Verwaltungsgericht Köln Urteil, 24. Aug. 2015 - 7 K 1247/14


Gericht
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 verpflichtet, über den Registrierungsantrag für die Arzneimittel „E. “, E1. “, „E2. “ und „E3. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Versagung der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel „E. “, „E1. “, „E2. “ und „E3. “ als traditionelle pflanzliche Arzneimittel.
3Am 20.10.2010 stellte die Klägerin gleichlautende Anträge auf Registrierung gemäß § 39 a AMG für die oben genannten Arzneimittel. Hierbei handelt es sich um überzogene Tabletten, die zwei Wirkstoffe enthalten, nämlich Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (Valeriana officinalis L.) (3 – 6 : 1), Auszugsmittel: Ethanol 70 % (v/v), 56 mg pro Tablette und Trockenextrakt aus Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) (3,5 – 6 : 1), Auszugsmittel : Ethanol 60 % (m/m), 120 mg pro Tablette. Als Anwendungsgebiete wurden ursprünglich beantragt: „Zur Linderung von - leichten Verstimmungs- und Angstzuständen, - Schlafstörungen aufgrund von Symptomen leichter Angstzustände. Ausschließlich aufgrund traditioneller Anwendung“. In der Gebrauchsinformation wurden unter den Ziffern 4.3, 4.4 und 4.5 zahlreiche Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Hinweise auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufgeführt. Es wurde zunächst eine Haltbarkeit von 9 Monaten beantragt.
4Mit Nachlieferung vom 09.03.2011 übersandte die Klägerin eine Berichtigung der beantragten Anwendungsgebiete. Diese sollten wie folgt lauten: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von: - seelischen Verstimmungszuständen (z.B. einhergehend mit Interessenverlust, gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit), - nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen. Ausschließlich aufgrund traditioneller Anwendung“.
5Mit Mängelschreiben vom 13.11.2012 übersandte das BfArM der Klägerin die Formale pharmazeutische Stellungnahme, die Stellungnahme zur Qualität und die Stellungnahme zur Klinik und setzte zur Mängelbeseitigung eine Frist von 6 Monaten. In der Stellungnahme zur Klinik vom 06.11.2012 wurde eine Versagung der Registrierung in Aussicht gestellt, weil das Nutzen-Risiko-Verhältnis für die traditionelle Anwendung negativ sei. In der Begründung heißt es u. a., das Präparat falle aufgrund seiner Dosierung (Tagesdosis von mehr als 200 mg Droge) unter die Regelungen des Stufenplans für johanniskrauthaltige Arzneimittel, sodass umfangreiche Gegenanzeigen und Wechselwirkungen anzugeben seien. Zudem liege der Hyperforingehalt über 1 mg pro Tag. Laut dem HMPC-Assessment Report für Johanniskraut sei das Risiko im Rahmen der traditionellen Anwendung nur bei einem Hyperforingehalt von maximal 1 mg pro Tag akzeptabel.
6Außerdem sei das beantragte Anwendungsgebiet im Rahmen der traditionellen Anwendung nicht geeignet, weil es sich bei den aufgezählten Symptomen um typische Anzeichen einer Depression handele, sodass vor Beginn einer medikamentösen Therapie eine ärztliche Diagnose erforderlich und die Behandlung ärztlich zu überwachen sei. Auf weitere Mängel wurde hingewiesen.
7In der Stellungnahme zur Qualität vom 18.10.2012 wurde unter anderem die Gehaltsbestimmung der Leitsubstanzen Hypericin und Hyperforin in der Laufzeitspezifikation bemängelt. Diese sei mit +/- 5 %, bezogen auf den Startwert, anzugeben.
8Mit Nachlieferung vom 22.01.2013, beim BfArM eingegangen am 28.01.2013, beantwortete die Klägerin das Mängelschreiben. Sie beantragte nunmehr eine Haltbarkeit von 36 Monaten unter Vorlage entsprechender Langzeituntersuchungen. Die Anwendungsgebiete wurden folgendermaßen formuliert: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von: - seelischen Verstimmungszuständen, - nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen. Ausschließlich auf Grund der langjährigen Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert.“
9Mit Bescheid vom 18.06.2013 wurde der Antrag auf Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel zurückgewiesen. Ferner wurde die beantragte Dauer der Haltbarkeit teilversagt und eine Haltbarkeit von 18 Monaten festgesetzt. Auf weitere Mängel des Antrages, insbesondere die nicht ausreichenden Unterlagen zur Genotoxizität, wurde hingewiesen.
10Die Versagungsentscheidung wurde auf den Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG gestützt. Das Arzneimittel könne bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein. Eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel komme wegen des Drogengehaltes von mehr als 200 mg pro Tag und des Hyperforingehaltes von mehr als 1 mg pro Tag und dem damit verbundenen Risiko von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht in Betracht. Dies sei neben dem Assessment Report des HMPC zu der traditionellen Monographie Hypericum auch der Publikation von Länger in der Wiener Medizinischen Wochenschrift 2010, 557 ff. mit dem Titel „Die HMPC-Monographie zu Hypericum“ zu entnehmen. Die umfangreichen Hinweise auf Wechselwirkungen und Gegenanzeigen seien insgesamt nicht vereinbar mit der gesetzlich geforderten unbedenklichen Anwendung für ein traditionelles Arzneimittel, für das die Wirksamkeit lediglich plausibel sei und Therapiealternativen zur Verfügung stünden. Da die Klägerin einen Antrag auf Registrierung eines traditionellen Arzneimittels gestellt habe, sei die Bezugnahme auf die Johanniskraut-Monographie für den „well-established use“ nicht möglich.
11Die beantragte Haltbarkeit von 36 Monaten müsse teilversagt werden, weil die Daten der vorgelegten Langzeituntersuchungen die Haltbarkeit nicht belegten. Diese sei auch anhand des Gehaltes an Hypericin nachzuweisen. Entsprechend den Forderungen der Guidelines CPMP/QWP/2819/00 rev 2 und CPMP/QWP/2820/00 rev 2 könnten aufgrund der bekannten Instabilität Gehaltsschwankungen der Leitsubstanz Hypericin von +/- 10 % des Ausgangswertes akzeptiert werden. Dieser Rahmen werde jedoch nicht eingehalten.
12Bei zwei von drei untersuchten Chargen, sei bereits nach einer Einlagerungszeit von 24 Monaten ein starker Abfall des Hypericingehaltes von ca. 14 %, bezogen auf den Startwert, aufgetreten, der sich nach 36 Monaten noch verstärkt habe. Die Haltbarkeit sei daher auf 18 Monate festgesetzt worden.
13Am 18.06.2013 legte die Klägerin gegen den Versagungsbescheid Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 18.10.2013 begründet wurde. Darin wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die HMPC-Monographie Hypericum für die traditionelle Anwendung und der zugehörige Assessment Report seien auf den in den vorliegenden Arzneimitteln verwendeten Trockenextrakt gar nicht anwendbar. Das BfArM verstehe die dort festgelegte Grenze von maximal 1 mg Hyperforin im Übrigen falsch. Bei Überschreitung dieser Grenze seien die von der Klägerin aufgenommenen Hinweise auf Wechselwirkungen erforderlich, unterhalb der Grenze und bei Einhaltung einer Anwendungsdauer von 2 Wochen könnten sie entfallen. Jedoch bedeute die Überschreitung des Wertes nicht, dass dann auch eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel ausgeschlossen sei. Der Klägerin sei daher auch in Österreich für ein identisches Arzneimittel eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel erteilt worden.
14Tatsächlich entspreche der Extrakt den in der HMPC-Monographie Hypericum für den well-established use genannten Pflanzenauszügen. Diese Monographie sei daher – auch im Hinblick auf das beantragte Anwendungsgebiet - auf das vorliegende Kombinationspräparat entsprechend anzuwenden.
15Es sei schließlich aus dem Gesetz nicht abzuleiten, dass ein traditionelles Arzneimittel keine Nebenwirkungen, Wechselwirkungen oder Gegenanzeigen haben dürfe. Dies zeigten zahlreiche HMPC-Monographien für den traditionellen Gebrauch, die ebendiese Gegenanzeigen und Wechselwirkungshinweise enthielten.
16Die Klägerin hielt weiterhin an der beantragten Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten fest.
17Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 30.01.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Der Registrierung der beantragten Arzneimittel stünden weiterhin die Versagungsgründe des § 39 c Abs. 2 Satz 1, 1. HS und 2. HS Nr. 2 und Nr. 3 AMG entgegen. Das beantragte Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Verstimmungszuständen, nervös bedingten Einschlaf- und Durchschlafstörungen“ bedürfte der ärztlichen Aufsicht im Hinblick auf die Stellung einer Diagnose und die Überwachung der Behandlung. Denn hinter den genannten Symptomen könnten sich Erkrankungen wie z.B. Depressionen oder endokrine Störungen verbergen, die der ärztlichen Abklärung bedürften.
18Wegen der zugeführten Menge an Hypericum und Hyperforin sei zum einen der Stufenplanbescheid für Johanniskraut zu beachten. Darüber hinaus sei auch die HMPC-Monographie für Johanniskraut in der traditionellen Anwendung zu berücksichtigen. Die darin getroffenen Feststellungen könnten auch auf andere Extrakte und Kombinationspräparate übertragen werden. Die HMPC-Monographie zu Johanniskraut im „well-established-use“ könne nur im Rahmen eines Zulassungsverfahrens herangezogen werden und gelte nicht für Kombinationsprodukte. Daher könne sich die Klägerin auf diese Monographie nicht berufen.
19Die Registrierung der beantragen Präparate durch die österreichische Zulassungsbehörde habe keine Bindungswirkung für das nationale Verfahren.
20Falls die Monographie zu Johanniskraut in der traditionellen Anwendung nicht heranzogen werden könne, habe die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen, dass das Arzneimittel im Sinne des § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AMG unbedenklich sei. Bei Anwendung der Monographie für die traditionelle Anwendung seien die Medikamente ebenfalls nicht registrierungsfähig, weil eine tägliche Aufnahme von 1 mg Hyperforin überschritten sei. Dies gehe eindeutig aus dem Text der Monographie hervor, wo es in Fußnote 3 heiße: „If relevant, the amount of hyperforin should be specified. The daily intake of hyperforin has to be below 1 mg.“ Dies werde durch die Publikation von Länger unterstützt, wo ausgeführt werde, dass „die tägliche Aufnahme unter 1 mg liegen muss. Unter diesen Voraussetzungen und der Limitierung der Anwendung auf 2 Wochen erscheint das Risiko von Wechselwirkungen als so gering, dass eine Anwendung als traditionelles Arzneimittel vertretbar ist.“
21Die Ausführungen zur Teilversagung der Haltbarkeit wurden wiederholt und ergänzt. Ferner wurde erläutert, dass die unter T 1 bis T 3 aufgeführten Mängel der Toxikologie lediglich mitgeteilt würden, nachdem die Registrierung bereits aus klinischen Gründen zu versagen gewesen sei.
22Am 27.02.2014 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie eine Aufhebung des Versagungsbescheides und eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Registrierungsantrag erstrebt.
23Sie hält die beantragten Anwendungsgebiete, die gegenüber depressiven Erkrankungen eine starke Abschwächung darstellten, für registrierungsfähig. Da die eingesetzten Extrakte den jeweiligen Monographien für den „well-established-use“ zuzuordnen seien, solle die Formulierung der Anwendungsgebiete auch an die für den „well-established-use“ zugelassenen Anwendungsgebiete angenähert werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die beantragen Arzneimittel der Apothekenpflicht unterlägen.
24Dies habe u. a. dazu beigetragen, dass sowohl die österreichische als auch die britische Zulassungsbehörde eine Registrierung mit den beantragten Anwendungsgebieten erteilt hätten. In Ungarn sei ein identisches Präparat inzwischen mit dem Anwendungsgebiet „ Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Einschlafstörungen“ registriert worden (Packungsbeilagen in Anlage K 28). Diese in anderen europäischen Staaten bestehenden Registrierungen seien auch vom BfArM zu berücksichtigen.
25Auch die von der Beklagten angeführten Gegenanzeigen und Wechselwirkungen stünden einer Registrierung nicht entgegen. Es gebe zahlreiche HMPC-Monographien für den traditionellen Gebrauch mit umfangreichen Hinweisen auf Wechselwirkungen und Gegenanzeigen, z.B. für die pflanzlichen Zubereitungen von Foeniculum vulgare, Hedera helix, Vitex agnus-castus, Fucus vesiculosus (Anlagen K 24 bis K 27).
26§ 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG berechtige die Beklagte nicht zu einer Versagung der Registrierung. Die Gebrauchsinformationen der beantragten Arzneimittel erfüllten die Anforderungen des Stufenplans für johanniskrauthaltige Arzneimittel vom 10.10.2005, der für Arzneimittel mit einer täglichen Aufnahme von mehr als 200 mg Droge oder Drogenäquivalent die Aufnahme umfangreicher Hinweise zu Wechselwirkungen, Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen vorsehe.
27Die Anforderungen der HMPC-Monographie für Johanniskraut in der traditionellen Anwendungen seien dagegen nicht zu beachten. Diese Monographie gelte nicht für den verwendeten Trockenextrakt, sondern nur für andere Zubereitungen. Vielmehr sei der Trockenextrakt eindeutig der WEU-Monographie zuzuordnen. Die Klägerin habe nur deshalb die Registrierung als traditionelles Arzneimittel beantragen müssen, weil die Monographie für den „well-established-use“ für Kombinationspräparate keine Geltung habe und ausreichende klinische Studien für die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination nicht vorlägen. Für diese Fallgestaltung sei die Möglichkeit der Registrierung gerade geschaffen worden.
28Für Kombinationspräparate seien die Monographien nicht direkt anzuwenden, jedoch müssten sie sinngemäß und präparatespezifisch in die Bewertung einbezogen werden. Für den hier verwendeten Trockenextrakt seien die Einschränkungen der HMPC-Monographie für den „traditional use“ nicht relevant und die Ausführungen im Assessment Report und der Publikation von Länger ohne Bedeutung.
29Jedenfalls habe die Beklagte die genannten Einschränkungen missverstanden. Vielmehr werde in der Publikation von Länger ausgeführt, dass bei einer täglichen Aufnahmemenge Hyperforin von unter 1 mg „in den Texten die Warnhinweise zu Interaktionen bei traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln entfallen“ können. Dies bedeute jedoch nicht, dass das Arzneimittel bei einer höheren Aufnahmemenge nicht registrierungsfähig sei. Vielmehr seien in diesem Fall die notwendigen Hinweise zu Kontraindikationen, Warnhinweise und Interaktionen aufzunehmen. Dies habe Herr Prof. Länger in einer an die Klägerin gerichteten e-mail vom 09.09.2014 (Anlage K 30) explizit bestätigt. Dementsprechend seien die Zulassungsbehörden in Österreich, Großbritannien und Ungarn auch verfahren.
30Das BfArM gehe nunmehr selbst davon aus, dass die Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Johanniskraut einer Registrierung nicht entgegenstünden. Es habe in einem aktuellen Anhörungsschreiben vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides im Stufenplanverfahren zu Johanniskraut eine Abänderung des Stufenplanbescheides wie folgt angekündigt: „Die Zulassungen und Registrierungen Johanniskrauthaltiger Arzneimittel mit einer Tagesdosis ab 1 g Drogenäquivalenz oder ab 1 mg Hyperforin oder Homöopathika (wird näher ausgeführt), sind bis zum 01.12.2016 in Anpassung an die europäischen Monografien zu Johanniskraut ( ...„Well-established-Use“ und „traditionell Use“) wie folgt anzupassen“ Danach folgten umfangreiche Hinweise zu Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen, sonstigen Wechselwirkungen und Nebenwirkungen. Demnach sei auch eine Aufnahme der genannten Hinweise in die Packungsbeilagen von registrierten pflanzlichen Arzneimitteln vorgesehen. Eine Registrierung sei also entgegen der bisherigen Auffassung der Beklagten rechtlich zulässig.
31Aufgrund der Warnhinweise sowie der Abgabe durch pharmazeutisches Fachpersonal in Apotheken und des Hinweises, bei Fortdauer der Beschwerden einen Arzt aufzusuchen, sei die Patientensicherheit nicht in Gefahr. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch bestehe daher nicht die Gefahr einer schädlichen Wirkung gemäß § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG.
32Der Argumentation der Beklagten, dass die komplexen Wechselwirkungen von Johanniskraut auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zu schädlichen Gesundheitsfolgen führten, weil die Angaben in der Packungsbeilage für Patienten nicht verständlich seien, könne nicht gefolgt werden. Der von der Klägerin vorgelegte “Readibility User Test“, den die Beklagte nicht beanstandet habe, beweise im Gegenteil, dass die Verbraucher die Hinweise in der Gebrauchsinformation ohne Probleme verstanden hätten.
33Die Festsetzung der Haltbarkeit auf 18 Monate sei im Hinblick auf die Vermarktungsfähigkeit nicht sachgerecht. Die Einhaltung einer Spezifikation von +/- 10 % vom Startwert sei wegen der Instabilität der Leitsubstanz Hypericin nicht über 36 Monate möglich. Gemäß Q & A on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products EMA/HMPC/41500/2010 Rev. 1 (Anlage K 17) könnten für verschiedene Marker in ein- und demselben Arzneimittel verschiedene Spannen akzeptiert werden. Aus Prüfungen mit anderen Johanniskrautpräparaten sei bekannt, dass es zu einer Verringerung des Gehaltes an Hypericin bis zu 30 % des Startwertes komme. Daher werde die Spezifikation auf 70 – 110 % des Startwertes festgelegt. Der in der Arzneibuchmonographie für Johanniskraut vorgeschriebene Gehalt an Hypericin werde hierdurch nicht unterschritten. Die Darreichungsform der überzogenen Tablette sei bereits die optimale Form, die zu einer Verlangsamung des Abfalls an Hypericin über die Laufzeit geführt habe.
34Die Angaben der Beklagten zu einer angeblichen Sicherstellung der Stabilität durch Maßnahmen der pharmazeutischen Entwicklung bei anderen Herstellern seien pauschal und widersprüchlich und damit nicht nachvollziehbar.
35Im Erörterungstermin am 01.07.2014 haben sich die Beteiligten auf die folgende Formulierung des Anwendungsgebietes geeinigt, die an den Wortlaut der ungarischen Registrierung angelehnt ist: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Schlafstörungen basierend ausschließlich auf langjähriger Anwendung“. In der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2015 hat die Klägerin bestätigt, dass dieses Anwendungsgebiet nunmehr Gegenstand des Registrierungsantrages und der Klage sein soll.
36Die Klägerin beantragt,
37die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 zu verpflichten, über den Registrierungsantrag für die Arzneimittel „E. “, „E1. “, „E2. “ und „E3. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Sie verweist auf die Begründung des Versagungs- und Widerspruchsbescheides. Ergänzend wird erklärt, die Beklagte stimme zwar grundsätzlich der Überlegung zu, dass Wechselwirkungen von Arzneimitteln mit anderen Arzneimitteln oder anderen Produkten nicht zwangsläufig dazu führten, dass ein Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein könne, § 39 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AMG. Denn die Hinweise auf die Wechselwirkungen in der Gebrauchsinformation sollten die gleichzeitige Anwendung bestimmter Arzneimittel und damit die negativen gesundheitlichen Folgen gerade ausschließen. Die gleichzeitige Anwendung der von den Hinweisen umfassten Arzneimittel sei damit kein bestimmungsgemäßer Gebrauch.
41Seien jedoch im Einzelfall die Angaben zu den Wechselwirkungen komplex oder für den Laien schwer verständlich, könne es dazu kommen, dass sie versehentlich nicht beachtet würden, und daher trotz bestimmungsgemäßem Gebrauch die schädlichen Gesundheitsfolgen der gleichzeitigen Anwendung verschiedener Medikamente einträten. So liege der Fall hier.
42Die tägliche Aufnahme der Substanz Hyperforin in den streitgegenständlichen Arzneimitteln übersteige den in der HMPC-Monographie genannten Wert von 1 mg und sei daher geeignet, bestimmte Enzyme der Leber zu beeinflussen, mit der Folge, dass es bei zahlreichen Arzneimitteln oder Kontrazeptiva zu einem beschleunigten Abbau komme, der die Wirksamkeit dieser Arzneimittel gefährde. Dies könne für betroffene Patienten, z.B. Transplantationspatienten, Tumorpatienten, HIV-Patienten oder Patienten, die zur Blutverdünnung mit Warfarin behandelt würden, lebensgefährliche Wirkungen haben. Deshalb seien in der HMPC-Monographie für den „well-established-use“ umfangreiche Gegenanzeigen aufgeführt. Für weitere Arzneimittel, deren Wirksamkeit abgeschwächt würde, seien Warnhinweise formuliert. Des Weiteren könne die Wirksamkeit anderer Medikamente auch unkontrolliert verstärkt werden, z.B. bei Antidepressiva. Schließlich könne die gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln mit photosensibilisierenden Wirkstoffen das Risiko phototoxischer Reaktionen erhöhen. Da ganze Substanzklassen von den Wechselwirkungen betroffen seien, sei es nicht möglich, alle relevanten Arzneimittel in der Gebrauchsinformation vollzählig aufzuführen. Ohne pharmazeutisches Wissen sei es dem Patienten daher nicht möglich, eine Gefährdung zu erkennen.
43Die Verständlichkeit der Wechselwirkungshinweise in der Gebrauchsinformation werde durch den vorgelegten „Readabiliy User Test“ gerade nicht bewiesen. Denn die auf eine Wechselwirkung mit einem Migränemedikament gerichtete Frage 9 des Tests hätten 15 % der Befragten nur schwer verstanden.
44Daher werde der Patient in der HMPC-Monographie für den „well-established-use“ aufgefordert, einen Arzt oder Apotheker aufzusuchen, sobald er eine Komedikation einnehme. Nur so könne das individuelle Interaktionsrisiko, das durch Zahl und Art der Komedikation, Lebensalter, Alkoholanamnese, Begleiterkrankungen definiert werde, bestimmt werden. Dieses Vorgehen sei jedoch mit den gesetzlichen Vorgaben für traditionelle Arzneimittel nicht vereinbar. Es sei daher trotz einer sorgsamen Durchsicht der Gebrauchsinformation nicht sichergestellt, dass ein möglicherweise schwerwiegendes Wechselwirkungsrisiko erkannt werde. Daher seien Arzneimittel mit einem Hyperforingehalt von mehr als 1 mg pro Tag der Apothekenpflicht unterstellt.
45Die von der Klägerin zitierten HMPC-Monographien für andere traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die Angaben zu Wechselwirkungen enthielten, zeigten, dass es sich hierbei um zahlenmäßig begrenzte, klar definierte und damit für den Patienten gut erkennbare Arzneimittel handele. Diese unterschieden sich deutlich von dem komplexen Wechselwirkungspotential von Johanniskraut. Ohne eine Nutzen-Risiko-Abwägung, die bei traditionellen Arzneimitteln nicht vorgesehen sei, solle eine Anwendung von Johanniskraut im Fall eines Wechselwirkungsrisikos nicht erfolgen.
46Die von der Klägerin vorgelegte Anhörung im Stufenplanverfahren betreffe nur die Arzneimittel, die Gegenstand des Stufenplanverfahrens gewesen seien. Dazu gehörten auch registrierte homöopathische Arzneimittel. Die Formulierungen des Schreibens bezögen sich daher ausschließlich auf diese Arzneimittel. Traditionelle pflanzliche Arzneimittel seien seinerzeit (Oktober 2005) noch nicht auf dem Markt gewesen. Die Aussagen des Anhörungsschreibens bezögen sich daher nicht auf die künftige Registrierung von traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln mit dem Bestandteil Johanniskraut.
47Die von der Klägerin beantragte Haltbarkeit von 36 Monaten sei durch die vorgelegten Stabilitätsdaten nicht belegt. Zwar ergebe sich aus dem von der Klägerin zitierten EMA-Dokument (HMPC/41500/2010 rev.2), dass auch eine Gehaltsspanne von +/- 10% des Startwertes akzeptiert werden könne, wenn sie ausreichend durch analytische Daten belegt sei. Auch eine weitere Spanne könne in Ausnahmefällen, bei geeigneter Begründung, zugelassen werden.
48Als ausreichende Begründung seien jedoch nur Daten akzeptabel, die zeigten, dass eine Stabilität nicht durch eine entsprechende Formulierung oder durch die Herstellung erreicht werden könne. Derartige Daten zur pharmazeutischen Entwicklung seien von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Demgegenüber gebe es Johanniskrautpräparate mit vergleichbarer Darreichungsform auf dem Markt, die eine Stabilität für Hypericin bis zu 24 Monaten bzw. bis zu 36 Monaten belegen konnten. Dies sei vermutlich durch eine Auswahl der sonstigen Bestandteile und einen zusätzlichen Herstellungsschritt erreicht worden. Weitere Angaben hierzu dürften nicht gemacht werden.
49Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und alle anderen von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist zulässig und begründet.
52Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über ihren Antrag auf Registrierung der Arzneimittel „E. “, „E1. “, E2. “ und „E3. “ als traditionelle pflanzliche Arzneimittel unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
53Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel ist § 39 c Abs. 1 AMG. Danach hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmers traditionelle pflanzliche Arzneimittel zu registrieren, wenn nicht ein Versagungsgrund gemäß § 39 c Abs. 2 AMG vorliegt.
54Die Voraussetzungen der von der Beklagten benannten Versagungsgründe sind nicht bzw. nicht mehr gegeben.
55Das von der Klägerin im Mängelverfahren beantragte Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Verstimmungszuständen, nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen“ steht der Registrierung nicht mehr nach § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG entgegen. Nach dieser Bestimmung können traditionelle pflanzliche Arzneimittel nicht registriert werden, wenn sie Anwendungsgebiete beanspruchen, die der ärztlichen Aufsicht im Hinblick auf die Stellung einer Diagnose, die Verschreibung oder die Überwachung der Behandlung bedürfen.
56Das ursprünglich beantragte Anwendungsgebiet nannte zwei typische Symptome von Depressionen, nämlich eine gedrückte Stimmung und Schlafstörungen. Bei leichten depressiven Episoden genügen schon zwei Symptome für die Annahme einer Depression,
57vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, Stichwort “Depression”; WHO, International Classification of Disorders - ICD -10- GM 2014, Nr. F 32 und Nr. F32.0, www.icd-code.de.
58Da es sich bei einer Depression um eine Krankheit handelt, die einer ärztlichen Diagnose und Behandlung bedarf, wäre das ursprüngliche Anwendungsgebiet wegen der möglichen Verbindung der verwendeten Formulierung mit einer depressiven Erkrankung nicht registrierungsfähig gewesen.
59Die Klägerin hat die Formulierung des Anwendungsgebietes jedoch im Verlauf des Klageverfahrens in einer Weise geändert, die einer Registrierung nunmehr nicht mehr entgegensteht. Diese Änderung war auch rechtlich zulässig.
60Die Beteiligten haben sich im Verlauf des Erörterungstermins auf das Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Schlafstörungen basierend ausschließlich auf langjähriger Anwendung“ geeinigt. Die Beklagte hat mit ihrer Zustimmung zu diesem Anwendungsgebiet zum Ausdruck gebracht, dass sie die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Arzneimittel für diese Beschwerden als plausibel ansieht und eine Verbindung zu depressiven Erkrankungen, und damit zu einer behandlungsbedürftigen Krankheit, nicht mehr besteht.
61Das Gericht sieht keinen Anlass, diese Auffassung zu beanstanden. Das gewählte Anwendungsgebiet entspricht den Formulierungen der HMPC-Monographien für die traditionelle Anwendung von Baldrian („for relief of mild symptoms of mental stress and to aid sleep“) und Johanniskraut („for the relief of temporary mental exhaustion“) und vermeidet die Nennung von Symptomen, die im deutschen Sprachgebrauch für eine Depression typisch sind. Es ist daher registrierungsfähig.
62Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass sie an dem vereinbarten Anwendungsgebiet festhält und ihren Registrierungsantrag und damit auch den Klageantrag verbindlich geändert. Diese Klageänderung ist prozessual gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da sich die Beklagte auf das geänderte Anwendungsgebiet eingelassen hat und die Änderung auch sachdienlich ist, um die im Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend zu behandeln.
63Da es bei der vorliegenden Verpflichtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt und die – nur für die verspätete Vorlage von Unterlagen geltende - Präklusionsvorschrift des § 25 Abs. 4 Satz 5 AMG i.V.m. § 39 c Abs. 1 Satz 2 AMG hier nicht eingreift, kann die Änderung des Registrierungsantrages auch bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheides berücksichtigt werden.
64Demnach steht der Versagungsgrund des unzulässigen Anwendungsgebietes nach § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG der Erteilung der Registrierung nicht mehr entgegen.
65Auch der von der Beklagten angeführte Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist die Registrierung zu versagen, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein kann.
66Zwar ist unstreitig, dass die Einnahme der streitgegenständlichen Arzneimittel wegen ihres Gehalts an Hyperforin (mehr als 1 mg pro Tag) zu schädlichen Wirkungen führen kann, wenn sie zusammen mit anderen Arzneimitteln verabreicht werden. Es ist wissenschaftlich anerkannt, dass der Bestandteil Hyperforin in der vorliegenden Dosierung zur Aktivierung bestimmter Enzyme in der Leber führt, die ganze Arzneimittelklassen und Mittel zur Empfängnisverhütung beschleunigt abbauen und damit deren Wirksamkeit herabsetzen. Die Wirksamkeit anderer Substanzen kann durch Johanniskraut verstärkt werden, z.B. die Wirksamkeit von Antidepressiva. Phototoxische Wirkungen anderer Arzneimittel können sich mit den phototoxischen Wirkungen von Johanniskraut summieren. Das Risiko, dass bei der Anwendung des Arzneimittels gleichzeitig mit anderen Arzneimitteln deren positive Wirkungen vermindert oder Nebenwirkungen verstärkt werden, begründet eine Gesundheitsgefahr und ist damit begrifflich eine schädliche Wirkung.
67Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass diese schädliche Wirkung auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten kann. Dass eine Arzneisubstanz eine schädliche Wirkung haben kann, genügt nicht für die Annahme eines Versagungsgrundes gemäß § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG. Vielmehr muss diese Wirkung auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten. Dies kommt auch in den Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG über die Registrierung von pflanzlichen Arzneimitteln zum Ausdruck, deren Umsetzung die Vorschriften in §§ 39 a ff. AMG dienen. So heißt es in Art. 16 e Abs. 1 c der Richtlinie, dass die Registrierung abzulehnen ist, wenn das Produkt „unter den normalen Anwendungsbedingungen“ schädlich sein könnte. Gemäß Art. 16 a Abs. 1 e der Richtlinie muss nachgewiesen sein, dass das Produkt „unter den angegebenen Anwendungsbedingungen“ unschädlich ist. Das Arzneimittel muss also nicht in jeder Beziehung harmlos sein, sondern nur bei Beachtung der angegebenen Einschränkungen für die Anwendung.
68Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Arzneimittels, also die Bedingungen der Anwendung, wird vom Antragsteller definiert, durch die Zulassung oder Registrierung festgelegt und durch die Angaben in der Fach- und Gebrauchsinformation an die Fachkreise und Verbraucher vermittelt. Zum bestimmungsgemäßem Gebrauch gehören daher z.B. die Dosierung, also Menge, Häufigkeit und Dauer der Anwendung, aber auch Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Hinweise auf Wechselwirkungen, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 3 AMG. Gesundheitsgefahren, die beispielsweise durch eine Überdosierung oder eine andere Missachtung der Anwendungsbedingungen entstehen, sind daher keine schädlichen Wirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, sondern Schädigungen durch Arzneimittelfehlgebrauch.
69Jedoch können, insbesondere bei zugelassenen Arzneimitteln, auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Gesundheitsrisiken auftreten. Dies ist bei zahlreichen Nebenwirkungen von Arzneistoffen der Fall, weil die Wirksamkeit erst mit Dosierungen zu erzielen ist, bei denen gleichzeitig Nebenwirkungen auftreten. Wenn es sich so verhält, treten Nebenwirkungen auch unter normalen Anwendungsbedingungen auf und sind daher nicht vermeidbar. Diese Nebenwirkungen sind in der Gebrauchs- und Fachinformation anzugeben, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AMG. Sie können daher einer Registrierung entgegenstehen, wenn sie nicht ganz unerheblich sind. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung ist nach dem Wortlaut des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG nicht vorgesehen, da diese Arzneimittel lediglich eine plausible Wirksamkeit, nicht aber einen belegten Nutzen aufweisen,
70vgl. Heßhaus, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 1. Aufl. 2010, § 39 c Rn. 24, 25.
71Das Risiko des Auftretens von Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme anderer Arzneimittel oder Wirkstoffe (Empfängnisverhütungsmittel) unterscheidet sich jedoch von den genannten Nebenwirkungen. Wechselwirkungen sind nicht unvermeidbar. Sie treten nicht automatisch mit der Einnahme des Arzneimittels auf, sondern nur, wenn gleichzeitig oder in engem zeitlichem Zusammenhang bestimmte weitere Arzneistoffe zugeführt werden. Wechselwirkungen können daher vermieden werden, indem die gleichzeitige Einnahme weiterer Arzneimittel durch Angaben in der Gebrauchsinformation, z.B. Gegenanzeigen, Warnhinweise oder Hinweise, in diesem Fall fachkundigen Rat bei Arzt oder Apotheker einzuholen, ausgeschlossen wird.
72Bei Beachtung dieser Gegenanzeigen und Warnhinweise würde somit das Risiko des Auftretens von Wechselwirkungen minimiert werden. Damit wären bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen zu befürchten. Der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG wäre daher in der Regel auf Wechselwirkungen nicht anwendbar.
73Für diese Auslegung des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG sprechen die von der Klägerin vorgelegten Registrierungsbescheide des BfArM, die andere pflanzliche Arzneimittel betreffen, und die durchaus Gegenanzeigen und auch Wechselwirkungshinweise enthalten. Ferner wird diese Auslegung auch durch die von anderen EU-Mitgliedsstaaten getroffenen Entscheidungen unterstützt, die die streitgegenständlichen, johanniskrauthaltigen Arzneimittel unter Aufnahme entsprechender Gegenanzeigen und Hinweise auf Wechselwirkungen als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registriert haben. Diese Entscheidungen sind auch im nationalen Registrierungsverfahren zu berücksichtigen, § 39 d Abs. 2 Satz 2 AMG.
74Der Einwand der Beklagten, dass die Registrierung pflanzlicher Arzneimittel trotz bekannter Wechselwirkungen im Prinzip möglich, jedoch bei Johanniskraut im Einzelfall wegen der Vielzahl und Unübersichtlichkeit der betroffenen Arzneimittel ausgeschlossen sei, ist nicht überzeugend. Der Auffassung, dass Gegenanzeigen und Warnhinweise aus den genannten Gründen nicht hinreichend verständlich und übersichtlich seien und es daher trotz eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs zu schädlichen Wechselwirkungen kommen könne, kann nicht gefolgt werden. Wenn die Angaben zu Gegenanzeigen und Wechselwirkungen nicht verstanden und deshalb nicht beachtet werden, liegt kein bestimmungsgemäßer Gebrauch mehr vor.
75Die Beklagte kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dass Angaben in einer Gebrauchsinformation, die die Gefahr einer Fehlanwendung ausschließen sollen, nicht verständlich seien und daher die Zulassung oder Registrierung eines Arzneimittels zu versagen sei. Hinweise in einer Gebrauchsinformation müssen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AMG allgemein verständlich sein. Die Beklagte ist berechtigt, durch entsprechende Auflagen gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 a AMG, die auch bei Registrierungen angeordnet werden können, § 39 c Abs. 1 Satz 6 AMG, die Verständlichkeit der Gebrauchsinformation sicherzustellen und gegebenenfalls weitere Warnhinweise anzuordnen, damit Gefahren durch eine Komedikation durch entsprechende Formulierungen so weit wie möglich reduziert werden können.
76Die Beklagte ist hierzu auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet. Wenn Gesundheitsgefahren, die aus der Anwendung eines Arzneimittels resultieren, durch Auflagen ausgeräumt werden können, dann ist dieser Eingriff das mildere, weniger belastende Mittel und hat daher Vorrang gegenüber der Versagung der Zulassung oder Registrierung,
77vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 13 A 1371/14 – „Kava-Kava“ zum Widerruf einer Zulassung.
78Es kommt daher im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob die Klägerin durch die beantragte Gebrauchsinformation bereits geeignete, hinreichend verständliche Angaben zu Wechselwirkungen vorgesehen hat oder ob sich Schwierigkeiten beim Lesbarkeitstest ergeben haben. Denn das BfArM hätte eventuelle Mängel der Warnhinweise in der Gebrauchsinformation durch Auflagen korrigieren können.
79Die Auffassung der Beklagten, Wechselwirkungshinweise könnten im Fall von Johanniskraut für den medizinischen Laien nicht verständlich sein und daher die Gefahr einer Fehlanwendung nicht ausschließen, wird schließlich durch die im Stufenplanverfahren für Johanniskraut vorgesehenen Auflagen (Bl. 132 ff. d. A.) widerlegt. Dort hat die Beklagte Gegenanzeigen und Warnhinweise wegen der Wechselwirkungen von hoch dosierten johanniskrauthaltigen Arzneimitteln formuliert. Wenn diese nicht verständlich wären und damit zur Abwehr von Gefahren durch Wechselwirkungen nicht geeignet wären, wäre die Anordnung dieser Hinweise rechtswidrig. In diesem Fall müsste die Zulassung dieser Arzneimittel möglicherweise sogar versagt oder widerrufen werden, weil bei fortbestehenden Wechselwirkungsrisiken das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig sein könnte. Das nimmt aber die Beklagte wohl selbst nicht an.
80Sie hält die im Stufenplanverfahren angeordneten Hinweise insbesondere auch für die Fallgruppe der registrierten homöopathischen Arzneimittel für geeignet, die eine höhere Endkonzentration als D1 aufweisen und damit eine entsprechend hohe Hyperforinkonzentration mit dem Risiko von Wechselwirkungen haben. Auch bei diesen Arzneimitteln gibt es kein zugelassenes Anwendungsgebiet und damit keinen belegten Nutzen, sondern nur eine bekannte homöopathische Anwendung. Ferner sind auch diese Arzneimittel für eine Selbstmedikation zugelassen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diese Arzneimittel mit entsprechenden Hinweisen auf Wechselwirkungen zu registrieren, die traditionellen pflanzlichen Arzneimittel aber nicht.
81Der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel steht auch die HMPC-Monographie für die traditionelle Anwendung von Johanniskraut vom 12.11.2009 (EMEA/HMPC/745582/2009) nicht entgegen.
82Diese Monographie enthält lediglich eine positive Aussage zur Registrierungsfähigkeit der dort genannten Zubereitungen, die regelmäßig einen Hyperforingehalt von unter 1 mg pro Tag aufweisen,
83vgl. Assessment Report vom 12.11.2009, (EMA/HMPC/101303/2008), S. 76 (Anlage K 13, Beiakte 1).
84Diese Zubereitungen können ohne die Angabe von Wechselwirkungen registriert werden, weil in dem angesprochenen Dosisbereich und bei Einhaltung einer Anwendungsdauer von 2 Wochen nicht mit Wechselwirkungen zu rechnen ist.
85Der Monographie kann demgegenüber keine negative Aussage für diejenigen Zubereitungen entnommen werden, die – wie der vorliegend eingesetzte Extrakt – nicht unter die dort genannten Zubereitungen fallen. Dies ergibt sich aus der rechtlichen Bedeutung einer Monographie des Pflanzenausschusses der Europäischen Arzneimittelagentur – HMPC. Diese hat eine positive Bedeutung für die von ihr erfassten Arzneimittel, indem sie den Antragsteller von einer Vorlage der sonst erforderlichen präparatespezifischen Unterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 AMG befreit, § 39 b Abs. 2 AMG. Sie hat aber keine Bedeutung für Zubereitungen, die von der Monographie nicht erfasst werden, insbesondere schließt sie die Registrierungsfähigkeit dieser Zubereitungen nicht aus. Andere Zubereitungen können die Erleichterungen der Monographie nicht in Anspruch nehmen, sind aber bei Vorlage der in § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 AMG geforderten Unterlagen registrierungsfähig, wenn die aus § 39 c Abs. 2 AMG zu entnehmenden Voraussetzungen vorliegen, die dann präparatespezifisch geprüft werden müssen.
86Auch der Assessment Report des Berichterstatters des HMPC zu Johanniskraut vom 12.11.2009, a.a.O., sowie die hiermit übereinstimmende Publikation des Berichterstatters, Prof. Reinhard Länger: „Die HMPC-Monographie zu Hypericum“,
87vgl. WienMedWochenschr 2010, 557 ff., Anlage K 14, Beiakte 1,
88bietet keine Grundlage für eine Versagung der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel wegen der Wechselwirkungen. Dieser Bericht enthält eine Zusammenfassung aller seinerzeit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum well-established use und zur traditionellen Anwendung von Johanniskrautzubereitungen und eine Bewertung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dieser Arzneimittel. Seine wissenschaftlichen Aussagen können daher grundsätzlich für die Einschätzung der Sicherheit im Rahmen des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG herangezogen werden.
89Jedoch kann auch dem Assessment-Report eine eindeutige Bewertung der Wechselwirkungsrisiken für die Registrierung von Arzneimitteln, die wegen eines höheren Hyperforingehaltes von der Monographie nicht erfasst werden, nicht entnommen werden. Der Bericht macht nur eine Aussage zur Registrierungsfähigkeit von Zubereitungen mit einer Hyperforinzufuhr von weniger als 1 mg pro Tag und stellt fest, dass unter dieser Voraussetzung und einer Limitierung der Anwendung auf 2 Wochen das Wechselwirkungsrisiko so gering ist, dass eine Anwendung als traditionell pflanzliches Arzneimittel vertretbar ist,
90vgl. Assessment-Report, a.a.O., S. 76 und Länger, a.a.O., S. 562.
91Daraus kann man – wie die Beklagte - schließen, dass im Fall höher dosierter Zubereitungen ein Wechselwirkungsrisiko besteht, das für eine Anwendung als traditionell pflanzliches Arzneimittel nicht akzeptabel ist. Man kann jedoch daraus auch ableiten, dass eine Registrierung von Zubereitungen mit einem höheren Hyperforingehalt nur möglich ist, wenn entsprechende Wechselwirkungshinweise aufgenommen werden. Für diese von der Klägerin vertretenen Auslegung sprechen die Formulierungen von Herrn Länger an einer anderen Stelle der Publikation (S. 557) sowie die von ihm verfasste e-mail vom 09.09.2014, in dem er diese Auffassung ausdrücklich bestätigt.
92Die Aussagen des Assessment-Reports sind daher nicht geeignet, die Auffassung des BfArM zu stützen, dass bereits das Vorhandensein zahlreicher Wechselwirkungshinweise einer Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel entgegensteht. Ungeachtet dessen kommt es jedoch auf die Auffassung des HMPC in dieser Frage auch nicht an. Denn die Frage, ob die unstreitig zu erwartenden Wechselwirkungen von höher dosierten Johanniskrautextrakten bei Aufnahme entsprechender Hinweise in der Gebrauchsinformation eine Registrierung ausschließen, ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine Rechtsfrage, die die Auslegung und Anwendung des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG betrifft.
93Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, ein zuverlässiger Ausschluss von Wechselwirkungen könne letztlich nur durch die Inanspruchnahme einer ärztlichen Beratung erfolgen und deshalb liege der Ausschlussgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG vor, kann ihr auch darin nicht gefolgt werden. Zum einen kann eine fachkundige Beratung über Wechselwirkungen auch durch das Fachpersonal der Apotheke erfolgen, da es sich um apothekenpflichtige Arzneimittel handelt. Ein entsprechender Hinweis kann in die Gebrauchsinformation aufgenommen werden. Dementsprechend sieht die HMPC-Monographie für den „well-established-use“ auch unter Ziff. 4.5 vor, dass Personen, die zusätzlich andere Arzneimittel einnehmen wollen, zuvor einen Arzt oder Apotheker um Rat fragen sollen. Demnach erfordert eine Vermeidung von schädlichen Wechselwirkungen nicht notwendigerweise die Hinzuziehung eines Arztes.
94Zum anderen bezieht sich der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG auf unzulässige Anwendungsgebiete, also Erkrankungen, die einer ärztlichen Diagnose und Behandlung bedürfen. Der Versagungsgrund verfolgt damit den Zweck, eine nicht wirksame Selbstmedikation und Verschlimmerung der zu behandelnden Erkrankung zu vermeiden. Die von den streitgegenständlichen Arzneimitteln ausgehenden Wechselwirkungen gefährden jedoch nicht die wirksame Behandlung der im Anwendungsgebiet angegebenen Beschwerden (seelische Belastung, Schlafstörungen). Vielmehr können sie zu anderen Gesundheitsgefahren führen, wenn das Arzneimittel mit anderen Arzneimitteln kombiniert wird, wenn also bestimmte Anwendungsbedingungen hinzutreten. Somit ist allein der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG betroffen, der schädliche Wirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ausschließen soll. Insofern hat das BfArM aber bisher nicht hinreichend dargelegt, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch unter Vermeidung von schädlichen Wechselwirkungen durch die Aufnahme entsprechender Gegenanzeigen, Warnhinweisen und Hinweisen zur Einholung medizinischen Rates in Zweifelsfällen nicht möglich ist.
95Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid auch den Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2, 1. HS AMG genannt hat, fehlt es bisher an einer entsprechenden Darlegung, welche der in § 39 b AMG vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen nicht vorgelegt wurden. Das Fehlen einer Begründung geht zu Lasten der Beklagten, weil diese die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Versagungsgründen trägt,
96vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2010 – 3 C 25/09 – juris, Rn. 19.
97Es lässt sich auch nicht feststellen, ob die vorgetragenen Mängel der genotoxischen Unterlagen, die die Beklagte im Bescheid und im Widerspruchsbescheid lediglich informativ mitgeteilt hat, möglicherweise die Voraussetzungen eines weiteren Versagungsgrundes erfüllen. Das Gericht kann mangels fachlicher Kompetenz in dem vorliegenden komplexen Genehmigungsverfahren nicht von Amts wegen prüfen und positiv feststellen, ob die vorgelegten Unterlagen für eine Registrierung ausreichend sind. Es kann umgekehrt nicht von Amts wegen aufklären, ob weitere, nicht von der Beklagten geltend gemachte Versagungsgründe erfüllt sind, es sei denn, dass diese offensichtlich vorliegen. Das Gericht prüft lediglich, ob die Begründung der Beklagten für die in Anspruch genommenen Versagungsgründe die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Es ist daher Sache der Beklagten, die Versagungsgründe zu benennen, auf die sie die Entscheidung stützen will, und deren Voraussetzungen darzulegen. Auf die Mängel der genotoxischen Unterlagen hat die Beklagte die Versagung aber nicht gestützt.
98Da die geltend gemachten Gründe für die Versagung der Registrierung nicht vorliegen, war der Ablehnungsbescheid rechtswidrig und damit aufzuheben.
99Die ausdrücklich ausgesprochene Teilversagung der beantragten Haltbarkeit ist aus formalen Gründen ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
100Es kann dahinstehen, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die Beklagte gleichzeitig die Registrierung als solche versagt hat. Bei einer Vollversagung einer beantragten Genehmigung besteht bereits begrifflich kein Raum für eine zusätzliche Teilversagung. Denn diese setzt voraus, dass der beantragte Verwaltungsakt jedenfalls teilweise erteilt wird. Wenn eine vollständige Versagung erfolgt ist, geht eine teilweise Versagung ins Leere.
101Die Rechtswidrigkeit der Teilversagung folgt aber jedenfalls aus der Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Versagungsentscheidung. Denn die Teilversagung hinsichtlich der beantragten Haltbarkeit der Arzneimittel hat keinen selbständigen Regelungsgehalt. Die Festlegung der Haltbarkeitsdauer in der Zulassung oder Registrierung eines Arzneimittels steht mit dieser in einem untrennbaren inneren Zusammenhang und kann daher isoliert keinen Bestand haben,
102vgl. zur teilweisen Aufhebung von Verwaltungsakten: Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 16 f.
103Eine Entscheidung über die Haltbarkeit eines Arzneimittels setzt eine positive Entscheidung über die Zulassung bzw. Registrierung voraus. Wenn keine positive Entscheidung vorliegt, gibt es kein verkehrsfähiges Produkt, über dessen Haltbarkeit eine Entscheidung getroffen werden kann. Da mit der Aufhebung der Versagungsentscheidung nunmehr eine Entscheidung über den Registrierungsantrag nicht mehr vorliegt, geht die Teilversagung ins Leere und unterliegt daher ebenfalls der Aufhebung.
104Das Gericht weist allerdings darauf hin, dass die Entscheidung der Beklagten zur Haltbarkeit inhaltlich nicht zu beanstanden ist, da die Klägerin eine ausreichende Begründung für die Ausnahme von den Anforderungen der einschlägigen Leitlinien der EMA zur Stabilitätsprüfung, die die zulässige Abweichung beim Gehalt einer Leitsubstanz (hier: Hypericin) auf +/- 10 % festlegt, nicht vorgelegt hat. Diese Begründung kann insbesondere nicht allein darin bestehen, dass die Substanz instabil ist.
105Da die Sache nicht spruchreif ist, war die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Das Gericht kann nach ständiger Rechtsprechung in arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren nur in Ausnahmefällen die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung der begehrten Genehmigung, hier der Registrierung, aussprechen, da es das vollständige Vorliegen der umfangreichen, fachlich komplexen Genehmigungsvoraussetzungen nicht selbst prüfen kann. Im vorliegenden Verfahren könnten der Erteilung einer Registrierung weitere Versagungsgründe im Hinblick auf die toxikologischen Unterlagen entgegenstehen, die von der Beklagten erneut zu prüfen und zu beurteilen sind.
106Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
107Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
108Das Gericht hat die Berufung nicht zu gelassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht ersichtlich war. Insbesondere hat die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung für die Auslegung der Vorschriften des AMG über die Registrierung von traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln, da es hier maßgeblich auf die Besonderheiten des eingesetzten Johanniskrautextrakts ankam.

moreResultsText

moreResultsText
Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde erteilt die Zulassung schriftlich unter Zuteilung einer Zulassungsnummer. Die Zulassung gilt nur für das im Zulassungsbescheid aufgeführte Arzneimittel und bei Arzneimitteln, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt sind, auch für die in einem nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachten Ergebnis genannten und im Zulassungsbescheid aufgeführten Verdünnungsgrade.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde darf die Zulassung nur versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen, einschließlich solcher Unterlagen, die auf Grund einer Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorzulegen sind, unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend geprüft worden ist oder das andere wissenschaftliche Erkenntnismaterial nach § 22 Abs. 3 nicht dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht, - 3.
das Arzneimittel nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt wird oder nicht die angemessene Qualität aufweist, - 4.
dem Arzneimittel die vom Antragsteller angegebene therapeutische Wirksamkeit fehlt oder diese nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Antragsteller unzureichend begründet ist, - 5.
das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig ist, - 5a.
bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind, - 6.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen eine Verordnung oder eine Richtlinie oder eine Entscheidung oder einen Beschluss der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union verstoßen würde.
(3) Die Zulassung ist für ein Arzneimittel zu versagen, das sich von einem zugelassenen oder bereits im Verkehr befindlichen Arzneimittel gleicher Bezeichnung in der Art oder der Menge der Wirkstoffe unterscheidet. Abweichend von Satz 1 ist ein Unterschied in der Menge der Wirkstoffe unschädlich, wenn sich die Arzneimittel in der Darreichungsform unterscheiden.
(4) Ist die zuständige Bundesoberbehörde der Auffassung, dass eine Zulassung auf Grund der vorgelegten Unterlagen nicht erteilt werden kann, teilt sie dies dem Antragsteller unter Angabe von Gründen mit. Dem Antragsteller ist dabei Gelegenheit zu geben, Mängeln innerhalb einer angemessenen Frist, jedoch höchstens innerhalb von sechs Monaten abzuhelfen. Wird den Mängeln nicht innerhalb dieser Frist abgeholfen, so ist die Zulassung zu versagen. Nach einer Entscheidung über die Versagung der Zulassung ist das Einreichen von Unterlagen zur Mängelbeseitigung ausgeschlossen.
(5) Die Zulassung ist auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen und auf der Grundlage der Sachverständigengutachten zu erteilen. Zur Beurteilung der Unterlagen kann die zuständige Bundesoberbehörde eigene wissenschaftliche Ergebnisse verwerten, Sachverständige beiziehen oder Gutachten anfordern. Die zuständige Bundesoberbehörde kann in Betrieben und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, prüfen oder klinisch prüfen, zulassungsbezogene Angaben und Unterlagen, auch im Zusammenhang mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Artikel 3 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 überprüfen. Zu diesem Zweck können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten, Unterlagen einsehen sowie Auskünfte verlangen. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner die Beurteilung der Unterlagen durch unabhängige Gegensachverständige durchführen lassen und legt deren Beurteilung der Zulassungsentscheidung und, soweit es sich um Arzneimittel handelt, die der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, dem der Zulassungskommission nach Absatz 6 Satz 1 vorzulegenden Entwurf der Zulassungsentscheidung zugrunde. Als Gegensachverständiger nach Satz 5 kann von der zuständigen Bundesoberbehörde beauftragt werden, wer die erforderliche Sachkenntnis und die zur Ausübung der Tätigkeit als Gegensachverständiger erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Dem Antragsteller ist auf Antrag Einsicht in die Gutachten zu gewähren. Verlangt der Antragsteller, von ihm gestellte Sachverständige beizuziehen, so sind auch diese zu hören. Für die Berufung als Sachverständiger, Gegensachverständiger und Gutachter gilt Absatz 6 Satz 5 und 6 entsprechend.
(5a) Die zuständige Bundesoberbehörde erstellt ferner einen Beurteilungsbericht über die eingereichten Unterlagen zur Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit und gibt darin eine Stellungnahme hinsichtlich der Ergebnisse von pharmazeutischen und vorklinischen Versuchen, von klinischen Prüfungen sowie zum Risikomanagement- und zum Pharmakovigilanz-System ab. Der Beurteilungsbericht ist zu aktualisieren, wenn hierzu neue Informationen verfügbar werden.
(5b) Absatz 5a findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden, sofern diese Arzneimittel dem Artikel 16 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG unterliegen.
(6) Vor der Entscheidung über die Zulassung eines Arzneimittels, das den Therapierichtungen Phytotherapie, Homöopathie oder Anthroposophie zuzurechnen ist und das der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegt, ist eine Zulassungskommission zu hören. Die Anhörung erstreckt sich auf den Inhalt der eingereichten Unterlagen, der Sachverständigengutachten, der angeforderten Gutachten, die Stellungnahmen der beigezogenen Sachverständigen, das Prüfungsergebnis und die Gründe, die für die Entscheidung über die Zulassung wesentlich sind, oder die Beurteilung durch die Gegensachverständigen. Weicht die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung über den Antrag von dem Ergebnis der Anhörung ab, so hat sie die Gründe für die abweichende Entscheidung darzulegen. Das Bundesministerium beruft die Mitglieder der Zulassungskommission unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Kammern der Heilberufe, der Fachgesellschaften der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Heilpraktiker sowie der für die Wahrnehmung ihrer Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenverbände der pharmazeutischen Unternehmer, Patienten und Verbraucher. Bei der Berufung sind die jeweiligen Besonderheiten der Arzneimittel zu berücksichtigen. In die Zulassungskommissionen werden Sachverständige berufen, die auf den jeweiligen Anwendungsgebieten und in der jeweiligen Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie) über wissenschaftliche Kenntnisse verfügen und praktische Erfahrungen gesammelt haben.
(7) Für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht nach § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 unterliegen, werden bei der zuständigen Bundesoberbehörde Kommissionen für bestimmte Anwendungsgebiete oder Therapierichtungen gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Die zuständige Bundesoberbehörde kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die Verlängerung von Zulassungen nach § 105 Abs. 3 Satz 1 die zuständige Kommission beteiligen. Betrifft die Entscheidung nach Satz 3 Arzneimittel einer bestimmten Therapierichtung (Phytotherapie, Homöopathie, Anthroposophie), ist die zuständige Kommission zu beteiligen, sofern eine vollständige Versagung der Verlängerung nach § 105 Abs. 3 Satz 1 beabsichtigt oder die Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist; sie hat innerhalb von zwei Monaten Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung nach Satz 4 die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar.
(7a) Zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für Kinder und Jugendliche wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Kommission für Arzneimittel für Kinder und Jugendliche gebildet. Absatz 6 Satz 4 bis 6 findet entsprechende Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels, das auch zur Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen bestimmt ist, beteiligt die zuständige Bundesoberbehörde die Kommission. Die zuständige Bundesoberbehörde kann ferner zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung eines anderen als in Satz 3 genannten Arzneimittels, bei dem eine Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen in Betracht kommt, die Kommission beteiligen. Die Kommission hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Soweit die Bundesoberbehörde bei der Entscheidung die Stellungnahme der Kommission nicht berücksichtigt, legt sie die Gründe dar. Die Kommission kann ferner zu Arzneimitteln, die nicht für die Anwendung bei Kindern oder Jugendlichen zugelassen sind, den anerkannten Stand der Wissenschaft dafür feststellen, unter welchen Voraussetzungen diese Arzneimittel bei Kindern oder Jugendlichen angewendet werden können. Für die Arzneimittel der Phytotherapie, Homöopathie und anthroposophischen Medizin werden die Aufgaben und Befugnisse nach den Sätzen 3 bis 7 von den Kommissionen nach Absatz 7 Satz 4 wahrgenommen.
(8) Bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen, Gewebezubereitungen, Allergenen, xenogenen Arzneimitteln, die keine Arzneimittel nach § 4 Absatz 9 sind, erteilt die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung entweder auf Grund der Prüfung der eingereichten Unterlagen oder auf Grund eigener Untersuchungen oder auf Grund der Beobachtung der Prüfungen des Herstellers. Dabei können Beauftragte der zuständigen Bundesoberbehörde im Benehmen mit der zuständigen Behörde Betriebs- und Geschäftsräume zu den üblichen Geschäftszeiten betreten und in diesen sowie in den dem Betrieb dienenden Beförderungsmitteln Besichtigungen vornehmen. Auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde hat der Antragsteller das Herstellungsverfahren mitzuteilen. Bei diesen Arzneimitteln finden die Absätze 6, 7 und 7a keine Anwendung.
(8a) (weggefallen)
(9) Werden verschiedene Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege oder Ausbietungen eines Arzneimittels beantragt, so können diese auf Antrag des Antragstellers Gegenstand einer einheitlichen umfassenden Zulassung sein; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen und Erweiterungen. Dabei ist eine einheitliche Zulassungsnummer zu verwenden, der weitere Kennzeichen zur Unterscheidung der Darreichungsformen oder Konzentrationen hinzugefügt werden müssen. Für Zulassungen nach § 24b Abs. 1 gelten Einzelzulassungen eines Referenzarzneimittels als einheitliche umfassende Zulassung.
(10) Die Zulassung lässt die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit des pharmazeutischen Unternehmers unberührt.
(1) Fertigarzneimittel, die nicht zur klinischen Prüfung bestimmt sind und die nicht nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a, 1b oder 3 von der Zulassungspflicht freigestellt sind, dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur mit einer Packungsbeilage in den Verkehr gebracht werden, die die Überschrift "Gebrauchsinformation" trägt sowie folgende Angaben in der nachstehenden Reihenfolge allgemein verständlich in deutscher Sprache, in gut lesbarer Schrift und in Übereinstimmung mit den Angaben nach § 11a enthalten muss:
- 1.
zur Identifizierung des Arzneimittels: - a)
die Bezeichnung des Arzneimittels, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 finden entsprechende Anwendung, - b)
die Stoff- oder Indikationsgruppe oder die Wirkungsweise;
- 2.
die Anwendungsgebiete; - 3.
eine Aufzählung von Informationen, die vor der Einnahme des Arzneimittels bekannt sein müssen: - a)
Gegenanzeigen, - b)
entsprechende Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, - c)
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder anderen Mitteln, soweit sie die Wirkung des Arzneimittels beeinflussen können, - d)
Warnhinweise, insbesondere soweit dies durch Auflage der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 angeordnet oder auf Grund von § 7 des Anti-Doping-Gesetzes oder durch Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 vorgeschrieben ist;
- 4.
die für eine ordnungsgemäße Anwendung erforderlichen Anleitungen über - a)
Dosierung, - b)
Art der Anwendung, - c)
Häufigkeit der Verabreichung, erforderlichenfalls mit Angabe des genauen Zeitpunkts, zu dem das Arzneimittel verabreicht werden kann oder muss,
sowie, soweit erforderlich und je nach Art des Arzneimittels,- d)
Dauer der Behandlung, falls diese festgelegt werden soll, - e)
Hinweise für den Fall der Überdosierung, der unterlassenen Einnahme oder Hinweise auf die Gefahr von unerwünschten Folgen des Absetzens, - f)
die ausdrückliche Empfehlung, bei Fragen zur Klärung der Anwendung den Arzt oder Apotheker zu befragen;
- 5.
zu Nebenwirkungen: - a)
eine Beschreibung der Nebenwirkungen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch des Arzneimittels eintreten können, - b)
bei Nebenwirkungen zu ergreifende Gegenmaßnahmen, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis erforderlich ist, und - c)
einen Standardtext, durch den die Patienten ausdrücklich aufgefordert werden, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung ihren Ärzten, Apothekern, Angehörigen von Gesundheitsberufen oder unmittelbar der zuständigen Bundesoberbehörde zu melden, wobei die Meldung in jeder Form, insbesondere auch elektronisch, erfolgen kann;
- 6.
einen Hinweis auf das auf der Verpackung angegebene Verfalldatum sowie - a)
Warnung davor, das Arzneimittel nach Ablauf dieses Datums anzuwenden, - b)
soweit erforderlich besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung und die Angabe der Haltbarkeit nach Öffnung des Behältnisses oder nach Herstellung der gebrauchsfertigen Zubereitung durch den Anwender, - c)
soweit erforderlich Warnung vor bestimmten sichtbaren Anzeichen dafür, dass das Arzneimittel nicht mehr zu verwenden ist, - d)
vollständige qualitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen und sonstigen Bestandteilen sowie quantitative Zusammensetzung nach Wirkstoffen unter Verwendung gebräuchlicher Bezeichnungen für jede Darreichungsform des Arzneimittels, § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - e)
Darreichungsform und Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl für jede Darreichungsform des Arzneimittels, - f)
Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, seines örtlichen Vertreters, - g)
Name und Anschrift des Herstellers oder des Einführers, der das Fertigarzneimittel für das Inverkehrbringen freigegeben hat;
- 7.
bei einem Arzneimittel, das unter anderen Bezeichnungen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach den Artikeln 28 bis 39 der Richtlinie 2001/83/EG für das Inverkehrbringen genehmigt ist, ein Verzeichnis der in den einzelnen Mitgliedstaaten genehmigten Bezeichnungen; - 8.
das Datum der letzten Überarbeitung der Packungsbeilage.
(1a) Ein Muster der Packungsbeilage und geänderter Fassungen ist der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich zu übersenden, soweit nicht das Arzneimittel von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist.
(1b) Die nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 und Satz 3 erforderlichen Standardtexte werden von der zuständigen Bundesoberbehörde im Bundesanzeiger bekannt gemacht.
(1c) Die zuständige Bundesoberbehörde kann im Fall eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses auf Antrag des Zulassungsinhabers im Einzelfall gestatten, dass ein Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 befristet mit einer Packungsbeilage in einer anderen als der deutschen Sprache in den Verkehr gebracht wird. In diesem Fall stellt die zuständige Bundesoberbehörde sicher, dass der Verbraucher in geeigneter Weise Zugang zu den erforderlichen Produktinformationen erhält.
(2) Es sind ferner in der Packungsbeilage Hinweise auf Bestandteile, deren Kenntnis für eine wirksame und unbedenkliche Anwendung des Arzneimittels erforderlich ist, und für die Verbraucher bestimmte Aufbewahrungshinweise anzugeben, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich oder durch Auflage der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 angeordnet oder durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist.
(2a) Bei radioaktiven Arzneimitteln gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Vorsichtsmaßnahmen aufzuführen sind, die der Verwender und der Patient während der Zubereitung und Verabreichung des Arzneimittels zu ergreifen haben, sowie besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Entsorgung des Transportbehälters und nicht verwendeter Arzneimittel.
(3) Bei Arzneimitteln, die in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind, gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass die in § 10 Abs. 4 vorgeschriebenen Angaben, ausgenommen die Angabe der Chargenbezeichnung, des Verfalldatums und des bei Mustern vorgeschriebenen Hinweises, zu machen sind sowie der Name und die Anschrift des Herstellers anzugeben sind, der das Fertigarzneimittel für das Inverkehrbringen freigegeben hat, soweit es sich dabei nicht um den pharmazeutischen Unternehmer handelt. Satz 1 gilt entsprechend für Arzneimittel, die nach § 38 Abs. 1 Satz 3 von der Registrierung freigestellt sind.
(3a) Bei Sera gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass auch die Art des Lebewesens, aus dem sie gewonnen sind, bei Virusimpfstoffen das Wirtssystem, das zur Virusvermehrung gedient hat, und bei Arzneimitteln aus humanem Blutplasma zur Fraktionierung das Herkunftsland des Blutplasmas anzugeben ist.
(3b) Bei traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln nach § 39a gilt Absatz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass bei den Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 anzugeben ist, dass das Arzneimittel ein traditionelles Arzneimittel ist, das ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist. Zusätzlich ist in die Packungsbeilage der Hinweis nach § 10 Abs. 4a Satz 1 Nr. 2 aufzunehmen.
(3c) Der Inhaber der Zulassung hat dafür zu sorgen, dass die Packungsbeilage auf Ersuchen von Patientenorganisationen in Formaten verfügbar ist, die für blinde und sehbehinderte Personen geeignet sind.
(3d) Bei Heilwässern können unbeschadet der Verpflichtungen nach Absatz 2 die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b, Nr. 4 Buchstabe e und f, Nr. 5, soweit der dort angegebene Hinweis vorgeschrieben ist, und Nr. 6 Buchstabe c entfallen. Ferner kann bei Heilwässern von der in Absatz 1 vorgeschriebenen Reihenfolge abgewichen werden.
(4) (weggefallen)
(5) Können die nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a und c sowie Nr. 5 vorgeschriebenen Angaben nicht gemacht werden, so ist der Hinweis "keine bekannt" zu verwenden. Werden auf der Packungsbeilage weitere Angaben gemacht, so müssen sie von den Angaben nach den Absätzen 1 bis 3 deutlich abgesetzt und abgegrenzt sein.
(6) Die Packungsbeilage kann entfallen, wenn die nach den Absätzen 1 bis 3 vorgeschriebenen Angaben auf dem Behältnis oder auf der äußeren Umhüllung stehen. Absatz 5 findet entsprechende Anwendung.
(7) Aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen dürfen nur zusammen mit einer Ausfertigung der für das Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Packungsbeilage abgegeben werden. Absatz 6 Satz 1 gilt entsprechend. Abweichend von Satz 1 müssen bei der im Rahmen einer Dauermedikation erfolgenden regelmäßigen Abgabe von aus Fertigarzneimitteln entnommenen Teilmengen in neuen, patientenindividuell zusammengestellten Blistern Ausfertigungen der für die jeweiligen Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Packungsbeilagen erst dann erneut beigefügt werden, wenn sich diese gegenüber den zuletzt beigefügten geändert haben.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.