Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 10. Juni 2016 - 2 L 1110/16
Gericht
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 2 K 4495/16 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2016 (Az.: 00/000/0000/2016) wird wiederhergestellt bzw. hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung angeordnet.Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. |
|
|
1
Gründe
2Der sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 2 K 4495/16 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2016 (Az.: 00/000/0000/2016) wiederherzustellen und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,
4hat Erfolg.
5Die im Verfahren § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO vom Gericht zu treffende Abwägung zwischen dem Interesse des Antragstellers, vorerst von der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 29. April 2016 verschont zu bleiben und dem öffentlichen Interesse an deren sofortiger Vollziehbarkeit fallen vorliegend zulasten der Antragsgegnerin aus. An der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung besteht vorliegend kein überwiegendes Interesse.
6Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. April 2016 (Az.: 00/000/0000/2016) ist gegenwärtig mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Die Klage des Antragstellers hätte nach derzeitigem Stand mit großer Wahrscheinlichkeit Erfolg.
71. Nach derzeitigen Sachstand geht das Gericht davon aus, dass es sich bei der Untersagung der Bauarbeiten unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung und Zwangsmittelandrohung vom 29. April 2016 entgegen der Begründung im Bescheid nicht lediglich um die schriftliche Bestätigung einer am 26. April 2016 anlässlich einer Ortsbesichtigung ausgesprochenen mündlichen Untersagung von weiteren Bauarbeiten auf der Baustelle (vgl. § 37 Abs. 2 S. 2 VwVfG NRW) handelt, sondern vielmehr um die eigentliche Ordnungsverfügung selbst. Zwar können Verwaltungsakte gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 VwVfG NRW mündlich erlassen werden. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts setzt allerdings seine Bekanntgabe voraus. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird.
8An der wirksamen Bekanntgabe einer Ordnungsverfügung vom 26. April 2016 gegenüber dem Antragsteller bestehen nach derzeitiger Sachlage erhebliche Zweifel. Weder ergibt sich aus dem Schriftverkehr der Beteiligten noch aus dem Verwaltungsvorgang, wem gegenüber die Ordnungsverfügung am 26. April 2016 erlassen worden sein soll. Insbesondere folgt dies nicht aus dem als solchen bezeichneten Bauüberwachungsbogen vom 29. April 2016 (Bl. 15 VV) im lückenhaft geführten Verwaltungsvorgang. Der Verfasser C. benennt im Bauüberwachungsbogen weder die bei der Besichtigung anwesenden Personen noch den Adressaten der noch vor Ort ausgesprochenen Stilllegungsverfügung. Die beigefügten Lichtbilder (Bl. 16 ff. VV) zeigen, dass sich zahlreiche Personen auf dem Ponton befunden haben. Diese bestehenden Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin.
92. Die demgemäß mit hoher Wahrscheinlichkeit erst am 29. April 2016 erlassene streitgegenständliche Ordnungsverfügung ist nach der Auffassung der Kammer formell rechtswidrig.
10a. Die Antragsgegnerin hat ihre Zuständigkeit zu Recht angenommen. Gemäß § 62 BauO NRW ist für den Vollzug dieses Gesetzes sowie anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften für die Errichtung, die Änderung, die Nutzungsänderung, die Instandhaltung und den Abbruch baulicher Anlagen sowie anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 (dazu aa.) die untere Bauaufsichtsbehörde zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist (dazu bb.).
11aa. Bei der auf dem Ponton zu errichtenden Anlage dürfte es sich um die Errichtung einer baulichen Anlage handeln, die der Bauordnung Nordrhein-Westfalens (BauO NRW) unterfällt.
12Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BauO NRW sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Nach § 2 Abs. 1 S. 2 BauO NRW besteht eine Verbindung mit dem Erdboden auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Erdboden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden.
13Laut der vom Architekten des Antragstellers vorgelegten Unterlagen soll auf dem Ponton ein eingeschossiges Objekt mit einem begehbaren Dach errichtet werden, das - in einem ersten Kubus - sowohl das Clubheim des Antragstellers nebst zugeordneter Toilettenanlage und kleiner Küche für die Bewirtung von Clubmitgliedern sowie Gäste als auch - in einem zweiten Kubus - Sanitäreinrichtungen für die Hafennutzer beinhalten soll.
14Diese Aufbauten sind aus Bauprodukten hergestellt. Obwohl die Anlage auf einem im Wasser schwimmenden Ponton errichtet wird und sich damit nicht unmittelbar auf dem Erdboden befindet, ist sie mit diesem verbunden. Dabei bedarf es an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob eine solche Verbindung bereits gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BauO NRW aufgrund des Ruhens durch eigene Schwere auf dem Erdboden besteht. Dies wird in der Rechtsprechung und Literatur schon dann angenommen, sofern leichtbewegliche Gegenstände mit dem Erdboden verankert werden,
15Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, § 2 Rn. 45; OVG Mecklenburg, Urteil vom 15. Juli 2015 – 3 L 62/10 –, juris (Rn. 47 [Holzkogge]); VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris (Rn. 37 [Ponton mit Aufbauten, die Wohnhaus entsprechen]). Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 31. August 1973 - IV C 33.71 –, juris ([Wohnboot als bauliche Anlage im Bauplanungsrecht]); BVerwG, Beschluss vom 13. März 1973 – IV B 8.72 –, jurion (Rn. 5 [Wohnfloß als bauliche Anlage]); OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Oktober 1973 – III A 59/73 -, juris (Wohnboot als bauliche Anlage),
16wozu im baurechtlichen Sinne auch das Gewässerbett zählt.
17Erbguth / Schubert, JURA 2006, 454 (455) m.N.; inzident auch: VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris (Rn. 37).
18Aus dem Vortrag des Antragstellers ergibt sich, dass eine solche Befestigung des Pontons (und damit auch der auf ihm befindlichen Aufbauten) – wenn auch derzeit angeblich in unzureichender Form – besteht.
19Davon losgelöst besteht die Verbindung mit dem Erdboden jedenfalls dadurch, dass es sich um eine Anlage handelt, die überwiegend ortsfest benutzt wird, vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BauO NRW,
20vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 1971 – II 321/70 -, juris (Wohnfloß); VGH Hessen, Beschluss vom 14. April 1986 – 4 TH 449/86 -, jurion (Rn. 19 [fahruntaugliches Restaurantschiff]); VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris (Rn. 38 ff.).
21Auch bei § 2 Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 BauO NRW ist der Umstand, dass die Anlage auf dem Wasser schwimmt, unbeachtlich,
22vgl. VGH Hessen, Beschluss vom 14. April 1986 – 4 TH 449/86 -, jurion (Rn. 19 m.w.N.).
23Durch die geplante Nutzung der auf dem Ponton zu errichtenden Aufbauten ist evident, dass deren Ortsveränderung nicht erfolgen wird. Vielmehr soll das Clubhaus nebst Gastronomie und Toiletten sogar ausschließlich ortsfest benutzt werden.
24Der Einordnung als bauliche Anlage im Sinne der BauO NRW steht auch nicht entgegen, dass andere Landesbauordnungen schwimmende Anlagen ausdrücklich dem Anwendungsbereich der Landesbauordnung entnehmen (so z.B. § 1 Abs. 2 Nr. 7 BauO Hamburg) oder einbeziehen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 6 BauO Rheinland-Pfalz). Der nordrhein-westfälische Gesetzgeber hat sich insoweit für die dargelegte Regelung entschieden, so dass die Argumentation des Antragstellers, schwimmende Anlagen würden aufgrund einer fehlenden klarstellenden Regelung der nordrhein-westfälischen Bauordnung unterfallen, nicht verfängt.
25Auch die von dem Antragsteller zitierte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs,
26Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. Oktober 2011, II R 27/10,
27wonach eine auf dem Wasser schwimmende Anlage mangels fester Verbindung mit Grund und Boden und wegen fehlender Standfestigkeit bewertungsrechtlich kein Gebäude sei, steht der hiesigen Einordnung als bauliche Anlage im Sinne der Landesbauordnung nicht entgegen. Dieser Entscheidung lag eine bewertungsrechtliche Problematik nach dem BewG zu Grunde. Das Gericht merkt zudem an, dass die auf dem Ponton geplanten Aufbauten auch dem Gebäudebegriff des § 2 Abs. 2 BauO NRW unterfallen dürften.
28Ferner findet kein Ausschluss nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BauO NRW statt, da die geplanten Aufbauten auch keine Anlagen des öffentlichen Verkehrs darstellen. Vorliegend sollen die baulichen Anlagen nicht die Nutzbarkeit der Wasserwege als solches betreffen, sondern wie ein am Festland befindliches Gebäude unter anderem Gastronomie beinhalten und in Teilen dem Publikumsverkehr zur Verfügung stehen.
29bb. Der Zuständigkeit der unteren Bauaufsichtsbehörde stehen auch keine anderen Bestimmungen entgegen, § 62 BauO NRW. Selbst für den Fall, dass neben dem Bauordnungsrecht aufgrund der Tatsache, dass sich die bauliche Anlage auf einem im Wasser schwimmenden Ponton befindet, auch Vorschriften des Wasserrechts Anwendung finden würden, hätte dies nicht zur Folge, dass die Anwendbarkeit der Vorschriften der Landesbauordnung ausgeschlossen wären,
30vgl. nur die Wertung des § 99 Abs. 3 LWG NRW sowie VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris (Rn. 26 ff.).
31Auch die Hauptzuständigkeit der Bauaufsichtsbehörde bliebe davon unberührt,
32vgl. VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 30. April 2012 – 8 A 45/11 –, juris (Rn. 31); Wallbaum in: Queitsch / Koll-Sarfeld / Wallbaum, Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 116 LWG Rn. 1.
33b. Die Stilllegungsverfügung der nach § 62 BauO NRW zuständigen Antragsgegnerin ist allerdings mangels vorheriger Anhörung derzeit in formeller Hinsicht rechtswidrig.
34Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dem einfachgesetzlich geregelten, aber auch verfassungsrechtlich gebotenen Anhörungserfordernis kommt bei der Durchführung eines bauaufsichtsbehördlichen Verwaltungsverfahrens, das in dem Erlass einer Bauordnungsverfügung münden soll, schon mit Blick auf die sachgemäße Ausübung des bauaufsichtlichen Ermessens eine erhebliche Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als dass § 110 Abs. 1 JustG NRW von der Nachprüfung eines Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nach § 68 VwGO grundsätzlich absieht. Unterbleibt nun die an sich vorgeschriebene Anhörung, hat der von der Maßnahme Betroffene daher keine Gelegenheit mehr, etwaige Einwände im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gegenüber der Behörde vorzutragen, sondern muss unmittelbar den Rechtsweg beschreiten. Auch wenn die zu unterlassende Anhörung unter bestimmten Voraussetzungen mit fehlerbehebender Wirkung bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Klageverfahrens nachgeholt werden kann, stellt die fehlende Anhörung jedenfalls einen Verfahrensfehler dar. Zudem kann sich dadurch womöglich die Akzeptanz des Verwaltungshandelns verringern und dessen Fehleranfälligkeit erhöhen.
35So bereits der Beschluss der erkennenden Kammer vom 04. September 2015 - 2 L 1962/15 -, m.w.N.
36aa. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin den Antragsteller vor Erlass der Ordnungsverfügung nicht angehört. Eine Anhörung kann insbesondere auch nicht in dem Schriftsatz des Antragstellers vom 27. April 2016 (Bl. 7 VV) gesehen werden. Auch wenn eine Anhörung nicht den ausdrücklichen Hinweis erfordert, dass der Betroffene sich äußern kann,
37OVG Lüneburg, Beschluss vom 31. März 2010 – 4 LC 281/08 –, juris (Rn. 28),
38muss dem Betroffenen gleichwohl zweifelsfrei erkennbar sein, dass ihm die Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme in angemessener Frist einräumt,
39OVG Lüneburg, Beschluss vom 31. März 2010 – 4 LC 281/08 –, juris (Rn. 28); vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 28 Rn. 44.
40Daran fehlt es nach summarischer Prüfung vorliegend bereits. Zum einen gingen die Beteiligten davon aus, dass die Ordnungsverfügung bereits am 26. April 2016 erlassen worden sei. Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller überhaupt (noch) rechtliches Gehör gewähren wollte. Gemäß dem Vorstehenden ist auch ungeklärt, wem die Antragsgegnerin am 26. April 2016 welche Informationen mitgeteilt hat. Die Behörde ist jedoch verpflichtet, dem Adressaten des Verwaltungsaktes die entscheidungserheblichen Tatsachen, auf die es nach der rechtlichen Einschätzung der entscheidenden Behörde bei Erlass des Verwaltungsakts ankommt, mitzuteilen,
41vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 28 Rn. 34 m.w.N.
42Schließlich lässt sich weder aus dem Bescheid vom 29. April 2016 noch den Verwaltungsvorgängen im Ansatz erkennen, dass die – auf Seiten des Antragstellers mit Schreiben vom 27. April 2016 auf augenscheinlich unsicherer Tatsachengrundlage vorgetragenen Einwände – im Verwaltungsverfahren noch Berücksichtigung gefunden hätten.
43bb. Auch das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands von der Anhörungspflicht (§ 28 Abs. 2 VwVfG NRW) ist nicht ersichtlich, denn es fehlt einerseits schon an der nach § 28 Abs. 2 VwVfG NRW zu treffenden Ermessensentscheidung („ […] kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist […]“). Im Bescheid vom 29. April 2016 hat die Antragsgegnerin keine dahingehenden Erwägungen angestellt. Auch der beigezogene Verwaltungsvorgang lässt diesbezügliche Erwägungen nicht im Ansatz erkennen.
44Losgelöst von der fehlenden Ermessensausübung fehlt es zudem auch an den Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG NRW. Der – vorliegend einzig zu erwägende – Fall des § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW, wonach eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse das Absehen von einer Anhörung für notwendig erscheinen lassen kann, ist nicht gegeben. Gefahr im Verzug setzt voraus, dass durch eine vorherige – eventuell sogar nur mündlich oder telefonisch durchzuführende – Anhörung auch bei Gewährung kürzester Anhörungsfristen ein Zeitverlust einträte, der mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Folge hätte, dass der Zweck der zu treffenden Regelung nicht erreicht würde,
45vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 28 Rn. 51 m.w.N.
46Anhaltspunkte für eine derart akute Gefahrenlage sind aus den insgesamt lückenhaften und schlecht nachvollziehbaren Verwaltungsvorgängen der Antragsgegnerin weder ersichtlich noch vorgetragen. Auch ist nicht erkennbar, dass eine Frist von beispielsweise wenigen Stunden den baurechtswidrigen Zustand verfestigt hätte.
47Ebenso wenig ist nach Aktenlage ein öffentliches Interesse erkennbar, aufgrund dessen eine sofortige Entscheidung notwendig erschienen wäre. Dieser Ausnahmetatbestand ist nur erfüllt, wenn die vorherige Anhörung die mit der Maßnahme verbundene Wahrung übergeordneter dringender öffentlicher Interessen ganz oder zum wesentlichen Teil vereiteln würde,
48vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 28 Rn. 53 m.w.N.
49Es ist weder in der Verfügung vom 29. April 2016 nachvollziehbar dargelegt noch erkennbar, dass in dem Zeitraum zwischen der Ortsbesichtigung am 26. April 2016 und dem Erlass der Stilllegungsverfügung vom 29. April 2016 eine Anhörung des Antragstellers die effektive Gefahrenabwehr beeinträchtigt hätte.
50cc. Die fehlende Anhörung ist nicht während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit heilender Wirkung (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG NRW)nachgeholt worden. Zu den Anforderungen an die Nachholung einer fehlenden Anhörung hat die erkennende Kammer in ihrem Beschluss vom 04. September 2015 (Az.: 2 L 1962/15) ausgeführt:
51„Nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG NRW ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 VwVfG NRW nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Gemäß § 45 Abs. 2 VwVfG NRW können Handlungen nach Absatz 1 bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Eine Heilung in diesem Sinne tritt nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Das setzt voraus, dass der Betroffene - nachträglich in einem eigenständigen Verfahren – eine vollwertige Gelegenheit zur Stellungnahme erhält und die Behörde die vorgebrachten Argumente zum Anlass nimmt, die ohne vorherige Anhörung getroffene Entscheidung kritisch zu überdenken. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellen demgegenüber keine nachträgliche Anhörung im Sinne dieser Regelung dar,
52vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 14.09 -, BVerwGE 137, 199 und juris Rn. 37 zu § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 HVwVfG; Kopp/Ramsauer, VwVfG. § 45 Rn. 26; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 45 Rn. 74 m.w.N.; a.A. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Juni 2010 – 10 B 270/10 -, juris Rn. 7 ff, vom 11. Februar 2014 – 15 B 69/14 -, juris Rn. 14 und vom 20. Januar 2015 – 15 A 2382/13 -, juris Rn. 7; offen gelassen: OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 – 7 B 1293/10 – juris Rn. 13.“
53An dieser Rechtsprechung hält die Kammer auch nach Erlass der im anschließenden Beschwerdeverfahren ergangenen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalens,
54OVG NRW, Beschluss vom 21. März 2016 – 7 B 1069/15,
55fest. In diesem Beschluss hat der Senat die von der Kammer getroffene Annahme eines Anhörungsmangels letztlich mit der Argumentation abgelehnt, es spreche Überwiegendes dafür, dass sich aus der Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin ergebe, dass der Antragsteller hinreichende Gelegenheit hatte, zu den maßgeblichen Fragen Stellung zu nehmen. Abgesehen davon sei bei summarischer Prüfung davon auszugehen, dass eine hinreiche Anhörung jedenfalls im gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden sei.
56Die Ausführungen des Senats überzeugen das erkennende Gericht nicht, denn sie gehen auf die von der Kammer ausführlich dargelegte Bedeutung des Anhörungserfordernisses nicht ansatzweise ein. Insbesondere ist seitens des erkennenden Senats eine Auseinandersetzung mit der von der Kammer zitierten und von ihr zu Grunde gelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erfolgt. Die Bezugnahme des Senats auf die Rechtsprechung des 15. Senats,
57OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2015 – 15 A 2382/13 -, juris,
58vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn diese zum Kommunalabgabengesetz NRW ergangene Entscheidung nimmt ihrerseits Bezug auf einen Beschluss des 15. Senats,
59Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01. Juni 2012 – 15 A 48/12 –, juris,
60in dem dieser ausführt, es sei
61„nicht notwendig, dass der Betroffene während eines anhängigen Gerichtsverfahrens die Möglichkeit zur Stellungnahme auf der Ebene eines parallel geführten Verwaltungsverfahrens erhält [...]. Die vom Bundesverwaltungsgericht demgegenüber in den 80-er Jahren vertretene gegenteilige Auffassung, ein Anhörungsmangel könne nur außerhalb des gerichtlichen Verfahrens in einem Verwaltungsverfahren behoben werden, [...] betrifft die Altfassung der Bestimmung des § 45 Abs. 2 VwVfG des Bundes und die dieser Regelung angepassten Landesgesetze, wonach eine unterbliebene Anhörung nur bis zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nachholbar war. Sie steht daher nicht im Widerspruch zu einer Heilungsmöglichkeit im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren nach § 45 Abs. 2 VwVfG NRW. n. F.“
62Durch die Bezugnahme auf diese Entscheidung berücksichtigt das Oberverwaltungsgericht nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung auch nach Änderung des § 45 VwVfG in der Bundesfassung (und den Landesfassungen) aufrecht erhalten und bestätigt hat und für die Annahme einer Heilung nach unterbliebener Anhörung weiterhin fordert, dass die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren stellen demnach keine nachträgliche Anhörung im Sinne dieser Regelung dar,
63vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 14.09 -, juris (Rn. 37 zu dem wortlautgleichen § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG Hessen); BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16/11 -, juris (Rn. 18).
64Insoweit ist der einfache Austausch von Sachinformationen im Gerichtsverfahren für eine Heilung des Anhörungsmangels gerade nicht ausreichend.
65Die dargetane Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts begründet des Weiteren die Gefahr, dass eine Behörde – losgelöst vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwVfG NRW – in von ihr als eilbedürftig empfundenen Fällen von einer Anhörung absieht, da sie auf eine Heilung durch Stellungnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vertrauen kann. Dass durch ein solches Verständnis das nach weitgehender Abschaffung des Widerspruchverfahrens nun besonderer Bedeutung zukommendem Anhörungserfordernis weitgehend unterlaufen werden würde, hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 04. September 2015 bereits ausführlich dargelegt. Hieran hält die Kammer fest.
66Nach den vorstehend genannten und von der Kammer angewandten Grundsätzen ist die fehlende Anhörung des Antragstellers derzeit noch nicht nachgeholt worden. Weder ist die Nachholung der Anhörung in dem Schreiben vom 27. April 2016 (Bl. 7 VV) zu sehen, noch konnte sie aufgrund der vorstehend genannten Grundsätze durch bloße Stellungnahme während des Gerichtsverfahrens nachgeholt werden.
67dd. Die fehlende Anhörung des Antragstellers ist auch nicht gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil offensichtlich wäre, dass sie die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die strengen Voraussetzungen des § 46 VwVfG NRW sind vorliegend nicht erfüllt. Danach ist zum einen erforderlich, dass jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass bei der Einhaltung der Verfahrensvorschrift (hier: Anhörungserfordernis) die Entscheidung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen anders hätte ausfallen können,
68vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 25 f.; noch zur vorherigen Fassung des § 46 VwVfG NRW: OVG NRW, Urteil vom 13. Oktober 1988 – 11 A 2734/86 -, juris Rn. 11.
69Zum Zweiten muss es sogar offensichtlich sein, dass auch eine Anhörung des Antragstellers die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hätte. Dafür müsste jeder vernünftige Zweifel ausgeschlossen sein, dass es bei Vermeidung des Fehlers zur selben Entscheidung in der Sache gekommen wäre,
70vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 46 Rn. 37; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 46 Rn. 73 ff.
71Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Antragsteller trägt unter Berufung auf die oben genannte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sowie auf Landesbauordnungen anderer Bundesländer Gesichtspunkte vor, die zwar gegebenenfalls kein Absehen von einer Ordnungsverfügung denkbar erscheinen lassen, bei summarischer Prüfung im Fall ihrer Berücksichtigung wohl aber Auswirkungen auf die Gestalt derselben gehabt haben könnten.
72c. Die Zwangsgeldandrohung zu dieser Ordnungsverfügung kann, da es aus den angeführten Gründen nach summarischer Prüfung derzeit an einer rechtmäßigen Grundverfügung fehlt, keinen Bestand haben, so dass diesbezüglich die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen ist.
73Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
74Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG. In Anwendung von Ziffer 12 a) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (BauR 2003, 1883) war der Streitwert des Hauptsacheverfahrens zu halbieren.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe ihm gegenüber vorgenommen werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Ein Verwaltungsakt, der im Inland oder in das Ausland elektronisch übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(2a) Mit Einwilligung des Beteiligten kann ein elektronischer Verwaltungsakt dadurch bekannt gegeben werden, dass er vom Beteiligten oder von seinem Bevollmächtigten über öffentlich zugängliche Netze abgerufen wird. Die Behörde hat zu gewährleisten, dass der Abruf nur nach Authentifizierung der berechtigten Person möglich ist und der elektronische Verwaltungsakt von ihr gespeichert werden kann. Der Verwaltungsakt gilt am Tag nach dem Abruf als bekannt gegeben. Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb von zehn Tagen nach Absendung einer Benachrichtigung über die Bereitstellung abgerufen, wird diese beendet. In diesem Fall ist die Bekanntgabe nicht bewirkt; die Möglichkeit einer erneuten Bereitstellung zum Abruf oder der Bekanntgabe auf andere Weise bleibt unberührt.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.
(5) Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung bleiben unberührt.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn
- 1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder - 2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.
(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.