Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Nov. 2018 - 7 K 5970/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Tatbestand
2Die Klägerin ist Inhaberin eines Registrierungsbescheides vom 25.06.2012 für das von ihr in den Verkehr gebrachte Fertigarzneimittel „B. Bronchialtropfen“. Das Arzneimittel wird traditionell angewendet zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege. Der Wirkstoff ist ein Destillat, das aus einer Mischung von Eukalyptusblättern, Pfefferminzblättern, Anisfrüchten, Bitterfenchelfrüchten und Salbeiblättern hergestellt wird.
3Im Registrierungsbescheid wurde auf Antrag der Klägerin eine Haltbarkeit des Fertigarzneimittels von 18 Monaten genehmigt.
4Mit Änderungsanzeige vom 12.05.2014 zeigte die Klägerin eine Verlängerung der Haltbarkeit auf 36 Monate an. Zugleich wurde eine Änderung der Spezifikationsparameter für die Laufzeitspezifikation angezeigt. Bezüglich des Parameters „Gesamtterpene“, der für die Bestimmung des Wirkstoffgehalts festgelegt ist, wurde eine Ausweitung der Spezifikationsgrenzen von 90 % – 105 % auf 70 % – 105 % vorgenommen. Ferner wurde ein zusätzlicher Spezifikationswert, nämlich ein Gehalt an Gesamtterpenen von mindestens 125 mg /100 ml aufgenommen. Dieser Wert ist auch für die Gehaltsbestimmung in der Freigabespezifikation maßgeblich.
5Mit Bescheid vom 30.06.2014 teilte die Beklagte mit, dass den angezeigten Änderungen nach § 29 Abs. 2a AMG nicht zugestimmt werde. In der Begründung wurde angegeben, dass eine Gehaltsspanne von 70 % – 105 % nach der „Guideline on Quality of Herbal Medicinal Products/Traditional Herbal Medicinal Products“ (CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) in Verbindung mit der „Guideline on Development Pharmaceutics (CPMP/QWP/155/96) nicht akzeptabel sei. Danach sei bei zu großen Gehaltsabweichungen in der Stabilitätsprüfung die Laufzeit entsprechend zu kürzen, anstatt zu große Gehaltsspannen zu akzeptieren.
6Hiergegen legte die Klägerin am 30.07.2014 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 22.08.2014 begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
7Am 14.11.2014 hat die Klägerin im Verfahren 7 K 6299/14 Klage erhoben, mit der sie die Zustimmung der Beklagten zu der Änderungsanzeige vom 12.05.2014 begehrte.
8Mit einer weiteren Änderungsanzeige vom 08.08.2014 zeigte die Klägerin der Beklagten den Wegfall der Laufzeitspezifikation an und teilte mit, dass die Freigabespezifikation, nämlich ein Gehalt der Gesamtterpene von mindestens 125 mg/100 ml, nunmehr für die gesamte Laufzeit gültig sei. Damit sei sichergestellt, dass der Freigabewert über die komplette Laufzeit nicht unterschritten werde.
9Mit Bescheid vom 24.09.2014 versagte die Beklagte die Zustimmung zur Änderungsanzeige. Zur Begründung gab sie an, für die Laufzeitspezifikation sei weiterhin die Spezifikation der Gesamtterpene von 90 % – 105 % des Startwerts erforderlich und verwies auf die „Guideline on Quality of Herbal Medicinal Products/Traditional Herbal Medicinal Products“ (CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2). Gegen eine zusätzliche Spezifikation „Gesamtterpene mindestens 125 mg/100 ml bestünden keine Bedenken.
10Hiergegen legte die Klägerin am 13.10.2014 Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben vom 19.11.2014. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 wies die Beklagt den Widerspruch zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, bei einem Verzicht auf die Laufzeitspezifikation seien die pharmakologischen Wirkungen auf der Grundlage der langjährigen Anwendung und Erfahrung nicht mehr plausibel, § 39 c Abs. 2 Nr. 5 AMG. Die vorgelegten Stabilitätsdaten von 2 Chargen zeigten einen Ausgangswert von 215 mg/100 ml Gesamtterpene. Bei einem zulässigen Mindestgehalt von 125 mg/100 ml wäre ein enormer Verlust von 42 % zu verzeichnen. Außerdem widerspreche die gewünschte Änderung den Vorgaben der Guideline CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2. Danach sei eine Aufweitung der Gehaltsspanne über den Bereich von +/- 10 % des Startwertes hinaus nur in Ausnahmefällen, aber nicht zum Zweck der Verlängerung der Laufzeit zulässig.
11Hiergegen hat die Klägerin am 12.10.2015 die vorliegende Klage erhoben, mit der sie die Zustimmung der Beklagten zu der Änderungsanzeige vom 08.08.2014 begehrt.
12Sie ist der Auffassung, die Versagung der Zustimmung sei rechtswidrig. Ein Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG liege nicht vor. Die Beanstandungen der Beklagten im Hinblick auf den Gehalt an Gesamtterpenen seien unzutreffend.
13Der ursprünglich spezifizierte untere Wert der Gehaltsspanne von 90 % Gesamtterpene in der Laufzeitspezifikation werde nach den vorliegenden Stabilitätsprüfungen nach 24 Monaten und bei den rekalkulierten Werten bei 36 Monaten nur minimal unterschritten. Er liege im ungünstigsten Fall nach 24 Monaten bei 86,5 % des Ursprungsgehaltes; nach 36 Monaten bei 88,3 % des Ursprungwertes.
14Die Beklagte verweise zu Unrecht auf einen Gehaltsverlust von über 40 % bei einem Startwert von 215 mg/100 ml. Seit 2010 liege der reale Gesamtterpengehalt bei der Freigabe nicht bei 125 mg/100 ml, sondern stets oberhalb von 179 mg/100 ml. Die Verluste gegenüber einem Startwert von 215 mg/100 ml betrügen also real allerhöchstens 17% bzw. 15 % in den letzten 4 Jahren.
15Der Mindestgehalt an Gesamtterpenen von 125 mg/100 ml sei ein freigaberelevanter Parameter in der bisherigen und in der neu eingereichten Spezifikation. Er bestehe in dieser Form unverändert seit 1988. Dieser Gehalt sei im Rahmen des Registrierungsverfahrens im Hinblick auf die langjährige Tradition als pharmakologisch plausibel festgelegt worden. Das habe die Beklagte bisher nicht beanstandet. Bei Einhaltung dieses Wertes über die gesamte Laufzeit sei daher die Wirksamkeit über die Laufzeit garantiert und sichergestellt. Es könne nicht verboten sein, dass das Arzneimittel nach der Herstellung und Freigabe einen deutlich höheren Gehalt an Gesamtterpenen aufweise, da zu diesem Zeitpunkt ja nur ein Mindestgehalt, aber kein Höchstgehalt spezifiziert sei. Eine minderwertige Qualität könne daraus nicht abgeleitet werden, zumal die Inhaltsstoffe bei pflanzlichen Präparaten natürlichen Schwankungen unterlägen. Die Beklagte habe letztlich nicht gewürdigt, dass der Gehalt an Gesamtterpenen immer über 125 mg/100 ml liege.
16Neben der Vereinheitlichung der Spezifikation für Freigabe und Laufzeit würden des Weiteren die Proben während der Laufzeit anhand von TLC- und GC-Fingerprint-Methoden mit den Freigabewerten verglichen. Damit sei sichergestellt, dass sich die Fingerprints während der Laufzeit nicht signifikant veränderten. Wenn die Qualität eines Produkts während der gesamten Laufzeit der Qualität zum Zeitpunkt der Freigabe entspreche, könne hierin kein Grund zur Beanstandung liegen.
17Es sei nicht unzulässig, für die Qualitätskriterien nur eine einzige Spezifikation vorzulegen. Für Freigabe und Laufzeit getrennte Spezifikationen seien nach den internationalen Vorgaben und den Hinweisen des BfArM nur dann erforderlich, wenn diese unterschiedliche Anforderungen aufwiesen (vgl. BfArM-Bekanntmachung zu den Erläuterungen zum Antrag auf Zulassung vom 31.10.1996, Ziff. F.2.2; ICH „Specifications: Test Procedures and Acceptance Criteria for new drug substances and new drug products: Chemical substances Q6A“, ICH 6 QA). Die einheitliche Vorgabe eines Mindestgehalts an Gesamtterpenen für Freigabe und Laufzeit sei daher zulässig.
18Auch sei in den letzten 13 Jahren trotz mehr als 2,8 Mio verkaufter Einheiten kein einziger Fall einer Meldung von fehlender Wirksamkeit aufgetreten.
19Eine Verbindung dieser Änderungsanzeige mit den vorangegangen Änderungsanzeigen bestehe nicht. Die streitgegenständliche Änderungsanzeige diene lediglich der Harmonisierung von Freigabe- und Laufzeitspezifikation und damit der Vereinfachung. Weitere Parameter seien damit nicht notwendig.
20Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte nunmehr zwei Terpene (alpha-Pinen und Anethol) herausgreife, deren Stabilität „oft problematisch“ sei. Die Beklagte halte ja an der im Verlauf des Klageverfahrens erweiterten Spanne von 85 % – 105 % im Hinblick auf den Gehalt an Gesamtterpenen fest. Auch handele es sich bei diesen Terpenen nicht um Leitsubstanzen. Da der Gehalt an Gesamtterpenen gleich bleibe (mehr als 125 mg/100 ml) sei der Abbau einzelner Marker ohne jede Aussagekraft für die Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels.
21Die Klägerin biete jedoch vergleichsweise an, diesen bisherigen Parameter für die Freigabespezifikation auch für die Laufzeitspezifikation zu übernehmen.
22Die Klage 7 K 6299/18 auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Zustimmung zur Änderungsanzeige vom 12.05.2014 wurde durch Urteil des erkennenden Gerichts vom 27.11.2018 abgewiesen.
23Die Klägerin beantragt,
24die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 24.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2015 zu verpflichten, der Änderungsanzeige vom 08.08.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“ (Zul-Nr. 00000.00.00) zuzustimmen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Sie verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheides und hält an ihrer Auffassung fest, dass die Qualität des Arzneimittels ohne die Festlegung einer Gehaltsspanne für die Gesamtterpene bezogen auf einen chargenspezifischen Ausgangswert in der Laufzeitspezifikation nicht ausreichend belegt werden könne und damit die pharmakologischen Wirkungen auf der Grundlage der langjährigen Anwendung und Erfahrung nicht mehr plausibel wären, § 39 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 AMG. Bei der Prüfung der angemessenen Qualität sei der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen. Dieser würde durch die Guidelines der zuständigen EU-Gremien widergespiegelt und sei daher von der Beklagten zu berücksichtigen.
28Nach diesen Guidelines sei eine Haltbarkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels über 36 Monate nicht belegt und ein Verzicht auf eine Laufzeitspezifikation nicht zulässig. Das Arzneimittel sei nicht langzeitstabil. Die von der Klägerin bei der Registrierung vorgelegten Haltbarkeitsdaten zeigten, dass die Gehaltswerte der analytischen Leitsubstanzen bereits bei 24 Monaten unterhalb der früheren Spezifikationswerte von 90 – 105 % gelegen hätten. Seinerzeit seien daher Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten nicht vorgelegt worden. Dies habe dazu geführt, dass lediglich eine Haltbarkeit für 18 Monate von der Klägerin beantragt und genehmigt worden sei.
29Bei Einreichung der vorangegangenen Änderungsanzeige vom 12.05.2014 habe die Klägerin keine neuen Stabilitätsdaten eingereicht, sondern die alten Ergebnisse verwendet, wobei sie die analytischen Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten rekalkuliert habe. Dabei habe sich gezeigt, dass die Stabilitätswerte auch bei dieser Laufzeit außerhalb der Spezifikation (unter 90 % des Ausgangswertes) gelegen hätten. Daher habe die Klägerin mit der Änderungsanzeige vom 12.05.2014 eine Ausweitung der Gehaltsspanne für Gesamtterpene auf 70 % bis 105 % beantragt, womit sie die gewünschte Laufzeit über 36 Monate hätte erreichen können.
30Auch die vorliegende Änderungsanzeige, mit der die Gehaltsspanne der Gesamtterpene über die Laufzeit vollständig gestrichen werde, habe das Ziel, eine rechnerische Stabilität über 36 Monate zu erreichen. Jedoch könne die Freigabespezifikation „Gesamtterpene mindestens 125 mg/ 100 ml“ die Laufzeitspezifikation nicht ersetzen. Es sei auch nicht zulässig, einen Mindestgehalt „Gesamtterpene mindestens 125 mg/ 100 ml“ in die Laufzeitspezifikation zu übernehmen. De facto werde hierdurch die Verlustspanne auf über 40 %, bezogen auf die Ausgangswerte der Charge, erweitert.
31Diese Vorgehensweise stehe nicht im Einklang mit der „Guideline on Stability Testing of Existing Active Substances and Related Finished Products (CPMP/QWP/122/02 rev. 1 corr.) und der „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2). Diese sähen grundsätzlich eine Gehaltsspanne von +/- 5 % bezogen auf den chargenspezifischen Startwert vor. Bei pflanzlichen Arzneimitteln werde wegen der natürlichen Schwankungen des Wirkstoffgehalts ein chargenspezifischer Ausgangswert festgesetzt, während es bei chemischen Wirkstoffen auf den deklarierten Gehalt ankomme, der über die Laufzeit mit einer Spanne von +/- 5 % einzuhalten sei. Bei pflanzlichen Arzneimitteln könne eine Erweiterung auf +/- 10 % mit einer entsprechenden Begründung akzeptiert werden. Die Absenkung des Gehalts an Gesamtterpenen auf 90 % sei der Klägerin schon bei der Registrierung zugestanden worden. Eine Begründung für eine weitere Absenkung oder Streichung dieser Spezifikation liefere die Klägerin nicht. Aussagekräftige Stabilitätsdaten habe die Klägerin bis heute nicht vorgelegt.
32Auch der Entwurf für eine Revision der Guideline CPMP/QWP/2819/00 Rev.3 sehe insofern keine Änderung vor. Der Parameter „Gesamtterpene mindestens 125mg/ 100 ml“ erfülle diese Forderung nicht. Mit diesem Kriterium könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Charge mit einem sehr hohen Gehalt an Gesamtterpenen (z.B. 236 mg/100 ml) ein sehr hoher Verlust an ätherischen Ölen akzeptabel sei, bei einer Charge mit einem geringen Gehalt an Gesamtterpenen (z.B. 130 mg/100 ml) aber nur ein geringer Abfall zulässig sei. Dies könne auch zu einer unterschiedlich langen Haltbarkeit der einzelnen Chargen führen. Damit sei eine gleichbleibende Qualität des Arzneimittels nicht gewährleistet.
33Jedoch habe die Beklagte anhand der vorgelegten Einzelwerte festgestellt, dass der Gehalt insbesondere bei den Terpenen alpha-Pinen und Anethol stark abnehme. Bei diesen ätherischen Ölen sei die Stabilität oft problematisch. Die Beklagte sei daher bereit, einer Gehaltsspezifikation von 85 % – 105 % im Hinblick auf Gesamtterpene zuzustimmen. Diese Spanne könne noch als gleichbleibende Qualität akzeptiert werden. Gleichzeitig sollten diese beiden Terpene zusätzlich spezifiziert werden, um ein klares Endkriterium des Abfalls zu definieren.
34Die Klägerin könne auch nicht auf die Spezifikation des Vorgängerproduktes seit 1988 verweisen. Dieses sei nach § 105 i.V.m. § 109 a AMG aufgrund einer entsprechenden Listenposition zugelassen worden. Die Qualität sei in diesem Verfahren nicht geprüft worden. Seinerzeit sei eine Eidesstattliche Erklärung zur Qualität durch die sachkundige Person ausreichend gewesen.
35Das Argument, dass bisher kein Fall einer mangelnden Wirksamkeit bekannt geworden sei, könne nicht überzeugen. Zum einen beruhe die Wirksamkeit lediglich auf einer langjährigen Tradition, zum anderen wäre dann eine Qualitätsprüfung generell obsolet, solange das Arzneimittel überhaupt eine Wirkung zeige. Dies sei mit dem eigenständigen Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AMG nicht vereinbar.
36Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 7 K 6299/14 sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (2 Bände) und alle sonstigen von den Beteiligten eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
37E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
38Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu ihrer Änderungsanzeige vom 08.08.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“.
39Rechtsgrundlage für die Versagung der Zustimmung zur Änderungsanzeige der Klägerin hinsichtlich der Laufzeitspezifikation des Arzneimittels ist § 39 d Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 AMG i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG i.V.m. § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG.
40Gemäß § 37 d Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 1 AMG hat der Inhaber einer Registrierung der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 ergeben. Die von der Klägerin beabsichtigte Änderung der Laufzeitspezifikation betrifft eine Änderung der Registrierungsunterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 15 AMG und war daher anzeigepflichtig.
41Eine Änderung im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen der Spezifikation, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken kann, bedarf der Zustimmung der zuständigen Bundesoberbehörde, § 39 b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG. Diese nationalen Vorschriften sind auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 in der Fassung der Änderungsverordnung (EU) Nr. 712/2012, sog. „Variations-VO“, am 04.08.2013 für arzneimittelrechtliche Registrierungen noch anwendbar. Denn die Variations-VO gilt nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Nr. 1a nur für arzneimittelrechtliche Zulassungen, die nach den Art. 8 bis Art. 11 erteilt wurden, und somit nicht für Registrierungsentscheidungen nach Art. 16 a ff. der Richtlinie 2001/83/EG,
42vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, 130. Akt.-Lief. 2015, § 29 Anm. 1a.
43Die von der Klägerin angezeigte Änderung bzw. Streichung der Laufzeitspezifikation, nämlich die Änderung der Parameter, die für die Prüfung des Wirkstoffgehaltes während der Laufzeit maßgeblich sind, kann sich erheblich auf die Qualität des Arzneimittels auswirken. Denn diese Anforderungen haben Einfluss auf die Feststellung der Haltbarkeit. Der angezeigte Wegfall der Laufzeitspezifikation steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorangegangen Änderungsanzeige vom 12.05.2014, mit der die Klägerin eine Verlängerung der Haltbarkeit auf 36 Monate begehrte. Denn auf der Grundlage der bisher genehmigten Laufzeitspezifikation, die einen Gehalt von Gesamtterpenen von 90 % bis 105 % festlegt, wäre eine Verlängerung der Haltbarkeit über die bisher genehmigte Dauer von 18 Monaten hinaus nicht möglich, weil die vorgelegten Stabilitätsdaten diese Spanne bereits bei 24 Monaten verfehlten.
44Die Beklagte ist zu einer Zustimmung zu der beantragten Änderung der Registrierung verpflichtet, wenn nicht ein Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 AMG vorliegt. Ein Ermessen ist der Beklagten insoweit nicht eingeräumt. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Streitfall auf den Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG berufen. Danach ist die Zustimmung zu einer Änderung der Registrierung ebenso wie die Registrierung als solche zu versagen, wenn die pharmazeutische Qualität nicht angemessen ist. Das ist hier der Fall.
45Eine Streichung der Laufzeitspezifikation bzw. eine Zusammenlegung der Freigabe- und Laufzeitspezifikation mit dem einheitlichen Parameter „ Gesamtterpene mindestens 125 mg/ 100 ml“ entspricht nicht den Vorgaben der maßgeblichen europäischen Leitlinien für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln.
46Die Qualität eines Arzneimittels ist gemäß § 4 Abs. 15 AMG definiert als die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird. Die Qualität eines Arzneimittels muss den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprechen, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 8 AMG. Diese ergeben sich aus den Bestimmungen in Modul III des Anhangs I der Richtlinie 2001/83/EG, den Bestimmungen des Deutschen und des Europäischen Arzneibuchs, § 55 Abs. 1 und Abs. 3 AMG sowie aus den Leitlinien (Guidelines oder Notes for Guidance) der Arbeitsausschüsse der europäischen Arzneimittelagentur (EMA),
47vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris, Rn. 9.
48Diese Leitlinien entfalten zwar keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Sie sind aber als „antezipierte Sachverständigengutachten“ zur Auslegung arzneimittelrechtlicher Begriffe heranzuziehen und sind daher auch geeignet, den Begriff der „anerkannten pharmazeutischen Regeln“ auszufüllen. Ihre Anwendung kann gerichtlich nur mit dem substantiierten Vorbringen angegriffen werden, dass sie nicht oder nicht mehr dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen,
49vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris Rn. 10 ff. mit weiteren Nachweisen.
50Im vorliegenden Klageverfahren hat die Klägerin die Anwendung der europäischen Leitlinien zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln, insbesondere der „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, nicht beanstandet.
51Der Sicherstellung der Qualität eines Arzneimittels dienen neben Kontrollen der Ausgangsstoffe, des Herstellungsverfahrens und des Fertigprodukts auch Untersuchungen zur Stabilität des Arzneimittels, § 22 Abs. 1 Nr. 14 und 15 AMG. Im Rahmen dieser Untersuchungen sind Prüfungen des Gehalts des eingesetzten Wirkstoffs über die Dauer der beantragten Haltbarkeit erforderlich. Bei Arzneimitteln, die eine pflanzliche Drogenzubereitung als Wirkstoff enthalten, bei der die für die therapeutische Wirkung verantwortlichen Bestandteile nicht bekannt sind, sind validierte Gehaltsbestimmungen von aktiven oder analytischen Leitsubstanzen (Markern) oder anderen begründeten Anforderungen notwendig,
52vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2), vom 31.03.2011, Ziff. 3.2.4.
53Als Leitsubstanzen sollen für die pflanzliche Droge charakteristische Stoffe herangezogen werden. Diese werden quasi stellvertretend für den Wirkstoff gemessen. Hierbei sind bestimmte Schwankungen wegen der unterschiedlichen Beschaffenheit des pflanzlichen Ausgangsmaterials während der Laufzeit der Untersuchungen zulässig, ohne dass sich dies auf die Haltbarkeit und damit auf die Qualität des Arzneimittels auswirkt.
54Die oben genannte Leitlinie zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln bestimmt in diesem Zusammenhang, dass Gehaltsschwankungen bei pflanzlichen Arzneimitteln mit bekannten wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen nicht mehr als +/- 5 % des angegebenen Gehaltswertes betragen sollen, wenn dies nicht anders begründet wird. Wenn das pflanzliche Arzneimittel jedoch – wie hier – eine pflanzliche Zubereitung enthält, für die wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind, darf die Gehaltschwankung der Leitsubstanzen über den Zeitraum der beantragten Haltbarkeitsdauer +/- 10 % des betreffenden Ausgangswertes betragen, sofern der Antragsteller dies begründet,
55vgl. „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 8.
56Die Klägerin hat in ihrer Laufzeitspezifikation, also in der Liste der Akzeptanzkriterien für die Stabilitätsuntersuchungen, den Parameter „Gesamtterpene“ und damit einen Durchschnittswert bestimmter in der Zubereitung enthaltener ätherischer Öle der pflanzlichen Ausgangsstoffe als analytische Leitsubstanz für die Gehaltsbestimmung des Wirkstoffs festgelegt, da wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind. Im Registrierungsbescheid wurde eine Gehaltsspanne von 90 % bis 105 % Gesamtterpene für die Lautzeitspezifikation genehmigt. Damit entspricht der untere Wert von 90 % bereits der nach der oben genannten Leitlinie zulässigen maximalen Reduzierung um 10 % des Ausgangswertes der Charge.
57Die jetzt begehrte Streichung einer Gehaltsspanne von 90 % bis 105 % Gesamtterpene, gemessen am Ausgangswert der jeweiligen Charge, und Reduzierung der Gehaltsbestimmung anhand eines chargenunabhängigen Mindestwertes von 125 mg/ 100 ml des Arzneimittels ist nach den oben dargelegten Anforderungen nicht zulässig.
58Der Auffassung der Klägerin, dass die Feststellung der prozentualen Änderung des Wirkstoffgehalts, gemessen an dem Ausgangswert der jeweiligen Charge, überflüssig sei, solange der für die Freigabespezifikation maßgebliche Mindestgehalt von 125 mg Gesamtterpene/ 100 ml des Arzneimittels nicht unterschritten werde, kann nicht gefolgt werden.
59Die o. g. Leitlinie für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln fordert keinen konstanten chargenunabhängigen Mindestwert, sondern eine Spanne für die Gehaltsbestimmung, also einen Bereich, in dem sich der Wirkstoffgehalt bewegen muss. Diese Spanne wird vom konkreten Anfangswert der jeweiligen Charge gemessen. Das ergibt sich nunmehr eindeutig aus dem Wortlaut des bereits zitierten Entwurfs für die Neufassung der Leitlinie (Draft, EMA/HMPC/201116/2005 Rev. 3), wenn es dort heißt:
60„During the proposed shelf life a variation of the batch-specific content of the analytical marker of +/- 5 % from the initial value is acceptable; a widening to +/- 10 % from the initial batch-specific content could be acceptable if justified.“
61Mit diesem Konzept, dass zu starke Wirkstoffschwankungen während der Lebensdauer eines Arzneimittels verhindern soll, lässt sich der Verzicht auf die Messung einer chargenspezifischen Abnahme des Ausgangswertes und Ersetzung durch einen konstanten Mindestgehalt von 125 mg / 100 ml nicht vereinbaren.
62Zwar verhindert der Mindestgehalt an Leitsubstanzen, dass die für die Wirksamkeit bzw. die plausible Wirkung des registrieren Arzneimittels erforderliche Wirkstoffmenge unterschritten wird. Hiermit wäre auch bei einem Verzicht auf die Bestimmung des prozentualen Wirkstoffverlustes während der Laufzeit die Wirksamkeit über die beantragte Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten gewährleistet.
63Jedoch verdeckt die Beschränkung der Gehaltsbestimmung auf einen Mindestgehalt von 125 mg Gesamtterpene/ 100 ml Arzneimittel die bei dem streitbefangenen Arzneimittel auftretenden Wirkstoffverluste, die nach den eigenen Angaben der Klägerin im Parallelverfahren in den vergangenen Jahren bis zu 30 % des Ausgangswertes betragen haben (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 14.09.2015 in 7 K 6299/14). Bei einem Mindestgehalt von 125 mg/ 100 ml wären sogar wegen der beträchtlichen Überdosierung der pflanzlichen Zubereitung bei der Freigabe noch höhere Wirkstoffverluste, maximal bis zu 100 %, zulässig.
64Die von der Klägerin im parallelen Klageverfahren 7 K 6299/14 vorgelegte Übersicht über den Gehalt an Gesamtterpenen bei der Freigabe des Arzneimittels bei 30 Produktionschargen aus den Jahren 2010 bis 2014 (Anlage K8, letzte Seite, Beiakte 5 in 7 K 6299/14) zeigt eine erhebliche Bandbreite von 179 mg/ 100 ml bis zu 256 mg/ 100 ml, wobei alle Werte erheblich über dem nach der Freigabespezifikation erforderlichen Mindestwert von 125 mg/ 100 ml liegen und damit auf eine starke Überdosierung hindeuten. Wäre eine Wirkstoffabnahme bis zum Mindestwert von 125 mg Gesamtterpene / 100 ml Arzneimittel zulässig, dann wäre ein Wirkstoffverlust bei der Charge mit dem höchsten Freigabewert von 256 mg/ 100 ml von ca. 100 % zulässig; bei der Charge mit dem geringsten Freigabewert von 179 mg/100 ml wäre noch ein Wirkstoffverlust von 30 % spezifikationsgerecht.
65Dies zeigt, dass der Mindestgehalt von 125 mg/ 100 ml das Auftreten starker Wirkstoffverluste nicht verhindert, sondern verdeckt. Es wird deutlich, dass die Klägerin eine Überdosierung bei der Freigabe einplant, um die bisher aufgetretenen Wirkstoffverluste von bis zu 30 % zu kompensieren.
66Dies ist jedoch nach der „Note for Guidance on Development Pharmaceutics“ (CPMP/QWP/155/96) vom 28.01.1998 nicht zulässig. Dort heißt es unter Ziff. 3.1
67„The use of overages in the formulation of medicinal products is a practise which in general terms needs to be discouraged because of the risk of overdosing. ... the stability overage will result in overdosing where batches of product may reach the patient soon after release. The inclusion of any overage should be justified. Large overages (for example in excess of 10 %) should not normally be used to cover up inherently unstable formulations – it is better to reduce a shelf life rather than to risk exposing a patient to excessive doses of a drug. …”
68Die Klägerin hat keine Begründung dafür angegeben, warum bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel ein Wirkstoffabfall von 30 % und mehr akzeptiert werden soll. Der Umstand, dass das Arzneimittel nicht stabil ist, kann eine solche Begründung nicht ersetzen. Aus der oben genannten Leitlinie ergibt sich gerade, dass ein instabiles Arzneimittel nicht durch eine Ausweitung der Spezifikation eine scheinbare Stabilität erhalten soll. Daraus ergibt sich gleichermaßen, dass eine Abnahme des Wirkstoffs auch nicht durch den Wegfall einer Laufzeitspezifikation eliminiert werden kann,
69vgl. hierzu auch schon VG Köln, Urteil vom 24.08.2015 – 7 K 1247/14 – juris Rn. 102.
70Einem Arzneimittel, das nach der Freigabe 30 % und mehr seines Wirkstoffes verlieren kann, fehlt es aber an der erforderlichen gleichbleibenden Qualität. Spezifikationen dienen gerade dem Zweck, pflanzliche Arzneimittel einer Kontrolle zu unterziehen, durch die die Qualität und Konsistenz der Produkte sichergestellt werden soll,
71vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 1.2 und 2.1.
72Eine konsistente Qualität ist bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel ohne eine Laufzeitspezifikation, die an den chargenspezifischen Ausgangswert der Gesamtterpene zu Beginn der Laufzeit anknüpft, nicht sichergestellt. Die von der Klägerin mitgeteilten Freigabewerte (Anlage K8, Beiakte 5 im Verfahren 7 K 6299/14) zeigen, dass Arzneimittel einer Charge nach der Herstellung einen hohen Gehalt von Leitsubstanzen und damit einen Wirkstoffgehalt von 256 mg/100 ml Gesamtterpene aufweisen können. Arzneimittel einer anderen Charge dürfen bei einem niedrigen Freigabewert von 179 mg/100 ml am Ende der beantragten Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten nur noch einen Gehalt von 125 mg/100 ml aufweisen. Das ist nur noch die Hälfte dessen, was in einem anderen Arzneimittel direkt nach der Freigabe enthalten sein kann. Eine gleichbleibende Wirkung und gleichbleibende Nebenwirkungen sind bei dieser Schwankungsbreite nicht zu erwarten. Damit ist eine gleichmäßige und damit angemessene Qualität im Sinne des § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht gewährleistet.
73Der Umstand, dass bisher bei der Klägerin keine Meldungen über fehlende Wirksamkeit oder über Nebenwirkungen vorliegen, ändert nichts daran, dass das Arzneimittel die Anforderungen an die Qualität nicht erfüllt. Die Qualität eines Arzneimittels wird nicht erst dadurch in Frage gestellt, dass Mängel bei Wirksamkeit und Verträglichkeit tatsächlich auftreten. Vielmehr ist eine angemessene Qualität schon dann nicht mehr gegeben, wenn die festgelegten Qualitätsstandards (Spezifikationen) nicht erfüllt werden oder die beantragten Spezifikationen nicht ausreichen, um gleichbleibende Eigenschaften des Arzneimittels zu gewährleisten. Eine Ersetzung der bisherigen Laufzeitspezifikation bzw. eine Zusammenlegung mit der Freigabespezifikation durch die Festlegung eines Mindestgehaltes von 125 mg Gesamtterpenen auf 100 ml Arzneimittel ist daher nicht zulässig.
74Die Beklagte hat daher der angezeigten Änderung die Zustimmung zu Recht verweigert.
75Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
76Rechtsmittelbelehrung
77Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
78- 79
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 80
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 81
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 82
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- 83
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
85Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
86Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
87Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
88Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
89Beschluss
90Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
915.000,00 €
92festgesetzt.
93Gründe
94Der festgesetzte Streitwert entspricht dem gesetzlichen Auffangstreitwert im Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 52 Abs. 2 GKG).
95Rechtsmittelbelehrung
96Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
97Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
98Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
99Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
100Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Nov. 2018 - 7 K 5970/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 27. Nov. 2018 - 7 K 5970/15 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Die zuständige Bundesoberbehörde hat das homöopathische Arzneimittel zu registrieren und dem Antragsteller die Registrierungsnummer schriftlich zuzuteilen. § 25 Abs. 4 und 5 Satz 5 findet entsprechende Anwendung. Die Registrierung gilt nur für das im Bescheid aufgeführte homöopathische Arzneimittel und seine Verdünnungsgrade. Die zuständige Bundesoberbehörde kann den Bescheid über die Registrierung mit Auflagen verbinden. Auflagen können auch nachträglich angeordnet werden. § 28 Abs. 2 und 4 findet Anwendung.
(2) Die zuständige Bundesoberbehörde hat die Registrierung zu versagen, wenn
- 1.
die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind, - 2.
das Arzneimittel nicht nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend analytisch geprüft worden ist, - 3.
das Arzneimittel nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, - 4.
bei dem Arzneimittel der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, - 4a.
(weggefallen) - 5.
(weggefallen) - 5a.
das Arzneimittel nicht zur Einnahme und nicht zur äußerlichen Anwendung bestimmt ist, - 5b.
das Arzneimittel mehr als einen Teil pro Zehntausend der Ursubstanz oder mehr als den hundertsten Teil der in allopathischen der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegenden Arzneimitteln verwendeten kleinsten Dosis enthält, - 6.
das Arzneimittel der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegt, - 7.
das Arzneimittel nicht nach einer im Homöopathischen Teil des Arzneibuches beschriebenen Verfahrenstechnik hergestellt ist, - 7a.
wenn die Anwendung der einzelnen Wirkstoffe als homöopathisches oder anthroposophisches Arzneimittel nicht allgemein bekannt ist, - 8.
für das Arzneimittel eine Zulassung erteilt ist, - 9.
das Inverkehrbringen des Arzneimittels gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(2a) Ist das Arzneimittel bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum registriert worden, ist die Registrierung auf der Grundlage dieser Entscheidung zu erteilen, es sei denn, dass ein Versagungsgrund nach Absatz 2 vorliegt. Für die Anerkennung der Registrierung eines anderen Mitgliedstaates findet Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG entsprechende Anwendung; Artikel 29 Abs. 4, 5 und 6 und die Artikel 30 bis 34 der Richtlinie 2001/83/EG finden keine Anwendung.
(2b) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 38 Absatz 2 Satz 1 ergeben. § 29 Absatz 1a, 1e, 1f und 2 bis 2b gilt entsprechend. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Registrierung der Inhaber der Registrierung zu erfüllen. Eine neue Registrierung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, einschließlich einer Änderung der Potenzstufe, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach § 29 Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt.
(2c) Die Registrierung erlischt nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Erteilung, es sei denn, dass spätestens neun Monate vor Ablauf der Frist ein Antrag auf Verlängerung gestellt wird. Für das Erlöschen und die Verlängerung der Registrierung gilt § 31 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nr. 3 bis 9 Anwendung finden.
(2d) Für Rücknahme, Widerruf und Ruhen der Registrierung gilt § 30 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 2a, 3 und 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Versagungsgründe nach Absatz 2 Nummer 2 bis 9 Anwendung finden.
(2e) § 34 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 7, Absatz 1a Satz 1 Nummer 1, 4 und 5, Absatz 1b, 1d und 1h gilt entsprechend.
(3) Das Bundesministerium wird ermächtigt, für homöopathische Arzneimittel entsprechend den Vorschriften über die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Freistellung von der Registrierung zu erlassen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Inhaberin eines Registrierungsbescheides vom 25.06.2012 für das von ihr in den Verkehr gebrachte Fertigarzneimittel „B. Bronchialtropfen“. Das Arzneimittel wird traditionell angewendet zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege. Der Wirkstoff ist ein Destillat, das aus einer Mischung von Eukalyptusblättern, Pfefferminzblättern, Anisfrüchten, Bitterfenchelfrüchten und Salbeiblättern hergestellt wird.
3Im Registrierungsbescheid wurde auf Antrag der Klägerin eine Haltbarkeit des Fertigarzneimittels von 18 Monaten genehmigt.
4Mit Änderungsanzeige vom 12.05.2014 zeigte die Klägerin eine Verlängerung der Haltbarkeit auf 36 Monate an. Zugleich wurde eine Änderung der Spezifikationsparameter für die Laufzeitspezifikation angezeigt. Bezüglich des Parameters „Gesamtterpene“, der für die Bestimmung des Wirkstoffgehalts festgelegt ist, wurde eine Ausweitung der Spezifikationsgrenzen von 90 % – 105 % auf 70 % – 105 % vorgenommen. Ferner wurde ein zusätzlicher Spezifikationswert, nämlich ein Gehalt an Gesamtterpenen von mindestens 125 mg /100 ml aufgenommen. Dieser Wert ist auch für die Gehaltsbestimmung in der Freigabespezifikation maßgeblich.
5Mit Bescheid vom 30.06.2014 teilte die Beklagte mit, dass den angezeigten Änderungen nach § 29 Abs. 2a AMG nicht zugestimmt werde. In der Begründung wurde angegeben, dass eine Gehaltsspanne von 70 %– 105 % nach der „Guideline on Quality of Herbal Medicinal Products/Traditional Herbal Medicinal Products“ (CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) in Verbindung mit der „Guideline on Development Pharmaceutics (CPMP/QWP/155/96) nicht akzeptabel sei. Danach sei bei zu großen Gehaltsabweichungen in der Stabilitätsprüfung die Laufzeit entsprechend zu kürzen, anstatt zu große Gehaltsspannen zu akzeptieren.
6Hiergegen legte die Klägerin am 30.07.2014 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 22.08.2014 begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
7Am 14.11.2014 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Zustimmung der Beklagten zu der o. g. Änderungsanzeige begehrt.
8Sie ist der Auffassung, die Versagung der Zustimmung sei rechtswidrig. Ein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 Nr. 3 AMG liege nicht vor. Das Arzneimittel werde nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und weise eine angemessene Qualität auf. Insofern stehe der Beklagten auch ein Ermessensspielraum zu, den sie nicht erkannt bzw. ausgeübt habe.
9Die ursprünglich spezifizierte Gehaltsspanne von 90 %– 105 % Gesamtterpene werde nach den vorliegenden Stabilitätsdaten nach 24 Monaten und bei den rekalkulierten Werten bei 36 Monaten nur minimal unterschritten. Sie liege im ungünstigsten Fall nach 24 Monaten bei 86,5 % des Ursprungsgehaltes; nach 36 Monaten bei 88,3 % des Anfangswertes. Außerdem werde die Absenkung der Spanne auf 70 % – 105 % Gesamtterpene durch einen zusätzlichen Parameter ergänzt, nämlich den „Minimalgehalt an Gesamtterpenen von 125 mg/100 ml“. Dieser Parameter sei identisch mit der Freigabespezifikation und bestehe in dieser Form unverändert seit 1988. Er sei daher in die Tradition des Arzneimittels eingegangen und Teil der Plausibilität der Wirksamkeit. Bei Einhaltung dieses Wertes über die gesamte Laufzeit sei daher die Wirksamkeit garantiert.
10Auch sei in den letzten 13 Jahren trotz mehr als 2,8 Mio verkaufter Einheiten kein einziger Fall einer Meldung von fehlender Wirksamkeit aufgetreten. Es sei daher nicht entscheidend, dass in den letzten 4 Jahren festgestellt worden sei, dass über die Laufzeit von 36 Monaten ein Gehaltsverlust bei den Gesamtterpenen von bis zu 30 % stattfinde. Maßgeblich sei allein, dass über die gesamte Laufzeit kein geringerer Gehalt von Gesamtterpenen vorliege, als für die Freigabe erforderlich sei. Damit sei die Wirksamkeit über die gesamte Laufzeit garantiert.
11Die angezeigte Änderung stehe auch im Einklang mit den pharmazeutischen Regeln. Nach dem EMA-Papier EMA/HMPC/41500/2010, Rev. 4 könnten auch Spannen jenseits von +/- 10 % mit einer ausreichenden Begründung akzeptiert werden. Dass diese Begründung auf „einige wenige Spezialfälle“ beschränkt sei, wie die Beklagte meine, gehe aus dem EMA-Dokument nicht hervor.
12Die angezeigte Spanne widerspreche auch nicht der zitierten „Guideline on Development of Pharmaceutics“. Aus der Guideline gehe nicht hervor, dass die Haltbarkeit bei Überschreitung des Wertes von +/- 10 % zu kürzen „sei“, sondern lediglich, dass die Haltbarkeitsverkürzung gegenüber der Ausweitung der Spanne „besser“ sei. Demnach handele es sich hier lediglich um eine unverbindliche Empfehlung.
13Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte an der im Verlauf des Verfahrens erweiterten Spanne von 85 – 105 % festhalte. Auf einen prozentualen Abbau der Gesamtterpene könne es schon deshalb nicht ankommen, da ein Marker abbauen könne (z.B. alpha-Pinen und Anethol), während gleichzeitig alle anderen stabil blieben. Da der Gehalt an Gesamtterpenen gleich bleibe (mehr als 125 mg/100 ml) sei der Abbau einzelner Marker ohne jede Aussagekraft für die Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels.
14Hinzu komme, dass ein prozentual niedriger Abbau von einem hohen Ausgangswert absolut betrachtet höher sein könne, als ein hoher Abbau von einem niedrigen Wert. Damit stütze sich die Beklagte auf ein Kriterium, das offensichtlich bei dieser Art von Arzneimitteln nicht aussagekräftig sei.
15Mit einer weiteren Änderungsanzeige vom 08.08.2014 zeigte die Klägerin der Beklagten den Wegfall der Laufzeitspezifikation an und teilte mit, dass die Freigabespezifikation, nämlich ein Gehalt der Gesamtterpene von mindestens 125 mg/ 100 ml nunmehr für die gesamte Laufzeit gültig sei. Das BfArM versagte mit Bescheid vom 24.09.2014 auch die Zustimmung zu dieser Änderungsanzeige und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 zurück. Die hiergegen erhobene Klage – 7 K 5970/15 – wurde mit Urteil vom 27.11.2018 abgewiesen.
16Die Klägerin beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 zu verpflichten, der Änderungsanzeige vom 12.05.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“ (Zul-Nr. 00000.00.00) zuzustimmen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheides und hält an ihrer Auffassung fest, dass die Zustimmung wegen unzureichender Qualität nach § 39 c Abs. 2 AMG zu versagen sei. Hierbei sei der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen. Dieser würde durch die Guidelines der zuständigen EU-Gremien widergespiegelt und sei daher von der Beklagten zu berücksichtigen.
21Nach diesen Guidelines sei eine Haltbarkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels über 36 Monate nicht belegt. Das Arzneimittel sei nicht langzeitstabil. Die von der Klägerin bei der Registrierung vorgelegten Haltbarkeitsdaten zeigten, dass die Gehaltswerte der analytischen Leitsubstanzen bereits bei 24 Monaten unterhalb der Spezifikationswerte von 90 % – 105 % gelegen hätten. Seinerzeit seien daher Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten nicht vorgelegt worden.
22Bei Einreichung der Änderungsanzeige habe die Klägerin keine neuen Stabilitätsdaten eingereicht, sondern die alten Ergebnisse verwendet, wobei sie die analytischen Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten rekalkuliert habe. Dabei habe sich gezeigt, dass die Stabilitätswerte auch bei dieser Laufzeit außerhalb der Spezifikation gelegen hätten. Daher habe die Klägerin nunmehr eine Ausweitung der Gehaltsspanne für Gesamtterpene auf 70 % bis 105 % beantragt, womit sie die gewünschte Laufzeit über 36 Monate erreichen könne.
23Diese Vorgehensweise stehe jedoch nicht im Einklang mit den einschlägigen Guidelines. Diese sähen grundsätzlich eine Gehaltsspanne von +/- 5 % bezogen auf den Startwert vor. Eine Erweiterung auf +/- 10 % könne mit einer entsprechenden Begründung akzeptiert werden. Die Absenkung des Gehalts an Gesamtterpenen um 10 % auf 90 % sei der Klägerin schon bei der Registrierung zugestanden worden. Eine noch größere Spanne könne nur bewilligt werden, wenn die Substanz bekanntermaßen instabil sei, was z.B. für einige wenige Vitamine gelte. Bei dem streitbefangenen Arzneimittel sei jedoch ein Fall bekannter Instabilität des Wirkstoffs nicht gegeben.
24Der von der Klägerin neu eingeführte Spezifikationsparameter für die Laufzeit, nämlich ein Gesamtterpengehalt von mindestens 125 mg/ 100 ml sei für die Qualität nicht relevant. Nach der „Guideline on quality of herbal medicinal products“ sei ein chargenspezifischer Startwert für die Leitsubstanzen festzulegen, der mit 100 % gleichzusetzen sei. Von diesem Startwert sei eine Abweichung von 5 %, bei entsprechender Begründung von 10 % zulässig. Auch der Entwurf für eine Revision dieser Guideline (Rev.3) sehe insofern keine Änderung vor. Der Parameter „Gesamtterpene von mindestens 125mg/100 ml“ erfülle diese Forderung nicht.
25Die Klägerin könne auch nicht auf die Spezifikation des Vorgängerproduktes seit 1988 verweisen. Dieses sei nach § 105 i.V.m. § 109 a AMG aufgrund einer entsprechenden Listenposition zugelassen worden. Die Qualität sei in diesem Verfahren nicht geprüft worden. Seinerzeit sei eine Eidesstattliche Erklärung zur Qualität durch die sachkundige Person ausreichend gewesen.
26Jedoch habe die Beklagte anhand der vorgelegten Einzelwerte festgestellt, dass der Gehalt insbesondere bei den Terpenen alpha-Pinen und Anethol stark abnehme. Bei diesen ätherischen Ölen sei die Stabilität oft problematisch. Die Beklagte sei daher bereit, einer Gehaltsspezifikation von 85 % – 105 % im Hinblick auf den Parameter Gesamtterpene zuzustimmen. Gleichzeitig sollten diese beiden Terpene zusätzlich spezifiziert werden, um ein klares Endkriterium des Abfalls zu definieren.
27Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 7 K 5970/15 sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (5 Bände) sowie auf alle sonstigen von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu ihrer Änderungsanzeige vom 12.05.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“.
30Rechtsgrundlage für die Versagung der Zustimmung zur Änderungsanzeige der Klägerin hinsichtlich der Dauer der Haltbarkeit und der Laufzeitspezifikation des Arzneimittels ist § 39 d Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 AMG i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG i.V.m. § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG.
31Gemäß § 37 d Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 1 AMG hat der Inhaber einer Registrierung der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 ergeben. Die von der Klägerin beabsichtigten Änderungen der Dauer der Haltbarkeit und der Laufzeitspezifikation betreffen Änderungen der Registrierungsunterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 14 und 15 AMG und waren daher anzeigepflichtig.
32Eine Änderung im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen der Spezifikation, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, bedarf der Zustimmung der zuständigen Bundesoberbehörde, § 39 b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG. Diese nationalen Vorschriften sind auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 in der Fassung der Änderungsverordnung (EU) Nr. 712/2012, sog. „Variations-VO“, am 04.08.2013 für arzneimittelrechtliche Registrierungen noch anwendbar. Denn die Variations-VO gilt nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Nr. 1a nur für arzneimittelrechtliche Zulassungen, die nach den Art. 8 bis Art. 11 erteilt wurden, und somit nicht für Registrierungsentscheidungen nach Art. 16 a ff. der Richtlinie 2001/83/EG,
33vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, 130. Akt.-Lief. 2015, § 29 Anm. 1a.
34Die von der Klägerin angezeigte Änderung der Laufzeitspezifikation, nämlich die Änderung der Parameter, die für die Prüfung des Wirkstoffgehaltes während der Laufzeit maßgeblich sind, kann sich erheblich auf die Qualität des Arzneimittels auswirken. Denn diese Anforderungen haben Einfluss auf die Feststellung der Haltbarkeit. Somit steht auch die angezeigte Verlängerung der Haltbarkeit des Arzneimittels in unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung der Spezifikation und unterliegt daher ebenfalls der Zustimmung der Zulassungsbehörde.
35Die Beklagte ist zu einer Zustimmung zu der beantragten Änderung der Registrierung verpflichtet, wenn nicht ein Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 AMG vorliegt. Ein Ermessen ist der Beklagten insoweit nicht eingeräumt. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Streitfall auf den Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG berufen. Danach ist die Zustimmung zu einer Änderung der Registrierung ebenso wie die Registrierung als solche zu versagen, wenn die pharmazeutische Qualität nicht angemessen ist. Das ist hier der Fall.
36Eine Aufweitung der Grenzen der Laufzeitspezifikation für den Parameter Gesamtterpene auf 70% - 105 % des Ausgangswertes der jeweiligen Charge entspricht nicht den Vorgaben der maßgeblichen europäischen Leitlinien für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln.
37Die Qualität eines Arzneimittels ist gemäß § 4 Abs. 15 AMG definiert als die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird. Die Qualität eines Arzneimittels muss den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprechen, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 8 AMG. Diese ergeben sich aus den Bestimmungen in Modul III des Anhangs I der Richtlinie 2001/83/EG, den Bestimmungen des Deutschen und des Europäischen Arzneibuchs, § 55 Abs. 1 und Abs. 3 AMG sowie aus den Leitlinien (Guidelines oder Notes for Guidance) der Arbeitsausschüsse der europäischen Arzneimittelagentur (EMA),
38vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris, Rn. 9.
39Diese Leitlinien entfalten zwar keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Sie sind aber als „antezipierte Sachverständigengutachten“ zur Auslegung arzneimittelrechtlicher Begriffe heranzuziehen und sind daher auch geeignet, den Begriff der „anerkannten pharmazeutischen Regeln“ auszufüllen. Ihre Anwendung kann gerichtlich nur mit dem substantiierten Vorbringen angegriffen werden, dass sie nicht oder nicht mehr dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen,
40vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris Rn. 10 ff. mit weiteren Nachweisen.
41Im vorliegenden Klageverfahren hat die Klägerin die Anwendung der europäischen Leitlinien zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln, insbesondere der „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, nicht beanstandet.
42Der Sicherstellung der Qualität eines Arzneimittels dienen neben Kontrollen der Ausgangsstoffe, des Herstellungsverfahrens und des Fertigprodukts auch Untersuchungen zur Stabilität des Arzneimittels, § 22 Abs. 1 Nr. 14 und 15 AMG. Im Rahmen dieser Untersuchungen sind Prüfungen des Gehalts des eingesetzten Wirkstoffs über die Dauer der beantragten Haltbarkeit erforderlich. Bei Arzneimitteln, die eine pflanzliche Drogenzubereitung als Wirkstoff enthalten, bei der die für die therapeutische Wirkung verantwortlichen Bestandteile nicht bekannt sind, sind validierte Gehaltsbestimmungen von aktiven oder analytischen Leitsubstanzen (Markern) oder anderen begründeten Anforderungen notwendig,
43vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2), vom 31.03.2011, Ziff. 3.2.4.
44Als Leitsubstanzen sollen für die pflanzliche Droge charakteristische Stoffe herangezogen werden. Diese werden quasi stellvertretend für den Wirkstoff gemessen. Hierbei sind bestimmte Schwankungen während der Laufzeit der Untersuchungen zulässig, ohne dass sich dies auf die Haltbarkeit und damit auf die Qualität des Arzneimittels auswirkt.
45Die oben genannte Leitlinie zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln bestimmt in diesem Zusammenhang, dass Gehaltsschwankungen bei pflanzlichen Arzneimitteln mit bekannten wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen nicht mehr als +/- 5 % des angegebenen Gehaltswertes betragen sollen, wenn dies nicht anders begründet wird. Wenn das pflanzliche Arzneimittel jedoch – wie hier – eine pflanzliche Zubereitung enthält, für die wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind, darf die Gehaltschwankung der Leitsubstanzen über den Zeitraum der beantragten Haltbarkeitsdauer +/- 10 % des betreffenden Ausgangswertes betragen, sofern der Antragsteller dies begründet,
46vgl. „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 8.
47Die Klägerin hat in ihrer Laufzeitspezifikation, also in der Liste der Akzeptanzkriterien für die Stabilitätsuntersuchungen, den Parameter „Gesamtterpene“ und damit einen Durchschnittswert bestimmter in der Zubereitung enthaltener ätherischer Öle der pflanzlichen Ausgangsstoffe als analytische Leitsubstanz für die Gehaltsbestimmung des Wirkstoffs festgelegt, da wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind. Im Registrierungsbescheid wurde eine Gehaltsspanne von 90 % bis 105 % Gesamtterpene für die Lautzeitspezifikation genehmigt.
48Damit entspricht der untere Wert von 90 % bereits der nach der oben genannten Leitlinie zulässigen maximalen Reduzierung um 10 % des Ausgangswertes der Charge. Eine weitere Absenkung des Wertes auf 70 % des Ausgangswertes, wie sie die Klägerin mit der streitgegenständlichen Änderungsanzeige mitgeteilt hat, ist somit nicht zulässig.
49Zwar lässt das EMA-Dokument “Questions & answers on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/HMPC/41500/2010 Rev.4) vom 12.08.2014 sowie der aktuelle Entwurf einer Neubearbeitung der Leitlinie zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln (Draft, EMA/HMPC/201116/2005 Rev. 3) vom 15.08.2018 eine Ausweitung der Gehaltsspanne im Ausnahmefall auch über den Wert von +/- 10 % zu, wenn dies angemessen begründet wird:
50„For active or analytical markers, it is agreed, that in some cases wider limits may be necessary, but the range should not be widened in general. Wider ranges can be accepted with adequate justifications. …”
51Eine angemessene Begründung für eine zulässige Abnahme des Wirkstoffgehaltes um 30 % hat die Klägerin nicht vorgelegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin gerade nicht nur eine geringfügige Unterschreitung der zulässigen Spanne von +/- 10 % begehrt, sondern das Dreifache dieses Wertes (- 30 %) und damit eine beträchtliche Wirkstoffabnahme über die Laufzeit.
52Der Auffassung der Klägerin, dass diese beträchtliche Schwankung im Wirkstoffgehalt für die Qualität des Arzneimittels nicht relevant sei, solange der für die Freigabespezifikation maßgebliche Mindestgehalt von 125 mg Gesamtterpene/ 100 ml des Arzneimittels nicht unterschritten werde, kann nicht gefolgt werden.
53Die o. g. Leitlinie für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln fordert keinen konstanten chargenunabhängigen Mindestwert, sondern eine Spanne für die Gehaltsbestimmung, also einen Bereich, in dem sich der Wirkstoffgehalt bewegen muss. Diese Spanne wird vom konkreten Anfangswert der jeweiligen Charge gemessen. Das ergibt sich nunmehr eindeutig aus dem Wortlaut des bereits zitierten Entwurfs für die Neufassung der Leitlinie (Draft, EMA/HMPC/201116/2005 Rev. 3), wenn es dort heißt:
54„During the proposed shelf life a variation of the batch-specific content of the analytical marker of +/- 5 % from the initial value is acceptable; a widening to +/- 10 % from the initial batch-specific content could be acceptable if justified.“
55Mit diesem Konzept, dass zu starke Wirkstoffschwankungen während der Lebensdauer eines Arzneimittels verhindern soll, lässt sich die Festlegung einer Gehaltsspanne von 35 % (70 – 105 %), ergänzt durch einen konstanten Mindestgehalt von 125 mg / 100 ml nicht vereinbaren.
56Zwar verhindert der Mindestgehalt an Leitsubstanzen, dass die für die Wirksamkeit bzw. die plausible Wirkung des registrieren Arzneimittels erforderliche Wirkstoffmenge unterschritten wird. Hiermit wäre auch bei einer Gehaltsspanne von 35 % die Wirksamkeit über die beantragte Laufzeit von 36 Monaten gewährleistet. Jedoch verhindert die Festlegung eines Mindestgehalts nicht das Auftreten einer starken Wirkstoffabnahme bis zu einem Ausmaß von 30 % im Verhältnis zum Ausgangswert der Laufzeituntersuchungen (70 % - 105 %).
57Die von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegte Übersicht über den Gehalt an Gesamtterpenen bei der Freigabe des Arzneimittels bei 30 Produktionschargen aus den Jahren 2010 bis 2014 (Anlage K8, letzte Seite, Beiakte 5) zeigt eine erhebliche Bandbreite von 179 mg/ 100 ml bis zu 256 mg/ 100 ml, wobei alle Werte erheblich über dem nach der Freigabespezifikation erforderlichen Mindestwert von 125 mg/ 100 ml liegen und damit auf eine starke Überdosierung hindeuten. Der höchste Wert von 256 mg/ 100 ml liegt um 100 % über dem Mindestwert von 125 mg/100 ml Gesamtterpene. Bei einer maximalen Abnahme des Gehaltes von 30 % wird bei allen Chargen der Mindestgehalt nicht unterschritten. Zum Beispiel wäre bei einem Chargenausgangswert von 256 mg /100 ml ein Abfall auf 179,2 mg (- 30 %) zulässig, bei einem Chargenausgangswert von 179 mg/ 100 ml ein Abfall auf 125,3 mg/ 100 ml (- 30 %) zulässig. Dies zeigt, dass der Mindestgehalt an der Schwankungsbreite nichts ändert und die Klägerin eine Überdosierung bei der Freigabe einplant, um den Wirkstoffverlust von bis zu 30 % während der beantragten Lebensdauer des Arzneimittels von 36 Monaten zu kompensieren.
58Dies ist jedoch nach der „Note for Guidance on Development Pharmaceutics“ (CPMP/QWP/155/96) vom 28.01.1998 nicht zulässig. Dort heißt es unter Ziff. 3.1
59„The use of overages in the formulation of medicinal products is a practise which in general terms needs to be discouraged because of the risk of overdosing. ... the stability overage will result in overdosing where batches of product may reach the patient soon after release. The inclusion of any overage should be justified. Large overages (for example in excess of 10 %) should not normally be used to cover up inherently unstable formulations – it is better to reduce a shelf life rather than to risk exposing a patient to excessive doses of a drug. …”
60Die Klägerin hat keine Begründung dafür angegeben, warum bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel ein Wirkstoffabfall von bis zu 30 % akzeptiert werden soll. Der Umstand, dass das Arzneimittel nicht stabil ist, kann einen solchen Ausnahmefall nicht begründen. Aus der oben genannten Leitlinie ergibt sich gerade, dass ein instabiles Arzneimittel nicht durch eine Ausweitung der Spezifikation eine scheinbare Stabilität erhalten soll. Die von der Beklagten genannten Ausnahmefälle liegen nicht vor,
61vgl. hierzu auch schon VG Köln, Urteil vom 24.08.2015 – 7 K 1247/14 – juris Rn. 102.
62Einem Arzneimittel, das nach der Freigabe 30 % seines Wirkstoffes verliert, fehlt es aber an der erforderlichen gleichbleibenden Qualität. Spezifikationen dienen gerade dem Zweck, pflanzliche Arzneimittel einer Kontrolle zu unterziehen, durch die die Qualität und Konsistenz der Produkte sichergestellt werden soll,
63vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 1.2 und 2.1.
64Eine konsistente Qualität ist bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel mit einer Laufzeitspezifikation von 70 % bis 105 % Gesamtterpene nicht sichergestellt. Die von der Klägerin mitgeteilten Freigabewerte (Anlage K8, Beiakte 5) zeigen, dass Arzneimittel einer Charge nach der Herstellung einen hohen Gehalt von Leitsubstanzen und damit einen Wirkstoffgehalt von 256 mg/100 ml Gesamtterpene aufweisen können. Arzneimittel einer anderen Charge können bei einem niedrigen Freigabewert von 179 mg/100 ml am Ende der beantragten Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten nur noch einen Gehalt von 125 mg/100 ml aufweisen. Das ist nur noch die Hälfte dessen, was in einem anderen Arzneimittel direkt nach der Freigabe enthalten sein kann. Eine gleichbleibende Wirkung und gleichbleibende Nebenwirkungen sind bei dieser Schwankungsbreite nicht zu erwarten. Damit ist eine gleichmäßige und damit angemessene Qualität im Sinne des § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht gewährleistet.
65Der Umstand, dass bisher bei der Klägerin keine Meldungen über fehlende Wirksamkeit oder über Nebenwirkungen vorliegen, ändert nichts daran, dass das Arzneimittel die Anforderungen an die Qualität nicht erfüllt. Die Qualität eines Arzneimittels wird nicht erst dadurch in Frage gestellt, dass Mängel bei Wirksamkeit und Verträglichkeit tatsächlich auftreten. Vielmehr ist eine angemessene Qualität schon dann nicht mehr gegeben, wenn die festgelegten Qualitätsstandards (Spezifikationen) nicht erfüllt werden oder die beantragten Spezifikationen nicht ausreichen, um gleichbleibende Eigenschaften des Arzneimittels zu gewährleisten.
66Ist somit die Änderung der Laufzeitspezifikation auf 70 % bis 105 % nicht zulässig, fehlt es an den für die Verlängerung der Haltbarkeitsdauer auf 36 Monate erforderlichen Stabilitätsdaten. Die von der Klägerin vorgelegten Stabilitätsdaten der Chargen 30341.1 und 30721.1 (vgl. Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014) sowie der Chargen 92802.1 und 12431.1 (Anlage K8, Beiakte 5) zeigen, dass das Arzneimittel schon nach 24 Monaten in allen Fällen den derzeit gültigen Spezifikationswert von 90 % - 105 % Gesamtterpene deutlich unterschritten hat und damit eine Haltbarkeit über 18 Monate hinaus nicht belegt ist.
67Die Beklagte hat daher den angezeigten Änderungen die Zustimmung zu Recht verweigert.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
69Rechtsmittelbelehrung
70Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
71- 72
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 73
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 74
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 75
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- 76
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
78Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
79Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
80Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
81Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
82Beschluss
83Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
8425.000,00 €
85festgesetzt.
86Gründe
87Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Klägerin ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die beantragte Verlängerung der Haltbarkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels von 18 auf 36 Monate bedeutet für die Klägerin einen erheblichen Vorteil für die Vermarktung ihres Produktes. Das Gericht hält daher einen Streitwert in Höhe der Hälfte des Regelstreitwertes von 50.000,00 Euro angemessen, der für Klagen auf Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung angesetzt wird. Dieser Streitwert umfasst gleichzeitig das Interesse der Klägerin an der Änderung der Laufzeitspezifikation, da diese Voraussetzung für die Änderung der Haltbarkeit ist.
88Rechtsmittelbelehrung
89Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
90Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
91Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
92Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
93Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
(1) Der Antragsteller hat der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach den §§ 22 bis 24a und 25b ergeben. Die Verpflichtung nach Satz 1 hat nach Erteilung der Zulassung der Inhaber der Zulassung zu erfüllen.
(1a) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich alle Verbote oder Beschränkungen durch die zuständigen Behörden jedes Landes, in dem das betreffende Arzneimittel in Verkehr gebracht wird, sowie alle anderen neuen Informationen mitzuteilen, die die Beurteilung des Nutzens und der Risiken des betreffenden Arzneimittels beeinflussen könnten. Zu diesen Informationen gehören sowohl positive als auch negative Ergebnisse von klinischen Prüfungen oder anderen Studien, die sich nicht nur auf die in der Zulassung genannten, sondern auf alle Indikationen und Bevölkerungsgruppen beziehen können, sowie Angaben über eine Anwendung des Arzneimittels, die über die Bestimmungen der Zulassung hinausgeht. Er hat auf Verlangen der zuständigen Bundesoberbehörde auch alle Angaben und Unterlagen vorzulegen, die belegen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis weiterhin günstig zu bewerten ist. Die zuständige Bundesoberbehörde kann jederzeit die Vorlage einer Kopie der Pharmakovigilanz-Stammdokumentation verlangen. Diese hat der Inhaber der Zulassung spätestens sieben Tage nach Zugang der Aufforderung vorzulegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht für den Parallelimporteur.
(1b) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde den Zeitpunkt für das Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der unterschiedlichen zugelassenen Darreichungsformen und Stärken unverzüglich mitzuteilen.
(1c) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde nach Maßgabe des Satzes 2 anzuzeigen, wenn das Inverkehrbringen des Arzneimittels vorübergehend oder endgültig eingestellt wird. Die Anzeige hat spätestens zwei Monate vor der Einstellung des Inverkehrbringens zu erfolgen. Dies gilt nicht, wenn Umstände vorliegen, die der Inhaber der Zulassung nicht zu vertreten hat.
(1d) Der Inhaber der Zulassung hat alle Daten im Zusammenhang mit der Absatzmenge des Arzneimittels sowie alle ihm vorliegenden Daten im Zusammenhang mit dem Verschreibungsvolumen mitzuteilen, sofern die zuständige Bundesoberbehörde dies insbesondere aus Gründen der Arzneimittelsicherheit fordert.
(1e) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde die in dem Verfahren nach Artikel 107c Absatz 4, 5 oder 6 der Richtlinie 2001/83/EG geänderten Stichtage oder Intervalle für die Vorlage von regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten anzuzeigen. Etwaige Änderungen des in der Zulassung angegebenen Stichtags oder des Intervalls auf Grund von Satz 1 werden sechs Monate nach ihrer Veröffentlichung über das europäische Internetportal wirksam.
(1f) Der Inhaber der Zulassung ist verpflichtet, die zuständige Bundesoberbehörde und die Europäische Arzneimittel-Agentur zu informieren, falls neue oder veränderte Risiken bestehen oder sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Arzneimitteln geändert hat.
(1g) Der Inhaber der Zulassung hat der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich die Gründe für das vorübergehende oder endgültige Einstellen des Inverkehrbringens, den Rückruf, den Verzicht auf die Zulassung oder die Nichtbeantragung der Verlängerung der Zulassung mitzuteilen. Er hat insbesondere zu erklären, ob die Maßnahme nach Satz 1 auf einem der Gründe des § 25 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3, 4 oder Nummer 5, § 30 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 oder § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 oder Nummer 5 beruht. Die Mitteilung nach Satz 1 hat auch dann zu erfolgen, wenn die Maßnahme in einem Drittland getroffen wird und auf einem der in Satz 2 genannten Gründe beruht. Beruht eine Maßnahme nach Satz 1 oder Satz 3 auf einem der in Satz 2 genannten Gründe, hat der Inhaber der Zulassung dies darüber hinaus der Europäischen Arzneimittel-Agentur mitzuteilen.
(2) Bei einer Änderung der Bezeichnung des Arzneimittels ist der Zulassungsbescheid entsprechend zu ändern. Das Arzneimittel darf unter der alten Bezeichnung vom pharmazeutischen Unternehmer noch ein Jahr, von den Groß- und Einzelhändlern noch zwei Jahre, beginnend mit dem auf die Bekanntmachung der Änderung im Bundesanzeiger folgenden 1. Januar oder 1. Juli, in den Verkehr gebracht werden.
(2a) Eine Änderung
- 1.
der Angaben nach den §§ 10, 11 und 11a über die Dosierung, die Art oder die Dauer der Anwendung, die Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um die Zufügung einer oder Veränderung in eine Indikation handelt, die einem anderen Therapiegebiet zuzuordnen ist, eine Einschränkung der Gegenanzeigen, Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 2.
der wirksamen Bestandteile, ausgenommen der arzneilich wirksamen Bestandteile, - 3.
in eine mit der zugelassenen vergleichbaren Darreichungsform, - 3a.
in der Behandlung mit ionisierenden Strahlen, - 4.
im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen des Herstellungsverfahrens, der Darreichungsform, der Spezifikation oder des Verunreinigungsprofils des Wirkstoffs oder des Arzneimittels, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, sowie jede Änderung gentechnologischer Herstellungsverfahren; bei Sera, Impfstoffen, Blutzubereitungen und Allergenen jede Änderung des Herstellungs- oder Prüfverfahrens oder die Angabe einer längeren Haltbarkeitsdauer sowie - 5.
der Packungsgröße - 6.
(weggefallen)
(2b) Abweichend von Absatz 1 kann
- 1.
der Wegfall eines Standortes für die Herstellung des Arzneimittels oder seines Wirkstoffs oder für die Verpackung oder die Chargenfreigabe, - 2.
eine geringfügige Änderung eines genehmigten physikalisch-chemischen Prüfverfahrens, wenn durch entsprechende Validierungsstudien nachgewiesen werden kann, dass das aktualisierte Prüfverfahren mindestens gleichwertig ist, - 3.
eine Änderung der Spezifikation eines Wirkstoffs oder anderen Stoffs zur Arzneimittelherstellung zwecks Anpassung an eine Monografie des Arzneibuchs, wenn die Änderung ausschließlich zur Übereinstimmung mit dem Arzneibuch vorgenommen wird und die Spezifikationen in Bezug auf produktspezifische Eigenschaften unverändert bleiben, - 4.
eine Änderung des Verpackungsmaterials, wenn dieses mit dem Arzneimittel nicht in Berührung kommt und die Abgabe, Verabreichung, Unbedenklichkeit oder Haltbarkeit des Arzneimittels nachweislich nicht beeinträchtigt wird, oder - 5.
eine Änderung im Zusammenhang mit der Verschärfung der Spezifikationsgrenzwerte, wenn die Änderung nicht Folge einer Verpflichtung auf Grund früherer Beurteilungen zur Überprüfung der Spezifikationsgrenzwerte ist und nicht auf unerwartete Ereignisse im Verlauf der Herstellung zurückgeht,
(3) Eine neue Zulassung ist in folgenden Fällen zu beantragen:
- 1.
bei einer Änderung der Zusammensetzung der Wirkstoffe nach Art oder Menge, - 2.
bei einer Änderung der Darreichungsform, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 3 handelt, - 3.
bei einer Erweiterung der Anwendungsgebiete, soweit es sich nicht um eine Änderung nach Absatz 2a Satz 1 Nummer 1 handelt, und - 3a.
bei der Einführung gentechnologischer Herstellungsverfahren.
(4) Die Absätze 1, 1a Satz 4 und 5, die Absätze 1e bis 1g, 2, 2a bis 3 finden keine Anwendung auf Arzneimittel, für die von der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Für diese Arzneimittel gelten die Verpflichtungen des pharmazeutischen Unternehmers nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 mit der Maßgabe, dass im Geltungsbereich des Gesetzes die Verpflichtung zur Mitteilung an die Mitgliedstaaten oder zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten gegenüber der jeweils zuständigen Bundesoberbehörde besteht.
(5) Die Absätze 2a bis 3 finden keine Anwendung für Arzneimittel, die der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 der Kommission vom 24. November 2008 über die Prüfung von Änderungen der Zulassungen von Human- und Tierarzneimitteln (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 7) in der jeweils geltenden Fassung unterliegen. Die Absätze 2a bis 3 gelten
- 1.
für zulassungspflichtige homöopathische Arzneimittel, die vor dem 1. Januar 1998 zugelassen worden sind oder als zugelassen galten, - 2.
für die in Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie 2001/83/EG genannten Blutzubereitungen und - 3.
für nach § 21 zugelassene Gewebezubereitungen, es sei denn, es kommt bei ihrer Herstellung ein industrielles Verfahren zur Anwendung.
(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.
(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.
(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.
(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.
(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).
(6) (weggefallen)
(7) (weggefallen)
(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).
(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.
(10) (weggefallen)
(11) (weggefallen)
(12) (weggefallen)
(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.
(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.
(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.
(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.
(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.
(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.
(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.
(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.
(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.
(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.
(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.
(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.
(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.
(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist
- a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit, - b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.
(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.
(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.
(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.
(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.
(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.
(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.
(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.
(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.
(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.
(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.
(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.
(35) (weggefallen)
(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.
(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.
(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.
(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.
(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über
- 1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile, - 2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder - 3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.
(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.
(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.
(1) Es ist verboten, Arzneimittel oder Wirkstoffe herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die
- 1.
durch Abweichung von den anerkannten pharmazeutischen Regeln in ihrer Qualität nicht unerheblich gemindert sind oder - 1a.
(weggefallen) - 2.
mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn - a)
Arzneimitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen oder Wirkstoffen eine Aktivität beigelegt werden, die sie nicht haben, - b)
fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten, - c)
zur Täuschung über die Qualität geeignete Bezeichnungen, Angaben oder Aufmachungen verwendet werden, die für die Bewertung des Arzneimittels oder Wirkstoffs mitbestimmend sind.
(2) Es ist verboten, gefälschte Arzneimittel oder gefälschte Wirkstoffe herzustellen, in den Verkehr zu bringen oder sonst mit ihnen Handel zu treiben.
(3) Es ist verboten, Arzneimittel, deren Verfalldatum abgelaufen ist, in den Verkehr zu bringen.
(1) Den nach § 22 Absatz 1 Nummer 15, Absatz 2 und 3 erforderlichen Unterlagen sind Gutachten von Sachverständigen beizufügen, in denen die Kontrollmethoden und die Prüfungsergebnisse zusammengefasst und bewertet werden. Im Einzelnen muss aus den Gutachten insbesondere hervorgehen:
- 1.
aus dem analytischen Gutachten, ob das Arzneimittel die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist, ob die vorgeschlagenen Kontrollmethoden dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und zur Beurteilung der Qualität geeignet sind, - 2.
aus dem pharmakologisch-toxikologischen Gutachten, welche toxischen Wirkungen und welche pharmakologischen Eigenschaften das Arzneimittel hat, - 3.
aus dem klinischen Gutachten, ob das Arzneimittel bei den angegebenen Anwendungsgebieten angemessen wirksam ist, ob es verträglich ist, ob die vorgesehene Dosierung zweckmäßig ist und welche Gegenanzeigen und Nebenwirkungen bestehen.
(2) Soweit wissenschaftliches Erkenntnismaterial nach § 22 Absatz 3 vorgelegt wird, muss aus den Gutachten hervorgehen, dass das wissenschaftliche Erkenntnismaterial in sinngemäßer Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien erarbeitet wurde.
(3) Den Gutachten müssen Angaben über den Namen, die Ausbildung und die Berufstätigkeit der Sachverständigen sowie seine berufliche Beziehung zum Antragsteller beigefügt werden. Die Sachverständigen haben mit Unterschrift unter Angabe des Datums zu bestätigen, dass das Gutachten von ihnen erstellt worden ist.
(1) Das Arzneibuch ist eine vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit bekannt gemachte Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln und Tierarzneimitteln und den bei ihrer Herstellung verwendeten Stoffen. Das Arzneibuch enthält auch Regeln für die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen.
(2) Die Regeln des Arzneibuches werden von der Deutschen Arzneibuch-Kommission oder der Europäischen Arzneibuch-Kommission beschlossen. Die Bekanntmachung der Regeln kann aus rechtlichen oder fachlichen Gründen abgelehnt oder rückgängig gemacht werden.
(3) Die Deutsche Arzneibuch-Kommission hat die Aufgabe, über die Regeln des Arzneibuches zu beschließen und die nach § 77 zuständige Bundesoberbehörde oder, soweit es sich um Tierarzneimittel handelt, die nach § 65 des Tierarzneimittelgesetzes zuständige Bundesoberbehörde, bei den Arbeiten im Rahmen des Übereinkommens über die Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuches zu unterstützen.
(4) Die Deutsche Arzneibuch-Kommission wird beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gebildet. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte beruft im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit die Mitglieder der Deutschen Arzneibuch-Kommission aus Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft, der Heilberufe, der beteiligten Wirtschaftskreise und der Arzneimittelüberwachung im zahlenmäßig gleichen Verhältnis, stellt den Vorsitz und erlässt eine Geschäftsordnung. Die Geschäftsordnung bedarf der Zustimmung des Bundesministeriums im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
(5) Die Deutsche Arzneibuch-Kommission soll über die Regeln des Arzneibuches grundsätzlich einstimmig beschließen. Beschlüsse, denen nicht mehr als drei Viertel der Mitglieder der Kommission zugestimmt haben, sind unwirksam. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
(6) Die Absätze 2 bis 5 finden auf die Tätigkeit der Deutschen Homöopathischen Arzneibuch-Kommission entsprechende Anwendung.
(7) Die Bekanntmachung erfolgt im Bundesanzeiger. Sie kann sich darauf beschränken, auf die Bezugsquelle der Fassung des Arzneibuches und den Beginn der Geltung der Neufassung hinzuweisen.
(8) Bei der Herstellung von Arzneimitteln dürfen nur Stoffe und die Behältnisse und Umhüllungen, soweit sie mit den Arzneimitteln in Berührung kommen, verwendet werden und nur Darreichungsformen angefertigt werden, die den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprechen. Satz 1 findet bei Arzneimitteln, die ausschließlich für den Export hergestellt werden, mit der Maßgabe Anwendung, dass die im Empfängerland geltenden Regelungen berücksichtigt werden können.
(9) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 erfolgt die Bekanntmachung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und dem Paul-Ehrlich-Institut, soweit es sich um Tierarzneimittel handelt.
(1) Dem Antrag auf Zulassung müssen vom Antragsteller folgende Angaben beigefügt werden:
- 1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des Antragstellers und des Herstellers, - 2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, - 3.
die Bestandteile des Arzneimittels nach Art und Menge; § 10 Abs. 6 findet Anwendung, - 4.
die Darreichungsform, - 5.
die Wirkungen, - 6.
die Anwendungsgebiete, - 7.
die Gegenanzeigen, - 8.
die Nebenwirkungen, - 9.
die Wechselwirkungen mit anderen Mitteln, - 10.
die Dosierung, - 11.
zur Herstellungsweise des Arzneimittels, - 12.
die Art der Anwendung und bei Arzneimitteln, die nur begrenzte Zeit angewendet werden sollen, die Dauer der Anwendung, - 13.
die Packungsgrößen, - 14.
die Art der Haltbarmachung, die Dauer der Haltbarkeit, die Art der Aufbewahrung, die Ergebnisse von Haltbarkeitsversuchen, - 15.
die Methoden zur Kontrolle der Qualität (Kontrollmethoden).
(1a) Die Angaben nach Absatz 1 Nummer 1 bis 10 müssen in deutscher, die übrigen Angaben in deutscher oder englischer Sprache beigefügt werden; andere Angaben oder Unterlagen können im Zulassungsverfahren statt in deutscher auch in englischer Sprache gemacht oder vorgelegt werden, soweit es sich nicht um Angaben handelt, die für die Kennzeichnung, die Packungsbeilage oder die Fachinformation verwendet werden.
(2) Es sind ferner vorzulegen:
- 1.
die Ergebnisse physikalischer, chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Versuche und die zu ihrer Ermittlung angewandten Methoden (analytische Prüfung), - 2.
die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche, - 3.
die Ergebnisse der klinischen Prüfungen oder sonstigen ärztlichen oder zahnärztlichen Erprobung, - 4.
eine Erklärung, dass außerhalb der Europäischen Union durchgeführte klinische Prüfungen unter ethischen Bedingungen durchgeführt wurden, die mit den ethischen Bedingungen der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gleichwertig sind, - 5.
eine zusammenfassende Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems des Antragstellers, die Folgendes umfassen muss: - a)
den Nachweis, dass der Antragsteller über eine qualifizierte Person nach § 63a verfügt, und die Angabe der Mitgliedstaaten, in denen diese Person ansässig und tätig ist, sowie die Kontaktangaben zu dieser Person, - b)
die Angabe des Ortes, an dem die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation für das betreffende Arzneimittel geführt wird, und - c)
eine vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung, dass er über die notwendigen Mittel verfügt, um den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen,
- 5a.
der Risikomanagement-Plan mit einer Beschreibung des Risikomanagement-Systems, das der Antragsteller für das betreffende Arzneimittel einführen wird, verbunden mit einer Zusammenfassung, - 6.
(weggefallen) - 7.
eine Kopie jeder Ausweisung des Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. EG Nr. L 18 S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist, - 8.
eine Bestätigung des Arzneimittelherstellers, dass er oder eine von ihm vertraglich beauftragte Person sich von der Einhaltung der Guten Herstellungspraxis bei der Wirkstoffherstellung durch eine Überprüfung vor Ort überzeugt hat; die Bestätigung muss auch das Datum des Audits beinhalten.
(3) An Stelle der Ergebnisse nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 kann anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, und zwar
- 1.
bei einem Arzneimittel, dessen Wirkstoffe seit mindestens zehn Jahren in der Europäischen Union allgemein medizinisch verwendet wurden, deren Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt und aus dem wissenschaftlichen Erkenntnismaterial ersichtlich sind, - 2.
bei einem Arzneimittel, das in seiner Zusammensetzung bereits einem Arzneimittel nach Nummer 1 vergleichbar ist, - 3.
bei einem Arzneimittel, das eine neue Kombination bekannter Bestandteile ist, für diese Bestandteile; es kann jedoch auch für die Kombination als solche anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial vorgelegt werden, wenn die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nach Zusammensetzung, Dosierung, Darreichungsform und Anwendungsgebieten auf Grund dieser Unterlagen bestimmbar sind.
(3a) Enthält das Arzneimittel mehr als einen Wirkstoff, so ist zu begründen, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Arzneimittels leistet.
(3b) Bei radioaktiven Arzneimitteln, die Generatoren sind, sind ferner eine allgemeine Beschreibung des Systems mit einer detaillierten Beschreibung der Bestandteile des Systems, die die Zusammensetzung oder Qualität der Tochterradionuklidzubereitung beeinflussen können, und qualitative und quantitative Besonderheiten des Eluats oder Sublimats anzugeben.
(3c) Ferner sind Unterlagen vorzulegen, mit denen eine Bewertung möglicher Umweltrisiken vorgenommen wird, und für den Fall, dass die Aufbewahrung des Arzneimittels oder seine Anwendung oder die Beseitigung seiner Abfälle besondere Vorsichts- oder Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um Gefahren für die Umwelt oder die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen zu vermeiden, dies ebenfalls angegeben wird. Angaben zur Verminderung dieser Gefahren sind beizufügen und zu begründen.
(4) Wird die Zulassung für ein im Geltungsbereich dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so muss der Nachweis erbracht werden, dass der Hersteller berechtigt ist, das Arzneimittel herzustellen. Dies gilt nicht für einen Antrag nach § 21 Abs. 3 Satz 2.
(5) Wird die Zulassung für ein außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes hergestelltes Arzneimittel beantragt, so ist der Nachweis zu erbringen, dass der Hersteller nach den gesetzlichen Bestimmungen des Herstellungslandes berechtigt ist, Arzneimittel herzustellen, und im Falle des Verbringens aus einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, dass der Einführer eine Erlaubnis besitzt, die zum Verbringen des Arzneimittels in den Geltungsbereich dieses Gesetzes berechtigt.
(6) Soweit eine Zulassung im Ausland erteilt worden ist, ist eine Kopie dieser Zulassung und eine Kopie der Zusammenfassung der Unbedenklichkeitsdaten einschließlich der Daten aus den regelmäßigen aktualisierten Unbedenklichkeitsberichten, soweit verfügbar, und der Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen beizufügen. Ist eine Zulassung ganz oder teilweise versagt worden, sind die Einzelheiten dieser Entscheidung unter Darlegung ihrer Gründe mitzuteilen. Wird ein Antrag auf Zulassung in einem Mitgliedstaat oder in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union geprüft, ist dies anzugeben. Kopien der von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Zusammenfassungen der Produktmerkmale und der Packungsbeilagen oder, soweit diese Unterlagen noch nicht vorhanden sind, der vom Antragsteller in einem Verfahren nach Satz 3 vorgeschlagenen Fassungen dieser Unterlagen sind ebenfalls beizufügen. Ferner sind, sofern die Anerkennung der Zulassung eines anderen Mitgliedstaates beantragt wird, die in Artikel 28 der Richtlinie 2001/83/EG vorgeschriebenen Erklärungen abzugeben sowie die sonstigen dort vorgeschriebenen Angaben zu machen. Satz 5 findet keine Anwendung auf Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt worden sind.
(7) Dem Antrag ist der Wortlaut der für das Behältnis, die äußere Umhüllung und die Packungsbeilage vorgesehenen Angaben sowie der Entwurf einer Zusammenfassung der Produktmerkmale beizufügen, bei der es sich zugleich um die Fachinformation nach § 11a Absatz 1 Satz 2 handelt, soweit eine solche vorgeschrieben ist. Der zuständigen Bundesoberbehörde sind außerdem die Ergebnisse von Bewertungen der Packungsbeilage vorzulegen, die in Zusammenarbeit mit Patienten-Zielgruppen durchgeführt wurden. Die zuständige Bundesoberbehörde kann verlangen, dass ihr ein oder mehrere Muster oder Verkaufsmodelle des Arzneimittels einschließlich der Packungsbeilagen sowie Ausgangsstoffe, Zwischenprodukte und Stoffe, die zur Herstellung oder Prüfung des Arzneimittels verwendet werden, in einer für die Untersuchung ausreichenden Menge und in einem für die Untersuchung geeigneten Zustand vorgelegt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Inhaberin eines Registrierungsbescheides vom 25.06.2012 für das von ihr in den Verkehr gebrachte Fertigarzneimittel „B. Bronchialtropfen“. Das Arzneimittel wird traditionell angewendet zur Unterstützung der Schleimlösung im Bereich der Atemwege. Der Wirkstoff ist ein Destillat, das aus einer Mischung von Eukalyptusblättern, Pfefferminzblättern, Anisfrüchten, Bitterfenchelfrüchten und Salbeiblättern hergestellt wird.
3Im Registrierungsbescheid wurde auf Antrag der Klägerin eine Haltbarkeit des Fertigarzneimittels von 18 Monaten genehmigt.
4Mit Änderungsanzeige vom 12.05.2014 zeigte die Klägerin eine Verlängerung der Haltbarkeit auf 36 Monate an. Zugleich wurde eine Änderung der Spezifikationsparameter für die Laufzeitspezifikation angezeigt. Bezüglich des Parameters „Gesamtterpene“, der für die Bestimmung des Wirkstoffgehalts festgelegt ist, wurde eine Ausweitung der Spezifikationsgrenzen von 90 % – 105 % auf 70 % – 105 % vorgenommen. Ferner wurde ein zusätzlicher Spezifikationswert, nämlich ein Gehalt an Gesamtterpenen von mindestens 125 mg /100 ml aufgenommen. Dieser Wert ist auch für die Gehaltsbestimmung in der Freigabespezifikation maßgeblich.
5Mit Bescheid vom 30.06.2014 teilte die Beklagte mit, dass den angezeigten Änderungen nach § 29 Abs. 2a AMG nicht zugestimmt werde. In der Begründung wurde angegeben, dass eine Gehaltsspanne von 70 %– 105 % nach der „Guideline on Quality of Herbal Medicinal Products/Traditional Herbal Medicinal Products“ (CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) in Verbindung mit der „Guideline on Development Pharmaceutics (CPMP/QWP/155/96) nicht akzeptabel sei. Danach sei bei zu großen Gehaltsabweichungen in der Stabilitätsprüfung die Laufzeit entsprechend zu kürzen, anstatt zu große Gehaltsspannen zu akzeptieren.
6Hiergegen legte die Klägerin am 30.07.2014 Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 22.08.2014 begründete. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
7Am 14.11.2014 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie die Zustimmung der Beklagten zu der o. g. Änderungsanzeige begehrt.
8Sie ist der Auffassung, die Versagung der Zustimmung sei rechtswidrig. Ein Versagungsgrund nach § 25 Abs. 2 Nr. 3 AMG liege nicht vor. Das Arzneimittel werde nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt und weise eine angemessene Qualität auf. Insofern stehe der Beklagten auch ein Ermessensspielraum zu, den sie nicht erkannt bzw. ausgeübt habe.
9Die ursprünglich spezifizierte Gehaltsspanne von 90 %– 105 % Gesamtterpene werde nach den vorliegenden Stabilitätsdaten nach 24 Monaten und bei den rekalkulierten Werten bei 36 Monaten nur minimal unterschritten. Sie liege im ungünstigsten Fall nach 24 Monaten bei 86,5 % des Ursprungsgehaltes; nach 36 Monaten bei 88,3 % des Anfangswertes. Außerdem werde die Absenkung der Spanne auf 70 % – 105 % Gesamtterpene durch einen zusätzlichen Parameter ergänzt, nämlich den „Minimalgehalt an Gesamtterpenen von 125 mg/100 ml“. Dieser Parameter sei identisch mit der Freigabespezifikation und bestehe in dieser Form unverändert seit 1988. Er sei daher in die Tradition des Arzneimittels eingegangen und Teil der Plausibilität der Wirksamkeit. Bei Einhaltung dieses Wertes über die gesamte Laufzeit sei daher die Wirksamkeit garantiert.
10Auch sei in den letzten 13 Jahren trotz mehr als 2,8 Mio verkaufter Einheiten kein einziger Fall einer Meldung von fehlender Wirksamkeit aufgetreten. Es sei daher nicht entscheidend, dass in den letzten 4 Jahren festgestellt worden sei, dass über die Laufzeit von 36 Monaten ein Gehaltsverlust bei den Gesamtterpenen von bis zu 30 % stattfinde. Maßgeblich sei allein, dass über die gesamte Laufzeit kein geringerer Gehalt von Gesamtterpenen vorliege, als für die Freigabe erforderlich sei. Damit sei die Wirksamkeit über die gesamte Laufzeit garantiert.
11Die angezeigte Änderung stehe auch im Einklang mit den pharmazeutischen Regeln. Nach dem EMA-Papier EMA/HMPC/41500/2010, Rev. 4 könnten auch Spannen jenseits von +/- 10 % mit einer ausreichenden Begründung akzeptiert werden. Dass diese Begründung auf „einige wenige Spezialfälle“ beschränkt sei, wie die Beklagte meine, gehe aus dem EMA-Dokument nicht hervor.
12Die angezeigte Spanne widerspreche auch nicht der zitierten „Guideline on Development of Pharmaceutics“. Aus der Guideline gehe nicht hervor, dass die Haltbarkeit bei Überschreitung des Wertes von +/- 10 % zu kürzen „sei“, sondern lediglich, dass die Haltbarkeitsverkürzung gegenüber der Ausweitung der Spanne „besser“ sei. Demnach handele es sich hier lediglich um eine unverbindliche Empfehlung.
13Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte an der im Verlauf des Verfahrens erweiterten Spanne von 85 – 105 % festhalte. Auf einen prozentualen Abbau der Gesamtterpene könne es schon deshalb nicht ankommen, da ein Marker abbauen könne (z.B. alpha-Pinen und Anethol), während gleichzeitig alle anderen stabil blieben. Da der Gehalt an Gesamtterpenen gleich bleibe (mehr als 125 mg/100 ml) sei der Abbau einzelner Marker ohne jede Aussagekraft für die Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels.
14Hinzu komme, dass ein prozentual niedriger Abbau von einem hohen Ausgangswert absolut betrachtet höher sein könne, als ein hoher Abbau von einem niedrigen Wert. Damit stütze sich die Beklagte auf ein Kriterium, das offensichtlich bei dieser Art von Arzneimitteln nicht aussagekräftig sei.
15Mit einer weiteren Änderungsanzeige vom 08.08.2014 zeigte die Klägerin der Beklagten den Wegfall der Laufzeitspezifikation an und teilte mit, dass die Freigabespezifikation, nämlich ein Gehalt der Gesamtterpene von mindestens 125 mg/ 100 ml nunmehr für die gesamte Laufzeit gültig sei. Das BfArM versagte mit Bescheid vom 24.09.2014 auch die Zustimmung zu dieser Änderungsanzeige und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2015 zurück. Die hiergegen erhobene Klage – 7 K 5970/15 – wurde mit Urteil vom 27.11.2018 abgewiesen.
16Die Klägerin beantragt,
17die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 zu verpflichten, der Änderungsanzeige vom 12.05.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“ (Zul-Nr. 00000.00.00) zuzustimmen.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Sie verweist auf die Begründung des Widerspruchsbescheides und hält an ihrer Auffassung fest, dass die Zustimmung wegen unzureichender Qualität nach § 39 c Abs. 2 AMG zu versagen sei. Hierbei sei der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen. Dieser würde durch die Guidelines der zuständigen EU-Gremien widergespiegelt und sei daher von der Beklagten zu berücksichtigen.
21Nach diesen Guidelines sei eine Haltbarkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels über 36 Monate nicht belegt. Das Arzneimittel sei nicht langzeitstabil. Die von der Klägerin bei der Registrierung vorgelegten Haltbarkeitsdaten zeigten, dass die Gehaltswerte der analytischen Leitsubstanzen bereits bei 24 Monaten unterhalb der Spezifikationswerte von 90 % – 105 % gelegen hätten. Seinerzeit seien daher Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten nicht vorgelegt worden.
22Bei Einreichung der Änderungsanzeige habe die Klägerin keine neuen Stabilitätsdaten eingereicht, sondern die alten Ergebnisse verwendet, wobei sie die analytischen Werte für eine Laufzeit von 36 Monaten rekalkuliert habe. Dabei habe sich gezeigt, dass die Stabilitätswerte auch bei dieser Laufzeit außerhalb der Spezifikation gelegen hätten. Daher habe die Klägerin nunmehr eine Ausweitung der Gehaltsspanne für Gesamtterpene auf 70 % bis 105 % beantragt, womit sie die gewünschte Laufzeit über 36 Monate erreichen könne.
23Diese Vorgehensweise stehe jedoch nicht im Einklang mit den einschlägigen Guidelines. Diese sähen grundsätzlich eine Gehaltsspanne von +/- 5 % bezogen auf den Startwert vor. Eine Erweiterung auf +/- 10 % könne mit einer entsprechenden Begründung akzeptiert werden. Die Absenkung des Gehalts an Gesamtterpenen um 10 % auf 90 % sei der Klägerin schon bei der Registrierung zugestanden worden. Eine noch größere Spanne könne nur bewilligt werden, wenn die Substanz bekanntermaßen instabil sei, was z.B. für einige wenige Vitamine gelte. Bei dem streitbefangenen Arzneimittel sei jedoch ein Fall bekannter Instabilität des Wirkstoffs nicht gegeben.
24Der von der Klägerin neu eingeführte Spezifikationsparameter für die Laufzeit, nämlich ein Gesamtterpengehalt von mindestens 125 mg/ 100 ml sei für die Qualität nicht relevant. Nach der „Guideline on quality of herbal medicinal products“ sei ein chargenspezifischer Startwert für die Leitsubstanzen festzulegen, der mit 100 % gleichzusetzen sei. Von diesem Startwert sei eine Abweichung von 5 %, bei entsprechender Begründung von 10 % zulässig. Auch der Entwurf für eine Revision dieser Guideline (Rev.3) sehe insofern keine Änderung vor. Der Parameter „Gesamtterpene von mindestens 125mg/100 ml“ erfülle diese Forderung nicht.
25Die Klägerin könne auch nicht auf die Spezifikation des Vorgängerproduktes seit 1988 verweisen. Dieses sei nach § 105 i.V.m. § 109 a AMG aufgrund einer entsprechenden Listenposition zugelassen worden. Die Qualität sei in diesem Verfahren nicht geprüft worden. Seinerzeit sei eine Eidesstattliche Erklärung zur Qualität durch die sachkundige Person ausreichend gewesen.
26Jedoch habe die Beklagte anhand der vorgelegten Einzelwerte festgestellt, dass der Gehalt insbesondere bei den Terpenen alpha-Pinen und Anethol stark abnehme. Bei diesen ätherischen Ölen sei die Stabilität oft problematisch. Die Beklagte sei daher bereit, einer Gehaltsspezifikation von 85 % – 105 % im Hinblick auf den Parameter Gesamtterpene zuzustimmen. Gleichzeitig sollten diese beiden Terpene zusätzlich spezifiziert werden, um ein klares Endkriterium des Abfalls zu definieren.
27Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 7 K 5970/15 sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge (5 Bände) sowie auf alle sonstigen von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
28E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
29Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu ihrer Änderungsanzeige vom 12.05.2014 für das Arzneimittel „B. Bronchialtropfen“.
30Rechtsgrundlage für die Versagung der Zustimmung zur Änderungsanzeige der Klägerin hinsichtlich der Dauer der Haltbarkeit und der Laufzeitspezifikation des Arzneimittels ist § 39 d Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 AMG i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG i.V.m. § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG.
31Gemäß § 37 d Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 1 AMG hat der Inhaber einer Registrierung der zuständigen Bundesoberbehörde unter Beifügung entsprechender Unterlagen unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn sich Änderungen in den Angaben und Unterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 ergeben. Die von der Klägerin beabsichtigten Änderungen der Dauer der Haltbarkeit und der Laufzeitspezifikation betreffen Änderungen der Registrierungsunterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 14 und 15 AMG und waren daher anzeigepflichtig.
32Eine Änderung im Zusammenhang mit erheblichen Änderungen der Spezifikation, die sich deutlich auf die Qualität, Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit des Arzneimittels auswirken können, bedarf der Zustimmung der zuständigen Bundesoberbehörde, § 39 b Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 29 Abs. 2a Nr. 4 AMG. Diese nationalen Vorschriften sind auch nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 in der Fassung der Änderungsverordnung (EU) Nr. 712/2012, sog. „Variations-VO“, am 04.08.2013 für arzneimittelrechtliche Registrierungen noch anwendbar. Denn die Variations-VO gilt nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Nr. 1a nur für arzneimittelrechtliche Zulassungen, die nach den Art. 8 bis Art. 11 erteilt wurden, und somit nicht für Registrierungsentscheidungen nach Art. 16 a ff. der Richtlinie 2001/83/EG,
33vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, 130. Akt.-Lief. 2015, § 29 Anm. 1a.
34Die von der Klägerin angezeigte Änderung der Laufzeitspezifikation, nämlich die Änderung der Parameter, die für die Prüfung des Wirkstoffgehaltes während der Laufzeit maßgeblich sind, kann sich erheblich auf die Qualität des Arzneimittels auswirken. Denn diese Anforderungen haben Einfluss auf die Feststellung der Haltbarkeit. Somit steht auch die angezeigte Verlängerung der Haltbarkeit des Arzneimittels in unmittelbarem Zusammenhang mit der Änderung der Spezifikation und unterliegt daher ebenfalls der Zustimmung der Zulassungsbehörde.
35Die Beklagte ist zu einer Zustimmung zu der beantragten Änderung der Registrierung verpflichtet, wenn nicht ein Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 AMG vorliegt. Ein Ermessen ist der Beklagten insoweit nicht eingeräumt. Die Beklagte kann sich im vorliegenden Streitfall auf den Versagungsgrund nach § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG berufen. Danach ist die Zustimmung zu einer Änderung der Registrierung ebenso wie die Registrierung als solche zu versagen, wenn die pharmazeutische Qualität nicht angemessen ist. Das ist hier der Fall.
36Eine Aufweitung der Grenzen der Laufzeitspezifikation für den Parameter Gesamtterpene auf 70% - 105 % des Ausgangswertes der jeweiligen Charge entspricht nicht den Vorgaben der maßgeblichen europäischen Leitlinien für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln.
37Die Qualität eines Arzneimittels ist gemäß § 4 Abs. 15 AMG definiert als die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird. Die Qualität eines Arzneimittels muss den anerkannten pharmazeutischen Regeln entsprechen, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 8 AMG. Diese ergeben sich aus den Bestimmungen in Modul III des Anhangs I der Richtlinie 2001/83/EG, den Bestimmungen des Deutschen und des Europäischen Arzneibuchs, § 55 Abs. 1 und Abs. 3 AMG sowie aus den Leitlinien (Guidelines oder Notes for Guidance) der Arbeitsausschüsse der europäischen Arzneimittelagentur (EMA),
38vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris, Rn. 9.
39Diese Leitlinien entfalten zwar keine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung. Sie sind aber als „antezipierte Sachverständigengutachten“ zur Auslegung arzneimittelrechtlicher Begriffe heranzuziehen und sind daher auch geeignet, den Begriff der „anerkannten pharmazeutischen Regeln“ auszufüllen. Ihre Anwendung kann gerichtlich nur mit dem substantiierten Vorbringen angegriffen werden, dass sie nicht oder nicht mehr dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen,
40vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2011 – 13 A 2188/10 – juris Rn. 10 ff. mit weiteren Nachweisen.
41Im vorliegenden Klageverfahren hat die Klägerin die Anwendung der europäischen Leitlinien zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln, insbesondere der „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, nicht beanstandet.
42Der Sicherstellung der Qualität eines Arzneimittels dienen neben Kontrollen der Ausgangsstoffe, des Herstellungsverfahrens und des Fertigprodukts auch Untersuchungen zur Stabilität des Arzneimittels, § 22 Abs. 1 Nr. 14 und 15 AMG. Im Rahmen dieser Untersuchungen sind Prüfungen des Gehalts des eingesetzten Wirkstoffs über die Dauer der beantragten Haltbarkeit erforderlich. Bei Arzneimitteln, die eine pflanzliche Drogenzubereitung als Wirkstoff enthalten, bei der die für die therapeutische Wirkung verantwortlichen Bestandteile nicht bekannt sind, sind validierte Gehaltsbestimmungen von aktiven oder analytischen Leitsubstanzen (Markern) oder anderen begründeten Anforderungen notwendig,
43vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2), vom 31.03.2011, Ziff. 3.2.4.
44Als Leitsubstanzen sollen für die pflanzliche Droge charakteristische Stoffe herangezogen werden. Diese werden quasi stellvertretend für den Wirkstoff gemessen. Hierbei sind bestimmte Schwankungen während der Laufzeit der Untersuchungen zulässig, ohne dass sich dies auf die Haltbarkeit und damit auf die Qualität des Arzneimittels auswirkt.
45Die oben genannte Leitlinie zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln bestimmt in diesem Zusammenhang, dass Gehaltsschwankungen bei pflanzlichen Arzneimitteln mit bekannten wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffen nicht mehr als +/- 5 % des angegebenen Gehaltswertes betragen sollen, wenn dies nicht anders begründet wird. Wenn das pflanzliche Arzneimittel jedoch – wie hier – eine pflanzliche Zubereitung enthält, für die wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind, darf die Gehaltschwankung der Leitsubstanzen über den Zeitraum der beantragten Haltbarkeitsdauer +/- 10 % des betreffenden Ausgangswertes betragen, sofern der Antragsteller dies begründet,
46vgl. „Guideline on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products“ (EMA/CPMP/QWP/2819/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 8.
47Die Klägerin hat in ihrer Laufzeitspezifikation, also in der Liste der Akzeptanzkriterien für die Stabilitätsuntersuchungen, den Parameter „Gesamtterpene“ und damit einen Durchschnittswert bestimmter in der Zubereitung enthaltener ätherischer Öle der pflanzlichen Ausgangsstoffe als analytische Leitsubstanz für die Gehaltsbestimmung des Wirkstoffs festgelegt, da wirksamkeitsbestimmende Inhaltsstoffe nicht bekannt sind. Im Registrierungsbescheid wurde eine Gehaltsspanne von 90 % bis 105 % Gesamtterpene für die Lautzeitspezifikation genehmigt.
48Damit entspricht der untere Wert von 90 % bereits der nach der oben genannten Leitlinie zulässigen maximalen Reduzierung um 10 % des Ausgangswertes der Charge. Eine weitere Absenkung des Wertes auf 70 % des Ausgangswertes, wie sie die Klägerin mit der streitgegenständlichen Änderungsanzeige mitgeteilt hat, ist somit nicht zulässig.
49Zwar lässt das EMA-Dokument “Questions & answers on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/HMPC/41500/2010 Rev.4) vom 12.08.2014 sowie der aktuelle Entwurf einer Neubearbeitung der Leitlinie zur Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln (Draft, EMA/HMPC/201116/2005 Rev. 3) vom 15.08.2018 eine Ausweitung der Gehaltsspanne im Ausnahmefall auch über den Wert von +/- 10 % zu, wenn dies angemessen begründet wird:
50„For active or analytical markers, it is agreed, that in some cases wider limits may be necessary, but the range should not be widened in general. Wider ranges can be accepted with adequate justifications. …”
51Eine angemessene Begründung für eine zulässige Abnahme des Wirkstoffgehaltes um 30 % hat die Klägerin nicht vorgelegt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin gerade nicht nur eine geringfügige Unterschreitung der zulässigen Spanne von +/- 10 % begehrt, sondern das Dreifache dieses Wertes (- 30 %) und damit eine beträchtliche Wirkstoffabnahme über die Laufzeit.
52Der Auffassung der Klägerin, dass diese beträchtliche Schwankung im Wirkstoffgehalt für die Qualität des Arzneimittels nicht relevant sei, solange der für die Freigabespezifikation maßgebliche Mindestgehalt von 125 mg Gesamtterpene/ 100 ml des Arzneimittels nicht unterschritten werde, kann nicht gefolgt werden.
53Die o. g. Leitlinie für die Qualität von pflanzlichen Arzneimitteln fordert keinen konstanten chargenunabhängigen Mindestwert, sondern eine Spanne für die Gehaltsbestimmung, also einen Bereich, in dem sich der Wirkstoffgehalt bewegen muss. Diese Spanne wird vom konkreten Anfangswert der jeweiligen Charge gemessen. Das ergibt sich nunmehr eindeutig aus dem Wortlaut des bereits zitierten Entwurfs für die Neufassung der Leitlinie (Draft, EMA/HMPC/201116/2005 Rev. 3), wenn es dort heißt:
54„During the proposed shelf life a variation of the batch-specific content of the analytical marker of +/- 5 % from the initial value is acceptable; a widening to +/- 10 % from the initial batch-specific content could be acceptable if justified.“
55Mit diesem Konzept, dass zu starke Wirkstoffschwankungen während der Lebensdauer eines Arzneimittels verhindern soll, lässt sich die Festlegung einer Gehaltsspanne von 35 % (70 – 105 %), ergänzt durch einen konstanten Mindestgehalt von 125 mg / 100 ml nicht vereinbaren.
56Zwar verhindert der Mindestgehalt an Leitsubstanzen, dass die für die Wirksamkeit bzw. die plausible Wirkung des registrieren Arzneimittels erforderliche Wirkstoffmenge unterschritten wird. Hiermit wäre auch bei einer Gehaltsspanne von 35 % die Wirksamkeit über die beantragte Laufzeit von 36 Monaten gewährleistet. Jedoch verhindert die Festlegung eines Mindestgehalts nicht das Auftreten einer starken Wirkstoffabnahme bis zu einem Ausmaß von 30 % im Verhältnis zum Ausgangswert der Laufzeituntersuchungen (70 % - 105 %).
57Die von der Klägerin im Klageverfahren vorgelegte Übersicht über den Gehalt an Gesamtterpenen bei der Freigabe des Arzneimittels bei 30 Produktionschargen aus den Jahren 2010 bis 2014 (Anlage K8, letzte Seite, Beiakte 5) zeigt eine erhebliche Bandbreite von 179 mg/ 100 ml bis zu 256 mg/ 100 ml, wobei alle Werte erheblich über dem nach der Freigabespezifikation erforderlichen Mindestwert von 125 mg/ 100 ml liegen und damit auf eine starke Überdosierung hindeuten. Der höchste Wert von 256 mg/ 100 ml liegt um 100 % über dem Mindestwert von 125 mg/100 ml Gesamtterpene. Bei einer maximalen Abnahme des Gehaltes von 30 % wird bei allen Chargen der Mindestgehalt nicht unterschritten. Zum Beispiel wäre bei einem Chargenausgangswert von 256 mg /100 ml ein Abfall auf 179,2 mg (- 30 %) zulässig, bei einem Chargenausgangswert von 179 mg/ 100 ml ein Abfall auf 125,3 mg/ 100 ml (- 30 %) zulässig. Dies zeigt, dass der Mindestgehalt an der Schwankungsbreite nichts ändert und die Klägerin eine Überdosierung bei der Freigabe einplant, um den Wirkstoffverlust von bis zu 30 % während der beantragten Lebensdauer des Arzneimittels von 36 Monaten zu kompensieren.
58Dies ist jedoch nach der „Note for Guidance on Development Pharmaceutics“ (CPMP/QWP/155/96) vom 28.01.1998 nicht zulässig. Dort heißt es unter Ziff. 3.1
59„The use of overages in the formulation of medicinal products is a practise which in general terms needs to be discouraged because of the risk of overdosing. ... the stability overage will result in overdosing where batches of product may reach the patient soon after release. The inclusion of any overage should be justified. Large overages (for example in excess of 10 %) should not normally be used to cover up inherently unstable formulations – it is better to reduce a shelf life rather than to risk exposing a patient to excessive doses of a drug. …”
60Die Klägerin hat keine Begründung dafür angegeben, warum bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel ein Wirkstoffabfall von bis zu 30 % akzeptiert werden soll. Der Umstand, dass das Arzneimittel nicht stabil ist, kann einen solchen Ausnahmefall nicht begründen. Aus der oben genannten Leitlinie ergibt sich gerade, dass ein instabiles Arzneimittel nicht durch eine Ausweitung der Spezifikation eine scheinbare Stabilität erhalten soll. Die von der Beklagten genannten Ausnahmefälle liegen nicht vor,
61vgl. hierzu auch schon VG Köln, Urteil vom 24.08.2015 – 7 K 1247/14 – juris Rn. 102.
62Einem Arzneimittel, das nach der Freigabe 30 % seines Wirkstoffes verliert, fehlt es aber an der erforderlichen gleichbleibenden Qualität. Spezifikationen dienen gerade dem Zweck, pflanzliche Arzneimittel einer Kontrolle zu unterziehen, durch die die Qualität und Konsistenz der Produkte sichergestellt werden soll,
63vgl. “Guideline on specifications: test procedures and acceptance criteria for herbal substances, herbal preparations and herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products” (EMA/CPMP/QWP/2820/00 Rev. 2) vom 31.03.2011, Ziff. 1.2 und 2.1.
64Eine konsistente Qualität ist bei dem streitgegenständlichen Arzneimittel mit einer Laufzeitspezifikation von 70 % bis 105 % Gesamtterpene nicht sichergestellt. Die von der Klägerin mitgeteilten Freigabewerte (Anlage K8, Beiakte 5) zeigen, dass Arzneimittel einer Charge nach der Herstellung einen hohen Gehalt von Leitsubstanzen und damit einen Wirkstoffgehalt von 256 mg/100 ml Gesamtterpene aufweisen können. Arzneimittel einer anderen Charge können bei einem niedrigen Freigabewert von 179 mg/100 ml am Ende der beantragten Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten nur noch einen Gehalt von 125 mg/100 ml aufweisen. Das ist nur noch die Hälfte dessen, was in einem anderen Arzneimittel direkt nach der Freigabe enthalten sein kann. Eine gleichbleibende Wirkung und gleichbleibende Nebenwirkungen sind bei dieser Schwankungsbreite nicht zu erwarten. Damit ist eine gleichmäßige und damit angemessene Qualität im Sinne des § 39 c Abs. 2 Nr. 1 AMG nicht gewährleistet.
65Der Umstand, dass bisher bei der Klägerin keine Meldungen über fehlende Wirksamkeit oder über Nebenwirkungen vorliegen, ändert nichts daran, dass das Arzneimittel die Anforderungen an die Qualität nicht erfüllt. Die Qualität eines Arzneimittels wird nicht erst dadurch in Frage gestellt, dass Mängel bei Wirksamkeit und Verträglichkeit tatsächlich auftreten. Vielmehr ist eine angemessene Qualität schon dann nicht mehr gegeben, wenn die festgelegten Qualitätsstandards (Spezifikationen) nicht erfüllt werden oder die beantragten Spezifikationen nicht ausreichen, um gleichbleibende Eigenschaften des Arzneimittels zu gewährleisten.
66Ist somit die Änderung der Laufzeitspezifikation auf 70 % bis 105 % nicht zulässig, fehlt es an den für die Verlängerung der Haltbarkeitsdauer auf 36 Monate erforderlichen Stabilitätsdaten. Die von der Klägerin vorgelegten Stabilitätsdaten der Chargen 30341.1 und 30721.1 (vgl. Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014) sowie der Chargen 92802.1 und 12431.1 (Anlage K8, Beiakte 5) zeigen, dass das Arzneimittel schon nach 24 Monaten in allen Fällen den derzeit gültigen Spezifikationswert von 90 % - 105 % Gesamtterpene deutlich unterschritten hat und damit eine Haltbarkeit über 18 Monate hinaus nicht belegt ist.
67Die Beklagte hat daher den angezeigten Änderungen die Zustimmung zu Recht verweigert.
68Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
69Rechtsmittelbelehrung
70Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
71- 72
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
- 73
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
- 74
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
- 75
4. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
- 76
5. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
78Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
79Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
80Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
81Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
82Beschluss
83Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
8425.000,00 €
85festgesetzt.
86Gründe
87Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für die Klägerin ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Die beantragte Verlängerung der Haltbarkeit des streitgegenständlichen Arzneimittels von 18 auf 36 Monate bedeutet für die Klägerin einen erheblichen Vorteil für die Vermarktung ihres Produktes. Das Gericht hält daher einen Streitwert in Höhe der Hälfte des Regelstreitwertes von 50.000,00 Euro angemessen, der für Klagen auf Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung angesetzt wird. Dieser Streitwert umfasst gleichzeitig das Interesse der Klägerin an der Änderung der Laufzeitspezifikation, da diese Voraussetzung für die Änderung der Haltbarkeit ist.
88Rechtsmittelbelehrung
89Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.
90Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.
91Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
92Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.
93Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des BfArM vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 verpflichtet, über den Registrierungsantrag für die Arzneimittel „E. “, E1. “, „E2. “ und „E3. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich mit der Klage gegen die Versagung der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel „E. “, „E1. “, „E2. “ und „E3. “ als traditionelle pflanzliche Arzneimittel.
3Am 20.10.2010 stellte die Klägerin gleichlautende Anträge auf Registrierung gemäß § 39 a AMG für die oben genannten Arzneimittel. Hierbei handelt es sich um überzogene Tabletten, die zwei Wirkstoffe enthalten, nämlich Trockenextrakt aus Baldrianwurzel (Valeriana officinalis L.) (3 – 6 : 1), Auszugsmittel: Ethanol 70 % (v/v), 56 mg pro Tablette und Trockenextrakt aus Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) (3,5 – 6 : 1), Auszugsmittel : Ethanol 60 % (m/m), 120 mg pro Tablette. Als Anwendungsgebiete wurden ursprünglich beantragt: „Zur Linderung von - leichten Verstimmungs- und Angstzuständen, - Schlafstörungen aufgrund von Symptomen leichter Angstzustände. Ausschließlich aufgrund traditioneller Anwendung“. In der Gebrauchsinformation wurden unter den Ziffern 4.3, 4.4 und 4.5 zahlreiche Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Hinweise auf Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln aufgeführt. Es wurde zunächst eine Haltbarkeit von 9 Monaten beantragt.
4Mit Nachlieferung vom 09.03.2011 übersandte die Klägerin eine Berichtigung der beantragten Anwendungsgebiete. Diese sollten wie folgt lauten: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von: - seelischen Verstimmungszuständen (z.B. einhergehend mit Interessenverlust, gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit), - nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen. Ausschließlich aufgrund traditioneller Anwendung“.
5Mit Mängelschreiben vom 13.11.2012 übersandte das BfArM der Klägerin die Formale pharmazeutische Stellungnahme, die Stellungnahme zur Qualität und die Stellungnahme zur Klinik und setzte zur Mängelbeseitigung eine Frist von 6 Monaten. In der Stellungnahme zur Klinik vom 06.11.2012 wurde eine Versagung der Registrierung in Aussicht gestellt, weil das Nutzen-Risiko-Verhältnis für die traditionelle Anwendung negativ sei. In der Begründung heißt es u. a., das Präparat falle aufgrund seiner Dosierung (Tagesdosis von mehr als 200 mg Droge) unter die Regelungen des Stufenplans für johanniskrauthaltige Arzneimittel, sodass umfangreiche Gegenanzeigen und Wechselwirkungen anzugeben seien. Zudem liege der Hyperforingehalt über 1 mg pro Tag. Laut dem HMPC-Assessment Report für Johanniskraut sei das Risiko im Rahmen der traditionellen Anwendung nur bei einem Hyperforingehalt von maximal 1 mg pro Tag akzeptabel.
6Außerdem sei das beantragte Anwendungsgebiet im Rahmen der traditionellen Anwendung nicht geeignet, weil es sich bei den aufgezählten Symptomen um typische Anzeichen einer Depression handele, sodass vor Beginn einer medikamentösen Therapie eine ärztliche Diagnose erforderlich und die Behandlung ärztlich zu überwachen sei. Auf weitere Mängel wurde hingewiesen.
7In der Stellungnahme zur Qualität vom 18.10.2012 wurde unter anderem die Gehaltsbestimmung der Leitsubstanzen Hypericin und Hyperforin in der Laufzeitspezifikation bemängelt. Diese sei mit +/- 5 %, bezogen auf den Startwert, anzugeben.
8Mit Nachlieferung vom 22.01.2013, beim BfArM eingegangen am 28.01.2013, beantwortete die Klägerin das Mängelschreiben. Sie beantragte nunmehr eine Haltbarkeit von 36 Monaten unter Vorlage entsprechender Langzeituntersuchungen. Die Anwendungsgebiete wurden folgendermaßen formuliert: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von: - seelischen Verstimmungszuständen, - nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen. Ausschließlich auf Grund der langjährigen Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert.“
9Mit Bescheid vom 18.06.2013 wurde der Antrag auf Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel zurückgewiesen. Ferner wurde die beantragte Dauer der Haltbarkeit teilversagt und eine Haltbarkeit von 18 Monaten festgesetzt. Auf weitere Mängel des Antrages, insbesondere die nicht ausreichenden Unterlagen zur Genotoxizität, wurde hingewiesen.
10Die Versagungsentscheidung wurde auf den Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG gestützt. Das Arzneimittel könne bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein. Eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel komme wegen des Drogengehaltes von mehr als 200 mg pro Tag und des Hyperforingehaltes von mehr als 1 mg pro Tag und dem damit verbundenen Risiko von Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln nicht in Betracht. Dies sei neben dem Assessment Report des HMPC zu der traditionellen Monographie Hypericum auch der Publikation von Länger in der Wiener Medizinischen Wochenschrift 2010, 557 ff. mit dem Titel „Die HMPC-Monographie zu Hypericum“ zu entnehmen. Die umfangreichen Hinweise auf Wechselwirkungen und Gegenanzeigen seien insgesamt nicht vereinbar mit der gesetzlich geforderten unbedenklichen Anwendung für ein traditionelles Arzneimittel, für das die Wirksamkeit lediglich plausibel sei und Therapiealternativen zur Verfügung stünden. Da die Klägerin einen Antrag auf Registrierung eines traditionellen Arzneimittels gestellt habe, sei die Bezugnahme auf die Johanniskraut-Monographie für den „well-established use“ nicht möglich.
11Die beantragte Haltbarkeit von 36 Monaten müsse teilversagt werden, weil die Daten der vorgelegten Langzeituntersuchungen die Haltbarkeit nicht belegten. Diese sei auch anhand des Gehaltes an Hypericin nachzuweisen. Entsprechend den Forderungen der Guidelines CPMP/QWP/2819/00 rev 2 und CPMP/QWP/2820/00 rev 2 könnten aufgrund der bekannten Instabilität Gehaltsschwankungen der Leitsubstanz Hypericin von +/- 10 % des Ausgangswertes akzeptiert werden. Dieser Rahmen werde jedoch nicht eingehalten.
12Bei zwei von drei untersuchten Chargen, sei bereits nach einer Einlagerungszeit von 24 Monaten ein starker Abfall des Hypericingehaltes von ca. 14 %, bezogen auf den Startwert, aufgetreten, der sich nach 36 Monaten noch verstärkt habe. Die Haltbarkeit sei daher auf 18 Monate festgesetzt worden.
13Am 18.06.2013 legte die Klägerin gegen den Versagungsbescheid Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 18.10.2013 begründet wurde. Darin wurde im Wesentlichen geltend gemacht, die HMPC-Monographie Hypericum für die traditionelle Anwendung und der zugehörige Assessment Report seien auf den in den vorliegenden Arzneimitteln verwendeten Trockenextrakt gar nicht anwendbar. Das BfArM verstehe die dort festgelegte Grenze von maximal 1 mg Hyperforin im Übrigen falsch. Bei Überschreitung dieser Grenze seien die von der Klägerin aufgenommenen Hinweise auf Wechselwirkungen erforderlich, unterhalb der Grenze und bei Einhaltung einer Anwendungsdauer von 2 Wochen könnten sie entfallen. Jedoch bedeute die Überschreitung des Wertes nicht, dass dann auch eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel ausgeschlossen sei. Der Klägerin sei daher auch in Österreich für ein identisches Arzneimittel eine Registrierung als traditionelles Arzneimittel erteilt worden.
14Tatsächlich entspreche der Extrakt den in der HMPC-Monographie Hypericum für den well-established use genannten Pflanzenauszügen. Diese Monographie sei daher – auch im Hinblick auf das beantragte Anwendungsgebiet - auf das vorliegende Kombinationspräparat entsprechend anzuwenden.
15Es sei schließlich aus dem Gesetz nicht abzuleiten, dass ein traditionelles Arzneimittel keine Nebenwirkungen, Wechselwirkungen oder Gegenanzeigen haben dürfe. Dies zeigten zahlreiche HMPC-Monographien für den traditionellen Gebrauch, die ebendiese Gegenanzeigen und Wechselwirkungshinweise enthielten.
16Die Klägerin hielt weiterhin an der beantragten Haltbarkeitsdauer von 36 Monaten fest.
17Der Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid vom 30.01.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Der Registrierung der beantragten Arzneimittel stünden weiterhin die Versagungsgründe des § 39 c Abs. 2 Satz 1, 1. HS und 2. HS Nr. 2 und Nr. 3 AMG entgegen. Das beantragte Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Verstimmungszuständen, nervös bedingten Einschlaf- und Durchschlafstörungen“ bedürfte der ärztlichen Aufsicht im Hinblick auf die Stellung einer Diagnose und die Überwachung der Behandlung. Denn hinter den genannten Symptomen könnten sich Erkrankungen wie z.B. Depressionen oder endokrine Störungen verbergen, die der ärztlichen Abklärung bedürften.
18Wegen der zugeführten Menge an Hypericum und Hyperforin sei zum einen der Stufenplanbescheid für Johanniskraut zu beachten. Darüber hinaus sei auch die HMPC-Monographie für Johanniskraut in der traditionellen Anwendung zu berücksichtigen. Die darin getroffenen Feststellungen könnten auch auf andere Extrakte und Kombinationspräparate übertragen werden. Die HMPC-Monographie zu Johanniskraut im „well-established-use“ könne nur im Rahmen eines Zulassungsverfahrens herangezogen werden und gelte nicht für Kombinationsprodukte. Daher könne sich die Klägerin auf diese Monographie nicht berufen.
19Die Registrierung der beantragen Präparate durch die österreichische Zulassungsbehörde habe keine Bindungswirkung für das nationale Verfahren.
20Falls die Monographie zu Johanniskraut in der traditionellen Anwendung nicht heranzogen werden könne, habe die Klägerin jedenfalls nicht nachgewiesen, dass das Arzneimittel im Sinne des § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AMG unbedenklich sei. Bei Anwendung der Monographie für die traditionelle Anwendung seien die Medikamente ebenfalls nicht registrierungsfähig, weil eine tägliche Aufnahme von 1 mg Hyperforin überschritten sei. Dies gehe eindeutig aus dem Text der Monographie hervor, wo es in Fußnote 3 heiße: „If relevant, the amount of hyperforin should be specified. The daily intake of hyperforin has to be below 1 mg.“ Dies werde durch die Publikation von Länger unterstützt, wo ausgeführt werde, dass „die tägliche Aufnahme unter 1 mg liegen muss. Unter diesen Voraussetzungen und der Limitierung der Anwendung auf 2 Wochen erscheint das Risiko von Wechselwirkungen als so gering, dass eine Anwendung als traditionelles Arzneimittel vertretbar ist.“
21Die Ausführungen zur Teilversagung der Haltbarkeit wurden wiederholt und ergänzt. Ferner wurde erläutert, dass die unter T 1 bis T 3 aufgeführten Mängel der Toxikologie lediglich mitgeteilt würden, nachdem die Registrierung bereits aus klinischen Gründen zu versagen gewesen sei.
22Am 27.02.2014 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie eine Aufhebung des Versagungsbescheides und eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung über den Registrierungsantrag erstrebt.
23Sie hält die beantragten Anwendungsgebiete, die gegenüber depressiven Erkrankungen eine starke Abschwächung darstellten, für registrierungsfähig. Da die eingesetzten Extrakte den jeweiligen Monographien für den „well-established-use“ zuzuordnen seien, solle die Formulierung der Anwendungsgebiete auch an die für den „well-established-use“ zugelassenen Anwendungsgebiete angenähert werden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die beantragen Arzneimittel der Apothekenpflicht unterlägen.
24Dies habe u. a. dazu beigetragen, dass sowohl die österreichische als auch die britische Zulassungsbehörde eine Registrierung mit den beantragten Anwendungsgebieten erteilt hätten. In Ungarn sei ein identisches Präparat inzwischen mit dem Anwendungsgebiet „ Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Einschlafstörungen“ registriert worden (Packungsbeilagen in Anlage K 28). Diese in anderen europäischen Staaten bestehenden Registrierungen seien auch vom BfArM zu berücksichtigen.
25Auch die von der Beklagten angeführten Gegenanzeigen und Wechselwirkungen stünden einer Registrierung nicht entgegen. Es gebe zahlreiche HMPC-Monographien für den traditionellen Gebrauch mit umfangreichen Hinweisen auf Wechselwirkungen und Gegenanzeigen, z.B. für die pflanzlichen Zubereitungen von Foeniculum vulgare, Hedera helix, Vitex agnus-castus, Fucus vesiculosus (Anlagen K 24 bis K 27).
26§ 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG berechtige die Beklagte nicht zu einer Versagung der Registrierung. Die Gebrauchsinformationen der beantragten Arzneimittel erfüllten die Anforderungen des Stufenplans für johanniskrauthaltige Arzneimittel vom 10.10.2005, der für Arzneimittel mit einer täglichen Aufnahme von mehr als 200 mg Droge oder Drogenäquivalent die Aufnahme umfangreicher Hinweise zu Wechselwirkungen, Vorsichtsmaßnahmen und Gegenanzeigen vorsehe.
27Die Anforderungen der HMPC-Monographie für Johanniskraut in der traditionellen Anwendungen seien dagegen nicht zu beachten. Diese Monographie gelte nicht für den verwendeten Trockenextrakt, sondern nur für andere Zubereitungen. Vielmehr sei der Trockenextrakt eindeutig der WEU-Monographie zuzuordnen. Die Klägerin habe nur deshalb die Registrierung als traditionelles Arzneimittel beantragen müssen, weil die Monographie für den „well-established-use“ für Kombinationspräparate keine Geltung habe und ausreichende klinische Studien für die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination nicht vorlägen. Für diese Fallgestaltung sei die Möglichkeit der Registrierung gerade geschaffen worden.
28Für Kombinationspräparate seien die Monographien nicht direkt anzuwenden, jedoch müssten sie sinngemäß und präparatespezifisch in die Bewertung einbezogen werden. Für den hier verwendeten Trockenextrakt seien die Einschränkungen der HMPC-Monographie für den „traditional use“ nicht relevant und die Ausführungen im Assessment Report und der Publikation von Länger ohne Bedeutung.
29Jedenfalls habe die Beklagte die genannten Einschränkungen missverstanden. Vielmehr werde in der Publikation von Länger ausgeführt, dass bei einer täglichen Aufnahmemenge Hyperforin von unter 1 mg „in den Texten die Warnhinweise zu Interaktionen bei traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln entfallen“ können. Dies bedeute jedoch nicht, dass das Arzneimittel bei einer höheren Aufnahmemenge nicht registrierungsfähig sei. Vielmehr seien in diesem Fall die notwendigen Hinweise zu Kontraindikationen, Warnhinweise und Interaktionen aufzunehmen. Dies habe Herr Prof. Länger in einer an die Klägerin gerichteten e-mail vom 09.09.2014 (Anlage K 30) explizit bestätigt. Dementsprechend seien die Zulassungsbehörden in Österreich, Großbritannien und Ungarn auch verfahren.
30Das BfArM gehe nunmehr selbst davon aus, dass die Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Johanniskraut einer Registrierung nicht entgegenstünden. Es habe in einem aktuellen Anhörungsschreiben vor dem Erlass des Widerspruchsbescheides im Stufenplanverfahren zu Johanniskraut eine Abänderung des Stufenplanbescheides wie folgt angekündigt: „Die Zulassungen und Registrierungen Johanniskrauthaltiger Arzneimittel mit einer Tagesdosis ab 1 g Drogenäquivalenz oder ab 1 mg Hyperforin oder Homöopathika (wird näher ausgeführt), sind bis zum 01.12.2016 in Anpassung an die europäischen Monografien zu Johanniskraut ( ...„Well-established-Use“ und „traditionell Use“) wie folgt anzupassen“ Danach folgten umfangreiche Hinweise zu Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen, sonstigen Wechselwirkungen und Nebenwirkungen. Demnach sei auch eine Aufnahme der genannten Hinweise in die Packungsbeilagen von registrierten pflanzlichen Arzneimitteln vorgesehen. Eine Registrierung sei also entgegen der bisherigen Auffassung der Beklagten rechtlich zulässig.
31Aufgrund der Warnhinweise sowie der Abgabe durch pharmazeutisches Fachpersonal in Apotheken und des Hinweises, bei Fortdauer der Beschwerden einen Arzt aufzusuchen, sei die Patientensicherheit nicht in Gefahr. Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch bestehe daher nicht die Gefahr einer schädlichen Wirkung gemäß § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG.
32Der Argumentation der Beklagten, dass die komplexen Wechselwirkungen von Johanniskraut auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch zu schädlichen Gesundheitsfolgen führten, weil die Angaben in der Packungsbeilage für Patienten nicht verständlich seien, könne nicht gefolgt werden. Der von der Klägerin vorgelegte “Readibility User Test“, den die Beklagte nicht beanstandet habe, beweise im Gegenteil, dass die Verbraucher die Hinweise in der Gebrauchsinformation ohne Probleme verstanden hätten.
33Die Festsetzung der Haltbarkeit auf 18 Monate sei im Hinblick auf die Vermarktungsfähigkeit nicht sachgerecht. Die Einhaltung einer Spezifikation von +/- 10 % vom Startwert sei wegen der Instabilität der Leitsubstanz Hypericin nicht über 36 Monate möglich. Gemäß Q & A on quality of herbal medicinal products/traditional herbal medicinal products EMA/HMPC/41500/2010 Rev. 1 (Anlage K 17) könnten für verschiedene Marker in ein- und demselben Arzneimittel verschiedene Spannen akzeptiert werden. Aus Prüfungen mit anderen Johanniskrautpräparaten sei bekannt, dass es zu einer Verringerung des Gehaltes an Hypericin bis zu 30 % des Startwertes komme. Daher werde die Spezifikation auf 70 – 110 % des Startwertes festgelegt. Der in der Arzneibuchmonographie für Johanniskraut vorgeschriebene Gehalt an Hypericin werde hierdurch nicht unterschritten. Die Darreichungsform der überzogenen Tablette sei bereits die optimale Form, die zu einer Verlangsamung des Abfalls an Hypericin über die Laufzeit geführt habe.
34Die Angaben der Beklagten zu einer angeblichen Sicherstellung der Stabilität durch Maßnahmen der pharmazeutischen Entwicklung bei anderen Herstellern seien pauschal und widersprüchlich und damit nicht nachvollziehbar.
35Im Erörterungstermin am 01.07.2014 haben sich die Beteiligten auf die folgende Formulierung des Anwendungsgebietes geeinigt, die an den Wortlaut der ungarischen Registrierung angelehnt ist: „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Schlafstörungen basierend ausschließlich auf langjähriger Anwendung“. In der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2015 hat die Klägerin bestätigt, dass dieses Anwendungsgebiet nunmehr Gegenstand des Registrierungsantrages und der Klage sein soll.
36Die Klägerin beantragt,
37die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 zu verpflichten, über den Registrierungsantrag für die Arzneimittel „E. “, „E1. “, „E2. “ und „E3. “ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
38Die Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Sie verweist auf die Begründung des Versagungs- und Widerspruchsbescheides. Ergänzend wird erklärt, die Beklagte stimme zwar grundsätzlich der Überlegung zu, dass Wechselwirkungen von Arzneimitteln mit anderen Arzneimitteln oder anderen Produkten nicht zwangsläufig dazu führten, dass ein Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein könne, § 39 c Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AMG. Denn die Hinweise auf die Wechselwirkungen in der Gebrauchsinformation sollten die gleichzeitige Anwendung bestimmter Arzneimittel und damit die negativen gesundheitlichen Folgen gerade ausschließen. Die gleichzeitige Anwendung der von den Hinweisen umfassten Arzneimittel sei damit kein bestimmungsgemäßer Gebrauch.
41Seien jedoch im Einzelfall die Angaben zu den Wechselwirkungen komplex oder für den Laien schwer verständlich, könne es dazu kommen, dass sie versehentlich nicht beachtet würden, und daher trotz bestimmungsgemäßem Gebrauch die schädlichen Gesundheitsfolgen der gleichzeitigen Anwendung verschiedener Medikamente einträten. So liege der Fall hier.
42Die tägliche Aufnahme der Substanz Hyperforin in den streitgegenständlichen Arzneimitteln übersteige den in der HMPC-Monographie genannten Wert von 1 mg und sei daher geeignet, bestimmte Enzyme der Leber zu beeinflussen, mit der Folge, dass es bei zahlreichen Arzneimitteln oder Kontrazeptiva zu einem beschleunigten Abbau komme, der die Wirksamkeit dieser Arzneimittel gefährde. Dies könne für betroffene Patienten, z.B. Transplantationspatienten, Tumorpatienten, HIV-Patienten oder Patienten, die zur Blutverdünnung mit Warfarin behandelt würden, lebensgefährliche Wirkungen haben. Deshalb seien in der HMPC-Monographie für den „well-established-use“ umfangreiche Gegenanzeigen aufgeführt. Für weitere Arzneimittel, deren Wirksamkeit abgeschwächt würde, seien Warnhinweise formuliert. Des Weiteren könne die Wirksamkeit anderer Medikamente auch unkontrolliert verstärkt werden, z.B. bei Antidepressiva. Schließlich könne die gleichzeitige Einnahme von Arzneimitteln mit photosensibilisierenden Wirkstoffen das Risiko phototoxischer Reaktionen erhöhen. Da ganze Substanzklassen von den Wechselwirkungen betroffen seien, sei es nicht möglich, alle relevanten Arzneimittel in der Gebrauchsinformation vollzählig aufzuführen. Ohne pharmazeutisches Wissen sei es dem Patienten daher nicht möglich, eine Gefährdung zu erkennen.
43Die Verständlichkeit der Wechselwirkungshinweise in der Gebrauchsinformation werde durch den vorgelegten „Readabiliy User Test“ gerade nicht bewiesen. Denn die auf eine Wechselwirkung mit einem Migränemedikament gerichtete Frage 9 des Tests hätten 15 % der Befragten nur schwer verstanden.
44Daher werde der Patient in der HMPC-Monographie für den „well-established-use“ aufgefordert, einen Arzt oder Apotheker aufzusuchen, sobald er eine Komedikation einnehme. Nur so könne das individuelle Interaktionsrisiko, das durch Zahl und Art der Komedikation, Lebensalter, Alkoholanamnese, Begleiterkrankungen definiert werde, bestimmt werden. Dieses Vorgehen sei jedoch mit den gesetzlichen Vorgaben für traditionelle Arzneimittel nicht vereinbar. Es sei daher trotz einer sorgsamen Durchsicht der Gebrauchsinformation nicht sichergestellt, dass ein möglicherweise schwerwiegendes Wechselwirkungsrisiko erkannt werde. Daher seien Arzneimittel mit einem Hyperforingehalt von mehr als 1 mg pro Tag der Apothekenpflicht unterstellt.
45Die von der Klägerin zitierten HMPC-Monographien für andere traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die Angaben zu Wechselwirkungen enthielten, zeigten, dass es sich hierbei um zahlenmäßig begrenzte, klar definierte und damit für den Patienten gut erkennbare Arzneimittel handele. Diese unterschieden sich deutlich von dem komplexen Wechselwirkungspotential von Johanniskraut. Ohne eine Nutzen-Risiko-Abwägung, die bei traditionellen Arzneimitteln nicht vorgesehen sei, solle eine Anwendung von Johanniskraut im Fall eines Wechselwirkungsrisikos nicht erfolgen.
46Die von der Klägerin vorgelegte Anhörung im Stufenplanverfahren betreffe nur die Arzneimittel, die Gegenstand des Stufenplanverfahrens gewesen seien. Dazu gehörten auch registrierte homöopathische Arzneimittel. Die Formulierungen des Schreibens bezögen sich daher ausschließlich auf diese Arzneimittel. Traditionelle pflanzliche Arzneimittel seien seinerzeit (Oktober 2005) noch nicht auf dem Markt gewesen. Die Aussagen des Anhörungsschreibens bezögen sich daher nicht auf die künftige Registrierung von traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln mit dem Bestandteil Johanniskraut.
47Die von der Klägerin beantragte Haltbarkeit von 36 Monaten sei durch die vorgelegten Stabilitätsdaten nicht belegt. Zwar ergebe sich aus dem von der Klägerin zitierten EMA-Dokument (HMPC/41500/2010 rev.2), dass auch eine Gehaltsspanne von +/- 10% des Startwertes akzeptiert werden könne, wenn sie ausreichend durch analytische Daten belegt sei. Auch eine weitere Spanne könne in Ausnahmefällen, bei geeigneter Begründung, zugelassen werden.
48Als ausreichende Begründung seien jedoch nur Daten akzeptabel, die zeigten, dass eine Stabilität nicht durch eine entsprechende Formulierung oder durch die Herstellung erreicht werden könne. Derartige Daten zur pharmazeutischen Entwicklung seien von der Klägerin nicht vorgelegt worden. Demgegenüber gebe es Johanniskrautpräparate mit vergleichbarer Darreichungsform auf dem Markt, die eine Stabilität für Hypericin bis zu 24 Monaten bzw. bis zu 36 Monaten belegen konnten. Dies sei vermutlich durch eine Auswahl der sonstigen Bestandteile und einen zusätzlichen Herstellungsschritt erreicht worden. Weitere Angaben hierzu dürften nicht gemacht werden.
49Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und alle anderen von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Klage ist zulässig und begründet.
52Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über ihren Antrag auf Registrierung der Arzneimittel „E. “, „E1. “, E2. “ und „E3. “ als traditionelle pflanzliche Arzneimittel unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
53Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel ist § 39 c Abs. 1 AMG. Danach hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf Antrag des pharmazeutischen Unternehmers traditionelle pflanzliche Arzneimittel zu registrieren, wenn nicht ein Versagungsgrund gemäß § 39 c Abs. 2 AMG vorliegt.
54Die Voraussetzungen der von der Beklagten benannten Versagungsgründe sind nicht bzw. nicht mehr gegeben.
55Das von der Klägerin im Mängelverfahren beantragte Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Verstimmungszuständen, nervös bedingten Ein- und Durchschlafstörungen“ steht der Registrierung nicht mehr nach § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG entgegen. Nach dieser Bestimmung können traditionelle pflanzliche Arzneimittel nicht registriert werden, wenn sie Anwendungsgebiete beanspruchen, die der ärztlichen Aufsicht im Hinblick auf die Stellung einer Diagnose, die Verschreibung oder die Überwachung der Behandlung bedürfen.
56Das ursprünglich beantragte Anwendungsgebiet nannte zwei typische Symptome von Depressionen, nämlich eine gedrückte Stimmung und Schlafstörungen. Bei leichten depressiven Episoden genügen schon zwei Symptome für die Annahme einer Depression,
57vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 2012, Stichwort “Depression”; WHO, International Classification of Disorders - ICD -10- GM 2014, Nr. F 32 und Nr. F32.0, www.icd-code.de.
58Da es sich bei einer Depression um eine Krankheit handelt, die einer ärztlichen Diagnose und Behandlung bedarf, wäre das ursprüngliche Anwendungsgebiet wegen der möglichen Verbindung der verwendeten Formulierung mit einer depressiven Erkrankung nicht registrierungsfähig gewesen.
59Die Klägerin hat die Formulierung des Anwendungsgebietes jedoch im Verlauf des Klageverfahrens in einer Weise geändert, die einer Registrierung nunmehr nicht mehr entgegensteht. Diese Änderung war auch rechtlich zulässig.
60Die Beteiligten haben sich im Verlauf des Erörterungstermins auf das Anwendungsgebiet „Traditionelles pflanzliches Arzneimittel zur Behandlung von seelischen Erschöpfungszuständen und damit verbundenen Schlafstörungen basierend ausschließlich auf langjähriger Anwendung“ geeinigt. Die Beklagte hat mit ihrer Zustimmung zu diesem Anwendungsgebiet zum Ausdruck gebracht, dass sie die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Arzneimittel für diese Beschwerden als plausibel ansieht und eine Verbindung zu depressiven Erkrankungen, und damit zu einer behandlungsbedürftigen Krankheit, nicht mehr besteht.
61Das Gericht sieht keinen Anlass, diese Auffassung zu beanstanden. Das gewählte Anwendungsgebiet entspricht den Formulierungen der HMPC-Monographien für die traditionelle Anwendung von Baldrian („for relief of mild symptoms of mental stress and to aid sleep“) und Johanniskraut („for the relief of temporary mental exhaustion“) und vermeidet die Nennung von Symptomen, die im deutschen Sprachgebrauch für eine Depression typisch sind. Es ist daher registrierungsfähig.
62Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass sie an dem vereinbarten Anwendungsgebiet festhält und ihren Registrierungsantrag und damit auch den Klageantrag verbindlich geändert. Diese Klageänderung ist prozessual gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da sich die Beklagte auf das geänderte Anwendungsgebiet eingelassen hat und die Änderung auch sachdienlich ist, um die im Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend zu behandeln.
63Da es bei der vorliegenden Verpflichtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt und die – nur für die verspätete Vorlage von Unterlagen geltende - Präklusionsvorschrift des § 25 Abs. 4 Satz 5 AMG i.V.m. § 39 c Abs. 1 Satz 2 AMG hier nicht eingreift, kann die Änderung des Registrierungsantrages auch bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Versagungsbescheides berücksichtigt werden.
64Demnach steht der Versagungsgrund des unzulässigen Anwendungsgebietes nach § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG der Erteilung der Registrierung nicht mehr entgegen.
65Auch der von der Beklagten angeführte Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift ist die Registrierung zu versagen, wenn das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädlich sein kann.
66Zwar ist unstreitig, dass die Einnahme der streitgegenständlichen Arzneimittel wegen ihres Gehalts an Hyperforin (mehr als 1 mg pro Tag) zu schädlichen Wirkungen führen kann, wenn sie zusammen mit anderen Arzneimitteln verabreicht werden. Es ist wissenschaftlich anerkannt, dass der Bestandteil Hyperforin in der vorliegenden Dosierung zur Aktivierung bestimmter Enzyme in der Leber führt, die ganze Arzneimittelklassen und Mittel zur Empfängnisverhütung beschleunigt abbauen und damit deren Wirksamkeit herabsetzen. Die Wirksamkeit anderer Substanzen kann durch Johanniskraut verstärkt werden, z.B. die Wirksamkeit von Antidepressiva. Phototoxische Wirkungen anderer Arzneimittel können sich mit den phototoxischen Wirkungen von Johanniskraut summieren. Das Risiko, dass bei der Anwendung des Arzneimittels gleichzeitig mit anderen Arzneimitteln deren positive Wirkungen vermindert oder Nebenwirkungen verstärkt werden, begründet eine Gesundheitsgefahr und ist damit begrifflich eine schädliche Wirkung.
67Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass diese schädliche Wirkung auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten kann. Dass eine Arzneisubstanz eine schädliche Wirkung haben kann, genügt nicht für die Annahme eines Versagungsgrundes gemäß § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG. Vielmehr muss diese Wirkung auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch auftreten. Dies kommt auch in den Bestimmungen der Richtlinie 2001/83/EG über die Registrierung von pflanzlichen Arzneimitteln zum Ausdruck, deren Umsetzung die Vorschriften in §§ 39 a ff. AMG dienen. So heißt es in Art. 16 e Abs. 1 c der Richtlinie, dass die Registrierung abzulehnen ist, wenn das Produkt „unter den normalen Anwendungsbedingungen“ schädlich sein könnte. Gemäß Art. 16 a Abs. 1 e der Richtlinie muss nachgewiesen sein, dass das Produkt „unter den angegebenen Anwendungsbedingungen“ unschädlich ist. Das Arzneimittel muss also nicht in jeder Beziehung harmlos sein, sondern nur bei Beachtung der angegebenen Einschränkungen für die Anwendung.
68Der bestimmungsgemäße Gebrauch eines Arzneimittels, also die Bedingungen der Anwendung, wird vom Antragsteller definiert, durch die Zulassung oder Registrierung festgelegt und durch die Angaben in der Fach- und Gebrauchsinformation an die Fachkreise und Verbraucher vermittelt. Zum bestimmungsgemäßem Gebrauch gehören daher z.B. die Dosierung, also Menge, Häufigkeit und Dauer der Anwendung, aber auch Gegenanzeigen, Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung und Hinweise auf Wechselwirkungen, vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 3 AMG. Gesundheitsgefahren, die beispielsweise durch eine Überdosierung oder eine andere Missachtung der Anwendungsbedingungen entstehen, sind daher keine schädlichen Wirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, sondern Schädigungen durch Arzneimittelfehlgebrauch.
69Jedoch können, insbesondere bei zugelassenen Arzneimitteln, auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Gesundheitsrisiken auftreten. Dies ist bei zahlreichen Nebenwirkungen von Arzneistoffen der Fall, weil die Wirksamkeit erst mit Dosierungen zu erzielen ist, bei denen gleichzeitig Nebenwirkungen auftreten. Wenn es sich so verhält, treten Nebenwirkungen auch unter normalen Anwendungsbedingungen auf und sind daher nicht vermeidbar. Diese Nebenwirkungen sind in der Gebrauchs- und Fachinformation anzugeben, § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AMG. Sie können daher einer Registrierung entgegenstehen, wenn sie nicht ganz unerheblich sind. Eine Nutzen-Risiko-Abwägung ist nach dem Wortlaut des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG nicht vorgesehen, da diese Arzneimittel lediglich eine plausible Wirksamkeit, nicht aber einen belegten Nutzen aufweisen,
70vgl. Heßhaus, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 1. Aufl. 2010, § 39 c Rn. 24, 25.
71Das Risiko des Auftretens von Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme anderer Arzneimittel oder Wirkstoffe (Empfängnisverhütungsmittel) unterscheidet sich jedoch von den genannten Nebenwirkungen. Wechselwirkungen sind nicht unvermeidbar. Sie treten nicht automatisch mit der Einnahme des Arzneimittels auf, sondern nur, wenn gleichzeitig oder in engem zeitlichem Zusammenhang bestimmte weitere Arzneistoffe zugeführt werden. Wechselwirkungen können daher vermieden werden, indem die gleichzeitige Einnahme weiterer Arzneimittel durch Angaben in der Gebrauchsinformation, z.B. Gegenanzeigen, Warnhinweise oder Hinweise, in diesem Fall fachkundigen Rat bei Arzt oder Apotheker einzuholen, ausgeschlossen wird.
72Bei Beachtung dieser Gegenanzeigen und Warnhinweise würde somit das Risiko des Auftretens von Wechselwirkungen minimiert werden. Damit wären bei bestimmungsgemäßem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen zu befürchten. Der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG wäre daher in der Regel auf Wechselwirkungen nicht anwendbar.
73Für diese Auslegung des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG sprechen die von der Klägerin vorgelegten Registrierungsbescheide des BfArM, die andere pflanzliche Arzneimittel betreffen, und die durchaus Gegenanzeigen und auch Wechselwirkungshinweise enthalten. Ferner wird diese Auslegung auch durch die von anderen EU-Mitgliedsstaaten getroffenen Entscheidungen unterstützt, die die streitgegenständlichen, johanniskrauthaltigen Arzneimittel unter Aufnahme entsprechender Gegenanzeigen und Hinweise auf Wechselwirkungen als traditionelle pflanzliche Arzneimittel registriert haben. Diese Entscheidungen sind auch im nationalen Registrierungsverfahren zu berücksichtigen, § 39 d Abs. 2 Satz 2 AMG.
74Der Einwand der Beklagten, dass die Registrierung pflanzlicher Arzneimittel trotz bekannter Wechselwirkungen im Prinzip möglich, jedoch bei Johanniskraut im Einzelfall wegen der Vielzahl und Unübersichtlichkeit der betroffenen Arzneimittel ausgeschlossen sei, ist nicht überzeugend. Der Auffassung, dass Gegenanzeigen und Warnhinweise aus den genannten Gründen nicht hinreichend verständlich und übersichtlich seien und es daher trotz eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs zu schädlichen Wechselwirkungen kommen könne, kann nicht gefolgt werden. Wenn die Angaben zu Gegenanzeigen und Wechselwirkungen nicht verstanden und deshalb nicht beachtet werden, liegt kein bestimmungsgemäßer Gebrauch mehr vor.
75Die Beklagte kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dass Angaben in einer Gebrauchsinformation, die die Gefahr einer Fehlanwendung ausschließen sollen, nicht verständlich seien und daher die Zulassung oder Registrierung eines Arzneimittels zu versagen sei. Hinweise in einer Gebrauchsinformation müssen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AMG allgemein verständlich sein. Die Beklagte ist berechtigt, durch entsprechende Auflagen gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 a AMG, die auch bei Registrierungen angeordnet werden können, § 39 c Abs. 1 Satz 6 AMG, die Verständlichkeit der Gebrauchsinformation sicherzustellen und gegebenenfalls weitere Warnhinweise anzuordnen, damit Gefahren durch eine Komedikation durch entsprechende Formulierungen so weit wie möglich reduziert werden können.
76Die Beklagte ist hierzu auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verpflichtet. Wenn Gesundheitsgefahren, die aus der Anwendung eines Arzneimittels resultieren, durch Auflagen ausgeräumt werden können, dann ist dieser Eingriff das mildere, weniger belastende Mittel und hat daher Vorrang gegenüber der Versagung der Zulassung oder Registrierung,
77vgl. OVG NRW, Urteil vom 25.02.2015 – 13 A 1371/14 – „Kava-Kava“ zum Widerruf einer Zulassung.
78Es kommt daher im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob die Klägerin durch die beantragte Gebrauchsinformation bereits geeignete, hinreichend verständliche Angaben zu Wechselwirkungen vorgesehen hat oder ob sich Schwierigkeiten beim Lesbarkeitstest ergeben haben. Denn das BfArM hätte eventuelle Mängel der Warnhinweise in der Gebrauchsinformation durch Auflagen korrigieren können.
79Die Auffassung der Beklagten, Wechselwirkungshinweise könnten im Fall von Johanniskraut für den medizinischen Laien nicht verständlich sein und daher die Gefahr einer Fehlanwendung nicht ausschließen, wird schließlich durch die im Stufenplanverfahren für Johanniskraut vorgesehenen Auflagen (Bl. 132 ff. d. A.) widerlegt. Dort hat die Beklagte Gegenanzeigen und Warnhinweise wegen der Wechselwirkungen von hoch dosierten johanniskrauthaltigen Arzneimitteln formuliert. Wenn diese nicht verständlich wären und damit zur Abwehr von Gefahren durch Wechselwirkungen nicht geeignet wären, wäre die Anordnung dieser Hinweise rechtswidrig. In diesem Fall müsste die Zulassung dieser Arzneimittel möglicherweise sogar versagt oder widerrufen werden, weil bei fortbestehenden Wechselwirkungsrisiken das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig sein könnte. Das nimmt aber die Beklagte wohl selbst nicht an.
80Sie hält die im Stufenplanverfahren angeordneten Hinweise insbesondere auch für die Fallgruppe der registrierten homöopathischen Arzneimittel für geeignet, die eine höhere Endkonzentration als D1 aufweisen und damit eine entsprechend hohe Hyperforinkonzentration mit dem Risiko von Wechselwirkungen haben. Auch bei diesen Arzneimitteln gibt es kein zugelassenes Anwendungsgebiet und damit keinen belegten Nutzen, sondern nur eine bekannte homöopathische Anwendung. Ferner sind auch diese Arzneimittel für eine Selbstmedikation zugelassen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, diese Arzneimittel mit entsprechenden Hinweisen auf Wechselwirkungen zu registrieren, die traditionellen pflanzlichen Arzneimittel aber nicht.
81Der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel steht auch die HMPC-Monographie für die traditionelle Anwendung von Johanniskraut vom 12.11.2009 (EMEA/HMPC/745582/2009) nicht entgegen.
82Diese Monographie enthält lediglich eine positive Aussage zur Registrierungsfähigkeit der dort genannten Zubereitungen, die regelmäßig einen Hyperforingehalt von unter 1 mg pro Tag aufweisen,
83vgl. Assessment Report vom 12.11.2009, (EMA/HMPC/101303/2008), S. 76 (Anlage K 13, Beiakte 1).
84Diese Zubereitungen können ohne die Angabe von Wechselwirkungen registriert werden, weil in dem angesprochenen Dosisbereich und bei Einhaltung einer Anwendungsdauer von 2 Wochen nicht mit Wechselwirkungen zu rechnen ist.
85Der Monographie kann demgegenüber keine negative Aussage für diejenigen Zubereitungen entnommen werden, die – wie der vorliegend eingesetzte Extrakt – nicht unter die dort genannten Zubereitungen fallen. Dies ergibt sich aus der rechtlichen Bedeutung einer Monographie des Pflanzenausschusses der Europäischen Arzneimittelagentur – HMPC. Diese hat eine positive Bedeutung für die von ihr erfassten Arzneimittel, indem sie den Antragsteller von einer Vorlage der sonst erforderlichen präparatespezifischen Unterlagen nach § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 AMG befreit, § 39 b Abs. 2 AMG. Sie hat aber keine Bedeutung für Zubereitungen, die von der Monographie nicht erfasst werden, insbesondere schließt sie die Registrierungsfähigkeit dieser Zubereitungen nicht aus. Andere Zubereitungen können die Erleichterungen der Monographie nicht in Anspruch nehmen, sind aber bei Vorlage der in § 39 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 AMG geforderten Unterlagen registrierungsfähig, wenn die aus § 39 c Abs. 2 AMG zu entnehmenden Voraussetzungen vorliegen, die dann präparatespezifisch geprüft werden müssen.
86Auch der Assessment Report des Berichterstatters des HMPC zu Johanniskraut vom 12.11.2009, a.a.O., sowie die hiermit übereinstimmende Publikation des Berichterstatters, Prof. Reinhard Länger: „Die HMPC-Monographie zu Hypericum“,
87vgl. WienMedWochenschr 2010, 557 ff., Anlage K 14, Beiakte 1,
88bietet keine Grundlage für eine Versagung der Registrierung der streitgegenständlichen Arzneimittel wegen der Wechselwirkungen. Dieser Bericht enthält eine Zusammenfassung aller seinerzeit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum well-established use und zur traditionellen Anwendung von Johanniskrautzubereitungen und eine Bewertung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit dieser Arzneimittel. Seine wissenschaftlichen Aussagen können daher grundsätzlich für die Einschätzung der Sicherheit im Rahmen des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG herangezogen werden.
89Jedoch kann auch dem Assessment-Report eine eindeutige Bewertung der Wechselwirkungsrisiken für die Registrierung von Arzneimitteln, die wegen eines höheren Hyperforingehaltes von der Monographie nicht erfasst werden, nicht entnommen werden. Der Bericht macht nur eine Aussage zur Registrierungsfähigkeit von Zubereitungen mit einer Hyperforinzufuhr von weniger als 1 mg pro Tag und stellt fest, dass unter dieser Voraussetzung und einer Limitierung der Anwendung auf 2 Wochen das Wechselwirkungsrisiko so gering ist, dass eine Anwendung als traditionell pflanzliches Arzneimittel vertretbar ist,
90vgl. Assessment-Report, a.a.O., S. 76 und Länger, a.a.O., S. 562.
91Daraus kann man – wie die Beklagte - schließen, dass im Fall höher dosierter Zubereitungen ein Wechselwirkungsrisiko besteht, das für eine Anwendung als traditionell pflanzliches Arzneimittel nicht akzeptabel ist. Man kann jedoch daraus auch ableiten, dass eine Registrierung von Zubereitungen mit einem höheren Hyperforingehalt nur möglich ist, wenn entsprechende Wechselwirkungshinweise aufgenommen werden. Für diese von der Klägerin vertretenen Auslegung sprechen die Formulierungen von Herrn Länger an einer anderen Stelle der Publikation (S. 557) sowie die von ihm verfasste e-mail vom 09.09.2014, in dem er diese Auffassung ausdrücklich bestätigt.
92Die Aussagen des Assessment-Reports sind daher nicht geeignet, die Auffassung des BfArM zu stützen, dass bereits das Vorhandensein zahlreicher Wechselwirkungshinweise einer Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel entgegensteht. Ungeachtet dessen kommt es jedoch auf die Auffassung des HMPC in dieser Frage auch nicht an. Denn die Frage, ob die unstreitig zu erwartenden Wechselwirkungen von höher dosierten Johanniskrautextrakten bei Aufnahme entsprechender Hinweise in der Gebrauchsinformation eine Registrierung ausschließen, ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine Rechtsfrage, die die Auslegung und Anwendung des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG betrifft.
93Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, ein zuverlässiger Ausschluss von Wechselwirkungen könne letztlich nur durch die Inanspruchnahme einer ärztlichen Beratung erfolgen und deshalb liege der Ausschlussgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG vor, kann ihr auch darin nicht gefolgt werden. Zum einen kann eine fachkundige Beratung über Wechselwirkungen auch durch das Fachpersonal der Apotheke erfolgen, da es sich um apothekenpflichtige Arzneimittel handelt. Ein entsprechender Hinweis kann in die Gebrauchsinformation aufgenommen werden. Dementsprechend sieht die HMPC-Monographie für den „well-established-use“ auch unter Ziff. 4.5 vor, dass Personen, die zusätzlich andere Arzneimittel einnehmen wollen, zuvor einen Arzt oder Apotheker um Rat fragen sollen. Demnach erfordert eine Vermeidung von schädlichen Wechselwirkungen nicht notwendigerweise die Hinzuziehung eines Arztes.
94Zum anderen bezieht sich der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 2 AMG auf unzulässige Anwendungsgebiete, also Erkrankungen, die einer ärztlichen Diagnose und Behandlung bedürfen. Der Versagungsgrund verfolgt damit den Zweck, eine nicht wirksame Selbstmedikation und Verschlimmerung der zu behandelnden Erkrankung zu vermeiden. Die von den streitgegenständlichen Arzneimitteln ausgehenden Wechselwirkungen gefährden jedoch nicht die wirksame Behandlung der im Anwendungsgebiet angegebenen Beschwerden (seelische Belastung, Schlafstörungen). Vielmehr können sie zu anderen Gesundheitsgefahren führen, wenn das Arzneimittel mit anderen Arzneimitteln kombiniert wird, wenn also bestimmte Anwendungsbedingungen hinzutreten. Somit ist allein der Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2 Nr. 3 AMG betroffen, der schädliche Wirkungen bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ausschließen soll. Insofern hat das BfArM aber bisher nicht hinreichend dargelegt, dass ein bestimmungsgemäßer Gebrauch unter Vermeidung von schädlichen Wechselwirkungen durch die Aufnahme entsprechender Gegenanzeigen, Warnhinweisen und Hinweisen zur Einholung medizinischen Rates in Zweifelsfällen nicht möglich ist.
95Soweit die Beklagte im Widerspruchsbescheid auch den Versagungsgrund des § 39 c Abs. 2, 1. HS AMG genannt hat, fehlt es bisher an einer entsprechenden Darlegung, welche der in § 39 b AMG vorgeschriebenen Angaben und Unterlagen nicht vorgelegt wurden. Das Fehlen einer Begründung geht zu Lasten der Beklagten, weil diese die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Versagungsgründen trägt,
96vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.2010 – 3 C 25/09 – juris, Rn. 19.
97Es lässt sich auch nicht feststellen, ob die vorgetragenen Mängel der genotoxischen Unterlagen, die die Beklagte im Bescheid und im Widerspruchsbescheid lediglich informativ mitgeteilt hat, möglicherweise die Voraussetzungen eines weiteren Versagungsgrundes erfüllen. Das Gericht kann mangels fachlicher Kompetenz in dem vorliegenden komplexen Genehmigungsverfahren nicht von Amts wegen prüfen und positiv feststellen, ob die vorgelegten Unterlagen für eine Registrierung ausreichend sind. Es kann umgekehrt nicht von Amts wegen aufklären, ob weitere, nicht von der Beklagten geltend gemachte Versagungsgründe erfüllt sind, es sei denn, dass diese offensichtlich vorliegen. Das Gericht prüft lediglich, ob die Begründung der Beklagten für die in Anspruch genommenen Versagungsgründe die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Es ist daher Sache der Beklagten, die Versagungsgründe zu benennen, auf die sie die Entscheidung stützen will, und deren Voraussetzungen darzulegen. Auf die Mängel der genotoxischen Unterlagen hat die Beklagte die Versagung aber nicht gestützt.
98Da die geltend gemachten Gründe für die Versagung der Registrierung nicht vorliegen, war der Ablehnungsbescheid rechtswidrig und damit aufzuheben.
99Die ausdrücklich ausgesprochene Teilversagung der beantragten Haltbarkeit ist aus formalen Gründen ebenfalls rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
100Es kann dahinstehen, ob die Rechtswidrigkeit bereits daraus folgt, dass die Beklagte gleichzeitig die Registrierung als solche versagt hat. Bei einer Vollversagung einer beantragten Genehmigung besteht bereits begrifflich kein Raum für eine zusätzliche Teilversagung. Denn diese setzt voraus, dass der beantragte Verwaltungsakt jedenfalls teilweise erteilt wird. Wenn eine vollständige Versagung erfolgt ist, geht eine teilweise Versagung ins Leere.
101Die Rechtswidrigkeit der Teilversagung folgt aber jedenfalls aus der Rechtswidrigkeit und Aufhebung der Versagungsentscheidung. Denn die Teilversagung hinsichtlich der beantragten Haltbarkeit der Arzneimittel hat keinen selbständigen Regelungsgehalt. Die Festlegung der Haltbarkeitsdauer in der Zulassung oder Registrierung eines Arzneimittels steht mit dieser in einem untrennbaren inneren Zusammenhang und kann daher isoliert keinen Bestand haben,
102vgl. zur teilweisen Aufhebung von Verwaltungsakten: Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 16 f.
103Eine Entscheidung über die Haltbarkeit eines Arzneimittels setzt eine positive Entscheidung über die Zulassung bzw. Registrierung voraus. Wenn keine positive Entscheidung vorliegt, gibt es kein verkehrsfähiges Produkt, über dessen Haltbarkeit eine Entscheidung getroffen werden kann. Da mit der Aufhebung der Versagungsentscheidung nunmehr eine Entscheidung über den Registrierungsantrag nicht mehr vorliegt, geht die Teilversagung ins Leere und unterliegt daher ebenfalls der Aufhebung.
104Das Gericht weist allerdings darauf hin, dass die Entscheidung der Beklagten zur Haltbarkeit inhaltlich nicht zu beanstanden ist, da die Klägerin eine ausreichende Begründung für die Ausnahme von den Anforderungen der einschlägigen Leitlinien der EMA zur Stabilitätsprüfung, die die zulässige Abweichung beim Gehalt einer Leitsubstanz (hier: Hypericin) auf +/- 10 % festlegt, nicht vorgelegt hat. Diese Begründung kann insbesondere nicht allein darin bestehen, dass die Substanz instabil ist.
105Da die Sache nicht spruchreif ist, war die Verpflichtung der Beklagten auszusprechen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Das Gericht kann nach ständiger Rechtsprechung in arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren nur in Ausnahmefällen die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung der begehrten Genehmigung, hier der Registrierung, aussprechen, da es das vollständige Vorliegen der umfangreichen, fachlich komplexen Genehmigungsvoraussetzungen nicht selbst prüfen kann. Im vorliegenden Verfahren könnten der Erteilung einer Registrierung weitere Versagungsgründe im Hinblick auf die toxikologischen Unterlagen entgegenstehen, die von der Beklagten erneut zu prüfen und zu beurteilen sind.
106Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
107Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
108Das Gericht hat die Berufung nicht zu gelassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht ersichtlich war. Insbesondere hat die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung für die Auslegung der Vorschriften des AMG über die Registrierung von traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln, da es hier maßgeblich auf die Besonderheiten des eingesetzten Johanniskrautextrakts ankam.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter können nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden.
(2) Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht.
(3) Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind.
(4) Sichere Übermittlungswege sind
- 1.
der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt, - 2.
der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern nach den §§ 31a und 31b der Bundesrechtsanwaltsordnung oder einem entsprechenden, auf gesetzlicher Grundlage errichteten elektronischen Postfach und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 3.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten Postfach einer Behörde oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 4.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens eingerichteten elektronischen Postfach einer natürlichen oder juristischen Person oder einer sonstigen Vereinigung und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 5.
der Übermittlungsweg zwischen einem nach Durchführung eines Identifizierungsverfahrens genutzten Postfach- und Versanddienst eines Nutzerkontos im Sinne des § 2 Absatz 5 des Onlinezugangsgesetzes und der elektronischen Poststelle des Gerichts, - 6.
sonstige bundeseinheitliche Übermittlungswege, die durch Rechtsverordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt werden, bei denen die Authentizität und Integrität der Daten sowie die Barrierefreiheit gewährleistet sind.
(5) Ein elektronisches Dokument ist eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Dem Absender ist eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten finden keine Anwendung.
(6) Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt.
(7) Soweit eine handschriftliche Unterzeichnung durch den Richter oder den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgeschrieben ist, genügt dieser Form die Aufzeichnung als elektronisches Dokument, wenn die verantwortenden Personen am Ende des Dokuments ihren Namen hinzufügen und das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen. Der in Satz 1 genannten Form genügt auch ein elektronisches Dokument, in welches das handschriftlich unterzeichnete Schriftstück gemäß § 55b Absatz 6 Satz 4 übertragen worden ist.