Verwaltungsgericht Koblenz Urteil, 06. Okt. 2016 - 4 K 799/15.KO

ECLI:ECLI:DE:VGKOBLE:2016:1006.4K799.15.KO.0A
bei uns veröffentlicht am06.10.2016

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Tenor

Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Neuwied vom 5. August 2015 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) der Beklagten, den diese zur Vorbereitung der Erhebung eines wiederkehrenden Beitrags für den Ausbau von Verkehrsanlagen erlassen hat.

2

Der Kläger ist neben Frau A... zu je einhalb Eigentümer der Grundstücke in der Gemarkung B... Flur ..., Nr. ... (585 m² groß) und Nr. ... (24 m² groß), C ....

3

Die Beklagte entschloss sich mit der Satzung zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen (ABS) vom 26. November 2010, ab dem 1. Januar 2011 wiederkehrende Ausbaubeiträge zu erheben. Die unter anderem auf der Grundlage des § 10a des Kommunalabgabengesetzes (KAG) ergangene ABS regelt in § 3 Abs. 1, dass sämtliche zum Anbau bestimmte Verkehrsanlagen des Gemeindegebietes als einheitliche öffentliche Einrichtung das Ermittlungsgebiet (Abrechnungsgebiet) bilden. Nach § 3 Abs. 2 ABS wird der beitragsfähige Aufwand für die eine Abrechnungseinheit bildenden Verkehrsanlagen nach den jährlichen Investitionsaufwendungen in der Abrechnungseinheit gemäß Abs. 1 ermittelt. Der Beitragspflicht unterliegen alle baulich, gewerblich, industriell oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke, welche die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer in der Abrechnungseinheit gelegenen Verkehrsanlage haben (§ 4 ABS). Nach Anlage 1 i.V.m. § 13 ABS in der Fassung der zum 1. Januar 2013 in Kraft getretenen 1. Änderungssatzung beginnt die Beitragspflicht u.a. der Grundstücke des Klägers an der Straße „C...“ am 1. Januar 2018.

4

Die Beklagte erließ am 21. Januar 2013 einen Feststellungsbescheid für die Erhebung des wiederkehrenden Beitrags für den Ausbau von Verkehrsanlagen und setzte darin auf der Grundlage der Grundstücksflächen von 585 m² und 24 m² sowie unter Hinzurechnung eines Zuschlags für zwei Vollgeschosse von 304,50 m² eine zu berücksichtigende Beitragsfläche ab dem 1. Januar 2018 von 913,50 m² fest.

5

Der Kläger wandte sich hiergegen mit Widerspruch vom 19. Februar 2013, den er per E-Mail erhob, der jedoch nicht unterschrieben war. Zur Begründung des Widerspruches trug er vor, die Nichtberücksichtigung der verschonten Grundstücke führe zu einer erheblichen Mehrbelastung der beitragspflichtigen Grundstücke, die nach seiner vorgelegten Berechnung bis zu dem 3,64-fachen der Erschließungskosten bei einmaligen Straßenausbaubeiträgen betrage. Es bestünden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des wiederkehrenden Beitrages, er verweise auf Vorlagebeschlüsse an das Bundesverfassungsgericht. Die Satzung habe weder eine Grundlage für die Ermittlung der Gesamtkosten noch eine angemessene gerechte Grundlage für die zu berücksichtigende Gesamtfläche in ihren Regelungen vorgesehen. Weiterhin beanstandete er die Abrechnungsgrundlage für die ausgebaute Straße und die Vergabe der Leistungen. Der Kläger beantragte in der mündlichen Erörterung des Kreisrechtsausschusses am 26. Februar 2015 zur Niederschrift, den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 21. Januar 2013 aufzuheben.

6

Die Beklagte erklärte in der mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss, dass zur Sache entschieden werden solle. Auf die Unzulässigkeit des Widerspruchs wegen fehlender Unterschrift und damit fehlender Schriftlichkeit berufe sich die Verwaltung nicht.

7

Der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Neuwied wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. August 2015 zurück und führte zur Begründung aus, für die Zulässigkeit des Widerspruchs sei unbeachtlich, dass der Kläger die nach § 70 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorgeschriebene Form der Einlegung des Widerspruchs nicht eingehalten habe. Der per E-Mail erhobene Widerspruch trage keine Unterschrift; er genüge damit nicht dem Schriftformerfordernis der vorgenannten Vorschrift. Jedoch könne dahinstehen, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könne; denn die Beklagte habe sich nach ihrem ausdrücklichen Bekunden in der mündlichen Verhandlung des Kreisrechtsausschusses auf eine Sachentscheidung eingelassen. Dazu sei der Vertreter der Beklagten auch befugt, da der streitige Grundlagenbescheid keine Drittwirkung entfalte. In formeller Hinsicht erkenne der Kreisrechtsausschuss inhaltliche Begründungsmängel im Hinblick auf die nicht angegebenen Rechtsgrundlagen. Insoweit ergänze der Kreisrechtsausschuss den Feststellungsbescheid dahingehend, dass er auf § 3 Abs. 1 Nr. 4 und § 3 Abs. 2 Nr. 8 KAG i.V.m. § 12 Abs. 3 ABS i.d.F. der Änderungssatzung vom 17. Dezember 2012 i.V.m. § 179 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) beruhe. Zudem bleibe zu sehen, dass aufgrund des Erlasses des Feststellungsbescheides auf elektronischem Wege unter Umständen ein Begründungserfordernis nicht bestanden habe. Auch materiell-rechtlich sei der Grundlagenbescheid nicht zu beanstanden. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 komme es auf die Rechtsfrage an, ob für die Beklagte eine Abrechnungseinheit habe gebildet werden dürfen. Der Kreisrechtsausschuss gelange zu der Überzeugung, dass nach diesen Vorgaben ein einheitliches Ermittlungsgebiet habe eingerichtet werden dürfen. Nach der Freigabe der Umgehungsstraße der B 256 und der Umstufung sei die trennende Wirkung der B 256 weggefallen. Es liege auch ein zusammenhängendes Gebiet vor. Der Übergang über eine Waldfläche in einer Ausdehnung von ca. 200 m zu dem Gewerbegebiet „D...“ unterbreche den Bebauungszusammenhang auf dieser Straßenseite. Es handele sich um eine Außenbereichsinsel, die jedoch den Eindruck eines zusammenhängenden Gebietes nicht eliminiere. Zusätzlich sei das Baugebiet „D...“ durch teilweise beleuchtete Fußwege mit der Ortslage verbunden. Die Zusammenfassung der Grundstücke als wirtschaftliche Einheit sei vom Kläger ausdrücklich bestätigt worden. Der einheitliche Vollgeschosszuschlag für die ersten zwei Vollgeschosse sei als einziges problematisch, jedoch bestehe insoweit keine Satzungsverwerfungskompetenz des Kreisrechtsausschusses. Die Beklagte müsse das Vorliegen der Voraussetzungen im Klageverfahren nachweisen. Mit den Einwendungen zur Verschonungsregelung könne der Kläger nicht durchdringen, dies müsse von den Gerichten entschieden werden. Auch die Ausführungen zum Beitragssatz gingen ins Leere, da ein Beitragsbescheid für das klägerische Grundstück nicht ergangen sei. Der Kreisrechtsausschuss habe ihn in der mündlichen Erörterung darauf hingewiesen, welche Auswirkungen der Feststellungsbescheid auf spätere Beitragsbescheide habe.

8

Der Kläger hat am Montag, den 7. September 2015, Klage erhoben und wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Er führt insbesondere aus, dass durch die Verschonungsregelung die übrigen Eigentümer stärker belastet würden. Weiterhin berufe er sich auf die Rechtsprechung, aus der hervorgehe, dass wiederkehrende Beiträge nicht erhoben werden dürften, wenn die Gemeinde in der Vergangenheit ihrer Instandsetzungspflicht nicht nachgekommen sei. Ferner rüge er die fehlerhafte Vergabe der Aufträge und er halte den Beitragsbescheid für unvollständig. Es werde lediglich die Messzahl für sein Grundstück angegeben, nicht jedoch der zugrundeliegende gesamte Restzahlbetrag. Weiterhin sei die Beitragserhebung rechtswidrig, weil es an einer Ermittlung der privat und gewerblich genutzten Flächen im Bereich des gesamten Gemeindegebietes fehle. Zudem sei das Abrechnungsgebiet durch die Hauptstraße (ehemalige B 256) zweigeteilt. Diese Trennung sei so erheblich und werde von den Ortsbewohnern auch so empfunden, dass es einen Ortsteil östlich und einen anderen westlich der Hauptstraße gebe. Das gelte ebenso für die Nutzung der Versorgungszentren am nördlichen Ortseingang. Auch die Geschäfte in der Ortsmitte lägen unmittelbar an der Hauptstraße.

9

Der Kläger beantragt,

den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 21. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2015 (Az. 3/1-32 0398/2013 MÜ) aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

11

Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass die Einwendungen zu der konkreten Abrechnung des wiederkehrenden Beitrages in dem vorliegenden Verfahren keine Relevanz hätten, da es nur die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides zum Gegenstand habe. Es liege nach ihrer Auffassung auch ein einheitliches Gemeindegebiet vor.

12

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakten Bezug genommen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

14

Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde das Widerspruchsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Die Beklagte hat sich auf den zunächst formnichtig per E-Mail erhobenen Widerspruch durch Erklärung zur Niederschrift des Kreisrechtsausschusses in der Sache eingelassen, wie im Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 5. August 2015 eingehend und zutreffend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 11. März 2010 – 7 B 36.09 – NJW 2010, 1686) dargelegt wird. Die mangelnde Schriftform wurde durch die Antragstellung zur Niederschrift des Kreisrechtsausschusses in der mündlichen Erörterung am 26. Februar 2015 geheilt.

15

Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Feststellungsbescheid vom 21. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies folgt bereits daraus, dass er nur dem Kläger gegenüber ergangen ist und nicht auch gegenüber seiner Miteigentümerin. Darüber hinaus ist der Feststellungsbescheid vom 21. Januar 2013 auch deshalb rechtswidrig, weil er nahezu 5 Jahre vor dem Beginn seiner Gültigkeit erlassen wurde und zum Zeitpunkt des Erlasses sowie der mündlichen Erörterung vor dem Kreisrechtsausschuss nicht erforderlich und damit überflüssig war.

16

Wie bereits im Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses vom 5. August 2015 zutreffend dargelegt, werden durch einen Feststellungsbescheid im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 8 KAG i.V.m. § 179 AO nur die rechnerischen Grundlagen für die nachfolgende Abgabenberechnung festgesetzt, jedoch keine bindende Entscheidung über die persönliche oder sachliche Beitragspflicht getroffen (ständige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. März 1996 – 12 A 11161/95.OVG – m.w.N., Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 12 A 11670/00.OVG –, Gemeinde und Stadt 2001, 181). Danach hängt die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids lediglich von der Festsetzung der Berechnungsgrundlage auf der Grundlage der satzungsrechtlichen Verteilungsregelung ab. Auf das Bestehen einer tatsächlichen Beitragspflicht des betroffenen Grundstücks kommt es daher nicht an, sofern ihr Fehlen nicht offenkundig ist. Ebenso kommt es nicht auf die zutreffende Berechnung des Verteilungsgebietes und der einzustellenden Kosten an; diese betreffen nur die konkrete Veranlagung zu Beiträgen, welche für den Kläger im Hinblick auf die Verschonungsregelung in § 13 i.V.m. der Anlage 1 zur ABS für die Jahre 2013 bis 2017 nicht in Betracht kommt und auch bisher nicht erfolgt ist.

17

Der Feststellungsbescheid vom 21. Januar 2013 ist jedoch rechtswidrig, da er als Grundlagenbescheid die Maßstabsdaten betreffend die Erhebung wiederkehrender Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen der Grundstücke des Klägers entgegen § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 8 KAG i.V.m. § 179 Abs. 2 Satz 2 AO nur ihm gegenüber und nicht einheitlich gegenüber allen Miteigentümern ergangen ist. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz führt dazu in seinem Urteil vom 28. April 2004 – 8 A 11964/03.OVG – aus:

18

„Die Grundlagenfeststellung hinsichtlich der Wegeparzelle verstößt indessen gegen §§ 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG, 179 Abs. 2 Satz 2 AO. Danach ist die gesonderte Feststellung der Grundlagen für die Abgabenfestsetzung gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorzunehmen, wenn der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Gegenstand der Feststellung ist bei Grundlagenbescheiden hinsichtlich der Maßstabsdaten für die Erhebung von Oberflächenwasserbeiträgen nicht ein bestimmter Eigentumsanteil, sondern die (ggf. tiefenbegrenzte) Fläche des Buchgrundstücks sowie die daraus unter Anwendung des Abflussbeiwertes folgende beitragspflichtige Abflussfläche (s. § 10 Abs. 2 i.V.m. § 7 sowie § 11 AES). Dieser Feststellungsgegenstand ist bei Miteigentum am Buchgrundstück mehreren Personen zuzurechnen. Demnach kann gegenüber diesen Personen nur ein einheitlicher Grundlagenbescheid ergehen. Die von der Beklagten erhobenen verwaltungspraktischen und teleologischen Einwände überzeugen nicht. Dass die Erhebung grundstücksbezogener Abgaben bei unklarer Eigentumslage Probleme aufwirft, folgt aus dem Wesen der Abgabenart, nicht aber aus einer Anwendung des § 179 Abs. 2 Satz 2 AO. Auch bedarf es nicht notwendig der Bekanntgabe des Bescheides an sämtliche Miteigentümer, um eine wirksame einheitliche Grundlagenfeststellung für ein Grundstück ins Werk zu setzen. Vielmehr entfaltet ein einheitlicher Grundlagenbescheid, der noch nicht allen Miteigentümern bekannt gegeben worden ist, zumindest schon Wirksamkeit gegenüber den Miteigentümern, denen er zugegangen ist (s. Brockmeyer in Klein, AO, 6. Aufl. 1998, § 179 Rn 4 m.w.N.). Überdies steht es der Beklagten auch frei, in derartigen Problemfällen vom Erlass von Grundlagenbescheiden abzusehen und die bekannten Miteigentümer unmittelbar zu Beiträgen heranzuziehen. Wird ein Grundlagenbescheid erlassen, fordert sein Zweck die einheitliche Feststellung der Maßstabsdaten bei Miteigentum am beitragspflichtigen Grundstück. Denn er soll eine in sich widerspruchsfreie Entscheidung betreffend die verschiedenen Beteiligten gewährleisten (Brandis in Tipke/Kruse: AO § 179 Rn. 4). Nur durch einen einheitlichen Grundlagenbescheid werden aber unterschiedliche Feststellungen zu den Maßstabsdaten gegenüber verschiedenen Miteigentümern und eine daraus folgende Rechtsunsicherheit bei der späteren Beitragserhebung vermieden. So wäre etwa die Beklagte bei gesonderter Grundlagenfeststellung für jeden Miteigentümer von Rechts wegen nicht gehindert, gegenüber einem anderen Miteigentümer die mittlerweile von der Katasterverwaltung ermittelte Grundstücksfläche von 259 qm zugrunde zu legen, während sie vorliegend zugunsten der Klägerin eine Fläche von lediglich 200 qm in Ansatz gebracht hat.“

19

Die Beklagte hat nach eigenem Bekunden gegenüber der aus dem Grundbuch ersichtlichen Miteigentümerin A... keinen Feststellungsbescheid gleichen Inhalts erlassen. Aus dem hier streitgegenständlichen Bescheid ist nicht ersichtlich, dass dieser auch an die seit den Jahren 2002 bzw. 2005 eingetragene Miteigentümerin als Adressatin ergehen sollte und die Beklagte insoweit etwa von § 122 Abs. 7 AO Gebrauch machen wollte. Danach fehlt es dem hier angefochtenen Bescheid an einer nach dem Gesetz wesentlichen Regelung, nämlich der einheitlichen Festsetzung gegenüber allen Miteigentümern, so dass er schon aus diesem Grund rechtswidrig und aufzuheben ist.

20

Darüber hinaus ist der Feststellungsbescheid aufzuheben, weil er bereits am 21. Januar 2013 und damit fast fünf Jahre vor dem Beginn seiner Gültigkeit (1. Januar 2018) erlassen wurde. Zu diesem Zeitpunkt bestand weder aktuell noch auf absehbare Zeit eine Beitragspflicht für die betroffenen Grundstücke. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz führt in seinem bereits zitierten Beschluss vom 12. Dezember 2000 – 12 A 11670/00.OVG – (Gemeinde und Stadt 2001, 181) wie folgt aus:

21

„Die Beteiligten sind bereits durch Hinweisschreiben vom 20. November 2000 darauf aufmerksam gemacht worden, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 8. Februar 2000 - 12 A 10067/00.OVG -, Urteil vom 7. März 1996 - 12 A 11161/95.OVG - m.w.N.) durch einen Feststellungsbescheid i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 9 des Kommunalabgabengesetzes - KAG - vom 27. Juni 1995 (GVBl. S. 175) nur die rechnerischen Grundlagen für die nachfolgende Abgabenberechnung festgesetzt werden, so dass die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides lediglich von der Richtigkeit der Festsetzung der Berechnungsgrundlage abhängt. Auf das Bestehen einer tatsächlichen Beitragspflicht des betroffenen Grundstücks kommt es demnach nicht an. Eine Ausnahme kommt allenfalls dann in Betracht, wenn es offenkundig ist, dass für das in Frage stehende Grundstück zur Zeit und in absehbarer Zeit keine Beitragspflicht besteht und bestehen wird.“

22

In Anwendung dieser Rechtsprechung ist es nach Auffassung der Kammer bei einem Erlass mehr als 4 Jahre und 11 Monate vor dem Beginn der Beitragspflicht offenkundig, dass für die hier betroffenen Grundstücke „zur Zeit und auf absehbare Zeit“ keine Beitragspflicht besteht und bestehen wird. Diese Folgerung ergibt sich schon aus der bei dem Erlass des Feststellungsbescheides notwendigen Anwendung der satzungsrechtlichen Maßstabsregelungen des § 6 ABS auf die Grundstücksdaten. In vielen einzelnen Regelungen des § 6 ABS wird auf tatsächliche Umstände abgestellt, deren Beurteilung im Hinblick auf die Beitragspflicht der Grundstücke erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung kann nur die (hier erstmalige) Entstehung des Beitrages zum 31. Dezember 2018 (§ 10a Abs. 4 S. 1 KAG) bzw. die mögliche Entstehung der Vorausleistungspflicht zum 1. Januar 2018 (§ 10a Abs. 4 S. 2 KAG) sein, nicht aber die Tatsachenlage zum 21. Januar 2013. Eine frühere Geltung misst sich der Feststellungsbescheid nicht bei. Sowohl für die Grundstücksflächen (§ 6 Abs. 2 ABS) als auch für die Zahl der Vollgeschosse (§ 6 Abs. 3 ABS) ist die dann geltende planungsrechtliche Grundlage zugrunde zu legen (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 ABS). Gerade für den Bereich der klägerischen Grundstücke befindet sich die Beklagte bereits seit dem Jahr 2006 in einer Umplanungsphase, den Planentwurf zum Bebauungsplan B ... Ortskern 1. Änderung ‚E ...‘ hat sie dem Gericht vorgelegt. Eine solche Planungsentwicklung lässt sich nicht sachgerecht über fünf Jahre überblicken, sodass ein „vorzeitiger“ Erlass eines Feststellungsbescheides nur hinreichend zeitnah erfolgen kann. Gleiches gilt für die in der Satzung zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände, welche etwa in § 6 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 3 Nr. 3 bis 10 und Abs. 4 S. 3 bis 5 ABS beschrieben sind. So kann etwa die Frage einer teilweisen oder überwiegenden tatsächlichen gewerblichen Nutzung eines Grundstücks 5 Jahre vor Beginn der Beitragspflicht nicht sachgerecht prognostiziert oder gar beurteilt werden. Im Hinblick auf die Bestandskraftwirkung der Festsetzung und die Hürden für eine Änderung insbesondere im Falle von Fehleinschätzungen ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. §§ 130, 131 AO) kann dem Bürger eine so frühzeitige bindende Festsetzung nicht zugemutet werden. Insbesondere bei der Ausübung seiner Mitwirkungsrechte im Rahmen der Anhörung (§ 91 AO) vor Erlass des Bescheides am 21. Januar 2013 wäre der Bürger hinsichtlich der Planung der Gemeinde und der tatsächlichen Verhältnisse im maßgelblichen Zeitpunkt (frühestens 1. Januar 2018) auf bloße Spekulationen angewiesen. Dies würde den Sinn der Anhörung, möglichst einen rechtmäßigen Verwaltungsakt auf zutreffenden tatsächlichen Annahmen vorzubereiten, konterkarieren. Ein „vorsorglicher Verwaltungsakt“ konnte hier mangels Abhängigkeit von der Entscheidung in einem anderen Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1988 – 5 C 67.85 – BVerwGE 81, 84, „Verwaltungsakt auf Vorrat“) bzw. fachgesetzlicher Ermächtigung nicht erlassen werden (vgl. von Alemann/ Scheffczyk in: Bader/Ronellenfisch, Beck‘scher Online-Kommentar VwVfG, § 35 Rn. 75: „Die Berechtigung zum Erlass vorsorglicher Verwaltungsakte wird in der überwiegenden Zahl nicht anzuerkennen sein, weil Entscheidungen aufgrund der Verfahrenswirtschaftlichkeit allgemein erst dann zu treffen sind, wenn sie sich als notwendig erweisen“, unter Hinweis auf OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2. Juni 1995 – 14 B 3234/93 – NJWE-MietR 1996, 19, 20).

23

Dieser Mangel ist – anders als die Begründungsmängel – nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 5. August 2015 geheilt worden. Insoweit ist ohnehin auf den Zeitpunkt der mündlichen Erörterung am 26. Februar 2015 abzustellen, da es sich bei dem Widerspruchsbescheid um eine Kollegialentscheidung auf der Grundlage dieser mündlichen Erörterung handelt. Auch zu diesem Zeitpunkt mehr als 2 Jahre und 10 Monate vor Beginn der Beitragspflicht lassen sich die oben dargelegten tatsächlichen Umstände nicht ausreichend verlässlich beurteilen. Nach alledem darf der Bürger nicht schon zu einem solch frühen Zeitpunkt mehrere Jahre vor dem satzungsrechtlich festgelegten Eintreten seiner Beitragspflicht durch die (drohende) Bestandskraft eines Bescheides gebunden werden.

24

Es bedarf danach keiner Entscheidung mehr, ob die Verbandsgemeindeverwaltung R... befugt war, den Feststellungsbescheid am 21. Januar 2013 zu erlassen, ohne dass zuvor der Gemeinderat der Beklagten auf der Grundlage der Ermächtigung des § 12 Abs. 3 ABS einen Beschluss zum Erlass von Feststellungsbescheiden gefasst hat.

25

Es kann weiterhin dahingestellt bleiben, ob die Ortslage B... eine zusammenhängende Ortslage im Sinne des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juni 2014 – 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 – im Jahre 2013 oder zum Zeitpunkt der mündlichen Erörterung vor dem Kreisrechtsausschuss am 26. Februar 2015 dargestellt hat oder im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Gerichts darstellt. In Anbetracht der bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in dem vorliegenden Rechtsstreit zum Ruhen gebrachten Verfahren 4 K 718/15.KO, 4 K 792/15.KO, 4 K 820/15.KO und 4 K 821/15.KO ist Folgendes auszuführen: Gegen eine einheitliche Ortslage bestehen jedenfalls bis zur Abstufung der B 256 in der Ortslage B... erhebliche Bedenken schon daraus, dass diese Bundesstraße außerhalb der Ortsdurchfahrt nicht zur Verbindung der Ortslage mit dem Wohngebiet „D...“ oder erst recht mit dem nördlich davon gelegenen Gewerbegebiet geeignet war. Die Abstände selbst zwischen der Ortsdurchfahrtsgrenze im Norden im Bereich der Einmündung der G...-Straße und dem H... Weg als Zuwegung zum Wohngebiet „D...“ sind mit deutlich über 300 m derart groß, dass eine ausreichende Verbindung nicht mehr hergestellt werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1996 – 8 C 32.95 –, BVerwGE 102, 294). Dies gilt erst recht im Hinblick auf das Gewerbegebiet nördlich des Wohngebiets „D...“, welches gar mehr als 1 km entfernt seine Zufahrt hat. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob das Land Rheinland-Pfalz die Gesetzgebungskompetenz hat, Bundesstraßen insgesamt (und nicht nur begrenzt auf die in der Baulast der Gemeinde stehenden Teile der Ortsdurchfahrt wie Gehweg und Beleuchtung) als Teil der einheitlichen Einrichtung im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG aufzunehmen, insbesondere wenn dies – wie hier – Teile der Bundesstraße außerhalb der festgesetzten Ortsdurchfahrt einschließen soll (vgl. dazu den Vorlagebeschluss der Kammer vom 1. August 2011 – 4 K 1392/10.KO – S. 17 f.).

26

Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

27

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Beschluss

28

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 600,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG). Dabei orientiert sich die Kammer an Nr. 3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (LKRZ 2014, 169). Im Hinblick darauf, dass der Bescheid noch keine innere Wirksamkeit erlangt hat (erst zum 1. Januar 2018 vorgesehen), legt die Kammer der voraussichtlichen jährlichen Belastung einen Durchschnittswert der bisherigen Veranlagungen von ca. 0,22 €/m² zugrunde.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 70


(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu e

Abgabenordnung - AO 1977 | § 130 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. (2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich er

Abgabenordnung - AO 1977 | § 179 Feststellung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Abweichend von § 157 Abs. 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist. (2) Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den

Abgabenordnung - AO 1977 | § 131 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Abgabenordnung - AO 1977 | § 91 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererkläru

Referenzen

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

(1) Abweichend von § 157 Abs. 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.

(2) Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt, so kann insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.

(3) Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, ist sie in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Abweichend von § 157 Abs. 2 werden die Besteuerungsgrundlagen durch Feststellungsbescheid gesondert festgestellt, soweit dies in diesem Gesetz oder sonst in den Steuergesetzen bestimmt ist.

(2) Ein Feststellungsbescheid richtet sich gegen den Steuerpflichtigen, dem der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung zuzurechnen ist. Die gesonderte Feststellung wird gegenüber mehreren Beteiligten einheitlich vorgenommen, wenn dies gesetzlich bestimmt ist oder der Gegenstand der Feststellung mehreren Personen zuzurechnen ist. Ist eine dieser Personen an dem Gegenstand der Feststellung nur über eine andere Person beteiligt, so kann insoweit eine besondere gesonderte Feststellung vorgenommen werden.

(3) Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben ist, ist sie in einem Ergänzungsbescheid nachzuholen.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.