Verwaltungsgericht Köln Urteil, 10. Aug. 2016 - 23 K 1393/12
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2012 verpflichtet, den Ruhensbescheid vom 6. März 1997 aufzuheben und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Versorgungsbezüge des Klägers zu entscheiden.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Dezember 1994 – zuletzt im Dienstgrad eines Obersts – als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Seit dem 1. Januar 1995 bezieht der Kläger Versorgungsbezüge mit einem Ruhegehaltssatz von (zunächst) 75%. Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge führte die Beklagte nach § 94b Abs. 2 SVG eine Vergleichsberechnung durch, die nicht zu einem höheren Ruhegehaltssatz führte.
3Während seiner Dienstzeit war der Kläger vom 4. April 1972 bis zum 20. September 1973 sowie vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Mai 1994 unter Wegfall der Dienst- und Sachbezüge zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei einer zwischen- bzw. überstaatlichen Einrichtung der Nato (Nato HAWK Management) beurlaubt. Als Abgeltung der dortigen Versorgungsbezüge erhielt der Kläger für die Dienstzeit von 1989 bis 1994 eine so genannte „Allocation départ“ in Höhe von 414,735 FF (entspricht ca. 60.000,00 EUR). Diesen Betrag zahlte der Kläger an die Bundeskasse. Die „Leaving Allowance“ für die Zeit vom 4. April 1972 bis zum 20. September 1973 in Höhe von 19.856,86 FF (entspricht beim Wechselkurs vom August 1973 ca. 11.300,00 DM, entspricht ca. 5.777,00 EUR) zahlte der Kläger nicht an die Bundeskasse.
4Mit Bescheid vom 6. März 1997 führte die Beklagte für die Zeit von 1972 bis 1973 rückwirkend zum 1. Januar 1995 eine Ruhensregelung nach § 55b SVG durch. Nach § 94b Abs. 5 Satz 3 SVG wandte die Beklagte hierbei § 55b SVG in der ab dem 1. Januar 1992 und bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung an. Hieraus ergab sich ein Ruhensumfang von anfänglich 1,875% (für ein volles Jahr der Tätigkeit bei der überstaatlichen Einrichtung) der Versorgungsbezüge und 2,5% des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag. Der anfängliche Ruhensbetrag betrug 175,88 DM (98,93 EUR), im August 2011(dem spätesten Zeitpunkt, für den sich der Ruhensbetrag aus dem Verwaltungsvorgang der Beklagten ergibt) betrug er 111,41 EUR. Inzwischen sind Versorgungsbezüge in Höhe von etwa 27.000 EUR zum Ruhen gebracht worden.
5Am 7. Oktober 2011 beantragte der Kläger die Aufhebung des Ruhensbescheides vom 6. März 1997 und die rückwirkende Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge ab dem 1. Januar 1995 sowie die Nachzahlung der seither zu viel einbehaltenen Versorgungsbezüge. Zur Begründung bezog er sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Januar 2011 – 2 C 35.09 – und führte weiter aus, gerade in seinem Fall mit der geringen Kapitalabfindung werde deutlich, dass die dauerhafte Kürzung der Versorgungsbezüge weit über den ehemals erhaltenen Betrag hinaus unzulässig sei.
6Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 ab. Zur Begründung führte sie aus, da der Bescheid vom 6. März 1997 bestandskräftig sei, sei der Antrag als Wiederaufnahmeantrag zu werten. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG lägen allerdings nicht vor. Insbesondere stelle das zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts keine Änderung der Rechtslage dar.
7Hiergegen legte der Kläger am 7. November 2011 mit der Begründung Widerspruch ein, der Bescheid vom 6. März 1997 sei rechtswidrig und müsse nach §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 VwVfG zurückgenommen werden. Da es sich um einen Dauerverwaltungsakt handele, durch den er jeden Monat schlechter gestellt werde, müsse die Ruhensregelung der geltenden Gesetzeslage angepasst werden. Schließlich sei die Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG gehalten, rechtmäßige Zustände herzustellen. Zudem sei die gesetzliche Wertung des § 1a Abs. 3 SVG zu berücksichtigen, wonach auf Versorgungsbezüge auch nicht teilweise verzichtet werden dürfe.
8Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte im Kern aus, die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Ruhensbescheides lägen nicht vor. Vielmehr überwiege der Grundsatz der Rechtssicherheit gegenüber der Einzelfallgerechtigkeit. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte dafür, dass das Berufen auf die Bestandskraft als Verstoß gegen Treu und Glauben oder gegen die guten Sitten anzusehen sei, nicht bestünden. Dies gelte auch mit Blick darauf, dass ansonsten erhebliche Kosten für den Bundeshaushalt entstünden. Im Übrigen sei er im Jahr 1997 nicht gehindert gewesen, Widerspruch und gegebenenfalls Klage gegen den Ruhensbescheid einzulegen/zu erheben. Die Wertung des § 1a Abs. 3 SVG müsse hier außen vor bleiben. So entspreche es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass bestandskräftige Versorgungsbescheide von einer später festgestellt Verfassungswidrigkeit einer versorgungsrechtlichen Norm unberührt blieben.
9Am 16. Februar 2012 hat der Kläger Klage erhoben. Er nimmt auf seinen Widerspruch Bezug und trägt weiter vor, der streitige Ruhensbescheid sei schon deshalb rechtswidrig und als „schlechthin unerträglich“ aufzuheben, weil die Beklagte es versäumt habe, die nach § 96 Abs. 5 SVG gebotene Vergleichsberechnung – die für ihn günstiger gewesen wäre – durchzuführen. Da dies ein Versäumnis der Beklagten sei, seien auch nicht ihm alleine die Folgen der Bestandskraft anzulasten. Zudem sei die dem Bescheid vom 6. März 1997 zugrundeliegende Fassung des § 55b SVG verfassungswidrig.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 6. März 1997 mit Wirkung zum 1. Januar 1995 aufzuheben und die sich nach Neuberechnung ergebenden Bezüge nachzuzahlen,
12hilfsweise
13die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2011 und des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2012 zu verpflichten, den Bescheid vom 6. März 1997 aufzuheben und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Versorgungsbezüge zu entscheiden und die sich aus der Neuberechnung ergebenden Bezüge nachzuzahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15Die Klage abzuweisen.
16Sie verweist auf die angefochtenen Bescheide und trägt weiter vor, soweit im Widerspruchsbescheid § 96 Abs. 5 SVG erwähnt werde, halte sie hieran nicht fest. Die Ruhensregelung richte sich vorliegend alleine nach § 55b SVG in der bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung. Hiernach sei die Ruhensregelung nicht zu beanstanden und es bestehe kein Anspruch auf Rücknahme.
17Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
18E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
19Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2011, mit dem sie das Wiederaufgreifen der Regelung der Versorgungsbezüge des Klägers abgelehnt hat, und der hierauf bezogene Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; der Kläger hat einen Anspruch auf Rücknahme des Ruhensbescheides vom 6. März 1997 und auf Neufestsetzung der Versorgungsbezüge (§ 113 Abs. 5 VwGO).
20Grundlage des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme des bestandskräftigen Ruhensbescheides vom 6. März 1997 ist §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 VwVfG. Nach diesen Bestimmungen kann die Behörde einen Verwaltungsakt, der im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war, aufheben; ein Anspruch auf Aufhebung besteht dann, wenn das der Behörde bei der Entscheidung nach § 48 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich gesetzlich eröffnete Ermessen dergestalt reduziert ist, dass alleine die Aufhebung des Verwaltungsakts ermessensgerecht ist.
21Diese Voraussetzungen sind gegeben. Der Ruhensbescheid vom 6. März 1997 ist ein den Kläger belastender Verwaltungsakt, der bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Die Rechtswidrigkeit des Ruhensbescheides ergibt sich bereits bei Anwendung des einfachen Rechts, so dass es auf die von den Beteiligten erörterte Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55 SVG in den verschiedenen in Betracht kommenden Fassungen nicht ankommt.
22Der streitige Ruhensbescheid ist bereits deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte zu Unrecht § 55b SVG in der bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung angewandt hat; maßgeblich wäre vielmehr die ab dem 1. Oktober 1994 geltende Fassung gewesen. Die Beklagte ist über § 94b SVG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Ruhensbescheides geltenden Fassung zur Anwendung des § 55b SVG in der bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung gelangt. Dies ist schon deshalb fehlerhaft, weil nach § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG bei Zeiten, die ein Soldat bis zum 31. Dezember 1991 bei einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation zurückgelegt hat, die Vorschrift des § 55b in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden ist. Bei Anwendung dieser Übergangsregelung wäre daher für den Kläger, der vom 4. April 1972 bis zum 20. September 1973 bei der NHMO tätig war, § 55b SVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden gewesen; weshalb die Beklagte die ab dem 1. Januar 1992 geltende „Nachfolgefassung“ angewandt hat, erschließt sich bei Anwendung des § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG nicht.
23Allerdings findet § 94b SVG zur Überzeugung der Kammer vorliegend insgesamt keine Anwendung; vielmehr ist das zum Zeitpunkt des Eintritts des Klägers in den Ruhestand geltende Recht maßgeblich. Dass § 94b SVG keine Anwendung findet, folgt aus § 94b Abs. 3 SVG. § 94b SVG 1994 bestimmt in seinen Absätzen 1 und 2 Übergangsregelungen für die Berechnung des Ruhegehaltssatzes. § 94b Abs. 3 SVG 1994 enthält eine darauf bezogene Günstigkeitsregelung: Der nach Absatz 1 oder 2 errechnete Ruhegehaltssatz (gemeint ist der bis 1991 anwendbare, degressiv verlaufende Ruhegehaltssatz) wird der Berechnung des Ruhegehaltes nur dann zugrundegelegt, wenn er zu einem günstigeren Ergebnis führt als der Ruhegehaltssatz, der seit 1992 (linear) berechnet wird. Die nachstehenden Absätze 4 und 5 bauen systematisch auf Absatz 3 auf. Dort finden sich ausdrückliche Bezugnahmen auf die Errechnung des Ruhegehaltssatzes nach den Absätzen 1 und 2. Alles spricht für eine gewollte Parallelität der Berechnung von Ruhegehaltssatz und der Bestimmung der Ruhensregelung nach § 55b SVG. Nur dann, wenn über § 94b Abs. 3 SVG der Ruhegehaltssatz nach den Absätzen 1 und 2 berechnet wird, kommen auch die Übergangsregelungen der Absätze 4 und 5 zur Anwendung. Gelangt man über § 94b Abs. 3 SVG nicht in die Absätze 1 und 2, greifen auch die Absätze 4 und 5 nicht. Hätte der Gesetzgeber eine eigenständige Übergangsregelung für § 55b SVG schaffen wollen, die losgelöst von der Berechnung des Ruhegehaltssatzes anzuwenden gewesen wäre, hätte eine Regelung in § 55b SVG selbst oder zumindest in einem eigenständigen Absatz in § 94b SVG 1994 nahegelegen.
24Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –, juris, Rz. 30, mit Hinweis auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Oktober 1996 – 10 A 10751/96 –, juris, Rz. 25; Urteil der Kammer vom 22. Juni 2016 – 23 K 3098/14 –.
25Vorliegend hat die Beklagte den Ruhegehaltssatz nach ausdrücklicher Anwendung des § 94b Abs. 3 SVG gerade nicht nach § 94b Abs. 1 oder Abs. 2 SVG berechnet. Denn ausweislich der dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 14. Oktober 1994 beigefügten Berechnung des Ruhegehaltssatzes erreichte der Kläger schon bei linearer Berechnung nach dem seit 1. Januar 1992 geltenden (aktuellen) Recht den maximalen Ruhehaltssatz von 75 %.
26Nach dem von der Beklagten demnach anzuwendenden § 55b SVG 1994 war sie nach Abs. 1 Satz 3 dieser Norm verpflichtet, bereits im Ruhensbescheid das vollständige Aufzehren des Kapitalbetrages als Grenze der Ruhensregelung zu bestimmen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – ausgeführt:
27„Das vollständige Aufzehren der verrenteten Kapitalabfindung muss – auch in zeitlicher Hinsicht – die prinzipiell maßgebliche Grenze für die Gesamtheit der in dem betreffenden Versorgungsfall anfallenden Ruhensbeträge nach § 55b SVG bilden. Das folgt bei Soldaten, für die – und sei es auch nur im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach dem Günstigkeitsprinzip – das Soldatenversorgungsgesetz in den ab 1. Oktober 1994 geltenden Fassungen Anwendung findet, unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG mit der dortigen Verweisung (u.a.) auf den Absatz 1 der Norm. Im Satz 3 des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Ruhensbetrag die von der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf.
28Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss in den Fällen der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt der Ruhensbescheid den Zeitpunkt festlegen (und somit auch angeben), zu dem die Laufzeit des Ruhens eines Teils der Versorgungsbezüge eines Beamten oder Soldaten endet (Endzeitpunkt). Diese Festlegung hat regelmäßig auf den Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Beamte oder Soldat die sich aus der Sterbetafel ergebende statistische Lebenserwartung erreicht. Ein anderer Zeitpunkt kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn etwa infolge eines gesetzlich vorgegebenen Mindestruhebetrags der in Rede stehende Kapitalbetrag schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt vollständig abgegolten sein wird.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18 und 22.
30Die zeitliche Begrenzung von Ruhensregelungen entspricht deren Zweck, in Gestalt eines Auszahlungshindernisses (allein) zu verhindern, dass im Ruhestand befindliche Soldaten oder Beamte aus öffentlichen Kassen insgesamt mehr erhalten als die Versorgung, die sie erdient haben. Ruhensregelungen dürfen deswegen nicht dazu führen, dass ein Teilbetrag der festgesetzten Versorgung einbehalten wird, obwohl die so herbeigeführte Versorgungslücke nicht durch eine anderweitige Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse ausgeglichen wird. Ein Ruhen ohne eine vollständige Kompensation stellt sich nämlich als eine Kürzung der festgesetzten Versorgung dar, die nicht vom Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation gedeckt wird bzw. bei Soldaten – unter Anwendung entsprechender Maßstäbe – ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreift.
31Demgegenüber enthielt das Soldatenversorgungsgesetz in der Fassung 1992 (und davor) an der betreffenden Stelle eine Verweisung lediglich auf den § 55b Abs. 1 Satz 1. Wesentlich diesem Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht entnommen, dass eine Auslegung des damaligen einfachen Gesetzesrechts – auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung – nicht auf die Geltung der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Kappungsgrenze auch in der Fallgruppe der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt führen könne, vielmehr das damalige Gesetz in diesem Punkt verfassungswidrig sei.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 –, Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 = juris, Rn. 10 ff.
33Daraus ergibt sich, dass – Fragen der Verfassungskonformität des einfachen Gesetzesrechts angesichts der noch fehlenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeklammert – Betroffene erst ab der Fassung 1994 des § 55b SVG davon "profitieren" können, dass schon im Rahmen der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts die (Summe aller) Ruhensbeträge die anderweitig gewährte Versorgung insgesamt nicht übersteigen darf. Soweit darauf aufbauend in dem Ruhensbescheid ein begrenzender Endzeitpunkt festzulegen ist, wirkt sich das bei wertender Betrachtung für den Betroffenen positiv, nämlich im Sinne einer Absicherung seiner Rechtsstellung, aus.“
34Diesen Ausführungen, die die Auffassung der Kammer aus ihren Urteilen vom 28. Januar 2015,
35VG Köln, Urteile vom 28. Januar 2015, – 23 K 4957/12 – (bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 10. August 2016 – 1 A 688/15 –) und – 23 K 5399/12 – (bestätigt durch OVG NRW, Beschluss vom 10. August 2016 – 1 A 768/15 –),
36bestätigen, folgt die Kammer uneingeschränkt.
37Vgl. auch Urteile der Kammer vom 22. Juni 2016 – 23 K 5169/16 – und 23 K 3098/14 –.
38Ausgehend hiervon hätte die Beklagte die Laufzeit der Ruhensregelung von vornherein im Wege der Bestimmung eines Endzeitpunktes begrenzen müssen. Abweichend hiervon ist die Beklagte offenbar – fehlerhaft – davon ausgegangen, dass die Ruhensregelung lebenslang bestehen bleibt. Durch die Festsetzung eines Endzeitpunkts hätte sich zwar kein abgesenkter Monatsbetrag des Ruhens ergeben, jedoch wäre die Ruhensregelung inzwischen ausgelaufen, da der ehemals dem Kläger gezahlte Kapitalbetrag längst vollständig aufgezehrt ist.
39Die Beklagte hat das ihr durch § 48 VwVfG NRW eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt. Im Ablehnungsbescheid vom 17. Oktober 2011 hat die Beklagte ausschließlich auf die behauptete Rechtmäßigkeit der Ruhensregelung, das Fehlen einer Änderung der Sach- und Rechtslage und auf das Fehlen neuer Beweismittel abgestellt. Im Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2012 hat die Beklagte sich zwar mit den widerstreitenden Belangen der aus der Bestandskraft folgenden Rechtssicherheit einerseits und der materiellen Gerechtigkeit andererseits hat auseinandergesetzt. Hierbei hat sie allerdings im Sinne einer Disproportionalität die für eine Rücknahme sprechenden Gesichtspunkte nicht hinreichend gewürdigt.
40Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger sogar einen Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Ruhensbescheide, weil das Rücknahmeermessen „auf Null“ reduziert ist, also nur in der Art ausgeübt werden kann, dass der Ruhensbescheid aufgehoben wird.
41Grundsätzlich hat der Gesetzgeber dem Prinzip der Rechtssicherheit einen hohen Stellenwert eingeräumt, indem er auch im Fall der Rechtswidrigkeit die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes in das Ermessen der Behörde gestellt hat. Dementsprechend gibt es keine allgemeine Verpflichtung der Verwaltung, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte regelmäßig von Amts wegen oder auf Antrag des Betroffenen aufzuheben.
42Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/04 –, BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 – und Beschluss vom 08. Mai 2013 – 2 B 5.13 – sowie OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –.
43Allerdings besteht mit Blick auf die materielle Gerechtigkeit – insbesondere bei Dauerverwaltungsakten – ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhalten „schlechthin unerträglich“ ist.
44So BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48, Rn 85ff.
45Ob dies angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der konkreten widerstreitenden Belange ab. In der verwaltungsgerichtlichen Praxis haben sich bestimmte Fallgruppen herausgebildet. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Aufrechterhalten eines bestandskräftigen belastenden Verwaltungsaktes etwa dann nicht hinnehmbar ist, wenn die Aufrechterhaltung als Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben erscheint, wenn der Verwaltungsakt von Anfang an offensichtlich rechtswidrig war, wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen den Verwaltungsakt zurückgenommen hat oder wenn das einschlägige Fachrecht dem Rücknahmeermessen eine bestimmte Richtung vorgibt.
46Vgl. hierzu OVG Hamburg, Urteil vom 28. Februar 2013 – 1 Bf 10/12 – und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 – 4 S 1790/10 –.
47Gemessen hieran ergibt sich eine Reduzierung des Rücknahmeermessens nicht unter den Gesichtspunkten von Treu und Glauben, Art. 3 GG oder der offensichtlichen anfänglichen Rechtswidrigkeit.
48Allerdings ergibt sich aus dem einschlägigen Fachrecht (§ 55b SVG), dass dann, wenn der erhaltene Kapitalbetrag durch die Ruhensregelung aufgezehrt ist, der Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit wesentlich höher zu gewichten ist als die Bestandskraft des Ruhensbescheides.
49Der Ruhensregelung nach § 55b SVG liegt der Grundgedanke zugrunde, dass auch die ehemaligen Soldaten/Beamten, die neben der Versorgung durch den Dienstherrn weitere Versorgungsleistungen aus anderen öffentlichen Kassen erhalten, in der Summe nur die ihnen von Gesetzes wegen zustehenden und erdienten Versorgungsbezüge zuteilwerden sollen. Gleichzeitig soll die Versorgung jedoch auch nicht hinter der erdienten Versorgung zurückbleiben. Denn die Ruhensregelung dient alleine der Gleichstellung mit den Versorgungsempfängern, die „nur“ vom Dienstherrn oder auch aus anderen öffentlichen Kassen Versorgungsleistungen erhalten. Die Ruhensregelung ist kein Mittel zur dauerhaften Kürzung der Versorgungsbezüge. Dies wäre auch schon deshalb unzulässig, weil die erworbenen Versorgungsansprüche dem Schutz von Art. 14 GG unterliegen.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 2 C 47.11 – und OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2921/13 –.
51Dies führt dazu, dass die Aufrechterhaltung des Ruhensbescheides dann als dem Grundgedanken des Gesetzes zuwiderlaufend und damit als „schlechthin unerträglich“ anzusehen ist, wenn das Ruhen der Bezüge über einen längeren Zeitraum zu einer faktischen Kürzung der Versorgungsbezüge führt. Ist der für die Ruhensregelung tragende Grund (Vermeidung eines doppelten Versorgungsbezuges) durch das Aufzehren des Kapitalbetrages erreicht, gibt es nach dem klaren Gesetzeszweck keine Veranlassung mehr für ein Aufrechterhalten der Ruhensregelung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dienstherr nicht bereits bei Erlass der Ruhensregelung den notwendigen Endzeitpunkt bestimmt hat. In dieser Konstellation ist der Dienstherr sogar gehalten, den betroffenen Soldaten rechtzeitig über den Zeitpunkt des vollständigen Abschmelzens des Kapitalbetrages zu informieren.
52Vgl. hierzu insgesamt OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2921/13 – und Urteile der Kammer vom 28. Januar 2015 – 23 K 7126/11 –, – 23 K 4957/12 – und – 23 K 5399/12 –.
53Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG. Zum einen greift diese Bestimmung schon im Ansatz nicht, weil sich die Rechtswidrigkeit der Ruhensregelung vorliegend schon aus dem einfachen Recht ergibt. Zum andern ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass auch bei der Anwendung von § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG Raum für eine Abweichung hinsichtlich des die Zäsur bildenden (Regel-)Zeitpunktes bestehen kann. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn ein gewichtiger Grund die Vornahme der Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Nichtigerklärung der Norm durch das Bundesverfassungsgericht als unabweisbar erscheinen lässt, weil ein Aufrechterhalten der bisherigen Regelung „schlechthin unerträglich“ wäre.
54Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. Februar 2013 – 1 B 1316/12 – und Urteil vom 20. Januar 2016 – 2021/13 –.
55Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Beklagte zur Rücknahme des Ruhensbescheides vom 6. März 1997 verpflichtet. Nach überschlägiger Berechnung sind inzwischen Versorgungsbezüge des Klägers in Höhe von rund 27.000,00 EUR zum Ruhen gebracht worden. Der erhaltene Kapitalbetrag betrug – umgerechnet – demgegenüber nur 5.700,00 EUR. Damit sind Versorgungsbezüge des Klägers in etwa 5-facher Höhe des erhaltenen Kapitalbetrages zum Ruhen gebracht worden und ist der erhaltene Betrag schon seit Jahren aufgezehrt. Damit ist der Grund für die Ruhensregelung entfallen.
56Im Rahmen der nunmehr von der Beklagten zu treffenden Rücknahmeentscheidung hat die Beklagte zu erwägen, ab welchem Zeitpunkt sie den Ruhensbescheid vom 6. März 1997 zurück nimmt. Grundsätzlich kommen insoweit der Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf Aufhebung oder der Zeitpunkt des Aufzehrens des erhaltenen Kapitalbetrages in Betracht. Mit Blick darauf, dass die Beklagte – wie oben bereits dargelegt – aus der Fürsorgepflicht gehalten ist, den Soldaten rechtzeitig auf den Zeitpunkt des Aufzehrens des Kapitalbetrages hinzuweisen, spricht Vieles dafür, bei der Rücknahme auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Insoweit ist das Ermessen der Beklagten jedoch nicht reduziert.
57Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 10. Aug. 2016 - 23 K 1393/12
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Urteil, 10. Aug. 2016 - 23 K 1393/12
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 10. Aug. 2016 - 23 K 1393/12 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Die Versorgung der Soldaten und ihrer Hinterbliebenen wird auf Grund eines Gesetzes gewährt.
(2) Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Soldaten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, sind unwirksam. Das Gleiche gilt für Versicherungsverträge, die zu diesem Zweck abgeschlossen werden.
(3) Auf die gesetzlich zustehende Versorgung kann weder ganz noch teilweise verzichtet werden, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Für Versorgungsfälle, die vor dem 1. Januar 1999 eingetreten sind, finden die §§ 18, 21, 26 Absatz 9 und die §§ 63, 63a in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung. Satz 1 gilt entsprechend für künftige Hinterbliebene eines vor dem 1. Januar 1999 vorhandenen Versorgungsempfängers.
(2) Für Soldaten, die vor dem 1. Januar 2001 befördert oder in eine höhere Besoldungsgruppe eingewiesen werden, findet § 18 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung.
(3) Für Berufssoldaten im Sinne des § 50 des Soldatengesetzes, die erstmals vor dem 1. Januar 1999 zu einem Dienstgrad im Sinne dieser Vorschrift ernannt wurden, finden die §§ 21 und 26 Absatz 9 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung.
(4) Die §§ 53, 54 und 94b Absatz 4 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung finden, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger ist, längstens für weitere sieben Jahre ab dem 1. Januar 1999, Anwendung, solange eine am 31. Dezember 1998 über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers andauert. Satz 1 gilt entsprechend für die Anwendung des § 6 Absatz 6 des Personalstärkegesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2376) in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung.
(5) (weggefallen)
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Für Versorgungsfälle, die vor dem 1. Januar 1999 eingetreten sind, finden die §§ 18, 21, 26 Absatz 9 und die §§ 63, 63a in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung. Satz 1 gilt entsprechend für künftige Hinterbliebene eines vor dem 1. Januar 1999 vorhandenen Versorgungsempfängers.
(2) Für Soldaten, die vor dem 1. Januar 2001 befördert oder in eine höhere Besoldungsgruppe eingewiesen werden, findet § 18 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung.
(3) Für Berufssoldaten im Sinne des § 50 des Soldatengesetzes, die erstmals vor dem 1. Januar 1999 zu einem Dienstgrad im Sinne dieser Vorschrift ernannt wurden, finden die §§ 21 und 26 Absatz 9 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung Anwendung.
(4) Die §§ 53, 54 und 94b Absatz 4 in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung finden, wenn dies für den Versorgungsempfänger günstiger ist, längstens für weitere sieben Jahre ab dem 1. Januar 1999, Anwendung, solange eine am 31. Dezember 1998 über diesen Zeitpunkt hinaus ausgeübte Beschäftigung oder Tätigkeit des Versorgungsempfängers andauert. Satz 1 gilt entsprechend für die Anwendung des § 6 Absatz 6 des Personalstärkegesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2376) in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung.
(5) (weggefallen)
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Erhalten aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (§ 53 Absatz 6) an neuen Versorgungsbezügen
- 1.
ein Soldat im Ruhestand Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung, - 2.
eine Witwe oder Waise aus der Verwendung des verstorbenen Soldaten oder Soldaten im Ruhestand Witwengeld, Waisengeld oder eine ähnliche Versorgung, - 3.
eine Witwe Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung,
(2) Als Höchstgrenze gelten
- 1.
für Soldaten im Ruhestand (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) das Ruhegehalt, das sich unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit und der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das frühere Ruhegehalt berechnet, ergibt, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1, - 2.
für Witwen und Waisen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) das Witwen- oder Waisengeld, das sich aus dem Ruhegehalt nach Nummer 1 ergibt, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1, - 3.
für Witwen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) 71,75 Prozent, in den Fällen des § 27 Absatz 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 36 des Beamtenversorgungsgesetzes 75 Prozent und in den Fällen des § 27 Absatz 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 37 des Beamtenversorgungsgesetzes oder den Fällen des § 42a dieses Gesetzes 80 Prozent, der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das dem Witwengeld zugrunde liegende Ruhegehalt bemisst, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1.
(3) Im Falle des Absatzes 1 Nummer 3 ist neben dem neuen Versorgungsbezug mindestens ein Betrag in Höhe von 20 Prozent des früheren Versorgungsbezuges zu belassen.
(4) Erwirbt ein Soldat im Ruhestand einen Anspruch auf Witwergeld, Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung, so erhält er daneben sein Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1 nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 und 5 bezeichneten Höchstgrenze. Beruht das Witwergeld, das Witwengeld oder die ähnliche Versorgung auf dem Recht eines anderen Dienstherrn und gewährt dieser eine einmalige Sonderzahlung, so ist die monatliche Höchstgrenze um ein Zwölftel der tatsächlich an die Witwe oder den Witwer gewährten Sonderzahlung zu erhöhen. Die Gesamtbezüge dürfen nicht hinter seinem Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1 sowie eines Betrages in Höhe von 20 Prozent des neuen Versorgungsbezuges zurückbleiben.
(4a) Ist ein an der Ruhensregelung beteiligter Versorgungsbezug auf Grund eines Versorgungsausgleichs zu kürzen, bleibt die Kürzung bei der Anwendung der Absätze 1 bis 4 unberücksichtigt. § 55c ist auf den nach Anwendung der Absätze 1 bis 4 verbleibenden Versorgungsbezug anzuwenden.
(5) Auf Empfänger von Übergangsgebührnissen und ihre Hinterbliebenen sind die Absätze 1 bis 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Höchstgrenzen des Absatzes 2 die Dienstbezüge treten, aus denen die Übergangsgebührnisse berechnet sind, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 1. Juli 2011 und deren Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 verpflichtet, bezogen auf die Zeit ab dem 28. März 2008 über den Antrag des Klägers vom 28. April 2011 auf Rücknahme bzw. Abänderung des Ruhensbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 29. Juni 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen – unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts – der Kläger zu drei Vierteln und die Beklagte zu einem Viertel. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 18. Juni 1949 geborene Kläger stand in der Zeit vom 1. November 1974 bis zu seiner Zurruhesetzung mit Ablauf des 30. Juni 2007 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten.
3In der Zeit vom 17. April 1990 bis zum 31. Dezember 1995 war der Kläger gemäß § 9 Soldatenurlaubsverordnung ohne Dienstbezüge zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei der NATO MAINTAINACE AND SUPPLY AGENCY (NAMSA), einer zwischen- bzw. überstaatlichen Einrichtung, beurlaubt. Diese zahlte ihm anlässlich seines Ausscheidens einen Betrag von insgesamt 159.441,82 DM – das entspricht ca. 81.500 Euro – aus. Dieser setzte sich zusammen aus den vom Kläger während seiner Tätigkeit bei der NAMSA einbehaltenen Beiträgen zur Altersversorgung und einer „Leaving Allowance“. Der Kläger führte diese Beträge in der Folgezeit nicht an die Beklagte ab.
4Mit Bescheid der Wehrbereichsverwaltung (WBV) Süd vom 27. Juni 2007 setzte die Beklagte ausgehend von einem Ruhegehaltssatz von 75 % die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Mit weiterem Bescheid der WBV Süd vom 29. Juni 2007 ordnete sie ferner an, dass die Versorgungsbezüge des Klägers mit Blick auf den aus der Verwendung bei der NAMSA erhaltenen Kapitalbetrag gemäß § 55b SVG in Höhe von (seinerzeit) monatlich 492,69 Euro ruhen. Dieser Betrag ergab sich aus dem gemäß § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG anwendbaren § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung vom 18. Dezember 1989 (im Folgenden: SVG 1992). Er wurde auf der Grundlage der vorgenannten Bestimmungen festgesetzt, weil die nach § 96 Abs. 5 SVG durchzuführende Vergleichsberechnung auf der Grundlage des § 55b SVG in der vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vom 19. Januar 1995 (im Folgenden: SVG 1994) zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis geführt habe. Die Einzelheiten der Ermittlung des Ruhensbetrages ergeben sich aus den Anlagen des Ruhensbescheids. Der Ruhensbetrag erhöhte sich in der Folgezeit aufgrund von Versorgungsanpassungen.
5Mit Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 – beanstandete das Bundesverwaltungsgericht eine aufgrund der dem § 55b SVG gleichlautenden Bestimmung des § 56 BeamtVG durchgeführte Ermittlung der fiktiven Rente, weil das Gesetz die maßgeblichen Rechengrößen nicht selbst bestimmt habe. Zugleich ordnete es an, dass die Vorschrift bis zu einer gesetzlichen Regelung in der Weise anzuwenden sei, dass das Kapital unverzinst bleibe und die Laufzeit anhand des für Frauen und Männer vom Statistischen Bundesamt festgestellten Mittelwertes der Lebenserwartung für Männer und Frauen festzulegen sei. Der Gesetzgeber ergänzte daraufhin § 55b Abs. 4 SVG mit Gesetz vom 5. Februar 2009 um einen Verweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG und setzte diesen rückwirkend zum 28. März 2008 in Kraft. Mit Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, dass die in diesen Bestimmungen festgelegte Berechnungsmethode, die auf für Männer und Frauen unterschiedliche allgemeine Sterbetafeln Bezug nehme, gegen das europarechtlich geregelte Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts verstoße. Das habe zur Folge, dass der Ruhensbetrag weiterhin nach den vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 27. März 2008 aufgestellten Grundsätzen zu ermitteln sei.
6Anknüpfend an diese gerichtlichen Entscheidungen beantragte der Kläger unter dem 28. April 2011 gestützt auf § 48 Abs. 1 VwVfG die Neuberechnung des monatlichen Ruhensbetrages nach § 55b SVG rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 sowie die Nachzahlung der auf der Basis der bisherigen Ruhensberechnung zuviel gekürzten Versorgungsbezüge.
7Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid der WBV Süd vom 1. Juli 2011 ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. Juli 2011 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid der WBV Süd vom 29. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Zwar sei der Ruhensbescheid „infolge“ der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVG für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 rechtswidrig, weil er ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses einer mit der Rechtsordnung in Einklang stehenden Rechtsgrundlage entbehrt habe. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides, weil keine Umstände vorlägen, die ausnahmsweise zu einer Reduzierung des Ermessens „auf Null“ führten. Denn die Aufrechterhaltung der Ruhensregelung für den streitbefangenen Zeitraum sei nicht schlechthin unerträglich. Die negativen Folgen des Bescheides seien im Wesentlichen dem Kläger selbst zuzurechnen, weil er es in der Hand gehabt habe, den Bescheid anzufechten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei ein Festhalten an dem Bescheid für den Kläger nicht unzumutbar, denn das Bundesministerium der Verteidigung habe auch in vergleichbaren Fällen eine Rücknahme der Ruhensregelung stets abgelehnt.
8Der Kläger hat am 20. September 2011 Klage erhoben und beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 zu verpflichten, seinen Antrag auf Neuberechnung des Ruhensbetrags vom 28. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt: Nach den Erlassen des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. August 2011 und vom 12. August 2008 würden bei bestandskräftiger Ruhensregelung Anträge auf Neuberechnung des Ruhensbetrages sowohl für die Zeit bis zum 27. März 2008 als auch für die Zeit danach abgelehnt.
13Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der WBV Süd vom 1. Juli 2011 und des Beschwerdebescheides (richtig: Widerspruchsbescheides) der WBV Süd vom 29. August 2011 verpflichtet, den Bescheid vom 29. Juni 2007 teilweise, nämlich für die Zeit ab dem 28. März 2008 aufzuheben und den Ruhensbetrag von diesem Zeitpunkt an neu zu berechnen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
14Gegen das Urteil hat (allein) die Beklagte am 20. August 2013 die Zulassung der Berufung beantragt. Nach Zulassung der Berufung durch den Senat mit Beschluss vom 13. Juli 2015 führt sie zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen aus: Eine Verpflichtung zur Anpassung der Ruhensregelung habe hier nicht bestanden; das Verwaltungsgericht sei somit zu Unrecht von einer Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ ausgegangen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b SVG, auf dessen Grundlage die hier interessierende Ruhensberechnung vorgenommen worden sei, sei durch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geklärt; in den betreffenden Normenkontrollverfahren sei noch nicht entschieden worden. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe die Verwaltung die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, der auf einer für nichtig erklärten Norm beruhe, für die Zeit bis zu der Nichtigerklärung nach der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ermessensfehlerfrei ablehnen. Bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung habe insofern der Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit. Für eine Abweichung hiervon sei allerhöchstens dann Raum, wenn ein gewichtiger Grund die Vornahme der Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als unabweisbar erscheinen lasse. Das könne in Betracht kommen, wenn bei einem schon vollständigen Aufzehren des Kapitalbetrages der Anspruch auf amtsgemäße Versorgung als Folge des Fortbestandes der Ruhensregelung über viele Jahre und in insgesamt beträchtlichem Umfang unerfüllt geblieben sei. Dafür gebe es hier aber keinen Anhalt, auch nicht für eine den Kläger vor diesem Hintergrund treffende existenzielle, zumindest schwerwiegende finanzielle Notlage. Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Zweifel an der Europarechtskonformität der Gesetzeslage führten in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht auf ein anderes Ergebnis, zumal noch keine einschlägige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliege. Schließlich unterscheide sich der vorliegende Fall von demjenigen, welcher Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2013– 2 C 47.11 – gewesen sei. Denn hier gehe es anders als dort um einen bestandskräftigen Ruhensbescheid.
15Die Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er vertieft und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt dazu vor: Der zugrunde liegende Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich aus entsprechenden Gründen als rechtswidrig, wie sie das Bundesverwaltungsgericht für den dortigen Fall mit Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 – aufgezeigt habe. Weder habe die Beklagte einen Endzeitpunkt für das Ruhen nach Maßgabe der statistischen Lebenserwartung festgelegt noch habe die Kapitalabfindung für die Zeit der Auszahlung bis zum Eintritt in den Ruhestand dynamisiert werden dürfen. Durch diesen rechtswidrigen Bescheid werde er sein Leben lang finanziell belastet. Dies führe auf einen unerträglichen Zustand, auch wenn der ihm ausbezahlte Kapitalbetrag derzeit noch nicht in vollem Umfang aufgezehrt sei. Letzteres werde aber in wenigen Jahren der Fall sein mit der Folge, dass jedenfalls dann rechtswidrig in seinen erdienten und verfassungsrechtlich geschützten Versorgungsanspruch eingegriffen werde. Nach einer der Berufungserwiderung beigefügten Aufstellung habe er bis einschließlich September 2015 bereits eine Gesamtsumme von 51.984,25 Euro – das entspreche 101.6772,36 DM – von seiner Kapitalabfindung in der Gesamthöhe von 159.441,82 DM „zurückgezahlt“. Aber auch schon jetzt sei der inzwischen bei über 600 Euro liegende monatliche Ruhensbetrag für ihn insofern von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung, als er 15% seines Ruhegehaltes ausmache. Auf die Argumentation der Beklagten zur Steuerung des Rücknahmeermessens in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Nichtigkeitsfeststellung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht komme es davon ausgehend nicht mehr an. Im Übrigen sei hier der Gesetzgeber einer solchen Nichtigkeitserklärung lediglich zuvorgekommen, indem er rückwirkend zum 28. März 2013 eine Ergänzung des § 55b SVG durch einen Hinweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG vorgenommen habe. Ein auf einer wie hier nach (fach-)gerichtlicher Beanstandung vom Gesetzgeber aufgehobenen bzw. geänderten Norm beruhender Verwaltungsakt könne keinesfalls mehr Rechtsgrundlage für die von ihm geregelten Rechtsbeziehungen sein.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Heft) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
23Der Kläger dringt mit seinem Verpflichtungsbegehren auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007 entgegen dem Ausspruch des Urteils erster Instanz auch für die im Berufungsrechtszug allein noch streitgegenständliche Zeit ab dem 28. März 2008 nicht durch. Er hat bezogen auf diesen Zeitraum aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf erneute, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts berücksichtigende ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Rücknahme des Ruhensbescheids.
24Grundlage des klageweise verfolgten Anspruchs auf Rücknahme des bestandskräftigen Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 ist § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG des Bundes (im Folgenden: VwVfG). Hiernach kann – was auch als Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne bezeichnet wird – ein unanfechtbarer, also bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.
25Der gegenüber dem Kläger ergangene Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist ein im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (von Anfang an) rechtswidriger Verwaltungsakt (nachfolgend 1.). Die Beklagte hat über den Antrag vom 28. April 2011 auf Rücknahme dieses Verwaltungsakts nicht ermessensfehlerfrei entschieden und ist daher zu einer Neubescheidung verpflichtet (nachfolgend 2.). Die weitergehenden Voraussetzungen für eine Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ zugunsten des Klägers liegen hier aber nicht vor (nachfolgend 3.). Im Rahmen der Neubescheidung des Rücknahmeantrags des Klägers wird die Beklagte die nachfolgend unter 4. wiedergegebenen Erwägungen zu berücksichtigen haben.
261. Der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007, ein zur Minderung der ausgezahlten Versorgung führender und insofern den Kläger belastender Verwaltungsakt, ist ein im Sinne des § 48 VwVfG vom Zeitpunkt seines Erlasses an rechtswidriger Dauerverwaltungsakt.
27Die Rechtswidrigkeit ergibt sich bereits auf der Ebene der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts. Auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden (formellen) Gesetzesnormen und die daran anknüpfende Steuerung des Rücknahmeermessens,
28vgl. zu Letzterem etwa BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 – 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 25 ff.,
29sowie auf einen etwaigen Verstoß gegen Vorgaben des Unionsrechts kommt es daher nicht an.
30Der rechtliche Ausgangspunkt des Ruhensbescheides findet sich in der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 SVG in der bei Erlass des Ruhensbescheides anzuwendenden Fassung. Nach dessen Satz 1 findet § 55b SVG (das bezieht sich auf die ab 1. Januar 1999 geltende Fassung) Anwendung, soweit Zeiten im Sinne dieser Vorschrift erstmals nach dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was vorliegend keine Rolle spielt. Maßgebend ist daher Satz 2, wonach im Übrigen § 55b in der von 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung (Fassung 1992) anzuwenden ist (Ausgangsberechnung), es sei denn, die Anwendung des § 55b in der von Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (Fassung 1994; Vergleichsberechnung) ist für den Versorgungsempfänger günstiger. Satz 3 ordnet an, dass § 94b Abs. 5 SVG bei der Anwendung des Satzes 2 unberührt bleibt (mit Ausnahme von Zeiten, die erstmals ab dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was hier ebenfalls ohne Bedeutung ist). Der hier allenfalls interessierende § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG bezieht sich auf die Ausgangsberechnung und bestimmt Folgendes: Bei Zeiten im Sinne des § 55b Abs. 1 SVG, die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden (Vomhundertsatz 2,14); soweit Zeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 SVG nach diesem Zeitpunkt zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 an geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass u.a. an die Stelle des Vomhundertsatzes von 1,875 der Satz von 1,0 tritt.
31Demzufolge ist der Ruhensbetrag auf der Grundlage zweier miteinander zu vergleichender Berechnungen zu ermitteln, wobei die für den Versorgungsempfänger günstigere Berechnung den Ausschlag gibt. Die Beklagte hat in ihrer dem Bescheid vom 29. Juni 2007 als Anlage beigefügten Berechnung in Anwendung des § 55b SVG Fassung 1992 auf der Grundlage eines mit einem Verwendungszeitraum von sechs vollen Jahren multiplizierten Minderungssatzes von 11,25 Prozent einen monatlichen Ruhensbetrag in Höhe von (seinerzeit) 492,69 Euro errechnet (Ausgangsberechnung). Diesen Betrag hat sie der getroffenen Ruhensregelung auch im Ergebnis zugrunde gelegt, weil die Vergleichsberechnung nach Maßgabe des § 55b SVG Fassung 1994 nach Auffassung der Beklagten nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hat. Namentlich ergab sich aus dieser Vergleichsberechnung kein für den Kläger günstigerer monatlicher Ruhensbetrag; vielmehr ergab sich mit Blick auf die Ermittlung eines Mindestruhensbetrages (§ 55b Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SVG Fassung 1994) derselbe Monatsbetrag.
32Der Senat kann offen lassen, ob bereits die Ausgangsberechnung rechtsfehlerhaft erfolgt ist. Dies kommt allerdings in Betracht vor dem Hintergrund, dass die Beklagte auf Nachfrage des Senats im Schriftsatz vom 18. Januar 2016 die Auffassung vertreten hat, im Falle des Klägers sei § 96 Abs. 5 Satz 3 SVG mit dem Verweis auf § 94b Abs. 5 SVG anwendbar gewesen. In diesem Falle wäre die dem Ruhensbescheid zugrunde gelegte Ausgangsberechnung fehlerhaft. Diese berücksichtigt nämlich für die vollen Dienstjahre, die der Kläger bei der NAMSA verbracht hat, den einheitlichen Multiplikator 1,875. Auf der Grundlage des § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG hätte für die Jahre bis einschließlich 1991 jedoch der Mulitiplikator 2,14 und für die nachfolgenden Dienstjahre der Mulitiplikator 1,00 angesetzt werden müssen, woraus sich insgesamt ein um etwa 60 Euro niedrigerer Ruhensbetrag errechnet hätte. Bedenken gegen diesen Ansatz ergeben sich allerdings daraus, dass die Vorschrift des § 94b SVG nach dessen Abs. 3 Satz 1 wohl nur Anwendung findet, wenn die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach der bis Ende 1991 anwendbaren, degressiv verlaufenden Ruhegehaltssatzkurve zu einem für den betroffenen Beamten günstigeren Ergebnis führt als die ab 1992 durchzuführende lineare Berechnung des Ruhegehaltssatzes.
33Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Oktober 1996 – 10 A 10751/96 –, juris, Rn. 25.
34Ausweislich der dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 27. Juni 2007 beigefügten Berechnung des Ruhegehaltssatzes erreichte der Kläger aber schon bei linearer Berechnung den maximalen Ruhehaltssatz von 75 vom Hundert, so dass in seinem Fall der Ruhegehaltssatz nicht nach § 94b SVG berechnet wurde. Letztlich bedarf die Anwendung des § 94b SVG und namentlich seines Absatzes 5 aber keiner Entscheidung. Der Ruhensbescheid erweist sich auch bei unterstellter rechtsrichtiger Berechnung des Ruhensbetrages in der Ausgangsberechnung als rechtswidrig, weil die erforderliche Vergleichsberechnung zum Nachteil des Klägers fehlerhaft durchgeführt worden ist.
35Denn die auf der Grundlage der Fassung 1994 des § 55b SVG durchzuführende Vergleichsberechnung erweist sich auch in der von der Beklagten angenommenen Situation der einander der Höhe nach entsprechender Monats(end)beträge aus einem anderen, offenbar von der Beklagten nicht mit bedachten Gesichtspunkt als für den Kläger günstiger. Im Ergebnis hätte die Beklagte deswegen nicht die Fassung 1992, sondern die Fassung 1994 des SVG als nach der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG für die Ruhensberechnung maßgebliche Gesetzesfassung dem Ruhensbescheid zugrunde legen müssen.
36Das vollständige Aufzehren der verrenteten Kapitalabfindung muss – auch in zeitlicher Hinsicht – die prinzipiell maßgebliche Grenze für die Gesamtheit der in dem betreffenden Versorgungsfall anfallenden Ruhensbeträge nach § 55b SVG bilden. Das folgt bei Soldaten, für die – und sei es auch nur im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach dem Günstigkeitsprinzip – das Soldatenversorgungsgesetz in den ab 1. Oktober 1994 geltenden Fassungen Anwendung findet, unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG mit der dortigen Verweisung (u.a.) auf den Absatz 1 der Norm. Im Satz 3 des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Ruhensbetrag die von der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf (Hervorhebung durch den Senat).
37Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss in den Fällen der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt der Ruhensbescheid den Zeitpunkt festlegen (und somit auch angeben), zu dem die Laufzeit des Ruhens eines Teils der Versorgungsbezüge eines Beamten oder Soldaten endet (Endzeitpunkt). Diese Festlegung hat regelmäßig auf den Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Beamte oder Soldat die sich aus der Sterbetafel ergebende statistische Lebenserwartung erreicht. Ein anderer Zeitpunkt kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn etwa infolge eines gesetzlich vorgegebenen Mindestruhebetrags der in Rede stehende Kapitalbetrag schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt vollständig abgegolten sein wird.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18 und 22.
39Die zeitliche Begrenzung von Ruhensregelungen entspricht deren Zweck, in Gestalt eines Auszahlungshindernisses (allein) zu verhindern, dass im Ruhestand befindliche Soldaten oder Beamte aus öffentlichen Kassen insgesamt mehr erhalten als die Versorgung, die sie erdient haben. Ruhensregelungen dürfen deswegen nicht dazu führen, dass ein Teilbetrag der festgesetzten Versorgung einbehalten wird, obwohl die so herbeigeführte Versorgungslücke nicht durch eine anderweitige Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse ausgeglichen wird. Ein Ruhen ohne eine vollständige Kompensation stellt sich nämlich als eine Kürzung der festgesetzten Versorgung dar, die nicht vom Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation gedeckt wird bzw. bei Soldaten – unter Anwendung entsprechender Maßstäbe – ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreift.
40Demgegenüber enthielt das Soldatenversorgungsgesetz in der Fassung 1992 (und davor) an der betreffenden Stelle eine Verweisung lediglich auf den § 55b Abs. 1Satz 1. Wesentlich diesem Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht entnommen, dass eine Auslegung des damaligen einfachen Gesetzesrechts– auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung – nicht auf die Geltung der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Kappungsgrenze auch in der Fallgruppe der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt führen könne, vielmehr das damalige Gesetz in diesem Punkt verfassungswidrig sei.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 –, Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 = juris, Rn. 10 ff.
42Daraus ergibt sich, dass – Fragen der Verfassungskonformität des einfachen Gesetzesrechts angesichts der noch fehlenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeklammert – Betroffene erst ab der Fassung 1994 des § 55b SVG davon „profitieren“ können, dass schon im Rahmen der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts die (Summe aller) Ruhensbeträge die anderweitig gewährte Versorgung insgesamt nicht übersteigen darf. Soweit darauf aufbauend in dem Ruhensbescheid ein begrenzender Endzeitpunkt festzulegen ist, wirkt sich das bei wertender Betrachtung für den Betroffenen positiv, nämlich im Sinne einer Absicherung seiner Rechtsstellung, aus.
43Somit hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Vergleichsberechnung nach der Fassung 1994 des § 55b SVG die Laufzeit der Ruhensbeträge von vornherein im Wege der Bestimmung eines Endzeitpunktes begrenzen müssen. Das hätte sich für den Kläger im Verhältnis zu der Fassung 1992 des § 55b SVG günstig ausgewirkt. Infolgedessen hätte die Fassung 1994 dem Ruhensbescheid einschließlich der dortigen Berechnung des Ruhensbetrags als hier im Sinne des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG maßgeblich zugrunde gelegt werden müssen. Das hätte – mit Blick auf die Mindestruhensbetragsregelung – zwar nicht zu einem abgesenkten Monatsbetrag des Ruhens, wohl aber zu einer Begrenzung des Gesamtruhensbetrages durch die Bestimmung eines Endzeitpunktes geführt. Weil dies nicht geschehen ist, erweist sich der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 als rechtswidrig.
44Auf weiter hinzutretende Rechtsfehler kommt es, um die Voraussetzungen für eine Rücknahme dieses Ruhensbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu begründen, nicht an. Der Senat merkt allerdings an, dass sich zwei noch in Betracht zu ziehende Fehler in dem konkreten Fall auf das Ergebnis der Ruhensregelung nicht ausgewirkt haben.
45Für die erfolgte „Dynamisierung“, also Verzinsung des Kapitalbetrags für die Zeit zwischen seiner Auszahlung im Jahr 1995 und dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand im Jahr 2007 fehlte es bis einschließlich 27. März 2008 an einer erforderlichen gesetzlichen Grundlage und die seither geltende gesetzliche Regelung ist auf Soldaten, die sich wie der Kläger am 28. März 2008 bereits im Ruhestand befanden, nicht anzuwenden.
46Vgl. zum entsprechend ausgestaltet gewesenen Beamtenversorgungsrecht BVerwG, Urteile vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 11, 12, und zur Verfehlung des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts bereits vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 24 ff.
47Die Vergleichsberechnung der Beklagten geht demzufolge von einem zu hohen Kapitalbetrag (statt 93.735,33 Euro hätten nur 81.521 Euro berücksichtigt werden dürfen) aus, weswegen auch der angenommene verrentete Kapitalbetrag von 710,96 Euro entsprechend zu hoch ausgefallen ist. Das hat sich hier aber im Ergebnis nicht ausgewirkt, weil die Vergleichsberechnung nach mehreren weiteren Rechenschritten auf den mit 492,69 Euro ermittelten Mindestruhensbetrag geendet hat. Der Mindestruhensbetrag war aber vorliegend in der schon für die Ausgangsberechnung vorgesehenen Art, für die die Dynamisierung keine Rolle spielt, zu berechnen.
48Des Weiteren verstieß es hier zunächst gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, dass die wesentlichen Determinanten für die Verrentung des Kapitalbetrages nicht auf gesetzlichen Vorgaben beruhten, sondern vom Dienstherrn selbsttätig gesetzt worden waren.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 25, 30 ff.
50Der insofern im Erlasszeitpunkt rechtswidrige Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist aber – für den gesamten im Berufungsrechtszug streitgegenständlichen Zeitraum – mit Wirkung vom 28. März 2008 in diesem Punkt vom Grundsatz her rechtmäßig geworden, weil der Gesetzgeber rückwirkend zu jenem Zeitpunkt die erforderlichen gesetzlichen Festlegungen mit Gesetz vom 5. Februar 2009 geschaffen hat (durch § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG, der u.a. auf § 55a Abs. 1 Satz 9 verweist, der seinerseits Vorschriften des Bewertungsgesetzes in Bezug nimmt). Diese Rechtsänderung, welche die bisherige Praxis der Beklagten gesetzlich normierte, ist auch für die Ruhestandsbeamten bzw. Soldaten im Ruhestand zu berücksichtigen, die wie der Kläger am 28. März 2008 vorhanden waren.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 15, 16.
52Dass im Falle des Klägers eine Verzinsung während der ersten 9 Monate nach Beginn des Ruhestandes nicht vorgenommen werden durfte, ist in diesem Zusammenhang ein vernachlässigbarer Faktor, der nicht zu einem unterhalb von 492,69 Euro liegenden Monatsbetrag geführt haben dürfte.
532. Die Beklagte hat das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen, den Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 (teilweise) zurückzunehmen, um ihn – hier durch Festlegung eines Endzeitpunktes für den Ruhenszeitraum – der maßgeblichen Rechtslage anzupassen, nicht fehlerfrei ausgeübt. Das betrifft gerade den hier noch streitbefangenen Zeitraum ab dem 28. März 2008.
54Der Ablehnungsbescheid vom 1. Juli 2011 verhält sich überhaupt noch nicht zu der Frage der Rücknahme nach § 48 VwVfG, sondern bezieht sich ausschließlich auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG. In der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2011 wird dann zwar die Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG behandelt. Es ist in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich (nur) davon die Rede, der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich infolge der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVGfür die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 als rechtswidrig (Hervorhebung durch den Senat). Zur Begründung ist angegeben, der Bescheid habe im Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrt, denn die bei der Ermittlung des Ruhensbetrages angewandte Berechnungsmethode habe nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 nicht mit der Rechtsordnung in Einklang gestanden.
55Dies zugrunde gelegt, ist auch im Widerspruchsbescheid nicht erkennbar geworden, dass die Beklagte hinsichtlich der Zeit ab dem 28. März 2008 überhaupt eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Frage einer Rücknahme des Ruhensbescheids nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG getroffen hat. Denn offenbar hatte sie für jenen Zeitraum bereits das Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts – als Voraussetzung seiner Rücknahme – verneint.
563. Allerdings vermag der Senat – insofern abweichend von dem erstinstanzlichen Urteil – nicht festzustellen, dass sich das Rücknahmeermessen der Beklagten zugunsten des Klägers „auf Null“, also in Richtung auf einen strikten Anspruch auf Rücknahme, reduziert hat. Die betreffende Beurteilung hat für die vorliegende Verpflichtungsklage von den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren auszugehen, weil das einschlägige materielle Recht keinen davon abweichenden Zeitpunkt bestimmt.
57Wie das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete Rücknahmeermessen belegt, ist der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führende Rechtsverstoß als solcher prinzipiell noch kein ausreichender Grund für eine Ermessensreduzierung. Vielmehr räumt der Gesetzgeber bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes bzw. dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung noch den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit– jeweils als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips – einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr (im Ausgangspunkt) gleichberechtigt nebeneinander. Dementsprechend gibt es auch keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben.
58Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/04 –, BVerfGE 116, 24 = juris, Rn. 80, und Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 1982/01 –, BVerfGE 117, 302 = juris, Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, NVwZ 2011, 888 = ZBR 2012, 35 = juris, Rn. 14.
59Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob solches angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab.
60Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 11, m.w.N.
61Unbeschadet der insoweit – zumindest als etwaiges Korrektiv – stets gebotenen Betrachtung des Einzelfalles haben sich in der Rechtsprechung bestimmte Fallgruppen herausgebildet, in denen die geforderte Unerträglichkeit einer Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes im Allgemeinen zu bejahen sein wird. Hierunter fällt etwa, dass die Aufrechterhaltung als Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheint, dass der Verwaltungsakt schon im Erlasszeitpunkt offensichtlich rechtswidrig war oder dass das einschlägige Fachrecht dem Rücknahmeermessen eine bestimmte Richtung vorgibt.
62Vgl. Hamburgisches OVG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 1 Bf 10/12 –, ZBR 2013, 309 = juris, Rn. 37, mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
63Ferner kommt eine Ermessensreduzierung in Anwendung des Gleichheitssatzes in Betracht, wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen den rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückgenommen hat.
64Schließlich ist für die Abwägung der oben genannten widerstreitenden Rechtsgüter auch von Bedeutung, ob es um eine Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit, namentlich schon vom Erlasszeitpunkt an, oder aber (nur) um eine solche mit Wirkung von einem späteren Zeitpunkt an bzw. für die Zukunft geht.
65Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 – 4 S 1790/10 –, juris,Rn. 31 ff. bzw. 41 ff.
66Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kommt dabei namentlich bezogen auf die Vergangenheit ein besonderes und insoweit zumeist überwiegendes Gewicht zu. Das hat vor allem Bedeutung für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung.
67Eine zeitliche Zäsur besonderer Art greift nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Fallgruppe derjenigen bestandskräftigen Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, deren Rechtswidrigkeit darauf beruht, dass sie auf der Grundlage eines verfassungswidrigen Gesetzes ergangen sind, wobei die Frage eines Verfassungsverstoßes im Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht abschließend geklärt war. Insoweit gilt, dass es unter Orientierung an der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 BVerfGG für die Determinierung des Rücknahmeermessens maßgeblich auf den Zeitpunkt des Nichtigkeitsausspruchs durch das Bundesverfassungsgericht ankommt. Während die Verwaltung für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung ermessensfehlerfrei ablehnen kann, wenn nicht sogar ablehnen muss (Rückabwicklungsverbot), setzt sich für die Zeit danach der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Konfliktfall gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch, ist also der bestandskräftige Verwaltungsakt im Regelfall ab diesem Zeitpunkt an die sich aus der Nichtigerklärung ergebende Rechtslage anzupassen.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2012– 2 C 59.11 –, BVerwGE 145, 14 = NVwZ 2013, 444 = juris, Rn. 20 ff., vom 26. September 2012– 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 24 ff., und auch bereits vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 15, sowie den Beschluss vom 8. Mai 2013 – 2 B 5.13 –, ZBR 2013, 306 = juris, Rn. 10 f.
69Hiervon ausgehend gibt es für eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zugunsten des Klägers bezüglich einer die Zeit ab dem 28. März 2008 betreffenden Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juli 2007 unter dem Blickwinkel einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der in dem Ruhensbescheid angewendeten Rechtsgrundlagen derzeit (noch) keinen Raum. Allerdings sind vor dem Bundesverfassungsgericht Normenkontrollverfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b Abs. 3 Satz 1 SVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 843) sowie in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218) und– bei paralleler Rechtslage – der Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs. 2BeamtVG in der bis zum 31. Januar 1991 geltenden Fassung anhängig (die dortigen Aktenzeichen lauten 2 BvL 10/11 und 2 BvL 28/14).
70Vgl. die Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des OVG Rheinland-Pfalz vom 11. November 2011 – 10 A 10757/11.OVG – (n.v.) und des VG München vom 18. November 2014 – M 21 K 12.2042 –, juris.
71Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und damit eine mögliche Nichtigkeitsfeststellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen steht bisher aber noch aus.
72Auch nach allgemeinen Grundsätzen im Wege einer Gewichtung der widerstreitenden Rechtsgüter und Interessen unter Berücksichtigung der anerkannten Fallgruppen ergibt sich für die Sachlage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht, dass die Beklagte das ihr zukommende Ermessen nur durch die Rücknahme des Ruhensbescheids hätte rechtmäßig ausüben können.
73Zunächst besteht kein Anhalt dafür, dass die Beklagte den Fall des Klägers zu dessen Nachteil – und dabei ggf. zugleich treuwidrig – anders behandelt hätte als sonstige Fälle, die mit diesem Fall wesentlich vergleichbar sind.
74Es lässt sich ferner nicht eindeutig bejahen, dass der hier in Rede stehende Ruhensbescheid nach § 55b SVG von Anfang an als offensichtlich rechtswidrig zu bewerten oder eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit jedenfalls zum 28. März 2008 eingetreten ist. Insofern ist vorliegend zu bedenken, dass die von der Beklagten durchgeführte Ausgangsberechnung des Ruhensbetrages nach dem unter 1. Ausgeführten jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft ist. Die der Vergleichsberechnung anhaftenden Rechtsanwendungsfehler sind entweder erst etliche Jahre später in der Rechtsprechung klar hervorgetreten,
75vgl. für die Notwendigkeit der Bestimmung eines Endzeitpunktes für die Verrentung eines Kapitalbetrages BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18,
76oder haben sich wie die rechtswidrige Dynamisierung des Kapitalbetrages oder das Fehlen gesetzlicher Determinanten seiner Verrentung im Fall des Klägers im Ergebnis auf den Ruhensbetrag nicht ausgewirkt.
77Im Übrigen kann in die Ermessenserwägungen eingestellt werden, dass es eine Reihe von (verfassungsrechtlichen und/oder unionsrechtlichen) Rechtsbedenken gibt hinsichtlich der für die Fallgruppe der Kapitalbeträge im Gesetz bestimmten konkreten Berechnungsfaktoren und -größen für das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 55b SVG. Das bezieht sich namentlich auf die im Wege der Verweisung auf die Maßstäbe des § 14 des Bewertungsgesetzes erfolgten Vorgaben wie den fixen Zinssatz von 5,5 % für die Verrentungsphase und die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 23 ff.; ferner etwa auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 –, IÖD 2011, 137 = juris, Rn. 32 ff., insb. 54 ff.
79Auch steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- und Soldatenversorgungsrechts noch aus. Die Beklagte kann diese Gesichtspunkte unter dem Blickwinkel in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen, dass eine zeitnahe Aufhebung des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 und eine Neuberechnung und -regelung des Ruhensbetrages auf der Grundlage des einfachgesetzlich geltenden Rechts ihrerseits sogleich wieder angreifbar wäre und auch neue Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen könnte.
80Ist allerdings der Kapitalbetrag (einschließlich einer gesetzlich vorgegebenen Verzinsung in der Verrentungsphase) durch das Ruhen von Versorgungsbezügen aufgezehrt, tritt dieser Aspekt in den Vordergrund der Ermessensausübung. Das hängt damit zusammen, dass es hier um Dauerverwaltungsakte mit einer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mitunter ganz erheblichen finanziellen Bedeutung für den betroffenen Versorgungsempfänger geht. Relevante Faktoren für diese Bedeutung sind zum einen die Höhe des monatlichen Ruhensbetrages (in Relation zum gezahlten Ruhegehalt), zum anderen – und gerade dies in besonderem Maße – aber auch die (Gesamt-)Dauer des Ruhenszeitraums. Denn die durch das Ruhen der Bezüge für den Betroffenen in den Rücknahmefällen rechtswidrig ausgelöste Belastung summiert sich in der Regel über eine Vielzahl von Jahren, wenn nicht häufig sogar Jahrzehnten. Gerade daraus kann sich im Ergebnis die objektive Unerträglichkeit und Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung eines solchermaßen belastenden rechtwidrigen Zustandes in Abwägung mit der Bestandskraft zugrunde liegender Bescheide ergeben. Denn es geht hier nicht um die Kürzung irgendwelcher Zahlungen. Inmitten steht vielmehr der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch der Beamten und Soldaten auf eine gesetzmäßige und ungeschmälerte Versorgung.
81Der Senat bewertet in diesem Zusammenhang namentlich solche Eingriffe in den Versorgungsanspruch als schlechthin unerträglich, welche im Wesentlichen nur mit Blick auf die Bestandskraft des zugrunde liegenden Verwaltungsakts fortgesetzt werden, obwohl der tragende Grund und Zweck für ein Fortdauern der Ruhensregelung schon klar entfallen ist. Das meint die Fälle, in denen der ehedem an Versorgungs statt empfangene Kapitalbetrag auf der Grundlage einer an den gesetzlichen Maßgaben orientierten Verrentungsberechnung bereits vollständig abgeschmolzen, also aufgebraucht ist, gleichwohl die Ruhensregelung aber noch weiter aufrecht erhalten wird. Durch ein solches Vorgehen werden die Betroffenen typischerweise deutlich stärker belastet als bei einem etwa infolge unrichtiger Berechnung „nur“ zu hoch angesetzten monatlichen Ruhensbetrag in der Phase vor dem Erreichen des Zeitpunktes des vollständigen Aufzehrens des Kapitalbetrags. Denn in der Phase nach jenem Zeitpunkt erweisen sich alle weiterhin einbehaltenen Ruhensbeträge in ihrem vollen Umfang als unberechtigt. Dieser besonders gewichtige Umstand rechtfertigt es, an ihn bereits regelmäßig– und nicht nur bei im Einzelfall besonders hohen Monatsbeträgen – eine zeitliche Zäsur für ein „auf Null“ reduziertes Rücknahmeermessen zu knüpfen. Das meint, dass der Dienstherr dann, wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, die Rücknahme des Ruhensbescheides in aller Regel nicht mehr ermessensfehlerfrei wird ablehnen können.
82Die vorstehenden Erwägungen erlangen vor allem in den Fällen Bedeutung, in denen wie hier in dem Ruhensbescheid rechtswidrig von vornherein kein Endzeitpunkt festgelegt wurde. Denn gerade dort kommt es wesentlich darauf an, ob der Ruhensbescheid über den Zeitpunkt des vollständigen Abschmelzens des Kapitalbetrags hinaus aufrechterhalten worden ist bzw. wird.
83Die zur Ermittlung dieses Zeitpunkts nötige Berechnung zu erstellen, fällt in den Verantwortungsbereich des Dienstherrn. Über das Ergebnis dieser Berechnung ist der Soldat (bzw. Beamte) im Rahmen des dienstlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses rechtzeitig, d.h. mindestens sechs Monate vor dem Erreichen des Zeitpunkts des „Umschlagens“, in Kenntnis zu setzen, damit er darauf ggf. mit einem Rücknahmeantrag und der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes reagieren kann, wenn die Behörde sich nicht von sich aus zur Rücknahme des Ruhensbescheides entschließt.
84Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall: Der Kläger hat in seiner Berufungserwiderung (Schriftsatz vom 25. September 2015, Seite 4) unter ergänzender Bezugnahme auf die beigefügte Anlage K 1 – Aufstellung der bisherigen Abzüge bis einschließlich September 2015 – selbst mitgeteilt, dass der von ihm erhaltene Kapitalbetrag noch nicht aufgezehrt sei, sondern dies (bei einer keine Verzinsung enthaltenen Berechnung) erst in etwa vier Jahren eintreten werde. Dies ist anhand des mit beigefügten Zahlenwerks nachvollziehbar. Da die mündliche Verhandlung vor dem Senat nur ca. vier Monate später stattgefunden hat, hat sich daran in der Zwischenzeit nichts Wesentliches geändert. Damit liegt derzeit aber (noch) kein Sachverhalt vor, der das Ermessen der Beklagten in Richtung auf die Rücknahme des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 als einzige rechtmäßige Entscheidung reduziert hat. Etwaige sonst durchgreifende Gesichtspunkte, z.B. besondere einzelfallbezogene Härtegründe, die ggf. auch eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zur Folge gehabt haben könnten, sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Deswegen muss der Senat in diesem Zusammenhang nicht abschließend darüber entscheiden, ob auch in einem Hauptsacheverfahren ein Fall der Ermessensreduzierung „auf Null“ anzunehmen ist, wenn der Betroffene durch eine ungerechtfertigt aufrechterhaltene Ruhensregelung nach § 55b SVG (im Einzelfall) in eine existenzielle, zumindest aber schwerwiegende finanzielle Notlage gerät.
85Vgl. in diesem Zusammenhang – dort allerdings Eilverfahren betreffend – die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 12. Februar 2013 – 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 1311 B 1319/12 –, jeweils juris, Rn. 22 (vor dem Hintergrund der Anforderungen an eine durch das bisherige Fehlen der Nichtigerklärung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht nicht gesperrte vorläufige Regelung im Verfahren nach § 123 VwGO).
864. Bei ihrer Neubescheidung des Antrags auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007, was den Zeitraum ab dem 28. März 2008 betrifft, wird die Beklagte Folgendes zu beachten haben: Sie muss zunächst eine Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auch bezogen auf den o.g. Zeitraum treffen. In diese Entscheidung muss sie gewichtend die abwägungsrelevanten Ermessensgesichtspunkte einstellen, die für bzw. gegen eine Rücknahme sprechen. Welche das sind, ergibt sich hier im Wesentlichen aus den vorstehenden Ausführungen unter Gliederungspunkt 3. der Entscheidungsgründe dieses Urteils. Davon ausgehend kommt hier insbesondere dem Gesichtspunkt des vollständigen Aufzehrens/Abschmelzens des Kapitalbetrags im Sinne einer zeitlichen Zäsur Bedeutung zu. Diesen Zeitpunkt wird die Beklagte rechnerisch konkret bestimmen müssen, und zwar unter Durchführung einer Verrentung des für die Phase bis zum Ruhestand nicht „dynamisierten“ vom Kläger erhaltenen, bis zum 28. März 2008 bereits zu einem Teil abgeschmolzenen und auch in der Folgezeit weiter abschmelzenden Kapitalbetrags. Die nähere Bestimmung des Verrentungszeitraums und die Höhe einer darauf bezogenen Verzinsung haben sich, solange die hier anwendbaren gesetzlichen Vorschriften vom Bundesverfassungsgericht nicht für nichtig erklärt worden sind, nach dem einschlägigen Gesetzesrecht in der für diesen Fall anwendbaren Fassung zu richten, mit Blick auf die Heranziehung von Sterbetafeln allerdings unter Beachtung eines ggf. bestehenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts. Über das Ergebnis der Berechnung hat die Beklagte den Kläger, wie hier schon an anderer Stelle bemerkt, rechtzeitig vorab in Kenntnis zu setzen.
87Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
89Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 26. September 2013 auf Rücknahme bzw. Abänderung des Ruhensbescheides vom 2. Oktober 1996 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des 30. September 1996 – zuletzt im Dienstgrad eines Oberstleutnants – als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Seit dem 1. Oktober 1996 bezieht er Versorgungsbezüge mit einem Ruhegehaltssatz von (zunächst) 75 %.
3Vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Juli 1979 war der Kläger zur Wahrnehmung einer Tätigkeit bei der NATO-Organisation NAMMA unter Wegfall der Sach- und Dienstbezüge beurlaubt. Nach Beendigung dieser Tätigkeit erhielt er als Ersatz für die aufgrund der Beurlaubung für diese Zeit ausfallenden Versorgungszeiten einen einmaligen Kapitalbetrag. Diesen Betrag führte der Kläger nicht an den Dienstherrn ab.
4Mit Bescheid vom 1. Oktober 1996 setzte die Beklagte zunächst die Versorgungsbezüge des Klägers fest. In der Anlage Blatt 5 zu dem Bescheid findet sich die folgende Passage:
5„Der Berechnung des Ruhegehaltes wird gemäß § 94 b Absatz 3 SVG der nach dem ab 1.1.1992 geltenden Soldatenversorgungsrecht ermittelte Ruhegehaltssatz (...) in Höhe von 75,00 vom Hundert zugrunde gelegt, da der nach dem ab 1.1.1992 geltenden Soldatenversorgungsgesetz ermittelte Ruhegehaltssatz gleich hoch bzw. günstiger ist (...) als der Ruhegehaltssatz, der gemäß § 94b Abs. 2 SVG nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Versorgungsrecht ermittelt wurde (...).“
6Aufgrund der erhaltenen Kapitalabfindung unterliegen die Versorgungsbezüge des Klägers seit dem Eintritt in den Ruhestand grundsätzlich einer Ruhensregelung nach § 55b SVG. Den nach dieser Vorschrift zu ermittelnden Betrag stellte die Beklagte mit Bescheid vom 2. Oktober 1996 fest. „Nach § 94b Abs. 5 SVG“ wandte sie hierbei § 55b SVG in der ab dem 1. Januar 1992 geltenden Fassung an. Hieraus ergab sich ein Ruhensumfang von (zunächst) 7,5 % der Versorgungsbezüge. Eine zeitliche Begrenzung der Ruhensregelung nahm die Beklagte nicht vor. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
7Anfangs betrug der Ruhensbetrag 738,49 DM, Mitte des Jahres 2013 (Stand: 1. August 2013) betrug er 467,62 Euro monatlich.
8Im Zuge eines von der Beklagten eingeleiteten Rückforderungsverfahrens beantragte der Kläger mit Schreiben vom 26. September 2013, die Versorgungsbezüge aufgrund neu durchzuführender Ruhensregelung rückwirkend ab dem 1. Oktober 1996 neu festzusetzen und sich ergebende Überschüsse nachzuzahlen. Mit weiterem Schreiben vom 26. November 2013 beantragte der Kläger, mit sofortiger Wirkung die weitere Kürzung seiner Versorgungsbezüge einzustellen. Hierzu führte er im Kern aus, fälschlicherweise sei die ab 1. Januar 1992 geltende Fassung des § 55b SVG angewandt worden. Richtigerweise hätte die ab 1. Oktober 1994 geltende Fassung Anwendung finden müssen. Eine Günstigkeitsprüfung sei unterblieben. Er verweise auch auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 – und vom 5. September 2013 – 2 A 47.11 –. Durch die monatlichen Ruhensbeträge sei der erhaltene Kapitalbetrag bei weitem abgegolten.
9Diese Anträge hat die Beklagte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beschieden.
10Am 4. Juni 2014 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Schreiben vom 26. September 2013 und vom 26. November 2013 und trägt ergänzend vor, die Voraussetzungen für die Rücknahme des Bescheides über die Ruhensregelung lägen vor. Auf der Grundlage der in den letzten Jahren ergangenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu § 55b SVG sei die bisherige Ruhensregelung rechtswidrig. So fehle es bereits an der Festsetzung einer Obergrenze für die Ermittlung des Gesamtruhensbetrages. Mangels Begrenzung des Ruhensbetrages stehe er letztlich schlechter da als die übrigen Empfänger von Versorgungsleistungen.
11Der Kläger beantragt sinngemäß,
12die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 2. Oktober 1996 zurückzunehmen und seine Versorgungsbezüge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu festzusetzen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie macht geltend, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 betreffe einen Einzelfall und entfalte keine Bindungswirkung darüber hinaus.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer solchen verzichtet haben.
19Die Klage hat zum Teil Erfolg.
20Der Kläger begehrt im gerichtlichen Verfahren ausschließlich die Neufestsetzung seiner Versorgungsbezüge nach Rücknahme des Bescheides vom 2. Oktober 1996. Dies ergibt eine Auslegung nach § 88 VwGO: Zwar richtet sich der in der Klageschrift formulierte Antrag ausdrücklich auch auf Aussetzung des weiteren Vollzugs der Ruhensberechnung. Nachdem ein darauf gerichteter Eilantrag allerdings ausgeblieben ist, überschneidet sich dieses Begehren nunmehr mit dem Antrag auf Rücknahme und Neubescheidung. Mit der Verpflichtung zur Rücknahme des Bescheides vom 2. Oktober 1996 und zur Neubescheidung entfällt unmittelbar die Rechtsgrundlage für einen weiteren Vollzug der bislang von der Beklagten zugrundegelegten Ruhensberechnung.
21Die Klage ist als Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 VwGO zulässig, da die Beklagte ohne zureichenden Grund bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über den Antrag des Klägers vom 26. September 2013 entschieden hat. Bei Erhebung der Untätigkeitsklage am 4. Juni 2014 waren auch bereits mehr als drei Monate nach Eingang des Antrags verstrichen, § 75 Satz 2 VwGO. Ein zureichender Grund für die lange Bearbeitungszeit ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
22Der Kläger dringt mit seinem Verpflichtungsbegehren auf Rücknahme des Ruhensbescheides vom 2. Oktober 1996 nicht durch. Er hat aber einen Anspruch gegen die Beklagte auf erneute, die Rechtsauffassung des Gerichts berücksichtigende ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Rücknahme des Ruhensbescheides (§ 113 Abs. 5 VwGO).
23Grundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 VwVfG. Nach diesen Bestimmungen kann die Behörde einen Verwaltungsakt, der im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war, aufheben; ein Anspruch auf Aufhebung besteht allerdings nur dann, wenn das der Behörde bei der Entscheidung nach § 48 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich gesetzlich eröffnete Ermessen dergestalt reduziert ist, dass alleine die Aufhebung des Verwaltungsakts ermessensgerecht ist.
24Der Ruhensbescheid vom 2. Oktober 1996 ist ein den Kläger belastender Verwaltungsakt, der bereits im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war. Die Beklagte, die über den Antrag vom 26. September 2013 auf Rücknahme dieses Verwaltungsakts bislang nicht (ermessensfehlerfrei) entschieden hat, ist zu einer Neubescheidung verpflichtet. Die weitergehenden Voraussetzungen für eine Reduzierung des Rücknahmeermessens "auf Null" zugunsten des Klägers liegen aber nicht vor.
25Die Rechtswidrigkeit des Ruhensbescheides ergibt sich bereits aus der fehlerhaften Anwendung des einfachen Gesetzesrechts. Auf die – auch vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfene – Frage der Verfassungsmäßigkeit der verschiedenen Fassungen des § 55b SVG,
26vgl. BVerwG, Urteile vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 – und vom 05. September 2013 – 2 C 47.11 –,
27kommt es daher vorliegend nicht an.
28Die Rechtsgrundlage für die Ruhensregelung findet sich in § 55b SVG und damit in einer Vorschrift, die im Laufe der Jahre in verschiedenen Fassungen verschiedene Berechnungsmethoden vorgesehen hat. Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 55b SVG in der zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung des Klägers gültigen Fassung des Gesetzes, nämlich in der Fassung ab 1. Oktober 1994 (im Folgenden SVG 1994), und nicht wie geschehen in der Vorgänger-Fassung des Gesetzes ab 1. Januar 1992 durchführen müssen. Damit wäre sie verpflichtet gewesen, bereits im Bescheid das vollständige Aufzehren des Kapitalbetrages als Grenze der Ruhensregelung zu bestimmen.
29Die bei Erlass des Ruhensbescheides geltende Übergangsvorschrift des § 94b SVG 1994 führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar hält diese Norm in ihrem Absatz 5 eine Übergangsregelung speziell für die Ruhensregelung nach § 55b SVG bereit: Nach Satz 2 ist bei Zeiten, die ein Soldat bis zum 31. Dezember 1991 bei einer zwischen- oder überstaatlichen Organisation zurückgelegt hat, die Vorschrift des § 55b in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden. Bei Anwendung dieser Übergangsregelung wäre also im Falle des Klägers, der in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Juli 1979 für die NATO-Organisation NAMMA tätig war, § 55b SVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung anzuwenden gewesen (und nicht, wie von der Beklagten angenommen, in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung).
30Nach Überzeugung der Kammer findet die Vorschrift des § 94b SVG 1994 im vorliegenden Fall aber in ihrer Gesamtheit keine Anwendung. Dieser Schluss ist aus der Regelung in § 94b Abs. 3 SVG 1994 zu ziehen. § 94b SVG 1994 schreibt in seinen Absätzen 1 und 2 Übergangsregelungen für die Berechnung des Ruhegehaltssatzes fest. § 94b Abs. 3 SVG 1994 enthält eine darauf bezogene Günstigkeitsregelung: Der nach Absatz 1 oder 2 errechnete Ruhegehaltssatz (gemeint ist der bis 1991 anwendbare, degressiv verlaufende Ruhegehaltssatz) wird der Berechnung des Ruhegehaltes nur dann zugrundegelegt, wenn er zu einem günstigeren Ergebnis führt als der Ruhegehaltssatz, der seit 1992 (linear) berechnet wird. Die nachstehenden Absätze 4 und 5 lassen eine Systematik erkennen, die auf Absatz 3 aufbaut. Dort finden sich ausdrückliche Bezugnahmen auf die Errechnung des Ruhegehaltssatzes nach den Absätzen 1 und 2. Alles spricht für eine gewollte Parallelität der Berechnung von Ruhegehaltssatz und der Bestimmung der Ruhensregelung nach § 55b SVG. Nur wenn über § 94b Abs. 3 SVG 1994 der Ruhegehaltssatz nach den Absätzen 1 und 2 berechnet wird, kommen auch die Übergangsregelungen der Absätze 4 und 5 zur Anwendung. Gelangt man über § 94b Abs. 3 SVG 1994 nicht in die Absätze 1 und 2, greifen auch die Absätze 4 und 5 nicht. Hätte der Gesetzgeber eine eigenständige Übergangsregelung für § 55b SVG schaffen wollen, die losgelöst von der Berechnung des Ruhegehaltssatzes anzuwenden gewesen wäre, hätte eine Regelung in § 55b SVG selbst oder zumindest in einem eigenständigen Absatz in § 94b SVG 1994 nahegelegen.
31Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –, juris, Rz. 30, mit Hinweis auf OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Oktober 1996 – 10 A 10751/96 –, juris, Rz. 25.
32Im Falle des Klägers hat die Beklagte den Ruhegehaltssatz nach ausdrücklicher Anwendung des § 94b Abs. 3 SVG 1994 gerade nicht nach § 94b Abs. 1 oder Abs. 2 SVG berechnet. Denn ausweislich der dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 1. Oktober 1996 beigefügten Berechnung des Ruhegehaltssatzes erreichte der Kläger schon bei linearer Berechnung nach dem seit 1. Januar 1992 geltenden (aktuellen) Recht den maximalen Ruhehaltssatz von 75 %.
33Nach dem von der Beklagten also anzuwendenden § 55b SVG 1994 war sie verpflichtet, bereits im Bescheid das vollständige Aufzehren des Kapitalbetrages als Grenze der Ruhensregelung zu bestimmen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat hierzu in seinem Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – ausgeführt:
34„Das vollständige Aufzehren der verrenteten Kapitalabfindung muss – auch in zeitlicher Hinsicht – die prinzipiell maßgebliche Grenze für die Gesamtheit der in dem betreffenden Versorgungsfall anfallenden Ruhensbeträge nach § 55b SVG bilden. Das folgt bei Soldaten, für die – und sei es auch nur im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach dem Günstigkeitsprinzip – das Soldatenversorgungsgesetz in den ab 1. Oktober 1994 geltenden Fassungen Anwendung findet, unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG mit der dortigen Verweisung (u.a.) auf den Absatz 1 der Norm. Im Satz 3 des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Ruhensbetrag die von der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf.
35Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss in den Fällen der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt der Ruhensbescheid den Zeitpunkt festlegen (und somit auch angeben), zu dem die Laufzeit des Ruhens eines Teils der Versorgungsbezüge eines Beamten oder Soldaten endet (Endzeitpunkt). Diese Festlegung hat regelmäßig auf den Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Beamte oder Soldat die sich aus der Sterbetafel ergebende statistische Lebenserwartung erreicht. Ein anderer Zeitpunkt kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn etwa infolge eines gesetzlich vorgegebenen Mindestruhebetrags der in Rede stehende Kapitalbetrag schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt vollständig abgegolten sein wird.
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18 und 22.
37Die zeitliche Begrenzung von Ruhensregelungen entspricht deren Zweck, in Gestalt eines Auszahlungshindernisses (allein) zu verhindern, dass im Ruhestand befindliche Soldaten oder Beamte aus öffentlichen Kassen insgesamt mehr erhalten als die Versorgung, die sie erdient haben. Ruhensregelungen dürfen deswegen nicht dazu führen, dass ein Teilbetrag der festgesetzten Versorgung einbehalten wird, obwohl die so herbeigeführte Versorgungslücke nicht durch eine anderweitige Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse ausgeglichen wird. Ein Ruhen ohne eine vollständige Kompensation stellt sich nämlich als eine Kürzung der festgesetzten Versorgung dar, die nicht vom Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation gedeckt wird bzw. bei Soldaten – unter Anwendung entsprechender Maßstäbe – ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreift.
38Demgegenüber enthielt das Soldatenversorgungsgesetz in der Fassung 1992 (und davor) an der betreffenden Stelle eine Verweisung lediglich auf den § 55b Abs. 1 Satz 1. Wesentlich diesem Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht entnommen, dass eine Auslegung des damaligen einfachen Gesetzesrechts – auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung – nicht auf die Geltung der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Kappungsgrenze auch in der Fallgruppe der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt führen könne, vielmehr das damalige Gesetz in diesem Punkt verfassungswidrig sei.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 –, Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 = juris, Rn. 10 ff.
40Daraus ergibt sich, dass – Fragen der Verfassungskonformität des einfachen Gesetzesrechts angesichts der noch fehlenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeklammert – Betroffene erst ab der Fassung 1994 des § 55b SVG davon "profitieren" können, dass schon im Rahmen der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts die (Summe aller) Ruhensbeträge die anderweitig gewährte Versorgung insgesamt nicht übersteigen darf. Soweit darauf aufbauend in dem Ruhensbescheid ein begrenzender Endzeitpunkt festzulegen ist, wirkt sich das bei wertender Betrachtung für den Betroffenen positiv, nämlich im Sinne einer Absicherung seiner Rechtsstellung, aus.“
41Diesen Ausführungen, die die Auffassung der Kammer aus ihren Urteilen vom 28. Januar 2015,
42VG Köln, Urteile vom 28. Januar 2015 – 23 K 7126/11 –, – 23 K 4957/12 – und – 23 K 5399/12 –,
43bestätigen, folgt die Kammer uneingeschränkt. Sie sind zwar im konkreten Fall im Hinblick auf einen verrenteten Kapitalbetrag gemacht worden, aber eins zu eins auf den hier vorliegenden Fall einer prozent-pauschalen Ruhensregelung zu übertragen. Auch insoweit gilt § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG 1994 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Satz 3 SVG 1994: Der Ruhensbetrag darf die von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen. Ohne zeitliche/höhenmäßige Begrenzung des Ruhensbetrages ist das nicht gewährleistet.
44Die so festgestellte Rechtswidrigkeit des Ruhensbescheides vom 2. Oktober 1996 wirkt sich vorliegend zu Lasten des Klägers aus. Ohne eine zeitliche/höhenmäßige Begrenzung des Ruhensbetrages findet die Kürzung der Versorgungsbezüge auch dann noch statt, wenn der Kapitalbetrag bereits aufgezehrt ist. Dies führt zu einer den Kläger in seinem Recht aus Art. 14 GG verletzenden faktischen Kürzung der gesetzlich zustehenden Versorgungsbezüge.
45Die Beklagte hat das ihr durch § 48 VwVfG NRW eröffnete Ermessen – mangels Bescheidung – bislang noch gar nicht ausgeübt. Eine Reduzierung dieses Ermessens "auf Null" mit der Folge eines Anspruchs auf Rücknahme des bestandskräftigen Ruhensbescheides vermag die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu erkennen.
46Grundsätzlich hat der Gesetzgeber dem Prinzip der Rechtssicherheit einen hohen Stellenwert eingeräumt, indem er auch im Fall der Rechtswidrigkeit die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes in das Ermessen der Behörde gestellt hat. Dementsprechend gibt es keine allgemeine Verpflichtung der Verwaltung, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte regelmäßig von Amts wegen oder auf Antrag des Betroffenen aufzuheben.
47Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/04 –, BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 – und Beschluss vom 08. Mai 2013 – 2 B 5.13 – sowie OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –.
48Allerdings besteht mit Blick auf die materielle Gerechtigkeit – insbesondere bei Dauerverwaltungsakten – ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, wenn dessen Aufrechterhalten „schlechthin unerträglich“ ist.
49So BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 48, Rn 85ff.
50Ob dies angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der konkreten widerstreitenden Belange ab. In der verwaltungsgerichtlichen Praxis haben sich bestimmte Fallgruppen herausgebildet. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Aufrechterhalten eines bestandskräftigen belastenden Verwaltungsaktes etwa dann nicht hinnehmbar ist, wenn die Aufrechterhaltung als Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben erscheint, wenn der Verwaltungsakt von Anfang an offensichtlich rechtswidrig war, wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen den Verwaltungsakt zurückgenommen hat oder wenn das einschlägige Fachrecht dem Rücknahmeermessen eine bestimmte Richtung vorgibt.
51Vgl. hierzu OVG Hamburg, Urteil vom 28. Februar 2013 – 1 Bf 10/12 – und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 – 4 S 1790/10 –.
52Keine dieser Fallgruppen ist vorliegend betroffen. Insbesondere die – einzig ernsthaft in Betracht kommende – Fallgruppe des einschlägigen Fachrechts scheidet aus. Zwar gibt das einschlägige Fachrecht (§ 55b SVG) vor, dass in Fällen, in denen der erhaltene Kapitalbetrag durch die Ruhensregelung aufgezehrt ist, der Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit wesentlich höher zu gewichten ist als die Bestandskraft des Ruhensbescheides.
53Vgl. dazu das Urteil der Kammer vom heutigen Tag, – 23 K 5169/14 –.
54Der Ruhensregelung nach § 55b SVG liegt der Grundgedanke zugrunde, dass auch die ehemaligen Soldaten/Beamten, die neben der Versorgung durch den Dienstherrn weitere Versorgungsleistungen aus anderen öffentlichen Kassen erhalten, in der Summe nur die ihnen von Gesetzes wegen zustehenden und erdienten Versorgungsbezüge zuteilwerden sollen. Gleichzeitig soll die Versorgung jedoch auch nicht hinter der erdienten Versorgung zurückbleiben. Denn die Ruhensregelung dient alleine der Gleichstellung mit den Versorgungsempfängern, die „nur“ vom Dienstherrn oder auch aus anderen öffentlichen Kassen Versorgungsleistungen erhalten. Die Ruhensregelung ist kein Mittel zur dauerhaften Kürzung der Versorgungsbezüge. Dies wäre auch schon deshalb unzulässig, weil die erworbenen Versorgungsansprüche dem Schutz von Art. 14 GG unterliegen.
55Vgl. BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 2 C 47.11 – und OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2921/13 –.
56Mangels Angaben zur Höhe des erhaltenen Kapitalbetrages kann die Kammer die Behauptung des Klägers, der erhaltene Kapitalbetrag sei bei weitem abgegolten, jedoch nicht verifizieren. Vor dem Hintergrund kann von einem Aufzehren im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit ausgegangen werden.
57Bei ihrer Bescheidung des Antrags auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 2. Oktober 1996 hat die Beklagte Folgendes zu beachten: Sie muss zunächst eine Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG treffen. In diese Entscheidung muss sie gewichtend die abwägungsrelevanten Ermessensgesichtspunkte einstellen, die für bzw. gegen eine Rücknahme sprechen. Welche das sind, ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen. Davon ausgehend kommt hier insbesondere dem Gesichtspunkt des vollständigen Aufzehrens/Abschmelzens des Kapitalbetrags im Sinne einer zeitlichen Zäsur Bedeutung zu. Diesen Zeitpunkt wird die Beklagte rechnerisch konkret bestimmen müssen.
58Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –, juris, Rz. 85.
59Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil das teilweise Unterliegen des Klägers nicht ins Gewicht fällt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden, bleibt der zu diesem Zeitpunkt erreichte Ruhegehaltssatz gewahrt. Dabei richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht; § 26 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 und 3 findet hierbei keine Anwendung. Der sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebende Ruhegehaltssatz steigt mit jedem Jahr, das vom 1. Januar 1992 an nach dem von diesem Zeitpunkt an geltenden Recht als ruhegehaltfähige Dienstzeit zurückgelegt wird, um 1 Prozent der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge bis zum Höchstsatz von 75 Prozent; insoweit gilt § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 entsprechend. Bei der Anwendung von Satz 3 bleiben Zeiten bis zur Vollendung einer zehnjährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit außer Betracht; § 25 Absatz 1 und § 26 Absatz 2 finden in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung Anwendung.
(2) Hat das Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, oder ein unmittelbar vorangehendes anderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis bereits am 31. Dezember 1991 bestanden und liegt der Eintritt in den Ruhestand auf Grund der für ihn geltenden Altersgrenzenregelung vor dem 1. Januar 2002, so richtet sich die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit und des Ruhegehaltssatzes nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht. Satz 1 gilt entsprechend, wenn ein von dieser Vorschrift erfasster Berufssoldat vor Eintritt in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird oder verstirbt.
(3) Der sich nach Absatz 1 oder 2 ergebende Ruhegehaltssatz wird der Berechnung des Ruhegehaltes zugrunde gelegt, wenn er höher ist als der Ruhegehaltssatz, der sich nach diesem Gesetz für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit ergibt. Der sich nach Absatz 1 ergebende Ruhegehaltssatz darf den Ruhegehaltssatz, der sich nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht ergäbe, nicht übersteigen.
(4) (weggefallen)
(5) Errechnet sich der Ruhegehaltssatz nach Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Satz 2 oder nach Absatz 2, ist entsprechend diesen Vorschriften auch der Ruhegehaltssatz für die Höchstgrenze nach § 55 Absatz 2 und § 55a Absatz 2 zu berechnen. § 26 Absatz 1 Satz 2 und 4 gilt entsprechend.
(6) Bei der Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt der am 31. Dezember 1991 erreichte Ruhegehaltssatz auch dann gewahrt, wenn dem Dienstverhältnis des Berufssoldaten, aus dem er in den Ruhestand tritt, mehrere öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem am 31. Dezember 1991 bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis vorangegangen sind.
(7) Einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 2 und des § 6 Absatz 1 Nummer 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gleich.
(8) Für den nach den Absätzen 1 bis 3 ermittelten Ruhegehaltssatz gilt § 97 Absatz 4 entsprechend.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 1. Juli 2011 und deren Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 verpflichtet, bezogen auf die Zeit ab dem 28. März 2008 über den Antrag des Klägers vom 28. April 2011 auf Rücknahme bzw. Abänderung des Ruhensbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 29. Juni 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen – unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts – der Kläger zu drei Vierteln und die Beklagte zu einem Viertel. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 18. Juni 1949 geborene Kläger stand in der Zeit vom 1. November 1974 bis zu seiner Zurruhesetzung mit Ablauf des 30. Juni 2007 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten.
3In der Zeit vom 17. April 1990 bis zum 31. Dezember 1995 war der Kläger gemäß § 9 Soldatenurlaubsverordnung ohne Dienstbezüge zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei der NATO MAINTAINACE AND SUPPLY AGENCY (NAMSA), einer zwischen- bzw. überstaatlichen Einrichtung, beurlaubt. Diese zahlte ihm anlässlich seines Ausscheidens einen Betrag von insgesamt 159.441,82 DM – das entspricht ca. 81.500 Euro – aus. Dieser setzte sich zusammen aus den vom Kläger während seiner Tätigkeit bei der NAMSA einbehaltenen Beiträgen zur Altersversorgung und einer „Leaving Allowance“. Der Kläger führte diese Beträge in der Folgezeit nicht an die Beklagte ab.
4Mit Bescheid der Wehrbereichsverwaltung (WBV) Süd vom 27. Juni 2007 setzte die Beklagte ausgehend von einem Ruhegehaltssatz von 75 % die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Mit weiterem Bescheid der WBV Süd vom 29. Juni 2007 ordnete sie ferner an, dass die Versorgungsbezüge des Klägers mit Blick auf den aus der Verwendung bei der NAMSA erhaltenen Kapitalbetrag gemäß § 55b SVG in Höhe von (seinerzeit) monatlich 492,69 Euro ruhen. Dieser Betrag ergab sich aus dem gemäß § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG anwendbaren § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung vom 18. Dezember 1989 (im Folgenden: SVG 1992). Er wurde auf der Grundlage der vorgenannten Bestimmungen festgesetzt, weil die nach § 96 Abs. 5 SVG durchzuführende Vergleichsberechnung auf der Grundlage des § 55b SVG in der vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vom 19. Januar 1995 (im Folgenden: SVG 1994) zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis geführt habe. Die Einzelheiten der Ermittlung des Ruhensbetrages ergeben sich aus den Anlagen des Ruhensbescheids. Der Ruhensbetrag erhöhte sich in der Folgezeit aufgrund von Versorgungsanpassungen.
5Mit Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 – beanstandete das Bundesverwaltungsgericht eine aufgrund der dem § 55b SVG gleichlautenden Bestimmung des § 56 BeamtVG durchgeführte Ermittlung der fiktiven Rente, weil das Gesetz die maßgeblichen Rechengrößen nicht selbst bestimmt habe. Zugleich ordnete es an, dass die Vorschrift bis zu einer gesetzlichen Regelung in der Weise anzuwenden sei, dass das Kapital unverzinst bleibe und die Laufzeit anhand des für Frauen und Männer vom Statistischen Bundesamt festgestellten Mittelwertes der Lebenserwartung für Männer und Frauen festzulegen sei. Der Gesetzgeber ergänzte daraufhin § 55b Abs. 4 SVG mit Gesetz vom 5. Februar 2009 um einen Verweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG und setzte diesen rückwirkend zum 28. März 2008 in Kraft. Mit Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, dass die in diesen Bestimmungen festgelegte Berechnungsmethode, die auf für Männer und Frauen unterschiedliche allgemeine Sterbetafeln Bezug nehme, gegen das europarechtlich geregelte Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts verstoße. Das habe zur Folge, dass der Ruhensbetrag weiterhin nach den vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 27. März 2008 aufgestellten Grundsätzen zu ermitteln sei.
6Anknüpfend an diese gerichtlichen Entscheidungen beantragte der Kläger unter dem 28. April 2011 gestützt auf § 48 Abs. 1 VwVfG die Neuberechnung des monatlichen Ruhensbetrages nach § 55b SVG rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 sowie die Nachzahlung der auf der Basis der bisherigen Ruhensberechnung zuviel gekürzten Versorgungsbezüge.
7Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid der WBV Süd vom 1. Juli 2011 ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. Juli 2011 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid der WBV Süd vom 29. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Zwar sei der Ruhensbescheid „infolge“ der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVG für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 rechtswidrig, weil er ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses einer mit der Rechtsordnung in Einklang stehenden Rechtsgrundlage entbehrt habe. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides, weil keine Umstände vorlägen, die ausnahmsweise zu einer Reduzierung des Ermessens „auf Null“ führten. Denn die Aufrechterhaltung der Ruhensregelung für den streitbefangenen Zeitraum sei nicht schlechthin unerträglich. Die negativen Folgen des Bescheides seien im Wesentlichen dem Kläger selbst zuzurechnen, weil er es in der Hand gehabt habe, den Bescheid anzufechten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei ein Festhalten an dem Bescheid für den Kläger nicht unzumutbar, denn das Bundesministerium der Verteidigung habe auch in vergleichbaren Fällen eine Rücknahme der Ruhensregelung stets abgelehnt.
8Der Kläger hat am 20. September 2011 Klage erhoben und beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 zu verpflichten, seinen Antrag auf Neuberechnung des Ruhensbetrags vom 28. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt: Nach den Erlassen des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. August 2011 und vom 12. August 2008 würden bei bestandskräftiger Ruhensregelung Anträge auf Neuberechnung des Ruhensbetrages sowohl für die Zeit bis zum 27. März 2008 als auch für die Zeit danach abgelehnt.
13Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der WBV Süd vom 1. Juli 2011 und des Beschwerdebescheides (richtig: Widerspruchsbescheides) der WBV Süd vom 29. August 2011 verpflichtet, den Bescheid vom 29. Juni 2007 teilweise, nämlich für die Zeit ab dem 28. März 2008 aufzuheben und den Ruhensbetrag von diesem Zeitpunkt an neu zu berechnen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
14Gegen das Urteil hat (allein) die Beklagte am 20. August 2013 die Zulassung der Berufung beantragt. Nach Zulassung der Berufung durch den Senat mit Beschluss vom 13. Juli 2015 führt sie zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen aus: Eine Verpflichtung zur Anpassung der Ruhensregelung habe hier nicht bestanden; das Verwaltungsgericht sei somit zu Unrecht von einer Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ ausgegangen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b SVG, auf dessen Grundlage die hier interessierende Ruhensberechnung vorgenommen worden sei, sei durch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geklärt; in den betreffenden Normenkontrollverfahren sei noch nicht entschieden worden. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe die Verwaltung die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, der auf einer für nichtig erklärten Norm beruhe, für die Zeit bis zu der Nichtigerklärung nach der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ermessensfehlerfrei ablehnen. Bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung habe insofern der Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit. Für eine Abweichung hiervon sei allerhöchstens dann Raum, wenn ein gewichtiger Grund die Vornahme der Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als unabweisbar erscheinen lasse. Das könne in Betracht kommen, wenn bei einem schon vollständigen Aufzehren des Kapitalbetrages der Anspruch auf amtsgemäße Versorgung als Folge des Fortbestandes der Ruhensregelung über viele Jahre und in insgesamt beträchtlichem Umfang unerfüllt geblieben sei. Dafür gebe es hier aber keinen Anhalt, auch nicht für eine den Kläger vor diesem Hintergrund treffende existenzielle, zumindest schwerwiegende finanzielle Notlage. Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Zweifel an der Europarechtskonformität der Gesetzeslage führten in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht auf ein anderes Ergebnis, zumal noch keine einschlägige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliege. Schließlich unterscheide sich der vorliegende Fall von demjenigen, welcher Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2013– 2 C 47.11 – gewesen sei. Denn hier gehe es anders als dort um einen bestandskräftigen Ruhensbescheid.
15Die Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er vertieft und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt dazu vor: Der zugrunde liegende Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich aus entsprechenden Gründen als rechtswidrig, wie sie das Bundesverwaltungsgericht für den dortigen Fall mit Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 – aufgezeigt habe. Weder habe die Beklagte einen Endzeitpunkt für das Ruhen nach Maßgabe der statistischen Lebenserwartung festgelegt noch habe die Kapitalabfindung für die Zeit der Auszahlung bis zum Eintritt in den Ruhestand dynamisiert werden dürfen. Durch diesen rechtswidrigen Bescheid werde er sein Leben lang finanziell belastet. Dies führe auf einen unerträglichen Zustand, auch wenn der ihm ausbezahlte Kapitalbetrag derzeit noch nicht in vollem Umfang aufgezehrt sei. Letzteres werde aber in wenigen Jahren der Fall sein mit der Folge, dass jedenfalls dann rechtswidrig in seinen erdienten und verfassungsrechtlich geschützten Versorgungsanspruch eingegriffen werde. Nach einer der Berufungserwiderung beigefügten Aufstellung habe er bis einschließlich September 2015 bereits eine Gesamtsumme von 51.984,25 Euro – das entspreche 101.6772,36 DM – von seiner Kapitalabfindung in der Gesamthöhe von 159.441,82 DM „zurückgezahlt“. Aber auch schon jetzt sei der inzwischen bei über 600 Euro liegende monatliche Ruhensbetrag für ihn insofern von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung, als er 15% seines Ruhegehaltes ausmache. Auf die Argumentation der Beklagten zur Steuerung des Rücknahmeermessens in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Nichtigkeitsfeststellung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht komme es davon ausgehend nicht mehr an. Im Übrigen sei hier der Gesetzgeber einer solchen Nichtigkeitserklärung lediglich zuvorgekommen, indem er rückwirkend zum 28. März 2013 eine Ergänzung des § 55b SVG durch einen Hinweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG vorgenommen habe. Ein auf einer wie hier nach (fach-)gerichtlicher Beanstandung vom Gesetzgeber aufgehobenen bzw. geänderten Norm beruhender Verwaltungsakt könne keinesfalls mehr Rechtsgrundlage für die von ihm geregelten Rechtsbeziehungen sein.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Heft) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
23Der Kläger dringt mit seinem Verpflichtungsbegehren auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007 entgegen dem Ausspruch des Urteils erster Instanz auch für die im Berufungsrechtszug allein noch streitgegenständliche Zeit ab dem 28. März 2008 nicht durch. Er hat bezogen auf diesen Zeitraum aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf erneute, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts berücksichtigende ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Rücknahme des Ruhensbescheids.
24Grundlage des klageweise verfolgten Anspruchs auf Rücknahme des bestandskräftigen Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 ist § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG des Bundes (im Folgenden: VwVfG). Hiernach kann – was auch als Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne bezeichnet wird – ein unanfechtbarer, also bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.
25Der gegenüber dem Kläger ergangene Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist ein im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (von Anfang an) rechtswidriger Verwaltungsakt (nachfolgend 1.). Die Beklagte hat über den Antrag vom 28. April 2011 auf Rücknahme dieses Verwaltungsakts nicht ermessensfehlerfrei entschieden und ist daher zu einer Neubescheidung verpflichtet (nachfolgend 2.). Die weitergehenden Voraussetzungen für eine Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ zugunsten des Klägers liegen hier aber nicht vor (nachfolgend 3.). Im Rahmen der Neubescheidung des Rücknahmeantrags des Klägers wird die Beklagte die nachfolgend unter 4. wiedergegebenen Erwägungen zu berücksichtigen haben.
261. Der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007, ein zur Minderung der ausgezahlten Versorgung führender und insofern den Kläger belastender Verwaltungsakt, ist ein im Sinne des § 48 VwVfG vom Zeitpunkt seines Erlasses an rechtswidriger Dauerverwaltungsakt.
27Die Rechtswidrigkeit ergibt sich bereits auf der Ebene der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts. Auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden (formellen) Gesetzesnormen und die daran anknüpfende Steuerung des Rücknahmeermessens,
28vgl. zu Letzterem etwa BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 – 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 25 ff.,
29sowie auf einen etwaigen Verstoß gegen Vorgaben des Unionsrechts kommt es daher nicht an.
30Der rechtliche Ausgangspunkt des Ruhensbescheides findet sich in der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 SVG in der bei Erlass des Ruhensbescheides anzuwendenden Fassung. Nach dessen Satz 1 findet § 55b SVG (das bezieht sich auf die ab 1. Januar 1999 geltende Fassung) Anwendung, soweit Zeiten im Sinne dieser Vorschrift erstmals nach dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was vorliegend keine Rolle spielt. Maßgebend ist daher Satz 2, wonach im Übrigen § 55b in der von 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung (Fassung 1992) anzuwenden ist (Ausgangsberechnung), es sei denn, die Anwendung des § 55b in der von Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (Fassung 1994; Vergleichsberechnung) ist für den Versorgungsempfänger günstiger. Satz 3 ordnet an, dass § 94b Abs. 5 SVG bei der Anwendung des Satzes 2 unberührt bleibt (mit Ausnahme von Zeiten, die erstmals ab dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was hier ebenfalls ohne Bedeutung ist). Der hier allenfalls interessierende § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG bezieht sich auf die Ausgangsberechnung und bestimmt Folgendes: Bei Zeiten im Sinne des § 55b Abs. 1 SVG, die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden (Vomhundertsatz 2,14); soweit Zeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 SVG nach diesem Zeitpunkt zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 an geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass u.a. an die Stelle des Vomhundertsatzes von 1,875 der Satz von 1,0 tritt.
31Demzufolge ist der Ruhensbetrag auf der Grundlage zweier miteinander zu vergleichender Berechnungen zu ermitteln, wobei die für den Versorgungsempfänger günstigere Berechnung den Ausschlag gibt. Die Beklagte hat in ihrer dem Bescheid vom 29. Juni 2007 als Anlage beigefügten Berechnung in Anwendung des § 55b SVG Fassung 1992 auf der Grundlage eines mit einem Verwendungszeitraum von sechs vollen Jahren multiplizierten Minderungssatzes von 11,25 Prozent einen monatlichen Ruhensbetrag in Höhe von (seinerzeit) 492,69 Euro errechnet (Ausgangsberechnung). Diesen Betrag hat sie der getroffenen Ruhensregelung auch im Ergebnis zugrunde gelegt, weil die Vergleichsberechnung nach Maßgabe des § 55b SVG Fassung 1994 nach Auffassung der Beklagten nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hat. Namentlich ergab sich aus dieser Vergleichsberechnung kein für den Kläger günstigerer monatlicher Ruhensbetrag; vielmehr ergab sich mit Blick auf die Ermittlung eines Mindestruhensbetrages (§ 55b Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SVG Fassung 1994) derselbe Monatsbetrag.
32Der Senat kann offen lassen, ob bereits die Ausgangsberechnung rechtsfehlerhaft erfolgt ist. Dies kommt allerdings in Betracht vor dem Hintergrund, dass die Beklagte auf Nachfrage des Senats im Schriftsatz vom 18. Januar 2016 die Auffassung vertreten hat, im Falle des Klägers sei § 96 Abs. 5 Satz 3 SVG mit dem Verweis auf § 94b Abs. 5 SVG anwendbar gewesen. In diesem Falle wäre die dem Ruhensbescheid zugrunde gelegte Ausgangsberechnung fehlerhaft. Diese berücksichtigt nämlich für die vollen Dienstjahre, die der Kläger bei der NAMSA verbracht hat, den einheitlichen Multiplikator 1,875. Auf der Grundlage des § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG hätte für die Jahre bis einschließlich 1991 jedoch der Mulitiplikator 2,14 und für die nachfolgenden Dienstjahre der Mulitiplikator 1,00 angesetzt werden müssen, woraus sich insgesamt ein um etwa 60 Euro niedrigerer Ruhensbetrag errechnet hätte. Bedenken gegen diesen Ansatz ergeben sich allerdings daraus, dass die Vorschrift des § 94b SVG nach dessen Abs. 3 Satz 1 wohl nur Anwendung findet, wenn die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach der bis Ende 1991 anwendbaren, degressiv verlaufenden Ruhegehaltssatzkurve zu einem für den betroffenen Beamten günstigeren Ergebnis führt als die ab 1992 durchzuführende lineare Berechnung des Ruhegehaltssatzes.
33Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Oktober 1996 – 10 A 10751/96 –, juris, Rn. 25.
34Ausweislich der dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 27. Juni 2007 beigefügten Berechnung des Ruhegehaltssatzes erreichte der Kläger aber schon bei linearer Berechnung den maximalen Ruhehaltssatz von 75 vom Hundert, so dass in seinem Fall der Ruhegehaltssatz nicht nach § 94b SVG berechnet wurde. Letztlich bedarf die Anwendung des § 94b SVG und namentlich seines Absatzes 5 aber keiner Entscheidung. Der Ruhensbescheid erweist sich auch bei unterstellter rechtsrichtiger Berechnung des Ruhensbetrages in der Ausgangsberechnung als rechtswidrig, weil die erforderliche Vergleichsberechnung zum Nachteil des Klägers fehlerhaft durchgeführt worden ist.
35Denn die auf der Grundlage der Fassung 1994 des § 55b SVG durchzuführende Vergleichsberechnung erweist sich auch in der von der Beklagten angenommenen Situation der einander der Höhe nach entsprechender Monats(end)beträge aus einem anderen, offenbar von der Beklagten nicht mit bedachten Gesichtspunkt als für den Kläger günstiger. Im Ergebnis hätte die Beklagte deswegen nicht die Fassung 1992, sondern die Fassung 1994 des SVG als nach der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG für die Ruhensberechnung maßgebliche Gesetzesfassung dem Ruhensbescheid zugrunde legen müssen.
36Das vollständige Aufzehren der verrenteten Kapitalabfindung muss – auch in zeitlicher Hinsicht – die prinzipiell maßgebliche Grenze für die Gesamtheit der in dem betreffenden Versorgungsfall anfallenden Ruhensbeträge nach § 55b SVG bilden. Das folgt bei Soldaten, für die – und sei es auch nur im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach dem Günstigkeitsprinzip – das Soldatenversorgungsgesetz in den ab 1. Oktober 1994 geltenden Fassungen Anwendung findet, unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG mit der dortigen Verweisung (u.a.) auf den Absatz 1 der Norm. Im Satz 3 des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Ruhensbetrag die von der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf (Hervorhebung durch den Senat).
37Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss in den Fällen der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt der Ruhensbescheid den Zeitpunkt festlegen (und somit auch angeben), zu dem die Laufzeit des Ruhens eines Teils der Versorgungsbezüge eines Beamten oder Soldaten endet (Endzeitpunkt). Diese Festlegung hat regelmäßig auf den Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Beamte oder Soldat die sich aus der Sterbetafel ergebende statistische Lebenserwartung erreicht. Ein anderer Zeitpunkt kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn etwa infolge eines gesetzlich vorgegebenen Mindestruhebetrags der in Rede stehende Kapitalbetrag schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt vollständig abgegolten sein wird.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18 und 22.
39Die zeitliche Begrenzung von Ruhensregelungen entspricht deren Zweck, in Gestalt eines Auszahlungshindernisses (allein) zu verhindern, dass im Ruhestand befindliche Soldaten oder Beamte aus öffentlichen Kassen insgesamt mehr erhalten als die Versorgung, die sie erdient haben. Ruhensregelungen dürfen deswegen nicht dazu führen, dass ein Teilbetrag der festgesetzten Versorgung einbehalten wird, obwohl die so herbeigeführte Versorgungslücke nicht durch eine anderweitige Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse ausgeglichen wird. Ein Ruhen ohne eine vollständige Kompensation stellt sich nämlich als eine Kürzung der festgesetzten Versorgung dar, die nicht vom Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation gedeckt wird bzw. bei Soldaten – unter Anwendung entsprechender Maßstäbe – ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreift.
40Demgegenüber enthielt das Soldatenversorgungsgesetz in der Fassung 1992 (und davor) an der betreffenden Stelle eine Verweisung lediglich auf den § 55b Abs. 1Satz 1. Wesentlich diesem Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht entnommen, dass eine Auslegung des damaligen einfachen Gesetzesrechts– auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung – nicht auf die Geltung der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Kappungsgrenze auch in der Fallgruppe der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt führen könne, vielmehr das damalige Gesetz in diesem Punkt verfassungswidrig sei.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 –, Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 = juris, Rn. 10 ff.
42Daraus ergibt sich, dass – Fragen der Verfassungskonformität des einfachen Gesetzesrechts angesichts der noch fehlenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeklammert – Betroffene erst ab der Fassung 1994 des § 55b SVG davon „profitieren“ können, dass schon im Rahmen der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts die (Summe aller) Ruhensbeträge die anderweitig gewährte Versorgung insgesamt nicht übersteigen darf. Soweit darauf aufbauend in dem Ruhensbescheid ein begrenzender Endzeitpunkt festzulegen ist, wirkt sich das bei wertender Betrachtung für den Betroffenen positiv, nämlich im Sinne einer Absicherung seiner Rechtsstellung, aus.
43Somit hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Vergleichsberechnung nach der Fassung 1994 des § 55b SVG die Laufzeit der Ruhensbeträge von vornherein im Wege der Bestimmung eines Endzeitpunktes begrenzen müssen. Das hätte sich für den Kläger im Verhältnis zu der Fassung 1992 des § 55b SVG günstig ausgewirkt. Infolgedessen hätte die Fassung 1994 dem Ruhensbescheid einschließlich der dortigen Berechnung des Ruhensbetrags als hier im Sinne des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG maßgeblich zugrunde gelegt werden müssen. Das hätte – mit Blick auf die Mindestruhensbetragsregelung – zwar nicht zu einem abgesenkten Monatsbetrag des Ruhens, wohl aber zu einer Begrenzung des Gesamtruhensbetrages durch die Bestimmung eines Endzeitpunktes geführt. Weil dies nicht geschehen ist, erweist sich der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 als rechtswidrig.
44Auf weiter hinzutretende Rechtsfehler kommt es, um die Voraussetzungen für eine Rücknahme dieses Ruhensbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu begründen, nicht an. Der Senat merkt allerdings an, dass sich zwei noch in Betracht zu ziehende Fehler in dem konkreten Fall auf das Ergebnis der Ruhensregelung nicht ausgewirkt haben.
45Für die erfolgte „Dynamisierung“, also Verzinsung des Kapitalbetrags für die Zeit zwischen seiner Auszahlung im Jahr 1995 und dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand im Jahr 2007 fehlte es bis einschließlich 27. März 2008 an einer erforderlichen gesetzlichen Grundlage und die seither geltende gesetzliche Regelung ist auf Soldaten, die sich wie der Kläger am 28. März 2008 bereits im Ruhestand befanden, nicht anzuwenden.
46Vgl. zum entsprechend ausgestaltet gewesenen Beamtenversorgungsrecht BVerwG, Urteile vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 11, 12, und zur Verfehlung des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts bereits vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 24 ff.
47Die Vergleichsberechnung der Beklagten geht demzufolge von einem zu hohen Kapitalbetrag (statt 93.735,33 Euro hätten nur 81.521 Euro berücksichtigt werden dürfen) aus, weswegen auch der angenommene verrentete Kapitalbetrag von 710,96 Euro entsprechend zu hoch ausgefallen ist. Das hat sich hier aber im Ergebnis nicht ausgewirkt, weil die Vergleichsberechnung nach mehreren weiteren Rechenschritten auf den mit 492,69 Euro ermittelten Mindestruhensbetrag geendet hat. Der Mindestruhensbetrag war aber vorliegend in der schon für die Ausgangsberechnung vorgesehenen Art, für die die Dynamisierung keine Rolle spielt, zu berechnen.
48Des Weiteren verstieß es hier zunächst gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, dass die wesentlichen Determinanten für die Verrentung des Kapitalbetrages nicht auf gesetzlichen Vorgaben beruhten, sondern vom Dienstherrn selbsttätig gesetzt worden waren.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 25, 30 ff.
50Der insofern im Erlasszeitpunkt rechtswidrige Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist aber – für den gesamten im Berufungsrechtszug streitgegenständlichen Zeitraum – mit Wirkung vom 28. März 2008 in diesem Punkt vom Grundsatz her rechtmäßig geworden, weil der Gesetzgeber rückwirkend zu jenem Zeitpunkt die erforderlichen gesetzlichen Festlegungen mit Gesetz vom 5. Februar 2009 geschaffen hat (durch § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG, der u.a. auf § 55a Abs. 1 Satz 9 verweist, der seinerseits Vorschriften des Bewertungsgesetzes in Bezug nimmt). Diese Rechtsänderung, welche die bisherige Praxis der Beklagten gesetzlich normierte, ist auch für die Ruhestandsbeamten bzw. Soldaten im Ruhestand zu berücksichtigen, die wie der Kläger am 28. März 2008 vorhanden waren.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 15, 16.
52Dass im Falle des Klägers eine Verzinsung während der ersten 9 Monate nach Beginn des Ruhestandes nicht vorgenommen werden durfte, ist in diesem Zusammenhang ein vernachlässigbarer Faktor, der nicht zu einem unterhalb von 492,69 Euro liegenden Monatsbetrag geführt haben dürfte.
532. Die Beklagte hat das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen, den Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 (teilweise) zurückzunehmen, um ihn – hier durch Festlegung eines Endzeitpunktes für den Ruhenszeitraum – der maßgeblichen Rechtslage anzupassen, nicht fehlerfrei ausgeübt. Das betrifft gerade den hier noch streitbefangenen Zeitraum ab dem 28. März 2008.
54Der Ablehnungsbescheid vom 1. Juli 2011 verhält sich überhaupt noch nicht zu der Frage der Rücknahme nach § 48 VwVfG, sondern bezieht sich ausschließlich auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG. In der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2011 wird dann zwar die Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG behandelt. Es ist in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich (nur) davon die Rede, der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich infolge der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVGfür die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 als rechtswidrig (Hervorhebung durch den Senat). Zur Begründung ist angegeben, der Bescheid habe im Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrt, denn die bei der Ermittlung des Ruhensbetrages angewandte Berechnungsmethode habe nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 nicht mit der Rechtsordnung in Einklang gestanden.
55Dies zugrunde gelegt, ist auch im Widerspruchsbescheid nicht erkennbar geworden, dass die Beklagte hinsichtlich der Zeit ab dem 28. März 2008 überhaupt eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Frage einer Rücknahme des Ruhensbescheids nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG getroffen hat. Denn offenbar hatte sie für jenen Zeitraum bereits das Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts – als Voraussetzung seiner Rücknahme – verneint.
563. Allerdings vermag der Senat – insofern abweichend von dem erstinstanzlichen Urteil – nicht festzustellen, dass sich das Rücknahmeermessen der Beklagten zugunsten des Klägers „auf Null“, also in Richtung auf einen strikten Anspruch auf Rücknahme, reduziert hat. Die betreffende Beurteilung hat für die vorliegende Verpflichtungsklage von den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren auszugehen, weil das einschlägige materielle Recht keinen davon abweichenden Zeitpunkt bestimmt.
57Wie das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete Rücknahmeermessen belegt, ist der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führende Rechtsverstoß als solcher prinzipiell noch kein ausreichender Grund für eine Ermessensreduzierung. Vielmehr räumt der Gesetzgeber bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes bzw. dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung noch den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit– jeweils als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips – einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr (im Ausgangspunkt) gleichberechtigt nebeneinander. Dementsprechend gibt es auch keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben.
58Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/04 –, BVerfGE 116, 24 = juris, Rn. 80, und Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 1982/01 –, BVerfGE 117, 302 = juris, Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, NVwZ 2011, 888 = ZBR 2012, 35 = juris, Rn. 14.
59Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob solches angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab.
60Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 11, m.w.N.
61Unbeschadet der insoweit – zumindest als etwaiges Korrektiv – stets gebotenen Betrachtung des Einzelfalles haben sich in der Rechtsprechung bestimmte Fallgruppen herausgebildet, in denen die geforderte Unerträglichkeit einer Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes im Allgemeinen zu bejahen sein wird. Hierunter fällt etwa, dass die Aufrechterhaltung als Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheint, dass der Verwaltungsakt schon im Erlasszeitpunkt offensichtlich rechtswidrig war oder dass das einschlägige Fachrecht dem Rücknahmeermessen eine bestimmte Richtung vorgibt.
62Vgl. Hamburgisches OVG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 1 Bf 10/12 –, ZBR 2013, 309 = juris, Rn. 37, mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
63Ferner kommt eine Ermessensreduzierung in Anwendung des Gleichheitssatzes in Betracht, wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen den rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückgenommen hat.
64Schließlich ist für die Abwägung der oben genannten widerstreitenden Rechtsgüter auch von Bedeutung, ob es um eine Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit, namentlich schon vom Erlasszeitpunkt an, oder aber (nur) um eine solche mit Wirkung von einem späteren Zeitpunkt an bzw. für die Zukunft geht.
65Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 – 4 S 1790/10 –, juris,Rn. 31 ff. bzw. 41 ff.
66Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kommt dabei namentlich bezogen auf die Vergangenheit ein besonderes und insoweit zumeist überwiegendes Gewicht zu. Das hat vor allem Bedeutung für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung.
67Eine zeitliche Zäsur besonderer Art greift nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Fallgruppe derjenigen bestandskräftigen Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, deren Rechtswidrigkeit darauf beruht, dass sie auf der Grundlage eines verfassungswidrigen Gesetzes ergangen sind, wobei die Frage eines Verfassungsverstoßes im Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht abschließend geklärt war. Insoweit gilt, dass es unter Orientierung an der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 BVerfGG für die Determinierung des Rücknahmeermessens maßgeblich auf den Zeitpunkt des Nichtigkeitsausspruchs durch das Bundesverfassungsgericht ankommt. Während die Verwaltung für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung ermessensfehlerfrei ablehnen kann, wenn nicht sogar ablehnen muss (Rückabwicklungsverbot), setzt sich für die Zeit danach der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Konfliktfall gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch, ist also der bestandskräftige Verwaltungsakt im Regelfall ab diesem Zeitpunkt an die sich aus der Nichtigerklärung ergebende Rechtslage anzupassen.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2012– 2 C 59.11 –, BVerwGE 145, 14 = NVwZ 2013, 444 = juris, Rn. 20 ff., vom 26. September 2012– 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 24 ff., und auch bereits vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 15, sowie den Beschluss vom 8. Mai 2013 – 2 B 5.13 –, ZBR 2013, 306 = juris, Rn. 10 f.
69Hiervon ausgehend gibt es für eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zugunsten des Klägers bezüglich einer die Zeit ab dem 28. März 2008 betreffenden Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juli 2007 unter dem Blickwinkel einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der in dem Ruhensbescheid angewendeten Rechtsgrundlagen derzeit (noch) keinen Raum. Allerdings sind vor dem Bundesverfassungsgericht Normenkontrollverfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b Abs. 3 Satz 1 SVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 843) sowie in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218) und– bei paralleler Rechtslage – der Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs. 2BeamtVG in der bis zum 31. Januar 1991 geltenden Fassung anhängig (die dortigen Aktenzeichen lauten 2 BvL 10/11 und 2 BvL 28/14).
70Vgl. die Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des OVG Rheinland-Pfalz vom 11. November 2011 – 10 A 10757/11.OVG – (n.v.) und des VG München vom 18. November 2014 – M 21 K 12.2042 –, juris.
71Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und damit eine mögliche Nichtigkeitsfeststellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen steht bisher aber noch aus.
72Auch nach allgemeinen Grundsätzen im Wege einer Gewichtung der widerstreitenden Rechtsgüter und Interessen unter Berücksichtigung der anerkannten Fallgruppen ergibt sich für die Sachlage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht, dass die Beklagte das ihr zukommende Ermessen nur durch die Rücknahme des Ruhensbescheids hätte rechtmäßig ausüben können.
73Zunächst besteht kein Anhalt dafür, dass die Beklagte den Fall des Klägers zu dessen Nachteil – und dabei ggf. zugleich treuwidrig – anders behandelt hätte als sonstige Fälle, die mit diesem Fall wesentlich vergleichbar sind.
74Es lässt sich ferner nicht eindeutig bejahen, dass der hier in Rede stehende Ruhensbescheid nach § 55b SVG von Anfang an als offensichtlich rechtswidrig zu bewerten oder eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit jedenfalls zum 28. März 2008 eingetreten ist. Insofern ist vorliegend zu bedenken, dass die von der Beklagten durchgeführte Ausgangsberechnung des Ruhensbetrages nach dem unter 1. Ausgeführten jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft ist. Die der Vergleichsberechnung anhaftenden Rechtsanwendungsfehler sind entweder erst etliche Jahre später in der Rechtsprechung klar hervorgetreten,
75vgl. für die Notwendigkeit der Bestimmung eines Endzeitpunktes für die Verrentung eines Kapitalbetrages BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18,
76oder haben sich wie die rechtswidrige Dynamisierung des Kapitalbetrages oder das Fehlen gesetzlicher Determinanten seiner Verrentung im Fall des Klägers im Ergebnis auf den Ruhensbetrag nicht ausgewirkt.
77Im Übrigen kann in die Ermessenserwägungen eingestellt werden, dass es eine Reihe von (verfassungsrechtlichen und/oder unionsrechtlichen) Rechtsbedenken gibt hinsichtlich der für die Fallgruppe der Kapitalbeträge im Gesetz bestimmten konkreten Berechnungsfaktoren und -größen für das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 55b SVG. Das bezieht sich namentlich auf die im Wege der Verweisung auf die Maßstäbe des § 14 des Bewertungsgesetzes erfolgten Vorgaben wie den fixen Zinssatz von 5,5 % für die Verrentungsphase und die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 23 ff.; ferner etwa auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 –, IÖD 2011, 137 = juris, Rn. 32 ff., insb. 54 ff.
79Auch steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- und Soldatenversorgungsrechts noch aus. Die Beklagte kann diese Gesichtspunkte unter dem Blickwinkel in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen, dass eine zeitnahe Aufhebung des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 und eine Neuberechnung und -regelung des Ruhensbetrages auf der Grundlage des einfachgesetzlich geltenden Rechts ihrerseits sogleich wieder angreifbar wäre und auch neue Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen könnte.
80Ist allerdings der Kapitalbetrag (einschließlich einer gesetzlich vorgegebenen Verzinsung in der Verrentungsphase) durch das Ruhen von Versorgungsbezügen aufgezehrt, tritt dieser Aspekt in den Vordergrund der Ermessensausübung. Das hängt damit zusammen, dass es hier um Dauerverwaltungsakte mit einer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mitunter ganz erheblichen finanziellen Bedeutung für den betroffenen Versorgungsempfänger geht. Relevante Faktoren für diese Bedeutung sind zum einen die Höhe des monatlichen Ruhensbetrages (in Relation zum gezahlten Ruhegehalt), zum anderen – und gerade dies in besonderem Maße – aber auch die (Gesamt-)Dauer des Ruhenszeitraums. Denn die durch das Ruhen der Bezüge für den Betroffenen in den Rücknahmefällen rechtswidrig ausgelöste Belastung summiert sich in der Regel über eine Vielzahl von Jahren, wenn nicht häufig sogar Jahrzehnten. Gerade daraus kann sich im Ergebnis die objektive Unerträglichkeit und Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung eines solchermaßen belastenden rechtwidrigen Zustandes in Abwägung mit der Bestandskraft zugrunde liegender Bescheide ergeben. Denn es geht hier nicht um die Kürzung irgendwelcher Zahlungen. Inmitten steht vielmehr der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch der Beamten und Soldaten auf eine gesetzmäßige und ungeschmälerte Versorgung.
81Der Senat bewertet in diesem Zusammenhang namentlich solche Eingriffe in den Versorgungsanspruch als schlechthin unerträglich, welche im Wesentlichen nur mit Blick auf die Bestandskraft des zugrunde liegenden Verwaltungsakts fortgesetzt werden, obwohl der tragende Grund und Zweck für ein Fortdauern der Ruhensregelung schon klar entfallen ist. Das meint die Fälle, in denen der ehedem an Versorgungs statt empfangene Kapitalbetrag auf der Grundlage einer an den gesetzlichen Maßgaben orientierten Verrentungsberechnung bereits vollständig abgeschmolzen, also aufgebraucht ist, gleichwohl die Ruhensregelung aber noch weiter aufrecht erhalten wird. Durch ein solches Vorgehen werden die Betroffenen typischerweise deutlich stärker belastet als bei einem etwa infolge unrichtiger Berechnung „nur“ zu hoch angesetzten monatlichen Ruhensbetrag in der Phase vor dem Erreichen des Zeitpunktes des vollständigen Aufzehrens des Kapitalbetrags. Denn in der Phase nach jenem Zeitpunkt erweisen sich alle weiterhin einbehaltenen Ruhensbeträge in ihrem vollen Umfang als unberechtigt. Dieser besonders gewichtige Umstand rechtfertigt es, an ihn bereits regelmäßig– und nicht nur bei im Einzelfall besonders hohen Monatsbeträgen – eine zeitliche Zäsur für ein „auf Null“ reduziertes Rücknahmeermessen zu knüpfen. Das meint, dass der Dienstherr dann, wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, die Rücknahme des Ruhensbescheides in aller Regel nicht mehr ermessensfehlerfrei wird ablehnen können.
82Die vorstehenden Erwägungen erlangen vor allem in den Fällen Bedeutung, in denen wie hier in dem Ruhensbescheid rechtswidrig von vornherein kein Endzeitpunkt festgelegt wurde. Denn gerade dort kommt es wesentlich darauf an, ob der Ruhensbescheid über den Zeitpunkt des vollständigen Abschmelzens des Kapitalbetrags hinaus aufrechterhalten worden ist bzw. wird.
83Die zur Ermittlung dieses Zeitpunkts nötige Berechnung zu erstellen, fällt in den Verantwortungsbereich des Dienstherrn. Über das Ergebnis dieser Berechnung ist der Soldat (bzw. Beamte) im Rahmen des dienstlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses rechtzeitig, d.h. mindestens sechs Monate vor dem Erreichen des Zeitpunkts des „Umschlagens“, in Kenntnis zu setzen, damit er darauf ggf. mit einem Rücknahmeantrag und der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes reagieren kann, wenn die Behörde sich nicht von sich aus zur Rücknahme des Ruhensbescheides entschließt.
84Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall: Der Kläger hat in seiner Berufungserwiderung (Schriftsatz vom 25. September 2015, Seite 4) unter ergänzender Bezugnahme auf die beigefügte Anlage K 1 – Aufstellung der bisherigen Abzüge bis einschließlich September 2015 – selbst mitgeteilt, dass der von ihm erhaltene Kapitalbetrag noch nicht aufgezehrt sei, sondern dies (bei einer keine Verzinsung enthaltenen Berechnung) erst in etwa vier Jahren eintreten werde. Dies ist anhand des mit beigefügten Zahlenwerks nachvollziehbar. Da die mündliche Verhandlung vor dem Senat nur ca. vier Monate später stattgefunden hat, hat sich daran in der Zwischenzeit nichts Wesentliches geändert. Damit liegt derzeit aber (noch) kein Sachverhalt vor, der das Ermessen der Beklagten in Richtung auf die Rücknahme des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 als einzige rechtmäßige Entscheidung reduziert hat. Etwaige sonst durchgreifende Gesichtspunkte, z.B. besondere einzelfallbezogene Härtegründe, die ggf. auch eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zur Folge gehabt haben könnten, sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Deswegen muss der Senat in diesem Zusammenhang nicht abschließend darüber entscheiden, ob auch in einem Hauptsacheverfahren ein Fall der Ermessensreduzierung „auf Null“ anzunehmen ist, wenn der Betroffene durch eine ungerechtfertigt aufrechterhaltene Ruhensregelung nach § 55b SVG (im Einzelfall) in eine existenzielle, zumindest aber schwerwiegende finanzielle Notlage gerät.
85Vgl. in diesem Zusammenhang – dort allerdings Eilverfahren betreffend – die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 12. Februar 2013 – 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 1311 B 1319/12 –, jeweils juris, Rn. 22 (vor dem Hintergrund der Anforderungen an eine durch das bisherige Fehlen der Nichtigerklärung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht nicht gesperrte vorläufige Regelung im Verfahren nach § 123 VwGO).
864. Bei ihrer Neubescheidung des Antrags auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007, was den Zeitraum ab dem 28. März 2008 betrifft, wird die Beklagte Folgendes zu beachten haben: Sie muss zunächst eine Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auch bezogen auf den o.g. Zeitraum treffen. In diese Entscheidung muss sie gewichtend die abwägungsrelevanten Ermessensgesichtspunkte einstellen, die für bzw. gegen eine Rücknahme sprechen. Welche das sind, ergibt sich hier im Wesentlichen aus den vorstehenden Ausführungen unter Gliederungspunkt 3. der Entscheidungsgründe dieses Urteils. Davon ausgehend kommt hier insbesondere dem Gesichtspunkt des vollständigen Aufzehrens/Abschmelzens des Kapitalbetrags im Sinne einer zeitlichen Zäsur Bedeutung zu. Diesen Zeitpunkt wird die Beklagte rechnerisch konkret bestimmen müssen, und zwar unter Durchführung einer Verrentung des für die Phase bis zum Ruhestand nicht „dynamisierten“ vom Kläger erhaltenen, bis zum 28. März 2008 bereits zu einem Teil abgeschmolzenen und auch in der Folgezeit weiter abschmelzenden Kapitalbetrags. Die nähere Bestimmung des Verrentungszeitraums und die Höhe einer darauf bezogenen Verzinsung haben sich, solange die hier anwendbaren gesetzlichen Vorschriften vom Bundesverfassungsgericht nicht für nichtig erklärt worden sind, nach dem einschlägigen Gesetzesrecht in der für diesen Fall anwendbaren Fassung zu richten, mit Blick auf die Heranziehung von Sterbetafeln allerdings unter Beachtung eines ggf. bestehenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts. Über das Ergebnis der Berechnung hat die Beklagte den Kläger, wie hier schon an anderer Stelle bemerkt, rechtzeitig vorab in Kenntnis zu setzen.
87Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
89Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Erhalten aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst (§ 53 Absatz 6) an neuen Versorgungsbezügen
- 1.
ein Soldat im Ruhestand Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung, - 2.
eine Witwe oder Waise aus der Verwendung des verstorbenen Soldaten oder Soldaten im Ruhestand Witwengeld, Waisengeld oder eine ähnliche Versorgung, - 3.
eine Witwe Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung,
(2) Als Höchstgrenze gelten
- 1.
für Soldaten im Ruhestand (Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) das Ruhegehalt, das sich unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltfähigen Dienstzeit und der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das frühere Ruhegehalt berechnet, ergibt, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1, - 2.
für Witwen und Waisen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2) das Witwen- oder Waisengeld, das sich aus dem Ruhegehalt nach Nummer 1 ergibt, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1, - 3.
für Witwen (Absatz 1 Satz 1 Nummer 3) 71,75 Prozent, in den Fällen des § 27 Absatz 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 36 des Beamtenversorgungsgesetzes 75 Prozent und in den Fällen des § 27 Absatz 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 37 des Beamtenversorgungsgesetzes oder den Fällen des § 42a dieses Gesetzes 80 Prozent, der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das dem Witwengeld zugrunde liegende Ruhegehalt bemisst, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1.
(3) Im Falle des Absatzes 1 Nummer 3 ist neben dem neuen Versorgungsbezug mindestens ein Betrag in Höhe von 20 Prozent des früheren Versorgungsbezuges zu belassen.
(4) Erwirbt ein Soldat im Ruhestand einen Anspruch auf Witwergeld, Witwengeld oder eine ähnliche Versorgung, so erhält er daneben sein Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1 nur bis zum Erreichen der in Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 und 5 bezeichneten Höchstgrenze. Beruht das Witwergeld, das Witwengeld oder die ähnliche Versorgung auf dem Recht eines anderen Dienstherrn und gewährt dieser eine einmalige Sonderzahlung, so ist die monatliche Höchstgrenze um ein Zwölftel der tatsächlich an die Witwe oder den Witwer gewährten Sonderzahlung zu erhöhen. Die Gesamtbezüge dürfen nicht hinter seinem Ruhegehalt zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1 sowie eines Betrages in Höhe von 20 Prozent des neuen Versorgungsbezuges zurückbleiben.
(4a) Ist ein an der Ruhensregelung beteiligter Versorgungsbezug auf Grund eines Versorgungsausgleichs zu kürzen, bleibt die Kürzung bei der Anwendung der Absätze 1 bis 4 unberücksichtigt. § 55c ist auf den nach Anwendung der Absätze 1 bis 4 verbleibenden Versorgungsbezug anzuwenden.
(5) Auf Empfänger von Übergangsgebührnissen und ihre Hinterbliebenen sind die Absätze 1 bis 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Höchstgrenzen des Absatzes 2 die Dienstbezüge treten, aus denen die Übergangsgebührnisse berechnet sind, zuzüglich des Unterschiedsbetrages nach § 47 Absatz 1.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten der Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beklagte wendet sich mit ihrem Zulassungsantrag gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit welchem dieses die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ablehnenden Bescheide verpflichtet hat, die maßgeblichen Ruhensbescheide vom 28. Dezember 1994 und 8. Januar 1996 aufzuheben und erneut über die Versorgungsbezüge des Klägers zu entscheiden. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Der Anspruch folge aus §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 VwVfG. Erstens seien die beiden Ruhensbescheide schon aus Gründen des einfachen Rechts von Anfang an rechtswidrig. Denn die Beklagte habe es versäumt, die nach der gesetzlichen Systematik und dem Sinn und Zweck der Ruhensregelungen gebotene Bestimmung eines Endzeitpunktes für das – teilweise – Ruhen der Versorgungsbezüge vorzunehmen. Zweitens sei das Rücknahmeermessen hier „auf Null“ reduziert. Die Besonderheiten des Einzelfalles erforderten hier ein Abweichen von der grundsätzlichen gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, nach der es verboten sei, unanfechtbare Entscheidungen nach der Nichtigerklärung der sie tragenden Norm durch das Bundesverfassungsgericht für die Zeit bis zu der Nichtigerklärung rückabzuwickeln. Diese Besonderheiten lägen in Folgendem: Die Beklagte gehe in ihrer Verwaltungspraxis selbst schon von der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Fassungen des § 55b SVG aus, also bereits im Vorfeld der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Darüber hinaus sei die Aufrechterhaltung der Ruhensbescheide auch aus anderen Gründen schlechthin unerträglich. Im Rahmen des gegenseitigen Treueverhältnisses und angesichts der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei es dem Kläger nämlich nicht zuzumuten, die massive Verletzung der Alimentationspflicht des Dienstherrn weiter hinzunehmen, welche hier schon seit langem bestehe, weil bereits das Dreifache des Kapitalbetrages zum Ruhen gebracht worden sei.
3Dieser auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Zum Teil erfüllt das Zulassungsvorbringen schon nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Im Übrigen liegen die genannten Zulassungsgründe auf der Grundlage der maßgeblichen (fristgerechten) Darlegungen nicht vor.
41. Der in der Zulassungsbegründungsschrift benannte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht gegeben. Eine die Berufung eröffnende Divergenz im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts oder in der Rechtsprechung eines ansonsten in der Vorschrift aufgeführten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
5Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 21. April 2010– 1 A 1326/08 –, juris, Rn. 34, und vom 25. Januar 2012 – 1 A 640/10 –, juris, Rn. 2.
6Unter Rechtssätzen ist dabei die sprachliche Form zu verstehen, die über die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts hinausgeht und den Inhalt der (selben) Norm– Voraussetzungen und Rechtsfolgen – in abstrakter, d.h. vom Einzelfall gelöster Weise näher umschreibt.
7Vgl. etwa Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 124 Rn. 41 i. V. m. § 132 Rn. 26, m.w.N.
8Die Beklagte macht insoweit geltend: Das Verwaltungsgericht habe „unbeachtet gelassen“, dass nach der Rechtsprechung des ihm übergeordneten Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ein Grund für eine Anpassung von Ruhensbescheiden der vorliegenden Art schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Nichtigerklärung der maßgeblichen Norm durch das Bundesverfassungsgericht nicht schon aus dem Umstand hergeleitet werden könne, dass der Anspruch auf eine amtsangemessene Versorgung bei unterstellter Verfassungswidrigkeit der in dem bestandskräftigen Ruhensbescheid angewendeten Vorschrift des Versorgungsrechts über Jahre hin und in insgesamt beträchtlichem Umfang unerfüllt geblieben sei und ggf. weiter bleiben werde. Nach dieser Rechtsprechung sei für eine vorzeitige Anpassung vielmehr zu fordern, dass die weitere Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erkennbar unzumutbare, sozusagen „unerträgliche“ Folgen hätte; hierzu habe das Oberverwaltungsgericht das Vorliegen einer existenziellen, zumindest aber schwerwiegenden finanziellen Notlage gefordert.
9Dieses Vorbringen verfehlt bereits die Anforderungen an eine hinreichende Darlegung. Denn die Beklagte hat den von ihr (weitgehend, aber nicht vollständig zutreffend) wiedergegebenen Rechtssätzen des Senats
10– vgl. die Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2013– 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 11 B 1319/12 –, jeweils: juris, Rn. 20 bis 22 –
11schon keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz gegenübergestellt, mit welchem das Verwaltungsgericht den zitierten Rechtssätzen widersprochen
12– dazu, dass das Aufzeigen einer (nur) fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das übergeordnete Divergenzgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Divergenzrüge genügt, vgl. etwa Kuhlmann, in: Wysk, 2. Aufl. 2016, § 124a Rn. 56, und – zur parallelen Problematik bei der Nichtzulassungsbeschwerde – BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 –, NJW 1997, 3328 = juris, Rn. 3 –
13haben soll.
14Unabhängig davon ist eine Divergenz aber auch der Sache nach nicht gegeben. Denn die von der Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen des Senats in den vorzitierten Beschlüssen vom 12. Februar 2013 betreffen nicht die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegte, vom Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel gezogene Fallgestaltung, dass die fraglichen Ruhensregelungen schon aus Gründen des einfachen Rechts von Anfang an rechtswidrig waren, sondern befassen sich allein mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vornahme einer Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Nichtigerklärung der maßgeblichen Norm aus Gründen des Verfassungsrechts durch das Bundesverfassungsgericht erreicht werden kann. Zudem betreffen die von der Beklagten herangezogenen Ausführungen des Senats in den Beschlüssen vom 12. Februar 2013 gerade diejenigen Anforderungen, die in einem – hier aber nicht gegebenen – Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erfüllt sein müssen, um eine vorzeitige Anpassung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts an die voraussichtliche Verfassungsrechtslage schon im Wege einer solchen außerhalb des Hauptsacheverfahrens ergehenden Anordnung des Gerichts zu rechtfertigen. Das ergibt sich ohne Weiteres aus den einschlägigen Ausführungen des Senats, nach denen die vorzeitige Anpassung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts an die voraussichtliche Verfassungsrechtslage „auch durch eine vorläufige Regelung/Anordnung des Gerichts“ davon abhängen soll, dass die weitere Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erkennbar unzumutbare, sozusagen „unerträgliche“ Folgen hätte.
15Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2013– 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 11 B 1319/12 –, jeweils: juris, Rn. 22.
16Ferner wird dieser spezielle, hier nicht gegebene Bezug auch durch die unmittelbar nachfolgenden, im Folgenden zitierten Erwägungen des Senats bestätigt:
17„Bezogen auf den Anspruch auf amtsangemessene Alimentation können sich solche Folgen namentlich aus dem Vorliegen bzw. Auftreten einer existenziellen, zumindest aber schwerwiegenden finanziellen Notlage ergeben, welche nur durch sofortige Zahlung behoben werden kann, in Bezug auf deren voraussehbare Folgen also ein nachträglicher Ausgleich erkennbar nicht möglich ist. Das entspricht in etwa dem Maßstab, den das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung für das Bestehen eines Anordnungsgrundes angelegt hat“ (Hervorhebungen durch den Senat).
18Für eine Fallgestaltung, welche der hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Fallgestaltung (anfängliche Rechtswidrigkeit der Ruhensbescheide schon aus Gründen des einfachen Rechts) entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –, juris, Rn. 55 ff. (79 bis 81), inzwischen klargestellt, dass der Dienstherr dann, wenn der an Versorgungs statt empfangene Kapitalbetrag durch eine Ruhensregelung nach § 55b SVG (Verwaltungsakt mit Dauerwirkung) – wie hier – bereits vollständig aufgezehrt ist, die von dem Betroffenen (klageweise) begehrte Rücknahme des Ruhensbescheides in aller Regel nicht mehr ermessensfehlerfrei ablehnen kann. Das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen hat sich danach in einer solchen Situation vielmehr – im Sinne einer Zäsur – grundsätzlich „auf Null“ reduziert, weil dann ein vollumfänglich unberechtigter, als schlechthin unerträglich zu bewertender Eingriff in den Versorgungsanspruch vorliegt.
192. Es bestehen ferner keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
20Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 186, 194.
21In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erfolgen.
22Die Beklagte wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es lägen hier Besonderheiten vor, die schon gegenwärtig zu einer Aufhebung der in Rede stehenden Ruhensbescheide zwängen, und führt insoweit zunächst aus: Das Verwaltungsgericht lege – wohl aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Missverständnisses – zu Unrecht zugrunde, die Beklagte gehe selbst von der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Fassungen des § 55b SVG aus und habe mit ihrer an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angepassten Handhabung der Ruhensregelungen selbst die materielle Gerechtigkeit höher gewichtet als die Rechtssicherheit. Eine solche Gewichtung habe sie aber nur in bestimmten Fällen vorgenommen und dabei stets verlangt, dass der Ruhensbescheid noch nicht bestandskräftig sei. Dieses Vorbringen greift nicht durch. Das gilt schon deshalb, weil es auf die Frage der Fehlerhaftigkeit dieser tatsächlichen Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht ankommt. Es spricht bereits viel dafür, dass diese Feststellung die Annahme einer Ermessensreduzierung „auf Null“ nicht tragen, sondern die anderweitig gefundene Begründung dieser Annahme nur bestätigen soll. Aber auch dann, wenn es sich um ein tragendes Begründungselement handeln sollte, ist das hierauf bezogene Zulassungsvorbringen unerheblich. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung, die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Ruhensbescheide sei schlechthin unerträglich, jedenfalls auch auf eine andere, selbständig tragende Erwägung gestützt, nämlich auf die Erwägung, es liege hier im Rahmen des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses ein massiver, nicht zu rechtfertigender Eingriff in den Alimentationsanspruch des Klägers vor, weil schon Ende 2014 das Dreifache des Kapitalbetrages zum Ruhen gebracht worden sei; hinsichtlich dieser Erwägung aber greift ausweislich der nachfolgenden Ausführungen des Senats in diesem Beschluss kein Zulassungsgrund durch. Dass die soeben wiedergegebene Erwägung die Annahme der Ermessensreduzierung „auf Null“ selbständig tragen soll, ergibt sich schon aus der sie einleitenden Formulierung, die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Ruhensbescheide erschiene der Kammer darüber hinaus „auch aus anderen Gründen als 'schlechthin unerträglich'“.
23Der soeben angesprochenen Erwägung des Verwaltungsgerichts hält die Beklagte entgegen: Die Aufrechterhaltung der Ruhensbescheide bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeitige keine erkennbar unzumutbaren, schlechthin unerträglichen Folgen. Denn es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger eine existenzielle, zumindest aber eine schwerwiegende finanzielle Notlage vorliege. Darauf deute auch hin, dass der Kläger seinen Antrag auf Wiederaufgreifen nicht schon unmittelbar nach Aufzehrung des Kapitalbetrages gestellt habe, sondern erst erheblich später. Es liege auch keine Fürsorgepflichtverletzung vor. Denn es wäre Sache des Klägers gewesen, die Ruhensbescheide rechtzeitig einer Überprüfung zuzuführen, und er hätte den Kapitalbetrag auch so anlegen können, dass er auch nach Aufzehrung desselben immer noch günstiger stehe als mit ungekürzten Versorgungsbeträgen, jedoch ohne Kapitalabfindung. Schließlich laufe es dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Bestandskraft zuwider, aus der Fürsorgepflicht eine gesteigerte Pflicht des Dienstherrn zu einer „Kontrolle“ bestandskräftiger Dauerverwaltungsakte herzuleiten.
24Diese Ausführungen wecken keine ernstlichen Zweifel an der streitigen Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Die Kritik an der Annahme einer „Kontrollpflicht“ des Dienstherrn ist hier unerheblich, da der Kläger selbst ein Wiederaufgreifen des Verfahrens verlangt hat. Die in Rede stehende Bewertung des Verwaltungsgerichts im Übrigen entspricht, wie bereits die Ausführungen oben unter Punkt 1. zu dem Senatsurteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – belegt haben, der Einschätzung des Senats. Der Dienstherr handelt treu- und ermessenswidrig, wenn er trotz der zwischenzeitlichen Erkenntnis, dass die vor langer Zeit getroffene Ruhensregelung schon von Anfang an (aus Gründen des einfachen Rechts) rechtswidrig ist und als Dauerverwaltungsakt zu fortwährenden, materiell-rechtlich nicht gerechtfertigten Eingriffen in den Alimentationsanspruch führt, auf der Bestandskraft der Ruhensregelung sogar für die Zukunft beharrt und deshalb eine ständige Vertiefung der Rechtsverletzung seines Ruhestandsbediensteten in Kauf nimmt.
253. Die Berufung kann auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden und auf der Basis der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt.
26Vgl. Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2011– 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 m. w. N.
27a) Die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist bereits nicht hinreichend dargelegt. Es reicht insoweit ersichtlich nicht aus, die Entscheidungserheblichkeit der vier ausformulierten Fragen nur zu behaupten und zudem kein Wort zur Frage ihrer Klärungsbedürftigkeit zu verlieren.
28b) Unabhängig davon führen die vier ausformulierten Fragen auch der Sache nach nicht auf die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes:
29aa) Die zunächst als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
30ob ein finanzieller Nachteil, der den Kläger ganz offensichtlich nicht in seiner Existenz gefährdet, ausreicht, um dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise Vorrang vor dem Grundsatz der Rechtssicherheit einzuräumen,
31ist für die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegte Fallkonstellation (anfängliche Rechtswidrigkeit der Ruhensbescheide schon aus Gründen des einfachen Rechts; längst erfolgte vollständige Aufzehrung des Kapitalbetrags [einschließlich einer gesetzlich vorgegebenen Verzinsung in der Verrentungsphase] durch das Ruhen der Versorgungsbezüge) nach der bereits dargestellten einschlägigen Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – bereits – im bejahenden Sinne – geklärt.
32bb) Die weiter aufgeworfene Frage,
33ob aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn eine gesteigerte Pflicht hinsichtlich der „Kontrolle“ bestandskräftiger Dauerverwaltungsakte herzuleiten ist,
34würde jedenfalls für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren nicht von Bedeutung sein, da der Kläger (wie im Übrigen auch jeder sonstige Kläger in vergleichbaren Verfahren) selbst das Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt hat.
35cc) Nicht grundsätzlich bedeutsam ist auch die weitere Frage,
36ob die Fürsorgepflicht des Dienstherrn so weit geht, dass er bestandskräftige Ruhensbescheide aufheben muss, obwohl bei Erlass des Bescheides auch für den Versorgungsempfänger erkennbar war, dass die Kürzung der Versorgungsbezüge zu einem bestimmten Zeitpunkt die Summe des Kapitalbetrags übersteigen wird, wenn der Versorgungsempfänger nicht zuvor verstirbt.
37Denn sie ist schon nicht für die angefochtene Entscheidung von Bedeutung gewesen. Das Verwaltungsgericht hat sich, wie der Kläger in seiner Zulassungserwiderung zutreffend geltend macht, nämlich nicht mit der Frage der Erkennbarkeit der Problematik der fehlenden Bestimmung eines ausdrücklichen Endzeitpunktes im maßgeblichen Ruhensbescheid befasst. Unabhängig davon ist diese Frage für die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Fallkonstellation (s. o. Punkt 3. b) aa)) nach der einschlägigen Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – bereits – im bejahenden Sinne – geklärt.
38dd) Grundsätzlich bedeutsam ist schließlich auch nicht die Frage,
39ob der Dienstherr den Alimentationsgrundsatz verletzt, wenn er bestandskräftige Ruhensbescheide nicht aufhebt, obwohl der Kapitalbetrag aufgezehrt ist, der Versorgungsempfänger jedoch bei sorgfältig ausgewählter Anlage des Kapitalbetrags weiterhin entsprechende finanzielle Vorteile aus diesem ziehen könnte.
40Sie legt einen hypothetischen, auf Spekulationen beruhenden Sachverhalt zugrunde, nämlich die Annahme, der Kläger habe bzw. hätte den seinerzeit erhaltenen Kapitalbetrag derart günstig angelegt bzw. anlegen können, dass ihm seit der Anlage bis zu einem nach dem Eintritt in den Ruhestand gelegenen Zeitpunkt bereits (mehr als) dessen doppelter Wert an Zinsen zugeflossen sei bzw. wäre. Ein solcher Sachverhalt ist aber, wie der Kläger zutreffend ausführt, nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils gewesen. Unabhängig davon wäre diese Frage angesichts der wiederholt zitierten Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 hier auch nicht klärungsbedürftig.
414. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf; namentlich können die Erfolgsaussichten des angestrebten Rechtsmittels danach nicht schon als offen bezeichnet werden. Der schlichte Hinweis darauf, dass andere Gerichte (Verwaltungsgerichte Koblenz, München und Augsburg) in nur als vergleichbar behaupteten Fällen unterschiedlich verfahren seien bzw. entschieden hätten, rechtfertigt keine abweichende Bewertung.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 3 GKG.
43Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten der Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beklagte wendet sich mit ihrem Zulassungsantrag gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit welchem dieses die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ablehnenden Bescheide verpflichtet hat, den maßgeblichen Ruhensbescheid vom 5. Mai 1987 aufzuheben und erneut über die Versorgungsbezüge des Klägers zu entscheiden. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt: Der Anspruch folge aus §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 VwVfG. Erstens sei der Ruhensbescheid schon aus Gründen des einfachen Rechts von Anfang an rechtswidrig. Denn die Beklagte habe es versäumt, die nach der gesetzlichen Systematik und dem Sinn und Zweck der Ruhensregelungen gebotene Bestimmung eines Endzeitpunktes für das – teilweise – Ruhen der Versorgungsbezüge vorzunehmen. Zweitens sei das Rücknahmeermessen hier „auf Null“ reduziert. Die Besonderheiten des Einzelfalles erforderten hier ein Abweichen von der grundsätzlichen gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG, nach der es verboten sei, unanfechtbare Entscheidungen nach der Nichtigerklärung der sie tragenden Norm durch das Bundesverfassungsgericht für die Zeit bis zu der Nichtigerklärung rückabzuwickeln. Diese Besonderheiten lägen in Folgendem: Die Beklagte gehe in ihrer Verwaltungspraxis selbst schon von der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Fassungen des § 55b SVG aus, also bereits im Vorfeld der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Darüber hinaus sei die Aufrechterhaltung der Ruhensbescheide auch aus anderen Gründen schlechthin unerträglich. Im Rahmen des gegenseitigen Treueverhältnisses und angesichts der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sei es dem Kläger nämlich nicht zuzumuten, die massive Verletzung der Alimentationspflicht des Dienstherrn weiter hinzunehmen, welche hier schon seit langem bestehe, weil bereits fast das Dreifache des Kapitalbetrages zum Ruhen gebracht worden sei.
3Dieser auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 4 VwGO gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg. Zum Teil erfüllt das Zulassungsvorbringen schon nicht die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Im Übrigen liegen die genannten Zulassungsgründe auf der Grundlage der maßgeblichen (fristgerechten) Darlegungen nicht vor.
41. Der in der Zulassungsbegründungsschrift benannte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht gegeben. Eine die Berufung eröffnende Divergenz im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Oberverwaltungsgerichts oder in der Rechtsprechung eines ansonsten in der Vorschrift aufgeführten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
5Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 21. April 2010– 1 A 1326/08 –, juris, Rn. 34, und vom 25. Januar 2012 – 1 A 640/10 –, juris, Rn. 2.
6Unter Rechtssätzen ist dabei die sprachliche Form zu verstehen, die über die bloße Wiedergabe des Gesetzeswortlauts hinausgeht und den Inhalt der (selben) Norm– Voraussetzungen und Rechtsfolgen – in abstrakter, d.h. vom Einzelfall gelöster Weise näher umschreibt.
7Vgl. etwa Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 124 Rn. 41 i. V. m. § 132 Rn. 26, m.w.N.
8Die Beklagte macht insoweit geltend: Das Verwaltungsgericht habe „unbeachtet gelassen“, dass nach der Rechtsprechung des ihm übergeordneten Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen ein Grund für eine Anpassung von Ruhensbescheiden der vorliegenden Art schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Nichtigerklärung der maßgeblichen Norm durch das Bundesverfassungsgericht nicht schon aus dem Umstand hergeleitet werden könne, dass der Anspruch auf eine amtsangemessene Versorgung bei unterstellter Verfassungswidrigkeit der in dem bestandskräftigen Ruhensbescheid angewendeten Vorschrift des Versorgungsrechts über Jahre hin und in insgesamt beträchtlichem Umfang unerfüllt geblieben sei und ggf. weiter bleiben werde. Nach dieser Rechtsprechung sei für eine vorzeitige Anpassung vielmehr zu fordern, dass die weitere Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erkennbar unzumutbare, sozusagen „unerträgliche“ Folgen hätte; hierzu habe das Oberverwaltungsgericht das Vorliegen einer existenziellen, zumindest aber schwerwiegenden finanziellen Notlage gefordert.
9Dieses Vorbringen verfehlt bereits die Anforderungen an eine hinreichende Darlegung. Denn die Beklagte hat den von ihr (weitgehend, aber nicht vollständig zutreffend) wiedergegebenen Rechtssätzen des Senats
10– vgl. die Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2013– 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 11 B 1319/12 –, jeweils: juris, Rn. 20 bis 22 –
11schon keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz gegenübergestellt, mit welchem das Verwaltungsgericht den zitierten Rechtssätzen widersprochen
12– dazu, dass das Aufzeigen einer (nur) fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das übergeordnete Divergenzgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, nicht den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Divergenzrüge genügt, vgl. etwa Kuhlmann, in: Wysk, 2. Aufl. 2016, § 124a Rn. 56, und – zur parallelen Problematik bei der Nichtzulassungsbeschwerde – BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 –, NJW 1997, 3328 = juris, Rn. 3 –
13haben soll.
14Unabhängig davon ist eine Divergenz aber auch der Sache nach nicht gegeben. Denn die von der Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen des Senats in den vorzitierten Beschlüssen vom 12. Februar 2013 betreffen nicht die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegte, vom Zulassungsvorbringen nicht in Zweifel gezogene Fallgestaltung, dass die fraglichen Ruhensregelungen schon aus Gründen des einfachen Rechts von Anfang an rechtswidrig waren, sondern befassen sich allein mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vornahme einer Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als demjenigen der Nichtigerklärung der maßgeblichen Norm aus Gründen des Verfassungsrechts durch das Bundesverfassungsgericht erreicht werden kann. Zudem betreffen die von der Beklagten herangezogenen Ausführungen des Senats in den Beschlüssen vom 12. Februar 2013 gerade diejenigen Anforderungen, die in einem – hier aber nicht gegebenen – Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erfüllt sein müssen, um eine vorzeitige Anpassung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts an die voraussichtliche Verfassungsrechtslage schon im Wege einer solchen außerhalb des Hauptsacheverfahrens ergehenden Anordnung des Gerichts zu rechtfertigen. Das ergibt sich ohne Weiteres aus den einschlägigen Ausführungen des Senats, nach denen die vorzeitige Anpassung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts an die voraussichtliche Verfassungsrechtslage „auch durch eine vorläufige Regelung/Anordnung des Gerichts“ davon abhängen soll, dass die weitere Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erkennbar unzumutbare, sozusagen „unerträgliche“ Folgen hätte.
15Vgl. die Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2013– 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 11 B 1319/12 –, jeweils: juris, Rn. 22.
16Ferner wird dieser spezielle, hier nicht gegebene Bezug auch durch die unmittelbar nachfolgenden, im Folgenden zitierten Erwägungen des Senats bestätigt:
17„Bezogen auf den Anspruch auf amtsangemessene Alimentation können sich solche Folgen namentlich aus dem Vorliegen bzw. Auftreten einer existenziellen, zumindest aber schwerwiegenden finanziellen Notlage ergeben, welche nur durch sofortige Zahlung behoben werden kann, in Bezug auf deren voraussehbare Folgen also ein nachträglicher Ausgleich erkennbar nicht möglich ist. Das entspricht in etwa dem Maßstab, den das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung für das Bestehen eines Anordnungsgrundes angelegt hat“ (Hervorhebungen durch den Senat).
18Für eine Fallgestaltung, welche der hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Fallgestaltung (anfängliche Rechtswidrigkeit des Ruhensbescheides schon aus Gründen des einfachen Rechts) entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 –, juris, Rn. 55 ff. (79 bis 81), inzwischen klargestellt, dass der Dienstherr dann, wenn der an Versorgungs statt empfangene Kapitalbetrag durch eine Ruhensregelung nach § 55b SVG (Verwaltungsakt mit Dauerwirkung)– wie hier – bereits vollständig aufgezehrt ist, die von dem Betroffenen (klageweise) begehrte Rücknahme des Ruhensbescheides in aller Regel nicht mehr ermessensfehlerfrei ablehnen kann. Das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen hat sich danach in einer solchen Situation vielmehr – im Sinne einer Zäsur – grundsätzlich „auf Null“ reduziert, weil dann ein vollumfänglich unberechtigter, als schlechthin unerträglich zu bewertender Eingriff in den Versorgungsanspruch vorliegt.
192. Es bestehen ferner keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
20Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 186, 194.
21In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erfolgen.
22Die Beklagte wendet sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, es lägen hier Besonderheiten vor, die schon gegenwärtig zu einer Aufhebung des in Rede stehenden Ruhensbescheides zwängen, und führt insoweit zunächst aus: Das Verwaltungsgericht lege – wohl aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung aufgetretenen Missverständnisses – zu Unrecht zugrunde, die Beklagte gehe selbst von der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Fassungen des § 55b SVG aus und habe mit ihrer an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts angepassten Handhabung der Ruhensregelungen selbst die materielle Gerechtigkeit höher gewichtet als die Rechtssicherheit. Eine solche Gewichtung habe sie aber nur in bestimmten Fällen vorgenommen und dabei stets verlangt, dass der Ruhensbescheid noch nicht bestandskräftig sei. Dieses Vorbringen greift nicht durch. Das gilt schon deshalb, weil es auf die Frage der Fehlerhaftigkeit dieser tatsächlichen Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht ankommt. Es spricht bereits viel dafür, dass diese Feststellung die Annahme einer Ermessensreduzierung „auf Null“ nicht tragen, sondern die anderweitig gefundene Begründung dieser Annahme nur bestätigen soll. Aber auch dann, wenn es sich um ein tragendes Begründungselement handeln sollte, ist das hierauf bezogene Zulassungsvorbringen unerheblich. Denn das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung, die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Ruhensbescheide sei schlechthin unerträglich, jedenfalls auch auf eine andere, selbständig tragende Erwägung gestützt, nämlich auf die Erwägung, es liege hier im Rahmen des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses ein massiver, nicht zu rechtfertigender Eingriff in den Alimentationsanspruch des Klägers vor, weil schon Ende 2014 fast das Dreifache des Kapitalbetrages zum Ruhen gebracht worden sei; hinsichtlich dieser Erwägung aber greift ausweislich der nachfolgenden Ausführungen des Senats in diesem Beschluss kein Zulassungsgrund durch. Dass die soeben wiedergegebene Erwägung die Annahme der Ermessensreduzierung „auf Null“ selbständig tragen soll, ergibt sich schon aus der sie einleitenden Formulierung, die Aufrechterhaltung der bestandskräftigen Ruhensbescheide erschiene der Kammerdarüber hinaus „auch aus anderen Gründen als 'schlechthin unerträglich'“.
23Der soeben angesprochenen Erwägung des Verwaltungsgerichts hält die Beklagte entgegen: Die Aufrechterhaltung des Ruhensbescheides bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeitige keine erkennbar unzumutbaren, schlechthin unerträglichen Folgen. Denn es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger eine existenzielle, zumindest aber eine schwerwiegende finanzielle Notlage vorliege. Darauf deute auch hin, dass der Kläger seinen Antrag auf Wiederaufgreifen nicht schon unmittelbar nach Aufzehrung des Kapitalbetrages gestellt habe, sondern erst erheblich später. Es liege auch keine Fürsorgepflichtverletzung vor. Denn es wäre Sache des Klägers gewesen, den Ruhensbescheid rechtzeitig einer Überprüfung zuzuführen, und er hätte den Kapitalbetrag auch so anlegen können, dass er auch nach Aufzehrung desselben immer noch günstiger stehe als mit ungekürzten Versorgungsbeträgen, jedoch ohne Kapitalabfindung. Schließlich laufe es dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts der Bestandskraft zuwider, aus der Fürsorgepflicht eine gesteigerte Pflicht des Dienstherrn zu einer „Kontrolle“ bestandskräftiger Dauerverwaltungsakte herzuleiten.
24Diese Ausführungen wecken keine ernstlichen Zweifel an der streitigen Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Die Kritik an der Annahme einer „Kontrollpflicht“ des Dienstherrn ist hier unerheblich, da der Kläger selbst ein Wiederaufgreifen des Verfahrens verlangt hat. Die in Rede stehende Bewertung des Verwaltungsgerichts im Übrigen entspricht, wie bereits die Ausführungen oben unter Punkt 1. zu dem Senatsurteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – belegt haben, der Einschätzung des Senats. Der Dienstherr handelt treu- und ermessenswidrig, wenn er trotz der zwischenzeitlichen Erkenntnis, dass die vor langer Zeit getroffene Ruhensregelung schon von Anfang an (aus Gründen des einfachen Rechts) rechtswidrig ist und als Dauerverwaltungsakt zu fortwährenden, materiell-rechtlich nicht gerechtfertigten Eingriffen in den Alimentationsanspruch führt, auf der Bestandskraft der Ruhensregelung sogar für die Zukunft beharrt und deshalb eine ständige Vertiefung der Rechtsverletzung seines Ruhestandsbediensteten in Kauf nimmt.
253. Die Berufung kann auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden und auf der Basis der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt.
26Vgl. Beschluss des Senats vom 13. Oktober 2011– 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 m. w. N.
27a) Die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist bereits nicht hinreichend dargelegt. Es reicht insoweit ersichtlich nicht aus, die Entscheidungserheblichkeit der vier ausformulierten Fragen nur zu behaupten und zudem kein Wort zur Frage ihrer Klärungsbedürftigkeit zu verlieren.
28b) Unabhängig davon führen die vier ausformulierten Fragen auch der Sache nach nicht auf die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes:
29aa) Die zunächst als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
30ob ein finanzieller Nachteil, der den Kläger ganz offensichtlich nicht in seiner Existenz gefährdet, ausreicht, um dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise Vorrang vor dem Grundsatz der Rechtssicherheit einzuräumen,
31ist für die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegte Fallkonstellation (anfängliche Rechtswidrigkeit der Ruhensbescheide schon aus Gründen des einfachen Rechts; längst erfolgte vollständige Aufzehrung des Kapitalbetrags [einschließlich einer gesetzlich vorgegebenen Verzinsung in der Verrentungsphase] durch das Ruhen der Versorgungsbezüge) nach der bereits dargestellten einschlägigen Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – schon – im bejahenden Sinne – geklärt.
32bb) Die weiter aufgeworfene Frage,
33ob aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn eine gesteigerte Pflicht hinsichtlich der „Kontrolle“ bestandskräftiger Dauerverwaltungsakte herzuleiten ist,
34würde jedenfalls für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren nicht von Bedeutung sein, da der Kläger (wie im Übrigen auch jeder sonstige Kläger in vergleichbaren Verfahren) selbst das Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt hat.
35cc) Nicht grundsätzlich bedeutsam ist auch die weitere Frage,
36ob die Fürsorgepflicht des Dienstherrn so weit geht, dass er bestandskräftige Ruhensbescheide aufheben muss, obwohl bei Erlass des Bescheides auch für den Versorgungsempfänger erkennbar war, dass die Kürzung der Versorgungsbezüge zu einem bestimmten Zeitpunkt die Summe des Kapitalbetrags übersteigen wird, wenn der Versorgungsempfänger nicht zuvor verstirbt.
37Denn sie ist schon nicht für die angefochtene Entscheidung von Bedeutung gewesen. Das Verwaltungsgericht hat sich, wie der Kläger in seiner Zulassungserwiderung zutreffend geltend macht, nämlich nicht mit der Frage der Erkennbarkeit der Problematik der fehlenden Bestimmung eines ausdrücklichen Endzeitpunktes im maßgeblichen Ruhensbescheid befasst. Unabhängig davon ist diese Frage für die hier vom Verwaltungsgericht zugrundegelegten Fallkonstellation (s. o. Punkt 3. b) aa)) nach der einschlägigen Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 2021/13 – bereits – im bejahenden Sinne – geklärt.
38dd) Grundsätzlich bedeutsam ist schließlich auch nicht die Frage,
39ob der Dienstherr den Alimentationsgrundsatz verletzt, wenn er bestandskräftige Ruhensbescheide nicht aufhebt, obwohl der Kapitalbetrag aufgezehrt ist, der Versorgungsempfänger jedoch bei sorgfältig ausgewählter Anlage des Kapitalbetrags weiterhin entsprechende finanzielle Vorteile aus diesem ziehen könnte.
40Sie legt einen hypothetischen, auf Spekulationen beruhenden Sachverhalt zugrunde, nämlich die Annahme, der Kläger habe bzw. hätte den seinerzeit erhaltenen Kapitalbetrag derart günstig angelegt bzw. anlegen können, dass ihm seit der Anlage bis zu einem nach dem Eintritt in den Ruhestand gelegenen Zeitpunkt bereits (mehr als) dessen doppelter Wert an Zinsen zugeflossen sei bzw. wäre. Ein solcher Sachverhalt ist aber, wie der Kläger zutreffend ausführt, nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils gewesen. Unabhängig davon wäre diese Frage angesichts der wiederholt zitierten Senatsrechtsprechung im Urteil vom 20. Januar 2016 hier auch nicht klärungsbedürftig.
414. Mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen weist die Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf; namentlich können die Erfolgsaussichten des angestrebten Rechtsmittels danach nicht schon als offen bezeichnet werden. Der schlichte Hinweis darauf, dass andere Gerichte (Verwaltungsgerichte Koblenz, München und Augsburg) in nur als vergleichbar behaupteten Fällen unterschiedlich verfahren seien bzw. entschieden hätten, rechtfertigt keine abweichende Bewertung.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 3 GKG.
43Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird teilweise geändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 1. Juli 2011 und deren Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 verpflichtet, bezogen auf die Zeit ab dem 28. März 2008 über den Antrag des Klägers vom 28. April 2011 auf Rücknahme bzw. Abänderung des Ruhensbescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 29. Juni 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen – unter Einbeziehung des rechtskräftig gewordenen Teils der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts – der Kläger zu drei Vierteln und die Beklagte zu einem Viertel. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 18. Juni 1949 geborene Kläger stand in der Zeit vom 1. November 1974 bis zu seiner Zurruhesetzung mit Ablauf des 30. Juni 2007 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten.
3In der Zeit vom 17. April 1990 bis zum 31. Dezember 1995 war der Kläger gemäß § 9 Soldatenurlaubsverordnung ohne Dienstbezüge zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei der NATO MAINTAINACE AND SUPPLY AGENCY (NAMSA), einer zwischen- bzw. überstaatlichen Einrichtung, beurlaubt. Diese zahlte ihm anlässlich seines Ausscheidens einen Betrag von insgesamt 159.441,82 DM – das entspricht ca. 81.500 Euro – aus. Dieser setzte sich zusammen aus den vom Kläger während seiner Tätigkeit bei der NAMSA einbehaltenen Beiträgen zur Altersversorgung und einer „Leaving Allowance“. Der Kläger führte diese Beträge in der Folgezeit nicht an die Beklagte ab.
4Mit Bescheid der Wehrbereichsverwaltung (WBV) Süd vom 27. Juni 2007 setzte die Beklagte ausgehend von einem Ruhegehaltssatz von 75 % die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Mit weiterem Bescheid der WBV Süd vom 29. Juni 2007 ordnete sie ferner an, dass die Versorgungsbezüge des Klägers mit Blick auf den aus der Verwendung bei der NAMSA erhaltenen Kapitalbetrag gemäß § 55b SVG in Höhe von (seinerzeit) monatlich 492,69 Euro ruhen. Dieser Betrag ergab sich aus dem gemäß § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG anwendbaren § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung vom 18. Dezember 1989 (im Folgenden: SVG 1992). Er wurde auf der Grundlage der vorgenannten Bestimmungen festgesetzt, weil die nach § 96 Abs. 5 SVG durchzuführende Vergleichsberechnung auf der Grundlage des § 55b SVG in der vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung vom 19. Januar 1995 (im Folgenden: SVG 1994) zu keinem dem Kläger günstigeren Ergebnis geführt habe. Die Einzelheiten der Ermittlung des Ruhensbetrages ergeben sich aus den Anlagen des Ruhensbescheids. Der Ruhensbetrag erhöhte sich in der Folgezeit aufgrund von Versorgungsanpassungen.
5Mit Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 – beanstandete das Bundesverwaltungsgericht eine aufgrund der dem § 55b SVG gleichlautenden Bestimmung des § 56 BeamtVG durchgeführte Ermittlung der fiktiven Rente, weil das Gesetz die maßgeblichen Rechengrößen nicht selbst bestimmt habe. Zugleich ordnete es an, dass die Vorschrift bis zu einer gesetzlichen Regelung in der Weise anzuwenden sei, dass das Kapital unverzinst bleibe und die Laufzeit anhand des für Frauen und Männer vom Statistischen Bundesamt festgestellten Mittelwertes der Lebenserwartung für Männer und Frauen festzulegen sei. Der Gesetzgeber ergänzte daraufhin § 55b Abs. 4 SVG mit Gesetz vom 5. Februar 2009 um einen Verweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG und setzte diesen rückwirkend zum 28. März 2008 in Kraft. Mit Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 – entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, dass die in diesen Bestimmungen festgelegte Berechnungsmethode, die auf für Männer und Frauen unterschiedliche allgemeine Sterbetafeln Bezug nehme, gegen das europarechtlich geregelte Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts verstoße. Das habe zur Folge, dass der Ruhensbetrag weiterhin nach den vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 27. März 2008 aufgestellten Grundsätzen zu ermitteln sei.
6Anknüpfend an diese gerichtlichen Entscheidungen beantragte der Kläger unter dem 28. April 2011 gestützt auf § 48 Abs. 1 VwVfG die Neuberechnung des monatlichen Ruhensbetrages nach § 55b SVG rückwirkend ab dem 1. Juli 2007 sowie die Nachzahlung der auf der Basis der bisherigen Ruhensberechnung zuviel gekürzten Versorgungsbezüge.
7Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid der WBV Süd vom 1. Juli 2011 ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. Juli 2011 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid der WBV Süd vom 29. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Zwar sei der Ruhensbescheid „infolge“ der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVG für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 rechtswidrig, weil er ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses einer mit der Rechtsordnung in Einklang stehenden Rechtsgrundlage entbehrt habe. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf Rücknahme dieses Bescheides, weil keine Umstände vorlägen, die ausnahmsweise zu einer Reduzierung des Ermessens „auf Null“ führten. Denn die Aufrechterhaltung der Ruhensregelung für den streitbefangenen Zeitraum sei nicht schlechthin unerträglich. Die negativen Folgen des Bescheides seien im Wesentlichen dem Kläger selbst zuzurechnen, weil er es in der Hand gehabt habe, den Bescheid anzufechten. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sei ein Festhalten an dem Bescheid für den Kläger nicht unzumutbar, denn das Bundesministerium der Verteidigung habe auch in vergleichbaren Fällen eine Rücknahme der Ruhensregelung stets abgelehnt.
8Der Kläger hat am 20. September 2011 Klage erhoben und beantragt,
9die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2011 zu verpflichten, seinen Antrag auf Neuberechnung des Ruhensbetrags vom 28. Januar 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung hat sie auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt: Nach den Erlassen des Bundesministeriums der Verteidigung vom 4. August 2011 und vom 12. August 2008 würden bei bestandskräftiger Ruhensregelung Anträge auf Neuberechnung des Ruhensbetrages sowohl für die Zeit bis zum 27. März 2008 als auch für die Zeit danach abgelehnt.
13Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der WBV Süd vom 1. Juli 2011 und des Beschwerdebescheides (richtig: Widerspruchsbescheides) der WBV Süd vom 29. August 2011 verpflichtet, den Bescheid vom 29. Juni 2007 teilweise, nämlich für die Zeit ab dem 28. März 2008 aufzuheben und den Ruhensbetrag von diesem Zeitpunkt an neu zu berechnen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
14Gegen das Urteil hat (allein) die Beklagte am 20. August 2013 die Zulassung der Berufung beantragt. Nach Zulassung der Berufung durch den Senat mit Beschluss vom 13. Juli 2015 führt sie zur Begründung ihres Rechtsmittels im Wesentlichen aus: Eine Verpflichtung zur Anpassung der Ruhensregelung habe hier nicht bestanden; das Verwaltungsgericht sei somit zu Unrecht von einer Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ ausgegangen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b SVG, auf dessen Grundlage die hier interessierende Ruhensberechnung vorgenommen worden sei, sei durch das Bundesverfassungsgericht bisher nicht geklärt; in den betreffenden Normenkontrollverfahren sei noch nicht entschieden worden. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfe die Verwaltung die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung, der auf einer für nichtig erklärten Norm beruhe, für die Zeit bis zu der Nichtigerklärung nach der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG ermessensfehlerfrei ablehnen. Bis zum Zeitpunkt der Nichtigerklärung habe insofern der Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit. Für eine Abweichung hiervon sei allerhöchstens dann Raum, wenn ein gewichtiger Grund die Vornahme der Anpassung schon zu einem früheren Zeitpunkt als unabweisbar erscheinen lasse. Das könne in Betracht kommen, wenn bei einem schon vollständigen Aufzehren des Kapitalbetrages der Anspruch auf amtsgemäße Versorgung als Folge des Fortbestandes der Ruhensregelung über viele Jahre und in insgesamt beträchtlichem Umfang unerfüllt geblieben sei. Dafür gebe es hier aber keinen Anhalt, auch nicht für eine den Kläger vor diesem Hintergrund treffende existenzielle, zumindest schwerwiegende finanzielle Notlage. Die vom Verwaltungsgericht angesprochenen Zweifel an der Europarechtskonformität der Gesetzeslage führten in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht auf ein anderes Ergebnis, zumal noch keine einschlägige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vorliege. Schließlich unterscheide sich der vorliegende Fall von demjenigen, welcher Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Dezember 2013– 2 C 47.11 – gewesen sei. Denn hier gehe es anders als dort um einen bestandskräftigen Ruhensbescheid.
15Die Beklagte beantragt,
16das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
17Der Kläger beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Er vertieft und ergänzt seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt dazu vor: Der zugrunde liegende Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich aus entsprechenden Gründen als rechtswidrig, wie sie das Bundesverwaltungsgericht für den dortigen Fall mit Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 – aufgezeigt habe. Weder habe die Beklagte einen Endzeitpunkt für das Ruhen nach Maßgabe der statistischen Lebenserwartung festgelegt noch habe die Kapitalabfindung für die Zeit der Auszahlung bis zum Eintritt in den Ruhestand dynamisiert werden dürfen. Durch diesen rechtswidrigen Bescheid werde er sein Leben lang finanziell belastet. Dies führe auf einen unerträglichen Zustand, auch wenn der ihm ausbezahlte Kapitalbetrag derzeit noch nicht in vollem Umfang aufgezehrt sei. Letzteres werde aber in wenigen Jahren der Fall sein mit der Folge, dass jedenfalls dann rechtswidrig in seinen erdienten und verfassungsrechtlich geschützten Versorgungsanspruch eingegriffen werde. Nach einer der Berufungserwiderung beigefügten Aufstellung habe er bis einschließlich September 2015 bereits eine Gesamtsumme von 51.984,25 Euro – das entspreche 101.6772,36 DM – von seiner Kapitalabfindung in der Gesamthöhe von 159.441,82 DM „zurückgezahlt“. Aber auch schon jetzt sei der inzwischen bei über 600 Euro liegende monatliche Ruhensbetrag für ihn insofern von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung, als er 15% seines Ruhegehaltes ausmache. Auf die Argumentation der Beklagten zur Steuerung des Rücknahmeermessens in Anlehnung an die Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Nichtigkeitsfeststellung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht komme es davon ausgehend nicht mehr an. Im Übrigen sei hier der Gesetzgeber einer solchen Nichtigkeitserklärung lediglich zuvorgekommen, indem er rückwirkend zum 28. März 2013 eine Ergänzung des § 55b SVG durch einen Hinweis auf § 55a Abs. 1 Satz 8 und 9 SVG vorgenommen habe. Ein auf einer wie hier nach (fach-)gerichtlicher Beanstandung vom Gesetzgeber aufgehobenen bzw. geänderten Norm beruhender Verwaltungsakt könne keinesfalls mehr Rechtsgrundlage für die von ihm geregelten Rechtsbeziehungen sein.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs (1 Heft) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
23Der Kläger dringt mit seinem Verpflichtungsbegehren auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007 entgegen dem Ausspruch des Urteils erster Instanz auch für die im Berufungsrechtszug allein noch streitgegenständliche Zeit ab dem 28. März 2008 nicht durch. Er hat bezogen auf diesen Zeitraum aber gegen die Beklagte einen Anspruch auf erneute, die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts berücksichtigende ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Rücknahme des Ruhensbescheids.
24Grundlage des klageweise verfolgten Anspruchs auf Rücknahme des bestandskräftigen Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 ist § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG des Bundes (im Folgenden: VwVfG). Hiernach kann – was auch als Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne bezeichnet wird – ein unanfechtbarer, also bestandskräftiger rechtswidriger Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden.
25Der gegenüber dem Kläger ergangene Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist ein im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (von Anfang an) rechtswidriger Verwaltungsakt (nachfolgend 1.). Die Beklagte hat über den Antrag vom 28. April 2011 auf Rücknahme dieses Verwaltungsakts nicht ermessensfehlerfrei entschieden und ist daher zu einer Neubescheidung verpflichtet (nachfolgend 2.). Die weitergehenden Voraussetzungen für eine Reduzierung des Rücknahmeermessens „auf Null“ zugunsten des Klägers liegen hier aber nicht vor (nachfolgend 3.). Im Rahmen der Neubescheidung des Rücknahmeantrags des Klägers wird die Beklagte die nachfolgend unter 4. wiedergegebenen Erwägungen zu berücksichtigen haben.
261. Der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007, ein zur Minderung der ausgezahlten Versorgung führender und insofern den Kläger belastender Verwaltungsakt, ist ein im Sinne des § 48 VwVfG vom Zeitpunkt seines Erlasses an rechtswidriger Dauerverwaltungsakt.
27Die Rechtswidrigkeit ergibt sich bereits auf der Ebene der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts. Auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden (formellen) Gesetzesnormen und die daran anknüpfende Steuerung des Rücknahmeermessens,
28vgl. zu Letzterem etwa BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 – 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 25 ff.,
29sowie auf einen etwaigen Verstoß gegen Vorgaben des Unionsrechts kommt es daher nicht an.
30Der rechtliche Ausgangspunkt des Ruhensbescheides findet sich in der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 SVG in der bei Erlass des Ruhensbescheides anzuwendenden Fassung. Nach dessen Satz 1 findet § 55b SVG (das bezieht sich auf die ab 1. Januar 1999 geltende Fassung) Anwendung, soweit Zeiten im Sinne dieser Vorschrift erstmals nach dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was vorliegend keine Rolle spielt. Maßgebend ist daher Satz 2, wonach im Übrigen § 55b in der von 1992 bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung (Fassung 1992) anzuwenden ist (Ausgangsberechnung), es sei denn, die Anwendung des § 55b in der von Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (Fassung 1994; Vergleichsberechnung) ist für den Versorgungsempfänger günstiger. Satz 3 ordnet an, dass § 94b Abs. 5 SVG bei der Anwendung des Satzes 2 unberührt bleibt (mit Ausnahme von Zeiten, die erstmals ab dem 1. Januar 1999 zurückgelegt worden sind, was hier ebenfalls ohne Bedeutung ist). Der hier allenfalls interessierende § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG bezieht sich auf die Ausgangsberechnung und bestimmt Folgendes: Bei Zeiten im Sinne des § 55b Abs. 1 SVG, die bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung anzuwenden (Vomhundertsatz 2,14); soweit Zeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 SVG nach diesem Zeitpunkt zurückgelegt sind, ist § 55b SVG in der vom 1. Januar 1992 an geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass u.a. an die Stelle des Vomhundertsatzes von 1,875 der Satz von 1,0 tritt.
31Demzufolge ist der Ruhensbetrag auf der Grundlage zweier miteinander zu vergleichender Berechnungen zu ermitteln, wobei die für den Versorgungsempfänger günstigere Berechnung den Ausschlag gibt. Die Beklagte hat in ihrer dem Bescheid vom 29. Juni 2007 als Anlage beigefügten Berechnung in Anwendung des § 55b SVG Fassung 1992 auf der Grundlage eines mit einem Verwendungszeitraum von sechs vollen Jahren multiplizierten Minderungssatzes von 11,25 Prozent einen monatlichen Ruhensbetrag in Höhe von (seinerzeit) 492,69 Euro errechnet (Ausgangsberechnung). Diesen Betrag hat sie der getroffenen Ruhensregelung auch im Ergebnis zugrunde gelegt, weil die Vergleichsberechnung nach Maßgabe des § 55b SVG Fassung 1994 nach Auffassung der Beklagten nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis geführt hat. Namentlich ergab sich aus dieser Vergleichsberechnung kein für den Kläger günstigerer monatlicher Ruhensbetrag; vielmehr ergab sich mit Blick auf die Ermittlung eines Mindestruhensbetrages (§ 55b Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SVG Fassung 1994) derselbe Monatsbetrag.
32Der Senat kann offen lassen, ob bereits die Ausgangsberechnung rechtsfehlerhaft erfolgt ist. Dies kommt allerdings in Betracht vor dem Hintergrund, dass die Beklagte auf Nachfrage des Senats im Schriftsatz vom 18. Januar 2016 die Auffassung vertreten hat, im Falle des Klägers sei § 96 Abs. 5 Satz 3 SVG mit dem Verweis auf § 94b Abs. 5 SVG anwendbar gewesen. In diesem Falle wäre die dem Ruhensbescheid zugrunde gelegte Ausgangsberechnung fehlerhaft. Diese berücksichtigt nämlich für die vollen Dienstjahre, die der Kläger bei der NAMSA verbracht hat, den einheitlichen Multiplikator 1,875. Auf der Grundlage des § 94b Abs. 5 Satz 2 SVG hätte für die Jahre bis einschließlich 1991 jedoch der Mulitiplikator 2,14 und für die nachfolgenden Dienstjahre der Mulitiplikator 1,00 angesetzt werden müssen, woraus sich insgesamt ein um etwa 60 Euro niedrigerer Ruhensbetrag errechnet hätte. Bedenken gegen diesen Ansatz ergeben sich allerdings daraus, dass die Vorschrift des § 94b SVG nach dessen Abs. 3 Satz 1 wohl nur Anwendung findet, wenn die Berechnung des Ruhegehaltssatzes nach der bis Ende 1991 anwendbaren, degressiv verlaufenden Ruhegehaltssatzkurve zu einem für den betroffenen Beamten günstigeren Ergebnis führt als die ab 1992 durchzuführende lineare Berechnung des Ruhegehaltssatzes.
33Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Oktober 1996 – 10 A 10751/96 –, juris, Rn. 25.
34Ausweislich der dem Bescheid über die Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 27. Juni 2007 beigefügten Berechnung des Ruhegehaltssatzes erreichte der Kläger aber schon bei linearer Berechnung den maximalen Ruhehaltssatz von 75 vom Hundert, so dass in seinem Fall der Ruhegehaltssatz nicht nach § 94b SVG berechnet wurde. Letztlich bedarf die Anwendung des § 94b SVG und namentlich seines Absatzes 5 aber keiner Entscheidung. Der Ruhensbescheid erweist sich auch bei unterstellter rechtsrichtiger Berechnung des Ruhensbetrages in der Ausgangsberechnung als rechtswidrig, weil die erforderliche Vergleichsberechnung zum Nachteil des Klägers fehlerhaft durchgeführt worden ist.
35Denn die auf der Grundlage der Fassung 1994 des § 55b SVG durchzuführende Vergleichsberechnung erweist sich auch in der von der Beklagten angenommenen Situation der einander der Höhe nach entsprechender Monats(end)beträge aus einem anderen, offenbar von der Beklagten nicht mit bedachten Gesichtspunkt als für den Kläger günstiger. Im Ergebnis hätte die Beklagte deswegen nicht die Fassung 1992, sondern die Fassung 1994 des SVG als nach der Übergangsregelung des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG für die Ruhensberechnung maßgebliche Gesetzesfassung dem Ruhensbescheid zugrunde legen müssen.
36Das vollständige Aufzehren der verrenteten Kapitalabfindung muss – auch in zeitlicher Hinsicht – die prinzipiell maßgebliche Grenze für die Gesamtheit der in dem betreffenden Versorgungsfall anfallenden Ruhensbeträge nach § 55b SVG bilden. Das folgt bei Soldaten, für die – und sei es auch nur im Rahmen einer Vergleichsrechnung nach dem Günstigkeitsprinzip – das Soldatenversorgungsgesetz in den ab 1. Oktober 1994 geltenden Fassungen Anwendung findet, unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 55 Abs. 4 Satz 1 SVG mit der dortigen Verweisung (u.a.) auf den Absatz 1 der Norm. Im Satz 3 des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Ruhensbetrag die von der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen darf (Hervorhebung durch den Senat).
37Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss in den Fällen der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt der Ruhensbescheid den Zeitpunkt festlegen (und somit auch angeben), zu dem die Laufzeit des Ruhens eines Teils der Versorgungsbezüge eines Beamten oder Soldaten endet (Endzeitpunkt). Diese Festlegung hat regelmäßig auf den Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Beamte oder Soldat die sich aus der Sterbetafel ergebende statistische Lebenserwartung erreicht. Ein anderer Zeitpunkt kann sich ausnahmsweise dann ergeben, wenn etwa infolge eines gesetzlich vorgegebenen Mindestruhebetrags der in Rede stehende Kapitalbetrag schon vor dem vorgenannten Zeitpunkt vollständig abgegolten sein wird.
38Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18 und 22.
39Die zeitliche Begrenzung von Ruhensregelungen entspricht deren Zweck, in Gestalt eines Auszahlungshindernisses (allein) zu verhindern, dass im Ruhestand befindliche Soldaten oder Beamte aus öffentlichen Kassen insgesamt mehr erhalten als die Versorgung, die sie erdient haben. Ruhensregelungen dürfen deswegen nicht dazu führen, dass ein Teilbetrag der festgesetzten Versorgung einbehalten wird, obwohl die so herbeigeführte Versorgungslücke nicht durch eine anderweitige Versorgungsleistung aus einer öffentlichen Kasse ausgeglichen wird. Ein Ruhen ohne eine vollständige Kompensation stellt sich nämlich als eine Kürzung der festgesetzten Versorgung dar, die nicht vom Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation gedeckt wird bzw. bei Soldaten – unter Anwendung entsprechender Maßstäbe – ohne Rechtfertigung in deren Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG eingreift.
40Demgegenüber enthielt das Soldatenversorgungsgesetz in der Fassung 1992 (und davor) an der betreffenden Stelle eine Verweisung lediglich auf den § 55b Abs. 1Satz 1. Wesentlich diesem Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht entnommen, dass eine Auslegung des damaligen einfachen Gesetzesrechts– auch unter dem Gesichtspunkt der verfassungskonformen Auslegung – nicht auf die Geltung der in Abs. 1 Satz 3 enthaltenen Kappungsgrenze auch in der Fallgruppe der Anrechnung einer Kapitalabfindung auf das Ruhegehalt führen könne, vielmehr das damalige Gesetz in diesem Punkt verfassungswidrig sei.
41Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 C 25.09 –, Buchholz 449.4 § 55b SVG Nr. 1 = juris, Rn. 10 ff.
42Daraus ergibt sich, dass – Fragen der Verfassungskonformität des einfachen Gesetzesrechts angesichts der noch fehlenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeklammert – Betroffene erst ab der Fassung 1994 des § 55b SVG davon „profitieren“ können, dass schon im Rahmen der Anwendung des einfachen Gesetzesrechts die (Summe aller) Ruhensbeträge die anderweitig gewährte Versorgung insgesamt nicht übersteigen darf. Soweit darauf aufbauend in dem Ruhensbescheid ein begrenzender Endzeitpunkt festzulegen ist, wirkt sich das bei wertender Betrachtung für den Betroffenen positiv, nämlich im Sinne einer Absicherung seiner Rechtsstellung, aus.
43Somit hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Vergleichsberechnung nach der Fassung 1994 des § 55b SVG die Laufzeit der Ruhensbeträge von vornherein im Wege der Bestimmung eines Endzeitpunktes begrenzen müssen. Das hätte sich für den Kläger im Verhältnis zu der Fassung 1992 des § 55b SVG günstig ausgewirkt. Infolgedessen hätte die Fassung 1994 dem Ruhensbescheid einschließlich der dortigen Berechnung des Ruhensbetrags als hier im Sinne des § 96 Abs. 5 Satz 2 SVG maßgeblich zugrunde gelegt werden müssen. Das hätte – mit Blick auf die Mindestruhensbetragsregelung – zwar nicht zu einem abgesenkten Monatsbetrag des Ruhens, wohl aber zu einer Begrenzung des Gesamtruhensbetrages durch die Bestimmung eines Endzeitpunktes geführt. Weil dies nicht geschehen ist, erweist sich der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 als rechtswidrig.
44Auf weiter hinzutretende Rechtsfehler kommt es, um die Voraussetzungen für eine Rücknahme dieses Ruhensbescheides nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu begründen, nicht an. Der Senat merkt allerdings an, dass sich zwei noch in Betracht zu ziehende Fehler in dem konkreten Fall auf das Ergebnis der Ruhensregelung nicht ausgewirkt haben.
45Für die erfolgte „Dynamisierung“, also Verzinsung des Kapitalbetrags für die Zeit zwischen seiner Auszahlung im Jahr 1995 und dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand im Jahr 2007 fehlte es bis einschließlich 27. März 2008 an einer erforderlichen gesetzlichen Grundlage und die seither geltende gesetzliche Regelung ist auf Soldaten, die sich wie der Kläger am 28. März 2008 bereits im Ruhestand befanden, nicht anzuwenden.
46Vgl. zum entsprechend ausgestaltet gewesenen Beamtenversorgungsrecht BVerwG, Urteile vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 11, 12, und zur Verfehlung des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts bereits vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 24 ff.
47Die Vergleichsberechnung der Beklagten geht demzufolge von einem zu hohen Kapitalbetrag (statt 93.735,33 Euro hätten nur 81.521 Euro berücksichtigt werden dürfen) aus, weswegen auch der angenommene verrentete Kapitalbetrag von 710,96 Euro entsprechend zu hoch ausgefallen ist. Das hat sich hier aber im Ergebnis nicht ausgewirkt, weil die Vergleichsberechnung nach mehreren weiteren Rechenschritten auf den mit 492,69 Euro ermittelten Mindestruhensbetrag geendet hat. Der Mindestruhensbetrag war aber vorliegend in der schon für die Ausgangsberechnung vorgesehenen Art, für die die Dynamisierung keine Rolle spielt, zu berechnen.
48Des Weiteren verstieß es hier zunächst gegen den Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes, dass die wesentlichen Determinanten für die Verrentung des Kapitalbetrages nicht auf gesetzlichen Vorgaben beruhten, sondern vom Dienstherrn selbsttätig gesetzt worden waren.
49Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2008 – 2 C 30.06 –, BVerwGE 131, 29 = juris, Rn. 25, 30 ff.
50Der insofern im Erlasszeitpunkt rechtswidrige Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 ist aber – für den gesamten im Berufungsrechtszug streitgegenständlichen Zeitraum – mit Wirkung vom 28. März 2008 in diesem Punkt vom Grundsatz her rechtmäßig geworden, weil der Gesetzgeber rückwirkend zu jenem Zeitpunkt die erforderlichen gesetzlichen Festlegungen mit Gesetz vom 5. Februar 2009 geschaffen hat (durch § 55b Abs. 4 Satz 3 SVG, der u.a. auf § 55a Abs. 1 Satz 9 verweist, der seinerseits Vorschriften des Bewertungsgesetzes in Bezug nimmt). Diese Rechtsänderung, welche die bisherige Praxis der Beklagten gesetzlich normierte, ist auch für die Ruhestandsbeamten bzw. Soldaten im Ruhestand zu berücksichtigen, die wie der Kläger am 28. März 2008 vorhanden waren.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 15, 16.
52Dass im Falle des Klägers eine Verzinsung während der ersten 9 Monate nach Beginn des Ruhestandes nicht vorgenommen werden durfte, ist in diesem Zusammenhang ein vernachlässigbarer Faktor, der nicht zu einem unterhalb von 492,69 Euro liegenden Monatsbetrag geführt haben dürfte.
532. Die Beklagte hat das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eingeräumte Ermessen, den Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 (teilweise) zurückzunehmen, um ihn – hier durch Festlegung eines Endzeitpunktes für den Ruhenszeitraum – der maßgeblichen Rechtslage anzupassen, nicht fehlerfrei ausgeübt. Das betrifft gerade den hier noch streitbefangenen Zeitraum ab dem 28. März 2008.
54Der Ablehnungsbescheid vom 1. Juli 2011 verhält sich überhaupt noch nicht zu der Frage der Rücknahme nach § 48 VwVfG, sondern bezieht sich ausschließlich auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG. In der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 29. August 2011 wird dann zwar die Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG behandelt. Es ist in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich (nur) davon die Rede, der Ruhensbescheid vom 29. Juni 2007 erweise sich infolge der rückwirkenden Neuregelung des § 55b SVGfür die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 27. März 2008 als rechtswidrig (Hervorhebung durch den Senat). Zur Begründung ist angegeben, der Bescheid habe im Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrt, denn die bei der Ermittlung des Ruhensbetrages angewandte Berechnungsmethode habe nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2008 nicht mit der Rechtsordnung in Einklang gestanden.
55Dies zugrunde gelegt, ist auch im Widerspruchsbescheid nicht erkennbar geworden, dass die Beklagte hinsichtlich der Zeit ab dem 28. März 2008 überhaupt eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Frage einer Rücknahme des Ruhensbescheids nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG getroffen hat. Denn offenbar hatte sie für jenen Zeitraum bereits das Vorliegen eines rechtswidrigen Verwaltungsakts – als Voraussetzung seiner Rücknahme – verneint.
563. Allerdings vermag der Senat – insofern abweichend von dem erstinstanzlichen Urteil – nicht festzustellen, dass sich das Rücknahmeermessen der Beklagten zugunsten des Klägers „auf Null“, also in Richtung auf einen strikten Anspruch auf Rücknahme, reduziert hat. Die betreffende Beurteilung hat für die vorliegende Verpflichtungsklage von den Verhältnissen im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren auszugehen, weil das einschlägige materielle Recht keinen davon abweichenden Zeitpunkt bestimmt.
57Wie das in § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG eröffnete Rücknahmeermessen belegt, ist der zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führende Rechtsverstoß als solcher prinzipiell noch kein ausreichender Grund für eine Ermessensreduzierung. Vielmehr räumt der Gesetzgeber bei der Aufhebung bestandskräftiger belastender Verwaltungsakte in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise weder dem Vorrang des Gesetzes bzw. dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung noch den Grundsätzen der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit– jeweils als Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips – einen generellen Vorrang ein. Die Prinzipien der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Bestandskraft von Verwaltungsakten stehen vielmehr (im Ausgangspunkt) gleichberechtigt nebeneinander. Dementsprechend gibt es auch keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt, rechtswidrige belastende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben.
58Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 – 2 BvR 669/04 –, BVerfGE 116, 24 = juris, Rn. 80, und Beschluss vom 27. Februar 2007 – 1 BvR 1982/01 –, BVerfGE 117, 302 = juris, Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011 – 2 C 50.09 –, NVwZ 2011, 888 = ZBR 2012, 35 = juris, Rn. 14.
59Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit besteht jedoch ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist. Ob solches angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab.
60Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 11, m.w.N.
61Unbeschadet der insoweit – zumindest als etwaiges Korrektiv – stets gebotenen Betrachtung des Einzelfalles haben sich in der Rechtsprechung bestimmte Fallgruppen herausgebildet, in denen die geforderte Unerträglichkeit einer Aufrechterhaltung des Verwaltungsaktes im Allgemeinen zu bejahen sein wird. Hierunter fällt etwa, dass die Aufrechterhaltung als Verstoß gegen die guten Sitten oder das Gebot von Treu und Glauben erscheint, dass der Verwaltungsakt schon im Erlasszeitpunkt offensichtlich rechtswidrig war oder dass das einschlägige Fachrecht dem Rücknahmeermessen eine bestimmte Richtung vorgibt.
62Vgl. Hamburgisches OVG, Urteil vom 28. Februar 2013 – 1 Bf 10/12 –, ZBR 2013, 309 = juris, Rn. 37, mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
63Ferner kommt eine Ermessensreduzierung in Anwendung des Gleichheitssatzes in Betracht, wenn die Behörde in vergleichbaren Fällen den rechtswidrigen Verwaltungsakt zurückgenommen hat.
64Schließlich ist für die Abwägung der oben genannten widerstreitenden Rechtsgüter auch von Bedeutung, ob es um eine Rücknahme des Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit, namentlich schon vom Erlasszeitpunkt an, oder aber (nur) um eine solche mit Wirkung von einem späteren Zeitpunkt an bzw. für die Zukunft geht.
65Vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Oktober 2011 – 4 S 1790/10 –, juris,Rn. 31 ff. bzw. 41 ff.
66Dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kommt dabei namentlich bezogen auf die Vergangenheit ein besonderes und insoweit zumeist überwiegendes Gewicht zu. Das hat vor allem Bedeutung für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung.
67Eine zeitliche Zäsur besonderer Art greift nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Fallgruppe derjenigen bestandskräftigen Verwaltungsakte mit Dauerwirkung, deren Rechtswidrigkeit darauf beruht, dass sie auf der Grundlage eines verfassungswidrigen Gesetzes ergangen sind, wobei die Frage eines Verfassungsverstoßes im Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht abschließend geklärt war. Insoweit gilt, dass es unter Orientierung an der gesetzlichen Wertung des § 79 Abs. 2 BVerfGG für die Determinierung des Rücknahmeermessens maßgeblich auf den Zeitpunkt des Nichtigkeitsausspruchs durch das Bundesverfassungsgericht ankommt. Während die Verwaltung für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts mit Dauerwirkung ermessensfehlerfrei ablehnen kann, wenn nicht sogar ablehnen muss (Rückabwicklungsverbot), setzt sich für die Zeit danach der Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit im Konfliktfall gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit durch, ist also der bestandskräftige Verwaltungsakt im Regelfall ab diesem Zeitpunkt an die sich aus der Nichtigerklärung ergebende Rechtslage anzupassen.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Oktober 2012– 2 C 59.11 –, BVerwGE 145, 14 = NVwZ 2013, 444 = juris, Rn. 20 ff., vom 26. September 2012– 2 C 48.11 –, ZBR 2013, 131 = juris, Rn. 24 ff., und auch bereits vom 24. Februar 2011– 2 C 50.09 –, a.a.O. = juris, Rn. 15, sowie den Beschluss vom 8. Mai 2013 – 2 B 5.13 –, ZBR 2013, 306 = juris, Rn. 10 f.
69Hiervon ausgehend gibt es für eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zugunsten des Klägers bezüglich einer die Zeit ab dem 28. März 2008 betreffenden Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juli 2007 unter dem Blickwinkel einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der in dem Ruhensbescheid angewendeten Rechtsgrundlagen derzeit (noch) keinen Raum. Allerdings sind vor dem Bundesverfassungsgericht Normenkontrollverfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 55b Abs. 3 Satz 1 SVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 843) sowie in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2218) und– bei paralleler Rechtslage – der Verfassungsmäßigkeit des § 56 Abs. 2BeamtVG in der bis zum 31. Januar 1991 geltenden Fassung anhängig (die dortigen Aktenzeichen lauten 2 BvL 10/11 und 2 BvL 28/14).
70Vgl. die Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des OVG Rheinland-Pfalz vom 11. November 2011 – 10 A 10757/11.OVG – (n.v.) und des VG München vom 18. November 2014 – M 21 K 12.2042 –, juris.
71Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und damit eine mögliche Nichtigkeitsfeststellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen steht bisher aber noch aus.
72Auch nach allgemeinen Grundsätzen im Wege einer Gewichtung der widerstreitenden Rechtsgüter und Interessen unter Berücksichtigung der anerkannten Fallgruppen ergibt sich für die Sachlage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats nicht, dass die Beklagte das ihr zukommende Ermessen nur durch die Rücknahme des Ruhensbescheids hätte rechtmäßig ausüben können.
73Zunächst besteht kein Anhalt dafür, dass die Beklagte den Fall des Klägers zu dessen Nachteil – und dabei ggf. zugleich treuwidrig – anders behandelt hätte als sonstige Fälle, die mit diesem Fall wesentlich vergleichbar sind.
74Es lässt sich ferner nicht eindeutig bejahen, dass der hier in Rede stehende Ruhensbescheid nach § 55b SVG von Anfang an als offensichtlich rechtswidrig zu bewerten oder eine solche offensichtliche Rechtswidrigkeit jedenfalls zum 28. März 2008 eingetreten ist. Insofern ist vorliegend zu bedenken, dass die von der Beklagten durchgeführte Ausgangsberechnung des Ruhensbetrages nach dem unter 1. Ausgeführten jedenfalls nicht offensichtlich fehlerhaft ist. Die der Vergleichsberechnung anhaftenden Rechtsanwendungsfehler sind entweder erst etliche Jahre später in der Rechtsprechung klar hervorgetreten,
75vgl. für die Notwendigkeit der Bestimmung eines Endzeitpunktes für die Verrentung eines Kapitalbetrages BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 – 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 18,
76oder haben sich wie die rechtswidrige Dynamisierung des Kapitalbetrages oder das Fehlen gesetzlicher Determinanten seiner Verrentung im Fall des Klägers im Ergebnis auf den Ruhensbetrag nicht ausgewirkt.
77Im Übrigen kann in die Ermessenserwägungen eingestellt werden, dass es eine Reihe von (verfassungsrechtlichen und/oder unionsrechtlichen) Rechtsbedenken gibt hinsichtlich der für die Fallgruppe der Kapitalbeträge im Gesetz bestimmten konkreten Berechnungsfaktoren und -größen für das Ruhen der Versorgungsbezüge nach § 55b SVG. Das bezieht sich namentlich auf die im Wege der Verweisung auf die Maßstäbe des § 14 des Bewertungsgesetzes erfolgten Vorgaben wie den fixen Zinssatz von 5,5 % für die Verrentungsphase und die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen.
78Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013– 2 C 47.11 –, ZBR 2014, 98 = juris, Rn. 23 ff.; ferner etwa auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. April 2011 – 10 A 11144/10 –, IÖD 2011, 137 = juris, Rn. 32 ff., insb. 54 ff.
79Auch steht eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit der maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- und Soldatenversorgungsrechts noch aus. Die Beklagte kann diese Gesichtspunkte unter dem Blickwinkel in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen, dass eine zeitnahe Aufhebung des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 und eine Neuberechnung und -regelung des Ruhensbetrages auf der Grundlage des einfachgesetzlich geltenden Rechts ihrerseits sogleich wieder angreifbar wäre und auch neue Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen könnte.
80Ist allerdings der Kapitalbetrag (einschließlich einer gesetzlich vorgegebenen Verzinsung in der Verrentungsphase) durch das Ruhen von Versorgungsbezügen aufgezehrt, tritt dieser Aspekt in den Vordergrund der Ermessensausübung. Das hängt damit zusammen, dass es hier um Dauerverwaltungsakte mit einer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles mitunter ganz erheblichen finanziellen Bedeutung für den betroffenen Versorgungsempfänger geht. Relevante Faktoren für diese Bedeutung sind zum einen die Höhe des monatlichen Ruhensbetrages (in Relation zum gezahlten Ruhegehalt), zum anderen – und gerade dies in besonderem Maße – aber auch die (Gesamt-)Dauer des Ruhenszeitraums. Denn die durch das Ruhen der Bezüge für den Betroffenen in den Rücknahmefällen rechtswidrig ausgelöste Belastung summiert sich in der Regel über eine Vielzahl von Jahren, wenn nicht häufig sogar Jahrzehnten. Gerade daraus kann sich im Ergebnis die objektive Unerträglichkeit und Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung eines solchermaßen belastenden rechtwidrigen Zustandes in Abwägung mit der Bestandskraft zugrunde liegender Bescheide ergeben. Denn es geht hier nicht um die Kürzung irgendwelcher Zahlungen. Inmitten steht vielmehr der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch der Beamten und Soldaten auf eine gesetzmäßige und ungeschmälerte Versorgung.
81Der Senat bewertet in diesem Zusammenhang namentlich solche Eingriffe in den Versorgungsanspruch als schlechthin unerträglich, welche im Wesentlichen nur mit Blick auf die Bestandskraft des zugrunde liegenden Verwaltungsakts fortgesetzt werden, obwohl der tragende Grund und Zweck für ein Fortdauern der Ruhensregelung schon klar entfallen ist. Das meint die Fälle, in denen der ehedem an Versorgungs statt empfangene Kapitalbetrag auf der Grundlage einer an den gesetzlichen Maßgaben orientierten Verrentungsberechnung bereits vollständig abgeschmolzen, also aufgebraucht ist, gleichwohl die Ruhensregelung aber noch weiter aufrecht erhalten wird. Durch ein solches Vorgehen werden die Betroffenen typischerweise deutlich stärker belastet als bei einem etwa infolge unrichtiger Berechnung „nur“ zu hoch angesetzten monatlichen Ruhensbetrag in der Phase vor dem Erreichen des Zeitpunktes des vollständigen Aufzehrens des Kapitalbetrags. Denn in der Phase nach jenem Zeitpunkt erweisen sich alle weiterhin einbehaltenen Ruhensbeträge in ihrem vollen Umfang als unberechtigt. Dieser besonders gewichtige Umstand rechtfertigt es, an ihn bereits regelmäßig– und nicht nur bei im Einzelfall besonders hohen Monatsbeträgen – eine zeitliche Zäsur für ein „auf Null“ reduziertes Rücknahmeermessen zu knüpfen. Das meint, dass der Dienstherr dann, wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, die Rücknahme des Ruhensbescheides in aller Regel nicht mehr ermessensfehlerfrei wird ablehnen können.
82Die vorstehenden Erwägungen erlangen vor allem in den Fällen Bedeutung, in denen wie hier in dem Ruhensbescheid rechtswidrig von vornherein kein Endzeitpunkt festgelegt wurde. Denn gerade dort kommt es wesentlich darauf an, ob der Ruhensbescheid über den Zeitpunkt des vollständigen Abschmelzens des Kapitalbetrags hinaus aufrechterhalten worden ist bzw. wird.
83Die zur Ermittlung dieses Zeitpunkts nötige Berechnung zu erstellen, fällt in den Verantwortungsbereich des Dienstherrn. Über das Ergebnis dieser Berechnung ist der Soldat (bzw. Beamte) im Rahmen des dienstlichen Fürsorge- und Treueverhältnisses rechtzeitig, d.h. mindestens sechs Monate vor dem Erreichen des Zeitpunkts des „Umschlagens“, in Kenntnis zu setzen, damit er darauf ggf. mit einem Rücknahmeantrag und der Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes reagieren kann, wenn die Behörde sich nicht von sich aus zur Rücknahme des Ruhensbescheides entschließt.
84Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall: Der Kläger hat in seiner Berufungserwiderung (Schriftsatz vom 25. September 2015, Seite 4) unter ergänzender Bezugnahme auf die beigefügte Anlage K 1 – Aufstellung der bisherigen Abzüge bis einschließlich September 2015 – selbst mitgeteilt, dass der von ihm erhaltene Kapitalbetrag noch nicht aufgezehrt sei, sondern dies (bei einer keine Verzinsung enthaltenen Berechnung) erst in etwa vier Jahren eintreten werde. Dies ist anhand des mit beigefügten Zahlenwerks nachvollziehbar. Da die mündliche Verhandlung vor dem Senat nur ca. vier Monate später stattgefunden hat, hat sich daran in der Zwischenzeit nichts Wesentliches geändert. Damit liegt derzeit aber (noch) kein Sachverhalt vor, der das Ermessen der Beklagten in Richtung auf die Rücknahme des Ruhensbescheides vom 29. Juni 2007 als einzige rechtmäßige Entscheidung reduziert hat. Etwaige sonst durchgreifende Gesichtspunkte, z.B. besondere einzelfallbezogene Härtegründe, die ggf. auch eine Ermessensreduzierung „auf Null“ zur Folge gehabt haben könnten, sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Deswegen muss der Senat in diesem Zusammenhang nicht abschließend darüber entscheiden, ob auch in einem Hauptsacheverfahren ein Fall der Ermessensreduzierung „auf Null“ anzunehmen ist, wenn der Betroffene durch eine ungerechtfertigt aufrechterhaltene Ruhensregelung nach § 55b SVG (im Einzelfall) in eine existenzielle, zumindest aber schwerwiegende finanzielle Notlage gerät.
85Vgl. in diesem Zusammenhang – dort allerdings Eilverfahren betreffend – die Beschlüsse des erkennenden Senats vom 12. Februar 2013 – 1 B 1316/12, 1 B 1318/12 und 1 B 1311 B 1319/12 –, jeweils juris, Rn. 22 (vor dem Hintergrund der Anforderungen an eine durch das bisherige Fehlen der Nichtigerklärung einer Norm durch das Bundesverfassungsgericht nicht gesperrte vorläufige Regelung im Verfahren nach § 123 VwGO).
864. Bei ihrer Neubescheidung des Antrags auf Rücknahme des Ruhensbescheids vom 29. Juni 2007, was den Zeitraum ab dem 28. März 2008 betrifft, wird die Beklagte Folgendes zu beachten haben: Sie muss zunächst eine Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auch bezogen auf den o.g. Zeitraum treffen. In diese Entscheidung muss sie gewichtend die abwägungsrelevanten Ermessensgesichtspunkte einstellen, die für bzw. gegen eine Rücknahme sprechen. Welche das sind, ergibt sich hier im Wesentlichen aus den vorstehenden Ausführungen unter Gliederungspunkt 3. der Entscheidungsgründe dieses Urteils. Davon ausgehend kommt hier insbesondere dem Gesichtspunkt des vollständigen Aufzehrens/Abschmelzens des Kapitalbetrags im Sinne einer zeitlichen Zäsur Bedeutung zu. Diesen Zeitpunkt wird die Beklagte rechnerisch konkret bestimmen müssen, und zwar unter Durchführung einer Verrentung des für die Phase bis zum Ruhestand nicht „dynamisierten“ vom Kläger erhaltenen, bis zum 28. März 2008 bereits zu einem Teil abgeschmolzenen und auch in der Folgezeit weiter abschmelzenden Kapitalbetrags. Die nähere Bestimmung des Verrentungszeitraums und die Höhe einer darauf bezogenen Verzinsung haben sich, solange die hier anwendbaren gesetzlichen Vorschriften vom Bundesverfassungsgericht nicht für nichtig erklärt worden sind, nach dem einschlägigen Gesetzesrecht in der für diesen Fall anwendbaren Fassung zu richten, mit Blick auf die Heranziehung von Sterbetafeln allerdings unter Beachtung eines ggf. bestehenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts. Über das Ergebnis der Berechnung hat die Beklagte den Kläger, wie hier schon an anderer Stelle bemerkt, rechtzeitig vorab in Kenntnis zu setzen.
87Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
88Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
89Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
Tenor
Die Berufungen der Klägerin und des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. September 2009 - 9 K 465/09 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beteiligten die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10% über dem aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 10% über dem aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrag leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
Gründe
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
| ||||
|
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Steht einem Soldaten im Ruhestand auf Grund einer Verwendung im öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung von dieser Einrichtung eine laufende Alterssicherungsleistung zu und ist die Zeit dieser Verwendung nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruht sein deutsches Ruhegehalt in Höhe des in Absatz 2 bezeichneten Betrages.
(2) Das Ruhegehalt ruht nach Anwendung von § 26 Absatz 10 in Höhe der aus einer Verwendung bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung zustehenden laufenden Alterssicherungsleistung. Beruht diese Leistung auch auf Zeiten nach Beginn des Ruhestandes, bleibt die laufende Alterssicherungsleistung in Höhe des auf die Dauer der Verwendung nach Beginn des Ruhestandes entfallenden Anteils unberücksichtigt; § 26 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Bei der Anwendung des Satzes 1 werden auch Ansprüche auf Alterssicherungsleistungen berücksichtigt, die der Berufssoldat während der Zeit erworben hat, in der er, ohne ein Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung auszuüben, dort einen Anspruch auf Vergütung oder sonstige Entschädigung hat. Satz 3 gilt entsprechend für nach dem Ausscheiden aus dem Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung erworbene und bei der Berechnung der Alterssicherungsleistung berücksichtigte Ansprüche. Ist die Alterssicherungsleistung durch Teilkapitalisierung, Aufrechnung oder in anderer Form verringert worden, ist bei der Anwendung der Sätze 1 und 2 der ungekürzt zustehende Betrag zugrunde zu legen. Satz 5 gilt entsprechend, sofern der Soldat oder Soldat im Ruhestand auf die laufende Alterssicherungsleistung verzichtet oder diese nicht beantragt. Auf freiwilligen Beiträgen beruhende Anteile, einschließlich darauf entfallender Erträge, bleiben außer Betracht.
(3) Absatz 2 gilt ungeachtet der Ruhegehaltfähigkeit einer Verwendungszeit nach § 20a entsprechend, wenn der Soldat im Ruhestand Anspruch auf Invaliditätspension aus seinem Amt bei der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung hat.
(4) Steht der Witwe oder den Waisen eines Soldaten oder Soldaten im Ruhestand eine laufende Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung für Hinterbliebene zu und ist die Zeit der Verwendung des Soldaten nach § 20a Absatz 1 ruhegehaltfähig, ruhen das deutsche Witwengeld und Waisengeld in Höhe der Alterssicherungsleistung der zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung. Absatz 2 Satz 2 bis 5 und Absatz 3 gelten entsprechend.
(5) Der sich nach den Absätzen 1 bis 4 ergebende Ruhensbetrag ist von den nach Anwendung der §§ 53 bis 55a verbleibenden Versorgungsbezügen abzuziehen.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.
(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.