Verwaltungsgericht Köln Urteil, 21. Feb. 2014 - 19 K 228/13
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist als Feuerwehrbeamter bei der Beklagten tätig.
3Vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2006 war der Kläger durchgängig im Schichtdienst tätig und erbrachte eine wöchentliche Arbeitszeit von durchschnittlich 54 Stunden einschließlich Bereitschaftsdienst.
4Während die Freizeitausgleichansprüche wegen Überschreitung der europarechtlich zulässigen Höchstarbeitszeit für den Zeitraum Januar 2001 bis Dezember 2005 verjährt waren (vgl. VG Köln, Urteil vom 08. 03. 2013 - 19 K 2566/12 -), gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14. 11. 2012 für den Zeitraum Januar bis Dezember 2006 eine Abgeltungssumme von 2.441,45 € für 207,43 abzugeltende Freizeitausgleichstunden. Nicht berücksichtigt wurde 62,57 Stunden Zuvielarbeit, die an Tagen anfielen, als der Kläger für einen längeren Zeitraum (04. 10. 2006 bis 15. 12. 2006) durchgehend krank war.
5Der Kläger hat nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren am 14. 01. 2013 Klage erhoben, mit der er die finanzielle Abgeltung von Zuvielarbeit auch für den Zeitraum 04. 10. 2006 bis 15. 12. 2006 begehrt.
6Nach Klageerhebung kam es unter Beteiligung des Personalrats zu einer Dienstvereinbarung über die Regulierung der in den Jahren 2001 bis 2005 über die 48 - Stunden - Woche hinaus geleistete Dienstzeit, in deren Folge der Kläger eine Vereinbarung unterzeichnete, in der es heißt, er verzichte auf jegliche gerichtliche und außergerichtliche Geltendmachung weiterer Ansprüche auf Ausgleich in Freizeit und/oder Geld. Die Beteiligten streiten darüber, ob sich diese Verzichtserklärung auch auf die im Jahr 2006 geleistete Zuvielarbeit bezieht.
7Zur weiteren Begründung der Klage macht der Kläger unter anderem geltend, Krankheitszeiten seien nur zu berücksichtigen, soweit sie sechs Wochen am Stück überschreiten. Eine andere Betrachtung führe zu einer Ungleichbehandlung.
8Der Kläger beantragt,
9die Beklagte unter teilweiser Abänderung des Bescheides vom 14. 11. 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. 12. 2012 zu verpflichten, dem Kläger einen weiteren Betrag von 692,65 € zu gewähren.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie beruft sich auf die Ausführungen des BVerwG in dessen Entscheidung vom 26. 07. 2012 zur Erheblichkeit längerfristiger Erkrankungen bei der pauschalen Berechnung der Zuvielarbeit und bestreitet das Vorliegen eines Dienstunfalls. Es sei im Rahmen der pauschalen Betrachtung auch unerheblich, ob ein Dienstunfall vorgelegen habe.
13Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftsätzlich einverstanden erklärt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich insoweit vorab einverstanden erklärt haben, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
17Die Klage ist unbegründet.
18Der Kläger hat für die Zeit seiner Erkrankung vom 04. 10. 2006 bis 15. 12. 2006 keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Geld nach dem jeweils geltenden Stundensatz der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (BMVerGV).
19Für unionsrechtswidrig - vgl. Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23.11.1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 93/104/EG, ABl EG Nr. L 307 vom 13.12.1993 S. 18) sowie Art. 6 b der insoweit inhaltsgleichen Nachfolgerichtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitsplatzgestaltung (RL 2003/88/EG, ABl EG Nr. L 299 vom 18.11.2003 S. 9, Arbeitszeitrichtlinie) - geleistete Zuvielarbeit besteht nach der Rechtsprechung des BVerwG,
20vgl. BVerwG, Urteil vom 26.07.2012 – 2 C 70/11 -, juris,
21ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch und ein Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die beiden Ansprüche unterscheiden sich zwar in ihren Voraussetzungen, sind aber in der Rechtsfolge gleichgerichtet. Danach ist die pauschal zu errechnende Zuvielarbeit ohne Abzüge auszugleichen, und zwar vorrangig durch Freizeit, hier ausnahmsweise durch Geld. Der Geldausgleich ist in Anlehnung an die zum jeweiligen Zeitraum der Zuvielarbeit geltenden Stundensätze für Mehrarbeit im Vollzeitdienst zu gewähren.
22Die Zuvielarbeit ist pauschal unter Abzug des sechswöchigen Urlaubsanspruchs sowie einer weiteren Woche für die Wochenfeiertage zu errechnen. Darüber hinausgehende Anwesenheitstage sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Abwesenheitszeiten aufgrund von Krankheit, Sonderurlaub, Abordnungen, Fortbildungen, etc. sind nur dann abzuziehen, wenn sie im Jahr einen erheblichen Umfang erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn der Beamte deshalb mindestens in Höhe des Jahresurlaubs von sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet hat,
23vgl. BVerwG, Urteile vom 26.07.2012 – u. a. 2 C 70/11 -, juris.
24Ausgehend von diesen Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts zur pauschalierenden Berechnung der Zuvielarbeit kann der Kläger für die Zeit seiner Erkrankung vom 04. 10. 2006 bis 15. 12. 2006 keinen Geldausgleich wegen Zuvielarbeit verlangen. Denn er hat in dieser Zeit mehr als sechs Wochen ununterbrochen keinen Feuerwehrdienst geleistet mit der Folge, dass eine pauschalierende Anrechnung von Zuvielarbeit für diese Zeit ausscheidet. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf eine sachwidrige Ungleichbehandlung berufen. Es liegt im Wesen der grundsätzlich sachgerechten pauschalierenden Betrachtungsweise, dass Grenzen in zeitlicher Hinsicht gezogen werden und nur derjenige in den Genuss der Wohltat der Regelung kommt, der die Grenze nicht überschreitet. Das Ergebnis trifft den Kläger - unabhängig davon, ob die Krankheitszeit auf einem Dienstunfall beruhte - nicht unangemessen hart, denn er hat in der hier in Rede stehenden Zeit vom 04. 10. 2006 bis 15. 12. 2006 tatsächlich keine Zuvielarbeit geleistet, er hat vielmehr in dieser Zeit überhaupt nicht gearbeitet.
25Da ein Anspruch für den hier in Rede stehenden Zeitraum bereits nicht entstanden ist, kann dahinstehen, ob sich die Verzichtserklärung des Klägers vom 30. 07. 2013 auch auf Ansprüche aus dem Jahr 2006 bezog.
26Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
27Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.