliches Einkleben des Passbildes hindeuten. Auch stimmen die Nummer der Personalkarte (0000000) und die Nummer des Ausweises (0000000) nicht überein. Zum anderen wecken die Eintragungen auch inhaltlich Zweifel an der Authentizität. Es ist unklar, warum die „Söhne“ Q. und X. mit dem Familiennamen H2. eingetragen sind, obwohl beide im Jahr 1963 den Namen der Mutter „E. “ geführt haben. Auch fehlt hier die angebliche Tochter P. . Diese Ungereimtheiten konnten auch in der mündlichen Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht aufgeklärt werden.
57Selbst wenn aber die Eintragungen tatsächlich auf einer Erklärung von Q. H2. zu seinen Familienangehörigen bei der Ausstellung der Personalkarte beruhen sollten, belegt diese nicht die biologische Abstammung, sondern lediglich den Umstand, dass Q. H. mit den Kindern Q. und X. in einer Familie zusammenlebte und diese wie eigene Kinder erzogen und unterhalten hat. Die soziale Vaterrolle schließt aber nicht aus, dass es sich bei den Kindern um Kinder eines anderen biologischen Vaters handelte. Auch diese Erklärung erfolgte in einem großen zeitlichen Abstand zu der Geburt der Kinder (16 bzw. 14 Jahre) und ist auch nicht in einem offiziellen Vaterschaftsanerkennungsverfahren erfolgt. Ein eindeutiges Indiz für die biologische Vaterschaft ergibt sich daraus nicht.
58Ein eheähnliches Zusammenleben von W. E. und Q. H. in der Zeit der Empfängnis im Jahr 1946 kann auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgelegten Erklärungen der Nachbarn und der Familienangehörigen, die im Gerichtsverfahren eingereichten Anmeldungskarten und die übersandten Archivbescheinigungen nicht nachgewiesen werden. Die Aussagen der Zeugen U. N2. , S. U1. und X. H2. vom 20.01.2016 und vom 05.02.2016 sind als Beweismittel ungeeignet, weil die Zeugen im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 1946 noch nicht geboren oder Kleinkinder waren. Der Nachbar W1. D. bestätigt ein Zusammenleben der Eheleute erst ab 1952.
59Die Anmeldungskarten (Anlagen K9 und K10) weisen einen gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute E. /H. in der 0.N1. -Straße, Haus 00 in L. im Zeitraum 1968 bis 1973, möglicherweise auch ab 26.07.1956 in der M.----straße Haus 00 nach. Über den Wohnsitz im Zeitraum 1942 bis 1956 sagen die Karten nichts aus.
60Die Archivbescheinigungen vom 14.02.1997, vorgelegt im Widerspruchsverfahren, und vom 19.05.2017, vorgelegt im Klageverfahren, enthalten ebenfalls keine Auskünfte über den Aufenthaltsort des vermeintlichen Vaters, Q. H. , in der Zeit von 1942 bis 1950. Daraus ergibt sich lediglich, dass P. H. im Mai 1941 in die Sowjetarmee einberufen wurde, im November 1942 in die Kohleindustrie verlegt wurde und 1944 in eine Sondersiedlung umgesiedelt wurde. 1948 erfolgte die Anmeldung in der Sondersiedlung. Von 1950 bis 1952 befand sich P. H. in Strafhaft. Am 04.04.1952 wurde er aus der Strafhaft in die Sondersiedlung der Stadt L. entlassen. In welcher Sondersiedlung er sich ab 1942 befand, lässt sich den Bescheinigungen nicht entnehmen.
61Soweit die Bescheinigung der Volksrepublik Donezk vom 19.05.2017 noch Angaben zu Familienmitgliedern enthält, die mit P. H. zusammengelebt haben sollen, sind auch diese als Beweis für die biologische Abstammung des Klägers ungeeignet. Sie sind auch als Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft im Jahr 1946 ungeeignet, weil sie keine Daten zum Zeitraum des Zusammenlebens enthalten und im Übrigen teilweise falsch sind. Beispielsweise ist B. E. , geb. 1938, der Sohn der Mutter des Klägers aus ihrer ersten Ehe, aber nachweislich nicht der Sohn von P. H. . Gleichzeitig fehlt in der Aufzählung der später anerkannte Sohn X. .
62Auch aus der vorgelegten Bescheinigung des Standesamts der Stadt L. vom 26.04.2018 über die Eintragungen im Heiratsregister des Jahres 1953 lassen sich keine eindeutigen Aussagen über den biologischen Vater des Klägers entnehmen. Zwar wird über den Ehemann, Q. H. , angeblich im Heiratsregister angegeben: „hat 3 Kinder, die erste Ehe“, für die Ehefrau, W. E1. ; „hat 3 Kinder, erste Ehe“. Diese Angaben sind jedoch offensichtlich unzutreffend. Im Jahr 1953 war in den Geburtsurkunden der vorehelich geborenen Kinder P. , Q. und X. ein Vater nicht angegeben. Demzufolge kann dieser auch nicht im Geburtsregister verzeichnet sein und in das Heiratsregister übernommen worden sein. W. E1. hatte hingegen 4 Kinder, nämlich zusätzlich einen Sohn aus erster Ehe, B. E. . Für sie war also die Ehe mit P. H. die zweite Ehe.
63Ein Nachweis für die biologische Vaterschaft von Q. H2. ergibt sich auch nicht aus den beigefügten Familienfotos, insbesondere aus dem Portraitfoto von Q. H. aus dem Jahr 1972 mit der rückseitigen Aufschrift „An meine lieben Kinder Q. , X1. , O1. von ihrem Vater und Großvater“ und der Unterschrift „P H. “.
64Selbst wenn man dem beigefügten unvollständigen Schriftgutachten vom 21.05.2018 (Beiakte 4; es fehlen die Fotos 1 und 2) entnehmen könnte, dass die Unterschrift tatsächlich von P. H. stammt, würde es sich lediglich um eine Erklärung handeln, die das tatsächliche Zusammenleben in der Familie widerspiegelt. Es ist nicht erkennbar, ob hierdurch nur die soziale Vaterrolle von P. H. zum Ausdruck kommt oder ob er von einer leiblichen Vaterschaft ausgeht.
65Bei Würdigung aller vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Vaterschaft von Q. Q2. H. für den Kläger zwar nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür sprechen die Vatersnamen der Geschwister Q. Q2. E. und X. Q2. H. und das Zusammenleben der Kinder mit den Eheleuten W. E1. /H. ab 1953.
66Jedoch verbleiben durchgreifende Zweifel an der biologischen Vaterschaft der vorehelich geborenen Kinder, die auch durch die Anzeichen für nachträgliche Änderungen in den Militärausweisen der Brüder Q. und X. sowie die zahlreichen Ungereimtheiten in den vorgelegten Dokumenten gestützt werden. Nachweise für die biologische Abstammung oder eindeutige Indizien liegen nicht vor. Angeforderte Unterlagen, die weiteren Aufschluss über eine eheähnliche Gemeinschaft der Mutter des Klägers mit P. H. im Jahr 1946 hätten geben können, wie z.B. Nachweise über die Dauer der ersten Ehe mit J1. E. oder über den Aufenthaltsort der Mutter ab 1942 in Form des Arbeitsbuches, konnten nicht vorgelegt werden.
67Diese Zweifel gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers, da es sich bei der Abstammung um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt. Auch im Fall einer Beweisnot muss der Kläger durch einen vollständigen, schlüssigen Vortrag eine Überzeugung des erkennenden Gerichts von der Tatsache der biologischen Abstammung begründen,
68vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1999 – 5 B 102.99 – juris, Rn. 6, OVG NRW, Urteil vom 08.04.2010 – 12 A 2782/07 – juris, rn. 71; VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 28.
69Diese Überzeugung konnte im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen werden.
70Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung
72Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
73- 74
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 75
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 76
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 77
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- 78
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
80Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
81Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
82Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
83Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
84Beschluss
85Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
865.000,00 €
87festgesetzt.
88Gründe
89Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
90Rechtsmittelbelehrung
91Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
92Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
93Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
95Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.1947 in der Stadt L. (Gebiet Swerdlowsk, ehemalige UdSSR, heute: Russische Föderation) geborene Kläger, Q. Q1. E. , ist russischer Staatsangehöriger. Er beantragte am 07.11.2014 seine Aufnahme als Spätaussiedler und die Einbeziehung seiner Ehefrau in den Aufnahmebescheid beim Bundesverwaltungsamt. Die Töchter O. T. und J. L1. beantragten ebenfalls die Aufnahme als Spätaussiedlerinnen.
3Im Aufnahmeantrag gab der Kläger an, seine Eltern seien die russische Volkszugehörige W. E1. und der deutsche Volkszugehörige Q. Q1. H. , geb. 00.00.1921. Diese hätten 1953 die Ehe geschlossen, der Vater sei 1996, die Mutter 1999 verstorben. Die Großeltern väterlicherseits seien die deutschen Volkszugehörigen Q. H1. H. und P. H. , geb. T1. . Diese seien 1941 zwangsumgesiedelt worden. Eine notariell beglaubigte Kopie einer Geburtsurkunde des vermeintlichen Vaters Q. H. vom 00.00.1949, in der die Eltern mit deutscher Volkszugehörigkeit eingetragen sind, wurde vorgelegt. Die Eheschließung der Eltern des Klägers wurde ebenfalls mit einer notariell beglaubigten Fotokopie einer am 24.01.1953 ausgestellten Heiratsurkunde belegt. Sterbeurkunden der genannten Eltern und Großeltern des Klägers väterlicherseits waren beigefügt.
4Zum Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen legte der Kläger eine am 13.08.2014 ausgestellte Geburtsurkunde vor, in der der oben genannte Q. H. als Vater eingetragen ist und er selbst mit dem Namen Q. E. geführt wird. Die Eintragung von Q. H. in die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde des Klägers beruhte auf einem Beschluss des Tsentralny Bezirksgerichts der Stadt Barnaul vom 18.02.2014. In diesem Beschluss wurde die Vaterschaft des Q. H. aufgrund eines Antrages des Klägers festgestellt. Die Feststellung beruhte auf einer Eintragung des Klägers als Sohn des Q. H. in dessen Wehrpass (Personalkarteikarte), auf Zeugenaussagen der Ehefrau und Töchter des Klägers sowie auf privaten Fotos. In diesem Verfahren wurde vorgetragen, die Eltern des Klägers hätten von 1943 bis 1996 als Eheleute zusammengelebt. Der Kläger sei zusammen mit seinen Geschwistern in dieser Familie aufgewachsen, erzogen und unterhalten worden. Notariell beglaubigte Fotokopien des Gerichtsbeschlusses, der Personalkarteikarte zum Wehrpass und ein persönlicher „Erläuterungsbericht in Bezug auf die Vaterschaft“ wurden vorgelegt.
5Im weiteren Verlauf des Verfahrens übersandte der Kläger eine am 21.10.2015 neu ausgestellte Urkunde über die Eheschließung am 05.09.1969, in der der Kläger nunmehr mit deutscher Nationalität eingetragen ist. In neu ausgestellten Geburtsurkunden der Töchter ist der Kläger ebenfalls mit deutscher Nationalität geführt.
6Ferner reichte der Kläger eine Geburtsurkunde seines 1949 geborenen Bruders X. H. vom 15.09.1990 ein, in der als Vater ebenfalls Q. H. eingetragen ist. Der Kläger, sein Bruder X. und Nachbarn der Familie bestätigten in schriftlichen Erklärungen, dass Q. H. seit 1942 (bzw. 1944 bzw. 1952) mit der Mutter, W. N. E1. , zusammengelebt und mit dieser 3 Kinder gehabt habe (P. , Q. – der Kläger – und X. ), die gemeinsam erzogen worden seien. Darüber hinaus wurden gemeinsame Familienfotos sowie eine Archivbescheinigung des Innenministeriums der Ukraine vom 14.02.1997 über die Anmeldung von Q. H. in der Sondersiedlung der Stadt L. übersandt.
7Bei einem Sprachtest in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk am 15.10.2015 wurde festgestellt, dass der Kläger nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse verfügte.
8Mit Bescheid vom 10.02.2016 wurde der Aufnahmeantrag des Klägers abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe keinen Nachweis darüber geführt, dass der deutsche Volkszugehörige Q. H. sein leiblicher Vater sei. Der gerichtliche Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Barnauler Bezirksgerichts vom 18.02.2014 könne nicht als Abstammungsnachweis anerkannt werden. Dieser beruhe lediglich auf Zeugenaussagen und einer Eintragung im Militärausweis des vermeintlichen Vaters, was nach deutschen Maßstäben für die Feststellung der leiblichen Vaterschaft nicht ausreichend sei. Auch sprächen die Gesamtumstände gegen die Vaterschaft.
9Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.02.2016 am 18.02.2016 Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 31.03.2016 begründet wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, die leibliche Abstammung des Klägers von Q. H. sei durch die Aussagen des Bruders und der Nachbarn belegt. Außerdem sei der Bruder X. in Deutschland als Spätaussiedler anerkannt. Die Vaterschaft von Q. H. zu X. H. stehe zweifelsfrei fest und sei vom Bundesverwaltungsamt anerkannt worden. Das beigefügte genetische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz vom 14.03.2016 bestätige die Vollgeschwisterschaft zwischen X. H. und dem Kläger. Demnach stehe auch die leibliche Vaterschaft des Q. H. zum Kläger fest.
10Durch Widerspruchsbescheid vom 08.06.2016 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde erneut mitgeteilt, die leibliche Abstammung des Klägers von einem deutschen Volkszugehörigen sei nicht durch Urkunden belegt. Die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung sei 67 Jahre nach der Geburt des Klägers und nach dem Tod der Eltern allein aufgrund von Zeugenaussagen erfolgt und bilde daher kein tragfähiges Beweismittel.
11Auch die Feststellung der genetischen Vollgeschwisterschaft zwischen dem Kläger und seinem Bruder X. erbringe keinen belastbaren Beweis für die Vaterschaft, da beide Geburten vor der Eheschließung der vermeintlichen Eltern im Jahr 1953 stattgefunden hätten. Auch die Geburt des Bruders X. im Jahr 1949 sei nicht durch eine im Geburtsjahr oder zeitnah zur Eheschließung der Eltern ausgestellte Geburtsurkunde belegt. Die für X. vorgelegte Geburtsurkunde stamme vom 15.09.1990. Daher bestünden auch Zweifel an der Vaterschaft von Q. H. zu X. H. . Es könne daher nicht festgestellt werden, dass Q. H. der gemeinsame Vater des Klägers und seines Bruders X. sei. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen.
12Die Aufnahmeanträge der Töchter J. und O. wurden ebenfalls mit der Begründung abgelehnt, es sei die Abstammung von ihrem vermeintlichen Großvater Q. H. nicht belegt.
13Am 29.06.2016 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben, mit der er weiterhin die Erteilung eines Aufnahmebescheides begehrt. Zur Begründung bezieht er sich auf den bisherigen Vortrag und die eingereichten Unterlagen. Er führt ergänzend aus, die Beklagte könne die Vaterschaft des Q. H. zu X. H. nach dessen Anerkennung als Spätaussiedler nicht mehr in Frage stellen. In dessen Aufnahmeverfahren sei die Vaterschaft bestandskräftig festgestellt worden. Im Übrigen habe Q. H. noch zu Lebzeiten die Vaterschaft zu X. H. offiziell anerkannt. Wenn dies im Aufnahmeverfahren des Bruders zur Feststellung der Abstammung ausgereicht habe, könne im Verfahren des Klägers nicht anderes gelten. Daher sei auch die Abstammung des Klägers im Hinblick auf die nachgewiesene Vollgeschwisterschaft eindeutig belegt.
14Außerdem habe Q. H. die Vaterschaft durch die freiwillige Eintragung des Klägers in die bereits vorgelegte Personalkarte zum Militärausweis zu Lebzeiten anerkannt.
15Zur Begründung der Abstammung werden im Klageverfahren weitere Unterlagen vorgelegt. Darunter befinden sich Abschriften von Meldedaten, aus denen sich ergeben soll, dass die Mutter des Klägers und Q. H. unter der Adresse „0.-N1. -Straße, Haus 00, Wohnung 0 in L. gemeldet gewesen seien und dort gemeinsam gelebt hätten (Anlagen K9 – K11). Außerdem werden weitere Archivbescheinigungen über die Erfassung des Q. H. und seiner Familie in der Sondersiedlung der Stadt L. (Bl. 34 ff. Gerichtsakte) sowie eine Bescheinigung über die Feststellung der Vaterschaft des Q. H. für den Bruder des Klägers X. vom 17.08.2017 (Bl. 45 Gerichtsakte) eingereicht.
16Auf Anforderung des Gerichts übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers weitere Dokumente und Unterlagen (Beiakte 4), die nach Rüge bestimmter Unstimmigkeiten durch die Beklagte durch geänderte Bescheinigungen berichtigt wurden (Beiakte 5).
17Schließlich legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Module „Lesen“ und „Sprechen“ des Goethe-Zertifikates B1 für den Kläger im Original (Beiakte 6) sowie das Modul „Schreiben“ in Fotokopie vor (Bl. 61 Gerichtsakte).
18Die Töchter des Klägers haben ebenfalls gegen die Ablehnung ihrer Aufnahmeanträge Klage erhoben (7 K 5732/16: J. L1. und 7 K 5733/16: O. T. ).
19O. T. hat die Klage in der mündlichen Verhandlung am 15.01.2019 zurückgenommen, da sie inzwischen aufgrund einer Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen in Deutschland lebt.
20Die Klage der Tochter J. wurde mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, da sie das Merkmal der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nicht erfüllt.
21Der Kläger beantragt,
22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 zu verpflichten, ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Sie bezieht sich auf die Begründung der ablehnenden Bescheide und trägt ergänzend vor, dass auch die neu vorgelegten Unterlagen keinen Beweis für die biologische Abstammung des Klägers erbrächten.
26Auch bei den im Verfahren des Bruders eingereichten Unterlagen ergäben sich Zweifel an deren inhaltlicher Richtigkeit. Beispielsweise sei der Bruder in seinem 1968 ausgestellten Militärpass mit deutscher Nationalität und dem Namen „H2. “ eingetragen, obwohl er erst 1990 nach Anerkennung der Vaterschaft den Namen H2. angenommen habe und damit Bezug zu einer deutschen Volkszugehörigkeit gehabt habe. Bei seiner Geburt habe dieser den Namen seiner russischen Mutter „E. “ erhalten.
27Soweit der Kläger sich auf die Aufnahme seines Bruders als Spätaussiedler berufe, sei darauf hinzuweisen, dass es im deutschen Recht keine Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Die biologische Abstammung des Bruders von Q. H. sei nicht nachgewiesen. Somit könne auch durch das Abstammungsgutachten, das die Vollgeschwisterschaft belege, keine biologische Abstammung belegt werden.
28Auch die neu übersandten Dokumente seien nicht beweisgeeignet, weil sie mit den bisher vorgelegten Unterlagen in Teilen nicht übereinstimmten. Wenn der Kläger nunmehr korrigierte Dokumente vorlege, erwecke dies den Verdacht, dass die für das Verfahren benötigten Unterlagen jeweils „auf Bestellung“ von den zuständigen Behörden ausgestellt würden. Das Abstammungserfordernis sei im Hinblick auf die beachtlichen Ungereimtheiten nach wie vor nicht erfüllt.
29Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Klägers sowie seines Bruders X. H2. (Beiakten 2 und 3) sowie auf die vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Beiakten 1, 4, 5 und 6) Bezug genommen.
30E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 10.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides.
32Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Aufnahmebescheides sind die §§ 26 und 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG wird der Aufnahmebescheid auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen. Spätaussiedler kann nur ein deutscher Volkszugehöriger sein, § 4 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 2 BVFG.
33Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 2 BVFG, wer von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann auch durch einen Nachweis deutscher Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1 oder durch familiär vermittelte Sprachkenntnisse erbracht werden. Es muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Antrag zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können.
34Der Kläger erfüllt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG nicht. Es fehlt an einem tragfähigen Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. Da die Mutter des Klägers russische Volkszugehörige ist, kann der Kläger die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nur von Herrn Q. H. ableiten, der seit 1953 mit seiner Mutter verheiratet war. Die Beklagte hat die deutsche Volkszugehörigkeit des Ehemanns der Mutter nicht in Zweifel gezogen. Die leibliche Abstammung des vor der Eheschließung im 1947 geborenen Klägers von Herrn Q. H. ist aber nicht belegt.
35Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass mit dem Tatbestandsmerkmal der Abstammung in § 6 Abs. 2 BVFG die biologische Abstammung gemeint ist,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 13.11.2003 – 5 C 40/03 – ; OVG NRW, Beschluss vom 04.08.2010 – 12 A 1840/09 - , Beschluss vom 12.05.2010 – 12 A 310/09 – Beschluss vom 23.01.2006 – 12 A 519/05 - , Beschluss vom 18.11.2005 – 12 E 838/05 – .
37Die biologische Abstammung wird weder durch beweisgeeignete Urkunden nachgewiesen, noch kann sie auf der Grundlage von hinreichend aussagekräftigen Indizien festgestellt werden.
38In der vorgelegten beglaubigten Kopie der im Geburtsjahr ausgestellten Geburtsurkunde vom 00.00.1947 (Beiakte 4) wird der Kläger mit dem Nachnamen seiner Mutter „E. “ geführt. Ein Vater ist nicht eingetragen.
39Die Eintragung des vermeintlichen Vaters Q. H. wurde auch nicht im zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung im Jahr 1953 nachgeholt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1996 hat Q. H. die Vaterschaft nicht offiziell anerkannt. Der Umstand, dass Q. H. im Jahr 1990 die Vaterschaft des jüngeren Sohnes X. (geboren 1949), nicht aber die der älteren Kinder P. (geboren 1945) und Q. (geboren 1947) anerkannt hat, spricht klar gegen eine biologische Abstammung.
40Auch wenn die Anerkennung von X. im Jahr 1990 vermutlich im Hinblick auf einen beabsichtigten Aufnahmeantrag erfolgt ist, wie der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vorträgt, hätte es nahegelegen, die ungeklärte Vaterschaft auch für die Kinder P. und Q. aus diesem Anlass offiziell zu bestätigen. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine Anerkennung sei beabsichtigt gewesen, habe wegen des plötzlichen Todes des Vaters im Jahr 1996 aber nicht mehr erfolgen können, ist dies nicht überzeugend. Zwischen der Anerkennung von X. (1990) und dem Tod von Q. H. (1996) liegen 6 Jahre, also eine für ein Anerkennungsverfahren ausreichende Zeitspanne.
41Die Vaterschaft von Q. H. bezüglich des Klägers lässt sich auch nicht aus dem vorgelegten Abstammungsgutachten vom 14.03.2016 ableiten, in dem die Vollgeschwisterschaft von X. H. und Q. E. festgestellt wird. Damit ist bewiesen, dass X. H. und der Kläger dieselbe Mutter und denselben Vater haben. Aus dem Umstand, dass die Vaterschaft des Q. H. zu X. H2. anerkannt und standesamtlich festgestellt ist und im Aufnahmeverfahren des X. H2. zugrunde gelegt wurde, lässt sich aber nicht der zwingende Schluss ziehen, dass die biologische Vaterschaft von Q. H. zum anerkannten Bruder X. H. feststeht.
42Eine bestandskräftige Feststellung der Vaterschaft im Aufnahme- und Spätaussiedlerverfahren von X. H. liegt nicht vor. Die Bestandskraft eines Verwaltungsakts erfasst nicht die einzelnen Tatbestandsmerkmale, die für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich sind, also Vorfragen wie die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen. In Bestandskraft erwächst nur die Entscheidung selbst, also die Feststellung des Aufnahmeanspruchs und der Spätaussiedlereigenschaft,
43vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 43 Rn. 31.
44Auch die Anerkennung der Vaterschaft durch Q. H. für X. H. im Jahr 1990 ist kein Beweis für die biologische Abstammung, sondern eine freiwillige Erklärung, die lediglich zu einer rechtlichen Vaterschaft führt, also zu einer Begründung von Rechten und Pflichten im Verhältnis von Vater und Kind. Sie ist allerdings ein starkes Indiz für eine biologische Abstammung, wenn sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines nicht-ehelichen Kindes erklärt wird. Diese Indizwirkung ist jedoch hier dadurch entkräftet, dass die Anerkennung 41 Jahre nach der Geburt für ein volljähriges Kind erfolgte und im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Aufnahmeverfahren stand. Diese Umstände rechtfertigen die Annahme, dass die Anerkennung möglicherweise nur eine familiäre Gefälligkeit war, die eine Auswanderung ermöglichen sollte, aber keine eindeutigen Rückschlüsse auf eine leibliche Vaterschaft zulässt. Die Vaterschaftsanerkennung für den Bruder X. schließt demnach nicht aus, dass beide von einem anderen Vater abstammen,
45vgl. auch VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 24 - 27.
46Die Abstammung des Klägers von Q. H. ist auch nicht durch die nachträglich ausgestellte Geburtsurkunde vom 13.08.2014 belegt, in der Q. H. als Vater des Klägers eingetragen ist. Diese Urkunde erbringt keinen Beweis für die biologische Abstammung, weil sie allein auf dem Vaterschaftsfeststellungsbeschluss des Tsentralny Bezirksgerichtes der Stadt Barnaul vom 18.02.2014 beruht.
47Dieser Gerichtsbeschluss kann nicht als Nachweis der Vaterschaft anerkannt werden, weil geeignete Feststellungen über die biologische Abstammung nicht getroffen wurden,
48vgl. auch VG Köln, Urteile vom 08.01.2018 – 7 K 9518/17 – juris, Rn. 19, 23, vom 20.02.2018 – 7 K 118/15 – juris, Rn. 51, vom 24.07.2018 – 7 K 16234/17 – juris Rn. 27, vom 10.08.2018 – 7 K 13452/17 – juris Rn. 20.
49Zwar müssen auch in deutschen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ausländische Entscheidungen in Kindschaftssachen ohne eine Rechtmäßigkeitsprüfung und ohne Durchführung eines besonderen Verfahrens anerkannt werden, § 108 Abs. 1 und § 109 Abs. 5 FamFG. Dies gilt jedoch nicht, wenn ein Anerkennungshindernis vorliegt, insbesondere wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (sog. „ordre public“) offensichtlich unvereinbar ist, § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG,
50vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – ; OVG NRW, Urteil vom 14.07.2016 – 19 A 2/14 – juris Rn. 59 ff.
51Das ist hier der Fall. Denn im deutschen Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung ist der biologische Vater durch ein genetisches Vaterschaftsgutachten zu ermitteln, §§ 177, 178 FamFG. Nur wenn dies nicht möglich ist, kann auf die Vermutungsregel des § 1600 d Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wonach als Vater vermutet wird, wer der Mutter im Empfängniszeitraum beigewohnt hat. Zur Beiwohnung im Empfängniszeitraum können die Mutter sowie der fragliche Vater als Zeugen vernommen werden; Zeugenaussagen Dritter vom Hörensagen sind allerdings nicht ausreichend,
52vgl. VG Köln, Beschluss vom 17.10.2016 – 7 K 118/15 – unter Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 26.08.2009 – XII ZB 169/07 – juris, Rn.
53Eine derartige Beweiserhebung hat das Gericht in Barnaul nicht durchgeführt. Ein genetisches Abstammungsgutachten oder eine Zeugenaussage der Eltern konnte nicht eingeholt werden, weil die Eltern im Zeitpunkt des Verfahrens bereits verstorben waren. Das Gericht hat die Vaterschaftsfeststellung daher ausschließlich auf der Grundlage von Angaben des Klägers und Zeugenaussagen seiner Ehefrau und seiner Töchter über das tatsächliche familiäre Zusammenleben der Eheleute E. /H. mit den Kindern P. , Q. und X. in der Zeit von 1943 bis 1996, von Familienfotos und aufgrund von Eintragungen in einem Militärausweis des vermeintlichen Vaters Q. H2. aus dem Jahr 1963 getroffen. Diese Indizien sind jedoch zur Feststellung der biologischen Vaterschaft nicht geeignet.
54Es ist unstreitig, dass die Mutter des Klägers seit der Eheschließung im Jahr 1953 mit Q. H. und mit den Kindern P. , Q. und X. sowie dem Sohn aus erster Ehe B. familiär zusammengelebt hat. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Q. H. auch der leibliche Vater der Kinder ist. Denn auch Stiefväter leben mit den Kindern der Ehefrau zusammen.
55Es kann hier offen bleiben, ob in Fällen, in denen eine Beweiserhebung über die biologische Abstammung aufgrund des Todes der Eltern nicht mehr möglich ist, wegen der daraus resultierenden Beweisnot Beweiserleichterungen eingreifen, beispielsweise auch ein erwiesenes Zusammenleben im Zeitpunkt der Empfängnis als Indiz für die Vaterschaft ausreicht. Im vorliegenden Verfahren kann jedoch nicht belegt werden, dass die Mutter des Klägers im Jahr 1946 mit ihrem späteren Ehemann bereits zusammengelebt hat. Soweit der Kläger und seine Familienangehörigen dies bezeugen, hat dieses Zeugnis keine Aussagekraft, weil alle Personen erst nach 1946 geboren sind und daher aus eigener Erkenntnis keine Informationen über die Lebensverhältnisse im Jahr 1946 haben können.
56Auch die Eintragungen der Kinder Q. und X. in der vorgelegten Personalkarte zum Militärausweis von Q. H2. , der im Jahr 1963 ausgestellt wurde, sind nicht geeignet, die biologische Abstammung zu belegen. Zum einen weist der Militärausweis äußere Anzeichen einer späteren Manipulation auf, da die Klebespuren, das Fehlen des Stempels auf dem Foto sowie das weiße Feld auf dem Foto auf ein nachträgliches Einkleben des Passbildes hindeuten. Auch stimmen die Nummer der Personalkarte (0000000) und die Nummer des Ausweises (0000000) nicht überein. Zum anderen wecken die Eintragungen auch inhaltlich Zweifel an der Authentizität. Es ist unklar, warum die „Söhne“ Q. und X. mit dem Familiennamen H2. eingetragen sind, obwohl beide im Jahr 1963 den Namen der Mutter „E. “ geführt haben. Auch fehlt hier die angebliche Tochter P. . Diese Ungereimtheiten konnten auch in der mündlichen Verhandlung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht aufgeklärt werden.
57Selbst wenn aber die Eintragungen tatsächlich auf einer Erklärung von Q. H2. zu seinen Familienangehörigen bei der Ausstellung der Personalkarte beruhen sollten, belegt diese nicht die biologische Abstammung, sondern lediglich den Umstand, dass Q. H. mit den Kindern Q. und X. in einer Familie zusammenlebte und diese wie eigene Kinder erzogen und unterhalten hat. Die soziale Vaterrolle schließt aber nicht aus, dass es sich bei den Kindern um Kinder eines anderen biologischen Vaters handelte. Auch diese Erklärung erfolgte in einem großen zeitlichen Abstand zu der Geburt der Kinder (16 bzw. 14 Jahre) und ist auch nicht in einem offiziellen Vaterschaftsanerkennungsverfahren erfolgt. Ein eindeutiges Indiz für die biologische Vaterschaft ergibt sich daraus nicht.
58Ein eheähnliches Zusammenleben von W. E. und Q. H. in der Zeit der Empfängnis im Jahr 1946 kann auch durch die im Widerspruchsverfahren vorgelegten Erklärungen der Nachbarn und der Familienangehörigen, die im Gerichtsverfahren eingereichten Anmeldungskarten und die übersandten Archivbescheinigungen nicht nachgewiesen werden. Die Aussagen der Zeugen U. N2. , S. U1. und X. H2. vom 20.01.2016 und vom 05.02.2016 sind als Beweismittel ungeeignet, weil die Zeugen im maßgeblichen Zeitraum im Jahr 1946 noch nicht geboren oder Kleinkinder waren. Der Nachbar W1. D. bestätigt ein Zusammenleben der Eheleute erst ab 1952.
59Die Anmeldungskarten (Anlagen K9 und K10) weisen einen gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute E. /H. in der 0.N1. -Straße, Haus 00 in L. im Zeitraum 1968 bis 1973, möglicherweise auch ab 26.07.1956 in der M.----straße Haus 00 nach. Über den Wohnsitz im Zeitraum 1942 bis 1956 sagen die Karten nichts aus.
60Die Archivbescheinigungen vom 14.02.1997, vorgelegt im Widerspruchsverfahren, und vom 19.05.2017, vorgelegt im Klageverfahren, enthalten ebenfalls keine Auskünfte über den Aufenthaltsort des vermeintlichen Vaters, Q. H. , in der Zeit von 1942 bis 1950. Daraus ergibt sich lediglich, dass P. H. im Mai 1941 in die Sowjetarmee einberufen wurde, im November 1942 in die Kohleindustrie verlegt wurde und 1944 in eine Sondersiedlung umgesiedelt wurde. 1948 erfolgte die Anmeldung in der Sondersiedlung. Von 1950 bis 1952 befand sich P. H. in Strafhaft. Am 04.04.1952 wurde er aus der Strafhaft in die Sondersiedlung der Stadt L. entlassen. In welcher Sondersiedlung er sich ab 1942 befand, lässt sich den Bescheinigungen nicht entnehmen.
61Soweit die Bescheinigung der Volksrepublik Donezk vom 19.05.2017 noch Angaben zu Familienmitgliedern enthält, die mit P. H. zusammengelebt haben sollen, sind auch diese als Beweis für die biologische Abstammung des Klägers ungeeignet. Sie sind auch als Indizien für eine eheähnliche Gemeinschaft im Jahr 1946 ungeeignet, weil sie keine Daten zum Zeitraum des Zusammenlebens enthalten und im Übrigen teilweise falsch sind. Beispielsweise ist B. E. , geb. 1938, der Sohn der Mutter des Klägers aus ihrer ersten Ehe, aber nachweislich nicht der Sohn von P. H. . Gleichzeitig fehlt in der Aufzählung der später anerkannte Sohn X. .
62Auch aus der vorgelegten Bescheinigung des Standesamts der Stadt L. vom 26.04.2018 über die Eintragungen im Heiratsregister des Jahres 1953 lassen sich keine eindeutigen Aussagen über den biologischen Vater des Klägers entnehmen. Zwar wird über den Ehemann, Q. H. , angeblich im Heiratsregister angegeben: „hat 3 Kinder, die erste Ehe“, für die Ehefrau, W. E1. ; „hat 3 Kinder, erste Ehe“. Diese Angaben sind jedoch offensichtlich unzutreffend. Im Jahr 1953 war in den Geburtsurkunden der vorehelich geborenen Kinder P. , Q. und X. ein Vater nicht angegeben. Demzufolge kann dieser auch nicht im Geburtsregister verzeichnet sein und in das Heiratsregister übernommen worden sein. W. E1. hatte hingegen 4 Kinder, nämlich zusätzlich einen Sohn aus erster Ehe, B. E. . Für sie war also die Ehe mit P. H. die zweite Ehe.
63Ein Nachweis für die biologische Vaterschaft von Q. H2. ergibt sich auch nicht aus den beigefügten Familienfotos, insbesondere aus dem Portraitfoto von Q. H. aus dem Jahr 1972 mit der rückseitigen Aufschrift „An meine lieben Kinder Q. , X1. , O1. von ihrem Vater und Großvater“ und der Unterschrift „P H. “.
64Selbst wenn man dem beigefügten unvollständigen Schriftgutachten vom 21.05.2018 (Beiakte 4; es fehlen die Fotos 1 und 2) entnehmen könnte, dass die Unterschrift tatsächlich von P. H. stammt, würde es sich lediglich um eine Erklärung handeln, die das tatsächliche Zusammenleben in der Familie widerspiegelt. Es ist nicht erkennbar, ob hierdurch nur die soziale Vaterrolle von P. H. zum Ausdruck kommt oder ob er von einer leiblichen Vaterschaft ausgeht.
65Bei Würdigung aller vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Vaterschaft von Q. Q2. H. für den Kläger zwar nicht ausgeschlossen werden kann. Dafür sprechen die Vatersnamen der Geschwister Q. Q2. E. und X. Q2. H. und das Zusammenleben der Kinder mit den Eheleuten W. E1. /H. ab 1953.
66Jedoch verbleiben durchgreifende Zweifel an der biologischen Vaterschaft der vorehelich geborenen Kinder, die auch durch die Anzeichen für nachträgliche Änderungen in den Militärausweisen der Brüder Q. und X. sowie die zahlreichen Ungereimtheiten in den vorgelegten Dokumenten gestützt werden. Nachweise für die biologische Abstammung oder eindeutige Indizien liegen nicht vor. Angeforderte Unterlagen, die weiteren Aufschluss über eine eheähnliche Gemeinschaft der Mutter des Klägers mit P. H. im Jahr 1946 hätten geben können, wie z.B. Nachweise über die Dauer der ersten Ehe mit J1. E. oder über den Aufenthaltsort der Mutter ab 1942 in Form des Arbeitsbuches, konnten nicht vorgelegt werden.
67Diese Zweifel gehen zu Lasten des beweisbelasteten Klägers, da es sich bei der Abstammung um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt. Auch im Fall einer Beweisnot muss der Kläger durch einen vollständigen, schlüssigen Vortrag eine Überzeugung des erkennenden Gerichts von der Tatsache der biologischen Abstammung begründen,
68vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.12.1999 – 5 B 102.99 – juris, Rn. 6, OVG NRW, Urteil vom 08.04.2010 – 12 A 2782/07 – juris, rn. 71; VG Köln, Urteil vom 18.04.2018 – 10 K 2454/16 – juris Rn. 28.
69Diese Überzeugung konnte im vorliegenden Verfahren nicht gewonnen werden.
70Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
71Rechtsmittelbelehrung
72Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
73- 74
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 75
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 76
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 77
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
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5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
80Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
81Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
82Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
83Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
84Beschluss
85Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
865.000,00 €
87festgesetzt.
88Gründe
89Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
90Rechtsmittelbelehrung
91Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
92Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
93Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
94Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
95Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Deutscher Volkszugehöriger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird.
(2) Wer nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf andere Weise zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis auf andere Weise kann insbesondere durch den Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse entsprechend dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen oder durch den Nachweis familiär vermittelter Deutschkenntnisse erbracht werden. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum muss bestätigt werden durch den Nachweis der Fähigkeit, zum Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag, in Fällen des § 27 Absatz 1 Satz 2 im Zeitpunkt der Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich dieses Gesetzes, zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, es sei denn, der Aufnahmebewerber kann diese Fähigkeit wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch nicht besitzen. Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch auf Grund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
(1) Abgesehen von Entscheidungen in Ehesachen sowie von Entscheidungen nach § 1 Absatz 2 des Adoptionswirkungsgesetzes werden ausländische Entscheidungen anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
(2) Beteiligte, die ein rechtliches Interesse haben, können eine Entscheidung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht vermögensrechtlichen Inhalts beantragen. § 107 Abs. 9 gilt entsprechend. Für die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer Annahme als Kind gelten jedoch die Bestimmungen des Adoptionswirkungsgesetzes, wenn der Angenommene zur Zeit der Annahme das 18. Lebensjahr nicht vollendet hatte.
(3) Für die Entscheidung über den Antrag nach Absatz 2 Satz 1 ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk zum Zeitpunkt der Antragstellung
Diese Zuständigkeiten sind ausschließlich.(1) Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung ist ausgeschlossen,
- 1.
wenn die Gerichte des anderen Staates nach deutschem Recht nicht zuständig sind; - 2.
wenn einem Beteiligten, der sich zur Hauptsache nicht geäußert hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig mitgeteilt worden ist, dass er seine Rechte wahrnehmen konnte; - 3.
wenn die Entscheidung mit einer hier erlassenen oder anzuerkennenden früheren ausländischen Entscheidung oder wenn das ihr zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist; - 4.
wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist.
(2) Der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in einer Ehesache steht § 98 Abs. 1 Nr. 4 nicht entgegen, wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat hatte, dessen Gerichte entschieden haben. Wird eine ausländische Entscheidung in einer Ehesache von den Staaten anerkannt, denen die Ehegatten angehören, steht § 98 der Anerkennung der Entscheidung nicht entgegen.
(3) § 103 steht der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in einer Lebenspartnerschaftssache nicht entgegen, wenn der Register führende Staat die Entscheidung anerkennt.
(4) Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, die
- 1.
Familienstreitsachen, - 2.
die Verpflichtung zur Fürsorge und Unterstützung in der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft, - 3.
die Regelung der Rechtsverhältnisse an der gemeinsamen Wohnung und an den Haushaltsgegenständen der Lebenspartner, - 4.
Entscheidungen nach § 6 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder - 5.
Entscheidungen nach § 7 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1426, 1430 und 1452 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(5) Eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der ausländischen Entscheidung findet nicht statt.
(1) Im Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft dürfen von den beteiligten Personen nicht vorgebrachte Tatsachen nur berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, dem Fortbestand der Vaterschaft zu dienen, oder wenn der die Vaterschaft Anfechtende einer Berücksichtigung nicht widerspricht.
(2) Über die Abstammung in Verfahren nach § 169 Nr. 1 und 4 hat eine förmliche Beweisaufnahme stattzufinden. Die Begutachtung durch einen Sachverständigen kann durch die Verwertung eines von einem Beteiligten mit Zustimmung der anderen Beteiligten eingeholten Gutachtens über die Abstammung ersetzt werden, wenn das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der im Gutachten getroffenen Feststellungen hat und die Beteiligten zustimmen.
(1) Soweit es zur Feststellung der Abstammung erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.
(2) Die §§ 386 bis 390 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Bei wiederholter unberechtigter Verweigerung der Untersuchung kann auch unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zur Untersuchung angeordnet werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien streiten um die Vollstreckbarkeit der Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus dem Urteil des polnischen Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005.
- 2
- Der am 1. August 1999 nichtehelich geborene Antragsteller lebt in Polen bei seiner Großmutter mütterlicherseits, die mit Beschluss des polnischen Amtsgerichts M. vom 16. April 2004 zu seiner rechtlichen Pflegerin bestellt worden ist. Die Mutter des Antragstellers ist seit dem Jahre 2003 unbekannten Aufenthalts. Ein Antrag auf Namenswechsel des minderjährigen Kindes wurde abgewiesen.
- 3
- Die Klage des Antragstellers auf Feststellung der Vaterschaft und auf Zahlung von Kindesunterhalt wurde dem in der Bundesrepublik Deutschland wohnenden Antragsgegner am 16. Juli 2004 im Wege der Rechtshilfe zugestellt. Zur Zustellung im Ausland sieht das polnische Zivilverfahrensgesetzbuch vom 17. November 1964 (im Folgenden: ZVGB) in Art. 1135 folgende Regelung vor (zitiert nach Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 89): "Art. 1135 § 1 Eine im Ausland wohnhafte Person ist verpflichtet, wenn sie nicht einen in Polen wohnhaften Bevollmächtigten zur Führung einer Rechtssache bestellt hat, einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen. § 2 Wird ein Zustellungsbevollmächtigter nicht benannt, so verbleiben die für die Partei bestimmten gerichtlichen Schriftstücke in den Akten der Sache mit der Wirkung der Zustellung. Die Partei ist hierüber bei der ersten Zusendung zu belehren. Die Partei muss auch über die Möglichkeit zur Ein- reichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und schriftliche Erklärungen belehrt werden sowie darüber, wer zum Bevollmächtigten bestellt werden kann."
- 4
- Mit der Zustellung der Klageschrift wurde dem Antragsgegner folgende Belehrung übersandt: "Belehrung Betreffend Ladungen lt. Mustern 8, 9, 10 und 11 1. Falls die im Ausland wohnhaften Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens keinen in Polen wohnhaften Verfahrensbevollmächtigten bestellen, sollen sie innerhalb eines Monats ab Zustellung der vorliegenden Ladung dem Gericht den Vor-, Zunamen und die Adresse des Zustellungsbevollmächtigten mitteilen. Jede in Polen wohnhafte, volljährige und geschäftsfähige Person kann zustellungsbevollmächtigt werden. Nach erfolglosem Ablauf der vorgegebenen Frist werden die an die Parteien bzw. Teilnehmer des Verfahrens gerichteten Schriftstücke gem. Art. 1135 der Zivilverfahrensordnung den Akten der Sache mit Zustellungswirkung beigefügt..."
- 5
- Der Antragsgegner hat keinen Verfahrensbevollmächtigten und auch keinen Zustellungsbevollmächtigten in Polen benannt. In der Folgezeit sind ihm deswegen weder weitere Mitteilungen oder Ladungen, noch die Entscheidung des Amtsgerichts zugestellt noch sonst übersandt worden.
- 6
- Auf Antrag des polnischen Amtsgerichts wurde der Antragsgegner am 20. Dezember 2004 durch das Amtsgericht G. im Wege der Rechtshilfe vernommen. Er räumte ein, die Mutter des Klägers vor vielen Jahren in K. kennen gelernt und ihr eine Übernachtungsmöglichkeit in seiner Wohnung eingeräumt zu haben. Er habe mit der Mutter des Klägers allerdings nie geschlechtlich verkehrt. Sie selbst habe ihm gegenüber eingeräumt, in einem Bordell gearbeitet zu haben, wobei es möglicherweise zu der Empfängnis gekommen sei. Als die Mutter des Antragstellers später in hochschwangerem Zustand bei ihm erschienen sei, habe er diese ins Krankenhaus gebracht, wo sie entbunden habe. Um zu vermeiden, dass aufgrund irgendwelcher Angaben, möglicherweise falscher Aussagen der Kindesmutter, in Polen seine Vaterschaft festgestellt werde, regte er ausdrücklich an, nicht ohne Einholung eines Gutachtens in der Sache zu entscheiden. Er sei bereit, sich hier in Deutschland entsprechenden Untersuchungen zu unterziehen.
- 7
- Nach Rückkehr der Akten wurde die Großmutter des Antragstellers im Verhandlungstermin vom 3. Februar 2005 vom polnischen Amtsgericht angehört. Danach sei die Mutter des Antragstellers seit mehreren Jahren nach Deutschland gereist, um dort zu arbeiten. Von dort habe sie geschrieben, dass sie schwanger sei und bei dem Antragsgegner wohne. Als der Antragsteller 16 Monate alt gewesen sei, sei sie mit ihm nach Polen zurückgekehrt und habe ihr gegenüber den Antragsgegner "entschlossen" als Vater des Kindes benannt. Sie wisse allerdings nicht, ob der Vorwurf des Antragsgegners, die Mutter des Antragstellers sei der Prostitution nachgegangen, richtig sei.
- 8
- Im Anschluss an die Vernehmung der Großmutter des Antragstellers wurde die Sache "für klar erklärt", ein Urteil verkündet und mündlich begründet. In dem Urteil vom 3. Februar 2005 wurde festgestellt, dass der Antragsgegner Vater des Antragstellers sei. Er wurde unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Antragsteller monatlichen Unterhalt in Höhe von 500 PLN, beginnend ab dem 21. April 2004, zu zahlen. Eine schriftliche Begründung des Urteils liegt nicht vor. Das Urteil ist seit dem 25. Februar 2005 rechtskräftig und vollstreckbar.
- 9
- Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hat der Antragsteller Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 in Deutschland beantragt. Den zugleich begründeten Vollstreckbarkeitsantrag hat er lediglich für den Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe erhoben und dazu in den Gründen ausgeführt: "Da alle Ansprüche ausschließlich nur im Rahmen gewährter Prozesskostenhilfe geltend gemacht werden, wird gebeten, diesen Antrag auf Vollstreckbarerklärung so lange als Entwurf zu behandeln, bis die beantragte Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen gewährt worden ist."
- 10
- Mit Beschluss vom 16. Januar 2007 erklärte das Landgericht K. die Unterhaltspflicht aus dem Urteil des Amtsgerichts M. vom 3. Februar 2005 für in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar. Zugleich bewilligte es dem Antragsteller für das Verfahren ratenlose Prozesskostenhilfe. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners , mit der er seinen Abweisungsantrag weiter verfolgt.
II.
- 11
- Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 c und Nr. 2 b, 15 Abs. 1 AVAG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auch zulässig, weil sie zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen und zur Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung.
- 12
- 1. Im Ansatzpunkt zu Recht ist das Oberlandesgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Anerkennung und Vollstreckung des polnischen Urteils über Kindesunterhalt hier ausnahmsweise von der Anerkennungsfähigkeit der zugleich getroffenen Vaterschaftsfeststellung abhängt.
- 13
- Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hängt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels allerdings nur dann von einer Statusentscheidung ab, wenn der Unterhaltstitel auf dieser Statusentscheidung beruht. Das ist zwar hinsichtlich eines Scheidungsurteils nicht der Fall, weil die Unterhaltspflicht für ein Kind unabhängig von der Ehescheidung der Eltern besteht (Senatsurteil vom 14. Februar 2007 - XII ZR 163/05 - FamRZ 2007, 717 Tz. 17 f.). Schafft die Statusentscheidung aber erst das Eltern -Kind-Verhältnis als Grundlage der Unterhaltspflicht, kann der Unterhaltstitel nur dann vollstreckt werden, wenn auch die Statusentscheidung nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstößt. Insoweit ist über die Vaterschaft dann als Vorfrage in dem Vollstreckbarkeitsverfahren hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs mit zu entscheiden (BGHZ 64, 19, 22 = FamRZ 1975, 273, 274).
- 14
- Allerdings darf die zu vollstreckende ausländische Entscheidung sowohl nach Art. 36 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO = Brüssel I-VO), als auch nach Art. 12 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) nicht in der Sache selbst nachgeprüft werden. Während Art. 27 Nr. 4 des Luganer Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 10. September 1988 (LugÜ) noch ausdrücklich einen Verstoß gegen Vorschriften des internati- onalen Privatrechts im Rahmen einer Vorfrage als Anerkennungshindernis bezeichnet , werden diese Entscheidungen jetzt unmittelbar durch Art. 33 Brüssel I-VO bzw. Art. 4 HUVÜ 73 anerkannt (Martiny FamRZ 2008, 1681, 1686). Im Hinblick auf das Verbot der révision au fond darf die Vorfrage der Abstammung nur noch bei besonders gravierenden Verstößen gegen den ordre public überprüft werden (vgl. auch OLG Hamm FamRZ 2006, 968; 2004, 719 und IPRspr 2004, 403 sowie Geimer IPRax 2004, 419, 420). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch vor.
- 15
- a) Die Vollstreckbarkeit des polnischen Titels auf Kindesunterhalt richtet sich nach den Vorschriften der Brüssel I-VO. Gemäß Art. 1 Abs. 3 der Brüssel I-VO ist diese seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union zum 1. Mai 2004 auch im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen anwendbar (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 18 und 21).
- 16
- Zwar ist eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Unterhaltspflichten im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu Polen auch nach dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUVÜ 73) möglich. Dieses Übereinkommen bleibt von der Brüssel I-VO nach dessen Art. 71 Abs. 1 auch unberührt. In jedem Fall können daneben aber die Bestimmungen der Brüssel I-VO über das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt werden (Art. 23 HUVÜ 73; vgl. auch Heiderhoff IPRax 2004, 99, 100 f. und Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis § 9 Rdn. 226 f.).
- 17
- Die weiteren Einzelheiten des Anerkennungsverfahrens richten sich nach den Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz; im Folgenden: AVAG).
- 18
- b) Auf die hier als Vorfrage zu klärende Anerkennungsfähigkeit des Vaterschaftsfeststellungsurteils sind allerdings weder die Brüssel I-VO noch das HUVÜ 73 anwendbar. Nach Art. 1 Abs. 2 a der Brüssel I-VO ist diese ausdrücklich nicht auf Entscheidungen über den Personenstand anwendbar. Auch das HUVÜ 73 ist nach dessen Art. 1 Abs. 1 lediglich auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten anwendbar. Die Anerkennung der polnischen Vaterschaftsfeststellung richtet sich somit nach dem autonomen innerstaatlichen Recht in § 328 ZPO (vgl. Geimer IPRax 2004, 419). Im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens kann die Anerkennung eines als Vorfrage erheblichen Statusurteils aber nur bei besonders gravierenden Verstößen im Sinne der Versagungsgründe des § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO abgelehnt werden. Auf die verbürgte Gegenseitigkeit i.S. des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO kommt es hier allerdings nicht an, weil die Anerkennung eines ausländischen Urteils zur Feststellung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses betroffen ist (§ 328 Abs. 2 i.V.m. § 640 Abs. 1 ZPO).
- 19
- 2. Das Landgericht hatte zwar verfahrenswidrig über einen bedingten und daher unzulässigen Antrag entschieden, dies ist aber im Beschwerdeverfahren geheilt worden.
- 20
- Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hatte der Antragsteller Prozesskostenhilfe für ein Vollstreckbarkeitsverfahren begehrt und ausdrücklich darauf hingewiesen , dass die zugleich beantragte und begründete Vollstreckbarerklärung des polnischen Unterhaltstitels bis zur Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe als Entwurf behandelt werden solle. Damit lag zunächst lediglich eine bedingte Klage vor. Nach Art. 40 Abs. 1 der Brüssel I-VO ist für den Vollstreckbarkeitsantrag das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend. Gleiches gilt für die Vollstreckung nach dem HUVÜ 73 und die Anerkennung nach § 328 ZPO. Danach ist der Antrag als eine ein beschränktes Erkenntnisverfahren einleitende Prozesshandlung allerdings bedingungsfeindlich (vgl. BGH Urteil vom 10. Juli 2003 - IX ZR 113/01 - NJW-RR 2003, 1558 f. Tz. 10 m.w.N.). Der hier unter der Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt erhobene Vollstreckbarkeitsantrag war somit zunächst unzulässig.
- 21
- Gleichwohl ist die Beschwerdeentscheidung nicht schon deswegen aufzuheben. Denn der Antragsteller hat jedenfalls durch seinen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners, der nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auslegungsfähig ist, nach Bewilligung der Prozesskostenhilfe einen unbedingten Antrag auf Vollstreckbarerklärung (vgl. Artt. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1 Brüssel I-VO; Art. 13 HUVÜ; § 4 Abs. 1, 2 AVAG) gestellt , über den das Beschwerdegericht in der Sache entscheiden durfte. Dem steht auch nicht entgegen, dass dem Antragsteller durch diese Sachentscheidung des Beschwerdegerichts eine Instanz verloren gegangen ist. Nachdem der Antragsgegner bereits beteiligt wurde, ist dem Antragsteller an einer schnellstmöglichen Entscheidung über den Vollstreckbarkeitsantrag gelegen. Weil in Verfahren nach der Brüssel I-VO oder dem HUVÜ 73 erstinstanzlich über den Vollstreckbarkeitsantrag ohne Anhörung des Antragsgegners entschieden wird (Art. 41 Brüssel I-VO und § 6 AVAG) und dieser eventuelle Einwendungen erst im Beschwerdeverfahren vorbringen kann, ist auch er durch den Verlust der ersten Instanz nicht beschwert.
- 22
- 3. Die Rechtsbeschwerde hat gleichwohl Erfolg und die Sache ist aus anderen Gründen zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 ZPO). Denn die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass das dem polnischen Urteil zugrunde liegende Verfahren gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nach Art. 34 Nr. 1 der Brüssel I-VO und Art. 5 Nr. 1 HUVÜ sowie nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verstößt.
- 23
- a) Zwar dürfen die Behörden und Gerichte des Vollstreckungsstaates nach Art. 31 Abs. 3 der Brüssel I-VO und nach Art. 12 HUVÜ 73 die zu vollstreckende Entscheidung grundsätzlich nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit nachprüfen. Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf lediglich versagt werden, wenn einer der in den Artt. 22 bis 24 der Brüssel I-VO bzw. in Art. 5 HUVÜ 73 genannten und besonders gravierenden Verfahrensverstöße vorliegt. Dabei führt selbst eine Verletzung des verfassungsrechtlich geschützten Grundsatzes des rechtlichen Gehörs noch nicht stets zu einem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public im Sinne dieser Vorschriften.
- 24
- aa) Wie im Rahmen des früheren Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 in der Fassung des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29. November 1996 (EuGVÜ; BGBl. II 1998 S. 1412; vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868, 869) und der Brüssel I-VO ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch im Rahmen der Vollstreckbarkeit nach dem HUVÜ 73 insoweit gewährleistet, als das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und so rechtzeitig zugestellt worden sein muss, dass der Beklagte sich hinreichend verteidigen konnte. Dem Beklagten muss ausreichend Zeit verbleiben, um seine Verteidigung vorzubereiten und die zur Vermeidung einer Versäumnisentscheidung erforderlichen Schritte einzuleiten (vgl. EuGHE 1981, 1573, 1608 f.).
- 25
- Darüber hinaus greift der Vorbehalt des ordre public aber nur in Ausnahmefällen ein. Die Vollstreckbarerklärung kann insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (EuGH Urteil vom 11. Mai 2000 - C-38/98 - veröffentlicht bei Juris; Senatsbeschluss vom 21. März 1990 - XII ZB 71/89 - FamRZ 1990, 868, 869 Tz. 12).
- 26
- Der Schutz des rechtlichen Gehörs erstreckt sich also nicht auf eine bestimmte verfahrensrechtliche Ausgestaltung. Bei der Anwendung jener Verfahrensbestimmung zur Konkretisierung des gemäß Art. 23 Ziff. a Brüssel I-VO bzw. Art. 5 Nr. 1 HUVÜ 73 maßgeblichen verfahrensrechtlichen ordre public ist vielmehr auf die Grundsätze abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit zur Äußerung hatte. Ferner verlangt das Gebot der Achtung der Menschenwürde, dass ein Beteiligter in der Lage sein muss, auf den Verfahrensablauf aktiv Einfluss zu nehmen (BVerfGE 63, 332, 337 und BGHZ 118, 312, 321 jeweils m.w.N.; Rauscher/Leible Europäisches Zivilprozessrecht Bd. 1 Art. 34 Brüssel I-VO Rdn. 13 ff.; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 13 ff.).
- 27
- Darüber hinaus hat in erster Linie jede Partei selbst nach besten Kräften für ihre eigene ordnungsgemäße Vertretung in einem ihr bekannten Gerichtsverfahren zu sorgen (BGHZ 141, 286, 297 f.). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt also nicht unabhängig von der Verfahrensart und nicht ohne Einschränkung in jedem Fall. Vielmehr tritt der Grundsatz, dass rechtliches Gehör vor der Entscheidung zu gewähren ist, zurück, wenn sich aus dem Zweck und der Besonderheit einzelner Verfahren zwingend Beschränkungen ergeben, wie z.B. bei der Zwangsvollstreckung von Forderungen (§ 834 ZPO), im Arrestverfahren (§ 921 ZPO) oder bei Erlass eines Haftbefehls (§ 114 a StPO). Ferner kann auch nach deutschem Prozessrecht eine Partei durch eigenes schuldhaftes Verhalten den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlieren, etwa nach §§ 296, 530 f. ZPO, wenn sie Angriffs- oder Verteidigungsmittel später als möglich vorbringt. Ihr Vorbringen kann dann unter bestimmten Voraussetzungen zurückgewiesen werden. Art. 103 Abs. 1 GG ist ferner nicht verletzt, wenn der Beteiligte gemäß § 177 GVG wegen eines die Ordnung störenden Verhaltens aus dem Sitzungszimmer entfernt werden muss und deshalb kein rechtliches Gehör mehr finden konnte; er hat dann die an sich gegebene Gelegenheit zur Äußerung durch sein eigenes Verhalten verloren (BGHZ 48, 327, 332). Entsprechend sehen auch das HUVÜ 73 und die Brüssel I-VO nach dem zu ihrer Ausführung erlassenen § 6 AVAG in erster Instanz des Vollstreckbarkeitsverfahrens keine vorherige Anhörung des Schuldners vor. Dieser kann Einwände erst mit seinem Rechtsmittel vorbringen.
- 28
- bb) Hinzu kommt, dass der Ablauf des ausländischen Verfahrens im Rahmen des - hier relevanten - ordre public nur unter Berücksichtigung des Systems und der Struktur des ausländischen Rechts gemessen werden kann. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Feststellung der Vaterschaft auch nach polnischem Recht lediglich durch Anerkennung der Vaterschaft oder durch Gerichtsurteil erfolgen kann (Art. 72 des polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches vom 25. Februar 1964, im Folgenden: FVGB). Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft setzt voraus, dass diese im Wege der Beweisaufnahme geklärt wird, wobei eine Vaterschaftsvermutung gegen den Mann besteht, der der Mutter des Kindes nicht früher als 300 Tage und nicht später als 180 Tage vor der Geburt des Kindes beigewohnt hat (Artt. 84 ff., 85 § 1 FVGB). Ein einheitlicher Maßstab, wie ein Gericht seine Überzeugung von der Vaterschaft gewinnen muss, lässt sich dafür nicht aufstellen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Art und Weise, wie der ausländische Richter im Einzelfall verfahren ist, den Prinzipien zuwiderläuft, auf denen Art. 103 Abs. 1 GG beruht. Auch insoweit ist also auf die Grundwerte abzustellen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will (BGHZ 48, 327, 332 f.).
- 29
- Das Gebot der Achtung der Menschenwürde ist allerdings auch im Verfahren der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung verletzt, wenn einem Verfahrensbeteiligten nicht die Rolle eines Verfahrenssubjekts eingeräumt würde, das aktiv die Gestaltung des Verfahrens beeinflussen kann, sondern nur die Rolle eines - passiven - Verfahrensobjekts, mit dem im gerichtlichen Verfahren etwas geschieht (BGHZ 118, 312, 321 und 48, 327, 333). Schließlich schützt der ordre public auch vor willkürlichen Entscheidungen, die in dem Vortrag der Beteiligten und den weiteren Feststellungen keine Grundlage finden.
- 30
- cc) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat der Senat bereits wiederholt entschieden, dass ein die Anerkennung eines ausländischen Urteils ausschließender Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public nicht vorliegt, wenn das ausländische Gericht allein aufgrund der Aussage der Mutter eine Vaterschaft festgestellt hat, weil eine Begutachtung des mutmaßlichen Vaters nicht möglich war (Senatsurteile vom 9. April 1986 - IVb ZR 28/85 - FamRZ 1986, 665, 667 und vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490, 491 f.). Zwar wird sich eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter, sie habe in der gesetzlichen Empfängniszeit mit keinem anderen Mann Geschlechtsverkehr gehabt, nach deutschem Recht in der Regel verbieten. Andererseits ist aber auch im deutschen Statusverfahren die Aussage der Kindesmutter unbeschadet der verfeinerten Methoden naturwissenschaftlicher Begutachtung als Beweismittel weiterhin von Bedeutung. Wenn eine ausländische Entscheidung der Aussage der Kindesmutter mangels abweichender Anhaltspunkte sogar so viel Gewicht beimisst, dass es sie als Grundlage einer Vaterschaftsfeststellung ausreichen lässt, gerät allein dies noch nicht in unerträglichen Gegensatz zu den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts. Auch nach deutschem Recht ist eine Vaterschaftsfeststellung allein aufgrund der Aussage der Kindesmutter jedenfalls dann denkbar, wenn der als Vater in Anspruch genommene Mann die medizinische Begutachtung vereitelt (Senatsurteil vom 9. April 1986 - IVb ZR 27/85 - FamRZ 1986, 663, 664 f.). Das gilt insbesondere dann, wenn der Vater eingeräumt hatte, mit der Mutter während der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (Senatsurteil vom 22. Januar 1997 - XII ZR 207/95 - FamRZ 1997, 490 Tz. 29; vgl. auch OLG Düsseldorf FamRZ 1998, 694).
- 31
- b) Auch auf dieser rechtlichen Grundlage ist vorliegend allerdings von einem so gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in seiner Ausprägung als Willkürverbot auszugehen, dass eine Vollstreckung des polnischen Unterhaltstitels gegen den verfahrensrechtlichen ordre public verstoßen würde. Denn das polnische Gericht hat seine Statusentscheidung auf eine Aussage vom Hörensagen gestützt, statt das angebotene unmittelbare Beweismittel des Sachverständigengutachtens einzuholen und die Aussage des Antragsgegners zur Kenntnis zu nehmen. Der Entscheidung ist deswegen die Vollstreckbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu versagen.
- 32
- aa) Umstände, die auf der Grundlage der bisherigen Senatsrechtsprechung eine Vaterschaft des Antragsgegners mit der im Statusverfahren gebotenen Sicherheit begründen könnten, sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Gegensatz zu den genannten früheren Fällen hat die Mutter des Antragstellers hier keine eigene Aussage abgegeben. Sie ist vielmehr unbekannten Aufenthalts. Die Großmutter des Antragstellers, die vom polnischen Amtsgericht vernommen worden ist, konnte zur Empfängnis und zur Abstammung des Antragstellers keine eigenen unmittelbaren Tatsachen bekunden. Auch zur Vaterschaftsvermutung des Art. 85 § 1 FVGB ist ihre Aussage unerheblich, zumal sie keine konkreten Fälle der Beiwohnung schildern konnte. Ihre Aussage beschränkt sich allein auf die Wiedergabe einer pauschalen Äußerung der nicht erreichbaren Kindesmutter zur Vaterschaft des Antragsgegners, mithin auf eine Aussage vom Hörensagen.
- 33
- Dem steht die Aussage des Antragsgegners im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung vor dem Amtsgericht Gummersbach am 20. Dezember 2004 entgegen. Der Antragsgegner hat darin nicht bestritten, dass er die Kindesmutter in Deutschland kennen gelernt hatte und in seiner Wohnung übernachten ließ. Einen Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter hat er allerdings entschieden bestritten. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner eine weitere plausible Möglichkeit der Abstammung behauptet hat, zumal die Kindesmutter nach seiner Aussage der Prostitution nachgegangen ist und ihm gegenüber eine mögliche Empfängnis in diesem Zusammenhang offenbart habe. Diesem Vortrag zum Mehrverkehr durch Prostitutionsausübung hat auch die Großmutter mütterlicherseits nicht widersprechen können.
- 34
- Schließlich hat der Antragsgegner im Rahmen seiner Rechtshilfevernehmung ausdrücklich angeregt, über den Antrag des Kindes nicht ohne Einholung eines Gutachtens zu entscheiden. Auch hat er sich eindeutig zur Mitwirkung an der Erstellung eines solchen Gutachtens einverstanden erklärt.
- 35
- bb) Wenn das polnische Amtsgericht lediglich aufgrund der Aussage der Großmutter, einer Zeugin vom Hörensagen, und ohne weitere Ermittlungen zu einer Feststellung der Vaterschaft des Antragsgegners gelangt ist, obwohl die Einholung eines Gutachtens möglich gewesen wäre, liegt darin ein Verstoß, der den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße widerspricht , dass die Entscheidung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann.
- 36
- Die Entscheidung verstößt gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, weil sie die Aussage des Antragsgegners in seiner Rechtshilfevernehmung nicht zur Kenntnis nimmt und sich damit als willkürlich darstellt. Nach den vom polnischen Amtsgericht im Rahmen seiner Ermittlungen erhobenen Beweisen konnte es nicht von einem Beweis der Abstammung des Antragstellers vom Antragsgegner ausgehen. Die Großmutter des Antragstellers hat lediglich eine pauschale Aussage vom Hörensagen abgegeben, die für sich genommen kaum Beweiswert hat. Entscheidend ist aber, dass es im Statusverfahren die substantiierte Aussage des Antragsgegners und insbesondere seine als Antrag aufzunehmende Anregung zur Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht berücksichtigt hat (zum Ermittlungsgrundsatz im polnischen Verfahrensrecht vgl. Gralla in: Gralla/Leonhardt Das Unterhaltsrecht in Osteuropa S. 137 f.; zum "obersten Grundsatz der objektiven Wahrheit" vgl. Gralla JOR 1969 1. Halbjahr S. 213). Dieser Fehler im Erkenntnisverfahren erschöpft sich auch nicht in einer fehlerhaften Beweisaufnahme. Im Hinblick auf den eingeschränkten Beweiswert der Aussage der Großmutter des Antragstellers und die widersprechende substantiierte Aussage des Antragsgegners sind dessen Vortrag und Beweisangebot offensichtlich unberücksichtigt geblieben. Das kann auch unter Beachtung des hohen Maßstabs des verfahrensrechtlichen ordre public nicht hingenommen werden.
- 37
- Das polnische Urteil ist auch nicht in zulässiger Weise allein auf den Vortrag des Antragstellers gestützt. Der besonderen Bedeutung des Ermittlungsgrundsatzes im Statusverfahren mit Rechtsfolgen für und gegen jedermann ist das Amtsgericht zwar dadurch nachgekommen, dass es den Antragsgegner im Wege der Rechtshilfe in Deutschland angehört hat. Nach der Rechtshilfevernehmung des Antragsgegners durfte es dessen Aussage aber nicht unbeachtet lassen. Entsprechend ist das Urteil vom 3. Februar 2005 im Hinblick auf die besondere Bedeutung des Statusverfahrens auch nicht als Versäumnisurteil ergangen. Es ist mit Gründen versehen, wenngleich diese - ausweislich des Protokolls vom 3. Februar 2005 - lediglich mündlich verkündet worden sind. Dies entspricht trotz der Säumnis des Antragsgegners der besonderen Bedeutung des Statusverfahrens mit der inter-omnes-Wirkung des Feststellungsurteils.
- 38
- cc) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung ohne schriftliche Gründe ergangen ist. Allein darin liegt zwar noch kein Verstoß gegen den ordre public. Die Prüfung des ausländischen Urteils auf seine Vereinbarkeit mit dem ordre public wird dadurch allerdings erschwert, so dass eine Unsicherheit zu Lasten des Vollstreckungsgläubigers geht (Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 257 m.w.N.). Der Antragsteller hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, im Rahmen des Vollstreckbarkeitsverfahrens gemäß Art. 1144 ZVGB eine nachträgliche Begründung zu beantragen.
- 39
- dd) Der Umstand, dass der Antragsgegner kein Rechtsmittel gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegt hat, steht seinem Einwand eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public hier ausnahmsweise nicht entgegen.
- 40
- Grundsätzlich ist die Rüge eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zwar dann ausgeschlossen, wenn der Antragsgegner des Vollstreckbarkeitsverfahrens im Erkenntnisverfahren nicht alle nach dem Recht des Erststaates statthaften, zulässigen und zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft hat (vgl. Geimer in: Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 2. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 57; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht 7. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rdn. 42; Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 328 Rdn. 237; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. Artt. 34 - 36 EuGVVO Rdn. 4; Geimer IPRax 2004, 419, 420). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass dem Schuldner im Vollstreckbarkeitsverfahren keine Verfahrensrüge zustehen soll, die er mit einem Rechtsmittel im Erkenntnisverfahren hätte vorbringen können und auf die er in Kenntnis des ausländischen Titels verzichtet hatte.
- 41
- Hier hatte der Antragsgegner allerdings keine Kenntnis von der mit der Appelation anfechtbaren (vgl. Bergmann/Ferid/Gralla Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderabschnitt Polen Stand 1. Oktober 2007 S. 32 a) amtsgerichtlichen Entscheidung. Denn weil er weder einen Prozessbevollmächtigten noch einen Zustellungsbevollmächtigten benannt hatte, wurde er an dem weiteren Verfahren - bis auf seine Rechtshilfevernehmung - nicht mehr beteiligt. Weil er hier auf eine Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vertrauen durfte, hat er durch seine Untätigkeit nicht auf die Rüge eines ihm bekannten Verfahrensverstoßes verzichtet. Zwar sieht Art. 1135 § 2 ZVGB für eine im Ausland wohnende Person die Verpflichtung vor, in Ermangelung eines Prozessbevollmächtigten einen Zustellungsbevollmächtigten in Polen zu benennen. Kommt er dem nicht nach, verbleiben die für ihn bestimmten gerichtlichen Schriftstücke mit der Wirkung der Zustellung in den Gerichtsakten, worüber die Partei bei der ersten Zustellung zu belehren ist. Zugleich ist die Prozesspartei aber auch über die Möglichkeit zur Einreichung einer Erwiderung auf den das Verfahren einleitenden Schriftsatz und zu weiteren schriftlichen Erklärungen zu belehren.
- 42
- Art. 1135 § 2 ZVGB beschneidet das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete rechtliche Gehör nicht unerheblich. Zwar sieht auch die deutsche Verfahrensvorschrift des § 184 ZPO die Verpflichtung einer ausländischen Prozesspartei vor, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Wird ein Zustellungsbevollmächtigter entgegen dieser Verpflichtung nicht benannt, können spätere Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung allerdings nur dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird (§ 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Das Schriftstück gilt dann zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt (§ 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wenn das Gericht keine längere Frist bestimmt. Auch nach deutschem Recht ist auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. Allerdings enthält die Vorschrift damit lediglich eine Zustellungsfiktion, zumal die Schriftsätze weiterhin der Prozesspartei übersandt werden. Die nach polnischem Recht bewirkte Zustellung durch Verbleib der Schriftstücke in der Prozessakte geht weit darüber hinaus.
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- Entscheidend ist in dem hier vorliegenden Einzelfall aber, dass der Antragsgegner auf der Grundlage seiner Aussage und des Angebots zur Mitwirkung an einer Begutachtung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Amtsermittlung noch nicht mit einer abschließenden Entscheidung des polnischen Gerichts rechnen musste. Selbst wenn ihm die unterlassene Übersendung der Schriftstücke im Anschluss an seine Rechtshilfevernehmung wegen der fehlenden Angabe eines Zustellungsbevollmächtigten in Polen zuzurechnen wäre, durfte er zunächst auf eine Begutachtung im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Beweisaufnahme und auf eine spätere Möglichkeit der Teilnahme am Verfahren auf der Grundlage des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens vertrauen. Auch das Unterbleiben eines rechtzeitigen Rechtsmittels durch den Antragsgegner ist deswegen auf die vorzeitige Entscheidung und somit auf den Verstoß des polnischen Amtsgerichts gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zurückzuführen und steht der Ablehnung der Vollstreckbarkeit somit nicht entgegen.
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- ee) Der Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist schließlich auch für die zu vollstreckende Entscheidung kausal geworden. Denn wenn das polnische Amtsgericht den Vortrag des Antragsgegners in seinem Statusverfahren zur Kenntnis genommen hätte, hätte es nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot abschließend entscheiden dürfen, sondern ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Ob dieses Gutachten schließlich für oder gegen eine Vaterschaft des Antragsgegners spricht, kann vorab nicht beurteilt werden; die Unsicherheit steht dem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public deswegen nicht entgegen.
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.01.2007 - 3 O 11/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 17.09.2007 - 16 W 8/07 -
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.