Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss, 15. Mai 2017 - 2 E 4217/17

bei uns veröffentlicht am15.05.2017

Tenor

Dem Antragsteller wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt D.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 6. April 2017 gegen den Bescheid vom 29. März 2017 wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die für sofort vollziehbar erklärte Ordnungsmaßnahme der Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss.

2

Der Antragsteller ist am ... Mai 2002 geboren. Seine Mutter ist verstorben. Er lebt bei seinem allein sorgeberechtigten Vater. Seit dem Schuljahr 2012/2013 besuchte der Antragsteller die Stadtteilschule A., zuletzt in der Jahrgangsstufe 9. In der Vergangenheit wurde der Antragsteller vielfach vom Unterricht ausgeschlossen, jeweils da er den Unterricht trotz mehrfacher Ermahnung massiv gestört hatte, so am 5. Dezember 2014 im Fach Gesellschaft, am 12. Dezember 2014 im Fach Biologie, am 17. Februar 2015 im Fach Gesellschaft, am 5. Januar 2016 im Fach Musik, am 6. April 2016 im Fach Deutsch und am 3. Juni 2016 in einer Vertretungsstunde. Zudem wurde dem Antragsteller mit Bescheid vom 12. Oktober 2016 ein schriftlicher Verweis erteilt, da er am 26. September 2016 im Mathematikunterricht ein Stück Papier entzündet hatte.

3

Am 14. Februar 2017 kam es zu einem Vorfall, der Anlass für die in der Hauptsache angefochtene Ordnungsmaßnahme gegeben hat und deren Bewertung zwischen den Beteiligten in Streit steht. Die Stadtteilschule A. teilte dem Vater des Antragstellers mit Schreiben vom 20. Februar 2017 mit, dass dem Antragsteller vorgeworfen werde, mehrere Mädchen sexuell belästigt zu haben und ein Ordnungsmaßnahmeverfahren eingeleitet werden solle. Der Antragsteller und sein Vater äußerten am 22. Februar 2017 im Schulbüro den Wunsch auf Teilnahme der Klassenelternvertreter und Klassensprecher an einer etwaigen Klassenkonferenz. Vor der Klassenkonferenz am 23. Februar 2007 wurden sie angehört. Im Anhörungsprotokoll ist dazu festgehalten:

4

„Dem Schüler und seinen Erziehungsberechtigten wurde folgender Anlass für die Einleitung eines Ordnungsmaßnahmeverfahrens eröffnet:

5

[Dem Antragsteller] wird vorgeworfen, mehrere Mädchen sexuell belästigt zu haben.

6

[Der Antragsteller], B., C. erscheinen verspätet zum Wahlpflichtunterricht in der 7. Stunde am 14.02.2017. Sie müssen, gemäß Schulordnung, vor dem Gebäude warten, um dann zur folgenden Stunde eingelassen zu werden. Den Schülerinnen und Schülern gelingt es, in das Gebäude zu kommen. Vor der Tür wartend, fordert [der Antragsteller] C. auf, ihr etwas von ihrer Trinkflasche abzugeben. Als diese verneint, umklammert [der Antragsteller] sie von hinten und greift um ihre Brüste herum. C. gelingt es nicht, [den Antragsteller] abzuschütteln. Er drückt stark und langanhaltend. Später sind rote Abdrücke von [des Antragstellers] Händen auf ihrer Brust zu sehen, ihre Mutter bestätigte dieses. B., die während dieser Zeit daneben stand, macht sich über [den Antragsteller] scheinbar lustig, denn es gelingt ihm nicht, auf diese Art und Weise an C.s Trinkflasche zu kommen. Daraufhin geht [der Antragsteller] zu B. und greift ihr von vorn an ihre Brüste. Als B. sich nach etwas bückt, schlägt er ihr mit der flachen Hand auf den Po. […]

7

Der Schüler äußerte sich dazu wie folgt:

8

[Der Antragsteller] gibt den Vorfall zu und gesteht, noch zwei weitere Mädchen ebenfalls sexuell belästigt zu haben, indem er ihnen an die Brüste griff. Er hätte diese Taten aus Spaß unternommen und verstünde nun nicht, weshalb seine Tat weiter verfolgt würde. Er sei darüber hinaus erbost darüber gewesen, dass C. ihm nichts von ihrer Trinkflasche abgab und B. sich über seine Unfähigkeit lustig machte, diese Flasche auch zu erlangen.

9

Die Erziehungsberechtigten äußerten sich wie folgt:

10

[Des Antragstellers] Vater stellt das Verhalten seines Sohnes als Spaß und kleine Neckerei dar. Die Scham- und Angstgefühle der Opfer kann er nicht nachvollziehen. […]“

11

Die Klassenkonferenz – unter Teilnahme nur eines Klassenelternvertreters – beschloss am 23. Februar 2017, den Antrag auf Umsetzung in eine andere Schule mit gleichem Bildungsabschluss zu stellen. Die Stadtteilschule A. teilte dem Vater des Antragstellers mit Schreiben vom 1. März 2017 mit, es sei die Ordnungsmaßnahme „Antrag auf Umsetzung in eine andere Schule mit gleichem Bildungsabschluss“ getroffen worden. Das Schreiben enthält die Belehrung, es könne dagegen Widerspruch eingelegt werden. Dies tat der Antragsteller am 9. März 2017.

12

Auf den Antrag der Klassenkonferenz hin beschloss der von der Lehrerkonferenz gewählte Ordnungsmaßnahmenausschuss der Stadtteilschule A. am 2. März 2017 die „Beantragung der Umsetzung des Schülers bei der BSB“. Wiederum auf diesen Antrag hin hielt die Behörde für Schule und Berufsbildung in einem Aktenvermerk vom 29. März 2017 fest:

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„Dem Antrag des Ordnungsmaßnahmenausschusses der StS A., [den Antragsteller] gemäß § 49 Absatz 4 Nr. 5 HmbSG an eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss zu überweisen, wird entsprochen.

14

Begründung:

15

[Der Antragsteller] gibt in der Anhörung am 23.02.2017 zu, die beiden Mitschülerinnen sexuell belästigt zu haben. Bereits in der 8. Jahrgangsstufe hatte [der Antragsteller] diese Mädchen belästigt. Damals wurden normverdeutlichende Gespräche mit der Klassenlehrkraft, der Abteilungsleitung und der zuständigen Sonderpädagogin geführt und […] Konsequenzen bei weiteren Vorfällen dieser Art angedroht. Da es nun erneut zu sexueller Belästigung kam, ist es erforderlich, [den Antragsteller] der Schule zu verweisen, um die Opfer in Zukunft zu schützen.“

16

Die Antragsgegnerin verfügte mit Bescheid der Behörde für Schule und Berufsbildung vom gleichen Tag gegen den Antragsteller die Ordnungsmaßnahme der „Umschulung zum 03.04.2017 in die Klasse 9 der Schule a. S.“ und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung führte sie aus:

17

„Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist erforderlich, da eine zeitlich verzögerte Umsetzung der Maßnahme dem Opferschutz widersprechen würde. Nach Gesprächen mit den betroffenen Mädchen wurde aus schulpsychologischer Sicht deutlich gemacht, dass eine gemeinsame Beschulung mit [dem Antragsteller] denn beiden Opfern nicht zuzumuten ist. Es besteht daher ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Das Interesse [des Antragstellers] auf Beschulung in seiner bisherigen Schule ist somit nachrangig.“

18

Der Antragsteller legte am 6. April 2017 Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. März 2017 ein. Am gleichen Tag hat er bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

19

Die Klassenkonferenz hat am 19. April 2017 erneut über eine Ordnungsmaßnahme beraten und erneut den Antrag auf Überweisung an eine andere Schule beschlossen. Den Vorsitz führte aufgrund einer im Einzelfall durch die Schulleiterin erteilten Delegation die Abteilungsleiterin der Mittelstufe. Die Klassenelternvertreter und Klassensprecher nahmen an der Sitzung teil.

20

Der Antragsteller hat in der Antragsschrift zunächst vortragen lassen, vor der Klassenkonferenz vom 23. Februar 2017 habe eine Anhörung seiner selbst und seiner Mutter, die verwitwet sei, nicht stattgefunden und er weise die von den Mädchen erhobenen Vorwürfe „inständig zurück“. Es hätten weitaus mildere Mittel zur Erziehung in Anspruch genommen werden müssen. Es gelte die Unschuldsvermutung. Das laufende Strafverfahren sei abzuwarten.

21

Die Antragsgegnerin trägt vor, bereits in der Klasse 8 habe es einen Vorfall gegeben, bei dem der Antragsteller den beiden auch jetzt betroffenen Mädchen an die Brüste gefasst habe. Daraufhin sei ihm bei einem Gespräch u.a. durch die Klassenlehrerin verdeutlicht worden, dass er Grenzen überschritten habe und „diese Dinge, die er als Spaß [empfunden] habe, bei den Mädchen so nicht ankommen würden“.

22

Der Antragsteller entgegnet darauf, dass er bei dem Vorfall in der Klasse 8 im Rahmen des Spielens zu einer versehentlichen Berührung der Brüste gekommen sei. Der Antragsteller meint, in „keinster Weise“ sei der Schulfrieden der gesamten Schulgemeinschaft betroffen. Er habe mit seinem Prozessbevollmächtigten ein längerer Gespräch geführt, in dem er „'Reue' bekundet“ habe. Der „bisherige Unterrichtsausschluss“ sei ausreichend, um ihm vor Augen zu führen, dass sein Verhalten, wenn es tatsächlich stattgefunden haben sollte, nicht zu dulden sei. Es werde bestritten, dass er die Brüste des einen Mädchens stark gedrückt habe.

II.

23

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe an den Antragsteller unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beruht auf § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff., 121 Abs. 2 ZPO. Zu dem insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenantrag hatte der am 6. April 2017 gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz Aussicht auf Erfolg, da der für die Rechtmäßigkeit der Ordnungsmaßnahme erforderliche Antrag der Klassenkonferenz in ordnungsgemäßer Besetzung erst am 19. April 2017 mit heilender Wirkung nachgeholt worden ist (s.u. III. 2. b. bb.). Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller bereits seine Bedürftigkeit nachgewiesen.

III.

24

Der gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 6. April 2017 gegen den aufgrund der behördlichen Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sofort vollziehbaren Bescheid vom 29. März 2017 wiederherzustellen, ist unbegründet. In formeller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß ergangen (hierzu unter 1.). In materieller Hinsicht überwiegt nach der vorzunehmenden Abwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsmaßnahme das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. In die Abwägung ist zunächst einzustellen, dass der in der Hauptsache eingelegte Widerspruch voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, da der angefochtene Bescheid vom 29. März 2017 rechtmäßig sein oder zumindest nicht den Antragsteller in seinen Rechten verletzen dürfte (hierzu unter 2.). Darüber hinaus gebietet ein besonderes öffentliches Interesse die sofortige Vollziehung des Bescheids (hierzu unter 3.).

25

1. In formeller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß ergangen. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Das Begründungserfordernis dient der Behörde dazu, sich über den Ausnahmecharakter klar zu werden, sowie dem Betroffenen und dem Gericht, über die für die behördliche Entscheidung maßgebenden Erwägungen in Kenntnis gesetzt zu werden, wobei eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderes Interesses gerade an der sofortigen Vollziehung notwendig ist (Schoch, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 32. EL Oktober 2016, § 80 Rn. 245, 247 m.w.N.). Diesem Erfordernis ist genügt. Die Antragsgegnerin hat als auf den Einzelfall bezogene Begründung mitgeteilt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich sei, da eine zeitlich verzögerte Umsetzung der Maßnahme dem Opferschutz widersprechen würde, und dazu näher ausgeführt, es sei nach Gesprächen mit den betroffenen Mädchen aus schulpsychologischer Sicht deutlich gemacht, dass ihnen eine gemeinsame Beschulung mit dem Antragsteller nicht zuzumuten sei.

26

2. Der Bescheid vom 29. März 2017 dürfte rechtmäßig sein oder zumindest nicht den Antragsteller in seinen Rechten verletzen. Der Verwaltungsakt stützt sich auf eine gesetzliche Ermächtigung (hierzu unter a.). Den formellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist teils objektiv genügt, teils fehlt es an einer Verletzung des Antragstellers in subjektiven Rechten (hierzu unter b.). Den materiellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes entspricht der Bescheid (hierzu unter c.).

27

a. Der Bescheid findet seine gesetzliche Grundlage in § 49 Abs. 4 Nr. 5 des Hamburgischen Schulgesetzes (v. 16.4.1997, HmbGVBl. S. 97 m. spät. Änd. – HmbSG). Diese Befugnisnorm ermächtigt in den Sekundarstufen I und II zu der Ordnungsmaßnahme einer Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss. Der Bescheid vom 29. März 2017 benennt zwar die Ordnungsmaßnahme fälschlich als „Umschulung“, zielt aber ersichtlich auf eine solche Überweisung ab, nämlich auf eine Überweisung des Antragstellers von der Stadtteilschule A. in die Schule a. S..

28

b. Den formellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes ist teils objektiv genügt, teils ist der Antragsteller zumindest nicht in subjektiven Rechten verletzt. Die Zuständigkeit zum Erlass der Ordnungsmaßnahme ist gewahrt (hierzu unter aa.). Das Verfahren ist eingehalten. Es fehlt weder an einem ordnungsgemäß gefassten Antrag der Klassenkonferenz (hierzu unter bb.) noch an dem erforderlichen Antrag des Ordnungsmaßnahmenausschusses der Lehrerkonferenz (hierzu unter cc.). Der minderjährige Antragsteller in Person und sein Vater sind ordnungsgemäß angehört worden (hierzu unter dd.). Die im Bescheid angegebene Begründung ist mangelhaft, doch folgt daraus kein Aufhebungsanspruch des Antragstellers (hierzu unter ee.).

29

aa. Die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Ordnungsmaßnahme einer Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss liegt gemäß § 49 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 5 HmbSG bei der Behörde für Schule und Berufsbildung als zuständiger Behörde gemäß Ziffer I der Anordnung über Zuständigkeiten für das Schulwesen (v. 23.6.1999, Amtl. Anz. S. 1769 m. spät. Änd.).

30

bb. Der gemäß § 49 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 5 HmbSG erforderliche Antrag der Klassenkonferenz an die Lehrerkonferenz auf weitergehende Maßnahmen liegt vor. Vorsitz und Zusammensetzung der nunmehr maßgeblichen Klassenkonferenz vom 19. April 2017 sind nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

31

Die Klassenkonferenz hatte den Beschluss, eine Überweisung zu beantragen, zunächst am 23. Februar 2017 in fehlerhafter Besetzung gefasst und hat ihn sodann in ordnungsgemäßer Besetzung am 19. April 2017 erneuert. Die vorherige Verletzung von Verfahrensvorschriften, die den Bescheid vom 29. März 2017 mangels besonderer Schwere des Fehlers nicht nach § 44 HmbVwVfG nichtig gemacht hat, ist durch den nachträglich gefassten Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 4 HmbVwVfG geheilt. Danach ist die fehlerhafte Besetzung der Klassenkonferenz als Verletzung einer Verfahrensvorschrift dann unbeachtlich, wenn die Klassenkonferenz in ordnungsgemäßer Besetzung ihren Beschluss wiederholt (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 21.4.2006, 11 K 3257/05).

32

Den Vorsitz über die Klassenkonferenz vom 19. April 2017 führte anstelle der grundsätzlich nach § 49 Abs. 6 Satz 1 HmbSG dazu berufenen Schulleiterin aufgrund einer im Einzelfall erfolgten Delegation ausnahmsweise gemäß § 89 Abs. 1 Satz 3 HmbSG die Abteilungsleiterin der Mittelstufe als Inhaberin einer Funktionsstelle gemäß § 96 Abs. 1 HmbSG.

33

An der Klassenkonferenz haben in Einklang mit § 49 Abs. 6 Satz 2 und 3 HmbSG nach dem geäußerten Willen des Antragstellers und seines Vaters beide Klassenelternvertreter und beide Klassensprecher als Vertreter der Schüler gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 HmbSG teilgenommen.

34

Für die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 29. März 2017 der Behörde für Schule und Berufsbildung getroffenen Ordnungsmaßnahme ist die fehlerhafte Mitteilung der Stadtteilschule A. an den Vater des Antragstellers vom 1. März 2017 unschädlich. Das Schreiben ist fehlerhaft, weil ein „Antrag auf Umsetzung in eine andere Schule mit gleichem Bildungsabschluss“ weder eine Ordnungsmaßnahme ist noch durch Verwaltungsakt ergeht, gegen den gemäß § 68 Abs. 1 VwGO ein Widerspruch statthaft wäre. Es handelt sich vielmehr um eine behördliche Verfahrenshandlung, gegen die gemäß § 44a Satz 1 VwGO kein isolierter Rechtsbehelf gegeben ist. Mangels Verwaltungsaktes geht der vom Antragsteller insoweit am 9. März 2017 eingelegte Widerspruch ins Leere und entfaltet insbesondere nicht gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Mitwirkung der Klassenkonferenz.

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cc. Der gemäß § 49 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 5 HmbSG erforderliche Antrag der Lehrerkonferenz oder eines von ihm gewählten Ausschusses liegt aufgrund des Beschlusses des von der Lehrerkonferenz gewählten Ordnungsmaßnahmenausschuss vom 2. März 2017 vor.

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dd. Eine Anhörung ist erfolgt. Das gemäß § 1 Abs. 1 HmbVwVfG nachrangige allgemeine Anhörungserfordernis des § 28 Abs. 1 HmbVwVfG findet keine Anwendung. In Übereinstimmung mit der besonderen Regelung des § 49 Abs. 5 Satz 1 HmbSG sind vor der Ordnungsmaßnahme der minderjährige Antragsteller als Schüler und ebenso sein Vater als Sorgeberechtigter gehört worden. Die in der Antragsschrift enthaltene Behauptung, eine Anhörung des Antragstellers habe nicht stattgefunden, ist nach dem vorliegenden Anhörungsprotoll, offensichtlich unwahr. Dort ist ebenfalls festgehalten, dass der Vater angehört worden ist. Entgegen der Darstellung in der Antragsschrift ist zudem die Mutter des Antragstellers verstorben und der Vater allein sorgeberechtigt. Unschädlich ist, dass die Anhörung im Zusammenhang mit der ersten, nicht ordnungsgemäß besetzten Klassenkonferenz vom 23. Februar 2017 stattgefunden hat. Zwar kann gemäß § 49 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 1 HmbSG die gebotene Anhörung zu Beginn der Sitzung der Klassenkonferenz stattfinden, doch ist dies kein zwingendes Erfordernis, wenn nur – wie hier – eine Anhörung überhaupt durchgeführt wird.

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ee. Der Bescheid dürfte objektiv mangelhaft begründet sein, doch folgt daraus keine Verletzung des Antragstellers in subjektiven Rechten, die einen mit dem Widerspruch durchsetzbaren Anspruch auf Aufhebung tragen könnte. Im Einzelnen:

38

Der Bescheid vom 29. März 2017 muss sich an dem allgemeinen Begründungserfordernis nach § 39 HmbVwVfG messen lassen, da der diesbezügliche Anwendungsausschluss nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 HmbVwVfG nur für die Tätigkeit der Schulen, nicht für den Erlass eines Verwaltungsaktes durch die Behörde für Schule und Berufsbildung eingreift. Im Einzelnen verlangt § 39 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Satz 2 und 3 HmbVwVfG grundsätzlich, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen ist, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, wobei die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen soll, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Dem dürften die Ausführungen im Bescheid vom 29. März 2017 nicht genügen. Die nach dem Aktenvermerk vom gleichen Tag für die Entscheidung der Behörde für Schule und Berufsbildung tragenden Gründe wurden im Bescheid nicht vollständig mitgeteilt. Eine Begründung war auch nicht gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 HmbVwVfG ausnahmsweise entbehrlich, denn der Adressat des Verwaltungsaktes konnte die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage nicht ohne weiteres, nämlich nicht ohne Einsicht in die behördlichen Akten, erkennen.

39

Gleichwohl folgt aus diesem Fehler in der Form, der mangels Schwere den Verwaltungsakt nicht nach § 44 HmbVwVfG nichtig macht, gemäß § 46 HmbVwVfG kein Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsaktes. Denn es ist offensichtlich, dass die Verletzung der Formvorschrift des § 39 HmbVwVfG die Entscheidung in der Sache nicht zulasten des Antragstellers beeinflusst hat. Die Behörde für Schule und Berufsbildung hat ihre Entscheidung unabhängig davon aus den im Aktenvermerk niedergelegten Gründen getroffen, ob sie diese Gründe dem Antragsteller ordnungsgemäß mitgeteilt hat.

40

Außerdem ist im Widerspruchsverfahren eine Heilung des Begründungmangels gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 HmbVwVfG zu erwarten, so dass der Widerspruch auch aus diesem Grund voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird.

41

c. Den materiellen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes genügt der Bescheid der Behörde für Schule und Berufsbildung vom 29. März 2017. Die tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen die Behörde nach Ermessen über die Ordnungsmaßnahme der Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss entscheidet, sind gegeben (hierzu unter aa.). Die getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden (hierzu unter bb.).

42

aa. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Befugnisnorm sind gegeben.

43

Nach § 49 Abs. 4 HmbSG können in den Sekundarstufen I und II zur Sicherung der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule oder zum Schutz beteiligter Personen die dort bezeichneten Ordnungsmaßnahmen, bei schwerem Fehlverhalten insbesondere gemäß § 49 Abs. 4 Nr. 5 die Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss, getroffen werden. Eine Ordnungsmaßnahme ist damit eine Maßnahme der Gefahrenabwehr (VG Hamburg, Beschl. v. 8.5.2015, 4 K 2748/14; Urt. v. 13.2.2013, 15 K 368/12, juris Rn. 43), wobei bei der Ordnungsmaßnahme einer Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss die abzuwehrende Gefahr für die Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule oder beteiligte Personen aus einem schweren Fehlverhalten des betroffenen Schülers der Sekundarstufe I oder II folgen muss. Diese Voraussetzungen sind mit einer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllt. Die aktenkundig durchgeführten Ermittlungen und präsenten Beweismittel genügen, um eine hinreichende Grundlage zu schaffen. Im Einzelnen:

44

Der Antragsteller gehört als Schüler der Jahrgangsstufe 9 einer Stadtteilschule gemäß §§ 11 Abs. 2, 15 Abs. 1 Satz 1 HmbSG der Sekundarstufe I an.

45

Nach dem Erkenntnisstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ist in tatsächlicher Hinsicht von folgenden Umständen auszugehen: Am 14. Februar 2017 im Schulgebäude wartend forderte der Antragsteller seine Mitschülerin C. auf, ihm etwas von ihrer Trinkflasche abzugeben. Als diese sein Ansinnen verneinte umklammerte der Antragsteller sie von hinten und griff um ihre Brüste herum. C. gelang es nicht, den Antragsteller abzuschütteln. Er drückte langanhaltend. Ihm gelang es nicht, auf diese Art und Weise an die Trinkflasche zu gelangen. Die weitere Mitschülerin B., die während dieser Zeit daneben stand, machte sich über den Antragsteller deshalb lustig. Daraufhin ging der Antragsteller zu B. und griff ihr von vorn an ihre Brüste. Als B. sich nach etwas bückte, schlug der Antragsteller ihr mit der flachen Hand auf das Gesäß.

46

Diese tatsächlichen Umstände sind bereits im Anhörungsprotokoll vom 23. Februar 2017 festgehalten. In der Anhörung vom 23. Februar 2017 haben der Antragsteller und sein Vater die erhobenen Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten. Vielmehr hat der Antragssteller den Vorfall zugestanden sowie noch eine weitere Belästigung eingeräumt und angegeben, er habe diese Taten als Spaß unternommen und er seo über das Verhalten der Mädchen erbost gewesen. Der Vater hat das Verhalten seines Sohnes ebenfalls als Spaß dargestellt. Soweit der Antragsteller mit der Antragsschrift hatte vortragen lassen, er weise die erhobenen Vorwürfe „inständig zurück“, ist bereits nicht ersichtlich, ob die Sachverhaltsschilderung bestritten werden oder nur in rechtlicher Hinsicht eine andere Bewertung als durch die Antragsgegnerin vorgenommen werden sollte. Zumindest fehlt es an dem substantiierten entgegenstehenden Sachverhaltsvortrag. Auch bestreitet der Antragsteller ausgehend von seinen späteren Schriftsätzen die oben genannten tatsächlichen Umstände jedenfalls nicht mehr, sondern bestreitet lediglich, dass er die Brüste des einen Mädchens stark gedrückt habe.

47

Ausgehend von den tatsächlichen Umständen fällt dem Antragsteller ein schweres Fehlverhalten als Schüler zur Last. Er hat in der Schule die sexuelle Selbstbestimmung zweier seiner Mitschülerinnen verletzt. Er hat zugleich die Achtung vermissen lassen, die jeder Person zukommt. Er hat sich so verhalten, als ob es ihm zustünde, darüber zu entscheiden, von wem sich die Mitschülerinnen an intimen Körperstellen anfassen lassen. Die – besondere – Schwere seines Fehlverhaltens folgt aus seinem verantwortlichen Alter, der Art und Weise der Tatausführung und seiner Motivation. Der Antragsteller war bei dem Vorfall 14 Jahre alt, somit gemäß § 19 StGB kein strafunmündiges Kind mehr, sondern nach Maßgabe des § 3 JGG für seine Taten verantwortlich. Der Antragsteller hat seine Mitschülerinnen nicht nur verbal, sondern körperlich angegriffen. Bei dem Vorfall am 14. Februar 2017 handelt sich auch nicht um ein Augenblicksversagen. Er hat nicht spontan seine Hand unter Ausnutzung des Überraschungsmoments an eine Körperstelle geführt, an der er kein Mädchen und keine Frau ohne Einwilligung berühren darf. Vielmehr liegt gegen C. eine Gewalttat vor. Er hat sie von hinten umklammert und langanhaltend um ihre Brüste gegriffen, wobei es ihr zunächst nicht gelungen ist, ihn abzuschütteln. Gegen B. liegen zwei sexuelle Grenzüberschreitungen vor, ein Griff von vorne an die Brüste und ein Schlag mit der flachen Hand auf das Gesäß. Mit diesen Handlungen wollte der Antragstellerin – was ihm nicht zukommt – seine Mitschülerin bestrafen, wodurch er seine grundlegend mangelnde Achtung zum Ausdruck gebracht hat.

48

Dahinstehen kann dabei die strafrechtliche Bewertung der Tat oder der Taten, etwa als sexueller Übergriff gemäß § 177 Abs. 1 StGB, als sexuelle Belästigung gemäß § 184i Abs. 1 StGB, als Beleidigung mittels einer Tätlichkeit gemäß § 185 Var. 2 StGB, als Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB, als versuchte Nötigung gemäß §§ 22, 23 Abs. 1, 240 Abs. 1, Abs. 3 StGB und/oder als versuchter Raub gemäß §§ 22, 23 Abs. 1, 249 Abs. 1 StGB. Ebenso kann dahinstehen, zu welchen Folgen das laufende jugendstrafrechtliche Verfahren führen wird. Denn während im Strafverfahren gegen einen jugendlichen Beschuldigten die Ahndung begangenen Unrechts und der Erziehungsgedanke im Vordergrund stehen, bezweckt das Ordnungsmaßnahmenverfahren, wie dargestellt, die Abwehr von Gefahren. Insbesondere dient es dem Schutz beteiligter Personen davor, in der Zukunft (erneut) Opfer eines (wiederholten) schweren Fehlverhaltens des Schülers zu werden. Auch die vom Antragsteller benannte Unschuldsvermutung findet im Gefahrenabwehrrecht keine Anwendung, sondern gilt gemäß Art. 6 Abs. 2 EMRK nur für Strafverfahren.

49

Die Gefahr, dass der Antragsteller sein Verhalten in der Zukunft fortsetzen wird, folgt zum einen aus der Art und Weise der Tatausführung, die auf eine fehlende Achtung gegenüber Mädchen und Frauen schließen lässt. Zum anderen war der Antragsteller durch die Schule gesondert vorgewarnt, dass die sexuelle Selbstbestimmung der Mitschülerinnen zu achten ist. Unstreitig kam es in der Jahrgangsstufe 8 zu einem Vorfall, bei dem der Antragsteller die Brüste von Mitschülerinnen berührt hatte, wobei der Antragsteller dies nunmehr als Versehen hingestellt hat. Unstreitig wurde ihm nochmals verdeutlicht, wie wichtig die Achtung des anderen Geschlechts ist. Es wurden nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin normverdeutlichende Gespräche mit der Klassenlehrkraft, der Abteilungsleitung und der zuständigen Sonderpädagogin geführt und Konsequenzen bei weiteren Vorfällen dieser Art angedroht. Dennoch hat der Antragsteller bei dem Vorfall vom 14. Februar 2017 keine Achtung für seine Mitschülerinnen aufgebracht und sie behandelt, als ob sie nicht selbst über ihre Sexualität bestimmen dürften. Es steht nicht zu erwarten, dass sein allein sorgeberechtigter Vater auf den Antragsteller in einer Weise erzieherisch einwirken wird, die eine Wiederholung seines Fehlverhaltens ausschließen würde. Der Vater hat in der Anhörung vom 23. Februar 2017 das Verhalten seines Sohnes als Spaß und kleine Neckerei dargestellt und damit nicht hinreichend als gravierender Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln erkannt.

50

bb. Die getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden.

51

Der gerichtliche Kontrollmaßstab ergibt sich aus § 114 Satz 2 Var. 1 VwGO. Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach dieser Vorschrift auch, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Dahinstehen kann, ob der Behörde für Schule und Berufsbildung hinsichtlich der Ordnungsmaßnahme der Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss ein gerichtlich nur eingeschränkter „Bewertungsspielraum“ zukommt, wie es zum Teil für die Klassenkonferenz bei der Anordnung und Auswahl einer in ihre Zuständigkeit fallenden schulischen Ordnungsmaßnahme angenommen wird (so VG Hamburg, Urt. v. 13.2.2013, 15 K 368/12, juris Rn. 33). Denn auch bei Annahme eines solchen „Bewertungsspielraums“ ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer Ordnungsmaßnahme vorliegen, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob von einer vollständigen Tatsachengrundlage ausgegangen worden ist, ob von dem Ermessen ein dem gesetzlichen Zweck entsprechender Gebrauch gemacht worden ist, ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind und ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde. Dies läuft im Ergebnis auf eine Ermessensprüfung hinaus.

52

Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Im Einzelnen:

53

Ein Ermessensausfall ist nicht gegeben. Die Behörde für Schule und Berufsbildung hat erkannt, dass ihr Ermessen zukommt. Sie hat ihr Ermessen auch ausgeübt. Ausweislich des Aktenvermerks vom 29. März 2017 hat sie ihre Entscheidung unter Abwägung der Gründe des Einzelfalls getroffen.

54

Ein Ermessensfehlgebrauch liegt nicht vor. Die Behörde für Schule und Berufsbildung hat ihre Entscheidung an dem von der gesetzlichen Ermächtigung in § 49 Abs. 4 HmbSG gedeckten Zweck des Schutzes beteiligter Person ausgerichtet. Aus dem Aktenvermerk sowie auch aus der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem Bescheid vom 29. März 2017 geht hervor, dass die Überweisung in eine andere Schule einen Opferschutz bezweckt.

55

Eine Ermessensüberschreitung ist nicht festzustellen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, insbesondere in seinen Konkretisierungen durch § 49 Abs. 1 HmbSG, ist beachtet.

56

Die Überweisung des Antragstellers in eine andere Schule ist ein geeignetes Mittel, um der aus seinem Fehlverhalten folgenden Wiederholungsgefahr (s.o. aa.) zu begegnen.

57

Erforderlich ist die Überweisung, da mildere Mittel nicht ebenso effektiv sind. Eine Umsetzung des Antragstellers in eine Parallelklasse nach § 49 Abs. 4 Nr. 3 HmbSG hätte die Mitschülerinnen im Bereich der Schule außerhalb des jeweiligen Unterrichts nicht in dem Maß geschützt, wie die Überweisung in eine andere Schule. Gleichwohl gemäß § 49 Abs. 1 Satz 5 HmbSG bei fortgesetzten Erziehungsschwierigkeiten Erziehungsmaßnahmen einschließlich der Hilfestellung durch die Beratungslehrkraft, den Schulberatungsdienst oder die Schulsozialbetreuung grundsätzlich Vorrang vor Ordnungsmaßnahmen haben, steht dies der getroffenen Ordnungsmaßnahme hier nicht entgegen. Zum einen folgt aus der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes eben nicht, dass Ordnungsmaßnahmen in jedem Fall nur dann zulässig sind, wenn pädagogische Maßnahmen nicht zu einer Konfliktlösung geführt haben (noch zur früheren Fassung des Gesetzes VG Hamburg, Beschl. v. 19.10.2009, 15 K 134/09). Zum anderen haben im vorliegenden Einzelfall pädagogische Maßnahmen anlässlich vorheriger Vorfälle nicht zur einer Konfliktlösung geführt. Das in der Jahrgangsstufe 8 geführte normverdeutlichende Gespräch mit dem Antragsteller über die Achtung von Mädchen und Frauen blieb, wie der Vorfall vom 14. Februar 2017 zeigt, ohne nachhaltigen Erfolg. Nunmehr steht keine Erziehungsmaßnahme zur Verfügung, die für sich allein den gebotenen Schutz beteiligter Personen erreichen könnte.

58

Soweit der Antragsteller geltend macht, der „bisherige Unterrichtsausschluss“ sei ausreichend, um ihm vor Augen zu führen, dass sein Verhalten, wenn es tatsächlich stattgefunden haben sollte, nicht zu dulden sei, und er habe mit seinem Prozessbevollmächtigten in einem längeren Gespräch „'Reue' bekundet“, kommt darin nicht zum Ausdruck, dass er nunmehr ernsthaft und nachhaltig die Schwere seines Fehlverhaltens einsieht. Vielmehr deutet sich lediglich an, dass der Antragsteller gegenwärtig seiner Schulpflicht, die er aufgrund des sofort vollziehbaren Bescheids vom 29. März 2017 ab dem 3. April 2017 an der Schule a. S. zu erfüllen hat, nicht nachkommt.

59

Die getroffene Maßnahme steht in einem angemessenen Verhältnis zum Fehlverhalten des Schülers, wie das in § 49 Abs. 1 Satz 3 HmbSG konkretisierte Übermaßverbot verlangt. Zwar ist für den Antragsteller, der seine Schulpflicht noch nicht erfüllt hat, die Überweisung in eine andere Schule die schärfste zu Gebote stehende Ordnungsmaßnahme. Auch beeinträchtigt die Überweisung das Interesse des Antragstellers, in seinem gewohnten schulischen Umfeld zu verbleiben. Doch ist nicht bereits bei einem ersten Fehlverhalten eines sich ansonsten tadellos verhaltenden Schülers sogleich die am stärksten in seine Rechte eingreifende Maßnahme gewählt worden. Vielmehr ist der Antragsteller in der Vergangenheit bereits vielfach durch massive Störungen des Unterrichts aufgefallen. Auch ist, weniger als vier Monate zuvor, bereits einmal ein schriftlicher Verweis als erste förmliche Ordnungsmaßnahme gegen ihn ergriffen worden. Das Interesse der Mitschülerinnen, dass zukünftig ihre Person und ihre sexuelle Selbstbestimmung geachtet werden, muss nicht hinter dem Interesse des Antragstellers zurückstehen. Selbst gegen einen nur zwölf Jahre alten Schüler kann auch ohne körperlichen Übergriff eine sexuelle Belästigung die Überweisung in eine andere Schule rechtfertigen (VG Stuttgart, Beschl. v. 3.5.2016, 12 K 2336/16, juris Rn. 17). Das Fehlverhalten des Antragstellers wiegt nach den Umständen des Einzelfalls besonders schwer. Dies folgt, wie im Einzelnen bereits dargestellt, aus seinem verantwortlichen Alter von 14 Jahren, der Art und Weise der Tatausführung mit Gewalt und der Motivation einer Bestrafung von Mitschülerinnen (s.o. aa.).

60

Die Schule a. S., der der Antragsteller durch die Ordnungsmaßnahme zugewiesen ist, befindet sich für den Antragsteller als Schüler der Jahrgangsstufe 9 in zumutbarer Entfernung. Die beiden Standorte sind von der Wohnung des Antragstellers 1.979 m bzw. 2.405 m entfernt. Ausgegangen wird vom Schulweg-Routenplaner der Behörde für Schule und Berufsbildung, der im Internet frei verfügbar ist und dessen Anwendung gleichmäßige Ergebnisse sicherstellt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 22.8.2012, 1 Bs 197/12, VG Hamburg, Beschl. v. 16.7.2013, 2 E 2258/13).

61

3. Ein besonderes öffentliches Interesse gebietet die sofortige Vollziehung des Bescheids. Da Ordnungsmaßnahmen die Erziehungs- und Unterrichtarbeit der Schule sichern und betroffene Personen schützen sollen, stellen sie schulrechtliche Maßnahmen der Gefahrenabwehr dar und dulden schon deshalb regelmäßig keinen Aufschub (VG Hamburg, Urt. v. 13.2.2013, 15 K 368/12, juris Rn. 43). Im Fall des Antragstellers müssen die Mitschülerinnen auch für die Dauer eines Rechtsbehelfsverfahrens in der Hauptsache vor weiteren Übergriffen geschützt werden.

IV.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Anlehnung an Nr. 1.5, 38.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

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(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

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Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

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Strafgesetzbuch - StGB | § 184i Sexuelle Belästigung


(1) Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Str

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Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 03. Mai 2016 - 12 K 2336/16

bei uns veröffentlicht am 03.05.2016

Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 5.000,- festgesetzt. Gründe   1 Der Antragsteller, ein aktuell die 6. Klasse besuchender 12-jähriger Schüler, wen

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist.

Ein Jugendlicher ist strafrechtlich verantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Zur Erziehung eines Jugendlichen, der mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist, kann der Richter dieselben Maßnahmen anordnen wie das Familiengericht.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

 
Der Antragsteller, ein aktuell die 6. Klasse besuchender 12-jähriger Schüler, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den gesetzlich angeordneten Sofortvollzug eines von der stellvertretenden Schulleiterin der Realschule P. am 11.04.2016 erlassenen Schulausschlusses.
Der Antrag ist nach § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 VwGO in Verbindung mit § 90 Abs. 3 Satz 3 SchG zulässig. Insbesondere kann dem Antragsteller, obwohl er nach Angaben des Antragsgegners bereits an einer anderen Schule aufgenommen worden ist, nicht das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag abgesprochen werden, weil er immer noch die Möglichkeit hätte, an die Realschule P. zurückzukehren.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen, wenn das Interesse des Antragstellers, während des Rechtsbehelfsverfahrens von der Vollziehung einstweilen verschont zu bleiben, gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Insoweit hat das Gericht im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen der Interessenabwägung sind neben anderen Belangen insbesondere die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, vorliegend des mit Schreiben vom 20.04.2016 erhobenen Widerspruchs, zu berücksichtigen. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ist dabei umso größer, je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels sind. Die Anordnung ist abzulehnen, wenn das Rechtsmittel offensichtlich aussichtslos ist. Umgekehrt hat die Anordnung zu erfolgen, wenn der angegriffene Bescheid offensichtlich fehlerhaft ist oder jedenfalls ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen.
Im vorliegenden Fall gebietet eine Abwägung des vorliegend widerstreitenden Interesses des Antragstellers, vom Schulausschluss verschont zu bleiben, und des öffentlichen Interesses des Antragsgegners an der Durchsetzung der verhängten Maßnahme das Zurücktreten der Interessen des Antragstellers. Denn die Entscheidung der stellvertretenden Schulleiterin, den Antragsteller von der Realschule P. auszuschließen, begegnet nach der im Eilrechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wohl keinen rechtlichen Bedenken. Der Widerspruch wird daher aller Voraussicht nach erfolglos bleiben.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Schulausschlusses ist § 90 Abs. 3 Nr. 2 g), Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Sätze 2 bis 4 SchG. Hiernach kann der Schulleiter nach Anhörung der Klassenkonferenz sowie - auf Wunsch der Erziehungsberechtigten eines minderjährigen Schülers auch der Schulkonferenz - einen Schüler aus der Schule ausschließen, wenn der Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet und das Verbleiben des Schülers in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung, Gesundheit oder Sicherheit der Mitschüler befürchten lässt.
Die getroffene Maßnahme des Schulausschlusses dürfte formell rechtmäßig sein. Die stellvertretende Schulleiterin war vorliegend gemäß § 42 Abs. 1 SchG zum Erlass des Schulausschlusses befugt, weil die Stelle des Schulleiters in der Realschule P. derzeit noch nicht besetzt ist. Die Erziehungsberechtigten des Antragstellers wurden in einem Gespräch mit der stellvertretenden Schulleiterin am 11.04.2016 zum beabsichtigten Schullausschluss angehört. Die gemäß § 90 Abs. 3 Nr. 2 g) SchG erforderliche Anhörung der Klassenkonferenz wurde am 05.04.2016 vor der Entscheidung der stellvertretenden Schulleiterin über den Schulausschluss durchgeführt. Ein Protokoll über die Klassenkonferenz wurde nachträglich zu den Akten genommen. Dass die Erziehungsberechtigten des Antragstellers nicht von der Klassenkonferenz angehört worden sind, begründet keinen formellen Fehler. Denn deren Teilnahme schreibt das Gesetz nicht vor; insbesondere sind sie nicht Teil der Klassenkonferenz, wie sich aus § 45 Abs. 1, 2 SchG ergibt (vgl. VG Sigmaringen, Beschl. v. 07.02.2006 - 7 K 45/06).
Im Weiteren ist nicht zu beanstanden, dass die Schulkonferenz nicht gemäß § 90 Abs. 4 Satz 1 SchG bereits vor dem Erlass des Schulausschlusses angehört wurde. Denn eine Heilung der unterbliebenen Anhörung kann noch in analoger Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG im Widerspruchsverfahren erfolgen (vgl. VG Karlsruhe, Beschl. v. 19.03.1997); tatsächlich wurde - durch nachgereichtes Protokoll belegt - am 25.04.2016 die Schulkonferenz angehört. Auch die Nichtanhörung der Erziehungsberechtigten des Antragstellers durch die Schulkonferenz stellt keinen formellen Fehler war. Der Gesetzeswortlaut spricht bereits von einer Anhörung „der Schulkonferenz“ und nicht etwa „durch die Schulkonferenz“. Es entspricht zudem dem Willen des Gesetzgebers, dass keine Anhörungspflicht durch die Schulkonferenz besteht. In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass die Entscheidung über Ordnungsmaßnahmen vollständig dem Schulleiter übertragen ist; das Votum der Schulkonferenz ist rechtlich nicht verbindlich (vgl. LT-Drs. 13/2424 S. 7). Die Konferenzanhörung ist folglich durch den Grundsatz der Mittelbarkeit geprägt (vgl. Wörz/v.Alberti/Falkenbach, Schulgesetz für Baden-Württemberg 15. Nachlieferung, § 90 SchG 10.2.7). Es kann im Übrigen dahingestellt bleiben, ob die Erziehungsberechtigten des Antragstellers - wie vom Antragsteller bestritten - auf die Möglichkeit der Anhörung der Schulkonferenz hingewiesen worden sind. Denn mit der am 25.04.2016 erfolgten Anhörung der Schulkonferenz wäre ein unterbliebener Hinweis jedenfalls geheilt. Ein solcher Hinweis hätte nämlich nicht mehr bewirkt, als die Erziehungsberechtigten über die Möglichkeit der Anhörung der Schulkonferenz zu informieren.
Der Schulausschluss ist voraussichtlich auch materiell rechtmäßig. Beim Antragsteller liegt ein schweres und auch wiederholtes Fehlverhalten vor, das den Erlass des Schulausschlusses rechtfertigt.
10 
Nach Aktenlage befand sich der Antragsteller zusammen mit einem Freund am Freitag, 11.03.2016, im Anschluss an den Unterricht in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes auf dem Nachhauseweg. Dabei ging er auf eine 11-jährige Schülerin, die die 5. Klasse derselben Schule besucht, zu, zog die Hose und auch die Unterhose herunter und forderte das Mädchen auf, „ihm einen zu blasen“. Die Schülerin vertraute sich direkt im Anschluss daran ihrer Sportlehrerin an. Am 21.03.2016 erstatteten die Eltern der Schülerin bei der Polizei Anzeige gegen den Antragsteller.
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Zwar hat der Antragsteller wiederholt bestritten, auch sein Geschlechtsteil entblößt zu haben. Weiter hat er angegeben, er habe sich bei dem Vorfall auf der anderen Straßenseite befunden und habe auch die Hose sofort mit den Worten „war nur Spaß“ wieder hochgezogen. Nach Aktenlage sind diese Angaben jedoch widerlegt. So hat insbesondere der den Antragsteller an diesem Tag begleitende Freund angegeben, der Antragsteller sei zu der Schülerin gegangen und habe sie gefragt „ob sie ihm einen blasen kann“. Er habe dabei seine Hose und Unterhose ausgezogen. Auch aus der wiedergegebenen Befragung des Freundes sowie der Schülerin durch die Schulleiterin wird ersichtlich, dass sich der Antragsteller jedenfalls in deutlich geringerem Abstand zu der Geschädigten befunden haben muss.
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Das Fehlverhalten des Antragsstellers weist zunächst den nach § 90 Abs. 1 SchG erforderlichen Schulbezug auf. Maßgeblich bei Verhalten außerhalb des Schulgeländes ist dabei, ob das Fehlverhalten konkret störend in den Schulbetrieb hineinwirkt und so den pädagogischen Auftrag der Schule berührt (vgl. Ebert (Hrsg.), Schulrecht Baden-Württemberg, 1. Aufl. 2013, § 90 SchG RdNr. 8). Dies ist vorliegend der Fall. Das Fehlverhalten fand in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes im Anschluss an den Unterricht statt. Geschädigte des Fehlverhaltens war eine Schülerin derselben Schule. Allein der Umstand, dass diese weiterhin mit dem Antragsteller dieselbe Schule besuchen muss, stellt eine konkrete negative Auswirkung auf den Schulbetrieb dar. So wurde auch vom der Antragsgegner dargelegt, dass Freunde des Antragstellers die Geschädigte auf den Vorfall angesprochen hätten bzw. der Vorfall auch in den jeweiligen Klassen Gesprächsthema gewesen sei.
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Die Schilderung des Fehlverhaltens durch die Beteiligten ergibt in jedem Falle, dass der Antragsteller die Schülerin in nicht unerheblichem Maße sexuell belästigt und beleidigt und so das Recht auf deren sexuelle Selbstbestimmung und deren Ehrgefühl verletzt hat. Dies wiegt insoweit schwer, als der Antragsteller nicht nur verbal die Geschädigte zum Oralsex aufgefordert hat, sondern dabei auch die Hose und Unterhose herunter gezogen hat. Für eine sexuelle Belästigung ist dabei nicht erforderlich, dass auch noch eine Bedrohung hinzutritt. Doch ist - wie dargelegt - als lebensnah anzunehmen, dass durch das Herantreten des Antragstellers, eines älteren Schülers, die Geschädigte eingeschüchtert gewesen sein dürfte. Es spielt dabei insoweit keine Rolle, ob der Antragsteller dieses Verhalten selbst als „Spaß“ angesehen hat (vgl. VG Freiburg, Urt. 28.01.2009 - 2 K 2180/09 - juris RdNr. 22). Obwohl der Antragsteller in seinem jungen Alter möglicherweise nicht die gesamte Tragweite seines Verhaltens überblickt hat, kann dies nicht als alterstypisches (vor-)pubertäres Verhalten angesehen werden. Denn es muss auch dem Antragsteller klar gewesen sein, dass ein solches Verhalten die Grenze zum „Spaß“ bei weitem überschreitet. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller und die Geschädigte nur vom Sehen kannten. Folglich konnte der Antragsteller unter keinen Umständen davon ausgehen, dass die Geschädigte dies etwa als „Spaß“ eines Freundes auffassen könnte. Nicht von entscheidender Bedeutung ist im Übrigen, dass der Entschluss zur Tat - wie vorgetragen - spontan entstanden ist. Eine sexuelle Belästigung und Beleidigung werden nicht dadurch in besonderer Weise in ihrem Unrechtsgehalt verstärkt, dass sie „von langer Hand geplant“ sind. An der Schwere des Fehlverhaltens vermag auch die nunmehr vom Antragsteller vorgetragene Entschuldigung gegenüber der Geschädigten im Beisein der jeweiligen Erziehungsberechtigten am 24.04.2016 nichts Entscheidendes zu ändern. Trotz einer darin in gewissem Maß zum Ausdruck kommenden Einsicht und Reue des Antragstellers wird an der zwischen Vorfall und Entschuldigung vergangenen Zeit deutlich, dass die Entschuldigung erst (auch) unter Einfluss des ausgesprochenen Schulausschlusses erfolgte. Das unmittelbare Verhalten des Antragsstellers nach dem Vorfall legt dagegen nahe, dass es ohne die ausgesprochene Sanktion möglicherweise nicht zu einer Entschuldigung gekommen wäre. Hierfür spricht insbesondere, dass der Antragsteller das Fehlverhalten vom 11.03.2016 nach Angaben der stellvertretenden Schulleiterin verharmloste und gegenüber Mitschülern damit prahlte, die Polizei habe sich gar nicht bei ihm gemeldet. Aus einer schriftlichen Stellungnahme des Klassenlehrers der Geschädigten geht überdies hervor, dass der Antragsteller die Geschehnisse vom 11.03.2016 in der Gestalt verzerrt wiedergegeben habe, dass das Mädchen den Antragsteller zu sexuellen Handlungen aufgefordert habe.
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Beim Antragsteller liegt zudem ein wiederholtes Fehlverhalten vor. Aus den dem Gericht vorliegenden Klassenbucheinträgen der Schuljahre 2014/2015 sowie 2015/2016 geht hervor, dass der Antragsteller wiederholt durch Undiszipliniertheiten, jedoch auch durch nicht unerhebliches Fehlverhalten aufgefallen ist. Während sich die Klassenbucheinträge aus dem Schuljahr 2014/2015 zumeist noch auf geringeres Fehlverhalten wie das Vergessen von Hausaufgaben beschränken, ist im Schuljahr 2015/2016 eine Tendenz zu gewichtigerem Fehlverhalten zu beobachten. Insbesondere sind zahlreiche Vorfälle dokumentiert, in denen der Antragsteller Mitschüler beleidigt, provoziert oder auch körperlich angegangen hat.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers dürfte dessen Verbleib an der Realschule P. auch eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung und Sicherheit der Mitschüler befürchten lassen. Aus Sicht der Kammer besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es bei einem Verbleiben des Antragstellers an der Realschule P. wieder zu erheblichen Beeinträchtigungen der genannten Rechtsgüter kommt. Neben dem gewichtigen Fehlverhalten vom 11.03.2016 lassen die sich in den vergangenen Monaten intensivierenden übrigen Verfehlungen die Gefahr erkennen, dass auch weiterhin massive Störungen des Schulbetriebes durch den Antragsteller zu erwarten sind. Aus der Stellungnahmen seiner Klassenlehrerin lässt sich zudem ersehen, dass der Antragsteller in seiner Klasse und auch darüber hinaus die Rolle eines „Anführers“ innehat. Es ist somit davon auszugehen, dass ein Verbleib an der Realschule P. den Antragsteller in dieser Rolle bestärkt und anderen Schülern das Verhalten des Antragstellers gleichwohl als Vorbild dienen könnte. Es ist ferner nicht wahrscheinlich, dass der Antragsteller zukünftig sein Verhalten ändern könnte. Dies ist insbesondere im bereits aufgezeigten Verhalten des Antragstellers nach dem Vorfall vom 11.03.2016 begründet. Zudem ist auch im Klassenbuch weiteres Fehlverhalten des Antragstellers nach dem 11.03.2016 dokumentiert. Die Gefahr wird nicht dadurch abgemildert, dass sich der Antragsteller nunmehr bei der Geschädigten entschuldigt hat.
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Auch wenn damit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des Schulausschlusses nach § 90 Abs. 6 Satz 2 und 4 SchG vorliegen, ist zu berücksichtigen, dass es der Geschädigten auch gemäß § 90 Abs. 6 Satz 3 SchG nicht zumutbar sein dürfte, weiter dieselbe Schule wie der Antragsteller zu besuchen. Wie bereits die spätere „Identifizierung“ des Antragstellers durch die Geschädigte auf dem Schulhof zeigt, kann es im Schulhaus und Schulgelände stets zu einem Zusammentreffen des Antragstellers mit der Geschädigten kommen. Insoweit kann die Geschädigte jederzeit wieder mit der Tat konfrontiert werden. Der Klassenlehrer der Geschädigten hat in einer Stellungnahme angegeben, dass die Geschädigte nach dem Vorfall von den Freunden des Antragstellers auf dem Pausenhof beschuldigt worden sei, für den dem Antragsteller zu dieser Zeit drohenden Schulausschluss verantwortlich zu sein. In dieser Stellungnahme wird zudem der Eindruck geschildert, dass das Mädchen nach dem Vorfall und der fortlaufenden Konfrontation mit diesem in der Schule verunsichert gewirkt habe und sich ihre Mitarbeit erst nach dem Ausschluss des Antragstellers wieder verbessert habe. Der nun auch gesetzlich normierte Opferschutz dürfte es vorliegend somit gebieten, die Geschädigte nicht weiter im schulischen Bereich mit dem Antragsteller zu konfrontieren. Dagegen spricht nicht, dass die Geschädigte nach Angaben des Antragstellers beim Treffen am 24.04.2016 geäußert haben soll, sie habe keine Probleme, den Antragsteller wieder in der Schule zu sehen. Denn diese im Beisein der Erziehungsberechtigten getätigte Aussage kann nicht als frei von der auf der Geschädigten lastenden Erwartungshaltung, der Schulausschluss des Antragstellers solle noch rückgängig gemacht werden, gewertet werden.
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Weiter dürfte sich der Schulausschluss des Antragstellers nicht als unverhältnismäßiger Eingriff in dessen Rechte darstellen. Für den Schulausschluss als schärfste Sanktion des Schulrechts gilt dabei, dass dieser angesichts der mit dem Abbruch des Schulverhältnisses verbundenen Wirkungen nur aufgrund von schwerwiegenden, anders nicht zu behebenden Störungen des Schulfriedens verfügt werden darf (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.08.2009 - VBlBW 2009, 430). Der Ausschluss des Antragstellers aus der Realschule P. ist geeignet, die Gefahr erneuter erheblicher Störungen durch den Antragsteller an der Realschule P. zu verhindern. Er ist aber auch geeignet, Übergriffe von anderen Schülern, die in dem Antragsteller ein Vorbild sehen könnten, auf Mitschüler und Mitschülerinnen zu vermeiden. Eine mildere Maßnahme, mit der dieser Erfolg ebenfalls erreicht werden kann, ist nicht ersichtlich. Insbesondere erscheinen pädagogische Maßnahmen, denen nach § 90 Abs. 2 Satz 1 SchG Vorrang gegenüber Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen einzuräumen ist, vorliegend nicht in gleicher Weise erfolgsversprechend. Es muss im Hinblick auf das bisherige Verhalten des Antragstellers, das in gewisser Weise seinen Höhepunkt im Vorfall vom 11.03.2016 erreichte, davon ausgegangen werden, dass selbst eine mit einem zeitweiligen Unterrichtsausschluss kombinierte Androhung des Schulausschlusses keine Änderung des Verhaltens des Antragstellers herbeiführen würde. Insbesondere das Gewicht des Fehlverhaltens vom 11.03.2016 und das Verhalten im unmittelbaren Anschluss an den Vorfall lassen einen solchen Schluss nicht zu.
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Schließlich dürfte der Schulausschluss des Antragstellers auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen Belange im engeren Sinne verhältnismäßig sein. Insbesondere ist das Fehlverhalten vom 11.03.2016 - wie dargelegt - als schwerwiegend einzustufen. Dieses wird durch die früheren Verfehlungen des Antragstellers gleichwohl verstärkt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers darf früheres Verhalten bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer schulischen Ordnungsmaßnahme Berücksichtigung finden (vgl. Wörz/v.Alberti/Falkenbach, a.a.O., § 90 5.) Auch lässt der Umstand, dass in der Vergangenheit keine Maßnahmen aus dem Katalog des § 90 Abs. 3 Nr. 2 SchG gegen den Antragsteller erlassen worden sind, die Angemessenheit nicht entfallen. Denn bei dem Maßnahmenkatalog des § 90 Abs. 3 Nr. 2 SchG handelt es sich nicht um eine Stufenfolge, die von der leichtesten bis zur schwersten Maßnahme durchlaufen werden müsste; vielmehr ist das individuelle Fehlverhalten maßgeblich (vgl. Ebert (Hrsg.), a.a.O., § 90 SchG RdNr. 38). Soweit der Schulausschluss dazu führt, dass der Antragsteller seiner fortbestehenden Schulpflicht durch den Besuch einer anderen Realschule genügen muss, stehen die damit verbundenen Belastungen zu der Notwendigkeit, den Antragsteller zu einer dauerhaften Verhaltensänderung zu bewegen, in einem angemessenen Verhältnis. Wie durch das vom Regierungspräsidium Stuttgart zu den Akten gegebene ausgefüllte Antragsformular für die Aufnahme an der Realschule R. belegt, ist der Antragsteller auch bereits von einer anderen Schule aufgenommen worden. Die mit dem Schulwechsel verbundene möglicherweise empfundene Herausnahme aus seinem bisherigen sozialen Umfeld beschränkt sich dabei auf die Schulzeiten.
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Im Übrigen lässt auch die vom Antragsteller vorgetragene Angabe des Mädchens, sie habe einen Schulausschluss des Antragstellers nicht gewollt, an der Angemessenheit der Maßnahme nicht zweifeln. Denn diese Maßnahme zielt nicht auf eine Bestrafung des Antragstellers und eine damit verbundene Genugtuung für das Opfer, sondern allein auf die - nach objektiven Kriterien zu beurteilende - Sicherstellung eines möglichst ordnungsgemäßen Schulbetriebs (vgl. VG Freiburg, a.a.O. - juris RdNr. 29).
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Der Auffangwert von 5.000,- EUR ist vorliegend nicht im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren, weil die Entscheidung über den Eilantrag in Verfahren über einen Schulausschluss eine Hauptsacheentscheidung angesichts der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen für einen Schulwechsel vielfach faktisch vorwegnimmt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 28.07.2009 - 9 S 1077/09 - juris RdNr. 15).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.