Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 27. Okt. 2016 - 10 K 6097/16
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
Gründe:
3Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die - vor Erteilung des inzwischen vorliegenden Einbeziehungsbescheides - beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig war (§ 166 VwGO, § 114 Absatz 1 Satz 2 ZPO).
4Mutwilligkeit ist dann anzunehmen, wenn ein verständiger nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgt hätte. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert, zugemutet werden kann, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn diese im Einzelfall wirklich notwendig werden.
5Vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2010 - XII ZB 180/06 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 09. März 2012 – 18 E 1326711 – und vom 17. Dezember 2014 – 8 E 1090/14 – jeweils in juris.
6Vorliegend hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden sowie in der Klageerwiderung zutreffend dargelegt, dass die Einbeziehung des Ehemannes des Klägerin, Alexander Hazho, in der ihr erteilten Einbeziehungsbescheid nach § 27 Abs. 2 BVFG allein daran scheiterte, dass der gesetzlich vorgesehene Sprachnachweis nicht erbracht war. Entgegen der Darstellung der Klägerin findet sich ein solcher Nachweis auch nicht in den zum eigenen Aufnahmeverfahren des Ehemannes (10 K 2629/15) beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Beklagten. Vielmehr wurden auch in jenem Verfahren ausreichende deutsche Sprachkenntnisse lediglich vorgetragen, aber weder durch ein Goethe-Zertifikat noch durch einen bei der Beklagten abgelegten Sprachstandstest belegt. Erst mit Schriftsatz vom 30. August 2016 hat der Ehemann der Klägerin ein am 08. August 2016 erworbenes Goethe-Zertifikat vorgelegt. Bei dieser Sachlage hätte ein verständiger nicht hilfsbedürftiger Beteiligter nicht Klage erhoben, sondern der Beklagten zuvor die offenbar vorhandenen deutschen Sprachkenntnisse in der oben beschriebenen Form nachgewiesen. Damit wären für die gerichtliche Rechtsverfolgung keine Kosten angefallen. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass die Kosten des nunmehr in der Hauptsache erledigten Verfahrens – die Beklagte hat den Einbeziehungsbescheid nach Prüfung des Goethe-Zertifikats inzwischen erteilt, die Erledigungserklärung der Klägerin steht noch aus - gemäß § 161 Abs. 2 VwGO der Klägerin aufzuerlegen sein werden, weil sie den Sprachnachweis erst im Lauf des gerichtlichen Verfahrens erbracht hat. Es ist nicht nachvollziehbar, dass für diese vermeidbaren Kosten nunmehr die Allgemeinheit aufkommen soll.
7Ob die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unabhängig davon auch daran scheitert, dass die Klägerin den Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 166 VwGO, § 117 Abs. 2, Abs. 4 ZPO) erst zu einem Zeitpunkt vorgelegt und damit die Bewilligungsreife hergestellt hat, zu dem die Beklagte den ursprünglich streitigen Bescheid bereits erteilt hatte - und damit das Rechtschutzinteresse für die Klage entfallen war -, kann dahinstehen.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 27. Okt. 2016 - 10 K 6097/16
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 27. Okt. 2016 - 10 K 6097/16
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Beschluss, 27. Okt. 2016 - 10 K 6097/16 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Gegen das Scheidungsverbundurteil hat der anwaltlich vertretene Antragsgegner rechtzeitig Berufung ein- gelegt und Anträge sowie Begründung einem weiteren Schriftsatz vorbehalten. Nach Zustellung der Berufungsschrift an den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hatte sich dieser mit am 3. August 2006 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz bestellt, Zurückweisung der Berufung beantragt sowie um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin nachgesucht. Am 18. August 2006 hatte die Antragstellerin das ausgefüllte Formular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht und am 31. August 2006 den Bescheid über die Bewilligung von Leistungen nach SGB II. In der Zwischenzeit hatte der Antragsgegner seine Berufung mit am 14. August 2006 eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Berufungsbegründung wurde der Antragstellerin gemäß Verfügung vom 17. August 2006 mit begründetem Beschluss vom gleichen Tage, mit welchem auf eine beabsichtigte Verfahrensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO hingewiesen wurde, am 22. August 2006 zugestellt. Zugleich stellte ihr das Berufungsgericht anheim, seine Entscheidung bzw. die Stellungnahme des Antragsgegners abzuwarten. Letztere ist der Antragstellerin zusammen mit dem die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisenden Beschluss sowie unter Versagung der für das Verfahren zweiter Instanz beantragten Prozesskostenhilfe am 19. September 2006 zugestellt worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Prozesskostenhilfeantrag weiter.
II.
- 2
- 1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
- 3
- Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 266/03 - FamRZ 2008, 1159 m.w.N.). Das ist hier indes der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die Beurteilung ihrer Rechtsverteidigung als nicht notwendig, mithin als mutwillig , sei nicht gerechtfertigt (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - FamRZ 2005, 1477).
- 4
- 2. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
- 5
- a) Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass einer mittellosen Partei, die in der Vorinstanz obsiegt habe, Prozesskostenhilfe für die Rechtsmittelinstanz im Allgemeinen erst zu gewähren sei, wenn der Gegner sein Rechtsmittel begründet habe. Vorliegend sei der Prozesskostenhilfeantrag zu einem früheren Zeitpunkt gestellt worden; nach Erhalt der Berufungsbegründung habe der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin weder weitere Anträge gestellt, noch sich in der Sache geäußert. Darüber hinaus sei einem Rechtsmittelgegner Prozesskostenhilfe auch dann nicht zu bewilligen, wenn das Gericht unmittelbar nach Eingang der Berufungsbegründung darauf hinweise, dass es die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen wolle.
- 6
- Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 7
- b) Zutreffend geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, dass einem Rechtsmittelgegner - jedenfalls dann, wenn er in der Vorinstanz anwaltlich vertreten war - im Allgemeinen Prozesskostenhilfe erst gewährt werden kann, wenn das Rechtsmittel begründet worden ist und die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Rechtsmittels nicht gegeben sind (vgl. Senats- beschlüsse vom 7. Februar 2001 - XII ZR 26/99 - NJW-RR 2001, 1009; vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 67/87 - FamRZ 1988, 942 und vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80 - FamRZ 1982, 58, 59 f., jeweils m.w.N.; BAG NJW 2005, 1213; Zöller/Philippi ZPO 28. Aufl. § 119 Rdn. 55; Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 119 Rdn. 16; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 30. Aufl. § 119 Rdn. 13; HkZPO /Pukall 2. Aufl. § 119 Rdn. 14; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 114 Rdn. 43, § 119 Rdn. 22, 24; a.A. für die Berufungsinstanz OLG Karlsruhe FamRZ 1996, 806, 807 f.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 119 Rdn. 57).
- 8
- In dem Ausschluss mutwilliger Rechtsverfolgung (§ 114 Satz 1 ZPO) kommt der Grundsatz zum Ausdruck, dass Prozesskostenhilfe nur in Anspruch genommen werden kann, soweit es für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig ist. Einer Partei, die auf Kosten der Allgemeinheit prozessiert, muss zugemutet werden, zulässige Maßnahmen erst dann vorzunehmen, wenn diese im Einzelfall wirklich notwendig werden. Dabei ist es gleichgültig, ob eine zahlungsfähige Partei in der gleichen Lage auf ihre Kosten eine derartige Maßnahme schon früher ergreifen würde. Bis zur Einreichung der Rechtsmittelbegründung bedarf der Rechtsmittelbeklagte in der Regel noch keines anwaltlichen Beistandes, weil eine ihm nachteilige Entscheidung in der Sache nicht ergehen kann. Im Hinblick darauf kann dem Rechtsmittelbeklagten , der Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen will, grundsätzlich zugemutet werden, bis zur Einreichung der Rechtsmittelbegründung zuzuwarten , damit für den Fall, dass das Rechtsmittelverfahren nicht durchgeführt wird, überflüssige Kosten vermieden werden. Auch verfassungsrechtliche Gründe gebieten nicht, dem Rechtsmittelbeklagten Prozesskostenhilfe bereits zu einer Zeit zu gewähren, in der dies zur Wahrung seiner Rechte noch nicht notwendig ist. Im Übrigen kann dem verfassungsrechtlichen Gebot, die prozessuale Stellung von Bemittelten und Unbemittelten weitgehend anzugleichen (BVerfG NJW 2003, 2976, 2977; 1991, 413 f.) ausreichend dadurch Rechnung getragen werden , dass bei der Terminierung auf die Belange des Unbemittelten Rücksicht genommen wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80 - FamRZ 1982, 58, 59 f. und vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 67/87 - FamRZ 1988, 942).
- 9
- Hier hat der Antragsgegner die Berufung jedoch auch rechtzeitig begründet. Wenn sich die Antragstellerin deshalb nach Zustellung der Berufungsbegründung unter prozesskostenhilferechtlichen Gesichtspunkten eines Rechtsanwalts bedienen durfte, würde es nicht darauf ankommen, dass sie ihren Antrag , die Berufung zurückzuweisen, schon zu einem früheren Zeitpunkt gestellt hat. Denn der verfrühte Zurückweisungsantrag wirkt fort. Es liefe auf eine unnötige Förmelei hinaus, von der Antragstellerin zu erwarten, dass sie nach Erhalt der Rechtsmittelbegründung nochmals einen Schriftsatz mit einem Gegenantrag bei Gericht einreicht (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 12/07 - FamRZ 2009, 1047, 1048 zu § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- 10
- c) Ob einem Berufungsbeklagten Prozesskostenhilfe schon zu bewilligen ist, solange das Berufungsgericht noch nicht über die erwogene Zurückweisung durch einstimmigen Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO) befunden hat, ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings umstritten.
- 11
- aa) Zum Teil wird davon ausgegangen, dass eine Verteidigung des Rechtsmittelgegners nicht notwendig und ihm daher Prozesskostenhilfe noch nicht zu bewilligen sei, wenn das Berufungsgericht mit der Übersendung der Berufungsbegründung darauf hinweise, dass es die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückweisen wolle. Denn dann bestehe die Aussicht, dass das Rechtsmittel ohne Zutun des Rechtsmittelgegners abgewehrt werden könne (OLG Dresden Beschluss vom 22. Oktober 2007 - 3 U 1141/07 - juris Tz. 3; OLG Köln MDR 2006, 947; OLG Düsseldorf MDR 2003, 658, 659; Zöller /Philippi aaO § 119 Rdn. 55; Musielak/Fischer aaO § 119 Rdn. 16; Thomas /Putzo/Reichold aaO § 119 Rdn. 13; Hk-ZPO/Pukall aaO § 119 Rdn. 14). Teilweise wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch dann abgelehnt, wenn das Berufungsgericht zwar noch nicht auf die Absicht, nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, hingewiesen hat, diese Möglichkeit aber noch besteht (OLG Schleswig - 14. ZS - NJW-RR 2009, 416; OLG Celle Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 13 U 141/07 - juris Tz. 5 ff.; OLG Nürnberg - 3. ZS - MDR 2007, 1337, 1338; OLG Dresden - 6. ZS - MDR 2007, 423; OLG Celle - 6. ZS - MDR 2004, 598). Differenziert wird weiter hinsichtlich der Frage, ob dem bedürftigen Rechtsmittelgegner Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn ihm eine Frist zur Äußerung gesetzt wurde (bejahend: OLG Schleswig - 14. ZS - NJW-RR 2009, 416, 417; OLG Celle Beschluss vom 12. Dezember 2007 - 13 U 141/07 - juris Tz. 7; OLG Dresden - 6. ZS - MDR 2007, 423; verneinend für eine vorsorgliche Fristsetzung zur Erwiderung: OLG Celle - 4. ZS - OLGR 2007, 923 f.; OLG Nürnberg - 4. ZS - FamRZ 2005, 46 f.).
- 12
- Zur Begründung wird angeführt, dass das Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO weitgehend dem der Verwerfung der Berufung als unzulässig ähnele. Weder die bloße Kenntnis von der eingelegten Berufung noch von deren Begründung schaffe auf Seiten des Berufungsbeklagten die Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Auch aus dem Umstand, dass zwar beide Parteien gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO von der beabsichtigten Zurückweisung zu unterrichten seien, die Möglichkeit zur Stellungnahme aber nur dem Berufungsführer einzuräumen sei, folge, dass dem Gegner zuzumuten sei, zunächst das weitere Verfahren abzuwarten. Da der bedürftigen Partei noch keine Nachteile entstehen könnten, bedürfe es zu diesem Verfahrenszeitpunkt auch von Verfassungs wegen noch nicht ihrer Einflussnahme auf den Prozess. Eine kosten- bewusste, nicht bedürftige Partei hätte daher vorerst von der Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten für das zweitinstanzliche Verfahren abgesehen.
- 13
- bb) Nach der Gegenansicht kann dem erstinstanzlich obsiegenden Berufungsbeklagten Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, dass infolge der noch ausstehenden Entscheidung über eine Verfahrensweise nach § 522 Abs. 2 ZPO eine Rechtsverteidigung noch nicht notwendig sei. Eine solche Auffassung widerspreche dem klaren Wortlaut des § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kostenerstattung nach § 91 Abs. 1 ZPO. Sie lasse sich auch nicht durch einen Vergleich mit der Situation bei Verwerfung des Rechtsmittels (§ 522 Abs. 1 ZPO) rechtfertigen, denn die Zulässigkeitsprüfung habe das Gericht von Amts wegen vorzunehmen. Außerdem stehe die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens im Falle des Beschlussverfahrens nach § 522 Abs. 2 ZPO fest, denn letzteres sei Bestandteil des ordentlichen Berufungsverfahrens, in dem eine urteilsersetzende Sachentscheidung getroffen werde. Schließlich könne der Berufungskläger seinen bisherigen Vortrag nachbessern und Argumente liefern, die das Gericht davon Abstand nehmen ließen, sein Rechtsmittel einstimmig als unbegründet zurückzuweisen. Würde man in diesem Stadium dem mittellosen Gegner nicht die Möglichkeit eröffnen, ebenfalls durch seinen Anwalt vortragen zu lassen, um die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erreichen, wäre dieser benachteiligt und schlechter gestellt als ein nicht bedürftiger Berufungsbeklagter. Das widerspräche dem Prinzip des fairen Verfahrens, welches den Parteien Mitwirkungs - und Kontrollmöglichkeiten einräume. Allein der Umstand, dass eine Stellungnahme des Berufungsbeklagten im Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne nachteilige Folgen für diesen unterbleiben könne, stehe einem berechtigten Interesse , sich gleichwohl zu äußern, nicht entgegen (vgl. OLG Brandenburg MDR 2008, 285; OLG Schleswig - 1. ZS - FamRZ 2006, 1550 [unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht in OLGR 2006, 190, 191]; OLG Rostock OLGR 2005, 840, 841 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann aaO § 119 Rdn. 57; Vossler MDR 2008, 722, 724 f.; Fölsch NJW 2006, 3521, 3523; Schellenberg MDR 2005, 610, 614; Hansens RVGreport 2008, 278 und 2004, 277 f.).
- 14
- d) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug.
- 15
- aa) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Die Fachgerichte verletzen bei der ihnen obliegenden Auslegung der §§ 114 ff. ZPO dann das Verfassungsrecht, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert bzw. unmöglich gemacht wird. Dabei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt (vgl. BVerfG NJW 2003, 2976, 2977; 1991, 413 f. und FamRZ 1988, 1139, 1140). Denn das Gebot weitgehender Angleichung der Lage von Bemittelten und Unbemittelten im Bereich des Rechtsschutzes verlangt keinen sinnlosen Einsatz staatlicher Ressourcen. Daher ist stets zu prüfen, ob eine bemittelte Partei bei Abwägung zwischen dem erzielbaren Vorteil und dem dafür einzugehenden Kostenrisiko ihre Rechte in einer bestimmten Art und Weise wahrgenommen hätte (vgl. BGH Beschluss vom 19. Mai 1981 - VI ZR 264/80 - JurBüro 1981, 1169).
- 16
- Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist in einem höheren Rechtszug nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Das bedeutet aber nicht, dass Prozesskostenhilfe ausnahmslos in jedem Fall zu bewilligen ist. Denn die dieser Bestimmung innewohnende Vermu- tungswirkung, dass die Verteidigung des Urteils der Vorinstanz hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist, gilt nur für die Verteidigung der angefochtenen Entscheidung als solche. Sie gebietet aber nicht, dem Rechtsmittelbeklagten Prozesskostenhilfe bereits zu einer Zeit zu gewähren, in der dies zur Wahrung seiner Rechte noch nicht notwendig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10. Februar 1988 - IVb ZR 67/87 - FamRZ 1988, 942 und vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80 - FamRZ 1982, 58, 59 f.).
- 17
- bb) Im Unterschied hierzu ist dem Rechtsmittelbeklagten jedoch kostenrechtlich eine ermäßigte Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 Ziff. 1 VV RVG bzw. Nr. 3207, 3209 VV RVG (vormals halbe Prozessgebühr) als gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig zu erstatten , wenn sein Prozessbevollmächtigter die Zurückweisung der Berufung oder Revision vor deren Begründung beantragt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 12/07 - FamRZ 2009, 1047, 1048 sowie BGH Beschlüsse vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - FamRZ 2003, 1461; vom 17. Dezember 2002 - X ZB 27/02 - FamRZ 2003, 523 und vom 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02 - FamRZ 2003, 522 f.). Das stellt aber keinen Widerspruch dar, denn den Entscheidungen zur Prozesskostenhilfe liegen spezifisch prozesskostenhilferechtliche Erwägungen zugrunde, die dann, wenn es um die Kostenerstattung zwischen den Parteien geht, keine Rolle spielen (vgl. BGH Beschluss vom 17. Dezember 2002 - X ZB 9/02 - FamRZ 2003, 522, 523).
- 18
- cc) Auch unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten hat der Bundesgerichtshof allerdings dem Rechtsmittelbeklagten, der einen Sachantrag vor Begründung des Rechtsmittels stellt, die Erstattung der vollen Prozessgebühr (jetzt Verfahrensgebühr) versagt. Denn zu diesem Zeitpunkt kann er sich noch nicht inhaltlich mit Rechtsmittelantrag und -begründung auseinandersetzen und so das Verfahren durch einen Gegenantrag sowie dessen Begründung fördern (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 2009 - XII ZB 12/07 - FamRZ 2009, 1047, 1048 sowie BGH Beschlüsse vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - FamRZ 2003, 1461 und vom 17. Dezember 2002 - X ZB 27/02 - FamRZ 2003, 523).
- 19
- Diese Erwägung trägt jedoch nach Vorliegen der Berufungsbegründung auch dann nicht mehr, wenn das Berufungsgericht noch nicht über eine mögliche Zurückweisung der Berufung durch Beschluss entschieden hat. Nach Begründung des Rechtsmittels hat der Berufungsbeklagte ein kostenrechtlich anerkennenswertes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu erwidern und eine vom Berufungsgericht beabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege durch eigene zusätzliche Argumente zu fördern. Der Hinweis des Gerichts auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung gibt nur eine vorläufige Auffassung wieder; eine Zurückweisung der Berufung im Beschlusswege ist keineswegs sicher. An einer Entscheidung im Beschlusswege hat der Berufungsbeklagte aber nicht nur wegen der damit regelmäßig verbundenen Beschleunigung, sondern auch wegen der durch § 522 Abs. 3 ZPO angeordneten Unanfechtbarkeit ein besonderes Interesse (vgl. BGH Beschluss vom 9. Oktober 2003 - VII ZB 17/03 - FamRZ 2004, 99).
- 20
- dd) Aus denselben Gründen kann einem Berufungsbeklagten nach Erhalt der Berufungsbegründung auch unter prozesskostenhilferechtlichen Aspekten die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht versagt werden. Das gilt unabhängig davon, ob schon vorsorglich eine Erwiderungsfrist gesetzt wurde oder nicht. Denn andernfalls würde dem bedürftigen Rechtsmittelgegner die Chance genommen , in seinem Sinne auf eine Entscheidung des Gerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinzuwirken.
- 21
- Zwar hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden, dass auch noch nach Eingang der Revisionsbegründung regelmäßig so lange kein Anlass zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Revisionsbeklagten bestehe, als über ein von dem Revisionskläger eingereichtes Prozesskostenhilfegesuch noch nicht befunden sei, noch kein Verhandlungstermin anberaumt sei und nicht feststehe, ob die Revision durchgeführt werde (vgl. BGH Beschluss vom 28. Januar 1956 - IV ZR 225/55 - LM ZPO § 119 Nr. 3; ebenso für die Berufungsinstanz OLG Hamm FamRZ 2006, 348). Es kann dahingestellt bleiben, ob daran festzuhalten ist (vgl. schon Senatsbeschluss vom 30. September 1981 - IVb ZR 694/80 - FamRZ 1982, 58, 59). Denn unabhängig von der Frage, ob das Beschlussverfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO bereits als Teil eines durchgeführten Rechtsmittelverfahrens anzusehen ist, eröffnet dieses Verfahren dem Berufungsbeklagten den nicht unerheblichen Vorteil nicht nur einer beschleunigten , sondern zugleich einer gemäß § 522 Abs. 3 ZPO unanfechtbaren Zurückweisung des Rechtsmittels. Damit unterscheidet sich die Lage des Rechtsmittelgegners grundlegend von der Situation, in welcher es um die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch des Rechtsmittelführers geht, noch kein Verhandlungstermin anberaumt ist und deshalb noch nicht feststeht, ob das Rechtsmittelverfahren durchgeführt wird. In allen diesen Verfahrenskonstellationen hat der Rechtsmittelbeklagte zwar auch die Möglichkeit, das Verfahren in seinem Sinne zu fördern, ohne damit aber unmittelbar eine unanfechtbare verfahrensbeendende Entscheidung zu seinen Gunsten erhalten zu können.
- 22
- e) Nachdem die bedürftige Antragstellerin jedenfalls am 31. August 2006 ein vollständiges Prozesskostenhilfegesuch eingereicht hatte und der die Berufung zurückweisende Beschluss erst am 5. September 2006 erging, durfte ihr das Oberlandesgericht die begehrte Prozesskostenhilfe nicht versagen. Das gilt unabhängig davon, ob ihr Prozessbevollmächtigter nach Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs noch einen Schriftsatz eingereicht hat, denn auch insoweit wirkt der zuvor gestellte Zurückweisungsantrag fort. Ob die kon- krete Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im kostenrechtlichen Sinne notwendig war, ist erst im Kostenerstattungsverfahren zu prüfen (vgl. BGH Beschluss vom 3. Juni 2003 - VIII ZB 19/03 - NJW 2003, 2992, 2993 und OLG Schleswig FamRZ 2006, 1550). Für die grundsätzliche Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist dies nicht von entscheidender Bedeutung. Hahne Weber-Monecke Vézina Dose Klinkhammer
AG Hannover, Entscheidung vom 19.07.2006 - 607 F 2353/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 05.09.2006 - 10 UF 189/06 -
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11. September 2014 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Klageverfahren erster Instanz zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen nicht vor. Die beabsichtigte Klage, mit der der Antragsteller den Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste des Antragsgegners erstrebt, erscheint mutwillig.
4Nach § 114 Abs. 2 ZPO ist eine Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Diese seit dem 1. Januar 2014 geltende Regelung (BGBl. I 2013, S. 3533) kodifiziert die schon bisher herrschende Rechtsprechung, wonach als Vergleichsperson derjenige Bemittelte heranzuziehen ist, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Denn Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG steht auch einer Besserstellung desjenigen entgegen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vornherein kein Kostenrisiko trägt.
5Vgl. BT-Drs. 17/13538, S. 26; BVerfG, Beschlüsse vom 18. November 2009 - 1 BvR 2245/08 -, NJW 2010, 988 f., und vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 2310/06 -, BVerfGE 122, 39, juris, Rn. 31.
6Nach diesen Maßstäben ist die vom Antragsteller beabsichtigte Klage mutwillig. Ein sein Kostenrisiko vernünftig abwägender Bürger, der die Prozesskosten aus eigenen Mitteln finanzieren muss, würde angesichts der vom Antragsteller selbst dargelegten uneinheitlichen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu den streitentscheidenden Rechtsfragen kein (weiteres) Klageverfahren auf Zugänglichmachung der vollständigen Telefonliste eines (weiteren) Jobcenters anhängig machen, solange die maßgeblichen Rechtsfragen bereits in anderen, u.a. auch von ihm betriebenen Verfahren in der Rechtsmittelinstanz anhängig sind. Das ist hier der Fall.
7Nach den vorliegenden Erkenntnissen haben der Antragsteller und sein den gleichen Nachnamen tragender Prozessbevollmächtigter offenbar bereits eine Vielzahl von gleichlautenden Anträgen bei Jobcentern zahlreicher Bundesländer gestellt und bei verschiedenen Verwaltungsgerichten Klage- bzw. Prozesskostenhilfeverfahren eingeleitet. Hiervon ist bereits das Verwaltungsgericht aufgrund verschiedener Anhaltspunkte ausgegangen, ohne dass die Beschwerde dem substantiiert entgegengetreten wäre. Zum Beleg kann exemplarisch zudem auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Weimar im Beschluss vom 20. Oktober 2014 - 8 S 788/14 We -, juris, Rn. 7, verwiesen werden, der in einem gleichgelagerten Verfahren des hiesigen Antragstellers, vertreten durch dieselben Prozessbevollmächtigten, ergangen ist. Letzteres erschließt sich bereits aus der Angabe des Wohnorts des Antragstellers, der näheren Beschreibung seines - mit dem hier gestellten weitestgehend übereinstimmenden - Antrags und der auch im vorliegenden Verfahren angegebenen Motivation, „ein politisches Zeichen zu setzen“. Bestätigt wird die Personengleichheit durch den im Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar hergestellten Zusammenhang mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 10. Januar 2013 - 5 K 981/11 -, das - wie aus der Beschwerdebegründung und der Internetseite der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers hervorgeht - vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in eigener Sache erstritten worden ist.
8Mehrere dieser Verfahren sind bereits in der Berufungsinstanz anhängig. So hat das beklagte Jobcenter Leipzig gegen das vorzitierte Urteil Antrag auf Zulassung der Berufung beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht gestellt, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden ist.
9Vgl. dazu VG Weimar, Beschluss vom 20. Oktober 2014 - 8 S 788/14 We -, juris, Rn. 7 und 9.
10Beim beschließenden Senat sind nicht nur mehrere Zulassungsverfahren (vgl. etwa die vom Verwaltungsgericht genannten) mit einem vergleichbaren Streitgegenstand anhängig, sondern auch ein Berufungsverfahren, in dem der - vom Antragsteller verschiedene - Kläger durch die Prozessbevollmächtigten des vorliegenden Verfahrens vertreten wird (OVG NRW, 8 A 2429/14). Aufgrund der allgemeinkundigen, im Internet abrufbaren Terminvorschau des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz ist weiter bekannt, dass in einem vergleichbaren Berufungsverfahren (OVG Rh.-Pf., 10 A 10924/14.OVG) am 15. Dezember 2014 Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt war. Der dortige - allem Anschein nach mit dem hiesigen Antragsteller identische - Kläger wird ebenfalls von den im vorliegenden Verfahren auftretenden Prozessbevollmächtigten vertreten.
11Vor diesem Hintergrund würde ein Bemittelter in der Situation des Antragstellers keine weiteren vergleichbaren Klageverfahren anstrengen, sondern abwarten, bis in einem der bereits anhängigen, fortgeschrittenen Verfahren eine höchstrichterliche Entscheidung ergeht. Davon könnte er gegebenenfalls auch gegenüber anderen Jobcentern profitieren, ohne sich einem (weiteren) Kostenrisiko auszusetzen. Denn bei einer Behörde ist in der Regel davon auszugehen, dass diese einer einschlägigen rechtskräftigen höchstrichterlichen Entscheidung auch ohne einen Vollstreckungstitel nachkommt.
12Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - 5 C 14.1925 -, juris, Rn. 5 ff.; VG Weimar, Beschluss vom 20. Oktober 2014 - 8 S 788/14 We -, juris.
13Ausgehend davon greift der Einwand nicht durch, dem Antragsteller komme es auf ein Obsiegen in jedem der anhängigen und beabsichtigten Verfahren an.
14Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat mit seinem Schriftsatz vom 1. Juli 2014 im erstinstanzlichen Verfahren letztlich selbst indirekt bestätigt, dass mit dem vorliegenden Verfahren ganz vorrangig das Ziel verfolgt wird, die vom Staat gewährte Prozesskostenhilfe - mag diese auch keine größeren Gewinne versprechen - zu vereinnahmen. Denn darin hat er die Anregung des Verwaltungsgerichts abgelehnt, das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO bis zur endgültigen Entscheidung eines beim Senat anhängigen Parallelverfahrens auszusetzen, gleichzeitig aber sein Einverständnis mit der Ruhendstellung einer nach Entscheidung über die Prozesskostenhilfe zu erhebenden Klage erklärt.
15Die vom Antragsteller angeführten Gründe für die Notwendigkeit eines weiteren Klageverfahrens überzeugen nicht. Er ist nicht gezwungen, den Eintritt der Bestandskraft der ablehnenden Bescheide kostenaufwändig zu verhindern, um seine Rechte zu wahren. Abgesehen davon, dass er das Ergebnis, die Regelungswirkung der Bescheide in der Schwebe zu halten, bereits durch eine Zustimmung zu der vom Verwaltungsgericht angeregten Verfahrensaussetzung hätte erreichen können, spricht nichts dafür, dass der Antragsgegner einem erneuten Antrag des Antragstellers nicht stattgeben wird, wenn in einem anderen, gleich gelagerten Verfahren das Bestehen des geltend gemachten Informationszugangsanspruchs höchstrichterlich bestätigt werden sollte. Da die begehrte vollständige Diensttelefonliste eines Jobcenters laufenden Änderungen ausgesetzt ist, dürfte ein derartiger neuer Antrag schon nicht denselben Gegenstand betreffen wie der hier im Streit stehende. Zumindest dürfte ein gemäß § 51 Abs. 5 VwVfG eröffnetes Wiederaufgreifensermessen auf Null reduziert sein.
16Die Behauptung des Antragstellers, sein Rechtsschutzziel sei gerade auf die Diensttelefonliste mit Stand der Antragstellung vom 26. Dezember 2013 gerichtet und könne durch einen späteren Antrag möglicherweise nicht mehr erfüllt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie steht bereits im Widerspruch zum Antrag vom 26. Dezember 2013 und zum Klageentwurf, wonach mit der beabsichtigten Klage erkennbar - und einzig sinnvoll - der Zugang zu der zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Diensttelefonliste erstrebt werden soll. Die Befürchtung, die Erfüllung des geltend gemachten Informationszugangsanspruchs könne durch Löschung der vorhandenen Telefonliste vereitelt werden, ist fernliegend. Es ist schon nicht ersichtlich, inwiefern eine sofortige Klageerhebung dies verhindern könnte. Im Übrigen dürfte auch eine etwaige Löschung elektronisch gespeicherter Telefonlisten nichts daran ändern, dass die Daten bei dem Antragsgegner vorhanden sind und zugänglich gemacht werden müssen, soweit die (sonstigen) Voraussetzungen für einen Informationszugangsanspruch erfüllt sein sollten.
17Vgl. VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 4. November 2014 - RN 9 K 14.488 -, juris, Rn. 22.
18Entgegen der Auffassung der Beschwerde muss dem Antragsteller ein weiteres Klageverfahren auch nicht zur Klärung der Frage ermöglicht werden, ob das Begehren auf Zugang zu dienstlichen Telefonnummern einen „konkreten Fallbezug“ aufweisen muss. Die Beantwortung dieser Frage ist, soweit hierzu Klärungsbedarf bestehen sollte, ebenfalls in den bereits in der Berufungsinstanz anhängigen, vergleichbaren Verfahren zu erwarten. Die - hier allein entscheidende - Mutwilligkeit der beabsichtigten (weiteren) Klage ist nach den vorstehenden Ausführungen unabhängig davon gegeben. In diesem rechtlichen Zusammenhang - und nicht etwa zwecks Verneinung einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage - hat das Verwaltungsgericht zu Recht berücksichtigt, dass der außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Antragsgegners wohnhafte Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen hat, dass ihm die Kenntnis sämtlicher Diensttelefonnummern des Antragsgegners einen konkreten Nutzen bringt. Diese Überlegung führt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu einer Benachteiligung unbemittelter Personen gegenüber bemittelten bei der Rechtsschutzgewährung, sondern stellt die erforderliche Gleichbehandlung beider Personengruppen gerade sicher. Jemand, der auf eigene Kosten prozessiert, würde in einer derartigen Situation von der Erhebung einer weiteren Klage voraussichtlich Abstand nehmen.
19Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
20Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
Tenor
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.00.0000 in Transkarpatien in der heutigen Ukraine geborene Kläger beantragte unter dem 06.09.2010 beim Bundesverwaltungsamt (BVA) die Erteilung eines Aufnahmebescheides. Er machte geltend, deutscher Volkszugehöriger zu sein. In seinem ersten Inlandspass war er mit ungarischer Nationalität eingetragen; in seinem am 01.02.1997 ausgestellten Inlandspass war ein Nationalitätseintrag nicht vorgesehen. Die deutsche Volkszugehörigkeit leitete er von seinen Eltern, dem 1924 geborenen H. I. (20 K 1948/11) und der 1926 geborenen F. I. , geb K. , (20 K 1947/11) her sowie von den Großeltern mütterlicherseits, E. und A. K. , und der Großmutter väterlicherseits, U. I. . Die deutsche Sprache habe er von Geburt an u.a. von den Eltern und den Großeltern erlernt, die Deutsch verstanden, gesprochen und geschrieben hätten. Der Kläger legte eine Geburtsurkunde vor, ausgestellt am 30.12.1958, in der sein Vater mit ungarischer Nationalität und seine Mutter mit slowakischer Nationalität eingetragen ist, ferner seinen Militärpass, ausgestellt am 12.08.1985, in dem die ungarische Nationalität eingetragen ist. Er trug ferner vor, er sei Mitbegründer der Vereinigung für die Wiederherstellung der Rechte der Deutschen in Mukatschewo im Jahr 1990 sowie seit 1990 Mitglied der deutschsprachigen römisch-katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu und seit 1995 des deutschen Kulturvereins „Palanka“.
3Mit Bescheid vom 01.11.2010 lehnte das BVA den Aufnahmeantrag des Klägers ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2011 zurück, da der Kläger nicht von einem deutschen Staatsangehörigen oder von einem deutschen Volkszugehörigen abstamme. Ebenso wurden die Aufnahmeanträge beider Eltern des Klägers – auch – wegen Fehlens des Abstammungserfordernisses, ferner wegen Fehlens eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum, abgelehnt.
4Der Kläger erhob damals Klage (20 K 1946/11), mit der er sein Aufnahmebegehren weiterverfolgte. Er machte geltend, beiderseits von deutschen Volkszugehörigen abzustammen; es komme nicht darauf an, wie Eltern oder Großeltern „zwangseingetragen“ gewesen seien.
5In dem damaligen Parallelverfahren des 1986 geborenen Sohnes Zoltan des Klägers (20 K 5475/10) lagen an weiteren Unterlagen vor: Ein Auszug aus dem staatlichen Standesamtsregister der Geburten betreffend den Kläger, ausgestellt am 30.01.2009, sowie ein Auszug aus dem staatlichen Standesamtsregister betreffend die Eheschließung des Vaters des Klägers mit F. I. (geb. K. ) vom 23.01.2009, in denen der Vater des Klägers unverändert mit ungarischer Nationalität eingetragen ist und seine Mutter nunmehr mit deutscher Nationalität, ein Auszug aus dem staatlichen Standesamtsregister der Geburten betreffend den Sohn des Klägers, ausgestellt am 22.01.2009, in der der Kläger mit deutscher Nationalität eingetragen wurde, und ein Auszug aus dem staatlichen Standesamtsregister der Eheschließung betreffend den Kläger und seine Ehefrau N. I. , ausgestellt am 22.01.2009, in der beide mit deutscher Nationalität eingetragen sind.
6In demselben Verfahren lag ferner eine Archivauskunft des staatlichen Archivs des Gebiets Transkarpatien vom 06.09.1993 vor, in der bescheinigt wird, dass die der 1887 geborene Großvater mütterlicherseits des Klägers, F1. (F2. ) K. und die 1896 geborene Großmutter mütterlicherseits, Anna K. , bei der Durchführung der ersten allgemeinen Volkszählung in der Tschechoslowakei im Jahr 1921 mit der deutschen Nationalität bezeichnet wurde.
7Im damaligen Verfahren seines Vaters H. I. (20 K 1948/11) lag ferner eine Archivauskunft des staatlichen Archivs des Gebiets Transkarpatien vom 12.07.2010 vor, in der bescheinigt wird, dass die 1885 geborene Großmutter väterlicherseits des Klägers, U. I. , bei der Durchführung der ersten allgemeinen Volkszählung in der Tschechoslowakei im Jahr 1921 mit der deutschen Nationalität bezeichnet wurde.
8Im damaligen Verfahren der Mutter des Klägers, F. I. (20 K 1947/11), lag ferner eine Rehabilitationsbescheinigung des Regionalrats von Transkarpatien vom 30.07.2010 vorgelegen, in der bestätigt wird, dass die Mutter des Klägers vom 21.01.1945 bis zum 18.12.1949 wegen ihrer Nationalität als Deutsche interniert war.
9Die gegen den Ablehnungsbescheid vom 01.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2011 gerichtete Klage (20 K 1946/11) nahm der Kläger am 17.05.2013 zurück. Auch die Klagen der übrigen Familienangehörigen wurden zurückgenommen.
10Mit Schreiben vom 04.10.2014 beantragte der Kläger beim BVA – gemeinsam mit seinem Vater H. I. , seinem Bruder A. I. (geb. 1963), seinem Sohn A. I. (geb. 1986), seiner Ehefrau N. I. , geb. A1. , und deren Eltern L. und N. A1. - das Verfahren „gem. dem 10. Änderungsgesetz zum BVFG“ wiederaufzugreifen und ihm einen Aufnahmebescheid zu erteilen. Zur Begründung wurde für den Kläger und seine Verwandten geltend gemacht, es handele sich bei allen um deutsche Volkszugehörige. Das ausdrückliche Bekenntnis ergebe sich bereits aus den alten Verfahren, da alle die „Änderung der Passeinträge intensiv betrieben“ hätten.
11Der Wiederaufgreifensantrag wurde zunächst nicht beschieden.
12Der Kläger hat am 04.05.2015 Untätigkeitsklage erhoben, mit der er seine Antragsbegründung aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Er hat die oben bezeichneten Unterlagen teilweise erneut vorgelegt, ferner zwei Beschlüsse des Standesamt Mukatschewo vom 13.10.2015, betreffend seinen Vater und seinen Bruder, mit denen eine Eintragung der deutschen Nationalität in der jeweiligen Geburtsurkunde abgelehnt wurde, da die gewünschte Nationalität nach den vorhandenen übrigen Unterlagen „nicht zurückverfolgt“ werden könne. Der Kläger macht geltend, die Abstammung von deutschen Volkszugehörigen sei seinerzeit nur verneint worden, weil die Bezugspersonen kein durchgehendes Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgegeben hätten. Ein „durchgehendes“ Bekenntnis sei aber nach der aktuellen Rechtslage nicht mehr erforderlich.
13Der Vater des Klägers ist im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens verstorben. Der Ehefrau, dem Sohn und den Schwiegereltern des Klägers wurden inzwischen Aufnahmebescheide erteilt. Das Klageverfahren seines Bruders wird unter dem Aktenzeichen 10 K 2631/15 geführt.
14Nach Klageerhebung hat die Beklagte den Wiederaufgreifensantrag mit Bescheid vom 30.08.2016 abgelehnt: Durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz habe sich die Rechtslage nicht zugunsten des Klägers geändert. Hinsichtlich des Abstammungserfordernisses habe sich für ihn keine Besserstellung ergeben. Auch ein Wiederaufgreifen im Ermessensweg nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG komme nicht in Betracht, da der Rechtssicherheit hier der Vorrang vor einer Neubescheidung zu geben sei.
15Der Kläger beantragt,
16die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 30.08.2016 im Wege des Wiederaufreifens des Verfahrens einen Aufnahmebescheid gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG zu erteilen.
17Er stellt ferner den Hilfsbeweisantrag,
18„zum Beweis dafür, dass der Kläger, seine Eltern und Großeltern die deutsche Sprache fließend auf Muttersprachenniveau gesprochen haben, beantrage ich die Anhörung des Klägers und die Zeugeneinvernahme der Eheleute N. A1. und L. A1. , Anschrift gerichtsbekannt.“
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid.
22Entscheidungsgründe
23Die zulässige Klage ist nicht begründet.
24Der Bescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 30.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen seines bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheids gemäß § 27 Abs. 1 BVFG.
25Die Bestandskraft der Ablehnungsentscheidung kann nur bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 VwVfG überwunden werden. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
26Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat.
27Dies ist hier nicht der Fall. Denn die dem Bescheid vom 01.11.2010 zugrundeliegende Rechtslage hat sich nicht zugunsten des Klägers durch das am 14. September 2013 in Kraft getretene 10. BVFG-Änderungsgesetz geändert. Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln hat hierzu in einem ähnlich gelagerten Fall mit
28Urteil vom 12. Juli 2016 - 7 K 7419/15 -, juris,
29ausgeführt:
30„Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen setzt voraus, dass sich Faktoren geändert haben, die im ursprünglichen Verfahren für den Erlass des nunmehr bestandkräftigen Verwaltungsaktes maßgeblich waren. Für den hier fraglichen Fall einer geänderten Rechtslage bedeutet dies, dass seinerzeit entscheidungserhebliche Rechtsnormen nachträglich geändert worden sein müssen.
31Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 51 Rn. 25 m.w.N.
32Dies ist in Bezug auf die Voraussetzungen eines Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 1 BVFG durchaus der Fall, da seit Inkrafttreten des 10. BVFG-Änderungsgesetzes vom 06.09.2013 die Anforderungen an die Spätaussiedlereigenschaft gemäß §§ 4, 6 Abs. 2 BVFG, namentlich in Bezug auf das erforderliche Volkstumsbekenntnis und die damit verbundenen sprachlichen Voraussetzungen in wesentlichen Punkten modifiziert wurden.
33Die gesetzlichen Änderungen entfalten jedoch keine Wirkung zugunsten der Klägerin. Hängt das Bestehen eines gesetzlichen Anspruchs - hier des Anspruchs auf Erteilung eines Aufnahmebescheides - von mehreren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen ab, ist eine Änderung zugunsten des Betroffenen nur eingetreten, wenn nach der Änderung alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Nur in diesem Fall vermag der Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens sein Ziel, nämlich die Durchbrechung der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung im Interesse der materiellen Gerechtigkeit, zu erreichen. In diesem Sinne bedeutet im Fall strikter Rechtsansprüche die Entscheidung über das Wiederaufgreifen auch stets eine Entscheidung über den Anspruch selbst. Denn ein Wiederaufgreifen mit dem Ergebnis neuerlicher Ablehnung in der Sache wäre für den Betroffenen sinnlos. Anders verhält es sich etwa bei Ermessensentscheidungen oder in Fällen notwendiger weiterer Sachaufklärung. Dort ist das Ergebnis des Wiederaufgreifens nicht allein durch die Rechtslage vorbestimmt. Fehlt es aber - wie vorliegend - bei einer gebundenen Entscheidung an einem solchen Spielraum, fallen Wiederaufgreifens- und Anspruchsvoraussetzungen zusammen. Denn nur dann sind für den Betroffenen objektiv günstigere rechtliche Umstände eingetreten.
34Vgl. Engels, in: VwVfG-Großkommentar, 1. Auflage 2014, § 51 Rn. 34; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 51 Rn. 92; Urteile der Kammer vom 15.06.2016 - 7 K 3833/15 - und vom 07.06.2016 - 7 K 5651/14 -.
35Ein Anspruch der Klägerin auf das Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens mit der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides besteht damit nur dann, wenn sich auch dasjenige Tatbestandsmerkmal nachträglich zu ihren Gunsten geändert hat, das bei der Erstentscheidung zur Ablehnung des Antrags geführt hat,
36anders z.T. OVG NRW, Beschluss vom 16.03.2016 - 11 E 221/16 -.
37Dies ist in Bezug auf das Merkmal der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen jedoch nicht der Fall. Diese Voraussetzung der Volkszugehörigkeit und damit auch der Spätaussiedlereigenschaft blieb durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz unberührt. Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich des Merkmals "Abstammung" in Abkehr vom vorherigen Verständnis,
38vgl. BVerwG, Urteil vom 10.11.1976 - 8 C 92.75 -, BVerwGE 51, 298-310 (juris Rn. 29),
39generationsübergreifend nicht nur auf die Eltern, sondern auch auf die Großeltern abgestellt werden kann,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 25.01.2008 - 5 C 8.07 -, BVerwGE 130, 197-201,
41spricht sie einen Umstand an, der zwar infolge geänderter Verwaltungsvorschriften des Bundes zu einer geänderten Verwaltungspraxis des Bundesverwaltungsamtes in Bezug auf dieses Tatbestandsmerkmal geführt hat, als solcher aber nicht die Rechtslage geändert hat. Denn die Änderung der Rechtsprechung betrifft lediglich die Auslegung der Rechtslage, nicht aber die Rechtslage selbst.
42Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.10.2009 - 1 C 26.08 -, BVerwGE 135, 137-150.
43Dies gilt insbesondere auch bei Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
44Anders noch BVerwG, Urteil vom 11.12.1963 - V C 91.62 -, BVerwGE 17, 256-262.
45Anderenfalls stünde jede bestandskräftige Verwaltungsentscheidung unter dem Vorbehalt nachträglich geänderter höchstrichterlicher Rechtsauffassung, was dem berechtigten Interesse der Rechtssicherheit deutlich zuwider liefe.
46Da der Bescheid vom 02.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2007 maßgeblich auch auf die fehlende Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen in Person der Eltern gestützt war, sprach er ein Tatbestandmerkmal an, das durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz unberührt blieb. Geändert hat sich nur die Auslegung dieses Tatbestandmerkmals. Dieses Ergebnis kann auch nicht mit dem Hinweis darauf relativiert werden, dass die Voraussetzungen deutscher Abstammung und deutscher Volkszugehörigkeit in sprachlicher Hinsicht miteinander verwoben sind und die Anforderungen in sprachlicher Hinsicht geändert wurden. Denn die Neureglungen des 10. BVFG-Änderungsgesetzes adressieren den Aufnahmebewerber. Dieser soll in Bezug auf das Merkmal familiärer Vermittlung der deutschen Sprache besser gestellt werden. Dieses wurde als bekenntnisrelevanter Umstand nicht mehr als zeitgemäß empfunden und sollte durch die Möglichkeit des Nachweises anderweitig erworbener Sprachfertigkeiten ergänzt werden. Das Erfordernis habe in der Praxis immer häufiger zu unbilligen Ablehnungsentscheidungen geführt, wenn die Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen, das Bekenntnis zum deutschen Volkstum und deutsche Sprachkenntnisse hätten nachgewiesen werden können und es lediglich noch an der familiären Vermittlung der Sprachkenntnisse gemangelt habe. Es sei zu bedenken, dass sich eine deutschstämmige Person auch durch das Erlernen der deutschen Sprache außerhalb der Familie mit Sprache und Kultur auseinandersetzen und zu ihrem Deutschsein bekennen könne.
47Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BT-Drs. 17/13937 vom 12.06.2013.
48Damit nahm der Gesetzgeber auf den unbestreitbar bestehenden Umstand Rücksicht, dass mit dem Rückgang der deutschstämmigen Bevölkerung in den Aussiedlungsgebieten nach Abschluss der großen Ausreisewellen die Möglichkeiten familiärer Sprachvermittlung in einer fremdsprachigen Umgebung naturgemäß zunehmend schwanden. Für jüngere Aufnahmebewerber wurde es damit trotz deutscher Abstammung zunehmend schwerer, das gesetzliche Tatbestandsmerkmal zu erfüllen. Dieses Problem stellte sich jedoch nur in deren Person, nicht in Person desjenigen, von dem die Abstammung hergeleitet wird. Vor diesem Hintergrund fehlen fassbare Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe mit dem 10. BVFG-Änderungsgesetz auch das Abstammungserfordernis einer generellen Revision unterziehen wollen. Vielmehr galt es, der besonderen Situation heutiger Aufnahmebewerber durch Erleichterungen in Bezug auf die Merkmale "Bekenntnis" und "Sprache" Rechnung zu tragen. Das Merkmal "Abstammung war hiervon nicht betroffen. Es betrifft stets abgeschlossene Sachverhalte, die im Gegensatz zu den mit der Sprachvermittlung zusammenhängenden Umständen an den Veränderungen der gesellschaftlichen Realität in den Herkunftsgebieten naturgemäß nicht teilhaben.“
49Die Kammer hatte sich dieser Auffassung bereits mit Urteil vom 30. November 2015 - 10 K 5371/14 - angeschlossen. Sie hält auch nach erneuter Prüfung daran fest. Ob sich die Rechtslage in Bezug auf die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG geändert hat, hat daher keine Auswirkungen.
50Soweit der Kläger vorträgt, die deutsche Volkszugehörigkeit seiner Vorfahren sei im ursprünglichen Aufnahmeverfahren nur wegen Fehlens eines „durchgehenden“ Bekenntnisses verneint worden, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat vielmehr sowohl bei dem Vater als auch bei der Mutter des Klägers bereits deren deutsche Abstammung verneint, wie sich auch aus den in den Aufnahmebescheiden der Eltern seinerzeit ergangen Ablehnungsbescheiden ergibt; dort wird - selbständig tragend - jeweils auch auf das fehlende Abstammungserfordernis abgestellt. Hinsichtlich der für die Abstammung insoweit maßgeblichen, vor dem 01.01.1924 geborenen Großeltern des Klägers ist eine Änderung der Sach- oder Rechtslage durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz schon deshalb nicht eingetreten, weil für diesen Personenkreis nicht auf § 6 Abs. 2 BVFG, sondern auf § 6 Abs. 1 BVFG abzustellen ist. Diese Vorschrift ist durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz nicht berührt.
51Auch ein Wiederaufgreifen des Verfahrens im Rahmen des § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG kann der Kläger aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides nicht beanspruchen. Diese tragen ermessensfehlerfrei die angefochtene Entscheidung.
52Die Beklagte hat das Verfahren auch nicht etwa der Sache nach bereits wieder aufgegriffen, indem sie sich im gerichtlichen Verfahren vor Erlass des Ablehnungsbescheides vom 30.08.2016 schriftsätzlich dahingehend geäußert hat, es sei offen, ob der Kläger von einem deutschen Volkszugehörigen abstamme, und insoweit auf ihre Ausführungen im Verfahren des - inzwischen verstorbenen – Vaters des Klägers verwiesen hat. In dieser Einlassung liegt keine Entscheidung dazu, ob eine erneute Sachprüfung trotz Vorliegen eines bestandskräftigen Ablehnungsbescheides noch erfolgen solle.
53Dem Hilfsbeweisantrag des Klägers war nicht nachzugehen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache nicht erheblich ist, vielmehr zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden kann.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.
(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.
(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.