Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 26. Feb. 2018 - 12 K 16702/17

bei uns veröffentlicht am26.02.2018

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 05.12.2017 wird hinsichtlich dessen Ziffern 1 und 2 wiederhergestellt und hinsichtlich dessen Ziffern 4 und 5 angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 1.250 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist seit 2011 Eigentümer und Halter eines Fahrzeugs des Typs VW Amarok 2,0 TDI, das mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet ist. Im Jahr 2015 wurde öffentlich bekannt, dass zahlreiche Dieselfahrzeuge des VW-Konzerns - darunter das Fahrzeug des Antragstellers - im Hinblick auf ihre Stickoxid-Emissionen nicht der EG-Typgenehmigung entsprachen, sondern mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen waren. Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnete daraufhin gegenüber dem Hersteller auf Grundlage von § 25 Abs. 2 EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung den Rückruf der betroffenen Fahrzeuge an. Im Rahmen der Rückrufaktion spielt der Hersteller bei den betroffenen Fahrzeugen ein Software-Update auf.
Mit Schreiben vom 26.09.2017 teilte das Kraftfahrt-Bundesamt dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis mit, der Antragsteller habe an der Rückrufaktion bislang nicht teilgenommen. Daraufhin wies das Landratsamt den Antragsteller mit Schreiben vom 23.10.2017 darauf hin, dass er für den vorschriftsmäßigen Zustand seines Fahrzeugs verantwortlich sei. Er werde gebeten, den Mangel möglichst umgehend zu beheben und hierüber bis spätestens zum 20.11.2017 einen Nachweis vorzulegen. Anderenfalls könne der Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr untersagt werden. Hierauf teilte der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben mit, dass er zur Beseitigung des Mangels außerstande sei. Das im Rahmen der Rückrufaktion angebotene Software-Update beseitige den Mangel nicht und sei mit erheblichen Nachteilen und Schäden verbunden. Überdies führe er ein zivilgerichtliches Verfahren, in dem sein Fahrzeug in aktuellem Zustand als Beweismittel benötigt werde.
Das Landratsamt untersagte dem Antragsteller sodann mit Bescheid vom 05.12.2017 den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehr, wenn er den Mangel nicht bis zum 12.12.2017 beseitigt habe (Ziff. 1) und gab ihm auf - soweit er bis zum 12.12.2017 die Beseitigung des Mangels nicht nachweise - unverzüglich die amtlichen Kennzeichen des Fahrzeugs zur Entstempelung und die Zulassungsbescheinigung Teil I zum Eintrag des Vermerks über die Betriebsuntersagung vorzulegen (Ziff. 2). Das Landratsamt ordnete die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung an (Ziff. 3) und drohte für den Fall, dass der Antragsteller der Pflicht zum Nachweis der Beseitigung des Mangels und der Verpflichtung zur Vorlage der Kennzeichen und der Zulassungsbescheinigung Teil I nicht fristgerecht nachkommt, die zwangsweise Durchsetzung der Betriebsuntersagung durch den Vollzugsdienst im Wege der Ersatzvornahme an (Ziff. 4). Überdies erhob es eine Gebühr in Höhe von 30 EUR zzgl. 3,45 EUR für Auslagen (Ziff. 5).
Der Antragsteller legte am 08.12.2017 Widerspruch ein und hat am 11.12.2017 den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Er trägt im Wesentlichen vor, die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht genügend begründet worden. Es liege gerade kein Fall vor, der bei typisierender Betrachtung mit einer Vielzahl anderer Fälle vergleichbar sei. Die gegebene Begründung sei sehr knapp und gehe nicht auf den Einzelfall ein. Die Frage der Verkehrssicherheit sei gerade nicht berührt. Ein besonderes, über das allgemeine Vollzugsinteresse hinausgehendes Interesse lasse der Bescheid auch im Übrigen nicht erkennen. Die Betriebsuntersagung sei rechtswidrig. Der Bescheid sei nicht hinreichend bestimmt, da er nicht hinreichend erkennen lasse, zu welchem Zeitpunkt die Betriebsuntersagung greifen und wie der Mangel an seinem Fahrzeug beseitigt werden solle. Die Betriebsuntersagung sei überdies ermessensfehlerhaft. Aus dem angegriffenen Bescheid ergebe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass sich das Landratsamt des von ihm auszuübenden Ermessens bewusst gewesen sei. Zudem habe es wesentliche entscheidungsrelevante Gesichtspunkte außer Acht gelassen. Angesichts der Zweifel an der Verträglichkeit und Wirksamkeit des Software-Updates könne ihm nicht aufgegeben werden, es durchzuführen. Die zur Beseitigung des Mangels gesetzte Frist sei ebenso nicht angemessen. Die Androhung der Ersatzvornahme sowie die Festsetzung der Gebühr seien ebenfalls rechtswidrig.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen Ziff. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 05.12.2017 wiederherzustellen und hinsichtlich Ziff. 4 und 5 des Bescheids anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er führt im Wesentlichen aus, nicht vorschriftsmäßig seien nicht nur Fahrzeuge, die nicht verkehrssicher seien, sondern auch solche, die nicht den formalen Zulassungsvorschriften entsprächen. Dies sei hier der Fall, da das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung enthalte, die der Hersteller im Antrag der EG-Typgenehmigung nicht beschrieben habe. Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der in der Typgenehmigung verankerten Schutzziele, namentlich an der Verhinderung umwelt- und gesundheitsschädigender Emissionen überwiege das private Interesse des Antragstellers.
10 
Der Kammer liegt die das Fahrzeug des Antragstellers betreffende Verwaltungsakte des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vor. Auf diese sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
II.
11 
Der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs hinsichtlich Ziff. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts Rhein-Neckar-Kreis vom 05.12.2017 ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Entsprechendes gilt für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich Ziff. 4 und 5 des angefochtenen Bescheids nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG bzw. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
12 
Die Anträge sind auch begründet.
13 
1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die in Ziff. 1 und 2 des Bescheids verfügte Untersagung des Betriebs des Fahrzeugs des Antragstellers und Verpflichtung zur Vorlage der amtlichen Kennzeichen sowie der Zulassungsbescheinigung hat Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt weder in formeller noch in materiell-rechtlicher Hinsicht den an sie zu stellenden Anforderungen.
14 
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 3 des angegriffenen Bescheids, die sich ersichtlich auf die Verfügungen in den vorstehenden Ziff. 1 und 2 bezieht, genügt bereits nicht den formellen Anforderungen.
15 
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Das Begründungserfordernis bezweckt, dass sich die Behörde selbst des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst wird und die dafür und dagegen sprechenden Gründe sorgfältig prüft. Der Betroffene wird durch die schriftliche Begründung über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Dies ermöglicht es ihm, die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags abzuschätzen. Ebenso ermöglicht die Kenntnis der behördlichen Erwägungen eine ordnungsgemäße verwaltungsgerichtliche Kontrolle (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2011 - 1 S 2554/11 -, VBlBW 2012, 151). Dementsprechend muss aus der Begründung nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurück zu stellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.12.2005 - 10 S 644/05 -, juris). Pauschale und nichtssagende formelhafte Wendungen genügen dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO grundsätzlich nicht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 -, VBlBW 2002, 441). Auf die inhaltliche Richtigkeit der von der Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs gegebenen Begründung kommt es indes nicht an (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.12.2005, a.a.O.).
16 
Nach diesen Maßstäben genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung den Begründungsanforderungen hier nicht. Das Landratsamt hat zur Begründung des Sofortvollzugs ausgeführt, es bestehe ein besonderes öffentliches Interesse daran, dass nicht vorschriftsmäßige Fahrzeuge zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vom Betrieb im öffentlichen Straßenverkehr ausgeschlossen werden. Dieses öffentliche Interesse überwiege das private Interesse des Antragstellers, bis zur Bestandskraft der Entscheidung mit diesem Fahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen. Hierbei handelt es sich weder um eine auf den konkreten Einzelfall abstellende noch um eine sonst nachvollziehbare Begründung für den Sofortvollzug. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich die Behörde zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs auf die den Verwaltungsakt selbst tragenden Erwägungen stützen kann, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe erkennbar zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen. Dies kann etwa im Bereich des Gefahrenabwehrrechts häufig der Fall sein. Die speziell in Bezug auf die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids gegebene Begründung kann dann regelmäßig knapp gehalten werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 24.06.2002, a.a.O.) beziehungsweise ausnahmsweise auch so gefasst sein, dass sie auch für eine Vielzahl anderer Fälle verwendet werden kann (vgl. SächsOVG, Beschluss vom 25.07.2016 - 3 B 40/16 -, SächsVBl 2016, 257). Dies entbindet die Behörde jedoch nicht davon, die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen. Dem ist das Landratsamt hier nicht gerecht geworden. Soweit es lediglich darauf hinweist, dass nicht vorschriftsgemäße Fahrzeuge zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vom Betrieb im öffentlichen Straßenverkehr auszuschließen seien, mag dies in vielen Fällen der Untersagung des Betriebs eines Fahrzeugs auf Grundlage von § 5 Abs. 1 FZV, in denen die hohe Bedeutung der Sicherheit des Straßenverkehrs und die Dringlichkeit deren Schutzes auf der Hand liegen, zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung hinreichen. Hier liegt jedoch gerade kein typischer Fall der Betriebsuntersagung aus Gründen der Verkehrssicherheit vor. Vielmehr erfolgte die Untersagung wegen der nicht verkehrssicherheitsrelevanten Abweichung des Fahrzeugs von der EG-Typgenehmigung sowie zum Schutz der Allgemeinheit vor umwelt- und gesundheitsschädigenden Emissionen. Die Dringlichkeit der Maßnahme ist hier nicht gleichsam offenkundig, insbesondere nicht unter dem bloßen Hinweis auf den in diesem Zusammenhang nicht relevanten Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer. Die Begründung ist daher zur Darlegung des besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses nicht tragfähig.
17 
Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass die Frage, ob die Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, für die Einhaltung des formellen Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Bedeutung ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.11.2004 - 10 S 2182/04 -, VBlBW 2005, 279). Da die Begründung vorliegend jedoch jeglichen den konkreten Einzelfall betreffenden Bezug vermissen lässt, geht sie ins Leere.
18 
Soweit der Antragsgegner im Rahmen seiner Antragserwiderung weitere Ausführungen zur aus seiner Sicht bestehenden Erforderlichkeit der Betriebsuntersagung macht, sind diese nicht geeignet, den Begründungsmangel zu heilen. Zum einen zielen diese Ausführungen darauf ab, den Erlass der Grundverfügung - namentlich der Betriebsuntersagung - weiter zu begründen und zeigen gerade nicht auf, weshalb der Antragsgegner über das den Erlass der Grundverfügung rechtfertigende öffentliche Interesse hinaus ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse annimmt, aufgrund dessen einem Rechtsbehelf ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung zukommen soll. Zum anderen kann eine fehlende oder unzureichende Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO grundsätzlich nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.09.2011, a.a.O., m.w.N.; Beschluss vom 17.07.1990 - 10 S 1121/90 -, juris).
19 
b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziff. 3 des angegriffenen Bescheids keinen Bestand haben.
20 
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann in Fällen der sofortigen Vollziehbarkeit das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen. Maßgeblich ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Für das Interesse des Antragstellers, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren gebotene summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in den Fällen, in denen abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO) die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnet wurde, das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers gleichwohl nur dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände, wie es jedem Verwaltungsakt innewohnt, hinausgeht (st. Rspr., vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 - 13 S 1132/96 -, ESVGH 47, 177). Das Gericht nimmt in diesem Rahmen eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2012 - 10 S 731/12 -, DVBl 2012, 1506).
21 
Dies zugrunde gelegt, lässt sich ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs nicht feststellen. Hierbei kann die Kammer offen lassen, ob sich die in Ziff. 1 und 2 des Bescheids verfügte Untersagung des Betriebs des Fahrzeugs des Antragstellers und die Verpflichtung zur Vorlage der amtlichen Kennzeichen sowie der Zulassungsbescheinigung bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweisen oder ob nicht die vom Antragsteller aufgeworfenen Bedenken - etwa an der Ermessensfehlerfreiheit der Betriebsuntersagung oder der knapp bemessenen Frist zur Behebung des Mangels an dem Fahrzeug - durchgreifen. Denn jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse bestünde, das die Ausnahme von der grundsätzlich eintretenden aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu rechtfertigen vermag.
22 
Wie bereits dargelegt, verfängt insbesondere der vom Landratsamt zur Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs angegebene Aspekt des Schutzes der anderen Verkehrsteilnehmer vor dem Betrieb eines nicht vorschriftsgemäßen Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht. Die Vorschriftswidrigkeit des Fahrzeugs des Antragstellers ergibt sich nach Angaben des Antragsgegners daraus, dass es wegen der eingebauten Abschalteinrichtung nicht der EG-Typgenehmigung entspricht. Die grundsätzliche Funktionsfähigkeit und Verkehrssicherheit des Fahrzeugs ist hiervon – soweit ersichtlich – nicht betroffen. Eine erhöhte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer, die ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse begründen könnte, geht von ihm nicht aus. Von der Vorschriftswidrigkeit des Fahrzeugs betroffen sind dagegen Aspekte der Luftreinhaltung. So hat der Antragsgegner zur Begründung der Betriebsuntersagung dargelegt, dass diese der Verhinderung umwelt- und gesundheitsschädigender Emissionen dienen soll. Zwar handelt es sich auch hierbei um hohe Schutzgüter. Jedoch sind die von einem einzelnen Fahrzeug ausgehenden Gefahren für diese Schutzgüter nicht in gleicher Weise konkret und unmittelbar. Nicht zuletzt zeigt der seit Bekanntwerden der vorschriftswidrigen Verwendung der Abschalteinrichtung im Jahr 2015 vergangene Zeitraum, dass eine den Sofortvollzug rechtfertigende Dringlichkeit, die zur Beschränkung des effektiven Rechtsschutzes durch Wegfall der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs führen könnte, auch aus Sicht der zuständigen Behörden nicht vorzuliegen scheint. Auch im Übrigen ist ein über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände hinausgehendes besonderes Vollzugsinteresse im Hinblick auf das Fahrzeug des Antragstellers nicht ersichtlich. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Betriebsuntersagung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs liegt daher unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung nicht vor.
23 
2. Durch Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Ziff. 1 und 2 des angegriffenen Bescheids ist der Androhung der Ersatzvornahme (Ziff. 4) und der Erhebung der Gebühr (Ziff. 5) die rechtliche Grundlage entzogen. Hinsichtlich dieser Maßnahmen ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs daher nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO anzuordnen.
24 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 46.16 und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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(1) Stellt das Kraftfahrt-Bundesamt fest, dass Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmen, kann es die erforderlichen Maßnahmen nach den für den jeweiligen Typ anwendbaren Richtlinien 2007/46/EG, 2002/24/EG und 2003/37/EG anordnen, um die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ sicherzustellen.

(2) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann zur Beseitigung aufgetretener Mängel und zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit auch bereits im Verkehr befindlicher Fahrzeuge, selbstständiger technischer Einheiten oder Bauteile nachträglich Nebenbestimmungen anordnen.

(3) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann die Typgenehmigung ganz oder teilweise widerrufen oder zurücknehmen, insbesondere wenn festgestellt wird, dass

1.
Fahrzeuge mit einer Übereinstimmungsbescheinigung oder selbstständige technische Einheiten oder Bauteile mit einer vorgeschriebenen Kennzeichnung nicht mit dem genehmigten Typ übereinstimmen,
2.
von Fahrzeugen, selbstständigen technischen Einheiten oder Bauteilen ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt ausgeht,
3.
der Hersteller nicht über ein wirksames System der Überwachung der Übereinstimmung der Produktion verfügt oder dieses System nicht in der vorgesehenen Weise anwendet oder
4.
der Inhaber der Typgenehmigung gegen die mit der Typgenehmigung verbundenen Auflagen verstößt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24. August 2011 - 4 K 1583/11 - geändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahmeanordnung vom 12.08.2011 durch die Antragsgegnerin wird aufgehoben.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) sind begründet.
Die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mündlich durch die Antragsgegnerin getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Beschlag-nahmeanordnung vom 12.08.2011, bestätigt durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 15.08.2011, kann keinen Bestand haben, weil die Antragsgegnerin entgegen dem zwingenden Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung bei deren Anordnung nicht schriftlich begründet hat. Sie leidet daher an einem formellen Mangel, der zu ihrer Aufhebung nötigt, ohne dass es darauf ankommt, ob ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.08.1976 - X 1318/76 -, NJW 1977, 165 sowie Beschluss v. 17.07.1990 - 10 S 1121/90 -, juris m.w.N). Durch das Nachbringen der schriftlichen Begründung in der Verfügung vom 15.08.2011 kann der Formmangel nicht geheilt werden.
Die Vorschrift des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bestimmt, dass die sofortige Vollziehung „besonders angeordnet wird“. Notwendig ist eine entsprechende behördliche Willensentschließung, die dem Betroffenen kundgetan wird. Dafür reicht weder die tatsächliche Vollziehung oder Einleitung der Vollstreckung eines Verwaltungsakts noch die Annahme einer konkludenten Anordnung. Die Entscheidung über die sofortige Vollziehbarkeit muss ausdrücklich erfolgen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts muss gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich begründet werden. Auch die Offensichtlichkeit der Gründe, die einen Sofortvollzug gebieten, rechtfertigt in aller Regel keine Ausnahme vom Begründungszwang, wie die ausdrückliche Regelung in § 80 Abs. 3 S. 2 VwGO zeigt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse v. 25.8.1976, a.a.O. und v. 17.07.1990, a.a.O., m.w.N.). Von dem besonderen Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen, abgesehen werden. Diese Bestimmungen weichen deutlich vom Begründungsgebot bei Verwaltungsakten und den dortigen Ausnahmen (§ 39 VwVfG) ab. Eine dem § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vergleichbare Vorschrift fehlt in § 80 Abs. 3 VwGO. Angesichts dieser Rechtslage handelt es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Spezialregelung. Das - danach zwingende - Begründungserfordernis in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verfolgt drei Funktionen. Die Behörde selbst wird angehalten, sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst zu sein. Diese Warnfunktion soll zu einer sorgfältigen Prüfung des Interesses an der sofortigen Vollziehung veranlassen. Der Betroffene wird über die Gründe, die für die behördliche Entscheidung maßgebend gewesen sind, unterrichtet. Er kann danach die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 4 VwGO abschätzen. Dem Gericht erlaubt die Kenntnis der verwaltungsbehördlichen Erwägungen für die sofortige Vollziehbarkeit eine ordnungsgemäße Rechtskontrolle.
Diese Vorgaben sind durch die Antragsgegnerin nur unzureichend beachtet worden.
Die Beschlagnahme der Fahrzeuge der Antragsteller wurde nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Nr. 1 PolG durch die Antragsgegnerin als der zuständigen Ortspolizeibehörde (§ 60 Abs. 1 PolG) am 12.08.2011 mündlich angeordnet. Zur Begründung erklärte die Antragsgegnerin, die Beschlagnahme sei erforderlich, um weitere Besetzungen von Grundstücken zu verhindern. Zugleich wurde von ihr mündlich die sofortige Vollziehung der Maßnahme erklärt. Die Beschlagnahme wurde durch den Polizeivollzugsdienst sofort vollstreckt. Den Antragstellern wurde vor Ort gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG Bescheinigungen über den Vollzug der Beschlagnahme ausgestellt, in denen als Grund für die Beschlagnahme „Verhinderung weiterer Besetzungen von Grundstücken“ genannt worden ist; die Bescheinigungen weisen die Antragsgegnerin als anordnende Behörde aus.
Diese Bescheinigung ersetzt die erforderliche Begründung nicht. Sie dient vielmehr der Beweissicherung für den Betroffenen und soll es ihm ermöglichen, einen (eventuellen) späteren Anspruch auf Rückgabe der beschlagnahmten Sache mit Aussicht auf Erfolg geltend zu machen. Sie muss daher die beschlagnahmten Sachen hinreichend genau bezeichnen und die Polizeibehörde erkennen lassen, die die Beschlagnahme angeordnet hat (Belz/Mußmann, Polizeirecht für Baden-Württemberg, 7. Auflage, § 33 RdNr. 12).
Von dem Begründungserfordernis kann nicht ausnahmsweise nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO abgewichen werden. Danach gilt das Begründungserfordernis nach Satz 1 dann nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Dies war hier indes nicht der Fall. Auch wenn die Maßnahme aus der Sicht der Antragsgegnerin eilbedürftig war, handelte es sich weder um eine Notstandsmaßnahme, noch wurde sie als solche bezeichnet.
Über den Begründungsmangel kann auch nicht deshalb hinweggesehen werden, weil es sich um eine Maßnahme gehandelt hat, die sofort vollstreckt werden sollte. Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten (§ 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfasst ausdrücklich nur Verwaltungsakte des Polizeivollzugsdienstes im institutionellen Sinne, die sich nach Landesrecht bestimmen. Dieses Privileg ist einem Bedürfnis der Praxis geschuldet (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, 2010, § 80 RdNr. 122), erstreckt sich aber nicht auf - unaufschiebbare - Anordnungen und Maßnahmen der sog. Verwaltungspolizei (Ordnungs- bzw. Sicherheitsbehörden). Auch mit Blick darauf, dass für Maßnahmen nach § 33 PolG neben den Polizeibehörden (§ 60 Abs. 1 PolG) auch der Polizeivollzugsdienst (§ 60 Abs. 3 PolG) zuständig ist, ergibt sich nichts anderes. Da nach § 60 Abs. 3 PolG für die meisten der sog. polizeilichen Standardmaßnahmen neben der Zuständigkeit der Polizeibehörde eine eigene Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes besteht, werden diese auch bei unaufschiebbaren Maßnahmen im Regelfall tätig werden, sodass ihnen das Privileg des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu Gute kommt und damit auch aus diesem Grunde eine Ausnahme vom Begründungserfordernis für die Ortspolizeibehörde nicht gerechtfertigt erscheint.
Durch die nach Vollzug der Maßnahme ergangene Verfügung vom 15.08.2011, die unter Ziff. 7 auch eine schriftliche Begründung der sofortigen Vollziehung enthält, ist der Begründungsmangel nicht geheilt worden.
10 
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs (Beschluss v. 25.08.1976, a.a.O. und Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O.) und auch nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Eyermann, VwGO, 11. Auflage, § 80 RdNr. 44, Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O. § 80, RdNr. 179, jeweils m.w.N.; BayVGH, Beschluss. v. 24.02.1988, BayVBl. 1989, 117) kann eine fehlende oder unzureichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht mit heilender Wirkung nachgeholt werden. Der Gegenauffassung (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995, NVwZ-RR 1995, 572; HessVGH Beschluss v. 17.5.1984, DÖV 1985, 75; OVG NRW, Beschluss v. 26.6.1985, NJW 1986, 1894), die dem Gründe der Prozessökonomie entgegenhält und ein Nachholen der Begründung jedenfalls bis zur Stellung eines Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO erlaubt, ist mit Blick darauf, dass es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine abschließende Sonderregelung handelt, nicht zu folgen. Mit der Warn- und Appellfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses wäre es nicht vereinbar, wenn eine fehlende Begründung mit heilender Wirkung nachgeholt werden könnte (vgl. Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 80 RdNr. 174 ff. m.w.N; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 17.07.1990, a.a.O; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Auflage, § 80 RdNr. 48, m.w.N.).
11 
In der Verfügung vom 15.08.2011 kann schließlich nicht eine neue Anordnung einer sofortigen Vollziehung mit diesmal gesetzeskonformer Begründung gesehen werden. Eine solche Annahme scheitert - ungeachtet der Frage, ob vor Aufhebung des Sofortvollzugs dieser überhaupt neu angeordnet werden kann - bereits daran, dass sich dies dem Inhalt der Verfügung nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit (vgl. § 37 Abs. 1 LVwVfG) entnehmen lässt.
12 
Sowohl der Eingang des Entscheidungssatzes („zu der am 12.08.2011 auf mündliche Anordnung der Polizeibehörde erfolgten Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs ergeht folgende Verfügung“) als auch der erste Satz der Begründung („Die am 12.08.2011 auf Anordnung der Polizeibehörde erfolgte Beschlagnahme Ihres Fahrzeugs... wird wie folgt begründet:“) weisen vielmehr darauf hin, dass es sich wohl um eine nachträgliche Bestätigung der Beschlagnahme, die rechtlich zulässig ist, sowie um eine allerdings in rechtlicher Hinsicht - nicht zulässige (a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 01.03.1995 - 11 B 10640/95 -) - nachträgliche Bestätigung und Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung handeln soll, ungeachtet der ebenfalls beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zu Lasten der Antragsgegnerin.
13 
Mit dem Wegfall der Anordnung der sofortigen Vollziehung kommt dem Widerspruch der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 1 VwGO wieder die aufschiebende Wirkung zu. Für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist daher kein Raum. Es bedarf vielmehr ggfs. einer erneuten, formgemäßen Anordnung.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 und § 39 GKG.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die nachträgliche Auflage des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 17.03.2005 - Az.: 4-4651.12-KKPI-3 und 4-4651.12-KKP II-3 - wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage ist zulässig und begründet.
Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin genügen allerdings die Ausführungen in der nachträglichen Auflage vom 17.03.2005 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO, wonach in einem Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen ist. Zweck des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Ferner soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung bilden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.01.2001, NJW 2001, 3427 = NZV 2001, 396). Dementsprechend muss aus der Begründung nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurück zu stellen. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen auf S. 6 f. der Auflage vom 17.03.2005 gerecht. Das Wirtschaftsministerium hat sich nicht auf pauschale und formelhafte Wendungen beschränkt. Vielmehr hat die Behörde auf eine - von ihr als unzureichend bewertete - Verfahrensweise der Antragstellerin im Jahr 2004 beim Vorliegen von Hinweisen abgestellt, dass nach Berechnungen der von der Antragstellerin hinzugezogenen Herstellerfirma des KKW Philippsburg die Beherrschung des Auslegungsstörfalls unter bestimmten Bedingungen nicht hinreichend gewährleistet sein könnte. Diese bei dieser Gelegenheit deutlich gewordene Vorgehensweise der Antragstellerin mache wegen des gebotenen Schutzes vor den Gefahren der Kernenergie den unverzüglichen Vollzug der Auflage erforderlich. Mit diesen Darlegungen hat das Wirtschaftsministerium den lediglich formell-rechtlichen Anforderungen des Begründungszwangs genügt. Auf die inhaltliche Richtigkeit der von der Behörde für die Anordnung des Sofortvollzugs gegebenen Begründung kommt es für § 80 Abs. 3 VwGO dagegen nicht an (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.07.1994 - 10 S 1017/94 -, NVwZ-RR 1994, 625; v. 09.08.1994 - 10 S 1767/94 -, NVwZ-RR 1995, 174).
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen die nachträgliche Auflage vom 17.03.2005 (10 S 643/05) ist begründet; bei der vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, vom Vollzug der nachträglichen Auflage vor einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Das Überwiegen des Aufschubinteresses der Antragstellerin ergibt sich daraus, dass die Rechtmäßigkeit dieser Auflage zweifelhaft erscheint. Bei der Interessenabwägung kann der Antragsgegner auch nicht geltend machen, die sofortige Vollziehung der angefochtenen nachträglichen Auflage sei geboten, um den Gefahren wirksam begegnen zu können, die von dem Kernkraftwerk wegen seines außergewöhnlich hohen Risikopotentials ausgehen. Denn auch ohne die angefochtene nachträgliche Auflage steht der im Bereich des Antragsgegners für die Atomaufsicht zuständigen Behörde (vgl. Art. 1 Abschnitt X Nr. 10 MinGbBek) das im Atomgesetz vorgesehene aufsichtsrechtliche Instrumentarium zur Verfügung. Der Gesetzgeber ist bei den Änderungen des Atomgesetzes davon ausgegangen, dass diese Handlungsermächtigungen für einen effektiven Schutz vor den mit dem Betrieb eines Kernkraftwerks verbundenen Risiken ausreichen. Dies gilt auch für die Regelung von Meldepflichten nach §§ 6 ff. der Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen (vgl. auch § 19 Abs. 2 AtG).
1) Rechtliche Bedenken begegnet die nachträgliche Auflage zunächst im Hinblick auf die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts.
Die nachträgliche Auflage vom 17.03.2005 stellt eine abstrakt-individuelle Regelung dar. Sie ist individuell, weil sie sich auf ein bestimmtes von der Antragstellerin betriebenes Kernkraftwerk bezieht. Andererseits ist die Auflage abstrakt, weil sie der Antragstellerin für eine Vielzahl von denkbaren Fallkonstellationen ein bestimmtes Verhalten vorschreibt. § 37 Abs. 1 LVwVfG regelt, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Nicht nur hinsichtlich des Adressaten, sondern auch in Bezug auf die in der Sache selbst getroffene Regelung muss der Verwaltungsakt hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sein. Der Entscheidungsinhalt muss für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein und diesen in die Lage versetzen zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird. Wenn der Verwaltungsakt einen vollstreckbaren Inhalt hat, muss er grundsätzlich auch so bestimmt sein, dass er Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 335). Da die angefochtene nachträgliche Auflage für eine Vielzahl von Fallkonstellationen gilt, muss die Antragstellerin als Adressatin dem Verwaltungsakt entnehmen können, unter welchen Voraussetzungen sie zu dem in der Auflage näher beschriebenen Verhalten (z.B. Einstellung des Leistungsbetriebs, unverzügliche Information der Aufsichtsbehörde oder Vorlage eines Projektplans) verpflichtet ist. Im Hinblick auf die Bestimmtheitsanforderungen ist ferner die Vorschrift des § 46 Abs. 1 Nr. 3 AtG zu beachten. Danach handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer vollziehbaren Auflage nach § 17 Abs. 1 Satz 3 AtG zuwiderhandelt. Der Begriff der Strafbarkeit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG erfasst jede Regelung, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf schuldhaftes oder vorwerfbares Handeln ermöglicht und bezieht sich damit auch auf die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 01.12.1992 - 1 BvR 88/91, 1 BvR 576/91 -, BVerfGE 87, 399, 411 m.w.Nachw.). Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach § 327 Abs. 1 Nr. 1 StGB derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, der eine kerntechnische Anlage ohne die erforderliche Genehmigung betreibt. Der Antragsgegner geht selbst davon aus (Antragserwiderung vom 02.06.2005, S. 3), dass durch die angefochtene nachträgliche Auflage die für den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg erteilte Genehmigung teilweise aufgehoben und der Betrieb nur noch nach Maßgabe der Auflage gestattet worden ist. Das besondere Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG dient dem rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten. Denn der Betroffene soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bzw. Geldbuße bedroht ist. Art. 103 Abs. 2 GG hindert den Gesetzgeber nicht, verwaltungsrechtliche Pflichten und verwaltungsrechtliche Anordnungen mit Strafen oder Geldbußen zu bewehren, um auf diese Weise der Befolgungspflicht Nachdruck zu verleihen. Dann muss aber der konkrete Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein (vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.10.2000 - 1 BvR 1627/95 -, Rn. 56, GRUR 2001, 266). Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen summarischen Prüfung genügt die angefochtene nachträgliche Auflage diesen Bestimmtheitsanforderungen nicht.
a) In A I 1 der Auflage wird der Antragstellerin für den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg, Block 1 und Block 2, aufgegeben, den Leistungsbetrieb unverzüglich einzustellen, sofern Grenzwerte, Maße oder andere spezifizierte sicherheitstechnische Anforderungen der Genehmigung zur Störfallbeherrschung nicht eingehalten sind, es sei denn, das dadurch bedingte Defizit der Störfallbeherrschung ist offensichtlich unbedeutend. Als offensichtlich unbedeutend gelten solche Defizite, hinsichtlich derer ohne neue Untersuchungen auf Grund vorhandener Erkenntnisse innerhalb von höchstens sieben Tagen eindeutig festgestellt werden kann, dass die Störfallbeherrschung nicht beeinträchtigt ist.
Die zwischen den Beteiligten besonders umstrittene Frage, ob die permanente sichere Beherrschung der von den Genehmigungen vorausgesetzten und im Verfahren geprüften Auslegungsstörfälle während des Betriebs des Kernkraftwerks eine elementare Betreiberpflicht darstellt, kann für den Gesichtspunkt der ausreichenden Bestimmtheit der nachträglichen Auflage dahingestellt bleiben. Einerseits ist die Beherrschung der Auslegungsstörfälle Voraussetzung für die Genehmigung eines Kernkraftwerks (Auslegung der Anlage). Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG darf die Genehmigung nur erteilt werden, wenn die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist. Bei einem Kernkraftwerk, das der Erzeugung von Elektrizität dient (vgl. § 49 Abs. 1 Satz 1 StrlSchV n.F.), sind Auslegungsstörfälle Störfälle im Sinne des § 49 StrlSchV n.F. (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e AtVfV). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens kann die Genehmigungsbehörde die erforderliche Vorsorge gegen Störfälle insbesondere dann als getroffen ansehen, wenn der Antragsteller bei der Auslegung der Anlage die Störfälle zugrunde gelegt hat, die nach den veröffentlichten Sicherheitskriterien und Leitlinien für Kernkraftwerke die Auslegung eines Kernkraftwerks bestimmen müssen (vgl. § 49 Abs. 1 Satz 3 StrlSchV n.F.). Werden nach der Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen abschließend atomrechtliche Genehmigungen erteilt, so enthalten diese die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete bzw. betriebene Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.1997 - 11 C 7.95 -, BVerwGE 104, 36, zu Teilerrichtungsgenehmigungen). Andererseits ist der Adressat der Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage nur nach Maßgabe der Festsetzungen der Genehmigung, die auch im Hinblick auf die Beherrschung der Auslegungsstörfälle erfolgt sein können, berechtigt.
Aus dem umfangreichen Vorbringen der Beteiligten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist zu schließen, dass die für die Errichtung und den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg (Block 1 und 2) erteilten Genehmigungen keine Festsetzungen enthalten, die ausdrücklich auf die „Auslegungsstörfälle“ oder deren „Beherrschung“ in dem Sinne Bezug nehmen, dass zur Beherrschung der Auslegungsstörfälle im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. 3 AtVfV bestimmte „Grenzwerte, Maße oder andere spezifizierte sicherheitstechnische Anforderungen der Genehmigung“ einzuhalten sind. Die Nennung von Grenzwerten, Maßen oder anderen spezifizierten sicherheitstechnischen Anforderungen der Genehmigung in A I 1 der nachträglichen Auflage hat vielmehr den Sinn, diejenigen Festsetzungen zu bezeichnen, die für die Beherrschung der Auslegungsstörfälle von Bedeutung sein können und in die Genehmigungen im Hinblick auf diese Genehmigungsvoraussetzung aufgenommen worden sind. Hiervon geht offensichtlich auch der Antragsgegner aus, wie sich aus seinem Schriftsatz vom 02.06.2005 ergibt. Danach soll die Abweichung von einem Grenzwert nur dann von der Regelung in A I 1 erfasst werden, „wenn der jeweilige Grenzwert zum Inhalt der atomrechtlichen Genehmigung gehört und der Störfallbeherrschung dient“(S. 14). Auf S. 10 der Antragserwiderung vom 02.06.2005 wird auf „alle Werte“ abgehoben, „die der Genehmigung insoweit [Beherrschung der Auslegungsstörfälle] zugrunde liegen“. Die für die Errichtung und den Betrieb des Kernkraftwerks Philippsburg erteilten Genehmigungen sind wegen des Ausmaßes der Anlage und der technischen Anforderungen an den gefahrlosen Betrieb eines Kernkraftwerks besonders komplex und umfangreich. Es geht hier nicht um die zwischen den Beteiligten im Verlauf des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens umstrittene Frage der Bestimmung des Inhalts der verschiedenen Genehmigungen. Deren Inhalt kann jeweils durch die grundsätzlich zulässige Bezugnahme auf von der Antragstellerin eingereichte Antragsunterlagen bestimmt werden. Das Bestimmtheitsproblem besteht vielmehr darin, dass die nachträgliche Auflage in A I 1 nicht jede, sondern nur diejenigen Festsetzungen, Grenzwerte oder anderen sicherheitstechnischen Anforderungen der erteilten Genehmigungen meint, die für die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzung „Beherrschung der Auslegungsstörfälle“ von Bedeutung sind oder auch nur sein können. Diese Unterscheidung setzt aber eine Bewertung von Risiken bzw. die Beurteilung von technischen Vorgängen voraus, über die im jeweiligen konkreten Einzelfall erhebliche Meinungsverschiedenheiten bestehen können. In seiner Antragserwiderung vom 02.06.2005 (S. 16 ff.) hat der Antragsgegner zur Erläuterung der Tatbestandsmerkmale „Grenzwerte, Maße oder andere spezifizierte sicherheitstechnische Anforderungen der Genehmigung zur Störfallbeherrschung“ auf den Begriff der Sicherheitsspezifikationen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 6 AtVfV verwiesen. Dabei handelt es sich um eine vom Betreiber dem Antrag auf Genehmigung beizufügende Aufstellung, die alle für die Sicherheit der Anlage und ihres Betriebs bedeutsamen Angaben, die für die Beherrschung von Stör- und Schadensfällen vorgesehenen Maßnahmen sowie einen Rahmenplan für die vorgesehenen Prüfungen an sicherheitstechnisch bedeutsamen Teilen der Anlage enthält. Nach den weiteren Ausführungen des Antragsgegners in der Antragserwiderung soll der Tatbestand von A I 1 der nachträglichen Auflage aber über diesen Begriff hinausgehen und „alle Daten, Grenzwerte und Maßnahmen“ erfassen, „die für den sicheren Zustand und die Sicherheit des Betriebs von Kernkraftwerken von Belang sind“. Dabei sollen nach der Begründung der nachträglichen Auflage (S. 4) auch die nur „mittelbar zur Bestimmung des Genehmigungsinhalts herangezogenen Unterlagen“ zu berücksichtigen sein. Angesichts dieser unklaren Festlegung des Tatbestandes von A I 1 der nachträglichen Auflage kann nicht davon ausgegangen werden, der Antragstellerin sei entsprechend den rechtsstaatlichen Anforderungen durch A I 1 der nachträglichen Auflage mit der erforderlichen Bestimmtheit vorgeschrieben worden, wann der Tatbestand dieses Regelungsteils der nachträglichen Auflage erfüllt ist und die dort festgelegten Maßnahmen zu ergreifen sind. Der Antragsgegner hat im gerichtlichen Verfahren auf das Vorbringen der Antragstellerin, die Auflage sei unbestimmt, eingewandt (S. 3 des Schriftsatzes vom 16.08.2005), beim technischen Personal der Anlagen liege die von der Antragstellerin „heraufbeschworene Unsicherheit über die Genehmigungsanforderungen nicht vor“, da ansonsten „ein rechtmäßiger Betrieb auch überhaupt nicht zu gewährleisten“ sei. Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts, der - vergleichbar einer Rechtsnorm - dem Betroffenen für eine unbestimmte Vielzahl von Fallgestaltungen ein bestimmtes Verhalten vorschreibt, können nicht durch die Erwägung relativiert werden, der „Betroffene werde schon wissen, was gemeint sei“. Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners (S. 36 des Schriftsatzes vom 02.06.2005) können Defizite im Bereich der Bestimmtheit der nachträglichen Auflage im Hinblick auf die Sanktionsmöglichkeiten nach § 327 Abs. 1 StGB und § 46 Abs. 1 Nr. 3 AtG nicht mit der Erwägung kompensiert werden, diese Vorschriften setzten „entsprechend dem Schuldgrundsatz ein schuldhaftes oder fahrlässiges Fehlverhalten der Antragstellerin, ihrer Organe oder Mitarbeiter voraus“, und der Vorstand und die Mitarbeiter der Antragstellerin seien durch die Anwendung der Verschuldensregelungen ausreichend geschützt. Denn das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot erfordert im Interesse des Betroffenen bereits, dass diesem aufgrund der Fassung der abstrakten Regelung (hier in letzter Stufe maßgeblich ein Verwaltungsakt) klar wird, wann das in der Regelung festgelegte Verhalten geboten ist. Der Verpflichtete muss sich nicht darauf verweisen lassen, durch die unbestimmte Fassung eines Tatbestandes sei er nicht beeinträchtigt, weil es gegebenenfalls an den sonstigen Voraussetzungen für seine Bestrafung fehle. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners kann auch nicht auf die Grundsätze des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.05.1988 (- 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 213 f.) zurückgegriffen werden. Denn diese gehen gerade davon aus, dass Art. 103 Abs. 2 GG, anders als im vorliegenden Fall, nicht anwendbar ist.
Es erscheint auch zweifelhaft, ob in A I 1 Satz 2 der nachträglichen Auflage die Voraussetzungen für die Ausnahme von der grundsätzlichen Verpflichtung zur unverzüglichen Einstellung des Leistungsbetriebs („das dadurch bedingte Defizit der Störfallbeherrschung ist offensichtlich unbedeutend“) hinreichend bestimmt sind. Denn es ist nicht hinreichend klar, auf wessen Kenntnisstand für das Merkmal „aufgrund vorhandener Erkenntnisse“ abzustellen ist (Erkenntnisstand der Antragstellerin oder aktueller - externer - Stand von Wissenschaft und Technik). Gerade im Hinblick auf die Sanktionsbestimmungen erscheint auch die Formulierung „eindeutig festgestellt werden kann, dass die Störfallbeherrschung nicht beeinträchtigt ist“ nicht ausreichend deutlich.
10 
b) Auch A I 2 der nachträglichen Auflage erscheint nach den oben genannten Kriterien nicht ausreichend bestimmt.
11 
aa) A I 2 a Satz 1 regelt zunächst eine Verpflichtung zur unverzüglichen Information der Aufsichtsbehörde, wenn sich unabhängig von Nummer 1 die Erkenntnis ergibt, „dass der Nachweis der Störfallbeherrschung in Frage gestellt sein könnte“. Aus der Begründung der Auflage (S. 4 dritter Absatz) und auch aus dem Vorbringen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren (z.B. Schriftsatz vom 02.06.2005, S. 10) ergibt sich, dass diese Regelung für den Fall gelten soll, dass „(eventuelle) Defizite der Störfallbeherrschung aufgrund von Zuständen und Betriebsweisen“ auftreten, „hinsichtlich derer die Genehmigung (noch) keine konkreten oder unzureichende Anforderungen enthält“. Zunächst stellt sich wiederum das Problem, dass es in den für das Kernkraftwerk erteilten Genehmigungen keine Festsetzungen (Grenzwerte, Maße usw.) gibt, die ausdrücklich auf die „Beherrschung der Auslegungsstörfälle“ Bezug nehmen. Denn die „Beherrschung der Auslegungsstörfälle“ ist ein im Genehmigungsverfahren zu prüfender Aspekt. Als erst recht unbestimmt erscheint die Untergruppe der „Anforderungen zur Störfallbeherrschung“, die zwar in der Genehmigung geregelt sind, aber „unzureichend“ sein sollen. Hier ist auch zweifelhaft, auf wessen Einschätzung es hinsichtlich des Merkmals „unzureichend“ ankommen soll. Dies gilt auch, soweit maßgeblich darauf abgestellt wird, dass der Nachweis der Störfallbeherrschung „in Frage gestellt sein könnte“.
12 
bb) A I 2 b Satz 1 der Auflage schreibt der Antragstellerin im Anschluss an 2 a der Auflage unter bestimmten Voraussetzungen die unverzügliche Einstellung des Leistungsbetriebs des Kernkraftwerks vor. Diese Regelung erscheint nach der hier möglichen Prüfung unbestimmt, weil die dort genannte Ausnahme von der Pflicht zur Einstellung des Leistungsbetriebs nicht den Bestimmtheitsanforderungen genügt. Denn es ist nicht ausreichend klar, wann „die Störfallbeherrschung zweifelsfrei nur geringfügig beeinträchtigt“ ist.
13 
2) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nachträglichen Auflage bestehen auch im Hinblick auf das Verhältnis von § 17 Abs. 1 Satz 3 und § 19 Abs. 3 AtG. Es erscheint fraglich, ob die Behörde in einer abstrakten nachträglichen Auflage nach § 17 Abs. 1 Satz 3 AtG für eine Vielzahl von Fallgestaltungen die Einstellung des Leistungsbetriebs vorschreiben und damit die auch dem Schutz des Betreibers dienenden rechtlichen Bindungen umgehen kann, die im Falle einer konkreten Einzelentscheidung nach § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AtG zu beachten sind.
14 
Nach § 19 Abs. 3 AtG kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass ein Zustand beseitigt wird, der den Vorschriften des Atomgesetzes oder der auf Grund des Atomgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, den Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung oder einer nachträglich angeordneten Auflage widerspricht oder aus dem sich durch die Wirkung ionisierender Strahlen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können. Die Behörde kann insbesondere anordnen, dass der Betrieb von Anlagen der in § 7 AtG bezeichneten Art einstweilen eingestellt wird.
15 
a) Mit A I 1 der nachträglichen Auflage regelt der Antragsgegner nach der Begründung der Auflage und seinem Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Fälle des Betriebs des Kernkraftwerks „außerhalb des Gestattungsumfangs der Genehmigung“. In einem solchen Fall kommt der Erlass einer Verfügung zur Einstellung des Betriebs des Kernkraftwerks aufgrund von § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AtG in Betracht. Eine solche Verfügung setzt aber voraus, dass die Behörde im konkreten Einzelfall den Sachverhalt aufklärt und eine Abweichung von der Genehmigung feststellt und nachweist. Die objektive Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AtG trägt die Aufsichtsbehörde. Auch kann der Betreiber in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Einstellungsverfügung nach § 19 Abs. 3 Satz 2 AtG geltend machen, sein Interesse, vom Vollzug der Verfügung verschont zu bleiben, überwiege, weil die Aufsichtsbehörde zu Unrecht vom Vorliegen der Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage ausgegangen sei. Die Ausübung der der Behörde durch diese Vorschrift eröffneten Befugnis, die für den betroffenen Anlagenbetreiber mit erheblichen Nachteilen verbunden ist, steht in ihrem Ermessen (vgl. zur behördlichen Duldung formell illegal betriebener kerntechnischer Anlagen in atypischen Ausnahmefällen, BVerwG, Urt. v. 25.10.2000 - 11 C 1.00 -, BVerwGE 112, 123, 131 ff.). Aufgrund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat die Behörde über die vorläufige Einstellung des Betriebs zu entscheiden (§ 40 LVwVfG).
16 
Bei A I 1 der nachträglichen Auflage ist die Aufsichtsbehörde demgegenüber wegen der abstrakten Fassung der Auflage - vergleichbar einer Rechtsnorm - zunächst von der Notwendigkeit entbunden, ihrerseits festzustellen und zu belegen, dass im Hinblick auf ein konkretes Ereignis oder einen bestimmten Umstand die Voraussetzungen für die behördliche Einstellung des Leistungsbetriebs gegeben sind. Die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Einstellung des Leistungsbetriebs ist auch dem Betreiber des Kernkraftwerks überantwortet. Ist in einem konkreten Einzelfall zweifelhaft, ob die Bedingungen für die Einstellung des Betriebs vorliegen, so kommt der Entscheidung des Betreibers im Hinblick auf die Sanktionsregelungen besondere Bedeutung zu. Denn ist die Entscheidung des Betreibers für den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks nach Maßgabe der nachträglichen Auflage unrichtig, so ist der Tatbestand des § 327 Abs. 1 StGB bzw. § 46 Abs. 1 Nr. 3 AtG erfüllt. Kommt der Betreiber zu der Einschätzung, dass die in der nachträglichen Auflage geregelten Voraussetzungen für die Einstellung des Leistungsbetriebs gegeben sind, so hat er den Betrieb grundsätzlich einzustellen, während bei einem Vorgehen aufgrund der für diese Konstellationen im Gesetz vorgesehenen Bestimmung des § 19 Abs. 3 Satz 2 AtG eine behördliche Ermessensentscheidung zu treffen ist.
17 
Wenn der Gesetzgeber mit § 19 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AtG der Behörde eine Grundlage dafür schafft, den Betrieb eines Kernkraftwerks wegen einer - wesentlichen - Abweichung von der dem Betreiber erteilten Genehmigung vorläufig einzustellen und hierfür den Erlass eines auf den konkreten Einzelfall bezogenen und im Ermessen der Behörde stehenden - belastenden - Verwaltungsakt mit den hierfür typischen Anforderungen und rechtlichen Bindungen - Sachverhaltsklärung, objektive Beweislast, Ermessensausübung und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - vorsieht, erscheint es überaus zweifelhaft, ob andere Ermächtigungsgrundlagen dieses Fachgesetzes - durch den behördlichen Erlass einer abstrakten Regelung - so gehandhabt werden dürfen, dass die für einen auf einen konkreten Einzelfall bezogenen Verwaltungsakt geltenden rechtlichen Bindungen zu Lasten des Betroffenen entfallen und insbesondere durch die Ausübung eines Vorabermessens ersetzt werden können.
18 
b) Das Entsprechende gilt für eine Situation, in der zweifelhaft ist, ob eine Genehmigungsvoraussetzung noch erfüllt ist. Auch für diesen Fall bietet § 19 Abs. 3 AtG eine Ermächtigungsgrundlage. Die für diese Norm geltenden Beschränkungen werden durch die angefochtene Auflage umgangen.
19 
Ob die nachträgliche Auflage auch noch aus anderen von der Antragstellerin geltend gemachten Gründen rechtswidrig ist, kann für das vorläufige Rechtsschutzverfahren dahingestellt bleiben.
20 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Erweist sich ein Fahrzeug als nicht vorschriftsmäßig nach dieser Verordnung, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung oder der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung, kann die die nach Landesrecht zuständige Behörde (Zulassungsbehörde) dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel setzen oder den Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen beschränken oder untersagen.

(2) Ist der Betrieb eines Fahrzeugs, für das ein Kennzeichen zugeteilt ist, untersagt, hat der Eigentümer oder Halter das Fahrzeug unverzüglich nach Maßgabe des § 14 außer Betrieb setzen zu lassen oder der Zulassungsbehörde nachzuweisen, dass die Gründe für die Beschränkung oder Untersagung des Betriebs nicht oder nicht mehr vorliegen. Der Halter darf die Inbetriebnahme eines Fahrzeugs nicht anordnen oder zulassen, wenn der Betrieb des Fahrzeugs nach Absatz 1 untersagt ist oder die Beschränkung nicht eingehalten werden kann.

(3) Besteht Anlass zu der Annahme, dass ein Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig nach dieser Verordnung, der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung oder der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung ist, so kann die Zulassungsbehörde anordnen, dass

1.
ein von ihr bestimmter Nachweis über die Vorschriftsmäßigkeit oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen, Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr oder Prüfingenieurs einer amtlich anerkannten Überwachungsorganisation nach Anlage VIIIb der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vorgelegt oder
2.
das Fahrzeug vorgeführt
wird. Wenn nötig, kann die Zulassungsbehörde mehrere solcher Anordnungen treffen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. August 2004 - 10 K 3024/04 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ist der Prüfungsumfang des Beschwerdegerichts bei Beschwerden gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beschränkt. Danach prüft der Verwaltungsgerichtshof nur die in einer rechtzeitig eingegangenen Beschwerdebegründung dargelegten Gründe. Auf dieser Grundlage hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs in der Verfügung des Landratsamtes vom 21.01.2004 den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Gerade im Bereich des Gefahrenabwehr- bzw. Verkehrsrechts ist anerkannt, dass die Interessen, die den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigen, zugleich die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen können (vgl. Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80, Rn. 148 ff. m.w.Nachw.). Auch in den Fällen, in denen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieselben Interessen maßgeblich sind wie für den Verwaltungsakt selbst, bedarf die Vollzugsanordnung einer Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 80, Rn. 86). Das Landratsamt hat in seiner Verfügung darauf abgehoben, dass dem öffentlichen Interesse am Schutz des Straßenverkehrs gegenüber dem Interesse des zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeigneten Antragstellers, weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu können, der Vorrang gebühre. Damit hat das Landratsamt entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in seiner Verfügung die Gründe angegeben, die nach seiner Ansicht im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einräumen. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert lediglich eine formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Ob diese Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung des formellen Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Bedeutung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 19.07.1991 - 9 S 1227/91 -, NJW 1991, 2366; Senatsbeschl. v. 09.08.1994 - 10 S 1767/94 -, NVwZ-RR 1995, 174, 175, v. 01.09.2004 - 10 S 1647/04 -). Das Gericht nimmt im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 05.06.2001 - 1 SN 38/01 -, NVwZ-RR 2001, 610).
Auch führen die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zu Gunsten des Interesses des Antragstellers ausfällt, vom Vollzug der Entziehungsverfügung des Landratsamtes Schwäbisch Hall vom 21.01.2004 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Auch im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdebegründung ist nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage von der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auszugehen. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet und somit ernstlich zu befürchten ist, er werde bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden. Damit überwiegt aber das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der einmalige Konsum eines anderen Betäubungsmittels im Sinne von § 1 Abs. 1 BtmG als Cannabis regelmäßig die Fahrungeeignetheit des Betreffenden im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 und § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVG sowie § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung begründet (vgl. Senatsbeschl. v. 24.05.2002 - 10 S 835/02 -, VBlBW 2003, 23-25 = NZV 2002, 475-477; v. 28.05.2002 - 10 S 2213/01 -, VBlBW 2003, 25-27; v. 15.12.2003 - 10 S 2479/03 -; v. 10.09.2004 - 10 S 1892/04 -; ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 21.11.2000, DAR 2001, 183; Nds OVG, Beschl. v. 16.06.2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432). Das im Blut des Antragstellers festgestellte MDMA (Methylendioxymetamfetamin) ist ein Betäubungsmittel im Sinne von Anlage 1 zu § 1 Abs. 1 BtmG. Es ist allgemein bekannt, dass der Konsum von MDMA u.a. die Pupillenreaktion verlangsamt, zu Beginn des Rausches zu euphorischen Zuständen sowie zu einer motorischen Hyperaktivität und anschließend zu einer starken Erschöpfung führt und damit die Fahreignung beeinträchtigt (vgl. Geschwinde, Rauschdrogen, 5. Aufl., Rn. 847 ff.). Damit erweist sich der mit der Entziehung der Fahrerlaubnis verbundene Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Antragstellers im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG, die auch das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr umfasst, als verhältnismäßig. Er ist nicht nur geeignet und erforderlich, sondern steht auch zur Art und Intensität der Rechtsgutgefährdung in einem angemessenen Verhältnis. Denn die Teilnahme eines wegen des Genusses von MDMA ungeeigneten Fahrerlaubnisinhabers am öffentlichen Straßenverkehr führt zu erheblichen Gefährdungen von hochrangigen Rechtsgütern anderer Verkehrsteilnehmer.
Die in Nrn. 8 und 9.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zum Ausdruck kommende unterschiedliche Behandlung des beim Antragsteller vorliegenden einmaligen Konsums eines anderen Betäubungsmittels im Sinne von § 1 Abs. 1 BtmG als Cannabis gegenüber dem einmaligen (bloßen) Konsum von Alkohol begegnet entgegen dem Vorbringen des Antragstellers auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG keinen rechtlichen Bedenken. Dem Normgeber steht gerade im Bereich des Gefahrenabwehrrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der sich sowohl auf die Beurteilung der Gefahrenlage als auch auf die Auswahl des zur Abwehr der Gefahr geeigneten Mittels bezieht. Die Regelung, dass der einmalige Konsum eines anderen Betäubungsmittels als Cannabis (vgl. dazu die besondere Regelung in Nr. 9.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung) im Hinblick auf die Fahreignung anders zu behandeln ist als der Konsum von Alkohol, ist durch die unterschiedlichen Wirkungsweisen, das unterschiedliche Wissen über die Auswirkungen der Drogen auf die Fahreignung und die Unterschiede der sozialen Kontrolle des Konsums begründet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.08.1996 - 11 B 48.96 -, NZV 1996, 467 unter Hinweis auf BVerfGE 90, 145, 196 f.). Betäubungsmittel wie Kokain, Heroin oder LSD können die fahreignungsrelevanten Eigenschaften eines Menschen weitaus stärker und nachhaltiger beeinträchtigen als Alkohol. Häufig sind auch die Wirkungsweisen von Stoffen im Sinne von § 1 Abs. 1 BtmG und deren Auswirkungen auf die Fahreignung im Gegensatz zum Alkohol nicht genau erforscht. Im Gegensatz zur Berechnung der Blutalkoholkonzentration (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 17.11.1999 - 3 StR 4338/99 -, Blutalkohol 2000, 188) ist z.B. bei dem weniger gefährlichen Betäubungsmittel Cannabis eine exakte Berechnung der Konzentration der psychoaktiv wirksamen Substanz D9-Tetrahydrocannabinol zu einem bestimmten Zeitpunkt wegen der vielfältigen Wechselwirkungen zwischen dieser Substanz und seinen Metaboliten nicht möglich (Drasch/v. Meyer/ Roider, Jägerhuber, Blutalkohol 2003, 269, 285). Bei dem Konsum von anderen Betäubungsmitteln als Cannabis kommt es häufig zu sogenannten Flash-Backs, bei denen die die Fahreignung beeinträchtigenden Rauschwirkungen des Betäubungsmittels noch Wochen nach der Einnahme unvermittelt auftreten und für einen Zeitraum von mehreren Stunden anhalten können (vgl. Geschwinde, Rauschdrogen, Rn. 386-388 und 428 zu LSD-25, Rn. 613 zu Mescalin, Rn. 857 zu MDA und verwandten Methylendioxyamfetaminen, Rn. 912 zu PCP und verwandten Cyclohexyl-Verbindungen). Im Gegensatz zu alkoholischen Getränken, bei denen der Alkoholgehalt verlässlich auf der Verpackung angegeben ist, differieren Herkunft und Qualität von Betäubungsmitteln im illegalen Handel mangels einer staatlichen Kontrolle stark. Selbst für einen erfahrenen Konsumenten ist es deshalb regelmäßig nicht vorhersehbar, welche Auswirkungen der Konsum eines Betäubungsmittels hat und wie lange diese Wirkungen anhalten werden.
Entgegen dem Vortrag des Antragstellers beruhen §§ 11 und 46 sowie die Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auch im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auf einer ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen in dem zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigenden Gesetz Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Der Bestimmtheitsgrundsatz verbietet es dem Gesetzgeber nicht, Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (BVerfGE 56, 1, 12). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist auch anerkannt, dass diesen Anforderungen Genüge getan ist, wenn sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Vorgeschichte des Gesetzes (vgl. BVerfGE 8, 274, 307; 80, 1, 20 f.). Gemessen an diesen Grundsätzen kann nicht festgestellt werden, dass die zum Erlass des §§ 11 und 46 FeV und der Anlage 4 ermächtigende Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG, insbesondere Buchstaben c, unbestimmt ist. In § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c StVG wird ausdrücklich auf § 2 Abs. 4 StVG Bezug genommen. Damit hat der Gesetzgeber im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG klargestellt, dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen durch Rechtsverordnung regeln kann, welchen körperlichen und geistigen Anforderungen der Inhaber einer Fahrerlaubnis genügen muss. Der für den Verordnungsgeber durch die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen festgelegte Rahmen gewährleistet zudem die notwendige Flexibilität, um auf die sich im Bereich des Fahrerlaubnisrechts ändernden Gegebenheiten reagieren zu können.
Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren ist auch im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdebegründung von einer bewussten Einnahme von MDMA durch den Antragsteller auszugehen. Der Vortrag des Antragstellers, MDMA in der Diskothek durch das Trinken aus Gläsern anderer Gäste zu sich genommen zu haben, ist auch nach Ansicht des Senats als bloße Schutzbehauptung anzusehen. Der Aussage des Begleiter des Antragstellers, dieser habe während des gemeinsamen Aufenthalts in der Diskothek keine Drogen konsumiert, kann, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden. Der Zeuge dürfte den Antragsteller kaum ständig in einer Weise kontrolliert haben, dass eine heimliche Einnahme einer Tablette ausgeschlossen wäre. Nach dem Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 27.09.2004 hat der dort als Zeuge vernommene Begleiter des Antragstellers auch ausgesagt, nicht ständig darauf geachtet zu haben, was der Antragsteller zu sich genommen habe. Gegen einen unbewussten und ungewollten MDMA-Konsum des Antragstellers spricht insbesondere das Ergebnis der Blutprobe. Das rechtsmedizinische Gutachten vom 03.02.2004 hat in Bezug auf die beim Antragsteller ungefähr eine Stunde nach der Verkehrskontrolle entnommene Blutprobe für MDMA einen Wert von 142 ng/ml ergeben. Die Nachweisgrenze für diesen Stoff liegt nach dem Gutachten, dessen Richtigkeit vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht angegriffen worden ist, bei 2 ng/ml. Nach Aussage der ebenfalls vom Amtsgericht vernommenen Sachverständigen Dr. M. entspricht die relativ hohe MDMA-Konzentration von 142 ng/ml der Einnahme von 50 mg MDMA, eine Tablette XTC enthält üblicherweise 50 bis 150 mg Wirkstoff (vgl. Geschwinde, Rauschdrogen, Rn. 845). Zwar ist nach der Aussage der Sachverständigen Dr. M. auch möglich, dass MDMA als Pulver vertrieben wird (vgl. auch Geschwinde, Rauschdrogen, Rn. 845). Es ist aber unwahrscheinlich, dass das Betäubungsmittel MDMA, dessen Konsum unter Strafe gestellt ist, in der vom Antragsteller besuchten Diskothek in dieser Form konsumiert worden ist. Denn dieser Form des Konsums ist wesentlich auffälliger als die Einnahme einer Tablette. Das Pulver muss in dem Getränk aufgelöst und das Getränk muss hierzu umgerührt werden. Da der Konsum dieses Betäubungsmittels illegal ist und z.B. auch im Hinblick auf die Fahrerlaubnis gravierende Folgen hat, wird die Einnahme möglichst heimlich erfolgen. Gegen die Annahme, der Antragsteller habe MDMA durch argloses Mittrinken bei mehreren anderen Gästen der Diskothek zu sich genommen, spricht zudem die festgestellte Konzentration von 142 ng/ml, die einer vollen Konsumeinheit von 50 mg Wirkstoff entspricht. Die anderen Gäste, aus deren Gläsern der Antragsteller nach eigener Darstellung getrunken haben will, müssten zufälligerweise jeweils MDMA in aufgelöster Form im Glas gehabt haben und der Antragsteller hätte zusammen so viel MDMA in flüssiger Form zu sich nehmen müssen, dass eine Konsumeinheit erreicht wird. Derjenige, der in seinem Getränk MDMA aufgelöst hat, um sich in einen Rauschzustand zu versetzen, wird aber andere vom Mitkonsum dieses nicht billigen Betäubungsmittels wohl eher ausschließen. Denn nur dann kann er sicher sein, für sich selbst eine ausreichend wirksame Dosis dieses Betäubungsmittels zu erlangen.
Schließlich ergibt sich aus dem durch die Feststellung von THC-COOH in der Blutprobe belegten und vom Antragsteller auch nicht bestrittenen Konsum von Cannabis, dass der Antragsteller Kontakt mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 1 Abs. 1 BtmG hat und diese konsumiert, um sich in einen Rauschzustand zu versetzen. § 3 Abs. 4 StVG schließt die Annahme eines bewussten und gewollten Konsums von MDMA durch den Antragsteller nicht aus. Das Amtsgericht Waiblingen ist in seinem Urteil vom 27.09.2004 entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung davon ausgegangen, dass der Antragsteller MDMA bewusst konsumiert hat. Der Antragsteller ist nur deshalb lediglich wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung eines berauschenden Mittels verurteilt worden, weil das Amtsgericht angenommen hat, der Antragsteller habe lediglich nicht daran gedacht, dass sich sein bewusster Konsum von MDMA beim Fahren negativ auswirken könne.
10 
§ 3 Abs. 3 Satz 1 StVG steht der Entziehungsverfügung des Landratsamtes nicht entgegen. Denn gegen den Antragsteller ist lediglich ein Ordnungswidrigkeiten- und kein Straf verfahren im Sinne von § 3 Abs. 3 Satz 1 StVG anhängig, in dem die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB in Betracht kommt. Das Strafverfahren ist von der Staatsanwaltschaft Stuttgart am 27.02.2004 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden.
11 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
12 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004. Nach § 52 Abs. 2 GKG beträgt der Regelstreitwert, der der Berechnung nach dem Streitwertkatalog zugrunde zu legen ist, 5.000,- Euro. Dieser Betrag ist für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren zu halbieren.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 15.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die beim sachlich zuständigen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) gestellten Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen der Antragsteller gegen die der Beigeladenen vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung erteilte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung (nachfolgend: 2. SAG) für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 wiederherzustellen (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO), haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung überwiegen das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
Die Antragsteller haben zur Unterstützung ihres Vorbringens vollinhaltlich auf eine „fachliche Begründung zum Eilantrag bezüglich der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung“ des Gutachtensbüros ... vom 29.02.2012 verwiesen. Derartige Stellungnahmen und Ausarbeitungen können inhaltlich nicht berücksichtigt werden. Dies folgt aus § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Für die dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller aufgegebene eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs ist die Bezugnahme auf Ausführungen eines Dritten nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.07.1977 - 8 CB 84.76 - Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 47; Urteil vom 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1). Das Gebot, sich vor dem Verwaltungsgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige postulationsfähige Person vertreten zu lassen, soll die Sachlichkeit des Verfahrens und die sachkundige Erörterung des Streitfalles, insbesondere der entscheidungserheblichen Rechtsfragen, gewährleisten. Das erfordert, dass der anwaltliche Prozessbevollmächtigte in erkennbarer Weise die Verantwortung für den Sachvortrag übernimmt. Daher stellt es keine formgerechte Antragsbegründung dar, wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt sich Ausführungen der von ihm vertretenen Partei oder eines Dritten lediglich zu eigen macht, ohne dass erkennbar wird, dass er eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes vorgenommen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.1998 - 4 B 140.88 - Buchholz 406.11 § 236 BauGB Nr. 1). Die in der fachlichen Begründung des Gutachters vom 29.02.2012 enthaltenen Ausführungen sind deshalb nur insoweit berücksichtigungsfähig, wie sich der anwaltliche Prozessbevollmächtigte hiermit in der Antragsbegründungsschrift oder den sonstigen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorgelegten Schriftsätzen zumindest ansatzweise auseinandergesetzt und sie sich damit im Einzelnen zu eigen gemacht hat.
Keiner abschließenden Klärung bedarf, ob die von dem Antragsgegner und der Beigeladenen aufgeworfenen sonstigen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge durchgreifen. Jedenfalls bei summarischer Prüfung spricht jedoch vieles dafür, dass die Antragsteller in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt sind. Zwar begründet nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats die bloße Behauptung, es könne ein Reaktorunfall eintreten, der zu der Freisetzung von erheblichen Mengen radioaktiver Stoffe führen könne, noch nicht die Klagebefugnis bzw. die nach gleichen rechtlichen Maßstäben zu beurteilende Antragsbefugnis (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43/90 - BVerwGE 88, 286; Urteil des Senats vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - ZUR 1996, 33 - jeweils m.w.N.). Die Antragsteller machen jedoch noch hinreichend substantiiert geltend, dass bei Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Störfälle eintreten können, die zur Freisetzung von Radioaktivitätskonzentrationen führen, die erheblich über dem maßgeblichen Störfallgrenzwert liegen würden, und es deshalb zu einem Schaden an ihren schützenswerten Rechtsgütern kommen kann. Auch dürfte sich ihrem Vorbringen noch entnehmen lassen, dass das zu einem solchen Schaden führende Risiko so hinreichend wahrscheinlich ist, dass hiergegen Vorsorge nach § 7 Abs. 2 Nrn. 3 bzw. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG getroffen werden muss und dass diese Vorsorge als Voraussetzung der angefochtenen Genehmigung ihrer Ansicht nach nicht getroffen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 11.01.1985 - 7 C 74.82 - BVerwGE 70, 365). Ferner dürfte den Antragstellern auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zustehen. Soweit ersichtlich ist der von der gegenständlichen Genehmigung gedeckte Abbau der Großkomponenten des Primärkreislaufs gegenwärtig noch nicht vollständig abgeschlossen. Diese Fragen bedürfen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keiner abschließenden Klärung. Denn die Anträge haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Der Antragsgegner hat die sofortige Vollziehung der 2. SAG vom 24.10.2011 in einer den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet (dazu unter 1.). Bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage haben die Antragsteller keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür dargetan, dass die angefochtene Genehmigung entweder in formeller oder materieller Hinsicht rechtswidrig ist und sie in eigenen drittschützenden Rechten verletzt (dazu unter 2.). Schließlich überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der 2. SAG auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten freien Interessenabwägung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller (dazu unter 3.).
1. Die unter A.VI. des angegriffenen Bescheids erklärte Anordnung der sofortigen Vollziehung der 2. SAG unterliegt zunächst mit Blick auf die formellen Begründungsanforderungen keinen durchgreifenden Bedenken.
Zweck des Begründungserfordernisses des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist es, die Behörde zu einer sorgfältigen Prüfung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts anzuhalten. Außerdem sollen dem Betroffenen die für die Sofortvollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis gebracht werden, so dass ihm eine Verteidigung seiner Rechte möglich ist. Ferner soll die Begründung der Sofortvollzugsanordnung die Grundlage für eine gerichtliche Kontrolle der Anordnung bilden (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.01.2001 - 19 B 1757/00 u.a. - NJW 2001, 3427; Senatsbeschluss vom 24.06.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441). Dementsprechend muss aus der Begründung hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, dass und aus welchen besonderen Gründen die Behörde im konkreten Fall dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einräumt und aus welchen im dringenden öffentlichen Interesse liegenden Gründen sie es für gerechtfertigt oder geboten hält, den durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ansonsten eintretenden vorläufigen Rechtsschutz des Betroffenen einstweilen zurückzustellen. Demgemäß genügen - wie die Antragsteller zu Recht hervorheben - pauschale und nichtssagende formelhafte Wendungen dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht.
Die von dem Antragsgegner verfügte Sofortvollzugsanordnung und deren Begründung genügen den vorstehend bezeichneten Anforderungen. Der Antragsgegner hat zur Begründung der verfügten sofortigen Vollziehung der 2. SAG im Wesentlichen ausgeführt, die sofortige Ausnutzung der Genehmigung entspreche dem Interesse der Allgemeinheit an einem unterbrechungsfreien und zügigen Abbau des stillgelegten Kernkraftwerks Obrigheim (vgl. Begründung der Genehmigung S. 52). Ohne Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Genehmigung bestehe die Gefahr, dass der bereits beschrittene Weg des direkten Abbaus des Kernkraftwerks unterbrochen werde; auch habe die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der ihr erteilten Genehmigung. Darüber hinaus hat der Antragsgegner eine Interessenabwägung mit den Belangen betroffener Dritter vorgenommen und darauf abgehoben, dass die Genehmigung einen überschaubaren Sachverhalt betreffe und gegen die ebenfalls überschaubaren Risiken ausreichend Vorsorge getroffen worden sei. Mit dieser Begründung hat der Antragsgegner - noch - hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, aus welchen Gründen des öffentlichen Interesses er es für sachgerecht hält, den durch die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage regelmäßig eintretenden Schutz des Betroffenen im Einzelfall zurückzustellen. Weitergehende, auf den Einzelfall bezogene Erwägungen waren in diesem Zusammenhang nicht zwingend anzustellen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO lediglich eine - von der materiellen Prüfung des Bestehens eines Sofortvollzugsinteresses zu unterscheidende - formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung normiert. Ob die insoweit verlautbarten Erwägungen der Behörde inhaltlich zutreffen, ist für die Einhaltung dieses formellen Begründungserfordernisses nicht von Bedeutung (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.12.2010 - 10 S 2173/10 - VBlBW 2011, 196; sowie vom 20.09.2011 - 10 S 625/11 - juris). Das Gericht nimmt im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabwägung vor und ist nicht auf die bloße Überprüfung der von der Behörde getroffenen Entscheidung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO beschränkt (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 05.06.2001 - 1 SN 38/01 - NVwZ-RR 2001, 610).
2. Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage leidet die 2. SAG für das Kernkraftwerk Obrigheim vom 24.10.2011 weder an einem durchgreifenden formellen (dazu unter 2.1) noch an einem materiellen (dazu unter 2.2) Fehler, der die Antragsteller in drittschützenden Rechtspositionen verletzt.
2.1 Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die 2. SAG nicht bereits deshalb formell rechtswidrig, weil eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung überhaupt nicht (dazu unter 2.1.1) bzw. fehlerhaft durchgeführt wurde (dazu unter 2.1.2) oder eine zwingend notwendige Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben ist (dazu unter 2.1.3).
2.1.1 Zwar können die Antragsteller rügen, eine zwingend notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung sei zu Unrecht unterblieben. Diese Rüge ist jedoch unbegründet, da die mit der 2. SAG genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen nicht zwingend einer vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung nach der allein in Betracht kommenden Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG zu unterziehen waren.
10 
2.1.1.1 Zutreffend weisen die Antragsteller darauf hin, dass nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 24.10 - DVBl. 2012, 447) auch von einem Vorhaben lediglich mittelbar Betroffene eine zu Unrecht unterbliebene Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine zu Unrecht unterbliebene Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit rügen können, ohne dass es darauf ankommt, ob sich der Fehler im Ergebnis auf ihre Rechtsposition ausgewirkt haben kann. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG u.a. dann verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt und nicht in zulässiger Weise nachgeholt worden ist. Nach § 4 Abs. 3 UmwRG gilt dies entsprechend für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO. Diese Regelungen räumen Individualklägern - abweichend von der früheren Rechtslage (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83) - ein subjektives Recht auf Durchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. auf Vorprüfung ein mit der Folge, dass ein Verfahrensfehler als beachtlich einzustufen ist. Danach kann die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung bereits dann verlangt werden, wenn die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten Verfahrensverstöße vorliegen, ohne dass es darauf ankommt, ob sich diese Verstöße auf die Entscheidung ausgewirkt haben; es handelt sich insoweit um eine Sonderregelung, welche die Relevanz bestimmter Verfahrensverstöße gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht erweitert (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.2011 - 9 A 23.10 - a.a.O.). Die Bestimmung des § 4 Abs. 1 UmwRG ist nach ihrem Wortlaut eindeutig in dem Sinne, dass bereits die Nichtdurchführung einer erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung einen Aufhebungsanspruch begründet. Indem § 4 Abs. 3 UmwRG die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nrn. 1 und 2 VwGO für entsprechend anwendbar erklärt, bringt er zum Ausdruck, dass auch insoweit das Fehlen einer unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer UVP-Vorprüfung unabhängig von den sonst nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geltenden einschränkenden Maßgaben zur Begründetheit der Klage führt.
11 
2.1.1.2 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die mit der 2. SAG genehmigten einzelnen Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen nicht einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren, sondern dass lediglich eine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen war. Nach der allein in Betracht kommenden einschlägigen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG sind UVP-pflichtig u.a.
12 
„bei ortsfesten Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen; ausgenommen sind ortsfeste Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistungen nicht überschreitet; einzelne Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau der in Halbsatz 1 bezeichneten Anlagen oder von Anlagenteilen gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2;“
13 
Danach bestimmt der Wortlaut von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG eindeutig, dass nur die insgesamt geplanten Maßnahmen nach dieser Bestimmung UVP-pflichtig sind; die einzelnen Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss oder zum Abbau dagegen „gelten als Änderung im Sinne von § 3e Abs. 1 Nr. 2“. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass lediglich vor der Entscheidung über den erstmaligen Antrag auf eine Stilllegungsgenehmigung gemäß § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, auch wenn den Antragstellern zuzugeben ist, dass die einschlägige Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG das Wort „erstmalig“ nicht verwendet. Der 3. Halbsatz der Bestimmung stellt jedoch klar, dass die einzelnen Maßnahmen nur dann UVP-pflichtig sind, wenn die gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführende Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass die einzelnen Maßnahmen erhebliche nachteilige Auswirkungen haben können, die nicht bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Maßnahme insgesamt beurteilt wurden. Haben die einzelnen Maßnahmen nach der Vorprüfung jedoch keine über die insgesamt geplanten Maßnahmen hinausgehenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen, bedarf es für sie keiner gesonderten Umweltverträglichkeitsprüfung.
14 
Dieser Befund wird durch eine systematische und historische Gesetzesauslegung bestätigt. Die gesetzliche Regelung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG steht im engen systematischen Zusammenhang mit der untergesetzlichen Bestimmung des § 19b der Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes - Atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV). Diese Bestimmung enthält die verfahrensrechtlichen Regelungen für die Erteilung einer Stilllegungsgenehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, auch Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung, zum sicheren Einschluss und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten, die insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die beantragten Maßnahmen weitere Maßnahmen nicht erschweren oder verhindern und ob eine sinnvolle Reihenfolge der Abbaumaßnahmen vorgesehen ist. Nach § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV ist in den Unterlagen darzulegen, „wie die geplanten Maßnahmen verfahrensmäßig umgesetzt werden sollen und welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben werden“. Die Verfahrensvorschrift des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV bestimmt somit, dass mit dem erstmaligen Eintrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die Auswirkungen der insgesamt geplanten Maßnahmen auf die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem jeweiligen Planungsstand darzulegen sind. Anknüpfend hieran regelt § 19b Abs. 3 AtVfV, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau erstreckt. Das der verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 19b AtVfV zugrundeliegende Regelungskonzept bestätigt deshalb bei einer systematischen Betrachtung den Wortlautbefund der gesetzlichen Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG, wonach lediglich die insgesamt geplanten Stillegungsmaßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, spätere Einzelmaßnahmen jedoch als Änderung gelten und deshalb nur vorprüfungspflichtig im Sinne von § 3e Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UVPG sind.
15 
Fehl geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Antragsteller, dass eine untergesetzliche Verfahrensregelung wie § 19b AtVfV die höherrangige Gesetzesbestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG nicht abändern kann. Die Antragsteller verkennen dabei, dass die Verfahrensbestimmungen der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung nicht das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz abändern, sondern lediglich zu dessen Auslegung herangezogen werden. Im Übrigen ist die Umweltverträglichkeitsprüfung bei atomrechtlichen Genehmigungsverfahren gemäß § 2a Abs. 1 Satz 2 AtG vorrangig nach den Verfahrensvorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung durchzuführen; dies ist im Hinblick auf die in § 4 UVPG enthaltene Subsidiaritätsklausel rechtlich nicht bedenklich. Eine derartige systematische Betrachtung ist trotz der unterschiedlichen Normenhierarchie der herangezogenen Bestimmungen hier vor allem deshalb statthaft, weil beide Bestimmungen nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers von einem einheitlichen Regelungskonzept getragen werden. Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BT-Drs. 14/4599 vom 14.11.2000, S. 115 f.) trägt die neu eingeführte Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung im weiteren Sinne von Reaktoren der Neuregelung in Anhang I Nr. 2, 2. Anstrich der UVP-Änderungsrichtlinie Rechnung: „Hierzu wird in den geänderten Vorschriften der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung eine Umweltverträglich-keitsprüfung im gestuften Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb vorgesehen, ohne allerdings die einzelnen Genehmigungen nach § 7 Abs. 1 AtG durch ein vorläufiges positives Gesamturteil als feststellenden Regelungsbestandteil zu verbinden. Damit ist vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen. Der letzte Halbsatz in Nr. 11.1 stellt in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht klar, dass unbeschadet dessen - bei Reaktoren zusätzlich - in jedem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG die jeweils beantragten Maßnahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen“. Auch die Begründung spricht eher für die Vorstellung des Gesetzgebers, dass lediglich vor Beginn der Stilllegung und des Abbaus im Rahmen der Erteilung der ersten Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG eine Umweltverträglichkeitsprüfung für die insgesamt vorgesehenen Maßnahmen durchzuführen ist und die späteren Genehmigungen zugeordneten einzelnen Abbauschritte lediglich vorbehaltlich einer nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalles umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig sind.
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2.1.1.3 Vor Erteilung der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vom 28.08.2008 hat der Antragsgegner eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, die sich entsprechend den Vorgaben der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG auf die insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerkes bezogen hat. Die 1. SAG enthält unter B.III. (S. 118 ff.) eine zusammenfassende Darstellung und Bewertung der Umweltauswirkungen, die auf der von der Beigeladenen erarbeiteten Umweltverträglichkeitsuntersuchung zum Vorhaben „Stilllegung und Abbau der Anlage KWO (Gesamtvorhaben)“ beruht. Damit sind die insgesamt geplanten Maßnahmen der Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks - wie von Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG gefordert - vor Erteilung der 1. SAG einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen worden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die vor Erteilung der 1. SAG durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung der insgesamt geplanten Maßnahmen fehlerfrei erfolgt ist. Einwendungen gegen die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung wurden damals weder von Trägern öffentlicher Belange noch von Anwohnern erhoben; auch ist die 1. SAG vom 28.08.2008 in Bestandskraft erwachsen. Damit steht Einwendungen gegen die damals durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung - unabhängig von einer möglichen Präklusion nach § 7 Abs. 1 Satz 2 AtVfV - bereits die Bestandskraft der 1. SAG entgegen.
17 
2.1.1.4 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung nicht deshalb erforderlich, weil diese Genehmigung die 1. SAG vollständig ersetzen sollte bzw. nach dem Willen der Beigeladenen ein völlig eigenständiges Genehmigungsverfahren eröffnet worden sei. Die Antragsteller verkennen in diesem Zusammenhang das Verhältnis der streitgegenständlichen 2. SAG zur bestandskräftig gewordenen 1. SAG vom 28.08.2008. Maßgebend für das Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander ist der Regelungsinhalt der 2. SAG, wie er sich aus dem Empfängerhorizont vor allem von Drittbetroffenen ergibt. Gerade im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren ist es im Hinblick auf den Einwendungsausschluss für Drittbetroffene nach Ablauf der Auslegungsfrist (§ 7 AtVfV), im gestuften Verfahren darüber hinaus auch durch die Bestandskraft vorangegangener Teilgenehmigungen (§ 7b AtG), rechtsstaatlich geboten, bei der Auslegung von Genehmigungsbescheiden auch auf den Empfängerhorizont potentiell Drittbetroffener abzustellen. Denn sonst obläge Drittbetroffenen zwar eine Anfechtungslast mit allen rechtlichen Nachteilen bei Versäumung von Anfechtungsfristen, ohne dass gewährleistet wäre, dass sie der Anfechtungslast auch tatsächlich nachkommen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.; Senatsurteil vom 07.03.1995 - 10 S 2822/92 - a.a.O.).
18 
Bei der gerade auch aus Rechtsschutzgründen gebotenen objektiven Auslegung der 2. SAG aus dem Empfängerhorizont eines Drittbetroffenen kann entgegen der Auffassung der Antragsteller keine Rede davon sein, dass die 2. SAG die 1. SAG vollständig abgelöst habe. Vielmehr hat die 2. SAG nach ihrem eindeutigen Tenor und ihrer Begründung lediglich die Vornahme einzelner Abbaumaßnahmen vor allem im Kontrollbereich genehmigt und darüber hinaus das Stilllegungsreglement teilweise geändert. Fehl geht insbesondere die Grundannahme der Antragsteller, die 2. SAG habe den Betrieb des externen Brennelementlagers im sog. „Notstandsgebäude“ (Bau 37) insgesamt und umfassend neu genehmigt.
19 
Bei der Ermittlung des Regelungsinhalts der 2. SAG durch Auslegung ist primär auf den Entscheidungstenor, daneben auf die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung abzustellen. Dabei ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheidtenors und seiner Systematik mit der gebotenen Eindeutigkeit, dass die 2. SAG die 1. SAG nicht vollständig ersetzen sollte. So gestattet die 2. SAG ausweislich des Bescheidausspruchs in A.I.1.1 (S. 6) „den Abbau der nachfolgend tabellarisch aufgeführten Anlagenteile der Anlage KWO“; insoweit wurde durch die angegriffene 2. SAG der Regelungsinhalt der 1. SAG vom 28.08.2008 erweitert. Zum anderen wird gemäß A.I.1.2 (S. 13) der 2. SAG das Betriebsreglement für die Fortführung des Stilllegungsbetriebs dahingehend geändert, dass die in A.II. Nr. 25 bis Nr. 56 dieser Genehmigung genannten Unterlagen die entsprechenden Unterlagen in A.II. Nr. 16 bis Nr. 48 des Stilllegungsreglements der 1. SAG ersetzen. Die 2. SAG enthält deshalb nach ihrem eindeutigen Tenor lediglich eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, ohne diesen insgesamt und erneut vollständig zu legalisieren.
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Für dieses Verständnis spricht auch die von der Genehmigungsbehörde gegebene Begründung zum Verhältnis der beiden Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen zueinander. Der Antragsgegner umschreibt in der beigegebenen Begründung den Genehmigungsumfang dahingehend, das „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung neben dem Abbau von Anlagenteilen im Kontrollbereich und von weiteren Anlagenteilen im Überwachungsbereich auch die Fortführung des mit der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung genehmigten Stilllegungsbetriebs nach einem geänderten Stilllegungsreglement“ beinhalte (B.I.2 der 2. SAG, S. 32). Übereinstimmend hiermit stellt die Genehmigung unter B.I.2.2 (S. 34 f. der 2. SAG) klar, dass der mit der 1. SAG genehmigte Stilllegungsbetrieb mit der 2. SAG weiter gilt. Unter B.I.2.3 (S. 36 f. der 2. SAG) grenzt der Antragsgegner den Regelungsumfang der 1. und 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung ausdrücklich voneinander ab. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass „die 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung als eine zur 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung selbständige Genehmigung neben diese“ trete. Sie löse die für das KWO geltende 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den weiteren Abbau insoweit ab, als in ihr Festlegungen und Gestattungen aus der 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung in Teilen angepasst, übernommen und geändert wurden; daneben enthalte sie die gesamten einhüllenden Gestattungen, die bis zum Ende des gesamten Stilllegungs- und Abbauvorhabens gelten sollten. Damit stellt die Genehmigungsbehörde auch in der Begründung eindeutig klar, dass Gegenstand der 2. SAG im Hinblick auf das Stilllegungsreglement nur die dort ausdrücklich genannten Änderungen sind, nicht jedoch das Stilllegungsreglement insgesamt. Soweit keine Änderungen im Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vorgenommen werden, verbleibt es nach der eindeutigen Regelung im Bescheidtenor und der oben wiedergegebenen Begründung vielmehr bei dem Stilllegungsbetrieb entsprechend den Regelungen der bestandskräftigen 1. SAG.
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Ein gegenteiliges Verständnis kann auch nicht den sonstigen Regelungselementen des Bescheidtenors entnommen werden. Zutreffend weisen die Antragsteller zwar darauf hin, dass sich die 2. SAG gemäß A.I.1.5 auch auf den Umgang mit sonstigen radioaktiven Stoffen nach § 2 Abs. 1 AtG und mit Kernbrennstoffen nach § 2 Abs. 3 AtG erstreckt. Aus dieser Bestimmung kann jedoch nicht gefolgert werden, dass die 2. SAG das Betriebsreglement und insbesondere den Betrieb des externen Brennelementlagers vollständig neu regele. Bei der von den Antragstellern herangezogenen Regelung handelt es sich lediglich um die Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung auf einen an sich nach § 7 Abs. 1 StrlSchV genehmigungsbedürftigen Umgang mit Kernbrennstoffen gemäß § 7 Abs. 2 StrlSchV. Soweit eine solche Erstreckung der atomrechtlichen Genehmigung erfolgt, ist eine eigenständige Genehmigung nach § 7 Abs. 1 StrlSchV nicht mehr erforderlich. Bereits aus der Binnensystematik von § 7 StrlSchV und daneben aus dem systematischen Zusammenhang mit den atomrechtlichen Bestimmungen folgt, dass die Erstreckung nur soweit reichen kann, wie die atomrechtliche Genehmigung eine entsprechende Regelung enthält, die erstreckungsfähig ist. Hieraus folgt zugleich, dass die in A.I.1.5 enthaltene Erstreckung gemäß § 7 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StrlSchV nicht weiter reichen kann als die im sonstigen Bescheidtenor enthaltenen atomrechtlichen Gestattungen. Auch in Bezug auf das Stilllegungsreglement kann die Erstreckung deshalb nicht über die durch die 2. SAG genehmigten Änderungen hinausgehen und nicht die Brennelementlagerung im Notstandsgebäude eigenständig regeln.
22 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann aus der Systematik der in A.III. des Genehmigungstenors beigegebenen Nebenbestimmungen nicht ein abweichendes Verständnis des Genehmigungsumfangs der 2. SAG hergeleitet werden. Zwar beinhalten die Nebenbestimmungen insbesondere in A.III.3. Maßgaben zur Handhabung bestrahlter Brennelemente, die keine Beschränkung auf das Betriebsreglement der 2. SAG erkennen lassen. In der Einleitung zu den verfügten Nebenbestimmungen (S. 18 der 2. SAG) weist die Genehmigungsbehörde aber darauf hin, dass sämtliche Nebenbestimmungen an die Stelle der Nebenbestimmungen der 1. SAG treten und damit für den Gestattungsumfang beider Genehmigungen Geltung beanspruchen sollen. Bereits daraus folgt, dass die Genehmigungsbehörde lediglich aus Gründen der Klarheit sämtliche Nebenbestimmungen wiederholt und zusammengefasst hat, ohne damit eine inhaltlich abweichende Regelung gegenüber der 1. SAG zu treffen.
23 
Ebenso wenig können aus dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen vom 15.12.2008 Anhaltspunkte für ein abweichendes Verhältnis der beiden Genehmigungen zueinander hergeleitet werden. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass die Beigeladene in ihrem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 selbst von einem anderen Verständnis der beantragten Genehmigung zu der bestandskräftig erteilten 1. SAG ausgegangen ist. So führte die Beigeladene in dem Antragsschreiben vom 15.12.2008 ausdrücklich aus, „dass die vorliegend beantragte 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung die 1. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung vollständig ablöst und bis zum Ende des gesamten Vorhabens gelten soll“. Damit hat die Beigeladene ihren eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie ein umfassendes und vollständig eigenständiges Genehmigungsverfahren in Gang setzen wollte, mit dem das Stilllegungsreglement für das Kernkraftwerk insgesamt einer neuen genehmigungsrechtlichen Grundlage unterstellt werden sollte. Für einen derartigen Willen der Beigeladenen sprechen auch weitere Ausführungen in der Begründung ihres Genehmigungsantrags. Zu Recht weist die Beigeladene aber darauf hin, dass ihr Antragsschreiben vom 15.12.2008 nicht für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts der 2. SAG maßgeblich ist. Wie oben näher dargestellt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Ermittlung des Inhalts einer atomrechtlichen Genehmigung gerade aus Rechtsschutzgründen auf den Inhalt der Genehmigungsurkunde selbst abzustellen, vor allem primär auf den Bescheidtenor und daneben die von der Behörde beigegebene Begründung. Auf Umstände außerhalb der Genehmigungsurkunde kann allenfalls untergeordnet und zur Beseitigung von Auslegungszweifeln abgestellt werden, wobei sich die Auslegung dabei freilich nicht in Widerspruch zu dem ausdrücklichen Bescheidinhalt setzen darf. Im Übrigen hat die Beigeladene ihre Ausführungen in dem ursprünglichen Antragsschreiben vom 15.12.2008 im Genehmigungsverfahren nicht aufrecht erhalten, sondern mit Schreiben an den Antragsgegner vom 31.08.2009 berichtigt. Dabei führte die Beigeladene ausdrücklich aus, dass die 2. SAG nunmehr eine zur 1. SAG selbständige Genehmigung darstellen solle; als solche trete die 2. SAG neben die 1. SAG. Regelungen der 1. SAG könnten gegenstandslos und in Teilen angepasst oder übernommen werden (vgl. S. 2 des Anschreibens der Beigeladenen vom 31.08.2009). Von diesem geänderten Verständnis der Beigeladenen ist im Übrigen - wie oben dargestellt - auch die Genehmigungsbehörde in der Begründung der 2. SAG ausgegangen (vgl. S. 37).
24 
Auch der Versuch der Antragsteller, aus den dem Genehmigungsantrag beigefügten Unterlagen ein anderweitiges Verständnis der beiden Genehmigungen zueinander herzuleiten, geht fehl. Zuzugeben ist den Antragstellern zwar, dass der von der Beigeladenen vorgelegte technische Bericht „Stilllegung und Abbau KWO - 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung - Störfallbetrachtung“ des Gutachters ... vom 31.03.2010 offenbar davon ausgeht, dass das Stilllegungsreglement durch die 2. SAG vollständig neu geregelt werden soll. Hierfür spricht, dass der Gutachter in seiner Störfallbetrachtung auch Szenarien berücksichtigt, die lediglich von der 1. SAG umfasste Maßnahmen beinhalten. Auch hier gelten jedoch die oben angestellten Erwägungen, wonach für die Ermittlung des Genehmigungsinhalts primär auf die Genehmigung selbst, nicht jedoch auf die Antragsunterlagen abzustellen ist. Im Übrigen ist der technische Bericht des Gutachters ... weder Grundlage noch Inhalt der 2. SAG; er ist in A.II. der 2. SAG nicht als Genehmigungsgrundlage erwähnt.
25 
Aus ähnlichen Gründen kann auch aus den der Genehmigung zugrundeliegenden Erläuterungsberichten Nrn. 1, 13 und Nr. 15 nicht entnommen werden, dass die 2. SAG den Betrieb des externen Lagerbeckens neu genehmige. Diese Erläuterungsberichte enthalten im Wesentlichen eine Beschreibung des Anlagenzustandes in verschiedener Hinsicht, etwa eine Charakterisierung des radiologischen Ausgangszustands oder eine Beschreibung des Gesamtvorhabens. Es liegt deshalb auf der Hand, dass in diesen Unterlagen technische Beschreibungen enthalten sind, die über den Regelungsinhalt der beantragten 2. SAG hinausgehen. Von diesem Verständnis ist auch der Antragsgegner ausgegangen, der diese Unterlagen unter A.II. der 2. SAG lediglich als Grundlage der Genehmigung, nicht aber als Genehmigungsinhalt aufgeführt hat. Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass in dem von der Beigeladenen mit dem Genehmigungsantrag vorgelegten Stilllegungshandbuch der Betrieb des externen Brennelementlagers in Bau 37 wiederholt erwähnt wird, geschlossen werden, der Stilllegungsbetrieb solle mit der 2. SAG insgesamt und umfassend neu geregelt werden. Zum einen ist - wie oben näher dargestellt - aus Rechtsschutzgesichtspunkten zur Ermittlung des Genehmigungsinhalts nicht auf technische Unterlagen wie das Stilllegungshandbuch abzustellen. Zum anderen trägt das neu erstellte Stilllegungshandbuch der Beigeladenen lediglich dem Umstand Rechnung, dass durch die 2. SAG der Stilllegungsbetrieb modifiziert wurde, was im Stilllegungshandbuch zu berücksichtigen war. Schließlich ist bei der hier vorzunehmenden Auslegung der von den Antragstellern herangezogene Schriftwechsel zwischen dem Antragsgegner und dem Bundesministerium für Umwelt unergiebig. Das von den Antragstellern erwähnte e-mail des Bundesumweltministeriums vom 12.10.2011 ist in anderen, nämlich aufsichtlichen Zusammenhängen ergangen und bezieht sich auf den geplanten Abbau von Elementen des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude. Der - nach dem oben Gesagten für die Auslegung der Genehmigung im Übrigen nicht maßgeblichen - Korrespondenz des Antragsgegners mit der Aufsichtsbehörde lässt sich deshalb nichts für die hier in Rede stehende Frage des Umfangs des Betriebsreglements der 2. SAG entnehmen.
26 
Nach alldem kann entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht davon ausgegangen werden, dass die 2. SAG den Stilllegungsbetrieb insgesamt erneut geregelt und dabei den Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude eigenständig gestattet hat. Gegenstand des Antrags auf Erteilung der 2. SAG waren deshalb nur die dort im Einzelnen aufgeführten Änderungen des Stilllegungsreglements, nicht jedoch die „insgesamt geplanten Maßnahmen“ im Sinne von Nr. 11.1.1 der Anlage 1 zum UVPG.
27 
2.1.2 Entgegen der Auffassung der Antragsteller leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles nicht an einem zur Aufhebung der Genehmigung führenden relativen Verfahrensfehler. Dabei spricht zwar vieles dafür, dass § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG - anders als die Überschrift nahelegt - keine abschließende Regelung über die Beachtlichkeit von Verfahrensfehlern enthält, sondern nur die dort genannten Fallgruppen zu absoluten Verfahrensfehlern erklärt, ohne die Beachtlichkeit anderer Verfahrensfehler nach allgemeinen Grundsätzen (vgl. etwa § 46 VwVfG, § 44a VwGO) auszuschließen (vgl. hierzu näher Urteil des Senats vom 20.07.2011 - 10 S 2102/09 - ZUR 2011, 600 - mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies bedarf hier jedoch ebenso wenig einer weitergehenden Erörterung wie die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umstrittene Frage, ob ein gegenteiliges Normverständnis mit den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG in der durch die Richtlinie 2003/35/EG geänderten Fassung, jetzt Art. 11 RL 2011/92/EU vereinbar ist (vgl. hierzu Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.01.2012 - 7 C 20.11 - NVwZ 2012, 448). Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung leidet die von dem Antragsgegner durchgeführte Vorprüfung der einzelnen Maßnahmen, die Gegenstand der 2. SAG sind, auf ihre Umweltrelevanz gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden relativen Verfahrensfehler.
28 
2.1.2.1 Beruht die Entscheidung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, ist gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren hinsichtlich der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens ausschließlich daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Diese Einschränkung des gerichtlichen Kontrollumfangs gilt auch für alle Fälle der Vorprüfung, in denen auf § 3c UVPG verwiesen wird, mithin auch für die Vorprüfung nach Maßgabe von § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG (vgl. hierzu näher Dienes in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl. 2012, § 3a UVPG RdNr. 26.1). Gemäß der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 551/06, S. 43 f.) soll durch die Regelung des § 3a Satz 4 UVPG dem Umstand Rechnung getragen werden, dass § 3c UVPG der zuständigen Behörde mit der Formulierung „nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung“ einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Nachvollziehbarkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.07.2010 - OVG 11 S 45.09 - juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - UPR 2010, 445). Im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 24.02.2010 - 5 Bs 24/10 - a.a.O.).
29 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nicht davon auszugehen, dass die von dem Antragsgegner durchgeführte Umweltverträglichkeitsvorprüfung einen derartigen schwerwiegenden Ermittlungs- oder Bewertungsfehler aufweist, der im gerichtlichen Verfahren beanstandet werden könnte. Auch die Antragsteller legen nicht dar, dass die durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls an einem Verfahrensfehler leidet oder deren Ergebnis nicht nachvollziehbar wäre. Die Beigeladene hat die mit der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 3c Satz 1 und 3 UVPG unterzogen und das Ergebnis in dem den Antragsunterlagen beigefügten Bericht vom 11.12.2008 festgehalten. Dabei ist die Beigeladene zu dem Ergebnis gelangt, dass die geplanten Einzelmaßnahmen keine wesentlichen Umweltauswirkungen auf die Schutzgüter des § 1a AtVfV bzw. § 2a UVPG haben. Der Antragsgegner hat - wie sich einem Aktenvermerk vom 26.01.2009 entnehmen lässt - die Vorprüfung der Beigeladenen dahingehend kritisch gewürdigt, ob die relevanten Auswirkungen des Vorhabens der 2. SAG auf die Schutzgüter durch die Ergebnisse der im Rahmen des Gesamtvorhabens durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung vollständig erfasst wurden und abgedeckt sind. Er kam dabei zu dem Ergebnis, dass bei der Ausnutzung der 2. SAG keine umweltrelevanten Wirkungen eintreten, die zu erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gegenüber den Umweltauswirkungen führen, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Verfahren zur Erteilung der 1. SAG waren. Dieses Ergebnis hat der Antragsgegner ordnungsgemäß gemäß § 3a Satz 2 UVPG öffentlich bekannt gemacht. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass der Prüfvermerk des Antragsgegners vom 26.01.2009 über die Plausibilität der durchgeführten Vorprüfung sehr knapp gehalten ist, weshalb die von der Genehmigungsbehörde in diesem Zusammenhang im Einzelnen angestellten Erwägungen nicht vollständig nachvollzogen werden können. Dies führt jedenfalls bei summarischer Prüfung gleichwohl nicht zu einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Fehler im oben dargestellten Sinne, da die von der Beigeladenen durchgeführten Vorprüfungen in ihrem Bericht vom 11.12.2008 wesentlich detaillierter dargestellt sind und die Behörde sich ersichtlich diese Erwägungen zu Eigen gemacht hat.
30 
2.1.2.2. Entgegen der Auffassung der Antragsteller enthält die 2. SAG bei summarischer Sachverhaltsprüfung keine relevanten Änderungen gegenüber der im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, die eine zumindest teilweise neue Verträglichkeitsprüfung erforderlich gemacht hätten. Vielmehr hält sich der mit der 2. SAG genehmigte Abbau und die Änderungen des Stilllegungsreglements im Rahmen der im Antrag zur 1. SAG dargestellten insgesamt geplanten Maßnahmen, die Gegenstand der durchgeführten Prüfung nach Nr. 11.1 der Anlage 1 zum UVPG waren.
31 
Eine wesentliche Abänderung des mit der 2. SAG genehmigten Vorhabens gegenüber der im Rahmen der 1. SAG dargelegten Gesamtmaßnahme kann nicht in der Errichtung der Materialschleuse zum Reaktorgebäude gesehen werden. Der Bau der neuen Materialschleuse ist nicht Gegenstand der 2. SAG, sondern wurde mit einer bestandskräftigen Änderungsgenehmigung zur 1. SAG vom 21.04.2010 legalisiert. Bereits aufgrund der Bestandskraft dieser Änderungsgenehmigung kann die Errichtung der Materialschleuse als solche nicht als den Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung überschreitende Änderung angesehen werden. In diesem Zusammenhang ist deshalb lediglich die Umweltrelevanz von Änderungen des Betriebsreglements zu betrachten, die durch die Errichtung der Materialschleuse eingetreten sind. Bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner zutreffend davon ausgegangen sein, dass durch die wohl untergeordneten Änderungen des Betriebsreglements durch Errichtung der neuen Materialschleuse keine derartigen umweltrelevanten Auswirkungen eintreten können, die den Rahmen der bei Erteilung der 1. SAG insgesamt geprüften Maßnahmen überschreiten. Hiergegen spricht, dass bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 davon ausgegangen wurde, dass im Zuge der Abbaumaßnahmen bauliche Änderungen im Reaktorgebäude notwendig werden können (vgl. S. 112 des Sicherheitsberichts zur 1. SAG).
32 
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist auch durch die abweichende Gestaltung der einzelnen Genehmigungsschritte keine wesentliche Änderung der insgesamt geplanten Maßnahmen eingetreten, die Gegenstand der 1. SAG und der Umweltverträglichkeitsprüfung vor deren Erteilung waren. Zutreffend weisen die Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beigeladene mit ihrem Antrag zur Erteilung der 2. SAG von den Genehmigungsschritten abweicht, welche im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 und dem damaligen Genehmigungsantrag dargestellt waren. Insbesondere hat der damalige Genehmigungsantrag vorgesehen, dass in einem umfassenderen 2. Abbauschritt die stärker aktivierten Anlagenteile des Kon-trollbereichs vollständig abgebaut werden sollen, vor allem auch der Reaktordruckbehälter (vgl. die Darstellung der vorgesehenen Genehmigungsschritte im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006, S. 12, 15 und 16). Von diesem ursprünglich geplanten Verfahrensablauf weicht der Antrag der Beigeladenen zur Erteilung der 2. SAG insoweit ab, als nunmehr ein weiterer Genehmigungsschritt vorgesehen wird und mit der beantragten 2. SAG lediglich ein Teil der aktivierten Anlagenteile im Kontrollbereich abgebaut werden soll. So soll die 2. SAG nur noch den Abbau des Reaktordruckbehälterdeckels, nicht jedoch des stark aktivierten Reaktordruckbehälterunterteils, der Reaktoreinbauten sowie des biologischen Schilds im Kontrollbereich umfassen; diese Abbaumaßnahmen sollen vielmehr einer bereits beantragten, jedoch noch nicht erteilten 3. SAG vorbehalten bleiben.
33 
Durch diese geänderte Genehmigungsabfolge wird indes nicht der mit der 1. SAG geprüfte Gesamtumfang der geplanten Maßnahmen mit der Folge verlassen, dass nunmehr eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung des Vorhabens zu erfolgen hätte. Zum einen hat die Beigeladene bereits in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 (S. 16) explizit darauf hingewiesen, dass bei der für den zweiten Genehmigungsschritt noch durchzuführenden Detailabbauplanung sich unter Berücksichtigung der Verfahrensökonomie und von technischen Notwendigkeiten ergeben könne, dass zur Umsetzung der Abbauarbeiten im zweiten Abbauschritt mehr als nur ein Genehmigungsantrag erforderlich werde. Aufgrund dieser Angaben im Sicherheitsbericht stand bereits bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung des Gesamtvorhabens im Rahmen der 1. SAG fest, dass die vorgesehenen Genehmigungsschritte keine verbindliche Planung darstellen. Zum anderen weisen der Antragsgegner und die Beigeladene zutreffend darauf hin, dass allein eine geänderte Abfolge der zu beantragenden Genehmigungen und die Zuordnung der Abbauschritte hierzu nicht zu relevanten Umweltauswirkungen führen kann. Maßgeblich hierfür ist allein, ob die mit der ursprünglichen Planung vorgesehenen konkreten Abbaumaßnahmen bzw. Abbauschritte eingehalten werden oder ob auch insoweit eine relevante Änderung eingetreten ist. Wie sich der Darstellung der Abbaufolge auf S. 76 f. des Sicherheitsberichts vom 19.05.2006 entnehmen lässt, wird durch die geänderte Aufteilung der Genehmigungsschritte nicht von den technisch vorgesehenen Abbaumaßnahmen abgewichen. Im Übrigen wies die Beigeladene bei der Beschreibung des zweiten Abbauschritts (S. 90 f. des Sicherheitsberichts) bereits darauf hin, dass die konkrete Abbaufolge erst im Rahmen der Detailplanung des 2. Abbauschritts festgelegt werden könne. Durch die mit der 2. SAG vorgenommene Modifizierung tritt deshalb keine Änderung der technischen Abbauplanung ein, sondern lediglich eine Verschiebung von Maßnahmen in einen späteren Genehmigungsschritt. Gerade im Hinblick auf die Umweltrelevanz eines Vorhabens ist jedoch unerheblich, in welchem Genehmigungsschritt eine konkrete Einzelmaßnahme erfolgen soll. Entscheidend ist allein, dass sich die Ausführungsmaßnahmen innerhalb der insgesamt geplanten Maßnahmen halten, die Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der 1. SAG waren. Unerheblich dürfte in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Antragsteller sein, durch den Abbau des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten stünden das Druckbehälter-Unterteil und die stark aktivierten Kerneinbauten für längere Zeit offen. Dem steht bereits entgegen, dass auch in der ursprünglich geprüften Genehmigungsplanung und dem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 keine zeitlichen Vorgaben für den Abbau des Reaktordruckbehälters enthalten waren. Auch ohne die nunmehr vorgesehene Aufspaltung des Abbaus des Reaktordruckbehälters in zwei Genehmigungsschritten war deshalb nicht sichergestellt, dass dieser in einem engen zeitlichen Rahmen abgebaut wird.
34 
Eine wesentliche Änderung dürfte schließlich nicht dadurch eingetreten sein, dass eine längere Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager (sog. Notstandsgebäude, Bau 37) erfolgen soll. Zutreffend weisen die Antragsteller freilich darauf hin, dass nach der ursprünglichen zeitlichen Planung der Beigeladenen bis ca. 2011 alle bestrahlten Brennelemente in das beantragte Standortzwischenlager verbracht werden sollten, so dass die Anlage bei Beginn des zweiten Abbauschrittes brennstofffrei gewesen wäre. Die weitere Lagerung der abgebrannten Brennstäbe im Notstandsgebäude führt jedoch entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht dazu, dass der Rahmen der im Zuge der Erteilung der 1. SAG durchgeführten Umweltverträglichkeits-prüfung überschritten würde. Zum einen handelt es sich bei der oben dargestellten zeitlichen Abfolge lediglich um eine unverbindliche Planung der Beigeladenen, die unter dem Vorbehalt veränderter Umstände, insbesondere einer Verzögerung der Genehmigungserteilung für das Standortzwischenlager, stand. So wurde bereits im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass möglicherweise der Abtransport der bestrahlten Brennelemente aus der Anlage KWO nicht - wie vorgesehen - bis ca. 2011 abgeschlossen sein könne, etwa weil das beantragte BE-Zwischenlager zu diesem Zeitpunkt noch nicht betriebsbereit sei (vgl. S. 70 und 90 des Sicherheitsberichts). In diesem Fall sollte nach der im Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 dargelegten Konzeption der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 2. Stilllegungs- und Abbaugenehmigung auch die weitere Lagerung der bestrahlten KWO-Brennelemente im externen Nasslager bis zum vollständigen Abtransport aus der Anlage umfassen. Aufgrund dieser Darstellungen im Sicherheitsbericht war die weitergehende Lagerung von Brennelementen im externen Lager auch zum Zeitpunkt des zweiten Abbauschritts Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Rahmen der Erteilung der 1. SAG durchgeführt wurde.
35 
Zum anderen wurde die externe Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit einer der Beigeladenen erteilten Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet, welche bestandskräftig wurde (vgl. hierzu auch den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des Senats vom 15.09.1999 - 10 S 1991/99 - VBlBW 2000, 149). Etwaige mit der externen Brennelementlagerung verbundenen Umweltauswirkungen waren bei Erteilung der 2. SAG daher nur insoweit in den Blick zu nehmen, als das Betriebsreglement in Bezug hierauf geändert wurde. Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die geringfügigen Änderungen des Betriebsreglements hinsichtlich der Lagerung der Brennelemente im externen Nasslager in einer für die Schutzgüter der Umweltverträglichkeitsprüfung relevanten Weise auswirken könnten. Ferner sollten nach den Darlegungen im Sicherheitsbericht die mit der 2. SAG beantragten Abbaumaßnahmen dergestalt rückwirkungsfrei erfolgen, dass die Lagerung der Brennelemente und der hierfür erforderlichen Sicherheitseinrichtungen im Notstandsgebäude durch die Maßnahmen nicht beeinträchtigt werden kann. Eine wesentliche Abweichung durch die längere Lagerung, bezogen auf die insgesamt geplanten Maßnahmen, liegt deshalb nicht vor.
36 
Nach alldem hat der Antragsgegner die mit der 2. SAG geplanten Einzelmaßnahmen zu Recht keiner weiteren vollständigen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen, sondern lediglich rechtsfehlerfrei eine Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG durchgeführt.
37 
2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller war vor Erteilung der 2. SAG weder eine obligatorische (dazu unter 2.1.3.1) noch eine fakultative (dazu unter 2.1.3.2) Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.
38 
2.1.3.1 Zutreffend ist der Antragsgegner davon ausgegangen, dass die von der Beigeladenen im Rahmen der 2. SAG beantragten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim nicht einer obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung bedurften. Gemäß § 19b Abs. 2 AtVfV kann abweichend von § 4 Abs. 4 AtVfV von einer Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens dann nicht abgesehen werden, wenn für eine ortsfeste Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen, deren Höchstleistung 1 KW thermische Dauerleistung überschreitet, erstmals eine Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beantragt wird. Bei den von der Beigeladenen beantragten Maßnahmen handelte es sich jedoch nicht um einen erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Stilllegungs- und Abbaugenehmigung im Sinne von § 7 Abs. 3 AtG. Auch wenn es sich bei der 1. und 2. Stilllegungsgenehmigung - wie oben unter 2.1.1.3 näher dargestellt - um selbständige Genehmigungen und nicht um Teilgenehmigungen im Sinne von § 18 AtVfV handelt, sind die Genehmigungen aufeinander bezogen und gestatten ein einheitliches Vorhaben im Sinne von § 19b Abs. 1 AtVfV. In diesem Zusammenhang kann auf die oben angestellten Erwägungen zu der Bestimmung der Nr. 11.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz verwiesen werden, da diese auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang Geltung beanspruchen. Schließlich war - wie oben näher dargestellt - für die mit der 2. SAG beantragten Maßnahmen keine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so dass eine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung auch nicht gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 AtVfV geboten war.
39 
2.1.3.2 Der Antragsgegner hat unter fehlerfreier Betätigung seines Ermessens von einer erneuten fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erteilung der 2. SAG abgesehen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Ermessen gemäß § 19b, § 4 Abs. 4 AtVfV lagen vor. Nach § 19b Abs. 1 AtVfV müssen die Unterlagen, die einem erstmaligen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG beizufügen sind, u.a. Angaben zu den insgesamt geplanten Maßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der Anlage oder von Anlagenteilen enthalten. Für den hier in Rede stehenden weiteren Antrag auf Erteilung einer Genehmigung nach § 7 Abs. 3 AtG bleibt es dagegen gemäß 19b Abs. 2 AtVfV bei der allgemeinen Bestimmung des § 4 Abs. 4 Satz 1 AtVfV. Danach kann die Genehmigungsbehörde von der Bekanntmachung und Auslegung unter den in § 4 Abs. 2 AtVfV genannten Voraussetzungen absehen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn im Sicherheitsbericht keine zusätzlichen oder anderen Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen.
40 
Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls bei summarischer Prüfung für das Genehmigungsverfahren der 2. SAG vor. Im Sicherheitsbericht zur 1. SAG ist das Gesamtvorhaben der Stilllegung und des Abbaus des Kernkraftwerks Obrigheim in einer den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 1 AtVfV genügenden Weise dargestellt. Die Beigeladene hat in ihrem Sicherheitsbericht vom 19.05.2006 das von ihr verfolgte Gesamtkonzept zum Abbau und zur Stilllegung der von ihr betriebenen kerntechnischen Anlage in den Grundzügen so konkret beschrieben, dass auch für Dritte eine Beurteilung der insgesamt geplanten Maßnahmen möglich war. Insbesondere hat sie im Sicherheitsbericht die insgesamt geplanten Maßnahmen, die Reihenfolge der einzelnen Abbauschritte und die dabei zu verwendenden Methoden so detailliert dargestellt, dass auch die interessierte Öffentlichkeit sowohl die mögliche Rückwirkungsfreiheit der Maßnahmen als auch das Vorliegen einer sinnvollen Abbaureihenfolge prüfen konnte. Auch hat die Beigeladene in den Unterlagen den Anforderungen des § 19b Abs. 1 Satz 2 AtVfV entsprechend weiter dargelegt, welche Auswirkungen die Maßnahmen nach dem jeweiligen Planungsstand voraussichtlich auf die in § 1a AtVfV genannten Schutzgüter haben werden. Wie oben unter 2.1.2.2 näher dargelegt, wichen die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen auch nicht in einer Weise von der im Sicherheitsbericht zur 1. SAG dargestellten Abbauplanung ab, dass der vorgegebene Rahmen der Gesamtmaßnahmen überschritten worden wäre. Es stand deshalb im Ermessen des Antragsgegners, auf eine fakultative Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten.
41 
Wie sich aus der Begründung der 2. SAG (B.I. 2.4.1) ergibt, hat der Antragsgegner das ihm eröffnete Ermessen erkannt; die im Rahmen der Ermessensausübung angestellten Erwägungen leiden nicht an einem im gerichtlichen Verfahren zu beanstandenden Mangel. Der Antragsgegner hat sich bei der Ausübung seines Ermessens im Wesentlichen davon leiten lassen, dass die Durchführung einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung weder relevante neue Informationen für die zu treffende Genehmigungsentscheidung liefern würde noch für die Rechtsschutz suchende Öffentlichkeit erforderlich wäre. In diesem Zusammenhang hat er darauf abgehoben, dass durch die beantragten Abbau- und Stilllegungsmaßnahmen keine nachteiligen Auswirkungen für Dritte zu erwarten seien und bei der Durchführung eines fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens nicht mit einem wesentlichen Erkenntnisgewinn gerechnet werden könne. Diese Einschätzung des Antragsgegners ist zumindest vertretbar und kann deshalb nicht als ermessensfehlerhaft beanstandet werden. Vor diesem Hintergrund begegnet auch die abschließend von dem Antragsgegner getroffene Abwägungsentscheidung zwischen den Belangen der interessierten Öffentlichkeit und dem öffentlichen Interesse an einer beschleunigten Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen bzw. der privaten Belange der Beigeladenen keinen Bedenken.
42 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass die Antragsteller wohl auch bei einer fehlerhaft unterbliebenen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht in eigenen Rechten verletzt wären. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermittelt das atomrechtliche Verfahrensrecht Drittschutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung einer materiellen Rechtsposition. Dies hat zur Folge, dass ein auf einen Fehler des Verwaltungsverfahrens gestützter Rechtsbehelf eines Dritten nur Erfolg haben kann, wenn er dartut, dass und inwieweit sich die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift auf seine materiell-rechtliche Rechtsposition ausgewirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie Beschluss vom 12.07.1993 - 7 B 114.92 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 42). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Dritte infolge des Verfahrensfehlers daran gehindert worden ist, Umstände vorzutragen, welche die Behörde nicht beachtet hat, denen sie aber bei einer den Anforderungen des § 7 Abs. 3 und Abs. 2 AtG entsprechenden Ermittlung und Bewertung von Risikofaktoren hätte nachgehen müssen. Eine derartige Beeinträchtigung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten wird von den Antragstellern nicht dargetan und liegt bereits deshalb fern, weil ihnen von dem Antragsgegner jedenfalls nach Erteilung der 2. SAG umfassende Akteneinsicht gewährt worden ist.
43 
Nach alledem ist die 2. SAG nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen.
44 
2.2 Die der Beigeladenen erteilte 2. SAG leidet jedenfalls bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht an einem durchgreifenden materiell-rechtlichen Mangel. Der Antragsgegner hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik den Antragstellern gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die genehmigten Stilllegungs- und Abbaumaßnahmen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG (dazu unter 2.2.1) und einen den Antragstellern gegenüber erforderlichen Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG (dazu unter 2.2.2) als gewährleistet ansehen dürfen. Auch kann der Antrag nicht auf die behauptete fehlende Entsorgungsvorsorge gestützt werden (dazu unter 2.2.3).
45 
2.2.1 Jedenfalls bei summarischer Prüfung durfte der Antragsgegner die gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 2 AtG erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die mit der 2. SAG gestatteten Einzelmaßnahmen zur Stilllegung und zum Abbau der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen als getroffen ansehen.
46 
2.2.1.1 Ob die erforderliche Vorsorge gegen Schäden im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG gewährleistet ist, kann der Senat nur eingeschränkt überprüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus der Normstruktur des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG, dass die Exekutive die Verantwortung für die Risikoermittlung und Risikobewertung trägt, auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115; BVerfG, Beschluss vom 10.11.2009 - 1 BvR 1178/07 - NVwZ 2010, 114 - jeweils mit weiteren Nachweisen aus der umfassenden Rechtsprechung). Daraus folgt, dass es nicht Sache der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle sein kann, die der Exekutive zugewiesene Wertung wissenschaftlicher Streitfragen einschließlich der daraus folgenden Risikoabschätzung durch eine eigene Bewertung zu ersetzen. Die Exekutive ist für die Risikoermittlung und -bewertung, also auch für die Entscheidung über Art und Ausmaß von Risiken, die hingenommen oder nicht hingenommen werden müssen, allein verantwortlich (BVerwG, Urteil vom 14.01.1998 - 11 C 11.96 - a.a.O.; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129). Reichweite und Grenzen des sog. exekutiven Funktionsvorbehalts ergeben sich aus dem materiellen Recht, namentlich dessen Sinn und Zweck.
47 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Funktionsvorbehalt der Exekutive einem dynamischen Grundrechtsschutz und rechtfertigt sich auch daraus, dass im Atomrecht die erforderliche Schadensvorsorge am in die Zukunft hinein offenen, die bestmögliche Verwirklichung des Schutzzwecks des § 1 Nr. 2 AtG gewährleistenden Maßstab des Stands von Wissenschaft und Technik zu messen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - ZNER 2012, 288). Es ist insoweit nicht Sache der Gerichte, Prognosen der Genehmigungsbehörde im Hinblick auf Situationen zu korrigieren, die allenfalls im Grenzbereich des nach praktischer Vernunft noch Möglichen liegen können. Allerdings ist das Maß des erforderlichen Schutzes normativ vorgegeben. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 AtG legt die Exekutive normativ auf den Grundsatz der bestmöglichen Gefahrenabwehr und Risikovorsoge fest und lässt die Genehmigungserteilung nur zu, wenn Gefahren und Risiken durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage „praktisch ausgeschlossen“ erscheinen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12.11.2008 - 1 BvR 2456/06 - DVBl. 2009, 642). Dementsprechend unterliegen die behördliche Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos nur einer eingeschränkten Nachprüfung. Die Gerichte sind darauf beschränkt zu überprüfen, ob die der behördlichen Beurteilung zugrunde liegende Risikoermittlung und -bewertung auf einer ausreichenden Datenbasis beruht und dem Stand von Wissenschaft und Technik im Zeitpunkt der Behördenentscheidung Rechnung trägt, die Behörde also im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens „diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte“ (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177; Beschluss vom 02.07.1998 - 11 B 30.97 - NVwZ 1999, 654; Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Das Gericht ist deshalb auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Genehmigungsbehörde willkürfrei annehmen durfte, dass der erforderliche Schutz gegen die Risiken einer Leben oder Gesundheit Drittbetroffener möglicherweise gefährdenden Freisetzung ionisierender Strahlen nach Maßgabe des insoweit vorgesehenen Sicherungs- und Schutzkonzepts gewährleistet ist und Risiken damit praktisch nicht zu gegenwärtigen sind. Die Behörde darf aber nicht maßgebliche wissenschaftliche Erkenntnisse negieren oder in grober Weise fehl gewichten (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.1996 - 11 C 9.95 - DVBl. 1997, 52). Unsicherheiten bei der Risikoermittlung und -bewertung ist nach Maßgabe des sich daraus ergebenden Besorgnispotenzials durch hinreichend konservative Annahmen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.).
48 
2.2.1.2 Bei Anwendung dieser Grundsätze durfte der Antragsgegner davon ausgehen, dass die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Beeinträchtigungen, die aus einer planmäßigen Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen und des genehmigten Stilllegungsreglements herrühren, getroffen worden ist. Welches Risiko hiernach bei der Erteilung einer atomrechtlichen Genehmigung Drittbetroffenen zugemutet werden darf, ergibt sich nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Vielmehr hat der Gesetzgeber in § 12 Abs. 1 Nr. 2 AtG die Exekutive dazu ermächtigt, näher zu bestimmen, welche Vorsorge zu treffen ist, damit bestimmte Strahlendosen und Konzentrationen radioaktiver Stoffe in der Luft und im Wasser nicht überschritten werden. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen und bestimmte Konzentrationen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser nicht überschritten werden, wird durch die Bestimmung der Dosisgrenzwerte (§ 47 StrlSchV) konkretisiert. Dieser Wert konkretisiert die Schutzwirkung zugunsten Dritter, weil er die äußerste, nicht mehr überschreitbare Grenze der erforderlichen Schadensvorsorge und damit nicht nur die Allgemeinheit, sondern auch den Einzelnen vor den Gefahren und Risiken der Kernenergie bewahren soll. Soweit die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Entscheidung die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik dem Einzelnen gegenüber erforderliche Vorsorge gegen Schäden als getroffen ansehen darf, hat es damit auch für den Drittschutz sein Bewenden. Mehr als die erforderliche Vorsorge, die auf den praktischen Ausschluss eines sich als Grundrechtsverletzung darstellenden Schadens hinausläuft, kann ein Dritter nicht verlangen. Insbesondere gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexpositionen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; Urteil vom 22.12.1980 - 7 C 84.78 - BVerwGE 61, 256).
49 
Die Genehmigungsbehörde ist aufgrund der von der Beigeladenen vorgelegten fachkundigen Berechnungen, die von dem gemäß § 20 AtG herangezogenen Sachverständigen geprüft worden sind, zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Durchführung der Stilllegungsmaßnahmen und einem ordnungsgemäßen Stilllegungsbetrieb die gemäß § 47 StrlSchV hinzunehmenden Werte bei weitem nicht erreicht werden. Die Antragsteller haben insoweit nicht substantiiert vorgebracht, durch welche Defizite der Schadensvorsorge sie sich in eigenen Rechten verletzt fühlen. Letztendlich wird von den Antragstellern nicht geltend gemacht, dass die Überschreitung von Grenzwerten für den bestimmungsgemäßen Stilllegungsbetrieb droht. Die Antragsteller sehen vielmehr lediglich einen Verstoß gegen das Strahlenminimierungsgebot des § 6 StrlSchV, der nach dem oben Gesagten jedoch nicht drittschützend ist.
50 
2.2.1.3 Entgegen der Auffassung der Antragsteller durfte die Genehmigungsbehörde bei summarischer Prüfung auch die erforderliche Vorsorge gegen die Auswirkungen von Störfällen, die in Ausnutzung der mit der 2. SAG genehmigten Einzelmaßnahmen zu betrachten waren, als getroffen ansehen. Die erforderliche Vorsorge dafür, dass bestimmte Strahlendosen bei den zu betrachtenden Störfallereignissen nicht überschritten werden, wird durch den anwendbaren Störfallplanungswert abschließend konkretisiert; auch insoweit gibt es keinen Anspruch eines Dritten auf weitergehende Minimierung der Strahlenexposition bei den zu betrachtenden Störfallereignissen (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - BVerwGE 104, 36; sowie vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.). Zutreffend ist die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen, dass der für den Abbau und die Stilllegung von Kernkraftwerken maßgebende Störfallplanungswert gemäß § 117 Abs. 16 StrlSchV i.V.m. § 50 StrlSchV 50 mSv beträgt.
51 
Jedenfalls bei summarischer Prüfung ist die von der Genehmigungsbehörde durchgeführte Störfallbetrachtung nicht zu beanstanden. Die Beigeladene hat mit ihren Genehmigungsunterlagen eine Störfallbetrachtung des Sachverständigenbüros ... vom 31.03.2010 vorgelegt, die von dem amtlich bestellten Sachverständigen (§ 20 AtG) und der Genehmigungsbehörde kritisch gewürdigt wurde. Die Gutachter haben im Rahmen ihrer Störfallbetrachtung sämtliche zu unterstellenden sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignisabläufe des Stilllegungsbetriebes und des Abbaus der kerntechnischen Anlage der Beigeladenen untersucht. Zutreffend haben die Sachverständigen für die Ermittlung der relevanten Ereignisabläufe den Stilllegungsleitfaden vom 12.08.2009 sowie ergänzend die Störfall-Leitlinien zugrunde gelegt. In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben hat der Gutachter radiologisch repräsentative Ereignisabläufe für Einwirkungen von Innen (EVI) und Einwirkungen von außen (EVA) untersucht und ist zu der rechnerischen Prognose gelangt, dass der einzuhaltende Störfallplanungswert von 50 mSv bei Weitem - für die meisten zu betrachtenden Szenarien um mehrere Größenordnungen - unterschritten wird. Die Antragsteller zeigen nicht substantiiert auf, dass weitere Störfallabläufe zu betrachten gewesen wären, oder dass gegen die Prognose der bei den angenommenen Störfällen eintretenden Strahlenexpositionen durchgreifende Bedenken bestehen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Sachverständigen im Rahmen der Störfallbetrachtung auch Szenarien betrachtet haben, die nach dem zutreffenden rechtlichen Ansatz der Genehmigungsbehörde nicht in Ausnutzung der 2. SAG eintreten können. So haben die Gutachter bei ihrer Störfallbetrachtung u.a. den Einsturz der Lagergebäude Bau 39 und Bau 52 unterstellt und dessen Auswirkungen untersucht, obwohl die Lagerung von Abfallgebinden in diesen Gebäuden nicht mit der gegenständlichen 2. SAG, sondern bereits mit der bestandskräftigen 1. SAG vom 28.08.2008 genehmigt worden ist. In ähnlicher Weise haben die Gutachter die Lagerung der Brennelemente im externen Lagerbecken in ihre Betrachtung einbezogen, obwohl diese - wie oben unter 2.1.1.4 näher dargestellt - nicht Genehmigungsinhalt der 2. SAG war. Jedenfalls nach den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein bestehenden beschränkten gerichtlichen Erkenntnismöglichkeiten ist deshalb davon auszugehen, dass Ermittlungsdefizite hinsichtlich der Identifizierung der Störfallszenarien und Bewertungsdefizite hinsichtlich der Auswirkungen der zu betrachtenden Störfälle nicht vorliegen. Die Genehmigungsbehörde durfte deshalb die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Schadensvorsorge gegen Störfälle im Sinne von § 7 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG als getroffen ansehen.
52 
2.2.2 Zu Recht dürfte die Genehmigungsbehörde auch davon ausgegangen sein, dass der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG i.V.m. § 7 Abs. 3 AtG zu Gunsten der Antragsteller gegeben ist. In der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG auch dem Schutz individueller Rechte eines in der Nähe einer kerntechnischen Anlage wohnenden Drittbetroffenen gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dient, sofern diese nicht dem Bereich des Restrisikos zuzuordnen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.; sowie vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Zutreffend weisen die Antragsteller ferner in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von ihnen befürchteten Anschläge auf eine atomrechtliche Anlage als Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG anzusehen sind. Die Begriffe der „Störmaßnahmen“ und „sonstige(n) Einwirkungen Dritter“ sind denkbar weit gefasst, um entsprechend dem Gebot des dynamischen Grundrechtsschutzes auch gegenüber neuen Bedrohungsformen durch Handeln Dritter den erforderlichen Schutz bei atomrechtlichen Anlagen zu gewährleisten. Der Tatbestand schließt deshalb den Schutz vor Terror- und Sabotageakten sowie anderen Gefahren beispielsweise aus einem Flugzeugabsturz oder aus dem Transport gefährlicher Güter auf an der Anlage vorbeiführenden Verkehrswegen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185). Auch ist der nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche Drittschutz gegen Störeinwirkungen von außen nicht auf die erforderliche Vorsorge gegen Auslegungsstörfälle beschränkt (vgl. näher Urteil vom 10.04.2008 - 7 C 39.07 - a.a.O.).
53 
Die Antragsteller sehen vor allem den erforderlichen Schutz gegen die Einwirkung Dritter durch den gezielten Absturz eines großen Verkehrsflugzeuges auf das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude (Bau 37) als nicht gewährleistet an und weisen zutreffend darauf hin, dass die Genehmigungsbehörde dieses Szenario vor Erteilung der 2. SAG nicht erneut betrachtet hat (vgl. Genehmigungsbegründung S. 49). Entgegen der Auffassung der Antragsteller dürfte diese Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde rechtlich nicht zu beanstanden sein.
54 
Dies folgt bereits daraus, dass die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers im Notstandsgebäude - wie oben unter 2.1.1.4 im Einzelnen dargestellt - nicht Regelungsgegenstand der 2. SAG ist. Vielmehr wurde die Errichtung und der Betrieb der externen Brennelementlagerung im Notstandsgebäude mit bestandskräftiger Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet. Mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde die externe Brennelementlagerung in den Stilllegungsbetrieb einbezogen und das Stilllegungs- bzw. Betriebsreglement der Lagerung neu geregelt. Die 2. SAG dagegen enthält im Hinblick auf die externe Brennelementlagerung nach ihrem eindeutigen Tenor und der von der Behörde gegebenen Begründung nur eine gegenständlich beschränkte Änderung des Stilllegungsbetriebs, nicht jedoch eine umfassende und neue Regelung. Bereits aus Gründen der Bestandskraftpräklusion können die Antragsteller deshalb der 2. SAG nicht entgegenhalten, dass der erforderliche Schutz gegen Einwirkungen Dritter durch den gezielten Absturz einer großen Verkehrsmaschine auf das externe Brennelementlagerbecken nicht gewährleistet sei.
55 
Im Übrigen könnten die Antragsteller selbst dann, wenn die 2. SAG eine umfassende Neuregelung des Stilllegungsbetriebes des externen Brennelementlagers enthielte, die Rechtmäßigkeit der 2. SAG nicht mit der Erwägung in Zweifel ziehen, Vorsorge gegen die Auswirkungen eines gezielten Flugzeugabsturzes sei nicht hinreichend getroffen worden. Dem steht die bestandskräftige Genehmigung vom 26.10.1998 entgegen, mit der u.a. der Einbau von Brennelement-Lagergestellen in das externe Brennelementlagerbecken im Notstandsgebäude genehmigt wurde. Insofern liegt eine bestandskräftige Errichtungsgenehmigung für ein dauerhaftes Lagerbecken im Notstandsgebäude vor. Eine Errichtungsgenehmigung enthält nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verbindliche Feststellung, dass eine genehmigungskonform errichtete Anlage die atomrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; sowie vom 07.06.1991 - 7 C 43.90 - a.a.O.). Bei Erteilung einer nachfolgenden Betriebsgenehmigung ist insbesondere auch die Genehmigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG nur noch bezüglich des Betriebsreglements zu prüfen, nicht jedoch bezüglich der früher bestandskräftig genehmigten Errichtung. Mit der Betriebsgenehmigung wird die Genehmigungsfrage neu lediglich im Hinblick auf den Betrieb aufgeworfen. Nur in diesem Umfang können Drittbetroffene mit einer gegen die Betriebsgenehmigung gerichteten Anfechtungsklage Ermittlungs- und Bewertungsdefizite im Bereich der Schadensvorsorge bzw. dem Schutz vor Einwirkungen Dritter rügen. Für den Drittschutz folgt hieraus insbesondere auch, dass die Betriebsgenehmigung nicht mehr mit materiell-rechtlichen Einwendungen bekämpft werden kann, die thematisch zum Regelungsgehalt einer früheren Errichtungsgenehmigung gehören; solchen Einwendungen ist vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 17 AtG im aufsichtlichen Verfahren Rechnung zu tragen. Dies gilt selbst dann, wenn von den Drittbetroffenen Einwendungen aufgrund einer veränderten Sachlage geltend gemacht werden, die erst nach Erlass der vorangegangenen Errichtungsgenehmigung entstanden sind. Auch eine derartige Sachverhaltsänderung kann lediglich Anlass zum aufsichtlichen Einschreiten auf der Grundlage von § 17 AtG bieten, nicht jedoch einredeweise einer Betriebsgenehmigung entgegengehalten werden (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.). Bereits aus diesem Verhältnis von bestandskräftig gewordener Errichtungs- zu der hier in Rede stehenden Betriebsgenehmigung folgt, dass die Antragsteller diese nur mit der Einwendung bekämpfen können, die erforderliche Vorsorge gegen Einwirkungen Dritter im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG sei insoweit nicht gewährleistet, als die Genehmigungsfrage hinsichtlich der Errichtung gerade durch die Änderung des Betriebsreglements neu aufgeworfen wird. Dies wird jedoch von den Antragstellern nicht behauptet und ist auch fernliegend. Vielmehr machen die Antragsteller im Kern geltend, das externe Brennelementlager im Notstandsgebäude sei konstruktiv nicht gegen die Folgen eines gezielten Flugzeugabsturzes ausgelegt. Der Einwand bezieht sich auf die generelle bauliche Eignung des Lagergebäudes, nicht jedoch auf Fragen des Betriebsreglements.
56 
Lediglich zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner vor Erteilung der 1. SAG die Frage eines gezielten Flugzeugabsturzes im Hinblick auf § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG geprüft hat (vgl. hierzu B.II.4.5 S. 111 f. der 1. SAG). Die Genehmigungsbehörde gelangte dabei nach Auswertung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu dem Ergebnis, dass nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ein absichtlich herbeigeführter Flugzeugabsturz auf eine Anlage, die den Leistungsbetrieb eingestellt und offensichtlich keinen besonderen Symbolwert und kein hohes Gefährdungspotenzial aufweise, nicht zu unterstellen sei; sie hat deshalb dieses Szenario dem Restrisiko zugeordnet. Dahingestellt kann bleiben, ob diese Betrachtung auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch vertretbar ist; zutreffend weisen die Antragsteller insoweit darauf hin, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in vergleichbaren Fallkonstellationen das Szenario „gezielter Flugzeugabsturz“ nicht dem Restrisiko, sondern dem Bereich der Schadensvorsorge zuzuordnen ist (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 - 7 C 1.11 - a.a.O.). Die Genehmigungsbehörde hat jedenfalls unabhängig hiervon die von der Betreiberin vorgelegte Abschätzung der radiologischen Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes für den Nachbetrieb betrachtet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass auch dabei der maßgebliche Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv eingehalten wird. Mit den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln kann mangels aussagekräftiger Angaben in der Begründung der 2. SAG freilich nicht nachvollzogen werden, von welchen konkreten Lastannahmen diese Prognose ausgeht.
57 
Das Abstellen auf den Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen nach Katastrophenschutzgrundsätzen dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein. Jedenfalls sind die in Rede stehenden Szenarien terroristischer Anschläge durch einen gezielten Flugzeugabsturz nach geltendem Recht nicht dem Bereich der auslegungsbestimmenden Störfälle zuzurechnen. Infolge dessen ist die erforderliche Schadensvorsorge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hier nicht nach den Störfallplanungswerten zu bemessen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.08.2006 - 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1). Der in § 49 Abs. 1 StrlSchV für den Anwendungsbereich dieser Vorschrift verwendete Begriff des Störfalls ist in § 3 Abs. 1 Nr. 28 Satz 1 StrlSchV als Ereignisablauf definiert, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Damit knüpft die Vorschrift der Sache nach an die Störfall-Leitlinien vom 18.10.1983 an, deren Gegenstand die Schadensvorsorge im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG ist, nicht dagegen näher bestimmte andere Ereignisse, wie etwa Szenarien infolge gezielten Flugzeugabsturzes, die wegen ihres geringen Risikos keine Auslegungsstörfälle mehr sind. Bei der gebotenen Konkretisierung des Rechtsbegriffs des erforderlichen Schutzes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG muss deshalb das allgemeine Schutzziel maßgeblich sein, dass eine Gefährdung von Leben und Gesundheit infolge erheblicher Direktstrahlung oder infolge der Freisetzung einer erheblichen Menge radioaktiver Stoffe verhindert werden muss. Als Orientierungsmaßstab kommen daher die Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, verabschiedet von der Strahlenschutzkommission am 17./18.12.1998, in Betracht (vgl. hierzu näher BayVGH, Urteil vom 09.01.2006 - 22 A 04.40010 u.a. - juris). Der von der Genehmigungsbehörde herangezogene Eingreifrichtwert für Evakuierungsmaßnahmen in Höhe von 100 mSv bei einem Integrationszeitraum von sieben Tagen ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
58 
Nach alldem durfte die Genehmigungsbehörde den erforderlichen Schutz vor Schäden im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG und gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtG von Rechts wegen als gegeben ansehen.
59 
2.3 Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, der erforderliche Entsorgungsnachweis für die in der Anlage noch vorhandenen Brennelemente sei von der Beigeladenen nicht geführt worden. Die Antragsteller bringen in diesem Zusammenhang vor, die 2. SAG genehmige die Verbringung der bestrahlten Brennelemente aus dem internen Brennelementlagerbecken im Reaktorgebäude in das Lagerbecken des Notstandsgebäudes; im Fall einer Störung im Notstandsgebäude stehe keine weitere Lagerungsmöglichkeit mehr zur Verfügung, die erforderliche Redundanz sei somit nicht gegeben. Dabei machen die Antragsteller mit diesem Vorbringen ein „anlagenimmanentes“ Entsorgungsrisiko geltend, das grundsätzlich als Klagegrund anerkannt ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 22.10.1987 - 7 C 4.85 - a.a.O.). Die diesem Vorbringen zugrunde liegende Annahme, die 2. SAG genehmige die Lagerung der bestrahlten Brennelemente in dem externen Becken, trifft jedoch - wie wiederholt dargelegt - nicht zu. Vielmehr wird durch die 2. SAG lediglich das Betriebsreglement des externen Brennelementlagerbeckens in Einzelheiten modifiziert, ohne dieses freilich umfassend und erneut zu legalisieren.
60 
Fehl geht insbesondere die Annahme der Antragsteller, durch die 2. SAG werde das Verbringen der Brennelemente aus dem internen Brennelementlager in das Notstandsgebäude erstmalig gestattet. Wie oben näher dargestellt, wurde die Errichtung und der Betrieb des externen Brennelementlagers mit bestandskräftig gewordener Genehmigung vom 26.10.1998 gestattet; mit der 1. SAG vom 28.08.2008 wurde das externe Brennelementlager in das Stilllegungsreglement einbezogen. Ferner befanden sich sämtliche Brennelemente zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG bereits im externen Brennelementlagerbecken. Im Reaktorgebäude befinden sich nach Vortrag der Beigeladenen seit Ende März 2007 keine Brennelemente mehr. Jedenfalls bei summarischer Prüfung dürfte der Antragsgegner auch ohne Rechtsfehler davon ausgegangen sein, dass ein weiteres redundantes Brennelementlagerbecken nicht erforderlich ist. Vielmehr ist die Genehmigungsbehörde sachverständig beraten zu der Einschätzung gelangt, dass das externe Brennelementlager die erforderlichen Sicherungseinrichtungen aufweist und dass die mit der 2. SAG gestatteten Maßnahmen keine Rückwirkungen auf dessen Betrieb haben. Im Übrigen ging auch das im Sicherheitsbericht zur 1. SAG vom 19.05.2006 dargestellte Stilllegungs- und Abbaukonzept der Beigeladenen davon aus, dass sich die abgebrannten Brennstäbe zum Zeitpunkt der Erteilung der 2. SAG allenfalls im externen Brennelementlagerbecken befinden sollen, sofern die primär vorgesehene Verbringung in ein Standortzwischenlager nicht durchgeführt werden konnte. Eine Rückverbringung der Brennelemente in das interne Brennelementlagerbecken war dagegen nach dem Stilllegungskonzept der Beigeladenen zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt. In Übereinstimmung mit diesem Konzept hat auch die Reaktorsicherheitskommission in ihrer vor Erteilung der 1. SAG abgegebenen Stellungnahme vom 11./12.12.2007 empfohlen, dass die Brennelemente nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände in das interne Nasslager zurücktransportiert werden dürfen (siehe S. 20 der Stellungnahme). Eine derartige Rückverbringung in das interne Brennelementlager dürfte jedenfalls mit Errichtung der neuen Materialschleuse zum Reaktorgebäude zudem technisch unmöglich geworden sein. Vor Erteilung der hierzu erforderlichen Errichtungsgenehmigung vom 21.04.2010 hat der Antragsgegner sachverständig beraten geprüft, ob der Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlager technisch möglich ist und keine Notwendigkeit für den Rücktransport in das interne Brennelementlagerbecken besteht. Aufgrund der Bestandskraft der Änderungsgenehmigung vom 21.04.2010 können die Antragsteller mithin nicht mehr geltend machen, dass ein Abtransport der Brennelemente aus dem externen Brennelementlagerbecken nicht möglich sei bzw. das interne Brennelementlagerbecken aus Redundanzgründen weiterhin benötigt werde.
61 
Des Weiteren machen die Antragsteller geltend, es fehle an der vom Gesetz vorausgesetzten realistischen Planung für die zeitnahe Errichtung eines standortnahen Zwischenlagers, in das die Brennelemente nach Beendigung der Lagerungen im externen Elementbecken verbracht werden könnten. Dies stehe im Widerspruch zu der in § 9a Abs. 1 b AtG enthaltenen Anforderung, dass der Entsorgungsnachweis für bestrahlte Brennelemente auf einer realistischen Planung beruhen müsse und nachzuweisen sei, dass hierfür rechtlich und technisch verfügbare Zwischenlagerkapazitäten bereitstehen. Diesem Einwand braucht jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht weiter nachgegangen werden, da die insoweit einschlägige und von den Antragstellern selbst herangezogene Vorschrift des § 9a AtG keinen Drittschutz vermittelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.1997 - 11 C 7.95 - a.a.O.; Beschluss vom 22.08.1991 - 7 B 153.90 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 37).
62 
3. Auch bei einer von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache losgelösten Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der Genehmigung das entgegengesetzte Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
63 
Der Senat teilt dabei die Einschätzung des Antragsgegners, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an einem zeitnahen Rückbau des Kernkraftwerkes Obrigheim besteht. Dieser liegt nicht zuletzt auch im wohlverstandenen Interesse der Anwohner und damit auch der Antragsteller, da mit dem Rückbau der Anlage und insbesondere dem Abtransport der demontierten Großkomponenten des Primärkreislaufs das geltend gemachte Besorgnispotenzial weiter reduziert wird. Zutreffend hat der Antragsgegner in diesem Zusammenhang auch auf die Gefahr hingewiesen, dass bei einer längeren Unterbrechung des Abbaus des Kernkraftwerks sich dieses Projekt in der Reihe der anderen Rückbauvorhaben nach der Abschaltung von acht deutschen Kernkraftwerken nach hinten verschieben könnte und damit eine erhebliche Zeitverzögerung zu befürchten wäre. Schließlich hat die Beigeladene nachvollziehbar im Einzelnen näher dargelegt, dass gerade die Durchführung der mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen von Großkomponenten des Primärkreislaufs für den vorgesehenen Zeitrahmen von essentieller Bedeutung ist. Auch hat die Beigeladene ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Sofortvollzug und der zügigen Durchführung von bereits vergebenen Abbaumaßnahmen dargelegt. Keiner abschließenden Klärung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die von der Beigeladenen vorgelegten Berechnungen der wirtschaftlichen Auswirkungen bei einer den Eilanträgen vollständig stattgebenden Entscheidung nachvollziehbar sind. Denn der Senat stellt bei der Interessenabwägung im Wesentlichen auf das öffentliche Interesse am zügigen Rückbau des Kernkraftwerks und lediglich untergeordnet auf die wirtschaftlichen Belange der Beigeladenen ab.
64 
Gegenüber diesen für die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung streitenden Interessen muss das Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen zurücktreten. Zwar haben vor allem die Rechtsgüter Leben und Gesundheit, zu deren Schutz die Antragsteller die erforderliche Vorsorge beanspruchen, einen hohen Rang. Die Antragsteller haben jedoch - wie ausgeführt - einen Erfolg ihrer Klagen nicht als hinreichend wahrscheinlich dartun können. Es ist zudem zu berücksichtigen, dass es bei der Beurteilung dieser Erfolgsaussichten ausschließlich um die Fragen einer Risikoerhöhung im vorgelagerten Bereich der Vorsorge bzw. um bloße Besorgnispotentiale geht. Auch dies lässt es eher zumutbar erscheinen, dass die Antragsteller den Vollzug der Genehmigung vorläufig hinnehmen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen für die Antragsteller geringe Vorteile bringen würde. Bei einem Erfolg der Eilanträge könnte der Abbau der in A.I.1.1 der 2. SAG genannten Anlagenteile nicht fortgesetzt werden. Dies dürfte für die Antragsteller jedoch lediglich von untergeordneter Bedeutung sein, da vor allem die kritischen Großkomponenten des Primärkreislaufs, deren Abbau von der 2. SAG gestattet wird, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits weitgehend demontiert sind. Auch damit hat sich das von den Antragstellern geltend gemachte Besorgnispotenzial, sofern es auf den Abbau von Anlagenteilen des Primärkreislaufs bezogen ist, bereits bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiter reduziert. Im Übrigen haben die Antragsteller weniger gegen die mit der 2. SAG gestatteten Abbaumaßnahmen Einwendungen erhoben, sondern sich gegen den Betrieb des externen Nasslagers im Notstandsgebäude gewendet. Dieser würde jedoch auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nicht vollständig unterbunden werden, da er - wie oben näher dargestellt - nicht Gegenstand der 2. SAG ist. Deshalb bestünde auch bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung die Möglichkeit, dass der Stilllegungsbetrieb unter dem Regime der 1. SAG weitergeführt wird. Bei einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung könnten die Antragsteller daher ihr Hauptziel, nämlich die Unterbindung der weiteren Brennelementlagerung im Notstandsgebäude, nicht erreichen. Daher ist das Suspensivinteresse der Antragsteller aufgrund der Gegebenheiten des konkreten Einzelfalles als gering zu bewerten.
65 
Nach alledem bleibt der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen ohne Erfolg.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzuerlegen.
67 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG sowie § 39 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen Nrn. 1.5, 6.2 i.V.m. Nr. 2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (VBlBW 2004, 467).
68 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.