Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 06. März 2012 - A 3 K 3069/11

published on 06/03/2012 00:00
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 06. März 2012 - A 3 K 3069/11
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Gericht

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Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.11.2011 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung, sein Asylantrag sei unzulässig, und die gleichzeitig verfügte Abschiebungsanordnung nach Italien.
Der am … 1990 geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger yezidischer Glaubenszugehörigkeit aus Sheikhan in der Provinz Mosul. Er wurde am 22.10.2011 bei seiner Einreise ins Bundesgebiets in Bad Säckingen aufgegriffen und gab anlässlich seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 23.10.2011 an, dass er nach seiner Ausreise aus dem Irak nach Istanbul gefahren und von dort nach Italien gelangt sei. In Italien habe man ihn gezwungen, sich Fingerabdrücke nehmen zu lassen, weil er sonst nichts zu essen und trinken bekommen hätte. Er sei auch geschlagen und damit bedroht worden, ins Gefängnis gesteckt zu werden. Eine Eurodac-Überprüfung ergab für Italien einen Treffer unter dem 20.10.2011. Ab dem 24.10.2011 befand sich der Kläger aufgrund Beschlusses des Amtsgerichts Bad Säckingen vom 24.10.2011 - UR 2/11 - in Zurückschiebehaft in der JVA Mannheim, aus der er am 31.10.2011 einen Asylantrag stellte.
Am 26.10.2011 richtete die Bundesrepublik Deutschland ein Aufnahmeersuchen an die italienischen Behörden, was von dort am 18.11.2011 positiv beantwortet wurde.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10.11.2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Asylantrag deshalb unzulässig sei, weil Italien nach der Dublin II-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland führen könnten, seien weder dargetan noch ersichtlich. Italien erfülle gegenüber Asylbewerbern die Mindeststandards. Da es sich bei Italien um einen sicheren Drittstaat handle, sei aufgrund des Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der GFK und der EMRK sichergestellt sei. Auch sei davon auszugehen, dass die einschlägigen Regelungen des EG-Rechts in Italien eingehalten würden. Auch von Seiten des UNHCR gebe es keine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, von Überstellungen nach Italien abzusehen.
Der Bundesamtsbescheid wurde dem Kläger-Vertreter am 14.11.2011 zugestellt.
Bereits am 09.11.2011 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Nach aktuellen Erkenntnissen werde Flüchtlingen in Italien kein faires Asylverfahren eröffnet. Sie erhielten dort keinen Schutz entsprechend den europaweit vereinbarten Mindeststandards. Die große Mehrheit von ihnen sei ungeschützt, ohne Obdach, Integrationshilfe und gesicherten Zugang zu Nahrung. Gerade in den Wintermonaten stelle sich die Situation der Asylsuchenden als sehr prekär dar. Insgesamt seien die Verhältnisse in Italien mit denen in Griechenland zu vergleichen. Danach sei Italien nicht in der Lage, den flüchtlingspolitischen Anforderungen gerecht zu werden.
Am 18.11.2011 hat der Kläger Klage erhoben.
Zu deren Begründung nimmt er auf die Ausführungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Bezug.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.11.2011 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf die angegriffene Entscheidung und verweist ergänzend auf Beiträge der deutschen Liaison-Beamtin in Italien.
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Mit Beschluss vom 28.11.2011 - A 3 K 2985/11 - hat die Einzelrichterin die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen die Anordnung der Abschiebung nach Italien angeordnet und der Beklagten aufgegeben, dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen, dass eine Abschiebung des Klägers nach Italien vorläufig nicht durchgeführt werden dürfe.
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Mit Beschluss vom 07.12.2011 wurde der Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
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Ebenfalls mit Beschluss vom 07.12.2011 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und sein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
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Am 22.12.2011 wurde der Kläger beim Bundesamt angehört und hat dort folgende Angaben gemacht: Seine gesamte Familie sei zwischenzeitlich in Deutschland. Er habe ein Jahr lang in Syrien gelebt und bei der Deutschen Botschaft in Damaskus erfolglos ein Visum zur Familienzusammenführung beantragt. Als er danach wieder in den Irak zurückgekehrt sei, habe er nicht gewusst, wohin er habe gehen sollen, da seine Familie das Haus bereits verkauft gehabt habe. Zunächst habe er zwei Tage bei seiner Tante väterlicherseits gewohnt, von dort sei er nach Sulaimaniya und danach nach Arbil gegangen. Dort habe er mit Alkohol gehandelt. Deshalb habe es zunehmend Drohungen gegen ihn gegeben. Außerdem habe man ihn als Yeziden diskriminiert. Da er allein gewesen sei und nicht gewusst habe, wohin er habe gehen sollen, sei er zu seiner in Deutschland lebenden Familie gekommen. Seine bei der polizeilichen Vernehmung gemachten Angaben zum Reiseweg seien zutreffend.
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In der mündlichen Verhandlung wurde der Kläger ergänzend befragt und hat Folgendes angegeben: Am 07.10.2011 sei er aus dem Irak ausgereist. Seine Familie sei zu dieser Zeit bereits in Deutschland gewesen. Grund für seine Ausreise sei die Lage der Yeziden im Irak gewesen. Er sei bereits zuvor nach Syrien gereist, um von dort aus ein Visum zur Familienzusammenführung mit seinem in Deutschland lebenden Vater zu beantragen. Nachdem dieses abgelehnt worden sei, sei er in den Irak zurückgekehrt. Dort habe er jedoch keine Familie mehr gehabt. Er habe erfolglos versucht, in Arbil und Sulaimaniya Arbeit zu finden. Als Yezide sei ihm dies jedoch nicht gelungen.
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Auf Frage nach individuellen Problemen unabhängig von seiner Glaubenszugehörigkeit: Er habe dort nicht mehr leben können und auch kein Geld mehr gehabt.
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Auf Vorhalt, dass er bei der Bundesamtsanhörung von Bedrohungen wegen seines Handels mit Alkohol gesprochen habe: Mit Alkohol habe er nicht gehandelt. Er sei in einem Lokal als Bedienung tätig gewesen und habe in Arbil Alkohol ausgeschenkt. Auch in Sulaimaniya habe er keine Arbeit gefunden. Eine Woche habe er in Rania gearbeitet. Dann sei er in seinen Heimatort zurückgekehrt und mit seinem irakischen Reisepass in die Türkei gefahren. Ein Schleuser habe ihn illegal zu Fuß nach Griechenland gebracht. Dieser habe ihm auch versprochen, ihn per Lkw direkt nach Deutschland zu bringen. Mit dem Lkw sei er in vier Tagen bis zur Küste gefahren. Dann habe er in ein mit über 100 Personen völlig überfülltes Boot steigen müssen. In diesem sei er nach Italien gelangt. Die italienischen Behörden hätten ihm gesagt, er müsse seine Fingerabdrücke abgeben, da er sonst nichts zu essen bekäme und verhaftet würde. Zunächst habe er sich geweigert, aber so kein Essen bekommen und hungrig schlafen müssen. Zwei Tage habe man ihn in Haft gehalten und dann vier Tage lang in einer Asylaufnahmeeinrichtung untergebracht. In dieser sei die Lage nicht gut gewesen. Es habe viele Kurden und Yeziden dort gegeben. Es habe sich dem Grunde nach um ein großes Zelt gehandelt, wo sie hätten schlafen müssen. Es habe nur schlechtes und billiges Essen gegeben. Die Bedingungen seien miserabel gewesen. Wäre er dort geblieben, hätte er betteln müssen. Die Kurden und Yeziden seien in wenig von der Kirche unterstützt worden.
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Auf Frage: Man habe ihm gesagt, dass er einen Asylantrag stellen solle. Er habe sich jedoch geweigert, weil er zu seinen Eltern habe weiterreisen wollen.
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Er habe gesehen, wie die Flüchtlinge hätten betteln müssen. Er habe dort nicht bleiben können und sei deshalb mit einem Pkw zunächst über Mailand in die Schweiz und dann mit einem weiteren Pkw nach Deutschland gekommen.
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Eine Rückkehr in den Irak komme für ihn nicht in Betracht. Er habe dort keine Familie, keine Arbeit und kein Geld. Er würde getötet werden und verhungern.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamtes vor. Diese Akten wurden ebenso wie die Erkenntnismittel, die in der den Beteiligten mit der Ladung übersandten Liste aufgeführt sind, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Eingeführt wurden auch die aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlichen aktuellen Erkenntnisse. Beigezogen wurde außerdem die Akte des Eilverfahrens A 3 K 2985/11.

Entscheidungsgründe

 
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Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vertreten waren, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß bewirkten Terminsladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.
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Gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.11.2011 getroffene Entscheidung, dass der Asylantrag des Klägers gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig ist, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. VG Freiburg, Beschl. v. 02.02.2012 - A 4 K 2203/11 -; VG München, Urt. v. 29.11.2011 - M 24 K 11.30219 -, juris; VG Ansbach, Beschl. v. 08.11.2011 - AN 11 S 11.30508 -, juris; VG Wiesbaden, Urt. v. 17.06.2011 - 7 K 327/11.WI.A -, juris; VG Frankfurt/Main, Urt. v. 23.06.2010 - 7 K 2789/09.F.A. -, juris; VG Braunschweig, Urt. v. 01.06.2010 - 1 A 47/10 -, juris; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2010 - A 3 K 1580/09 -; VG Augsburg, Beschl. v. 01.02.2010 - Au 5 S 10.30014 -, juris; VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - 7 K 4376/07.F.A u.a. -, InfAuslR 2009, 406; v. 29.09.2009 - 7 K 269.09 F.A.; VG Neustadt, Urt. v. 16.06.2009 - 5 K 1166/08.NW -, juris; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, § 27 a Rdnr. 18; a.A. [Statthaftigkeit nur der Verpflichtungsklage] OVG NRW, Urt. v. 10.05.2010 - 3 A 133/10.A -, juris; VG Wiesbaden, Urt. v. 10.03.2010 - 7 K 1389/09.WI.A -; wohl auch VG Sigmaringen, Urt. v. 26.10.2009 - A 1 K 1757/09 -). Im Falle der Aufhebung einer solchen Entscheidung ist der Weg für die Durchführung eines Asylverfahrens vor dem Bundesamt mit voller inhaltlicher Sachprüfung des klägerischen Asylbegehrens eröffnet. Vergleichbar den Fällen einer Einstellung des Asylverfahrens nach § 32 AsylVfG sowie der gerichtlichen Entscheidung bei einer fiktiven Antragsrücknahme nach § 33 AsylVfG ist im Anschluss an die hierzu ergangene einschlägige Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 07.03.1995 - 9 C 264.94, NVwZ 1996, S. 80; Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, § 33 Rdnr. 34 ff. m.w.N.) auch bei einer Entscheidung nach § 27 a AsylVfG die Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht als vorrangig anzusehen. Im Falle des Durchentscheidens des Verwaltungsgerichts durch Verpflichtungsurteil würde dem Kläger nämlich eine Tatsacheninstanz, und zwar die auf inhaltliche Überprüfung seines Asylbegehrens durch das Bundesamt, genommen.
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Statthafte Klageart gegen die in dem Bescheid vom 10.11.2011 enthaltenen Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG ist gleichfalls die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO (vgl. VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - und v. 29.09.2009, jeweils a.a.O.; s. auch Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 34 a AsylVfG Rdnr. 6; Funke-Kaiser, a.a.O., § 34 a Rdnr. 64;).
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Dem Kläger steht für seine Klage auch das zwingend erforderliche Rechtsschutzinteresse zu, da er weiterhin nach Italien rücküberstellt werden könnte, nachdem Italien am 18.11.2011 der Rückübernahme des Klägers zugestimmt hat. Zudem läuft die Sechs-Monats-Frist des Art. 19 Abs. 4 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 S. 1) - im Folgenden: Dublin II-VO -, wonach die Zuständigkeit zur Durchführung eines Asylverfahrens auf den Mitgliedstaat übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, sofern die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten ab der Stattgabe des Aufnahmegesuchs im Sinne des Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO durchgeführt wird (vgl. auch Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO), erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann (EuGH, Urt. v. 29.01.2009 - C-19/08, NVwZ 2009, 639 - Petrosian). Der Fristenlauf beginnt somit erst ab Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides der Beklagten vom 10.11.2011.
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Die Klage ist auch begründet.
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Der Bescheid des Bundesamtes vom 10.11.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Das Bundesamt hat zu Unrecht den Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet. Vielmehr hätte das Bundesamt im Falle des Klägers von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen müssen.
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Nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat abweichend von den Zuständigkeitskriterien des Kapitels III der Verordnung einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der das Selbsteintrittsrecht wahrnehmende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen (Satz 2). Gegebenenfalls unterrichtet er den zuvor zuständigen Mitgliedstaat über den Selbsteintritt (Satz 3).
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Der Kläger kann sich auch auf einen subjektiven öffentlich-rechtlichen Anspruch auf den Selbsteintritt der Beklagten gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO berufen. Diese Bestimmung ist - anders als die Vorgängerregelungen im Schengener Durchführungsübereinkommen und im völkerrechtlichen Dubliner Übereinkommen (vgl. hierzu Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 25) - nicht allein im öffentlichen Interesse geschaffen worden, sondern verbürgt den von ihr Betroffenen ein subjektives Recht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass ein Einzelner nicht nur dann aus dem Unionsrecht subjektive Rechte herzuleiten vermag, wenn diese ausdrücklich zugesprochen werden. Vielmehr genügt es, wenn aus einer Rechtsnorm klar und eindeutig eine Vergünstigung Einzelner hervorgeht, die keiner Bedingung und keinem zeitlichen Aufschub mehr unterliegt, und weder die Union noch die Mitgliedstaaten einen Spielraum zur Ausgestaltung besitzen (vgl. nur EuGH, Urt. v. 05.02.1963 - Rs. 26/62, Slg. 1963, 1 [24]= NJW 1973, 1751 - van Gend & Loos vs. Niederlande; EuGH, Urt. v. 04.12.1974 - Rs. C-41/74, Slg. 1974, 1337 [1349] - van Duyn vs. Home Office; EuGH, Urt. v. 19.01.1982 - Rs. C-8/81, Slg. 1982, 53 [71]= NJW 1982, 53 - Becker vs. Finanzamt Münster). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 dem Grunde nach erfüllt (vgl. auch Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 124 m.w.N.). Hiervon geht im Ergebnis auch der EuGH in seinem zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ergangenen Urteil vom 29.01.2009 (C-19/08, NVwZ 2009, S. 639 Rdnr. 38, 48 zu Fragen des Rechtsschutzes - Petrosian) aus. Allerdings verbürgt Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO lediglich ein - gegebenenfalls aber auf Null reduziertes - Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung (VG Würzburg, Urt. v. 12.03.2009 - W 4 K 08.30122 -; Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 134 f. und 223 m.w.N.; Marx, a.a.O., § 27 a Rdnr. 13; Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2008, Rdnr. 1886; Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, Kommentar, 2. Aufl., Wien/Graz 2007, Art. 3 K 9 unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Entscheid v. 15.10.2004 - G 237/03 u.a und des Belgischen Conseil d'Etat/Raad van State vom 28.08.2006, Zl. 162.039; Schröder, Die EU-Verordnung zur Bestimmung des zuständigen Asylstaats, ZAR 2003, S. 124 [131]; Hruschka, Die Dublin II-Verordnung, in: Informationsverbund Asyl e.V. [Hrsg.], Das Dublin-Verfahren, Beilage zum Asylmagazin 1-2/2008, S. 1 [9]; Hruschka, Humanitäre Lösungen in Dublin-Verfahren, Asylmagazin 7-8/2009, S. 5 [7 f. und 9 f.]).
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Im Falle des Klägers liegen die Voraussetzungen für einen Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO vor.
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Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin II-VO kann abweichend davon jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Kläger fällt als Drittstaatsangehöriger im Sinne des Art. 2 lit. a) Dublin II-VO, der einen Asylantrag gemäß Art. 2 lit. c) Dublin II-VO gestellt hat, in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Es steht fest, dass eine Zuständigkeit der Beklagten nach den Kriterien in Kapitel III dieser Verordnung, die sich auf Zugehörigkeit zu im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen kraft Ehe, eheähnlicher Gemeinschaft oder Sorgeberechtigten im Falle der Minderjährigkeit, sofern diese Minderjährigen ledig und unterhaltsberechtigt sind, nicht gegeben ist. Gleichermaßen verhält es sich mit der humanitären Klausel des Art. 15 Dublin II-VO, für deren Anwendung der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte bietet.
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Daher kann der Kläger sich allein auf ein Recht auf Selbsteintritt der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO als für ihn günstige Norm berufen, um als Ausnahme von den Zuständigkeitsregeln der Verordnung die Prüfung seines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen.
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Aus dem Wortlaut dieser Norm ergibt sich eine an die Beklagte gerichtete Ermessensermächtigung, deren Zweck allerdings nicht in der Norm selbst seinen Ausdruck gefunden hat (vgl. nur Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 220; Filzwieser/Liebminger, a.a.O., Art. 3 K 8 ff.), sondern sich aus der Zwecksetzung der Verordnung insgesamt und der im Zuge der durch Art. 63 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) in der Fassung des Amsterdamer Vertrags vom 02.10.1997 vorgegebenen gemeinschaftsrechtlichen Asylharmonisierung ergangenen europäischen Richtlinien zum materiellen Asylrecht auf der einen und zum Verfahrensrecht sowie den Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen auf der anderen Seite erschließt.
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Nach Art. 63 Satz 1 Nr. 1 a) EG beschließt der Rat in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention sowie einschlägigen anderen Verträgen Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat. Hierauf beruhend wurde die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 erlassen. Nach deren Erwägungsgrund Nr. 4 soll die Verordnung insbesondere die rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ermöglichen, „um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.“ In dem Erwägungsgrund Nr. 5 der Verordnung wird deren Ziel dahingehend bestimmt, dass diese - erstens - im Zusammenhang mit der schrittweisen Einführung eines Gemeinsamen Europäischen Asylrechts stehe und dass - zweitens - das bis dahin geltende Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staats für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags vom 15.06.1990 (Dubliner Übereinkommen) die Durchführung der europäischen Asylrechtsharmonisierung gefördert habe und deswegen mit bestimmten Änderungen fortzuentwickeln sei. Weiterhin wird im Erwägungsgrund Nr. 15 ausgeführt, dass die Verordnung in Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen stehe, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt worden seien. Die Verordnung ziele insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Art. 18 der Charta verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
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Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1): „Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet.“ Diese Vorschrift ist wie die Charta insgesamt kein unmittelbar geltendes und verbindliches Gemeinschaftsrecht, sondern formell lediglich „soft law“ (vgl. nur Filzwieser/Liebminger, a.a.O., Erwägungsgründe K 29; Korte, in: Berg/Kampfer [Hrsg.], Verfassung für Europa, 2004, S. 65 [70]). In Art. 6 Abs. 1 des EU- Vertrags wird ausdrücklich auf die Charta der Grundrechte Bezug genommen und diese für den Fall des Inkrafttretens des Vertrags in europäischen Verfassungsrang erhoben. Unabhängig davon hat die Charta der Grundrechte nicht nur in die Verordnung (EG) Nr. 343/2003, sondern in eine Vielzahl von Rechtsakten der Europäischen Union Eingang gefunden (vgl. nur Erwägungsgrund Nr. 5 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten vom 27.01.2003, ABl. L 31 S. 18; Erwägungsgrund Nr. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004, ABl. L 304 S. 12 - so genannte Qualifikationsrichtlinie; Erwägungsgrund Nr. 8 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 01.12.2005, ABl. L 326 S. 13 Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung vom 22.09.2003, ABL. L 251 S. 12) und wird vom EuGH als Rechtserkenntnisquelle in ständiger Spruchpraxis mit herangezogen (vgl. nur EuGH, Urt. v. 27.06.2006 - C-540/03, NJW 2006, 3266 - Parlament vs. Rat; EuGH, Urt. v. 03.09.2008 - C-402/05, NJW 2008, 3697 - Kadi u.a.; EuGH, Urt. v. 16.12.2008 - C-47/07, - Masdar; EuGH, Urt. v. 17.02.2009 - C-465/07, NVwZ 2009, 705 - Elgafaji; EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, N.S., juris; vgl. ferner EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - C-432/05, NJW 2007, 3555 - Angelidaki u.a. sowie EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C-116/06, EuZW 2007, 741 - Kiiski, jeweils zur Gemeinschaftscharta der Sozialen Grundrechte vom 09.12.1989). Durch die entsprechende Berücksichtigung der Charta der Grundrechte sowohl in unionsrechtlichen Verordnungen und Richtlinien als auch in der Spruchpraxis des EuGH ist auch Art. 18 der Charta der Grundrechte elementarer und zwingend zu berücksichtigender Bestandteil der Rechtsordnung der Europäischen Union.
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Unter Berücksichtigung der genannten Richtlinien des Rates, denen das Ziel gemeinsam ist, das in ihnen vergegenständlichte materielle und formelle Asylrecht in ein gemeinsames europäisches Asylrecht der Mitgliedstaaten zu transformieren, ist davon auszugehen, dass die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 mit ihren Bestimmungen, welcher Mitgliedstaat zuständig für ein Asylbegehren ist, im Lichte dieser europäischen Rechtsakte für ein gemeinsames Asylrecht auszulegen ist, und zwar - soweit die Umsetzungsfrist abgelaufen ist - unabhängig von dem Stand ihrer Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Es ist festzustellen, dass die Zuständigkeitsregelungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 das Bestehen eines gemeinsamen europäischen Asylrechts voraussetzen, wie sie ihren Ausdruck in den oben genannten Richtlinien gefunden haben (so auch VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - und v. 29.09.2009, jeweils a.a.O.)
41 
Insofern ist es für einen Asylsuchenden grundsätzlich zumutbar, in Ausführung dieser Regeln auf einen anderen Mitgliedstaat verwiesen zu werden, da seine materiellen Rechte kraft dieser Richtlinien in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten sind. Soweit allerdings das mit den oben genannten Richtlinien statuierte materielle oder formelle Asylrecht in einem Mitgliedstaat in nicht genügender Weise transformiert worden ist oder aus anderen Gründen nicht zur Anwendung gelangt, dispensieren die Zuständigkeitsregeln der Verordnung den Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wird, nicht von seiner völkerrechtlichen Verpflichtung nach der GFK, den Asylantrag zu prüfen. Insoweit ist der Selbsteintritt in Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zumindest auch als Instrument zur Gewährleistung des subjektiven Rechts eines Antragstellers auf Prüfung seines Asylantrages auszulegen, und zwar zu dem Zweck, ein richtlinienkonformes Asylverfahren zu gewährleisten, wenn zu erwarten ist, dass ihm ein solches Verfahren in dem Mitgliedstaat der Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 nicht zugänglich ist.
42 
Dann ist auch ein Sonderfall gegeben, der außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung über die Sicherheit im jeweiligen EU-Mitgliedstaat liegt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49; Beschl. v. 15.07.2010 - 2 BvR 1460/10 -, juris). Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann ein Sonderfall etwa dann vorliegen, wenn sich ein Staat von seinen mit dem Beitritt zur GFK und der EMRK eingegangenen und von ihm auch generell eingehaltenen Verpflichtungen löst und Ausländern Schutz dadurch verweigert, dass er sich ihrer ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigt (BVerfG, Urt. v. 14.05.1996, a.a.O.), oder wenn das Asylverfahren in einem Staat in der Praxis solch erheblichen strukturellen Mängel aufweist, dass Asylbewerber nur eine sehr geringe Chance haben, dass ihr Antrag ernsthaft geprüft wird (EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 -, M.S.S. vs. Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413). Schließlich ist auch nach Auffassung des EuGH (Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.) trotz der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der GFK und der EMRK steht, die Überstellung eines Asylbewerbers in einen Staat mit Art. 4 Grundrechtecharta unvereinbar, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
43 
Nach den dem Gericht vorliegenden und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Informationen, wie sie auch den ebenfalls eingeführten Entscheidungen des VG Magdeburg (Urt. v. 26.07.2011 - 9 A 346/10 MD -) und des VG Freiburg (Beschl. v. 17.02.2012 - A 2 K 286/12 - unter Hinweis auf Beschl. v. 02.02.2012, a.a.O.) zugrundelagen, ist in Bezug auf das italienische Asylverfahren von Folgendem auszugehen:
44 
Die in Italien herrschenden Zustände für Asylbewerber, die im Rahmen einer Überstellung nach der Dublin II-VO dorthin zurückkehren, waren bereits vor Beginn der Unruhen in der arabischen Welt im Februar vergangenen Jahres kritikwürdig. Der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe („Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011) deutet darauf hin, dass insbesondere die Richtlinie 2003/9/EG zum Flüchtlingsschutz, nach der die Mitgliedstaaten insbesondere solche materiellen Aufnahmebedingungen schaffen, die Lebensunterhalt einschließlich Unterbringung wie auch Gesundheit der Asylbewerber gewährleisten (vgl. Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 dieser Richtlinie), derzeit in vielen Bereichen nicht umgesetzt wird. Der ausführliche Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe schildert Obdachlosigkeit und fehlende existenzielle Versorgung der großen Mehrheit der Asylsuchenden: Zwar sollten Asylsuchende für die Dauer des Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen, den so genannten CARA (Centri di accoglienza per richiedenti asilo), untergebracht werden; hier seien etwa 2.000 Plätze verfügbar. In der Zeit zwischen dem Erstkontakt mit italienischen Behörden und der formellen Registrierung ihres Asylgesuchs (Verbalizzazione) durch die personell nicht ausreichend ausgestatteten Questura - ein Zeitraum, der einige Monate dauern könne - hätten Asylsuchende jedoch keinen Zugang zu Unterkünften und lebten meist auf der Straße; auch müssten Asylsuchende das CARA regelmäßig nicht nur in jedem Fall nach Erlass des erstinstanzlichen Entscheids, sondern auch dann, wenn das Asylverfahren nicht abgeschlossen ist, nach längstens sechs Monaten verlassen. Das staatliche Aufnahmesystem SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati), das italienweit die Unterbringung und Integration von Schutzberechtigten und teilweise auch Asylsuchenden gewährleisten solle, sei mit nur gut 3.000 Plätzen völlig überlastet. Die allermeisten Asylsuchenden hätten, auch wenn sie sich nach sechs Monaten um Arbeitsstellen bewerben dürften, aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Italien keine Chance auf reguläre Arbeit, die es ihnen ermöglichte, sich selbst zu versorgen. Sie würden mit der Entlassung aus dem CARA in den meisten Fällen obdachlos und lebten unter freiem Himmel oder in besetzen Häusern unter unhaltbaren Lebensbedingungen; nachdem der Erhalt von Unterstützungsleistungen an den Aufenthalt in einem Zentrum geknüpft sei, habe die Obdachlosigkeit schwerwiegende Folgen nicht nur für ihre grundlegenden Menschenrechte, sondern auch für die weitere Durchführung ihres Asylverfahrens. Auch Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, hätten häufig Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu erhalten und seien für die Sicherstellung ihrer lebensnotwendigen Bedürfnisse auf Hilfsorganisationen und NGO’s angewiesen. Diese Bedingungen gälten im Wesentlichen auch für auf Grundlage der Dublin II-VO auf dem Luftweg nach Italien zurückgeführte Asylsuchende; die italienischen Behörden seien ebenso wenig wie bei sonstigen Asylsuchenden in der Lage, ihnen bei Rückkehr nach Italien würdige Lebensbedingungen zu gewährleisten, auch insoweit fehle es an Plätzen im staatlichen Aufnahmesystem SPRAR.
45 
Mit dieser Einschätzung der Lage steht die Schweizerische Flüchtlingshilfe nicht allein. Vielmehr existieren mehrere in ihren inhaltlichen Aussagen im Wesentlichen übereinstimmende Berichte von Nichtregierungsorganisationen, die ausweislich des EuGH geeignet sind, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, sich ein Bild über das Funktionieren des Asylsystems im zuständigen Mitgliedstaat zu machen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.): Der ausführliche Bericht von Maria Bethke und Dominik Bender („Zur Situation von Flüchtlingen in Italien“, Februar 2011; abrufbar unter http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2011/Italien-bericht_FINAL_15MAERZ2011.pdf) nach ihrer Recherchereise im Oktober 2010, der Bericht der Norwegian Organization für Asylum Seekers („The Italian approach to asylum: System and core problems“, April 2011; abrufbar unter http://www.noas.org/) und der aus dem November 2009 stammende Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht („Rückschaffung in den 'sicheren Drittstaat' Italien“; abrufbar unter http://www.beobachtungsstelle.ch/index.php?id= 428&L=2%2F%2F%3F_SERVER%5BDOCUMENT_ROOT%5D%3D) vermitteln ein ganz ähnliches Bild der Situation von Flüchtlingen in Italien (vgl. zur Auswertung aktueller Quellen auch Maria Bethke, „Die Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten in Italien“, Stand 7/2011; abrufbar unter http://www.nds-fluerat. org/6521/aktuelles/infos-fuer-dublin-ii-verfahren-italien/). Im Bericht von Bethke/Bender (a.a.O.) sowie in der Quellenauswertung von Bethke wird insbesondere darauf hingewiesen, dass das Platz- und Obdachlosigkeitsproblem auch Rückkehrer im Rahmen von Dublin-II-Verfahren betreffe, die weder Anspruch auf Wohnraum noch auf existenzsichernde Sozialleistungen hätten; in den Jahren 2008 und 2009 seien nur etwa 12 % der Dublin-Rückkehrer in ein SPRAR-Projekt vermittelt worden, während die ganz überwiegende Mehrzahl der Obdachlosigkeit überlassen worden sei. Weiter verweisen Bethke/Bender (a.a.O.) ausdrücklich darauf, dass bei obdachlosen Personen oder solchen, die in besetzen Häusern wohnten, Postzustellungen nicht möglich seien, so dass amtliche Dokumente, etwa ein im italienischen Asylverfahren noch ausstehender Bescheid, sie nicht erreichen könnten; ebenso wenig sei es ihnen möglich, eine für ein in Deutschland ggf. noch laufendes Gerichtsverfahren notwendige ladungsfähige Anschrift anzugeben. All dies wird nochmals von Bender in „Warum Italien ein „Dublin-Thema“ ist“ (Asylmagazin 1-2/12, S. 11) auf den aktuellen Stand gebracht und vollumfänglich bestätigt.
46 
Für die Lagebeurteilung nicht außer Betracht gelassen werden darf weiter der Umstand, dass sich die meisten der zitierten Erkenntnismittel mit den Zuständen in Italien beschäftigen, wie sie sich im Wesentlichen vor dem Frühjahr 2011 darstellten, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Zahl der Asylanträge in Italien rückläufig war; so wurden im Jahr 2008 30.145 Asylanträge gestellt, 2009 17.670 und 2010 (nur) noch 10.050 (zu den Zahlen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Entscheiderbrief 7/2011). Bereits diese vergleichsweise geringen Zahlen führten zu den in den zitierten Berichten beschriebenen massiven Schwierigkeiten der Asylbewerber, angesichts ihrer prekären Lebenssituation, aber auch angesichts der völlig überlasteten behördlichen Strukturen ein Asylverfahren zu betreiben. Seit Beginn der Unruhen in Nordafrika aber stieg die Zahl der Flüchtlinge, die Italien erreichen, sprunghaft an; nach Angaben des UNHCR (http://www.unhcr.de/home/artikel/042d9651d 6d525aad46e97d7ee7848db/hunderte-neuankoemmlinge-aus-libyen-und-tunesien-in-italien.html?L=0) hatten im Jahr 2011 bis Mitte August 52.000 Menschen im Zuge der nordafrikanischen Flüchtlingskrise Italien erreicht, italienische Quellen sprechen Ende September 2011 von über 60.000 Flüchtlingen, die seit Jahresbeginn die italienische Küste erreicht haben (http://www.interno.it/mininterno/export/sites/default/ it/sezioni/sala_stampa/notizie/immigrazione/0000070_2011_09_29_informativa_Viale_al_Senato.html). Angesichts dieser Zahlen gibt es keinerlei Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Italien.
47 
Schließlich hat auch der Kläger selbst die miserable Versorgung mit dem Allernotnotwendigsten eindrücklich geschildert, insbesondere mit dem Hinweis darauf, dass er, wäre er länger in Italien geblieben, hätte betteln müssen, um nicht zu verhungern.
48 
Den zitierten Berichten hat die Beklagte nichts Substantiiertes entgegengesetzt und in ihrer Begründung, wie sie zu der Abschiebungsanordnung nach Italien gekommen ist, vorrangig die Erkenntnisquellen verwertet, die vor dem Frühjahr 2011 erhoben wurden. Die - unbestrittene - Tatsache, dass es anders als bei Griechenland im Falle von Italien keine Empfehlung des UNHCR dahingehend gibt, Asylsuchende nicht an diesen Staat zu überstellen, genügt nach Auffassung des Gerichts nicht; auch das BVerfG hat sich in seinen die Lage in Griechenland betreffenden Entscheidungen nicht isoliert auf eine entsprechende Stellungnahme des UNHCR, sondern auf die „umfangreichen Stellungnahmen verschiedener Organisationen zur Situation von Asylantragstellern in Griechenland“ berufen (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 22.12.2009 - 2 BvR 2879/09 -, juris; Beschl. v. 13.11.2009 - 2 BvR 2603/09 -, juris). Der Hinweis der Beklagten darauf, aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ergebe sich keine Empfehlung, Flüchtlinge nicht nach Italien zurückzuschieben, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Für bestimmte Personengruppen - verletzliche Personen sowie Asylsuchende, bei denen prima facie die Flüchtlingseigenschaft oder ein subsidiäres Schutzbedürfnis als bestehend betrachtet werden kann - fordert die Schweizerische Flüchtlingshilfe vielmehr explizit die Mitgliedstaaten auf, Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO anzuwenden, um eine Verletzung von Art. 3 EMRK zu verhindern. Aber auch bei allen anderen Asylsuchenden fordert die Schweizerische Flüchtlingshilfe die Mitgliedstaaten ausdrücklich auf, vor der Überstellung der Betroffenen deren Situation sorgfältig abzuklären und dafür zu sorgen, von den italienischen Behörden eine verbindliche Zusage zu erhalten, dass sie in der Lage sind, die Rückkehrenden ab ihrer Ankunft angemessen zu unterstützen. Für eine sorgfältige Abklärung oder gar eine Kontaktaufnahme mit den italienischen Behörden bestehen vorliegend nach Aktenlage indes - insoweit in Übereinstimmung mit der gängigen Praxis der EU-Mitgliedstaaten - keine Anhaltspunkte; in einer solchen Situation aber sind die Empfehlungen, die die Schweizerische Flüchtlingshilfe ausgesprochen hat, durchaus dahingehend zu verstehen, dass eine Überstellung aus Gründen des Menschenrechtsschutzes unterbleiben solle. Ebenso wenig vermag die Kritik des Bundesamts (Entscheiderbrief 7/2011) an den Erkenntnisquellen und den in der Rechtsprechung hieraus gezogenen Konsequenzen zu überzeugen. Das Bundesamt beruft sich in erster Linie, wie auch die Beklagte im vorliegenden Fall, auf die von Gesetzes wegen in Italien bestehenden Rechte von Asylsuchenden auf Unterkunft, Arbeit und Sozialleistungen, setzt sich jedoch nicht auseinander mit den vielfältigen konkreten Hinweisen auf die erhebliche Diskrepanz zwischen den von Italien eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, denen durch entsprechende Rechtsakte auf formeller Ebene Rechnung getragen worden sein mag, und ihrer Umsetzung in der Praxis. Das Auswärtige Amt und das Bundesamt stellen - soweit ersichtlich - keine eigenen Erkenntnisse zur Verfügung; auch im Übrigen fehlt es an jeglichen Erkenntnismitteln, die eine von den zitierten Auskünften abweichende - günstigere - Lagebeurteilung der Verhältnisse in Italien erlaubten.
49 
Nach alledem ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe im Sinne der EuGH-Rechtsprechung (Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.) dafür vorliegen, dass der Kläger aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien im Falle einer Überstellung in dieses Land Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (Art. 3 EMRK) ausgesetzt zu werden und sich deshalb die Rücküberstellung als rechtswidrig darstellt.
50 
Diese schwerwiegenden Beeinträchtigungen führen zu der rechtlichen Schlussfolgerung dass dem Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Beklagte nur dadurch genügt werden kann, vorliegend die Verpflichtung der Beklagten zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO wegen einer Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen.
51 
Der streitgegenständliche Bescheid vom 10.11.2011 ist daher aufzuheben.
52 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Gründe

 
25 
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vertreten waren, da auf diese Möglichkeit in der ordnungsgemäß bewirkten Terminsladung hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
26 
Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.
27 
Gegen die in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10.11.2011 getroffene Entscheidung, dass der Asylantrag des Klägers gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig ist, ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO statthaft (vgl. VG Freiburg, Beschl. v. 02.02.2012 - A 4 K 2203/11 -; VG München, Urt. v. 29.11.2011 - M 24 K 11.30219 -, juris; VG Ansbach, Beschl. v. 08.11.2011 - AN 11 S 11.30508 -, juris; VG Wiesbaden, Urt. v. 17.06.2011 - 7 K 327/11.WI.A -, juris; VG Frankfurt/Main, Urt. v. 23.06.2010 - 7 K 2789/09.F.A. -, juris; VG Braunschweig, Urt. v. 01.06.2010 - 1 A 47/10 -, juris; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2010 - A 3 K 1580/09 -; VG Augsburg, Beschl. v. 01.02.2010 - Au 5 S 10.30014 -, juris; VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - 7 K 4376/07.F.A u.a. -, InfAuslR 2009, 406; v. 29.09.2009 - 7 K 269.09 F.A.; VG Neustadt, Urt. v. 16.06.2009 - 5 K 1166/08.NW -, juris; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, § 27 a Rdnr. 18; a.A. [Statthaftigkeit nur der Verpflichtungsklage] OVG NRW, Urt. v. 10.05.2010 - 3 A 133/10.A -, juris; VG Wiesbaden, Urt. v. 10.03.2010 - 7 K 1389/09.WI.A -; wohl auch VG Sigmaringen, Urt. v. 26.10.2009 - A 1 K 1757/09 -). Im Falle der Aufhebung einer solchen Entscheidung ist der Weg für die Durchführung eines Asylverfahrens vor dem Bundesamt mit voller inhaltlicher Sachprüfung des klägerischen Asylbegehrens eröffnet. Vergleichbar den Fällen einer Einstellung des Asylverfahrens nach § 32 AsylVfG sowie der gerichtlichen Entscheidung bei einer fiktiven Antragsrücknahme nach § 33 AsylVfG ist im Anschluss an die hierzu ergangene einschlägige Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 07.03.1995 - 9 C 264.94, NVwZ 1996, S. 80; Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, § 33 Rdnr. 34 ff. m.w.N.) auch bei einer Entscheidung nach § 27 a AsylVfG die Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG nicht als vorrangig anzusehen. Im Falle des Durchentscheidens des Verwaltungsgerichts durch Verpflichtungsurteil würde dem Kläger nämlich eine Tatsacheninstanz, und zwar die auf inhaltliche Überprüfung seines Asylbegehrens durch das Bundesamt, genommen.
28 
Statthafte Klageart gegen die in dem Bescheid vom 10.11.2011 enthaltenen Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 AsylVfG ist gleichfalls die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO (vgl. VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - und v. 29.09.2009, jeweils a.a.O.; s. auch Renner, Ausländerrecht, 8. Auflage 2005, § 34 a AsylVfG Rdnr. 6; Funke-Kaiser, a.a.O., § 34 a Rdnr. 64;).
29 
Dem Kläger steht für seine Klage auch das zwingend erforderliche Rechtsschutzinteresse zu, da er weiterhin nach Italien rücküberstellt werden könnte, nachdem Italien am 18.11.2011 der Rückübernahme des Klägers zugestimmt hat. Zudem läuft die Sechs-Monats-Frist des Art. 19 Abs. 4 S. 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 S. 1) - im Folgenden: Dublin II-VO -, wonach die Zuständigkeit zur Durchführung eines Asylverfahrens auf den Mitgliedstaat übergeht, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, sofern die Überstellung nicht innerhalb von sechs Monaten ab der Stattgabe des Aufnahmegesuchs im Sinne des Art. 18 Abs. 7 Dublin II-VO durchgeführt wird (vgl. auch Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO), erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann (EuGH, Urt. v. 29.01.2009 - C-19/08, NVwZ 2009, 639 - Petrosian). Der Fristenlauf beginnt somit erst ab Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides der Beklagten vom 10.11.2011.
30 
Die Klage ist auch begründet.
31 
Der Bescheid des Bundesamtes vom 10.11.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Das Bundesamt hat zu Unrecht den Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Italien angeordnet. Vielmehr hätte das Bundesamt im Falle des Klägers von seinem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO Gebrauch machen müssen.
32 
Nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin II-VO kann jeder Mitgliedstaat abweichend von den Zuständigkeitskriterien des Kapitels III der Verordnung einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der das Selbsteintrittsrecht wahrnehmende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen (Satz 2). Gegebenenfalls unterrichtet er den zuvor zuständigen Mitgliedstaat über den Selbsteintritt (Satz 3).
33 
Der Kläger kann sich auch auf einen subjektiven öffentlich-rechtlichen Anspruch auf den Selbsteintritt der Beklagten gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO berufen. Diese Bestimmung ist - anders als die Vorgängerregelungen im Schengener Durchführungsübereinkommen und im völkerrechtlichen Dubliner Übereinkommen (vgl. hierzu Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 25) - nicht allein im öffentlichen Interesse geschaffen worden, sondern verbürgt den von ihr Betroffenen ein subjektives Recht. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des EuGH, dass ein Einzelner nicht nur dann aus dem Unionsrecht subjektive Rechte herzuleiten vermag, wenn diese ausdrücklich zugesprochen werden. Vielmehr genügt es, wenn aus einer Rechtsnorm klar und eindeutig eine Vergünstigung Einzelner hervorgeht, die keiner Bedingung und keinem zeitlichen Aufschub mehr unterliegt, und weder die Union noch die Mitgliedstaaten einen Spielraum zur Ausgestaltung besitzen (vgl. nur EuGH, Urt. v. 05.02.1963 - Rs. 26/62, Slg. 1963, 1 [24]= NJW 1973, 1751 - van Gend & Loos vs. Niederlande; EuGH, Urt. v. 04.12.1974 - Rs. C-41/74, Slg. 1974, 1337 [1349] - van Duyn vs. Home Office; EuGH, Urt. v. 19.01.1982 - Rs. C-8/81, Slg. 1982, 53 [71]= NJW 1982, 53 - Becker vs. Finanzamt Münster). Diese Voraussetzungen sind im Falle der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 dem Grunde nach erfüllt (vgl. auch Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 124 m.w.N.). Hiervon geht im Ergebnis auch der EuGH in seinem zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 ergangenen Urteil vom 29.01.2009 (C-19/08, NVwZ 2009, S. 639 Rdnr. 38, 48 zu Fragen des Rechtsschutzes - Petrosian) aus. Allerdings verbürgt Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO lediglich ein - gegebenenfalls aber auf Null reduziertes - Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung (VG Würzburg, Urt. v. 12.03.2009 - W 4 K 08.30122 -; Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 134 f. und 223 m.w.N.; Marx, a.a.O., § 27 a Rdnr. 13; Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Aufl. 2008, Rdnr. 1886; Filzwieser/Liebminger, Dublin II-Verordnung, Kommentar, 2. Aufl., Wien/Graz 2007, Art. 3 K 9 unter Verweis auf einschlägige Rechtsprechung des Österreichischen Verfassungsgerichtshofs, Entscheid v. 15.10.2004 - G 237/03 u.a und des Belgischen Conseil d'Etat/Raad van State vom 28.08.2006, Zl. 162.039; Schröder, Die EU-Verordnung zur Bestimmung des zuständigen Asylstaats, ZAR 2003, S. 124 [131]; Hruschka, Die Dublin II-Verordnung, in: Informationsverbund Asyl e.V. [Hrsg.], Das Dublin-Verfahren, Beilage zum Asylmagazin 1-2/2008, S. 1 [9]; Hruschka, Humanitäre Lösungen in Dublin-Verfahren, Asylmagazin 7-8/2009, S. 5 [7 f. und 9 f.]).
34 
Im Falle des Klägers liegen die Voraussetzungen für einen Selbsteintritt der Beklagten nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO vor.
35 
Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Verordnung als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 3 Abs. 2 S. 1 Dublin II-VO kann abweichend davon jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Kläger fällt als Drittstaatsangehöriger im Sinne des Art. 2 lit. a) Dublin II-VO, der einen Asylantrag gemäß Art. 2 lit. c) Dublin II-VO gestellt hat, in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. Es steht fest, dass eine Zuständigkeit der Beklagten nach den Kriterien in Kapitel III dieser Verordnung, die sich auf Zugehörigkeit zu im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen kraft Ehe, eheähnlicher Gemeinschaft oder Sorgeberechtigten im Falle der Minderjährigkeit, sofern diese Minderjährigen ledig und unterhaltsberechtigt sind, nicht gegeben ist. Gleichermaßen verhält es sich mit der humanitären Klausel des Art. 15 Dublin II-VO, für deren Anwendung der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte bietet.
36 
Daher kann der Kläger sich allein auf ein Recht auf Selbsteintritt der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO als für ihn günstige Norm berufen, um als Ausnahme von den Zuständigkeitsregeln der Verordnung die Prüfung seines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen.
37 
Aus dem Wortlaut dieser Norm ergibt sich eine an die Beklagte gerichtete Ermessensermächtigung, deren Zweck allerdings nicht in der Norm selbst seinen Ausdruck gefunden hat (vgl. nur Funke-Kaiser, a.a.O., § 27 a Rdnr. 220; Filzwieser/Liebminger, a.a.O., Art. 3 K 8 ff.), sondern sich aus der Zwecksetzung der Verordnung insgesamt und der im Zuge der durch Art. 63 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) in der Fassung des Amsterdamer Vertrags vom 02.10.1997 vorgegebenen gemeinschaftsrechtlichen Asylharmonisierung ergangenen europäischen Richtlinien zum materiellen Asylrecht auf der einen und zum Verfahrensrecht sowie den Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen auf der anderen Seite erschließt.
38 
Nach Art. 63 Satz 1 Nr. 1 a) EG beschließt der Rat in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention sowie einschlägigen anderen Verträgen Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat. Hierauf beruhend wurde die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 erlassen. Nach deren Erwägungsgrund Nr. 4 soll die Verordnung insbesondere die rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ermöglichen, „um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden.“ In dem Erwägungsgrund Nr. 5 der Verordnung wird deren Ziel dahingehend bestimmt, dass diese - erstens - im Zusammenhang mit der schrittweisen Einführung eines Gemeinsamen Europäischen Asylrechts stehe und dass - zweitens - das bis dahin geltende Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staats für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags vom 15.06.1990 (Dubliner Übereinkommen) die Durchführung der europäischen Asylrechtsharmonisierung gefördert habe und deswegen mit bestimmten Änderungen fortzuentwickeln sei. Weiterhin wird im Erwägungsgrund Nr. 15 ausgeführt, dass die Verordnung in Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen stehe, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt worden seien. Die Verordnung ziele insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Art. 18 der Charta verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
39 
Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet (ABl. C 364 vom 18.12.2000, S. 1): „Das Recht auf Asyl wird nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährleistet.“ Diese Vorschrift ist wie die Charta insgesamt kein unmittelbar geltendes und verbindliches Gemeinschaftsrecht, sondern formell lediglich „soft law“ (vgl. nur Filzwieser/Liebminger, a.a.O., Erwägungsgründe K 29; Korte, in: Berg/Kampfer [Hrsg.], Verfassung für Europa, 2004, S. 65 [70]). In Art. 6 Abs. 1 des EU- Vertrags wird ausdrücklich auf die Charta der Grundrechte Bezug genommen und diese für den Fall des Inkrafttretens des Vertrags in europäischen Verfassungsrang erhoben. Unabhängig davon hat die Charta der Grundrechte nicht nur in die Verordnung (EG) Nr. 343/2003, sondern in eine Vielzahl von Rechtsakten der Europäischen Union Eingang gefunden (vgl. nur Erwägungsgrund Nr. 5 der Richtlinie 2003/9/EG des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten vom 27.01.2003, ABl. L 31 S. 18; Erwägungsgrund Nr. 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29.04.2004, ABl. L 304 S. 12 - so genannte Qualifikationsrichtlinie; Erwägungsgrund Nr. 8 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 01.12.2005, ABl. L 326 S. 13 Erwägungsgrund Nr. 2 der Richtlinie 2003/86/EG des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung vom 22.09.2003, ABL. L 251 S. 12) und wird vom EuGH als Rechtserkenntnisquelle in ständiger Spruchpraxis mit herangezogen (vgl. nur EuGH, Urt. v. 27.06.2006 - C-540/03, NJW 2006, 3266 - Parlament vs. Rat; EuGH, Urt. v. 03.09.2008 - C-402/05, NJW 2008, 3697 - Kadi u.a.; EuGH, Urt. v. 16.12.2008 - C-47/07, - Masdar; EuGH, Urt. v. 17.02.2009 - C-465/07, NVwZ 2009, 705 - Elgafaji; EuGH, Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, N.S., juris; vgl. ferner EuGH, Urt. v. 13.03.2007 - C-432/05, NJW 2007, 3555 - Angelidaki u.a. sowie EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C-116/06, EuZW 2007, 741 - Kiiski, jeweils zur Gemeinschaftscharta der Sozialen Grundrechte vom 09.12.1989). Durch die entsprechende Berücksichtigung der Charta der Grundrechte sowohl in unionsrechtlichen Verordnungen und Richtlinien als auch in der Spruchpraxis des EuGH ist auch Art. 18 der Charta der Grundrechte elementarer und zwingend zu berücksichtigender Bestandteil der Rechtsordnung der Europäischen Union.
40 
Unter Berücksichtigung der genannten Richtlinien des Rates, denen das Ziel gemeinsam ist, das in ihnen vergegenständlichte materielle und formelle Asylrecht in ein gemeinsames europäisches Asylrecht der Mitgliedstaaten zu transformieren, ist davon auszugehen, dass die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 mit ihren Bestimmungen, welcher Mitgliedstaat zuständig für ein Asylbegehren ist, im Lichte dieser europäischen Rechtsakte für ein gemeinsames Asylrecht auszulegen ist, und zwar - soweit die Umsetzungsfrist abgelaufen ist - unabhängig von dem Stand ihrer Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Es ist festzustellen, dass die Zuständigkeitsregelungen der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 das Bestehen eines gemeinsamen europäischen Asylrechts voraussetzen, wie sie ihren Ausdruck in den oben genannten Richtlinien gefunden haben (so auch VG Frankfurt/Main, Urteile v. 08.07.2009 - und v. 29.09.2009, jeweils a.a.O.)
41 
Insofern ist es für einen Asylsuchenden grundsätzlich zumutbar, in Ausführung dieser Regeln auf einen anderen Mitgliedstaat verwiesen zu werden, da seine materiellen Rechte kraft dieser Richtlinien in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten sind. Soweit allerdings das mit den oben genannten Richtlinien statuierte materielle oder formelle Asylrecht in einem Mitgliedstaat in nicht genügender Weise transformiert worden ist oder aus anderen Gründen nicht zur Anwendung gelangt, dispensieren die Zuständigkeitsregeln der Verordnung den Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wird, nicht von seiner völkerrechtlichen Verpflichtung nach der GFK, den Asylantrag zu prüfen. Insoweit ist der Selbsteintritt in Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zumindest auch als Instrument zur Gewährleistung des subjektiven Rechts eines Antragstellers auf Prüfung seines Asylantrages auszulegen, und zwar zu dem Zweck, ein richtlinienkonformes Asylverfahren zu gewährleisten, wenn zu erwarten ist, dass ihm ein solches Verfahren in dem Mitgliedstaat der Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 nicht zugänglich ist.
42 
Dann ist auch ein Sonderfall gegeben, der außerhalb des Konzepts normativer Vergewisserung über die Sicherheit im jeweiligen EU-Mitgliedstaat liegt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49; Beschl. v. 15.07.2010 - 2 BvR 1460/10 -, juris). Nach der Rechtsprechung des BVerfG kann ein Sonderfall etwa dann vorliegen, wenn sich ein Staat von seinen mit dem Beitritt zur GFK und der EMRK eingegangenen und von ihm auch generell eingehaltenen Verpflichtungen löst und Ausländern Schutz dadurch verweigert, dass er sich ihrer ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigt (BVerfG, Urt. v. 14.05.1996, a.a.O.), oder wenn das Asylverfahren in einem Staat in der Praxis solch erheblichen strukturellen Mängel aufweist, dass Asylbewerber nur eine sehr geringe Chance haben, dass ihr Antrag ernsthaft geprüft wird (EGMR, Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 -, M.S.S. vs. Belgien und Griechenland, NVwZ 2011, 413). Schließlich ist auch nach Auffassung des EuGH (Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.) trotz der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der GFK und der EMRK steht, die Überstellung eines Asylbewerbers in einen Staat mit Art. 4 Grundrechtecharta unvereinbar, wenn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
43 
Nach den dem Gericht vorliegenden und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Informationen, wie sie auch den ebenfalls eingeführten Entscheidungen des VG Magdeburg (Urt. v. 26.07.2011 - 9 A 346/10 MD -) und des VG Freiburg (Beschl. v. 17.02.2012 - A 2 K 286/12 - unter Hinweis auf Beschl. v. 02.02.2012, a.a.O.) zugrundelagen, ist in Bezug auf das italienische Asylverfahren von Folgendem auszugehen:
44 
Die in Italien herrschenden Zustände für Asylbewerber, die im Rahmen einer Überstellung nach der Dublin II-VO dorthin zurückkehren, waren bereits vor Beginn der Unruhen in der arabischen Welt im Februar vergangenen Jahres kritikwürdig. Der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe („Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Mai 2011) deutet darauf hin, dass insbesondere die Richtlinie 2003/9/EG zum Flüchtlingsschutz, nach der die Mitgliedstaaten insbesondere solche materiellen Aufnahmebedingungen schaffen, die Lebensunterhalt einschließlich Unterbringung wie auch Gesundheit der Asylbewerber gewährleisten (vgl. Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 dieser Richtlinie), derzeit in vielen Bereichen nicht umgesetzt wird. Der ausführliche Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe schildert Obdachlosigkeit und fehlende existenzielle Versorgung der großen Mehrheit der Asylsuchenden: Zwar sollten Asylsuchende für die Dauer des Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen, den so genannten CARA (Centri di accoglienza per richiedenti asilo), untergebracht werden; hier seien etwa 2.000 Plätze verfügbar. In der Zeit zwischen dem Erstkontakt mit italienischen Behörden und der formellen Registrierung ihres Asylgesuchs (Verbalizzazione) durch die personell nicht ausreichend ausgestatteten Questura - ein Zeitraum, der einige Monate dauern könne - hätten Asylsuchende jedoch keinen Zugang zu Unterkünften und lebten meist auf der Straße; auch müssten Asylsuchende das CARA regelmäßig nicht nur in jedem Fall nach Erlass des erstinstanzlichen Entscheids, sondern auch dann, wenn das Asylverfahren nicht abgeschlossen ist, nach längstens sechs Monaten verlassen. Das staatliche Aufnahmesystem SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugiati), das italienweit die Unterbringung und Integration von Schutzberechtigten und teilweise auch Asylsuchenden gewährleisten solle, sei mit nur gut 3.000 Plätzen völlig überlastet. Die allermeisten Asylsuchenden hätten, auch wenn sie sich nach sechs Monaten um Arbeitsstellen bewerben dürften, aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Italien keine Chance auf reguläre Arbeit, die es ihnen ermöglichte, sich selbst zu versorgen. Sie würden mit der Entlassung aus dem CARA in den meisten Fällen obdachlos und lebten unter freiem Himmel oder in besetzen Häusern unter unhaltbaren Lebensbedingungen; nachdem der Erhalt von Unterstützungsleistungen an den Aufenthalt in einem Zentrum geknüpft sei, habe die Obdachlosigkeit schwerwiegende Folgen nicht nur für ihre grundlegenden Menschenrechte, sondern auch für die weitere Durchführung ihres Asylverfahrens. Auch Personen, denen internationaler Schutz gewährt wurde, hätten häufig Schwierigkeiten, eine Unterkunft zu erhalten und seien für die Sicherstellung ihrer lebensnotwendigen Bedürfnisse auf Hilfsorganisationen und NGO’s angewiesen. Diese Bedingungen gälten im Wesentlichen auch für auf Grundlage der Dublin II-VO auf dem Luftweg nach Italien zurückgeführte Asylsuchende; die italienischen Behörden seien ebenso wenig wie bei sonstigen Asylsuchenden in der Lage, ihnen bei Rückkehr nach Italien würdige Lebensbedingungen zu gewährleisten, auch insoweit fehle es an Plätzen im staatlichen Aufnahmesystem SPRAR.
45 
Mit dieser Einschätzung der Lage steht die Schweizerische Flüchtlingshilfe nicht allein. Vielmehr existieren mehrere in ihren inhaltlichen Aussagen im Wesentlichen übereinstimmende Berichte von Nichtregierungsorganisationen, die ausweislich des EuGH geeignet sind, die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, sich ein Bild über das Funktionieren des Asylsystems im zuständigen Mitgliedstaat zu machen (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.): Der ausführliche Bericht von Maria Bethke und Dominik Bender („Zur Situation von Flüchtlingen in Italien“, Februar 2011; abrufbar unter http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2011/Italien-bericht_FINAL_15MAERZ2011.pdf) nach ihrer Recherchereise im Oktober 2010, der Bericht der Norwegian Organization für Asylum Seekers („The Italian approach to asylum: System and core problems“, April 2011; abrufbar unter http://www.noas.org/) und der aus dem November 2009 stammende Bericht der Schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht („Rückschaffung in den 'sicheren Drittstaat' Italien“; abrufbar unter http://www.beobachtungsstelle.ch/index.php?id= 428&L=2%2F%2F%3F_SERVER%5BDOCUMENT_ROOT%5D%3D) vermitteln ein ganz ähnliches Bild der Situation von Flüchtlingen in Italien (vgl. zur Auswertung aktueller Quellen auch Maria Bethke, „Die Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten in Italien“, Stand 7/2011; abrufbar unter http://www.nds-fluerat. org/6521/aktuelles/infos-fuer-dublin-ii-verfahren-italien/). Im Bericht von Bethke/Bender (a.a.O.) sowie in der Quellenauswertung von Bethke wird insbesondere darauf hingewiesen, dass das Platz- und Obdachlosigkeitsproblem auch Rückkehrer im Rahmen von Dublin-II-Verfahren betreffe, die weder Anspruch auf Wohnraum noch auf existenzsichernde Sozialleistungen hätten; in den Jahren 2008 und 2009 seien nur etwa 12 % der Dublin-Rückkehrer in ein SPRAR-Projekt vermittelt worden, während die ganz überwiegende Mehrzahl der Obdachlosigkeit überlassen worden sei. Weiter verweisen Bethke/Bender (a.a.O.) ausdrücklich darauf, dass bei obdachlosen Personen oder solchen, die in besetzen Häusern wohnten, Postzustellungen nicht möglich seien, so dass amtliche Dokumente, etwa ein im italienischen Asylverfahren noch ausstehender Bescheid, sie nicht erreichen könnten; ebenso wenig sei es ihnen möglich, eine für ein in Deutschland ggf. noch laufendes Gerichtsverfahren notwendige ladungsfähige Anschrift anzugeben. All dies wird nochmals von Bender in „Warum Italien ein „Dublin-Thema“ ist“ (Asylmagazin 1-2/12, S. 11) auf den aktuellen Stand gebracht und vollumfänglich bestätigt.
46 
Für die Lagebeurteilung nicht außer Betracht gelassen werden darf weiter der Umstand, dass sich die meisten der zitierten Erkenntnismittel mit den Zuständen in Italien beschäftigen, wie sie sich im Wesentlichen vor dem Frühjahr 2011 darstellten, zu einem Zeitpunkt also, zu dem die Zahl der Asylanträge in Italien rückläufig war; so wurden im Jahr 2008 30.145 Asylanträge gestellt, 2009 17.670 und 2010 (nur) noch 10.050 (zu den Zahlen: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Entscheiderbrief 7/2011). Bereits diese vergleichsweise geringen Zahlen führten zu den in den zitierten Berichten beschriebenen massiven Schwierigkeiten der Asylbewerber, angesichts ihrer prekären Lebenssituation, aber auch angesichts der völlig überlasteten behördlichen Strukturen ein Asylverfahren zu betreiben. Seit Beginn der Unruhen in Nordafrika aber stieg die Zahl der Flüchtlinge, die Italien erreichen, sprunghaft an; nach Angaben des UNHCR (http://www.unhcr.de/home/artikel/042d9651d 6d525aad46e97d7ee7848db/hunderte-neuankoemmlinge-aus-libyen-und-tunesien-in-italien.html?L=0) hatten im Jahr 2011 bis Mitte August 52.000 Menschen im Zuge der nordafrikanischen Flüchtlingskrise Italien erreicht, italienische Quellen sprechen Ende September 2011 von über 60.000 Flüchtlingen, die seit Jahresbeginn die italienische Küste erreicht haben (http://www.interno.it/mininterno/export/sites/default/ it/sezioni/sala_stampa/notizie/immigrazione/0000070_2011_09_29_informativa_Viale_al_Senato.html). Angesichts dieser Zahlen gibt es keinerlei Anhaltspunkte für eine zwischenzeitliche Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Italien.
47 
Schließlich hat auch der Kläger selbst die miserable Versorgung mit dem Allernotnotwendigsten eindrücklich geschildert, insbesondere mit dem Hinweis darauf, dass er, wäre er länger in Italien geblieben, hätte betteln müssen, um nicht zu verhungern.
48 
Den zitierten Berichten hat die Beklagte nichts Substantiiertes entgegengesetzt und in ihrer Begründung, wie sie zu der Abschiebungsanordnung nach Italien gekommen ist, vorrangig die Erkenntnisquellen verwertet, die vor dem Frühjahr 2011 erhoben wurden. Die - unbestrittene - Tatsache, dass es anders als bei Griechenland im Falle von Italien keine Empfehlung des UNHCR dahingehend gibt, Asylsuchende nicht an diesen Staat zu überstellen, genügt nach Auffassung des Gerichts nicht; auch das BVerfG hat sich in seinen die Lage in Griechenland betreffenden Entscheidungen nicht isoliert auf eine entsprechende Stellungnahme des UNHCR, sondern auf die „umfangreichen Stellungnahmen verschiedener Organisationen zur Situation von Asylantragstellern in Griechenland“ berufen (vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 22.12.2009 - 2 BvR 2879/09 -, juris; Beschl. v. 13.11.2009 - 2 BvR 2603/09 -, juris). Der Hinweis der Beklagten darauf, aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ergebe sich keine Empfehlung, Flüchtlinge nicht nach Italien zurückzuschieben, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Für bestimmte Personengruppen - verletzliche Personen sowie Asylsuchende, bei denen prima facie die Flüchtlingseigenschaft oder ein subsidiäres Schutzbedürfnis als bestehend betrachtet werden kann - fordert die Schweizerische Flüchtlingshilfe vielmehr explizit die Mitgliedstaaten auf, Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO anzuwenden, um eine Verletzung von Art. 3 EMRK zu verhindern. Aber auch bei allen anderen Asylsuchenden fordert die Schweizerische Flüchtlingshilfe die Mitgliedstaaten ausdrücklich auf, vor der Überstellung der Betroffenen deren Situation sorgfältig abzuklären und dafür zu sorgen, von den italienischen Behörden eine verbindliche Zusage zu erhalten, dass sie in der Lage sind, die Rückkehrenden ab ihrer Ankunft angemessen zu unterstützen. Für eine sorgfältige Abklärung oder gar eine Kontaktaufnahme mit den italienischen Behörden bestehen vorliegend nach Aktenlage indes - insoweit in Übereinstimmung mit der gängigen Praxis der EU-Mitgliedstaaten - keine Anhaltspunkte; in einer solchen Situation aber sind die Empfehlungen, die die Schweizerische Flüchtlingshilfe ausgesprochen hat, durchaus dahingehend zu verstehen, dass eine Überstellung aus Gründen des Menschenrechtsschutzes unterbleiben solle. Ebenso wenig vermag die Kritik des Bundesamts (Entscheiderbrief 7/2011) an den Erkenntnisquellen und den in der Rechtsprechung hieraus gezogenen Konsequenzen zu überzeugen. Das Bundesamt beruft sich in erster Linie, wie auch die Beklagte im vorliegenden Fall, auf die von Gesetzes wegen in Italien bestehenden Rechte von Asylsuchenden auf Unterkunft, Arbeit und Sozialleistungen, setzt sich jedoch nicht auseinander mit den vielfältigen konkreten Hinweisen auf die erhebliche Diskrepanz zwischen den von Italien eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen, denen durch entsprechende Rechtsakte auf formeller Ebene Rechnung getragen worden sein mag, und ihrer Umsetzung in der Praxis. Das Auswärtige Amt und das Bundesamt stellen - soweit ersichtlich - keine eigenen Erkenntnisse zur Verfügung; auch im Übrigen fehlt es an jeglichen Erkenntnismitteln, die eine von den zitierten Auskünften abweichende - günstigere - Lagebeurteilung der Verhältnisse in Italien erlaubten.
49 
Nach alledem ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe im Sinne der EuGH-Rechtsprechung (Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.) dafür vorliegen, dass der Kläger aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien im Falle einer Überstellung in dieses Land Gefahr laufen würde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (Art. 3 EMRK) ausgesetzt zu werden und sich deshalb die Rücküberstellung als rechtswidrig darstellt.
50 
Diese schwerwiegenden Beeinträchtigungen führen zu der rechtlichen Schlussfolgerung dass dem Anspruch des Klägers auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung durch die Beklagte nur dadurch genügt werden kann, vorliegend die Verpflichtung der Beklagten zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO wegen einer Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen.
51 
Der streitgegenständliche Bescheid vom 10.11.2011 ist daher aufzuheben.
52 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 02/02/2012 00:00

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (A 4 K 2202/11) gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.08.2011 wird angeordnet.Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzut
published on 01/12/2010 00:00

Tenor Die einstweilige Anordnung vom 22. Dezember 2009 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt.
published on 27/10/2010 00:00

Tenor Die einstweilige Anordnung vom 13. November 2009 wird für die Dauer von weiteren sechs Monaten, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, wiederholt.
published on 15/07/2010 00:00

Tenor Dem Regierungspräsidium Kassel wird im Wege der einstweiligen Anordnung die Vollziehung der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland vorläufig untersagt.
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published on 11/08/2014 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hin
published on 11/10/2012 00:00

Tenor Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, der Bundespolizeiinspektion Weil am Rhein mitzuteilen, dass der Antragsteller nicht nach Italien zurückgeschoben werden darf.Die Antragsgegnerin t
published on 02/07/2012 00:00

Tenor Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung der Antragsteller nach Italien vorläufig auszusetzen, von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO Gebrau
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Annotations

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.