Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 06. Nov. 2014 - 20 L 1908/14
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der am 08.10.2014 erhobenen Klage– 20 K 5529/14 - gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 09.09.2014 wird hinsichtlich des in Ziffer 3 angeordneten Besuchs einer Hundeschule wiederhergestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 2/3 und die Antragsgegnerin zu 1/3.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage – 20 K 5529/14 - gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 09.09.2014 wiederherzustellen,
4ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
5Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung wiederherstellen bzw. anordnen. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht das öffentliche Vollziehungs- und das private Aussetzungsinteresse gegeneinander abzuwägen und dabei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Während bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsbehelfes ein schutzwürdiges Aussetzungsinteresse grundsätzlich nicht in Betracht kommt, besteht umgekehrt grundsätzlich kein öffentliches Interesse am Vollzug einer offensichtlich rechtswidrigen Verfügung. Lassen sich die Erfolgsaussichten abschätzen, ohne eindeutig zu sein, bildet der Grad der Erfolgschance ein wichtiges Element der vom Gericht vorzunehmenden Interessensabwägung.
6Gemessen an diesen Kriterien war vorliegend hinsichtlich der Ziffer 3 der Ordnungsverfügung die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen, der Antrag im Übrigen aber abzulehnen.
7In formeller Hinsicht dürften durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung zunächst nicht bestehen. Zwar hat nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand eine den rechtlichen Erfordernissen genügende Anhörung nicht stattgefunden. Gegenstand der mit Schreiben vom 16.07.2014 erfolgten Anhörung war in erster Linie die Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, § 28 VwVfG wird dagegen in dem Anhörungsschreiben nicht erwähnt. Soweit in dem Schreiben u.a. auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW hingewiesen wird, bleibt offen, ob und welche ordnungsrechtlichen Maßnahmen die Antragsgegnerin beabsichtigte anzuordnen. Unter diesen Umständen konnte diese Anhörung ihren Zweck nicht erfüllen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass vorliegend aus einem der in § 28 Abs. 2 VwVfG genannten Gründe von einer Anhörung abgesehen werden konnte und der Bescheid enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Es spricht aber Vieles dafür, dass das Fehlen der Anhörung hier gemäß § 46 VwVfG ausnahmsweise unbeachtlich ist, da aus den nachfolgenden Gründen die Antragsgegnerin mit Blick auf die Schwere und Häufung der aktenkundigen Beißvorfälle zu einem ordnungsrechtlichen Einschreiten verpflichtet gewesen sein dürfte und die Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwangs die geringstmögliche und zugleich geeignete Maßnahme darstellt. Zudem ist eine Heilung des Anhörungsmangels gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG noch möglich und die materielle Rechtslage gebietet es – unabhängig von § 46 VwVfG - vorliegend, jedenfalls hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin die Gelegenheit zur Nachholung der Anhörung während des Hauptsacheverfahrens bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung zu geben.
8Denn bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweisen sich die Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Verfügung materiell als offensichtlich rechtmäßig.
9Gemäß § 12 Abs. 1 des Hundegesetzes für das Land Nordrhein- Westfalen (LHundG NRW) kann die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Zu den nach § 12 Abs. 1 LHundG NRW zulässigen Anordnungen gehört grundsätzlich auch die Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwanges. Hier liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass von dem Hund des Antragstellers der Rasse Deutscher Schäferhund mit dem Rufnamen X. , eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.
10Der Hund des Antragstellers hat nach Aktenlage mehrfach andere Hunde attackiert und durch Bisse verletzt sowie Menschen in Gefahr drohender Weise angesprungen und gebissen. Zahlreiche Beschwerden vor allem von Mitbewohnern des Mehrfamilienhauses in der C. Str. 00 führten bereits unter dem 11.12.2012 zum Erlass einer Ordnungsverfügung, mit der eine Maulkorbpflicht sowie der regelmäßige Besuch einer Hundeschule angeordnet wurden. Bei dem letzten dieser Ordnungsverfügung vorausgegangenen Vorfall vom 14.11.2012 wurde die Beschwerdeführerin L. im Treppenhaus des Mehrfamilienhauses von dem Hund angesprungen und in die rechte Brust gebissen, wodurch sie hinfiel und sich dabei das Knie verletzte. Dieser Vorfall wurde durch den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 10.12.2012 ausdrücklich bestätigt. Im Januar 2013 gingen weitere Beschwerden bei der Antragsgegnerin über Beißvorfälle im Treppenhaus ein, u.a. wurde danach ein in dem Mehrfamilienhaus tätiger Handwerker von dem Hund gebissen. Dieser Vorfall wurde durch den 1. Vorsitzenden der Hundeschule, die der Antragsteller seit dem 01.07.2012 besucht, fernmündlich gegenüber der Antragsgegnerin bestätigt. Aufgrund eines nachfolgend durchgeführten Wesenstestes vom 15.02.2013 und des hierzu erstellten Gutachtens der Amtsveterinärin vom 04.03.2013, das dem Hund trotz allem kein gesteigertes Aggressionsverhalten und eine gute soziale Prägung bescheinigten, erließ die Antragsgegnerin den Änderungsbescheid vom 22.03.2013, mit dem sie – entgegen dem Wortlaut des Änderungsbescheides, wonach lediglich die Befristung der Maulkorbpflicht aufgehoben wurde – offenbar eine Aufhebung der Maulkorbpflicht beabsichtigte. Am 09.07.2014 ereignete sich sodann ein weiterer Vorfall, der der hier streitigen Ordnungsverfügung zugrunde liegt. Nach den Angaben der daran beteiligten anderen Hundehalterin führte diese ihre kleinen Hunde der Rasse Mini Malteser und Bichon Frisé spazieren, als der Antragsteller die Autotür öffnete, sein Hund auf die kleinen Hunde der Beschwerdeführerin zuraste und diese mehrfach biss. Als die Beschwerdeführerin eingriff, wurde sie zu Boden geworfen und weiter von dem Hund des Antragstellers angegangen. Die Angaben der Beschwerdeführerin werden durch die in den Akten befindlichen Aussagen der unbeteiligten Zeugen T. vom 16.07.2014 und Q. vom 11.07.2014 bestätigt. Bissverletzungen des Bichon Frisé werden zudem durch eine Tierarztrechnung vom 09.07.2014 und ein im Verwaltungsvorgang befindliches Foto belegt. Im Juli dieses Jahres erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis von einem weiteren Beißvorfall vom 26.10.2013, bei dem die Beschwerdeführerin V. von dem Hund des Antragstellers in den linken Oberschenkel gebissen wurde. In diesem Fall ist die Bissverletzung durch ein ärztliches Attest vom 31.10.2013 belegt. Am 25.08.2014 erhielt die Antragsgegnerin erneut Kenntnis von einem Beißvorfall mit dem Hund des Antragstellers. Dieser war ausweislich einer Strafanzeige vom 20.08.2014 auf die Geschädigte N. laut und bedrohlich bellend zugerannt und hatte diese unvermittelt angesprungen, während sie noch auf ihrem Roller saß. Als sie von dem Roller abstieg und diesen zwischen sich und die Schäferhündin schob, sprang die Schäferhündin an dem Roller hoch und versuchte die Geschädigte zu beißen, was misslang. Der Antragsteller gab gegenüber den vor Ort anwesenden Polizeibeamten an, „X. “ habe Angst vor lauten Rollern und so stark an der Leine gezogen, dass er hingefallen sei, er habe die Hündin nicht halten können. Sie habe aber nicht versucht zu beißen. Mit E-Mail vom 09.09.2014 zeigte der Beschwerdeführer O. einen weiteren Vorfall an, bei dem die Hündin in seine Weste gebissen habe. Ein Foto der beschädigten Weste befindet sich im Verwaltungsvorgang.
11Angesichts der Fülle der vorgenannten Beißvorfälle hat die Kammer keine Zweifel daran, dass (mindestens) die Anordnung eines umfassenden Leinen- und Maulkorbzwangs zur Vermeidung zukünftiger von der Schäferhündin ausgehender Gefahren gerechtfertigt ist. Soweit der Antragsteller im Zusammenhang mit den diversen Beißvorfällen, insbesondere in Bezug auf den Vorfall vom 09.07.2014, immer wieder auf ein angebliches Mitverschulden der jeweils Geschädigten bzw. der anderen beteiligten Hunde verweist, kommt es darauf für die Bewertung der von der Schäferhündin ausgehenden Gefährdung ebenso wenig an wie auf die Schilderung der Zeugin L1. in ihrem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 23.07.2014 über einen in der Vergangenheit an einem nicht näher bezeichneten Datum stattgefundenen Beißvorfall mit den kleinen Hunden der Beschwerdeführerin C1. . Denn jedenfalls hatte der Antragsteller seine Hündin nicht so unter Kontrolle, dass eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit von Passanten und anderen Hunden ausgeschlossen werden konnte. Soweit der Antragsteller Verletzungsfolgen für andere Hunde und vor allem Menschen bestreitet, sind diese zur Überzeugung der Kammer hinreichend durch die vorliegenden schriftlichen Zeugenaussagen, Rechnungen, Atteste und Fotos belegt, so dass sich die gegenteiligen Angaben des Antragstellers als reine Schutzbehauptung und bewusste Verharmlosung darstellen. Im Übrigen lässt der Antragsteller dabei außer Acht, dass die Vorschriften des Landeshundegesetzes nicht nur vor direkten körperlichen Verletzungsfolgen schützen sollen, sondern auch vor Angst einflößendem und bedrohlich wirkendem Verhalten von Hunden. So gelten etwa gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 auch solche Hunde als gefährlich, die Menschen in Gefahr drohender Weise anspringen, ohne dass es dabei zu irgendwelchen Verletzungen gekommen sein muss.
12Die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen zu Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung wird schließlich nicht durch das Gutachten der Kreisveterinärin Dr. C2. vom 04.03.2013 in Frage gestellt. Abgesehen davon, dass die Ausführungen in diesem Gutachten nur schwer kompatibel mit den bereits seinerzeit aktenkundig gewesenen Vorfällen sind, besteht keine rechtliche Bindung an die Feststellungen eines veterinärärztlichen Gutachtens. Zudem hat die Amtsveterinärin auf Anfrage der Antragsgegnerin mit E-Mail vom 11.07.2014 auf der Grundlage der Schilderungen zu dem Beißvorfall vom 09.07.2014 nun ebenfalls eine generelle Leinen- und Maulkorbpflicht für erforderlich gehalten.
13Die angegriffenen Maßnahmen sind auch verhältnismäßig, insbesondere führen sie nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht (vgl. § 15 Abs. 2 OBG NRW). Angesichts der Anzahl und Schwere der aktenkundigen Vorfälle handelt es sich bei dem von dem Beklagten verhängten Leinen- und Maulkorbzwang um den denkbar geringsten Eingriff, zumal der Antragsteller ohnehin teilweise verpflichtet ist, seinen Hund an der Leine zu führen (§§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 6 LHundG NRW).
14Bedenken gegen die vom Beklagten vorgenommene Ermessensausübung im Übrigen bestehen nicht. Schützenswerte Interessen des Antragstellers, die trotz der voraussichtlichen Erfolglosigkeit seiner Klage insoweit für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sprächen, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
15Auch die Androhung eines Zwangsgeldes i. H. v. 200,00 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 63 VwVG NRW i.V.m. §§ 55 Abs. 1, 57, 58 und 60 VwVG NRW. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.
16Hinsichtlich des in Ziffer 3 der Verfügung angeordneten Besuchs einer Hundeschule überwiegt aber das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Interesse am Vollzug der angefochtenen Verfügung. Denn insoweit spricht – ungeachtet der Frage der Anhörung gemäß § 28 VwVfG - Überwiegendes auch für die materielle Rechtswidrigkeit der Verfügung.
17Es ist bereits fraglich, ob es überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule oder vergleichbarer Trainingsmaßnahmen für Hunde gibt. Einen gesetzlichen Zwang zum Besuch einer Hundeschule gibt es nicht und es ist auch fraglich, ob eine entsprechende Anordnung auf § 12 Abs. 1 LHundG NRW gestützt werden kann. § 12 Abs. 1 LHundG NRW ermächtigt lediglich zu Anordnungen zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für die Sicherheit und Ordnung und es ist zweifelhaft, ob der Besuch einer Hundeschule als Maßnahme zur unmittelbaren Gefahrenabwehr in diesem Sinne in Betracht kommt. Derartige Erziehungs- oder Trainingsmaßnahmen können im besten Fall mittel- oder langfristig zu Verhaltensänderungen bei einem Hund und/oder dessen Halter führen und insoweit ein Risikopotential für die Zukunft verringern, zur unmittelbaren Beseitigung einer Gefahr dürften sie dagegen prinzipiell nicht geeignet sein. Soweit dies zum Teil anders gesehen wird,
18vgl. VG Münster, Urteil vom 23.10.2007 – 1 K 566/07 – Juris; Haurandt, Kommentar zum LHundG NRW, § 12 Anmerkung 2 (unten); VV zum LHundG, zu § 12, Zf. 12.1,
19teilt die Kammer diese Auffassung gegenwärtig nicht.
20Selbst wenn man § 12 Abs. 1 LHundG NRW als Ermächtigungsgrundlage für die fragliche Anordnung grundsätzlich in Betracht grundsätzlich ziehen sollte, bestehen hier durchgreifende Bedenken gegen die getroffene Maßnahme.
21Dies gilt sowohl im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 37 VwVfG als auch hier insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, namentlich die Eignung, der Maßnahme. Denn der weder nach Ziel noch nach Inhalt näher bestimmte Besuch einer Hundeschule ist hier offenkundig zur Gefahrenabwehr ungeeignet. Der Antragsteller besucht ausweislich der in der Akte befindlichen Teilnahmebestätigungen des „I. F. e.V.“ in Wesseling bereits seit dem 01.07.2012 durchgehend regelmäßig einmal die Woche diese Hundeschule. Was immer Gegenstand des dort stattfindenden Trainings sein mag, feststeht mit Blick auf die sich häufenden Beißvorfälle, dass eine wirksame Kontrolle der Hündin „X. “ durch den Antragsteller nicht erreicht worden ist und es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass und aus welchem Grunde dies zukünftig der Fall sein könnte.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
23Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Hierbei ist der gesetzliche Auffangstreitwert zugrundegelegt und im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens auf die Hälfte reduziert worden.
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Tenor
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist seit Mai 2012 Halter der Hündin „X. “ der Rasse Deutscher Schäferhund.
3Nach mehreren Beschwerden über die Hundehaltung des Klägers, aufgrund deren u.a. mit Schreiben vom 28.08.2012 ein Verwarnungsgeld in Höhe von 20,00 € und unter dem 15.11.2012 ein Bußgeld in Höhe von 50,00 € verhängt wurden, ordnete die Beklagte mit Verfügung vom 11.12.2012 einen Maulkorbzwang für den Hund sowie den Besuch einer Hundeschule an. Beide Maßnahmen waren bis einschließlich Juni 2013 befristet.
4Am 15.02.2013 führte das Kreisveterinäramt einen Wesenstest durch und anschließend am 04.03.2013 eine Überprüfung in der Wohnung des Klägers. Nach dem auf dieser Grundlage erstellten Gutachten vom 04.03.2013 besaß die Hündin im Zeitpunkt der Überprüfung kein gesteigertes Aggressionsverhalten und keine gestörte aggressive Kommunikation im Sinne des Gesetzes. Das Vertrauensverhältnis zu seinem Besitzer sei gut, bei der Überprüfung zu Hause habe der Kläger das Verhalten des Hundes nicht immer realistisch eingeschätzt. Die Befreiung von der generellen Maulkorbpflicht wurde befürwortet. Die Leinenpflicht sollte nach dem Besuch einer Hundeschule aufgehoben werden. Die Sozialisation von „X. “ könne noch verbessert werden. Die Sensibilität des Klägers bezüglich des Verhaltens des Hundes müsse geschärft werden.
5Mit Bescheid vom 22.03.2013 hob die Beklagte aufgrund des Ergebnisses der Begutachtung die „Nr. 5 der Ordnungsverfügung vom 11.12.2012“ mit sofortiger Wirkung auf.
6Mit E-Mail vom 22.12.2013 gab die Beschwerdeführerin V. der Beklagten einen Vorfall vom 26.10.2013 zur Kenntnis. Der Hund des Klägers, der angeleint gewesen sei, habe sie am Eingang zur C. Str. 00 in den linken Oberschenkel gebissen. Ihre Hose sei dabei zerrissen und es habe sich ein 10 cm großes Hämatom gebildet. Über die Verletzung legte sie ein ärztliches Attest vom 31.10.2013 vor.
7Im Folgenden erhielt die Beklagte Kenntnis von einem weiteren Vorfall vom 09.07.2014. Nach dem hierzu vorliegenden Bericht der Geschädigten C1. und schriftlichen Zeugenaussagen vom 11. und 16.07.2014 schoss der Hund des Klägers an diesem Tag aus dessen Auto bellend heraus auf die zwei kleinen weißen Hunden der Geschädigten zu und biss auf die Tiere ein. Als die Geschädigte versuchte einzugreifen, wurde sie zu Boden gestoßen. Über die im Anschluss erfolgte Notfallbehandlung wegen Nacken- und Rückenschmerzen legte die Geschädigte ein Attest des E. -Krankenhauses X1. vom 09.07.2014 vor. Über „zwei kleinere Bissverletzungen“ eines der beiden kleinen Hunde legte sie ein tierärztliches Attest ebenfalls vom 09.07.2014 sowie ein Foto vor. Mit Schreiben vom 16.07.2014 hörte die Beklagte den Kläger gemäß § 55 OWiG zu dem Vorfall vom 09.07.2014 an und wies dabei auf die Möglichkeit des Erlasses notwendiger Anordnungen nach § 12 Abs. 1 LHundG NRW hin.
8Der Bevollmächtigte des Klägers nahm hierzu mit Schreiben vom 29.07.2014 Stellung und führte im Wesentlichen aus, das Ereignis vom 10. bzw. richtigerweise 09.07.2014 habe sich anders abgespielt. Die Hunde der Anzeigeerstatterin, die schon bei früheren Treffen auffällig aggressiv gewesen seien und schon andere Personen gebissen hätten, hätten aggressiv gebellt, als „X. “ noch im Auto gewesen sei. Für „X. “ habe dies als eine Gefahrensituation für sein „Herrchen“ erscheinen müssen, weshalb er aus dem Auto gestürmt sei, ohne dass der Kläger ihn habe halten können. Es sei eine Rangelei zwischen dem Hund „X. “ und einem der Hunde der Anzeigeerstatterin gefolgt. Während der Rangelei habe die Anzeigeerstatterin ihr Handy hoch gehalten und sei stehen geblieben. Die in dem Tierarztbeleg ausgewiesenen kleinen Bissverletzungen könnten auch bei einer anderen Beißerei entstanden sein. Die attestierten Verletzungen der Anzeigeerstatterin könnten ebenfalls aus einem anderen Vorfall stammen.
9Am 20.08.2014 kam es zu einem weiteren Vorfall, bei dem ausweislich des Inhalt des Polizeiberichts vom gleichen Tage der Hund des Klägers laut und bedrohlich bellend auf die Beschwerdeführerin N. zulief und diese unvermittelt ansprang, während sie noch auf einem Roller saß. Als sie darauf hin von dem Roller stieg und diesen zwischen sich und die Hündin schob, sprang die Hündin an dem Roller hoch und versuchte, die Beschwerdeführerin in die Wade zu beißen, was misslang. Der Kläger erklärte hierzu gegenüber den Polizeibeamten, die Hündin habe gar nicht beißen wollen, sie habe Angst vor lauten Rollern.
10Am 08.09.2014 kam es im Parkhaus am Rathaus in X1. an der Tür zum Untergeschoss zu einer Begegnung zwischen dem Beschwerdeführer O. und dem Kläger mit seinem Hund, bei der der Hund des Klägers den Beschwerdeführer nach dessen Angaben in die Weste biss.
11Mit Ordnungsverfügung vom 09.09.2014 gab die Beklagte dem Kläger sodann mit sofortiger Wirkung auf, seinen Hund „X. “ mit einem ausreichend sicheren Maulkorb oder einer in der Wirkung gleich gestellten Vorrichtung auszuführen (Ziffer 1), ihn an einer reißfesten, nicht mehr als 1,5 m langen Leine auszuführen (Ziffer 2) sowie bis mindestens einschließlich Februar 2015 regelmäßig mindestens einmal wöchentlich eine Hundeschule zu besuchen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffern 1 und 2 der Verfügung wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 200,00 € angedroht. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Der Bescheid wurde dem Kläger am 11.09.2014 zugestellt.
12Am 08.10.2014 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Er rügt die fehlende Anhörung gemäß § 28 VwVfG. Im Übrigen ergänzt und vertieft er die Ausführungen in seiner Stellungnahme vom 29.07.2014 zu dem Vorfall vom 09.07.2014. Zu den weiteren in der Ordnungsverfügung aufgeführten Vorfällen vom 20.08. und 08.09.2014 fehle in der Ordnungsverfügung jeglicher einlassungsfähige Sachverhalt. Zudem verweist er auf den positiven Wesenstest. Hinsichtlich der Anordnung des Besuchs einer Hundeschule rügt er die fehlende Bestimmtheit.
13Auf den gleichzeitig mit der Klage gestellten Antrag wurde durch Beschluss der Kammer vom 06.11.2014 die aufschiebende Wirkung hinsichtlich des in Ziffer 3 der Verfügung angeordneten Besuchs einer Hundeschule wiederhergestellt, im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt (20 L 1908/14). Die hiergegen durch den Kläger eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (OVG NRW, Beschluss vom 29.01.2015 - 5 B 1320/14).
14Nach Abschluss des Verfahrens rügt er erneut die fehlende Anhörung. Bei dem Vorfall am 08.09.2014 habe der Anzeigeerstatter die Tür des Parkhauses derart heftig aufgestoßen, dass der Kläger selbst am Handgelenk verletzt worden sei. Die Tür sei auch gegen den Hund gestoßen worden. Der Kläger habe nicht bemerkt, dass die Jacke des Anzeigenden beschädigt worden sei, und bestreite dies mit Nichtwissen. Der Kläger sei zwischenzeitlich nach Rheinland-Pfalz gezogen, es seien dort bislang keinerlei Maßnahmen ergangen.
15Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte Ziffer 3 der Ordnungsverfügung aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Hinsichtlich des in Ziffer 2 der Ordnungsverfügung angeordneten Leinenzwangs hat der Kläger die Klage zurückgenommen.
16Der Kläger beantragt weiterhin,
17Ziffer 1 des Bescheides vom 09.09.2014 aufzuheben.
18Die Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung ergänzt und vertieft sie die Ausführungen des angefochtenen Bescheides. Eine erneute Anhörung gemäß § 28 VwVfG sei nicht erforderlich gewesen, da dies am eigentlichen Bedürfnis einer Leinen- und Maulkorbpflicht nichts geändert hätte.
21Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 20 L 1908/14 sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
23Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat bzw. die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
24Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
25Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 09.09.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zur Begründung kann zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen in dem Beschluss der Kammer vom 06.11.2014 im Verfahren 20 L 1908/14 sowie des OVG NRW in seinem Beschluss vom 29.01.2015 im Verfahren 5 B 1320/14 verwiesen werden.
26Hinsichtlich der fehlenden Anhörung gemäß § 28 VwVfG hält das Gericht nach erneuter Prüfung an der Auffassung fest, dass dieser Verfahrensfehler hier ausnahmsweise unbeachtlich ist gemäß § 46 VwVfG. Denn im Hinblick auf die Häufigkeit und Schwere der aktenkundigen Beißvorfälle war die Beklagte zu einem ordnungsrechtlichen Einschreiten verpflichtet und der angeordnete Leinen- und Maulkorbzwang stellen die geringstmöglichen und zugleich geeigneten Maßnahmen dar, um zukünftig eine Schädigung unbeteiligter Dritter oder anderer Hunde zu verhindern.
27Die Voraussetzungen für die Anordnung des Maulkorbzwangs gemäß § 12 Abs. 1 LHundG NRW liegen vor. Der Hund des Klägers hat mehrfach Hunde und auch Menschen gebissen oder Menschen in Gefahr drohender Weise angesprungen. Jeder einzelne dieser Vorfälle würde bereits die Anordnung eines Maulkorbzwangs zur sicheren Verhinderung einer zukünftigen Schädigung unbeteiligter Dritter und anderer Hunde rechtfertigen. Lediglich beispielhaft sei an dieser Stelle nochmals der Vorfall vom 20.08.2014 hervorgehoben, bei dem die Hündin auf die Geschädigte N. bedrohlich bellend zulief und unvermittelt ansprang sowie, nachdem die Geschädigte von ihrem Roller abgestiegen war, weiter an dem Roller hochsprang und versuchte, die Geschädigte zu beißen. Der Kläger erklärte hierzu ausweislich des Polizeiberichts vom 20.08.2014 gegenüber der Polizei, der Hund habe Angst vor Rollern und habe nicht versucht zu beißen. Selbst wenn die Richtigkeit dieser Einlassung unterstellt wird, ergibt sich aus diesem Vorfall die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen zur sicheren Verhinderung weiterer Gefährdungen Dritter. Denn es kommt nicht darauf an, ob das Verhalten des Hundes auf Angst vor Rollern oder sonstiger Schreckhaftigkeit beruht, und eine Gefährdung Dritter tritt auch bereits dann ein, wenn ein Hund diese in Gefahr drohender Weise anspringt. Dies verkennt der Kläger und offenbar damit ein Fehlverständnis von seinen Halterpflichten. Das Gericht teilt daher die Einschätzung der Amtsveterinärin in ihrem Gutachten vom 04.03.2013 und in ihrer Mail vom 11.07.2014 an das Ordnungsamt der Beklagten, dass – unabhängig von der Gefährlichkeit des Hundes - die Sensibilität des Klägers bezüglich des Verhaltens seines Hundes geschärft werden muss und der „Halter mangelnde Sorgfaltspflicht“ zeigt. Bei dieser Sachlage ist aber die Notwendigkeit der angeordneten Sicherungsmaßnahmen unabdingbar.
28Auch die Androhung von Zwangsgeld i. H. v. 200,00 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung erweist sich als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 63 VwVG NRW i.V.m. §§ 55 Abs. 1, 57, 58 und 60 VwVG NRW. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden.
29Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 und 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens entspricht es billigem Ermessen im Sinne von § 161 Abs. 2 VwGO, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie den Kläger insoweit klaglos gestellt und sich damit freiwillig in die Position der Unterlegenen begeben hat.
30Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.