Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2015:0429.7A211.13.0A
bei uns veröffentlicht am29.04.2015

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Trägerin einer stationären Einrichtung in Magdeburg. Sie wendet sich gegen die Verpflichtung zur Veröffentlichung von Qualitätsberichten der Heimaufsicht.

2

Nach heimaufsichtlicher Prüfung der Einrichtung der Klägerin am 5. November 2012 übersandte der Beklagte ihr unter dem 27. November 2012 den von ihm erstellten Qualitätsbericht, in dem geringfügige Mängel im Bereich Pflege und Betreuung und im Bereich freiheitsentziehender Maßnahmen festgestellt wurden. In dem Schreiben heißt es, dass der Bericht gemäß § 8 Abs. 3 WTG LSA zu veröffentlichen sei. Außerdem erfolgten Ausführungen zur möglichen Stellungnahme innerhalb von 28 Tagen und zum weiteren Verfahren. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 17. und 19. Dezember 2012 die von ihr ergriffenen Maßnahmen zur Behebung der Mängel dar und erklärte, dass sie eine Veröffentlichung nicht vornehmen werde, weil sie keine ausreichende Rechtsgrundlage hierfür sehe. Unter dem 17. Januar 2013 übersandte der Beklagte einen geänderten Qualitätsbericht, der keine Mängel mehr auswies, und forderte nochmals die Veröffentlichung.

3

Die Klägerin blieb bei ihrer Weigerung. Nach Mängelberatung und Anhörung der Klägerin ordnete der Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2013 gestützt auf § 23 Abs. 1 WTG LSA an, dass die Klägerin die Qualitätsberichte der zuständigen Behörde 1. mit Zustellung der Anordnung zusammen mit den Qualitätsberichten nach § 115 Abs. 1a Satz 1 SGB XI im Internet oder in anderer geeigneter Form veröffentlicht, 2. an gut sichtbarer Stelle in ihren Betriebs- oder Geschäftsräumen und im Eingangsbereich der stationären Einrichtung aushängt oder auslegt sowie 3. vor Abschluss von Verträgen nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz den künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern aushändigt.

4

Die Klägerin hat am 15. Mai 2013 vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg Klage (4 A 147/13 MD) erhoben und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz (4 B 148/13 MD) nachgesucht. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat sich mit Beschluss vom 27. August 2013 für örtlich unzuständig erklärt und die Verfahren an das Verwaltungsgericht Halle verwiesen. Auf den Eilantrag der Klägerin hat die Kammer mit Beschluss vom 27. Juni 2014 (7 B 212/13 HAL) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 30. April 2013 angeordnet.

5

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin verfassungsrechtliche Einwände gegen die Vorschriften des WTG LSA über die Veröffentlichung des Qualitätsberichts geltend. Sie meint, die in § 8 Abs. 2 WTG LSA normierte Verpflichtung des Heimträgers zur Veröffentlichung der Qualitätsberichte stelle einen rechtswidrigen Eingriff in ihre Berufsfreiheit dar. Dieses Grundrecht sei bei marktsteuernden bzw. marktverzerrenden Veröffentlichungen betroffen. Eine gesetzliche Grundlage hierfür fehle, da die Vorschrift des allein in Betracht kommenden § 8 Abs. 3 WTG LSA rechtswidrig sei. Die Vorschrift genüge den Minimalanforderungen an eine rechtmäßige, grundrechtseingreifende Norm nicht, denn weder Inhalt, Ort noch Dauer der Veröffentlichung ließen sich ihr oder einer anderen Vorschrift des WTG LSA entnehmen. Zudem sei auch ein einheitlicher Bewertungsmaßstab, der eine vergleichbare Bewertung aller Einrichtungsträger gewährleistet, nicht erkennbar. Von der in § 33 WTG LSA eingeräumten Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung sei kein Gebrauch gemacht worden. Die stattdessen durchgeführten „Abstimmungsgespräche“ der beteiligten Stellen über Inhalt, Umfang und Ort der Veröffentlichung seien schon vom Ansatz her nicht ausreichend, um einen Grundrechtseingriff zu rechtfertigen.

6

Sie beantragt,

7

den Anordnungsbescheid des Beklagten vom 30. April 2013 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Er meint, die streitbefangene Verfügung lasse sich auf § 8 Abs. 3 WTG LSA stützen. Die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Qualitätsberichte stelle keinen rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit dar. Denn der Grundrechtseingriff beruhe auf einer gesetzlichen Regelung über die Berufsausübung. Die Einschränkung von Grundrechten regele § 34 WTG LSA.

11

Dass sich der Vorschrift des § 8 Abs. 3 WTG LSA selbst Inhalt, Ort und Dauer der Veröffentlichung nicht entnehmen ließen, sei unschädlich. Diese Angaben ergäben sich aus § 8 i.V.m. §§ 11 und 19 WTG LSA.

12

Inhalt der Berichte sei nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WTG LSA die Darstellung der Qualität der in den Einrichtungen und Wohnformen erbrachten Leistungsangebote in übersichtlicher, vergleichbarer und verständlicher Form. Die Abstimmung über Form und Kriterien der Veröffentlichung der Qualitätsberichte habe zwischen der zuständigen Behörde im Benehmen mit den Verbänden der Träger, den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V., dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und den Trägern der Sozialhilfe am 29. September, 24. November, 13. und 15. Dezember 2011 stattgefunden. Als deren Ergebnis sei der Qualitätsbericht in seiner gegenwärtigen Form entwickelt worden, auch wenn kein Gesamtkonsens zwischen allen Beteiligten habe erzielt werden können. Letzteres sei für ein „ins Benehmen setzen“ aber auch nicht erforderlich.

13

Der Ort der Veröffentlichung ergebe sich aus § 8 Abs. 3 WTG LSA. Dass hiernach eine Veröffentlichung im Internet oder in anderer geeigneter Form vorgesehen sei, genüge den Bestimmtheitsanforderungen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Veröffentlichung „in anderer geeigneter Form“ solle eine übermäßige Einengung der Einrichtungsträger in ihrer betrieblichen Autonomie vermeiden. Ihnen werde ermöglicht, neben der Veröffentlichung im Internet jede andere mediale Möglichkeit zu nutzen, den Bericht der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (z.B. Printmedien, Fernsehen o.ä.).

14

Der den Qualitätsberichten zugrunde liegende Bewertungsmaßstab sei einheitlich, nachvollziehbar und nachprüfbar. Grundlage der Bewertung sei der Erfüllungsstand der in § 11 WTG LSA genannten Qualitätsanforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung. Hierzu werde bei jeder von ihm vorgenommenen Prüfung ein einheitlicher Prüfbogen verwendet. Die Prüfschwerpunkte seien in ihrer Überzahl objektivier- und vergleichbar. Dies betreffe beispielsweise die Prüfung der Personal- und Fachkraftausstattung, die Medikation und freiheitsentziehende Maßnahmen. Die Ausführungen der Kammer im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfolgt seien, ließen außer Acht, dass die Strukturen der Aufsichtsbehörden zwischen Bayern und Sachsen-Anhalt nicht vergleichbar seien. Während es in Bayern insgesamt 96 Heimaufsichtsbehörden gebe, woraus ein viel detaillierterer Regelungsbedarf in Form von Ausfüllanleitungen u.ä. resultiere, liege die Zuständigkeit in Sachsen-Anhalt bei nur einer Landesoberbehörde.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Anfechtungsklage hat Erfolg. Die angegriffene Verfügung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

17

Als Rechtsgrundlage des Bescheides vom 30. April 2013kommt nur § 23 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 und Abs. 2 des Gesetzes über Wohnformen und Teilhabe des Landes Sachsen-Anhalt (Wohn- und Teilhabegesetz - WTG LSA) vom 17. Februar 2011 (GVBl. LSA 2011, S. 136) in Betracht.

18

Hiernach kann die zuständige Behörde, wenn festgestellte Mängel nicht beseitigt werden, gegenüber den Trägern stationärer Einrichtungen Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder zur Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung oder der sonstigen nicht selbstorganisierten Wohnform erforderlich sind (§ 23 Abs. 1 Satz 1 WTG LSA). Ein Mangel in diesem Sinn liegt vor, wenn die stationäre Einrichtung den Anforderungen nach dem WTG LSA und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen oder weiter geltenden Verordnungen nicht entspricht (vgl. § 21 Abs. 1 WTG LSA).

19

Nach § 8 Abs. 2 WTG LSA ist die zuständige Behörde ab dem 1. Januar 2012 verpflichtet, Qualitätsberichte über die von ihr geprüften stationären Einrichtungen und sonstigen nicht selbstorganisierten Wohnformen zu erstellen. § 8 Abs. 3 WTG LSA bestimmt, dass der jeweilige Träger verpflichtet ist, die Qualitätsberichte der zuständigen Behörde 1. ab dem 1. Januar 2012 zusammen mit den Qualitätsberichten nach § 115 Abs. 1a Satz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch im Internet oder in anderer geeigneter Form zu veröffentlichen, 2. an gut sichtbarer Stelle in seinen Betriebs- oder Geschäftsräumen und im Eingangsbereich der stationären Einrichtung oder sonstigen nicht selbstorganisierten Wohnform auszuhängen oder auszulegen sowie 3. vor Abschluss von Verträgen nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz den künftigen Bewohnerinnen und Bewohnern auszuhändigen.

20

Da der Beklagte als für die Heimaufsicht zuständige Behörde nach Prüfung der Einrichtung der Klägerin unter dem 27. November 2012 einen Qualitätsbericht erstellt hat, stellt die Weigerung, der gesetzlichen Verpflichtung zur Veröffentlichung, Aushängung bzw. Auslegung und Aushändigung der Qualitätsberichte nachzukommen, hiernach an sich einen Mangel im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 WTG LSA dar. Ein Mangel liegt hier aber im Ergebnis gleichwohl deswegen nicht vor, weil von der Klägerin eine Veröffentlichung von Qualitätsberichten derzeit nicht verlangt werden kann.

21

Offen bleiben kann, ob dies schon deswegen gilt, weil die Vorschriften des WTG LSA über die Qualitätsberichterstattung verfassungswidrig sind.

22

Maßstab einer verfassungsrechtlichen Prüfung wären Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 16 Abs. 1 Verf LSA. Die Qualitätsberichterstattung nach § 8 Abs. 2 und 3 WTG LSA verlässt – wie die Transparenzberichterstattung nach § 115 Abs. 1 a SGB XI – den Bereich der bloßen Unterrichtung über Tatsachen, den das Bundesverfassungsgericht in der sog. Glykol-Entscheidung nicht der Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs der Berufsfreiheit zugerechnet hat, solange sie im Rahmen einer staatlichen Aufgabe, unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und fehlerfrei erfolgt (vgl. zur Transparenzberichterstattung: BSG, Urteil vom 16. Mai 2013 - B 3 P 5/12 R -, juris unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91 -, BVerfGE 105, 252ff). Denn die Qualitätsberichte beschränken sich – wie die Transparenzberichte – nicht auf die Wiedergabe sachlicher Informationen etwa über Ausstattungsmerkmale von Pflegeeinrichtungen; vielmehr zielen sie im Kern auf die Abgabe vergleichender Werturteile, nämlich auf eine übersichtliche und vergleichbare Darstellung der Qualität der in den Einrichtungen und Wohnformen erbrachten Leistungsangebote (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WTG LSA). Dabei stützen sie sich zudem auf hoheitlich angeordnete Untersuchungen: Einrichtungen müssen es dulden, dass die Prüfung durch die Heimaufsicht auch zum Zweck einer vergleichenden öffentlichen Bewertung erfolgt und die Ergebnisse anschließend öffentlich gemacht werden. Damit greifen die zuständigen Stellen unter Nutzung nur dem Staat zu Gebote stehender Mittel hoheitlichen Zwangs in die Außendarstellung von Einrichtungsträgern und somit in Rechtsgüter ein, die bei natürlichen Personen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Schutz der Selbstdarstellung zugeordnet werden (vgl. BSG a.a.O. unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 -, BVerfGE 114, 339, 346 m.w.N.). Ob diese verfassungsrechtliche Schutzfunktion bei – wie hier der Klägerin – juristischen Personen des Privatrechts auch unmittelbar aus Art. 2 Abs 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Verf LSA abzuleiten ist, kann offenbleiben, weil anerkannt ist, dass die Berufsfreiheit die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für berufliche Leistungen gewährleistet (vgl. BSG a.a.O. m.w.N. aus der Rspr. des BVerfG: Beschluss vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 -, BVerfGE 85, 248, 256 [ärztliches Werbeverbot]; Beschluss vom 22. Mai 1996 - 1 BvR 744/88 u.a., BVerfGE 94, 372, 389 [Apothekenwerbung]; Beschluss vom 22. Januar 1997 - 2 BvR 1915/91 -, BVerfGE 95, 173, 183 [Warnhinweise auf Tabakpackungen]).

23

Hiernach bedarf die Qualitätsberichterstattung als Eingriff in die Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Verf LSA einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits formell und materiell verfassungsgemäß sein muss. Als solche kommt hier nur § 8 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 WTG LSA in Betracht.

24

Die ab dem 1. Januar 2012 zu erstellenden Qualitätsberichte müssen nach § 8 Abs. 2 Satz 2 WTG LSA die Qualität der in den Einrichtungen und Wohnformen erbrachten Leistungsangebote übersichtlich und vergleichbar darstellen, die Transparenz der Einrichtungen und Wohnformen verbessern und auch für Laien verständlich sein. Soweit für das Berichtsjahr ein Prüfbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorliegt, sollen nach Satz 4 die wesentlichen Feststellungen aus dessen Prüfbericht verwertet werden. Die Träger können nach Satz 5 der zuständigen Behörde weitergehende Informationen zur Erstellung der Qualitätsberichte zur Verfügung stellen. Satz 6 schließlich bestimmt, dass die Abstimmung über Form und Kriterien der Veröffentlichung dieser Qualitätsberichte von der zuständigen Behörde im Benehmen mit den Verbänden der Träger, den Landesverbänden der Pflegekassen, dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V., dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und den Trägern der Sozialhilfe erfolgen soll. § 33 Abs. 1 Nr. 4 WTG LSA enthält eine Ermächtigung an das für das Heimrecht zuständige Ministerium, durch Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes Regelungen zu erlassen zu Form, Inhalt und Veröffentlichung der Qualitätsberichte nach § 8 Abs. 2, falls die Erarbeitung dieser Berichte durch die zuständige Behörde sowie deren Veröffentlichung in Abstimmung mit den in § 8 Abs. 2 Satz 6 genannten Beteiligten bis zum 31. Dezember 2011 nicht erfolgt ist.

25

Die Klägerin vertritt unter Verweis auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 9. Januar 2012 - 12 CE 11.2700 -, juris) zur Veröffentlichung von Prüfberichten der Heimaufsichtsbehörden die Auffassung, dass die Vorschriften des WTG LSA über die Qualitätsberichterstattung nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit genügen, dass insbesondere Inhalt, Art und Umfang der Veröffentlichung nicht hinreichend bestimmt geregelt sind. Der Träger einer Einrichtung müsse nur eine solche Veröffentlichung hinnehmen, die den Qualitätsstandard seiner Einrichtung anhand eines geeigneten, auch wissenschaftliche Erkenntnisse in den Blick nehmenden Maßstabes unter Berücksichtigung der im Pflegebereich obwaltenden Umstände möglichst realitätsnah abbilde. Eingriffsermächtigungen, die einen öffentlichen Qualitätsvergleich erlaubten, müssten in einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung Inhalt, Art und Umfang der Veröffentlichung in einer dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechenden Weise regeln und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen, wobei es vor allem der Festlegung eines einheitlichen Qualitätsstandards bedürfe, der Inhalt, Ausmaß und Dauer der Veröffentlichung im Einzelnen nach objektiven Kriterien festlegt und begrenzt.

26

Soweit der Beklagte der Auffassung der Klägerin entgegenhält, dass sich diese Rechtsprechung schon deswegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen lasse, weil es in jenem Verfahren um die behördliche Veröffentlichung von Berichten der Heimaufsicht gegangen sei, für die es im bayerischen Recht an einer Rechtsgrundlage gefehlt habe, hält die Kammer dies nicht für überzeugend. Denn die Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage können sich nicht danach unterscheiden, ob es um die Veröffentlichung durch die Behörde oder um die verpflichtend angeordnete Veröffentlichung durch den Träger geht. Die Intensität des Grundrechtseingriffs durch eine Veröffentlichung von Qualitätsberichten der Heimaufsicht ist für den betroffenen Träger nämlich nicht maßgeblich davon abhängig, ob die Veröffentlichung durch die Behörde erfolgt oder ob er selbst zur Veröffentlichung verpflichtet wird.

27

Ob den vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 9. Januar 2012 (Az.: 12 CE 11.2700) aufgestellten Anforderungen zu folgen wäre und ob die Vorschriften des WTG LSA diesen genügen, lässt die Kammer aber offen. Insoweit ist allerdings – in Abgrenzung zum Eilbeschluss der Kammer vom 27. Juni 2014 (7 B 212/13 HAL) – zu bemerken, dass für diese Frage insbesondere die Vorschrift in § 8 Abs. 2 Satz 6 WTG LSA und die Verordnungsermächtigung in § 33 Abs. 1 Nr. 4 WTG LSA in den Blick zu nehmen sind, die eine Regelung von Form, Inhalt und Veröffentlichung der Qualitätsberichte im Einzelnen im Wege der Abstimmung mit den Verbänden bzw. im Wege der Verordnung ermöglichen, womit den rechtsstaatlichen Erfordernissen an die Normenklarheit und Bestimmtheit entsprochen werden könnte. Wegen der Forderung einer Festlegung eines einheitlichen Qualitätsstandards, der Inhalt, Ausmaß und Dauer der Veröffentlichung im Einzelnen nach objektiven Kriterien festlege und begrenze, verweist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof auf die entsprechenden "ersten Ansätze" in § 12 des rheinland-pfälzischen Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe (LWTG) vom 22. Dezember 2009 (GVBl. 2009, S. 399), das die Festlegung der Kriterien und Modalitäten für die Veröffentlichung der Qualitätsberichte einer Vereinbarung zwischen den Verbänden und der zuständigen Behörde bzw. einer Rechtsverordnung überlässt. Auch in Heimgesetzen anderer Bundesländer, die eine Veröffentlichung von Prüfberichten vorsehen, sind weitgehend weitere Regelungen oder Vereinbarungen notwendig (vgl. den – z.T. allerdings schon überholten –Überblick von Richter, Die Veröffentlichung der Prüfberichte der Heimaufsichten auf der Ebene der Bundesländer, Sozialrecht aktuell 2010, 136, 137).

28

Im Ergebnis muss die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen über die Qualitätsberichterstattung nicht abschließend beantwortet werden. Denn zur Überzeugung der Kammer setzt die Rechtmäßigkeit der Anordnung gegenüber dem Träger einer Einrichtung, einen von der Heimaufsicht erstellten Qualitätsbericht zu veröffentlichen, auszuhändigen und auszulegen, jedenfalls voraus, dass dieser geeignet ist, die in § 8 Abs. 2 WTG LSA verfolgten Zwecke zu erfüllen. Es lässt sich hier nach Überzeugung der Kammer jedoch gerade nicht annehmen, dass der Beklagte die Qualitätsberichte nach Kriterien und Maßstäben erstellt (hat), die gewährleisten, dass sie die Qualität der in den Einrichtungen und Wohnformen erbrachten Leistungsangebote vergleichbar darstellen und die Transparenz der Einrichtungen und Wohnformen verbessern.

29

Von der Verordnungsermächtigung in § 33 Abs. 1 Nr. 4 WTG LSA wurde kein Gebrauch gemacht. Nach Abstimmungsgesprächen am 29. September, 24. November sowie am 13. und 15. Dezember 2011 mit den in § 8 Abs. 2 Satz 6 WTG LSA genannten Beteiligten, bei denen über den Qualitätsbericht kein Gesamtkonsens erzielt werden konnte, erstellt der Beklagte Berichte, die sich in ihrem Aufbau von dem einheitlichen Prüfbogen ableiten, den er bei allen heimaufsichtlichen Prüfungen verwendet. Zudem hat er ein Verfahren eingerichtet, auf das er die Träger mit den von ihm erstellten Berichten hinweist. Dieses Verfahren betrifft vor allem die Möglichkeit des Trägers, sich zu dem Bericht vor seiner Veröffentlichung zu äußern.

30

Dass – wovon der Beklagte ausgeht – eine Verordnung nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 WTG LSA zu Form, Inhalt und Veröffentlichung der Berichte wegen der erfolgten Abstimmungsgespräche nicht ergehen muss, hält die Kammer für sehr zweifelhaft. Der Beklagte vertritt insoweit die Auffassung, dass eine Einigung als Ergebnis der Abstimmung nicht erforderlich ist, weil § 8 Abs. 2 Satz 6 WTG LSA nur ein Benehmen fordere. Diesem Verständnis einer „Abstimmung im Benehmen“ mit den in Satz 6 genannten Beteiligten kann die Kammer nicht folgen. Insoweit ist schon auffällig, dass der Begriff des Benehmens in der Verordnungsermächtigung nicht zu finden ist, sondern hiernach maßgeblich ist, dass die Erarbeitung dieser Berichte durch die zuständige Behörde sowie deren Veröffentlichung in Abstimmung mit den in § 8 Abs. 2 Satz 6 genannten Beteiligten bis zum 31. Dezember 2011 nicht erfolgt ist. Im Übrigen ist die Auslegung auch inhaltlich bedenklich. Der Begriff des „Benehmens“, der eine deutlich lockere Kooperation zwischen den Beteiligten statuiert als der Begriff des „Einvernehmens“, verlangt keine Willensübereinstimmung, sondern nur, dass derjenige, mit dem sich die entscheidende Behörde ins „Benehmen“ zu setzen hat, informiert wird und Gelegenheit hat, seine Stellungnahme abzugeben (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 12. Juli 2007 - 2 L 5/06 -, m.w.N.), möglicherweise noch, dass die Behörde darlegt, weshalb etwaigen Einwänden nicht zu folgen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 4. November 2004 - 1 K 345/03 -). Wie dies allerdings mit dem Erfordernis einer „Abstimmung“ in Einklang gebracht werden kann, die begrifflich eher eine Übereinkunft bedeutet, ist fraglich. Da der Begriff des Benehmens erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt wurde (vgl. LT-Drs. 5/3000 vom 2. Dezember 2010), lässt sich dennoch wohl nur annehmen, dass der Einfluss der beteiligten Stellen gegenüber der Regelung im Regierungsentwurf (LT-Drs. 5/2556), in dem eine Abstimmung vorgesehen war, reduziert werden sollte. Dürfte aber im Falle einer Abstimmung ohne einvernehmliches Ergebnis über Form und Kriterien der Veröffentlichung die Heimaufsichtsbehörde allein entscheiden, würde letztlich allein der rechtzeitige Versuch einer Abstimmung den Erlass einer Verordnung entbehrlich machen. Zudem wäre mit einer so verstandenen Abstimmung – anders als mit der in § 115 Abs. 1a Satz 6 SGB XI vorgesehenen vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände über die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik – kein Verfahren installiert, das der Gesetzgeber als Gewähr dafür ansehen könnte, dass einerseits die Qualitätsbewertungen sachgerechten Maßstäben folgt und fachliche Weiterentwicklungen zeitnah aufgegriffen werden können, und andererseits dem auch verfassungsrechtlich fundierten Auftrag genügt wird, an der Entwicklung der Bewertungskriterien die Betroffenen selbst zu beteiligen (vgl. zu den sog. Pflege-Transparenzvereinbarungen BSG, Urteil vom 16. Mai 2013 - B 3 P 5/12 R -, juris).

31

Aber auch wenn man davon ausgeht, dass es wegen der erfolgten Abstimmungsgespräche keiner Verordnung bedurfte und es damit allein dem Beklagten zusteht, Form und Kriterien der Veröffentlichung der Qualitätsberichte – hiermit dürfte im Hinblick auf die Fassung der Verordnungsermächtigung auch der Inhalt der Qualitätsberichte erfasst sein – festzulegen, hält die Kammer seine diesbezüglich entstandene Verwaltungspraxis bei der Erstellung der Qualitätsberichte nicht für geeignet, eine Vergleichbarkeit der Qualität der Leistungsangebote zu gewährleisten und die Transparenz der Einrichtungen und Wohnformen zu verbessern.

32

Der auch bei der Prüfung der Einrichtung der Klägerin verwandte Prüfbogen über 17 Seiten befindet sich bei den Verwaltungsvorgängen. Neben allgemeinen Angaben zur Einrichtung und Feststellungen zum Leistungsangebot erfolgen Fragen in folgenden Bereichen: Wohnen / Bauliche Anforderungen; Lebensgestaltung und gesetzliche Mitwirkung; Personelle Anforderungen; Pflege und Betreuung; Hauswirtschaftliche Versorgung; Hygiene und Infektionsschutz; Freiheitsentziehende Maßnahmen und Sicherheit. Der dreiseitige Qualitätsbericht ist entsprechend aufgebaut. Auf der ersten Seite befinden sich die allgemeinen Angaben und die Feststellungen zum Leistungsangebot. Es folgt die Qualitätsbewertung, die den Fragebereichen folgt und zusätzlich noch den Bereich „Verwahrung von Wertgegenständen und Bargeld“ enthält. Die Bewertung erfolgt dergestalt, dass jeweils in mehreren Unterpunkten anzukreuzen ist, ob (A) alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden, ob (B) nicht alle Anforderungen erfüllt werden (geringfügige Mängel) oder ob (C) wesentliche Anforderungen nicht erfüllt werden (schwere Mängel) bzw. dass der Punkt nicht geprüft wurde. Schließlich wird die Bewertung dahingehend erläutert, dass sich die Anforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung aus den Abschnitten 2 und 3 WTG LSA ergeben, und es finden sich noch nähere Ausführungen zu den Noten B und C.

33

Das eingerichtete Verfahren besteht im Wesentlichen darin, dass dem Träger die Möglichkeit der Äußerung zum Qualitätsbericht innerhalb von 28 Tagen nach Bekanntgabe und die Möglichkeit der Rücksprache wegen Korrekturen bei Unstimmigkeiten innerhalb von 14 Tagen eingeräumt werden. Weiter ist vorgesehen, dass die zuständige Behörde bei glaubhafter Darlegung der Mängelbeseitigung ihren ursprünglichen Bericht nach pflichtgemäßem Ermessen ändern und die Mängelbeseitigung berücksichtigen kann.

34

Diese Maßgaben sind zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend, eine den dargelegten gesetzlichen Zwecken entsprechende Qualitätsberichterstattung sicherzustellen. Bei dem Fragenkatalog des Beklagten lässt sich schon die Frage stellen, ob er hinreichend differenziert ist, um die Qualität der Einrichtungen vergleichbar festzustellen (vgl. die wesentlich umfangreicheren Fragenkataloge z.B. in den Anlagen zu den „Prüfrichtlinien für die nach § 27 des Wohnteilhabegesetzes zuständige Aufsichtsbehörde [Berliner Heimaufsicht] zur Durchführung von Aufsichtsprüfungen in betreuten gemeinschaftlichen Wohnformen“ mit Stand vom 26. Juni 2012 – Prüfrichtlinien einschließlich Fragenkataloge und Prüfberichtsmuster unter www.berlin.de/lageso/soziales/heimaufsicht im Bereich Downloads als pdf-Datei – oder in den „Einheitlichen Prüfkriterien für die Heimaufsicht des Landes Baden-Württemberg“ unter http://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Pflege/Formular_Pruefleitfaden_Heimaufsicht_Baden-Wuerttemberg.doc - siehe auch den „Prüfleitfaden für Einrichtungen der Pflege und Menschen mit Behinderungen in Bayern“ unter www.stmgp.bayern.de/pflege/fqa/pruefleitfaden/index.htm -). Es gibt auch keine Ausfüllanleitungen für den Prüfbogen, die sicherstellen, dass die angelegten Maßstäbe bei den Prüfungen unabhängig vom subjektiven Eindruck des Prüfers einheitlich sind. Soweit der Beklagte meint, dass (weitere) inhaltliche Vorgaben für die Qualitätsprüfung nicht erforderlich seien, weil der Bewertungsmaßstab sich letztlich aus den in § 11 WTG LSA geregelten Qualitätsanforderungen an den Betrieb einer stationären Einrichtung ergebe und Grundlage der Bewertung der Erfüllungsstand dieser Anforderungen sei (so – allerdings im Zusammenhang mit der Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage – VG Regensburg, Beschluss vom 8. November 2011 - RO 5 E 11.1509 -, juris), ist zwar einzuräumen, dass sich der Qualitätsbericht der Heimaufsicht vorrangig an deren Aufgaben als Ordnungsbehörde orientieren und – insoweit anders als die Transparenzberichterstattung nach dem SGB XI, die die Einrichtung benotet – insbesondere das Vorliegen etwaiger Mängel und zwar bezogen auf die gesetzlichen Qualitätsanforderungen im Blick haben muss. Richtig ist auch, dass mit der in Absatz 2 bestimmten Verpflichtung von Träger und Leitung einer stationären Einrichtung, Leistungen nach dem jeweils allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen, auf die einschlägigen Expertenstandards Bezug genommen wird. Für die einzelnen Bereiche bedarf es aber der Konkretisierung. Für die Erfüllung der Anforderungen z.B. aus Abs. 2 Nr. 4 – die Sicherung einer angemessenen Qualität der Pflege – und für die Beantwortung etwa der Frage, ob eine Einrichtung in der Dekubitusprophylaxe das Mindestmaß an Qualität erfüllt, um von einem rechtskonformen Betrieb ausgehen zu können, bedarf es entsprechender Maßstäbe.

35

Mit den auf der Grundlage des Prüfbogens erstellten Qualitätsberichten lässt sich aber unabhängig von differenzierteren Prüfkriterien nicht gewährleisten, dass sie die Qualität der Leistungsangebote vergleichbar darstellen und die Transparenz verbessern. Der Prüfbogen wird nur verwaltungsintern verwendet. Damit sind die darauf beruhenden Berichte letztlich aussagekräftig, denn was geprüft wurde, ist mangels öffentlicher Zugänglichkeit des Prüfbogens für den potentiellen Bewohner oder sonst Interessierten nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als der vom Beklagten für die Veröffentlichung übersandte Qualitätsbericht Mängelfeststellungen ohne jede Erläuterungen ihrer Art enthält (vgl. demgegenüber z.B. das Muster 2 für den zu veröffentlichenden FQA-Prüfberichts - Anlage 2 zu dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen zur Veröffentlichung der Prüfberichte über stationäre Pflegeeinrichtungen vom 5. April 2011 [www.paritaet-bayern.de/uploads/media/Muster-Pruefbericht_2.pdf]: hier wird eine kurze Schilderung des mangelrelevanten Sachverhalts verlangt).

36

Auch die vom Beklagten aufgestellten Verfahrensvorgaben tragen wenig zu Vergleichbarkeit und Transparenz bei. Das installierte Verfahren beschränkt sich – wie dargelegt – darauf, dem Träger der Einrichtung Äußerungsmöglichkeiten einzuräumen sowie es der zuständigen Behörde zu erlauben, bei glaubhafter Darlegung der Mängelbeseitigung ihren ursprünglichen Bericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung dieses Umstandes zu ändern. Sonstige Vorgaben in verfahrensrechtlicher Hinsicht sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist auch die Dauer der Veröffentlichung nicht vorgegeben und für Außenstehende weiter nicht erkennbar, welche Berichte zu veröffentlichen sind. Die Auffassung des Beklagten, die Dauer der Veröffentlichung ergebe sich aus § 19 Abs. 6 WTG LSA i.V.m. § 8 Abs. 2 WTG LSA, überzeugt die Kammer weiterhin nicht. Nach § 19 Abs. 6 Satz 1 WTG LSA nimmt die Heimaufsicht für jede stationäre Einrichtung im Jahr grundsätzlich mindestens eine Prüfung vor. Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann sie Prüfungen im Abstand von zwei Jahren vornehmen. Die Überwachung durch die Heimaufsicht erfolgt dabei gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 WTG LSA nicht nur durch wiederkehrende Prüfungen (Regelprüfungen), sondern ggfs. auch durch anlassbezogene Prüfungen (Anlassprüfungen). Dass die Zeiträume zwischen den Prüfungen der Dauer der Veröffentlichung der über die Prüfungen erstellten Berichte „denklogisch“ entsprechen müssen, lässt sich hiernach nicht annehmen. Da die Abstände zwischen den Prüfungen nach den gesetzlichen Vorgaben völlig unterschiedlich sein können, erscheint es vor dem Hintergrund der mit der Veröffentlichung beabsichtigten Schaffung von Transparenz und Vergleichbarkeit gerade nicht zwingend, dass – wie der Beklagte wohl meint – mit Erstellung eines aktuellen Berichts stets die Pflicht zur Veröffentlichung des vorhergehenden Berichts endet. Vielmehr könnte es näher liegen, die Berichte jeweils für einen bestimmten Zeitraum zu veröffentlichen, der einerseits noch Aktualität gewährleistet, andererseits geeignet ist, Kontinuität bzw. Entwicklung der Qualität der Einrichtung aufzuzeigen (vgl. z.B. § 14 Abs. 9 Satz 3 des nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetzes vom 2. Oktober 2014, [GV NRW 2014, S. 625]: Beendigung der Veröffentlichung jeweils zu dem auf den Zeitraum von zwei Jahren folgenden 1. Oktober, oder § 6 Abs. 3 des Berliner Wohnteilhabegesetzes vom 3. Juni 2010 [GVBl. Bln. 2010, S. 285]: Veröffentlichung der Prüfberichte der letzten drei Jahre). Gerade im Hinblick auf die im Verfahren des Beklagten vorgesehene – und im Fall der Klägerin genutzte – Möglichkeit der Änderung eines Prüfberichts im Falle der Mängelbeseitigung ist es zur Herstellung von Vergleichbarkeit und Transparenz erforderlich, dass für den Interessierten erkennbar ist, ob der veröffentlichte Bericht der zuletzt erstellte Bericht ist bzw. ob es sich hierbei um einen nach Mängelbeseitigung geänderten Bericht handelt. Nur so kann er beurteilen, wie aussagekräftig der Bericht für festgestellte Mängel in einem bestimmten zurückliegenden Zeitraum ist und Vergleiche mit anderen Einrichtungen anstellen. In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt von Bedeutung, dass der Interessierte nicht erkennen kann, wie die zuständige Behörde ihr entsprechendes Ermessen betreffend die Erstellung eines die Mängelbeseitigung berücksichtigenden neuen Berichts ausübt.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

38

Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). „Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (so OVG Sachsen-Anhalt in st. Rspr., vgl. zuletzt Beschluss vom 27. Dezember 2013 - 1 L 112/13 -, juris m.w.N.). Im vorliegenden Verfahren geht es um die Auslegung und Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften des WTG LSA betreffend die Veröffentlichung von Qualitätsberichten der Heimaufsicht und damit um Rechtsfragen, die zur Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinaus fallübergreifend geklärt werden müssen.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13 zitiert 9 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 1


(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen G

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 115 Ergebnisse von Qualitätsprüfungen, Qualitätsdarstellung, Vergütungskürzung


(1) Die Medizinischen Dienste, der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie die von den Landesverbänden der Pflegekassen für Qualitätsprüfungen bestellten Sachverständigen haben das Ergebnis einer jeden Qualitätsprüfung s

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 7 A 211/13 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 27. Dez. 2013 - 1 L 112/13

bei uns veröffentlicht am 27.12.2013

Gründe 1 Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 3. Kammer - vom 28. August 2013 hat in der Sache keinen Erfolg. 2 Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen

Bundessozialgericht Urteil, 16. Mai 2013 - B 3 P 5/12 R

bei uns veröffentlicht am 16.05.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Die Medizinischen Dienste, der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie die von den Landesverbänden der Pflegekassen für Qualitätsprüfungen bestellten Sachverständigen haben das Ergebnis einer jeden Qualitätsprüfung sowie die dabei gewonnenen Daten und Informationen den Landesverbänden der Pflegekassen und den zuständigen Trägern der Sozialhilfe sowie den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und bei häuslicher Pflege den zuständigen Pflegekassen zum Zwecke der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben sowie der betroffenen Pflegeeinrichtung mitzuteilen. Die Landesverbände der Pflegekassen sind befugt und auf Anforderung verpflichtet, die ihnen nach Satz 1 bekannt gewordenen Daten und Informationen mit Zustimmung des Trägers der Pflegeeinrichtung auch seiner Trägervereinigung zu übermitteln, soweit deren Kenntnis für die Anhörung oder eine Stellungnahme der Pflegeeinrichtung zu einem Bescheid nach Absatz 2 erforderlich ist. Gegenüber Dritten sind die Prüfer und die Empfänger der Daten zur Verschwiegenheit verpflichtet; dies gilt nicht für die zur Veröffentlichung der Ergebnisse von Qualitätsprüfungen nach Absatz 1a erforderlichen Daten und Informationen.

(1a) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren insbesondere auf der Grundlage der Maßstäbe und Grundsätze nach § 113 und der Richtlinien zur Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114a Absatz 7, welche Ergebnisse bei der Darstellung der Qualität für den ambulanten und den stationären Bereich zugrunde zu legen sind und inwieweit die Ergebnisse durch weitere Informationen ergänzt werden. In den Vereinbarungen sind die Ergebnisse der nach § 113b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 4 vergebenen Aufträge zu berücksichtigen. Die Vereinbarungen umfassen auch die Form der Darstellung einschließlich einer Bewertungssystematik (Qualitätsdarstellungsvereinbarungen). Bei Anlassprüfungen nach § 114 Absatz 5 bilden die Prüfergebnisse aller in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen die Grundlage für die Bewertung und Darstellung der Qualität. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren. Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind zeitnah zu berücksichtigen. Bei der Darstellung der Qualität ist die Art der Prüfung als Anlass-, Regel- oder Wiederholungsprüfung kenntlich zu machen. Das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst oder durch den Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V., eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse sind an gut sichtbarer Stelle in jeder Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen für den stationären Bereich sind bis zum 31. Dezember 2017 und für den ambulanten Bereich bis zum 31. Dezember 2018 jeweils unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu schließen. Die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe von § 118 mit. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen sind an den medizinisch-pflegefachlichen Fortschritt anzupassen. Bestehende Vereinbarungen gelten bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung fort; dies gilt entsprechend auch für die bestehenden Vereinbarungen über die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik (Pflege-Transparenzvereinbarungen).

(1b) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass ab dem 1. Januar 2014 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 über die Regelungen zur ärztlichen, fachärztlichen und zahnärztlichen Versorgung sowie zur Arzneimittelversorgung und ab dem 1. Juli 2016 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 zur Zusammenarbeit mit einem Hospiz- und Palliativnetz in vollstationären Einrichtungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, die Informationen nach Satz 1 an gut sichtbarer Stelle in der Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Landesverbände der Pflegekassen übermitteln die Informationen nach Satz 1 an den Verband der privaten Krankenversicherung e. V. zum Zweck der einheitlichen Veröffentlichung.

(1c) Die Landesverbände der Pflegekassen haben Dritten für eine zweckgerechte, nicht gewerbliche Nutzung die Daten, die nach den Qualitätsdarstellungsvereinbarungen nach Absatz 1a der Darstellung der Qualität zu Grunde liegen, sowie rückwirkend zum 1. Januar 2017 ab dem 1. April 2017 die Daten, die nach den nach § 115a übergeleiteten Pflege-Transparenzvereinbarungen der Darstellung der Qualität bis zum Inkrafttreten der Qualitätsdarstellungsvereinbarungen zu Grunde liegen, auf Antrag in maschinen- und menschenlesbarer sowie plattformunabhängiger Form zur Verarbeitung und Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen. Das Nähere zu der Übermittlung der Daten an Dritte, insbesondere zum Datenformat, zum Datennutzungsvertrag, zu den Nutzungsrechten und den Pflichten des Nutzers bei der Verwendung der Daten, bestimmen die Vertragsparteien nach § 113 bis zum 31. März 2017 in Nutzungsbedingungen, die dem Datennutzungsvertrag unabdingbar zu Grunde zu legen sind. Mit den Nutzungsbedingungen ist eine nicht missbräuchliche, nicht wettbewerbsverzerrende und manipulationsfreie Verwendung der Daten sicherzustellen. Der Dritte hat zu gewährleisten, dass die Herkunft der Daten für die Endverbraucherin oder den Endverbraucher transparent bleibt. Dies gilt insbesondere, wenn eine Verwendung der Daten in Zusammenhang mit anderen Daten erfolgt. Für die Informationen nach Absatz 1b gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend. Die Übermittlung der Daten erfolgt gegen Ersatz der entstehenden Verwaltungskosten, es sei denn, es handelt sich bei den Dritten um öffentlich-rechtliche Stellen. Die entsprechenden Aufwendungen sind von den Landesverbänden der Pflegekassen nachzuweisen.

(2) Soweit bei einer Prüfung nach diesem Buch Qualitätsmängel festgestellt werden, entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen nach Anhörung des Trägers der Pflegeeinrichtung und der beteiligten Trägervereinigung unter Beteiligung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, welche Maßnahmen zu treffen sind, erteilen dem Träger der Einrichtung hierüber einen Bescheid und setzen ihm darin zugleich eine angemessene Frist zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Werden nach Satz 1 festgestellte Mängel nicht fristgerecht beseitigt, können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Abs. 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Abs. 2, kündigen. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72) ganz oder teilweise nicht ein, sind die nach dem Achten Kapitel vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 76 in der Besetzung des Vorsitzenden und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder. Gegen die Entscheidung nach Satz 3 ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; ein Vorverfahren findet nicht statt, die Klage hat aufschiebende Wirkung. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen und im Weiteren an die Pflegekassen zurückzuzahlen; soweit die Pflegevergütung als nachrangige Sachleistung von einem anderen Leistungsträger übernommen wurde, ist der Kürzungsbetrag an diesen zurückzuzahlen. Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen oder Entgelte nach dem Achten Kapitel refinanziert werden. Schadensersatzansprüche der betroffenen Pflegebedürftigen nach anderen Vorschriften bleiben unberührt; § 66 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(3a) Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 wird unwiderlegbar vermutet

1.
bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder
2.
bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung.
Entsprechendes gilt bei Nichtbezahlung der nach § 82c zugrunde gelegten Gehälter und Entlohnung. Abweichend von Absatz 3 Satz 2 und 3 ist das Einvernehmen über den Kürzungsbetrag unverzüglich herbeizuführen und die Schiedsstelle hat in der Regel binnen drei Monaten zu entscheiden. Bei Verstößen im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Absatz 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Absatz 2, kündigen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren durch den Qualitätsausschuss gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach den Absätzen 3 und 3a. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und gelten vom ersten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Monats. Sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

(4) Bei Feststellung schwerwiegender, kurzfristig nicht behebbarer Mängel in der stationären Pflege sind die Pflegekassen verpflichtet, den betroffenen Heimbewohnern auf deren Antrag eine andere geeignete Pflegeeinrichtung zu vermitteln, welche die Pflege, Versorgung und Betreuung nahtlos übernimmt. Bei Sozialhilfeempfängern ist der zuständige Träger der Sozialhilfe zu beteiligen.

(5) Stellen der Medizinische Dienst oder der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. schwerwiegende Mängel in der ambulanten Pflege fest, kann die zuständige Pflegekasse dem Pflegedienst auf Empfehlung des Medizinischen Dienstes oder des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. die weitere Versorgung des Pflegebedürftigen vorläufig untersagen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend. Die Pflegekasse hat dem Pflegebedürftigen in diesem Fall einen anderen geeigneten Pflegedienst zu vermitteln, der die Pflege nahtlos übernimmt; dabei ist so weit wie möglich das Wahlrecht des Pflegebedürftigen nach § 2 Abs. 2 zu beachten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) In den Fällen der Absätze 4 und 5 haftet der Träger der Pflegeeinrichtung gegenüber den betroffenen Pflegebedürftigen und deren Kostenträgern für die Kosten der Vermittlung einer anderen ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung, soweit er die Mängel in entsprechender Anwendung des § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu vertreten hat. Absatz 3 Satz 7 bleibt unberührt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Medizinischen Dienste, der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie die von den Landesverbänden der Pflegekassen für Qualitätsprüfungen bestellten Sachverständigen haben das Ergebnis einer jeden Qualitätsprüfung sowie die dabei gewonnenen Daten und Informationen den Landesverbänden der Pflegekassen und den zuständigen Trägern der Sozialhilfe sowie den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und bei häuslicher Pflege den zuständigen Pflegekassen zum Zwecke der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben sowie der betroffenen Pflegeeinrichtung mitzuteilen. Die Landesverbände der Pflegekassen sind befugt und auf Anforderung verpflichtet, die ihnen nach Satz 1 bekannt gewordenen Daten und Informationen mit Zustimmung des Trägers der Pflegeeinrichtung auch seiner Trägervereinigung zu übermitteln, soweit deren Kenntnis für die Anhörung oder eine Stellungnahme der Pflegeeinrichtung zu einem Bescheid nach Absatz 2 erforderlich ist. Gegenüber Dritten sind die Prüfer und die Empfänger der Daten zur Verschwiegenheit verpflichtet; dies gilt nicht für die zur Veröffentlichung der Ergebnisse von Qualitätsprüfungen nach Absatz 1a erforderlichen Daten und Informationen.

(1a) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren insbesondere auf der Grundlage der Maßstäbe und Grundsätze nach § 113 und der Richtlinien zur Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114a Absatz 7, welche Ergebnisse bei der Darstellung der Qualität für den ambulanten und den stationären Bereich zugrunde zu legen sind und inwieweit die Ergebnisse durch weitere Informationen ergänzt werden. In den Vereinbarungen sind die Ergebnisse der nach § 113b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 4 vergebenen Aufträge zu berücksichtigen. Die Vereinbarungen umfassen auch die Form der Darstellung einschließlich einer Bewertungssystematik (Qualitätsdarstellungsvereinbarungen). Bei Anlassprüfungen nach § 114 Absatz 5 bilden die Prüfergebnisse aller in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen die Grundlage für die Bewertung und Darstellung der Qualität. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren. Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind zeitnah zu berücksichtigen. Bei der Darstellung der Qualität ist die Art der Prüfung als Anlass-, Regel- oder Wiederholungsprüfung kenntlich zu machen. Das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst oder durch den Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V., eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse sind an gut sichtbarer Stelle in jeder Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen für den stationären Bereich sind bis zum 31. Dezember 2017 und für den ambulanten Bereich bis zum 31. Dezember 2018 jeweils unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu schließen. Die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe von § 118 mit. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen sind an den medizinisch-pflegefachlichen Fortschritt anzupassen. Bestehende Vereinbarungen gelten bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung fort; dies gilt entsprechend auch für die bestehenden Vereinbarungen über die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik (Pflege-Transparenzvereinbarungen).

(1b) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass ab dem 1. Januar 2014 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 über die Regelungen zur ärztlichen, fachärztlichen und zahnärztlichen Versorgung sowie zur Arzneimittelversorgung und ab dem 1. Juli 2016 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 zur Zusammenarbeit mit einem Hospiz- und Palliativnetz in vollstationären Einrichtungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, die Informationen nach Satz 1 an gut sichtbarer Stelle in der Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Landesverbände der Pflegekassen übermitteln die Informationen nach Satz 1 an den Verband der privaten Krankenversicherung e. V. zum Zweck der einheitlichen Veröffentlichung.

(1c) Die Landesverbände der Pflegekassen haben Dritten für eine zweckgerechte, nicht gewerbliche Nutzung die Daten, die nach den Qualitätsdarstellungsvereinbarungen nach Absatz 1a der Darstellung der Qualität zu Grunde liegen, sowie rückwirkend zum 1. Januar 2017 ab dem 1. April 2017 die Daten, die nach den nach § 115a übergeleiteten Pflege-Transparenzvereinbarungen der Darstellung der Qualität bis zum Inkrafttreten der Qualitätsdarstellungsvereinbarungen zu Grunde liegen, auf Antrag in maschinen- und menschenlesbarer sowie plattformunabhängiger Form zur Verarbeitung und Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen. Das Nähere zu der Übermittlung der Daten an Dritte, insbesondere zum Datenformat, zum Datennutzungsvertrag, zu den Nutzungsrechten und den Pflichten des Nutzers bei der Verwendung der Daten, bestimmen die Vertragsparteien nach § 113 bis zum 31. März 2017 in Nutzungsbedingungen, die dem Datennutzungsvertrag unabdingbar zu Grunde zu legen sind. Mit den Nutzungsbedingungen ist eine nicht missbräuchliche, nicht wettbewerbsverzerrende und manipulationsfreie Verwendung der Daten sicherzustellen. Der Dritte hat zu gewährleisten, dass die Herkunft der Daten für die Endverbraucherin oder den Endverbraucher transparent bleibt. Dies gilt insbesondere, wenn eine Verwendung der Daten in Zusammenhang mit anderen Daten erfolgt. Für die Informationen nach Absatz 1b gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend. Die Übermittlung der Daten erfolgt gegen Ersatz der entstehenden Verwaltungskosten, es sei denn, es handelt sich bei den Dritten um öffentlich-rechtliche Stellen. Die entsprechenden Aufwendungen sind von den Landesverbänden der Pflegekassen nachzuweisen.

(2) Soweit bei einer Prüfung nach diesem Buch Qualitätsmängel festgestellt werden, entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen nach Anhörung des Trägers der Pflegeeinrichtung und der beteiligten Trägervereinigung unter Beteiligung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, welche Maßnahmen zu treffen sind, erteilen dem Träger der Einrichtung hierüber einen Bescheid und setzen ihm darin zugleich eine angemessene Frist zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Werden nach Satz 1 festgestellte Mängel nicht fristgerecht beseitigt, können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Abs. 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Abs. 2, kündigen. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72) ganz oder teilweise nicht ein, sind die nach dem Achten Kapitel vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 76 in der Besetzung des Vorsitzenden und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder. Gegen die Entscheidung nach Satz 3 ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; ein Vorverfahren findet nicht statt, die Klage hat aufschiebende Wirkung. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen und im Weiteren an die Pflegekassen zurückzuzahlen; soweit die Pflegevergütung als nachrangige Sachleistung von einem anderen Leistungsträger übernommen wurde, ist der Kürzungsbetrag an diesen zurückzuzahlen. Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen oder Entgelte nach dem Achten Kapitel refinanziert werden. Schadensersatzansprüche der betroffenen Pflegebedürftigen nach anderen Vorschriften bleiben unberührt; § 66 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(3a) Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 wird unwiderlegbar vermutet

1.
bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder
2.
bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung.
Entsprechendes gilt bei Nichtbezahlung der nach § 82c zugrunde gelegten Gehälter und Entlohnung. Abweichend von Absatz 3 Satz 2 und 3 ist das Einvernehmen über den Kürzungsbetrag unverzüglich herbeizuführen und die Schiedsstelle hat in der Regel binnen drei Monaten zu entscheiden. Bei Verstößen im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Absatz 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Absatz 2, kündigen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren durch den Qualitätsausschuss gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach den Absätzen 3 und 3a. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und gelten vom ersten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Monats. Sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

(4) Bei Feststellung schwerwiegender, kurzfristig nicht behebbarer Mängel in der stationären Pflege sind die Pflegekassen verpflichtet, den betroffenen Heimbewohnern auf deren Antrag eine andere geeignete Pflegeeinrichtung zu vermitteln, welche die Pflege, Versorgung und Betreuung nahtlos übernimmt. Bei Sozialhilfeempfängern ist der zuständige Träger der Sozialhilfe zu beteiligen.

(5) Stellen der Medizinische Dienst oder der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. schwerwiegende Mängel in der ambulanten Pflege fest, kann die zuständige Pflegekasse dem Pflegedienst auf Empfehlung des Medizinischen Dienstes oder des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. die weitere Versorgung des Pflegebedürftigen vorläufig untersagen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend. Die Pflegekasse hat dem Pflegebedürftigen in diesem Fall einen anderen geeigneten Pflegedienst zu vermitteln, der die Pflege nahtlos übernimmt; dabei ist so weit wie möglich das Wahlrecht des Pflegebedürftigen nach § 2 Abs. 2 zu beachten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) In den Fällen der Absätze 4 und 5 haftet der Träger der Pflegeeinrichtung gegenüber den betroffenen Pflegebedürftigen und deren Kostenträgern für die Kosten der Vermittlung einer anderen ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung, soweit er die Mängel in entsprechender Anwendung des § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu vertreten hat. Absatz 3 Satz 7 bleibt unberührt.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig ist die Berechtigung zur Veröffentlichung von zukünftigen Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI.

2

Die Klägerin ist Trägerin einer zur Versorgung von Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung, in der am 6.8.2009 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI durchgeführt worden war. Im Anschluss daran hatten ihr die beklagten Landesverbände der Pflegekassen die Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung aufgegeben (Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009) und einen vorläufigen Transparenzbericht nach § 115 Abs 1a SGB XI mit einer Gesamtnote von 3,3 übersandt(Schreiben vom 18.11.2009). Die Klage dagegen hat die Klägerin vor dem SG zunächst auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem die Beklagten den Maßnahmenbescheid aufgehoben (Bescheid vom 11.1.2011) und zugesichert hatten, den Transparenzbericht dauerhaft nicht zu veröffentlichen (Schriftsatz vom 14.1.2011). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin sodann beantragt, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär" vom 17.12.2008 (PTVS 2008) über ihre Einrichtung zu unterlassen. Sie hat dazu nicht nur die fehlerhafte Feststellung von Tatsachen der konkreten Qualitätsprüfung gerügt, sondern auch beanstandet, dass die Prüffragen auf der nicht rechtmäßig zustande gekommenen und ungeeigneten PTVS 2008 beruhten. Dabei ging es ihr nicht in erster Linie um einzelne fehlerhafte Feststellungen des ursprünglich angegriffenen Transparenzberichts, sondern um die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Veröffentlichung, weil die PTVS 2008 rechtswidrig sei.

3

Mit ihrem Klagebegehren ist die Klägerin in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die ursprüngliche Klageänderung als unzulässig angesehen, da die übrigen Beteiligten nicht eingewilligt hätten und die Änderung auch nicht sachdienlich sei (Gerichtsbescheid vom 24.10.2011). Das LSG hat die vorbeugende Unterlassungsklage als zwar zulässig, aber unbegründet erachtet (Urteil vom 15.8.2012): Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. § 115 Abs 1a SGB XI sei verfassungsgemäß und durch die PTVS 2008 auch rechtmäßig umgesetzt worden. Art 12 Abs 1 GG sei durch die Einführung solcher Pflege-Transparenzberichte nicht verletzt; dies gelte sowohl im Hinblick auf die Rechtsetzungsdelegation auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI als auch in Anbetracht der Zweifel an der Tauglichkeit der Transparenzkriterien. Zwar existierten nach pflegewissenschaftlicher Einschätzung valide Indikatoren zur Beurteilung der Ergebnis- und Lebensqualität derzeit noch nicht in ausreichendem Maße, dieser Umstand sei Gesetzgeber und Vertragspartnern aber bewusst gewesen und müsse im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen komplexer und sich entwickelnder Sachverhalte bei entsprechender Beobachtung und Entwicklung hingenommen werden; jedenfalls evidente Mängel seien nicht ersichtlich.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Transparenzberichterstattung verletzte sie in ihrer durch Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit. Die mit amtlicher Autorität ausgestatteten Bewertungen beeinflussten ihre Chancen am Markt und seien nicht ausreichend legitimiert. Rechtswidrig sei insbesondere die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI, für die der Gesetzgeber auch nicht alle rechtlich wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen habe. Die nach der gesetzlichen Konzeption verlangte Bewertung der Ergebnis- und Lebensqualität könne sich nicht auf ausreichend wissenschaftlich etablierte Verfahren stützen. Unter anderem deshalb sei auch die PTVS 2008 selbst rechtswidrig; ihre Kriterien hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Zudem sei die Prüf- und Bewertungspraxis des MDK in der Regel rechtswidrig.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.8.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 24.10.2011 zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der Pflegetransparenzvereinbarung stationär (PTVS) vom 17.12.2008 über ihre Einrichtung zukünftig zu unterlassen.

6

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die Klage auf Unterlassung künftiger Pflege-Transparenzberichte abzuweisen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist die Klage allerdings schon unzulässig; Anlass, ausnahmsweise vorbeugenden Rechtsschutz gegen den künftigen Normvollzug des § 115 Abs 1a SGB XI(hier in der für die Prüfung am 6.8.2009 maßgebenden Fassung von Art 1 Nr 74 Buchst b des Pflege-WEG vom 28.5.2008, BGBl I 874) zu gewähren, besteht auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Transparenzberichterstattung nicht. Ungeachtet dessen sind diese Bedenken in der Sache ebenfalls unbegründet.

8

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der Aufhebung des Maßnahmenbescheides und dem Verzicht der Beklagten auf die Veröffentlichung des Pflege-Transparenzberichts im Anschluss an die MDK-Prüfung vom 6.8.2009 das Begehren der Klägerin, den Beklagten schlechthin jede künftige Erstellung und Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI iVm der PTVS 2008 über ihre Einrichtung zu untersagen. Geleitet ist dieses Begehren von der Überzeugung, dass schon die zugrundeliegende Norm verfassungswidrig und zudem durch die PTVS 2008 und die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI (Qualitätsprüfungs-Richtlinien) rechtswidrig ausgestaltet ist und der Prüfauftrag deshalb regelmäßig rechtswidrig umgesetzt werde. Der Sache nach zielt das Begehren damit auf eine abstrakte Überprüfung der Transparenzberichterstattung nach Art eines Normenkontrollverfahrens iS von Art 93 Abs 1 Nr 2 GG oder von § 55a SGG bzw § 47 VwGO sowie zusätzlich auf allgemeine Feststellungen zur Prüfpraxis in stationären Pflegeeinrichtungen. Für ein solches - tatsächlich auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zielendes - Rechtsschutzbegehren bietet das SGG indes keine Grundlage, und zwar entgegen der Auffassung des LSG nicht nur für die vor dem SG zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern auch im Rahmen der vorbeugenden Unterlassungsklage.

9

2. Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat der erkennende Senat Anlass gesehen in einem Fall, in dem weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten (BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1). Entsprechend fehlt es nach der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - USK 95139 = Juris RdNr 15 und 17; dem folgend auch der 1. Senat des BSG, vgl SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 39; nicht anders die Literatur, vgl etwa Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, SGG, Stand: Dezember 2012, § 54 RdNr 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 54 RdNr 123, jeweils mwN). Ebenso heben das BVerwG und der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 16, RdNr 26) bzw eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr 15 mwN).

10

Eine solche Ausnahmelage besteht hier nicht. Hierfür ist entgegen der Auffassung des LSG nicht ausreichend, dass die Beklagten sich überhaupt weiterhin zur Durchführung von jährlichen Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs 2 S 1 SGB XI und entsprechenden Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI als berechtigt ansehen. Nach den dargelegten Maßstäben könnte nur dann ausnahmsweise ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme von vorbeugendem Rechtsschutz begründet sein, wenn der Klägerin wegen dieser Vorgehensweise unzumutbare Nachteile drohen würden. Solche Nachteile sind indes weder dargetan noch ansonsten erkennbar.

11

a) Nachteile dieser Art drohen insbesondere nicht deshalb, weil die Klägerin befürchten müsste, gegen einen möglichen weiteren Prüfbericht nicht rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz erlangen zu können. Dabei kann offenbleiben, ob der Veröffentlichung eines Pflege-Transparenzberichts nach § 115 Abs 1a SGB XI eine Anhörung in entsprechender Anwendung von § 24 Abs 1 SGB X voranzugehen hätte - was nahe liegen dürfte - oder ob insoweit der Literatur zu folgen ist, wonach die Vorschrift auf Realakte - wozu die Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten zählt - nicht anwendbar ist(vgl etwa Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2012, § 24 RdNr 8; Franz in: jurisPK-SGB X, § 24 RdNr 14; aA dagegen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl 2012, VwVfG, § 28 RdNr 4a). Denn jedenfalls nach der Verfahrensordnung der PTVS 2008 haben die Landesverbände der Pflegekassen den Pflegeeinrichtungen vor der Veröffentlichung die hierfür vorgesehenen Ergebnisse zu übersenden und den Einrichtungen innerhalb einer Frist von 28 Kalendertagen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Klärung strittiger Fragen zu geben (Anlage 4 S 2 PTVS 2008). Hierdurch ist verfahrensrechtlich hinreichend gewährleistet, dass vor der Veröffentlichung abträglicher Pflege-Transparenzberichte ausreichend Raum für die Erörterung der sachlichen Grundlagen und der maßgeblichen Bewertungsfragen zunächst zwischen der Einrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen sowie ggf zur Einleitung von vorläufigen Rechtsschutzverfahren besteht. Dass dem in der praktischen Umsetzung dennoch unüberwindliche Hürden entgegenstehen sollten, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich; die große Zahl solcher Verfahren um die geplante Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten belegt im Gegenteil eher, dass hierdurch bedingten möglichen Rechtsgutsverletzungen durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend begegnet werden kann (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg, MMR 2010, 643 und NZS 2011, 509 ff; Sächsisches LSG, RsDE Nr 72, 77 ff; Bayerisches LSG Beschluss vom 30.3.2010 - L 2 P 7/10 B ER - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, GesR 2010, 476 ff; LSG Sachsen-Anhalt, NZS 2011, 944 ff; Hessisches LSG, NZS 2011, 504 ff; SG München, MedR 2010, 667 ff und ZFSH/SGB 2010, 257; SG Münster, Sozialrecht aktuell 2010, 61 ff und MedR 2011, 529 ff mit Anmerkung von Ossege, S 534; SG Frankfurt am Main Beschluss vom 23.3.2010 - S 18 P 16/10 ER - Juris; SG Bayreuth, Sozialrecht aktuell 2010, 64 ff; SG Augsburg Beschluss vom 29.1.2010 - S 10 P 105/09 ER - Juris; SG Lüneburg Beschluss vom 4.4.2011 - S 5 P 8/11 ER - Juris).

12

b) Unzumutbar ist der Verweis auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten auch nicht deshalb, weil die Klägerin - wie sie möglicherweise meint - erst durch die Transparenzberichterstattung faktisch zur Beachtung der auf die §§ 112 ff SGB XI gestützten Qualitätsvorgaben angehalten wird. Dies ist jedoch keine Folge der Transparenzberichterstattung, sondern der Qualitätsverantwortung der Klägerin als Pflegeeinrichtung nach § 112 SGB XI geschuldet. Hiernach sind die Träger der Pflegeeinrichtungen unbeschadet des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich(§ 112 Abs 1 S 1 SGB XI). Sie haben sich dabei auszurichten an den Maßstäben, die sich aus den für sie verbindlichen Anforderungen in den Vereinbarungen nach § 113 SGB XI sowie den vereinbarten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen nach § 84 Abs 5 SGB XI ergeben(§ 112 Abs 1 S 2 SGB XI). Zur Umsetzung dessen haben sie Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie ein Qualitätsmanagement nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI durchzuführen, Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden sowie bei Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI mitzuwirken(§ 112 Abs 2 S 1 SGB XI). Diese Qualitätsverpflichtung aktualisiert sich nicht erst durch die Transparenzberichterstattung; sie ist vielmehr Voraussetzung dafür, als Pflegeeinrichtung an der Versorgung von Pflegebedürftigen überhaupt beteiligt zu sein (§ 72 Abs 3 Nr 3 und 4 SGB XI). Insofern betreffen die Einwände der Klägerin nicht die Pflege-Transparenzberichte selbst, sondern die ihr vorgelagerten Anforderungen an den Betrieb von Pflegeeinrichtungen; dies rechtfertigt eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Transparenzberichterstattung nicht.

13

3. Entsprechendes gilt für den nach dem Verzicht auf die Veröffentlichung des streitigen Transparenzberichts zunächst verfolgten Fortsetzungsfeststellungsantrag der Klägerin. Zwar war der Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit entsprechend § 131 Abs 1 S 3 SGG statthaft(zur Anwendung auf Klagen, deren Rechtsschutzbegehren - wie hier - nicht auf einen Verwaltungsakt bezogen war, vgl BSG SozR 3-2500 § 207 Nr 1; BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 33). Jedoch fehlte es später an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse für die beanspruchte Feststellung. Präjudiziell hätte die Entscheidung des LSG nicht wirken können, weil die Klägerin selbst - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt - für einen Schadensersatzprozess keinen greifbaren Anlass sieht (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10d f). Von einer Wiederholungsgefahr ist nicht auszugehen, weil kein Anhalt dafür besteht, dass ein gleichartiger Streitfall mit ähnlichen Prüfumständen und einem vergleichbaren Bewertungsstreit erneut auftreten könnte (vgl hierzu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19 und vom 18.5.2011 - B 3 KR 7/10 - BSGE 108, 206 SozR 4-2500 § 33 Nr 34; BSG SozR 4-3250 § 145 Nr 4 RdNr 22). So hat die Klägerin eine erneute Qualitätsprüfung im Mai 2012 mit der Note 1,1 bestanden. Schließlich brauchte nachgängiger Rechtsschutz auch nicht deshalb gewährt zu werden, weil wegen des Gewichts der beanstandeten Grundrechtsverletzung andernfalls die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG verletzt worden wäre und die Klägerin ein entsprechendes Rehabilitätsbedürfnis gehabt haben könnte; eine solche Intensität (vgl etwa BVerfGE 104, 220, 234 ff) kam den streitigen Beanstandungen - abgesehen davon, dass sie ohnehin unveröffentlicht geblieben sind - ersichtlich nicht zu.

14

4. Ungeachtet der Unzulässigkeit der geänderten Klage sind die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Transparenzberichterstattung auch in der Sache unbegründet. Dass der Gesetzgeber für wesentlich aus Steuer- und Beitragsmitteln finanzierte Pflegeinrichtungen eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI vorschreibt und eine Veröffentlichung entsprechender Prüfergebnisse nach Maßgabe von § 115 Abs 1a SGB XI vorsieht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, solange davon in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht und die Entwicklung unter Beobachtung gehalten wird und ggf Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Instrumentariums ergriffen werden.

15

a) Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art 12 Abs 1 GG; davon geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend aus. Ungeachtet der grundsätzlichen Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zum Informationshandeln staatlicher Behörden (vgl etwa Murswiek, DVBl 1997, 1021 ff; Huber, JZ 2003, 290 ff; Schoch, NVwZ 2011, 193 ff; Dreier, Die Verwaltung 36 <2003>, S 105, 129 ff) verlässt die Transparenzberichterstattung nach § 115 Abs 1a SGB XI den Bereich der bloßen Unterrichtung über Tatsachen, den das BVerfG in der sog Glykol-Entscheidung nicht der Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs der Berufsfreiheit zugerechnet hat, solange sie im Rahmen einer staatlichen Aufgabe, unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und fehlerfrei erfolgt(vgl BVerfGE 105, 252 ff). Transparenzberichte beschränken sich nicht auf die Wiedergabe sachlicher Informationen etwa über Ausstattungsmerkmale von Pflegeeinrichtungen; im Kern zielen sie auf die Abgabe vergleichender Werturteile, inwieweit nämlich "die zugelassenen Pflegeeinrichtungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach diesem Buch erfüllen" (§ 114a Abs 1 S 1 SGB XI, hier idF von Art 1 Nr 73 des Pflege-WEG). Dabei stützen sie sich zudem auf hoheitlich angeordnete Untersuchungen: Im Rahmen des § 114 SGB XI müssen Einrichtungen es dulden, dass sie zum Zweck der systematisch vergleichenden öffentlichen Bewertung "an Ort und Stelle" geprüft und die Ergebnisse anschließend öffentlich gemacht werden(§ 115 Abs 1a S 1 SGB XI). Damit greifen die zuständigen Stellen unter Nutzung nur dem Staat zu Gebote stehender Mittel hoheitlichen Zwangs in die Außendarstellung von Einrichtungsträgern und somit in Rechtsgüter ein, die bei natürlichen Personen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Schutz der Selbstdarstellung zugeordnet werden (vgl etwa BVerfGE 114, 339, 346 mwN). Ob diese verfassungsrechtliche Schutzfunktion bei juristischen Personen des Privatrechts auch unmittelbar aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG abzuleiten ist, kann hier offenbleiben (vgl zur Frage allgemein der Erstreckung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristischen Personen des Privatrechts BVerfGE 106, 28, 42 mwN). Denn anerkannt ist, dass die Berufsfreiheit die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für berufliche Leistungen gewährleistet (vgl nur BVerfGE 85, 248, 256 - ärztliches Werbeverbot; BVerfGE 94, 372, 389 - Apothekerwerbung; BVerfGE 95, 173, 183 - Warnhinweise auf Tabakpackungen). Eingriffe des Staates in diesen Bereich können nicht nur über Werbeverbote oder andere Beschränkungen erfolgen. Einfluss auf die Außendarstellung eines Unternehmens und die damit verbundene Wertschätzung der Kunden kann er auch durch wertende Stellungnahmen eigener oder von ihm autorisierter Stellen zu Lasten einzelner Marktteilnehmer nehmen, zumal wenn er sich dazu auf Informationen stützt, die mit Mitteln des staatlichen Zwangs erhoben worden sind. Insofern ist der Berufsfreiheit neben der Befugnis zu unternehmerischer Außendarstellung auch ein Recht auf eine selbstbestimmte unternehmerische Selbstdarstellung immanent. Sollen gemäß § 115 Abs 1a SGB XI und den der Pflegeberichterstattung zugrundeliegenden Vorschriften über Qualitätsprüfungen in Pflegeinrichtungen insbesondere der §§ 114 und 114a SGB XI Leistungen eines ganzen Berufsfeldes mit staatlich verliehener Autorität einer systematischen Leistungsbeurteilung unterzogen werden, so berührt das diese Gewährleistung(vgl Schütze, KrV 2012, 14, 15 f).

16

b) Die hier zur Prüfung stehenden Vorschriften sind indes kompetenzgemäß erlassen. Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erfasst als Materie der Sozialversicherung auch die soziale Pflegeversicherung (vgl BVerfGE 103, 197, 215 ff = SozR 3-1100 Art 74 Nr 4 S 21 ff) und damit über die Ausgestaltung der Leistungen und ihre Erbringung im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen (§ 69 SGB XI) deren Qualitätssicherung. Das gilt ebenso, soweit sich die Beurteilungen auf Unterkunft und Verpflegung zu erstrecken haben (vgl § 115 Abs 1a S 2 iVm § 114 Abs 2 S 5 SGB XI). Heimrechtlich unterliegt diese Materie zwar bei stationären Einrichtungen nach der Änderung von Art 74 Abs 1 Nr 7 GG durch das GGÄndG 2006 vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) nunmehr der Gesetzgebungskompetenz der Länder; insoweit ist auch die Sachleistungspflicht der Pflegekassen begrenzt (vgl § 82 Abs 1 S 4 SGB XI). Seit jeher stehen im Leistungserbringungsrecht indes sozialversicherungsrechtliche und landes(berufs)rechtliche Regelungskompetenzen nebeneinander (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27 mwN und unter Verweis auf BVerfG, MedR 1999, 560 = NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16). Dies steht aber einer umfassenden pflegeversicherungsrechtlichen Ordnung der Qualitätssicherung der Pflegeversorgung nach dem SGB XI durch den Bundesgesetzgeber nicht entgegen. Sozialversicherung iS des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ist als weit gefasster Gattungsbegriff zu verstehen, für den alle Beitrags- und Leistungsaspekte bestimmend sind (vgl BVerfGE 114, 196, 221 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49). Wegen der Bedeutung von Unterkunft und Verpflegung für die Qualität der Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen steht dem Bundesgesetzgeber deshalb insgesamt die Kompetenz für das Ausgreifen der Pflegequalitätsberichterstattung zu, und zwar auch unter Berücksichtigung auf die von den Heimbewohnern mit eigenen Mitteln zu finanzierenden Leistungen (aA dagegen Geldermann/ Hammer, VerwArch 2013, 64, 77 ff). Denn schon nach pflegefachlichen Maßstäben lässt sich die Qualität der pflegerischen Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum isoliert von der Güte von Unterkunft und Verpflegung betrachten. Auch für das Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen selbst ist dieser Aspekt bei der Wahl eines Pflegeheims zentral. Schließlich liegt es im Interesse der Beitragszahler, dass Beitragsmittel für Pflegeleistungen nur Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die Unterkunft und Verpflegung in der notwendigen Qualität sicherstellen.

17

c) Materiell durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Pflegequalitätsberichterstattung ebenfalls nicht. Bei Regelungen der Berufsausübung - denen sie zugehört - ist dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG ein erhebliches Maß an Freiheit belassen. Der verfassungsrechtlich eingeräumte Rahmen wird gewahrt, wenn die zu beurteilenden Vorschriften durch vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert sind sowie Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl nur BVerfGE 123, 186, 238 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 165, mwN). Dabei weist das BVerfG dem Gesetzgeber nicht nur bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele, sondern auch bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung seiner Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, den es je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang als überprüfbar ansieht (vgl nur BVerfGE 110, 141, 157 mwN).

18

d) Ausgehend hiervon ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das Informationsinteresse von Pflegebedürftigen und Angehörigen mit der Pflegetransparenzberichterstattung über das Interesse von Einrichtungen an einem von staatlicher Bewertung freien Auftreten am Markt gestellt hat. Sie können durch eine - negative - öffentliche Bewertung allerdings erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, doch andererseits ist die Herstellung von Marktransparenz ein legitimes gesetzgeberisches Regelungsziel. Das mag zwar nicht in allen Zweigen des Wirtschaftslebens die Abgabe von Werturteilen auf der Basis staatlich angeordneter Evaluierung erlauben, jedoch liegen die Verhältnisse bei der Pflegeversorgung anders als bei Alltagsgeschäften des täglichen Lebens. Pflegeleistungen rechnen zur öffentlichen Daseinsvorsorge und werden wesentlich über Beiträge und aus öffentlichen Haushalten finanziert. Das verleiht den Leistungen auch in privatrechtlicher Trägerschaft eine besondere Qualifikation, die schon für sich eine gesteigerte öffentliche Beobachtung und Bewertung rechtfertigen kann. Zudem sind Pflegebedürftige wegen ihrer angegriffenen Gesundheit und des in der Regel hohen Alters bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung - häufig ist die Grenze von 80 Jahren weit überschritten (vgl etwa Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen , Zweiter Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern, März 2009, Kapitel 9, 579, wonach das durchschnittliche Eintrittsalter in ein Pflegeheim in Bayern zu diesem Zeitpunkt bei 86 Jahren lag) - in außergewöhnlich hohem Maß auf die Güte der Leistungserbringung angewiesen und haben deshalb besonderen Orientierungsbedarf bei der Wahl vor allem von stationären Einrichtungen. Viele Versicherte wechseln ins Pflegeheim erst dann, wenn die Versorgung im häuslichen Umfeld endgültig nicht mehr möglich ist, was auch im Interesse des vom Gesetzgeber beförderten Vorrangs der häuslichen Pflege liegt.

19

e) Dem steht nicht entgegen, dass sich nach pflegewissenschaftlicher Sicht ein Konsens über Kriterien und Standards der Qualitätsbeurteilung von Pflegeleistungen in Deutschland noch nicht herausgebildet hat (vgl etwa Hasseler/Wolf-Ostermann, Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen für den ambulanten und stationären Bereich, Juli 2010, S 71). Selbst bei für die Berufsfreiheit erheblich schwerer wiegenden objektiven Berufszugangsvoraussetzungen besteht unter Berücksichtigung der Wertungs- und Prognosespielräume des Gesetzgebers Anlass zur Beanstandung seiner Einschätzung der einer Regelung zugrundeliegende Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts von Verfassungs wegen nur, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widerspricht, sodass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben kann (stRspr vgl etwa BVerfGE 110, 141, 158; BVerfGE 126, 112, 141 = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 96, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall: Weder muss angenommen werden, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Pflegetransparenzberichterstattung von einer schlechthin unvertretbaren Einschätzung über den Informationsbedarf von Pflegebedürftigen hat leiten lassen, noch musste er davon ausgehen, dass für die Beurteilung der Pflegequalität auch viele Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung fachlich keinerlei Kriterien zur Verfügung stehen. Zwar hat verbreiteter Auffassung nach der in § 11 Abs 1 S 1, § 28 Abs 3, § 69 S 1 und § 113 Abs 1 S 1 SGB XI vorausgesetzte Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse noch nicht das Niveau erreicht wie vergleichbar in der gesetzlichen Krankenversicherung iS von § 2 Abs 1 S 3 SGB V(kritisch etwa Igl, SGb 2007, 381, 383; Udsching, SGb 2007, 694, 698; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand Mai 2006, § 11 RdNr 5). Das bedeutet indes nicht, dass gegenwärtig nicht einmal Mindeststandards für die Erbringung von Pflegeleistungen bestünden; darauf beruft sich auch die Klägerin selbst nicht. In dieser Lage genügt der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn er erstens selbst die Situation beobachtet und bei Bedarf auf Defizite reagiert und - soweit er Einzelheiten nicht selbst regelt - zweitens einen Prozess etabliert, der die Ausbildung eines angemessenen Bewertungsverfahrens verspricht. Soweit er dem nachkommt (vgl dazu Punkt 4.f), müssen die Betroffenen jedenfalls für eine Übergangszeit Mängel hinnehmen, die der Einrichtung eines Prüfverfahrens immanent sind, solange die jeweils in Frage stehende Bewertung nicht auf unzutreffenden Grundlagen beruht und mindestens insgesamt als vertretbar anzusehen ist (zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers vgl etwa BVerfGE 110, 141, 169 mwN; zu den materiellen Anforderungen an staatlich veranlasstes Informationshandeln vgl BVerfGE 105, 252, 273).

20

f) Dass die nähere Ausgestaltung der Pflegetransparenzvereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände übertragen worden ist, ist im Lichte der Verfassung ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Übertragung originärer Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung auf die zuständigen Spitzenverbände hat bereits das BVerfG als unbedenklich angesehen (BVerfGE 106, 275, 305 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 f), für die gesetzliche Krankenversicherung zieht das BSG die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V ebenfalls nicht mehr grundlegend in Zweifel(BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). In entsprechender Weise bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen den Auftrag zur näheren Konkretisierung der Pflegetransparenzberichterstattung durch die Spitzenverbände iS von § 115 Abs 1a S 6 SGB XI. Denn von pflegewissenschaftlicher Seite wird stets betont, dass es der "wissenschaftlichen Überarbeitung und Entwicklung" bedürfe, wenn die Pflegetransparenzkriterien aussagekräftige Ergebnisse erzielen sollen (vgl Hasseler/Wolf-Ostermann, aaO, S 278). Wie nicht zuletzt das Vorbringen der Klägerin selbst deutlich erweist, betreffen die dabei im Streit stehenden Fragen vor allem Einzelheiten der fachlichen Bewertung. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage die Bewertungskriterien nicht selbst festgelegt hat, sondern sich auf Grundziele, Zuständigkeit und Verfahren beschränkt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn vertretbar hat er bei der Wahl des Verfahrens nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI die beste Gewähr dafür gesehen, dass einerseits die Qualitätsbewertungen sachgerechten Maßstäben folgt und fachliche Weiterentwicklungen zeitnah aufgegriffen werden können, und andererseits dem auch verfassungsrechtlich fundierten Auftrag genügt wird, an der Entwicklung der Bewertungskriterien die Betroffenen selbst zu beteiligen.

21

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Medizinischen Dienste, der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie die von den Landesverbänden der Pflegekassen für Qualitätsprüfungen bestellten Sachverständigen haben das Ergebnis einer jeden Qualitätsprüfung sowie die dabei gewonnenen Daten und Informationen den Landesverbänden der Pflegekassen und den zuständigen Trägern der Sozialhilfe sowie den nach heimrechtlichen Vorschriften zuständigen Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit und bei häuslicher Pflege den zuständigen Pflegekassen zum Zwecke der Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben sowie der betroffenen Pflegeeinrichtung mitzuteilen. Die Landesverbände der Pflegekassen sind befugt und auf Anforderung verpflichtet, die ihnen nach Satz 1 bekannt gewordenen Daten und Informationen mit Zustimmung des Trägers der Pflegeeinrichtung auch seiner Trägervereinigung zu übermitteln, soweit deren Kenntnis für die Anhörung oder eine Stellungnahme der Pflegeeinrichtung zu einem Bescheid nach Absatz 2 erforderlich ist. Gegenüber Dritten sind die Prüfer und die Empfänger der Daten zur Verschwiegenheit verpflichtet; dies gilt nicht für die zur Veröffentlichung der Ergebnisse von Qualitätsprüfungen nach Absatz 1a erforderlichen Daten und Informationen.

(1a) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren insbesondere auf der Grundlage der Maßstäbe und Grundsätze nach § 113 und der Richtlinien zur Durchführung der Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114a Absatz 7, welche Ergebnisse bei der Darstellung der Qualität für den ambulanten und den stationären Bereich zugrunde zu legen sind und inwieweit die Ergebnisse durch weitere Informationen ergänzt werden. In den Vereinbarungen sind die Ergebnisse der nach § 113b Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis 4 vergebenen Aufträge zu berücksichtigen. Die Vereinbarungen umfassen auch die Form der Darstellung einschließlich einer Bewertungssystematik (Qualitätsdarstellungsvereinbarungen). Bei Anlassprüfungen nach § 114 Absatz 5 bilden die Prüfergebnisse aller in die Prüfung einbezogenen Pflegebedürftigen die Grundlage für die Bewertung und Darstellung der Qualität. Personenbezogene Daten sind zu anonymisieren. Ergebnisse von Wiederholungsprüfungen sind zeitnah zu berücksichtigen. Bei der Darstellung der Qualität ist die Art der Prüfung als Anlass-, Regel- oder Wiederholungsprüfung kenntlich zu machen. Das Datum der letzten Prüfung durch den Medizinischen Dienst oder durch den Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V., eine Einordnung des Prüfergebnisses nach einer Bewertungssystematik sowie eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse sind an gut sichtbarer Stelle in jeder Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen für den stationären Bereich sind bis zum 31. Dezember 2017 und für den ambulanten Bereich bis zum 31. Dezember 2018 jeweils unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu schließen. Die auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe von § 118 mit. Die Qualitätsdarstellungsvereinbarungen sind an den medizinisch-pflegefachlichen Fortschritt anzupassen. Bestehende Vereinbarungen gelten bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung fort; dies gilt entsprechend auch für die bestehenden Vereinbarungen über die Kriterien der Veröffentlichung einschließlich der Bewertungssystematik (Pflege-Transparenzvereinbarungen).

(1b) Die Landesverbände der Pflegekassen stellen sicher, dass ab dem 1. Januar 2014 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 über die Regelungen zur ärztlichen, fachärztlichen und zahnärztlichen Versorgung sowie zur Arzneimittelversorgung und ab dem 1. Juli 2016 die Informationen gemäß § 114 Absatz 1 zur Zusammenarbeit mit einem Hospiz- und Palliativnetz in vollstationären Einrichtungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Die Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, die Informationen nach Satz 1 an gut sichtbarer Stelle in der Pflegeeinrichtung auszuhängen. Die Landesverbände der Pflegekassen übermitteln die Informationen nach Satz 1 an den Verband der privaten Krankenversicherung e. V. zum Zweck der einheitlichen Veröffentlichung.

(1c) Die Landesverbände der Pflegekassen haben Dritten für eine zweckgerechte, nicht gewerbliche Nutzung die Daten, die nach den Qualitätsdarstellungsvereinbarungen nach Absatz 1a der Darstellung der Qualität zu Grunde liegen, sowie rückwirkend zum 1. Januar 2017 ab dem 1. April 2017 die Daten, die nach den nach § 115a übergeleiteten Pflege-Transparenzvereinbarungen der Darstellung der Qualität bis zum Inkrafttreten der Qualitätsdarstellungsvereinbarungen zu Grunde liegen, auf Antrag in maschinen- und menschenlesbarer sowie plattformunabhängiger Form zur Verarbeitung und Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen. Das Nähere zu der Übermittlung der Daten an Dritte, insbesondere zum Datenformat, zum Datennutzungsvertrag, zu den Nutzungsrechten und den Pflichten des Nutzers bei der Verwendung der Daten, bestimmen die Vertragsparteien nach § 113 bis zum 31. März 2017 in Nutzungsbedingungen, die dem Datennutzungsvertrag unabdingbar zu Grunde zu legen sind. Mit den Nutzungsbedingungen ist eine nicht missbräuchliche, nicht wettbewerbsverzerrende und manipulationsfreie Verwendung der Daten sicherzustellen. Der Dritte hat zu gewährleisten, dass die Herkunft der Daten für die Endverbraucherin oder den Endverbraucher transparent bleibt. Dies gilt insbesondere, wenn eine Verwendung der Daten in Zusammenhang mit anderen Daten erfolgt. Für die Informationen nach Absatz 1b gelten die Sätze 1 bis 4 entsprechend. Die Übermittlung der Daten erfolgt gegen Ersatz der entstehenden Verwaltungskosten, es sei denn, es handelt sich bei den Dritten um öffentlich-rechtliche Stellen. Die entsprechenden Aufwendungen sind von den Landesverbänden der Pflegekassen nachzuweisen.

(2) Soweit bei einer Prüfung nach diesem Buch Qualitätsmängel festgestellt werden, entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen nach Anhörung des Trägers der Pflegeeinrichtung und der beteiligten Trägervereinigung unter Beteiligung des zuständigen Trägers der Sozialhilfe, welche Maßnahmen zu treffen sind, erteilen dem Träger der Einrichtung hierüber einen Bescheid und setzen ihm darin zugleich eine angemessene Frist zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Werden nach Satz 1 festgestellte Mängel nicht fristgerecht beseitigt, können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Abs. 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Abs. 2, kündigen. § 73 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Hält die Pflegeeinrichtung ihre gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere ihre Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung aus dem Versorgungsvertrag (§ 72) ganz oder teilweise nicht ein, sind die nach dem Achten Kapitel vereinbarten Pflegevergütungen für die Dauer der Pflichtverletzung entsprechend zu kürzen. Über die Höhe des Kürzungsbetrags ist zwischen den Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 Einvernehmen anzustreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet auf Antrag einer Vertragspartei die Schiedsstelle nach § 76 in der Besetzung des Vorsitzenden und der beiden weiteren unparteiischen Mitglieder. Gegen die Entscheidung nach Satz 3 ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben; ein Vorverfahren findet nicht statt, die Klage hat aufschiebende Wirkung. Der vereinbarte oder festgesetzte Kürzungsbetrag ist von der Pflegeeinrichtung bis zur Höhe ihres Eigenanteils an die betroffenen Pflegebedürftigen und im Weiteren an die Pflegekassen zurückzuzahlen; soweit die Pflegevergütung als nachrangige Sachleistung von einem anderen Leistungsträger übernommen wurde, ist der Kürzungsbetrag an diesen zurückzuzahlen. Der Kürzungsbetrag kann nicht über die Vergütungen oder Entgelte nach dem Achten Kapitel refinanziert werden. Schadensersatzansprüche der betroffenen Pflegebedürftigen nach anderen Vorschriften bleiben unberührt; § 66 des Fünften Buches gilt entsprechend.

(3a) Eine Verletzung der Verpflichtungen zu einer qualitätsgerechten Leistungserbringung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 wird unwiderlegbar vermutet

1.
bei einem planmäßigen und zielgerichteten Verstoß des Trägers der Einrichtung gegen seine Verpflichtung zur Einhaltung der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung oder
2.
bei nicht nur vorübergehenden Unterschreitungen der nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 vereinbarten Personalausstattung.
Entsprechendes gilt bei Nichtbezahlung der nach § 82c zugrunde gelegten Gehälter und Entlohnung. Abweichend von Absatz 3 Satz 2 und 3 ist das Einvernehmen über den Kürzungsbetrag unverzüglich herbeizuführen und die Schiedsstelle hat in der Regel binnen drei Monaten zu entscheiden. Bei Verstößen im Sinne von Satz 1 Nummer 1 können die Landesverbände der Pflegekassen gemeinsam den Versorgungsvertrag gemäß § 74 Absatz 1, in schwerwiegenden Fällen nach § 74 Absatz 2, kündigen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Vertragsparteien nach § 113 vereinbaren durch den Qualitätsausschuss gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 das Verfahren zur Kürzung der Pflegevergütung nach den Absätzen 3 und 3a. Die Vereinbarungen sind im Bundesanzeiger zu veröffentlichen und gelten vom ersten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Monats. Sie sind für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.

(4) Bei Feststellung schwerwiegender, kurzfristig nicht behebbarer Mängel in der stationären Pflege sind die Pflegekassen verpflichtet, den betroffenen Heimbewohnern auf deren Antrag eine andere geeignete Pflegeeinrichtung zu vermitteln, welche die Pflege, Versorgung und Betreuung nahtlos übernimmt. Bei Sozialhilfeempfängern ist der zuständige Träger der Sozialhilfe zu beteiligen.

(5) Stellen der Medizinische Dienst oder der Prüfdienst des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. schwerwiegende Mängel in der ambulanten Pflege fest, kann die zuständige Pflegekasse dem Pflegedienst auf Empfehlung des Medizinischen Dienstes oder des Prüfdienstes des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. die weitere Versorgung des Pflegebedürftigen vorläufig untersagen; § 73 Absatz 2 gilt entsprechend. Die Pflegekasse hat dem Pflegebedürftigen in diesem Fall einen anderen geeigneten Pflegedienst zu vermitteln, der die Pflege nahtlos übernimmt; dabei ist so weit wie möglich das Wahlrecht des Pflegebedürftigen nach § 2 Abs. 2 zu beachten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(6) In den Fällen der Absätze 4 und 5 haftet der Träger der Pflegeeinrichtung gegenüber den betroffenen Pflegebedürftigen und deren Kostenträgern für die Kosten der Vermittlung einer anderen ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtung, soweit er die Mängel in entsprechender Anwendung des § 276 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu vertreten hat. Absatz 3 Satz 7 bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. August 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Streitig ist die Berechtigung zur Veröffentlichung von zukünftigen Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI.

2

Die Klägerin ist Trägerin einer zur Versorgung von Versicherten der sozialen Pflegeversicherung zugelassenen stationären Pflegeeinrichtung, in der am 6.8.2009 vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI durchgeführt worden war. Im Anschluss daran hatten ihr die beklagten Landesverbände der Pflegekassen die Umsetzung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung aufgegeben (Maßnahmenbescheid vom 30.11.2009) und einen vorläufigen Transparenzbericht nach § 115 Abs 1a SGB XI mit einer Gesamtnote von 3,3 übersandt(Schreiben vom 18.11.2009). Die Klage dagegen hat die Klägerin vor dem SG zunächst auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, nachdem die Beklagten den Maßnahmenbescheid aufgehoben (Bescheid vom 11.1.2011) und zugesichert hatten, den Transparenzbericht dauerhaft nicht zu veröffentlichen (Schriftsatz vom 14.1.2011). Im Berufungsverfahren hat die Klägerin sodann beantragt, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der "Pflege-Transparenzvereinbarung stationär" vom 17.12.2008 (PTVS 2008) über ihre Einrichtung zu unterlassen. Sie hat dazu nicht nur die fehlerhafte Feststellung von Tatsachen der konkreten Qualitätsprüfung gerügt, sondern auch beanstandet, dass die Prüffragen auf der nicht rechtmäßig zustande gekommenen und ungeeigneten PTVS 2008 beruhten. Dabei ging es ihr nicht in erster Linie um einzelne fehlerhafte Feststellungen des ursprünglich angegriffenen Transparenzberichts, sondern um die grundsätzliche Unzulässigkeit einer Veröffentlichung, weil die PTVS 2008 rechtswidrig sei.

3

Mit ihrem Klagebegehren ist die Klägerin in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Das SG hat die ursprüngliche Klageänderung als unzulässig angesehen, da die übrigen Beteiligten nicht eingewilligt hätten und die Änderung auch nicht sachdienlich sei (Gerichtsbescheid vom 24.10.2011). Das LSG hat die vorbeugende Unterlassungsklage als zwar zulässig, aber unbegründet erachtet (Urteil vom 15.8.2012): Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht. § 115 Abs 1a SGB XI sei verfassungsgemäß und durch die PTVS 2008 auch rechtmäßig umgesetzt worden. Art 12 Abs 1 GG sei durch die Einführung solcher Pflege-Transparenzberichte nicht verletzt; dies gelte sowohl im Hinblick auf die Rechtsetzungsdelegation auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI als auch in Anbetracht der Zweifel an der Tauglichkeit der Transparenzkriterien. Zwar existierten nach pflegewissenschaftlicher Einschätzung valide Indikatoren zur Beurteilung der Ergebnis- und Lebensqualität derzeit noch nicht in ausreichendem Maße, dieser Umstand sei Gesetzgeber und Vertragspartnern aber bewusst gewesen und müsse im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Rahmen komplexer und sich entwickelnder Sachverhalte bei entsprechender Beobachtung und Entwicklung hingenommen werden; jedenfalls evidente Mängel seien nicht ersichtlich.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Transparenzberichterstattung verletzte sie in ihrer durch Art 12 Abs 1 iVm Art 19 Abs 3 GG geschützten unternehmerischen Betätigungsfreiheit. Die mit amtlicher Autorität ausgestatteten Bewertungen beeinflussten ihre Chancen am Markt und seien nicht ausreichend legitimiert. Rechtswidrig sei insbesondere die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Vertragspartner des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI, für die der Gesetzgeber auch nicht alle rechtlich wesentlichen Entscheidungen selbst getroffen habe. Die nach der gesetzlichen Konzeption verlangte Bewertung der Ergebnis- und Lebensqualität könne sich nicht auf ausreichend wissenschaftlich etablierte Verfahren stützen. Unter anderem deshalb sei auch die PTVS 2008 selbst rechtswidrig; ihre Kriterien hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Zudem sei die Prüf- und Bewertungspraxis des MDK in der Regel rechtswidrig.

5

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.8.2012 und den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 24.10.2011 zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, die Erstellung und Veröffentlichung weiterer Transparenzberichte auf der Basis des § 115 Abs 1a SGB XI und der Pflegetransparenzvereinbarung stationär (PTVS) vom 17.12.2008 über ihre Einrichtung zukünftig zu unterlassen.

6

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass die Klage auf Unterlassung künftiger Pflege-Transparenzberichte abzuweisen ist. Entgegen der Rechtsauffassung des LSG ist die Klage allerdings schon unzulässig; Anlass, ausnahmsweise vorbeugenden Rechtsschutz gegen den künftigen Normvollzug des § 115 Abs 1a SGB XI(hier in der für die Prüfung am 6.8.2009 maßgebenden Fassung von Art 1 Nr 74 Buchst b des Pflege-WEG vom 28.5.2008, BGBl I 874) zu gewähren, besteht auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Einwände der Klägerin gegen die Transparenzberichterstattung nicht. Ungeachtet dessen sind diese Bedenken in der Sache ebenfalls unbegründet.

8

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist nach der Aufhebung des Maßnahmenbescheides und dem Verzicht der Beklagten auf die Veröffentlichung des Pflege-Transparenzberichts im Anschluss an die MDK-Prüfung vom 6.8.2009 das Begehren der Klägerin, den Beklagten schlechthin jede künftige Erstellung und Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI iVm der PTVS 2008 über ihre Einrichtung zu untersagen. Geleitet ist dieses Begehren von der Überzeugung, dass schon die zugrundeliegende Norm verfassungswidrig und zudem durch die PTVS 2008 und die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes über die Prüfung der in Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität nach § 114 SGB XI (Qualitätsprüfungs-Richtlinien) rechtswidrig ausgestaltet ist und der Prüfauftrag deshalb regelmäßig rechtswidrig umgesetzt werde. Der Sache nach zielt das Begehren damit auf eine abstrakte Überprüfung der Transparenzberichterstattung nach Art eines Normenkontrollverfahrens iS von Art 93 Abs 1 Nr 2 GG oder von § 55a SGG bzw § 47 VwGO sowie zusätzlich auf allgemeine Feststellungen zur Prüfpraxis in stationären Pflegeeinrichtungen. Für ein solches - tatsächlich auf die Erstattung eines Rechtsgutachtens zielendes - Rechtsschutzbegehren bietet das SGG indes keine Grundlage, und zwar entgegen der Auffassung des LSG nicht nur für die vor dem SG zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, sondern auch im Rahmen der vorbeugenden Unterlassungsklage.

9

2. Rechtsschutz durch vorbeugende Unterlassungsklagen gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ist in allen öffentlich-rechtlichen Prozessordnungen nach der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ausnahmsweise nur eröffnet, wenn das Abwarten einer für die Zukunft möglicherweise zu gewärtigenden Beeinträchtigung für die Betroffenen mit unzumutbaren Rechtsschutzeinbußen verbunden wäre. Dafür hat der erkennende Senat Anlass gesehen in einem Fall, in dem weitere Rechtsverletzungen zu besorgen waren, die gerichtliche Klärung den Streitfall endgültig zu erledigen versprach und es für den Betroffenen nicht zumutbar war, den Erlass weiterer Verwaltungsakte abzuwarten (BSGE 91, 174, 176 = SozR 4-3300 § 37 Nr 1). Entsprechend fehlt es nach der Rechtsprechung des 6. Senats des BSG am Rechtsschutzinteresse für eine vorbeugende Klage, solange der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (BSG Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - USK 95139 = Juris RdNr 15 und 17; dem folgend auch der 1. Senat des BSG, vgl SozR 4-2500 § 133 Nr 6 RdNr 39; nicht anders die Literatur, vgl etwa Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, Vor § 51 RdNr 17a und § 54 RdNr 42a; Ulmer in Hennig, SGG, Stand: Dezember 2012, § 54 RdNr 119; Castendiek in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 54 RdNr 123, jeweils mwN). Ebenso heben das BVerwG und der BFH in ständiger Rechtsprechung darauf ab, ob der Verweis auf nachgängigen Rechtsschutz - einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes - mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (BVerwGE 132, 64 = Buchholz 451.74 § 8 KHG Nr 16, RdNr 26) bzw eine nicht oder nur schwerlich wiedergutzumachende Rechtsverletzung drohen würde (BFH/NV 2013, 739 RdNr 15 mwN).

10

Eine solche Ausnahmelage besteht hier nicht. Hierfür ist entgegen der Auffassung des LSG nicht ausreichend, dass die Beklagten sich überhaupt weiterhin zur Durchführung von jährlichen Qualitätsprüfungen nach § 114 Abs 2 S 1 SGB XI und entsprechenden Pflege-Transparenzberichten nach § 115 Abs 1a SGB XI als berechtigt ansehen. Nach den dargelegten Maßstäben könnte nur dann ausnahmsweise ein schutzwürdiges Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme von vorbeugendem Rechtsschutz begründet sein, wenn der Klägerin wegen dieser Vorgehensweise unzumutbare Nachteile drohen würden. Solche Nachteile sind indes weder dargetan noch ansonsten erkennbar.

11

a) Nachteile dieser Art drohen insbesondere nicht deshalb, weil die Klägerin befürchten müsste, gegen einen möglichen weiteren Prüfbericht nicht rechtzeitig gerichtlichen Rechtsschutz erlangen zu können. Dabei kann offenbleiben, ob der Veröffentlichung eines Pflege-Transparenzberichts nach § 115 Abs 1a SGB XI eine Anhörung in entsprechender Anwendung von § 24 Abs 1 SGB X voranzugehen hätte - was nahe liegen dürfte - oder ob insoweit der Literatur zu folgen ist, wonach die Vorschrift auf Realakte - wozu die Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten zählt - nicht anwendbar ist(vgl etwa Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2012, § 24 RdNr 8; Franz in: jurisPK-SGB X, § 24 RdNr 14; aA dagegen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl 2012, VwVfG, § 28 RdNr 4a). Denn jedenfalls nach der Verfahrensordnung der PTVS 2008 haben die Landesverbände der Pflegekassen den Pflegeeinrichtungen vor der Veröffentlichung die hierfür vorgesehenen Ergebnisse zu übersenden und den Einrichtungen innerhalb einer Frist von 28 Kalendertagen Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Klärung strittiger Fragen zu geben (Anlage 4 S 2 PTVS 2008). Hierdurch ist verfahrensrechtlich hinreichend gewährleistet, dass vor der Veröffentlichung abträglicher Pflege-Transparenzberichte ausreichend Raum für die Erörterung der sachlichen Grundlagen und der maßgeblichen Bewertungsfragen zunächst zwischen der Einrichtung und den Landesverbänden der Pflegekassen sowie ggf zur Einleitung von vorläufigen Rechtsschutzverfahren besteht. Dass dem in der praktischen Umsetzung dennoch unüberwindliche Hürden entgegenstehen sollten, hat die Klägerin nicht dargetan und ist für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich; die große Zahl solcher Verfahren um die geplante Veröffentlichung von Pflege-Transparenzberichten belegt im Gegenteil eher, dass hierdurch bedingten möglichen Rechtsgutsverletzungen durch Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinreichend begegnet werden kann (vgl etwa LSG Berlin-Brandenburg, MMR 2010, 643 und NZS 2011, 509 ff; Sächsisches LSG, RsDE Nr 72, 77 ff; Bayerisches LSG Beschluss vom 30.3.2010 - L 2 P 7/10 B ER - Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, GesR 2010, 476 ff; LSG Sachsen-Anhalt, NZS 2011, 944 ff; Hessisches LSG, NZS 2011, 504 ff; SG München, MedR 2010, 667 ff und ZFSH/SGB 2010, 257; SG Münster, Sozialrecht aktuell 2010, 61 ff und MedR 2011, 529 ff mit Anmerkung von Ossege, S 534; SG Frankfurt am Main Beschluss vom 23.3.2010 - S 18 P 16/10 ER - Juris; SG Bayreuth, Sozialrecht aktuell 2010, 64 ff; SG Augsburg Beschluss vom 29.1.2010 - S 10 P 105/09 ER - Juris; SG Lüneburg Beschluss vom 4.4.2011 - S 5 P 8/11 ER - Juris).

12

b) Unzumutbar ist der Verweis auf diese Rechtsschutzmöglichkeiten auch nicht deshalb, weil die Klägerin - wie sie möglicherweise meint - erst durch die Transparenzberichterstattung faktisch zur Beachtung der auf die §§ 112 ff SGB XI gestützten Qualitätsvorgaben angehalten wird. Dies ist jedoch keine Folge der Transparenzberichterstattung, sondern der Qualitätsverantwortung der Klägerin als Pflegeeinrichtung nach § 112 SGB XI geschuldet. Hiernach sind die Träger der Pflegeeinrichtungen unbeschadet des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen nach § 69 SGB XI für die Qualität der Leistungen ihrer Einrichtungen einschließlich der Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität verantwortlich(§ 112 Abs 1 S 1 SGB XI). Sie haben sich dabei auszurichten an den Maßstäben, die sich aus den für sie verbindlichen Anforderungen in den Vereinbarungen nach § 113 SGB XI sowie den vereinbarten Leistungs- und Qualitätsmerkmalen nach § 84 Abs 5 SGB XI ergeben(§ 112 Abs 1 S 2 SGB XI). Zur Umsetzung dessen haben sie Maßnahmen der Qualitätssicherung sowie ein Qualitätsmanagement nach Maßgabe der Vereinbarungen nach § 113 SGB XI durchzuführen, Expertenstandards nach § 113a SGB XI anzuwenden sowie bei Qualitätsprüfungen nach § 114 SGB XI mitzuwirken(§ 112 Abs 2 S 1 SGB XI). Diese Qualitätsverpflichtung aktualisiert sich nicht erst durch die Transparenzberichterstattung; sie ist vielmehr Voraussetzung dafür, als Pflegeeinrichtung an der Versorgung von Pflegebedürftigen überhaupt beteiligt zu sein (§ 72 Abs 3 Nr 3 und 4 SGB XI). Insofern betreffen die Einwände der Klägerin nicht die Pflege-Transparenzberichte selbst, sondern die ihr vorgelagerten Anforderungen an den Betrieb von Pflegeeinrichtungen; dies rechtfertigt eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen die Transparenzberichterstattung nicht.

13

3. Entsprechendes gilt für den nach dem Verzicht auf die Veröffentlichung des streitigen Transparenzberichts zunächst verfolgten Fortsetzungsfeststellungsantrag der Klägerin. Zwar war der Übergang auf die Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit entsprechend § 131 Abs 1 S 3 SGG statthaft(zur Anwendung auf Klagen, deren Rechtsschutzbegehren - wie hier - nicht auf einen Verwaltungsakt bezogen war, vgl BSG SozR 3-2500 § 207 Nr 1; BSG SozR 4-3300 § 71 Nr 2 RdNr 33). Jedoch fehlte es später an einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse für die beanspruchte Feststellung. Präjudiziell hätte die Entscheidung des LSG nicht wirken können, weil die Klägerin selbst - wie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals bekräftigt - für einen Schadensersatzprozess keinen greifbaren Anlass sieht (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 14; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 131 RdNr 10d f). Von einer Wiederholungsgefahr ist nicht auszugehen, weil kein Anhalt dafür besteht, dass ein gleichartiger Streitfall mit ähnlichen Prüfumständen und einem vergleichbaren Bewertungsstreit erneut auftreten könnte (vgl hierzu BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 19/10 R - BSGE 109, 212 = SozR 4-2500 § 31 Nr 19 und vom 18.5.2011 - B 3 KR 7/10 - BSGE 108, 206 SozR 4-2500 § 33 Nr 34; BSG SozR 4-3250 § 145 Nr 4 RdNr 22). So hat die Klägerin eine erneute Qualitätsprüfung im Mai 2012 mit der Note 1,1 bestanden. Schließlich brauchte nachgängiger Rechtsschutz auch nicht deshalb gewährt zu werden, weil wegen des Gewichts der beanstandeten Grundrechtsverletzung andernfalls die Rechtsschutzgarantie des Art 19 Abs 4 S 1 GG verletzt worden wäre und die Klägerin ein entsprechendes Rehabilitätsbedürfnis gehabt haben könnte; eine solche Intensität (vgl etwa BVerfGE 104, 220, 234 ff) kam den streitigen Beanstandungen - abgesehen davon, dass sie ohnehin unveröffentlicht geblieben sind - ersichtlich nicht zu.

14

4. Ungeachtet der Unzulässigkeit der geänderten Klage sind die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Transparenzberichterstattung auch in der Sache unbegründet. Dass der Gesetzgeber für wesentlich aus Steuer- und Beitragsmitteln finanzierte Pflegeinrichtungen eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff SGB XI vorschreibt und eine Veröffentlichung entsprechender Prüfergebnisse nach Maßgabe von § 115 Abs 1a SGB XI vorsieht, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, solange davon in verfassungskonformer Weise Gebrauch gemacht und die Entwicklung unter Beobachtung gehalten wird und ggf Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Instrumentariums ergriffen werden.

15

a) Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art 12 Abs 1 GG; davon geht die Klägerin im Ausgangspunkt zutreffend aus. Ungeachtet der grundsätzlichen Kritik an der Rechtsprechung des BVerfG zum Informationshandeln staatlicher Behörden (vgl etwa Murswiek, DVBl 1997, 1021 ff; Huber, JZ 2003, 290 ff; Schoch, NVwZ 2011, 193 ff; Dreier, Die Verwaltung 36 <2003>, S 105, 129 ff) verlässt die Transparenzberichterstattung nach § 115 Abs 1a SGB XI den Bereich der bloßen Unterrichtung über Tatsachen, den das BVerfG in der sog Glykol-Entscheidung nicht der Beeinträchtigung des Gewährleistungsbereichs der Berufsfreiheit zugerechnet hat, solange sie im Rahmen einer staatlichen Aufgabe, unter Beachtung der Zuständigkeitsordnung und fehlerfrei erfolgt(vgl BVerfGE 105, 252 ff). Transparenzberichte beschränken sich nicht auf die Wiedergabe sachlicher Informationen etwa über Ausstattungsmerkmale von Pflegeeinrichtungen; im Kern zielen sie auf die Abgabe vergleichender Werturteile, inwieweit nämlich "die zugelassenen Pflegeeinrichtungen die Leistungs- und Qualitätsanforderungen nach diesem Buch erfüllen" (§ 114a Abs 1 S 1 SGB XI, hier idF von Art 1 Nr 73 des Pflege-WEG). Dabei stützen sie sich zudem auf hoheitlich angeordnete Untersuchungen: Im Rahmen des § 114 SGB XI müssen Einrichtungen es dulden, dass sie zum Zweck der systematisch vergleichenden öffentlichen Bewertung "an Ort und Stelle" geprüft und die Ergebnisse anschließend öffentlich gemacht werden(§ 115 Abs 1a S 1 SGB XI). Damit greifen die zuständigen Stellen unter Nutzung nur dem Staat zu Gebote stehender Mittel hoheitlichen Zwangs in die Außendarstellung von Einrichtungsträgern und somit in Rechtsgüter ein, die bei natürlichen Personen dem informationellen Selbstbestimmungsrecht und dem im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnden Schutz der Selbstdarstellung zugeordnet werden (vgl etwa BVerfGE 114, 339, 346 mwN). Ob diese verfassungsrechtliche Schutzfunktion bei juristischen Personen des Privatrechts auch unmittelbar aus Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG abzuleiten ist, kann hier offenbleiben (vgl zur Frage allgemein der Erstreckung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf juristischen Personen des Privatrechts BVerfGE 106, 28, 42 mwN). Denn anerkannt ist, dass die Berufsfreiheit die berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für berufliche Leistungen gewährleistet (vgl nur BVerfGE 85, 248, 256 - ärztliches Werbeverbot; BVerfGE 94, 372, 389 - Apothekerwerbung; BVerfGE 95, 173, 183 - Warnhinweise auf Tabakpackungen). Eingriffe des Staates in diesen Bereich können nicht nur über Werbeverbote oder andere Beschränkungen erfolgen. Einfluss auf die Außendarstellung eines Unternehmens und die damit verbundene Wertschätzung der Kunden kann er auch durch wertende Stellungnahmen eigener oder von ihm autorisierter Stellen zu Lasten einzelner Marktteilnehmer nehmen, zumal wenn er sich dazu auf Informationen stützt, die mit Mitteln des staatlichen Zwangs erhoben worden sind. Insofern ist der Berufsfreiheit neben der Befugnis zu unternehmerischer Außendarstellung auch ein Recht auf eine selbstbestimmte unternehmerische Selbstdarstellung immanent. Sollen gemäß § 115 Abs 1a SGB XI und den der Pflegeberichterstattung zugrundeliegenden Vorschriften über Qualitätsprüfungen in Pflegeinrichtungen insbesondere der §§ 114 und 114a SGB XI Leistungen eines ganzen Berufsfeldes mit staatlich verliehener Autorität einer systematischen Leistungsbeurteilung unterzogen werden, so berührt das diese Gewährleistung(vgl Schütze, KrV 2012, 14, 15 f).

16

b) Die hier zur Prüfung stehenden Vorschriften sind indes kompetenzgemäß erlassen. Art 74 Abs 1 Nr 12 GG erfasst als Materie der Sozialversicherung auch die soziale Pflegeversicherung (vgl BVerfGE 103, 197, 215 ff = SozR 3-1100 Art 74 Nr 4 S 21 ff) und damit über die Ausgestaltung der Leistungen und ihre Erbringung im Rahmen des Sicherstellungsauftrags der Pflegekassen (§ 69 SGB XI) deren Qualitätssicherung. Das gilt ebenso, soweit sich die Beurteilungen auf Unterkunft und Verpflegung zu erstrecken haben (vgl § 115 Abs 1a S 2 iVm § 114 Abs 2 S 5 SGB XI). Heimrechtlich unterliegt diese Materie zwar bei stationären Einrichtungen nach der Änderung von Art 74 Abs 1 Nr 7 GG durch das GGÄndG 2006 vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) nunmehr der Gesetzgebungskompetenz der Länder; insoweit ist auch die Sachleistungspflicht der Pflegekassen begrenzt (vgl § 82 Abs 1 S 4 SGB XI). Seit jeher stehen im Leistungserbringungsrecht indes sozialversicherungsrechtliche und landes(berufs)rechtliche Regelungskompetenzen nebeneinander (vgl BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 27 mwN und unter Verweis auf BVerfG, MedR 1999, 560 = NJW 1999, 2730, 2731 = SozR 3-2500 § 73 Nr 3 S 16). Dies steht aber einer umfassenden pflegeversicherungsrechtlichen Ordnung der Qualitätssicherung der Pflegeversorgung nach dem SGB XI durch den Bundesgesetzgeber nicht entgegen. Sozialversicherung iS des Art 74 Abs 1 Nr 12 GG ist als weit gefasster Gattungsbegriff zu verstehen, für den alle Beitrags- und Leistungsaspekte bestimmend sind (vgl BVerfGE 114, 196, 221 = SozR 4-2500 § 266 Nr 9 RdNr 49). Wegen der Bedeutung von Unterkunft und Verpflegung für die Qualität der Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen steht dem Bundesgesetzgeber deshalb insgesamt die Kompetenz für das Ausgreifen der Pflegequalitätsberichterstattung zu, und zwar auch unter Berücksichtigung auf die von den Heimbewohnern mit eigenen Mitteln zu finanzierenden Leistungen (aA dagegen Geldermann/ Hammer, VerwArch 2013, 64, 77 ff). Denn schon nach pflegefachlichen Maßstäben lässt sich die Qualität der pflegerischen Versorgung in einer stationären Pflegeeinrichtung kaum isoliert von der Güte von Unterkunft und Verpflegung betrachten. Auch für das Informationsbedürfnis der Pflegebedürftigen selbst ist dieser Aspekt bei der Wahl eines Pflegeheims zentral. Schließlich liegt es im Interesse der Beitragszahler, dass Beitragsmittel für Pflegeleistungen nur Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die Unterkunft und Verpflegung in der notwendigen Qualität sicherstellen.

17

c) Materiell durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet die Pflegequalitätsberichterstattung ebenfalls nicht. Bei Regelungen der Berufsausübung - denen sie zugehört - ist dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG ein erhebliches Maß an Freiheit belassen. Der verfassungsrechtlich eingeräumte Rahmen wird gewahrt, wenn die zu beurteilenden Vorschriften durch vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert sind sowie Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen (stRspr, vgl nur BVerfGE 123, 186, 238 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 165, mwN). Dabei weist das BVerfG dem Gesetzgeber nicht nur bei der Festlegung der von ihm ins Auge gefassten Regelungsziele, sondern auch bei der Beurteilung dessen, was er zur Verwirklichung seiner Ziele für geeignet und erforderlich halten darf, einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, den es je nach der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten, sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden, und der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter nur in begrenztem Umfang als überprüfbar ansieht (vgl nur BVerfGE 110, 141, 157 mwN).

18

d) Ausgehend hiervon ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber das Informationsinteresse von Pflegebedürftigen und Angehörigen mit der Pflegetransparenzberichterstattung über das Interesse von Einrichtungen an einem von staatlicher Bewertung freien Auftreten am Markt gestellt hat. Sie können durch eine - negative - öffentliche Bewertung allerdings erheblichen Belastungen ausgesetzt sein, doch andererseits ist die Herstellung von Marktransparenz ein legitimes gesetzgeberisches Regelungsziel. Das mag zwar nicht in allen Zweigen des Wirtschaftslebens die Abgabe von Werturteilen auf der Basis staatlich angeordneter Evaluierung erlauben, jedoch liegen die Verhältnisse bei der Pflegeversorgung anders als bei Alltagsgeschäften des täglichen Lebens. Pflegeleistungen rechnen zur öffentlichen Daseinsvorsorge und werden wesentlich über Beiträge und aus öffentlichen Haushalten finanziert. Das verleiht den Leistungen auch in privatrechtlicher Trägerschaft eine besondere Qualifikation, die schon für sich eine gesteigerte öffentliche Beobachtung und Bewertung rechtfertigen kann. Zudem sind Pflegebedürftige wegen ihrer angegriffenen Gesundheit und des in der Regel hohen Alters bei Aufnahme in eine stationäre Einrichtung - häufig ist die Grenze von 80 Jahren weit überschritten (vgl etwa Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen , Zweiter Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern, März 2009, Kapitel 9, 579, wonach das durchschnittliche Eintrittsalter in ein Pflegeheim in Bayern zu diesem Zeitpunkt bei 86 Jahren lag) - in außergewöhnlich hohem Maß auf die Güte der Leistungserbringung angewiesen und haben deshalb besonderen Orientierungsbedarf bei der Wahl vor allem von stationären Einrichtungen. Viele Versicherte wechseln ins Pflegeheim erst dann, wenn die Versorgung im häuslichen Umfeld endgültig nicht mehr möglich ist, was auch im Interesse des vom Gesetzgeber beförderten Vorrangs der häuslichen Pflege liegt.

19

e) Dem steht nicht entgegen, dass sich nach pflegewissenschaftlicher Sicht ein Konsens über Kriterien und Standards der Qualitätsbeurteilung von Pflegeleistungen in Deutschland noch nicht herausgebildet hat (vgl etwa Hasseler/Wolf-Ostermann, Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflege-Transparenzvereinbarungen für den ambulanten und stationären Bereich, Juli 2010, S 71). Selbst bei für die Berufsfreiheit erheblich schwerer wiegenden objektiven Berufszugangsvoraussetzungen besteht unter Berücksichtigung der Wertungs- und Prognosespielräume des Gesetzgebers Anlass zur Beanstandung seiner Einschätzung der einer Regelung zugrundeliegende Gefahrenlage und des Grades der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts von Verfassungs wegen nur, wenn sie in einem Maße wirtschaftlichen Gesetzen oder praktischer Erfahrung widerspricht, sodass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben kann (stRspr vgl etwa BVerfGE 110, 141, 158; BVerfGE 126, 112, 141 = SozR 4-1100 Art 12 Nr 21 RdNr 96, jeweils mwN). Das ist hier nicht der Fall: Weder muss angenommen werden, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Pflegetransparenzberichterstattung von einer schlechthin unvertretbaren Einschätzung über den Informationsbedarf von Pflegebedürftigen hat leiten lassen, noch musste er davon ausgehen, dass für die Beurteilung der Pflegequalität auch viele Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung fachlich keinerlei Kriterien zur Verfügung stehen. Zwar hat verbreiteter Auffassung nach der in § 11 Abs 1 S 1, § 28 Abs 3, § 69 S 1 und § 113 Abs 1 S 1 SGB XI vorausgesetzte Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse noch nicht das Niveau erreicht wie vergleichbar in der gesetzlichen Krankenversicherung iS von § 2 Abs 1 S 3 SGB V(kritisch etwa Igl, SGb 2007, 381, 383; Udsching, SGb 2007, 694, 698; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand Mai 2006, § 11 RdNr 5). Das bedeutet indes nicht, dass gegenwärtig nicht einmal Mindeststandards für die Erbringung von Pflegeleistungen bestünden; darauf beruft sich auch die Klägerin selbst nicht. In dieser Lage genügt der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn er erstens selbst die Situation beobachtet und bei Bedarf auf Defizite reagiert und - soweit er Einzelheiten nicht selbst regelt - zweitens einen Prozess etabliert, der die Ausbildung eines angemessenen Bewertungsverfahrens verspricht. Soweit er dem nachkommt (vgl dazu Punkt 4.f), müssen die Betroffenen jedenfalls für eine Übergangszeit Mängel hinnehmen, die der Einrichtung eines Prüfverfahrens immanent sind, solange die jeweils in Frage stehende Bewertung nicht auf unzutreffenden Grundlagen beruht und mindestens insgesamt als vertretbar anzusehen ist (zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers vgl etwa BVerfGE 110, 141, 169 mwN; zu den materiellen Anforderungen an staatlich veranlasstes Informationshandeln vgl BVerfGE 105, 252, 273).

20

f) Dass die nähere Ausgestaltung der Pflegetransparenzvereinbarung nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände übertragen worden ist, ist im Lichte der Verfassung ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Übertragung originärer Verwaltungsaufgaben im Rahmen der Selbstverwaltung auf die zuständigen Spitzenverbände hat bereits das BVerfG als unbedenklich angesehen (BVerfGE 106, 275, 305 = SozR 3-2500 § 35 Nr 2 S 22 f), für die gesetzliche Krankenversicherung zieht das BSG die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsetzung durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 SGB V ebenfalls nicht mehr grundlegend in Zweifel(BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 14 mwN - LITT; BSGE 104, 95 = SozR 4-2500 § 139 Nr 4, RdNr 18 mwN; BSGE 107, 287 = SozR 4-2500 § 35 Nr 4, RdNr 33). In entsprechender Weise bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen den Auftrag zur näheren Konkretisierung der Pflegetransparenzberichterstattung durch die Spitzenverbände iS von § 115 Abs 1a S 6 SGB XI. Denn von pflegewissenschaftlicher Seite wird stets betont, dass es der "wissenschaftlichen Überarbeitung und Entwicklung" bedürfe, wenn die Pflegetransparenzkriterien aussagekräftige Ergebnisse erzielen sollen (vgl Hasseler/Wolf-Ostermann, aaO, S 278). Wie nicht zuletzt das Vorbringen der Klägerin selbst deutlich erweist, betreffen die dabei im Streit stehenden Fragen vor allem Einzelheiten der fachlichen Bewertung. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage die Bewertungskriterien nicht selbst festgelegt hat, sondern sich auf Grundziele, Zuständigkeit und Verfahren beschränkt hat, ist nicht zu beanstanden. Denn vertretbar hat er bei der Wahl des Verfahrens nach § 115 Abs 1a S 6 SGB XI die beste Gewähr dafür gesehen, dass einerseits die Qualitätsbewertungen sachgerechten Maßstäben folgt und fachliche Weiterentwicklungen zeitnah aufgegriffen werden können, und andererseits dem auch verfassungsrechtlich fundierten Auftrag genügt wird, an der Entwicklung der Bewertungskriterien die Betroffenen selbst zu beteiligen.

21

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

1

Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 3. Kammer - vom 28. August 2013 hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich nicht wegen der vom Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Denn diese ist nicht entsprechend den Darlegungserfordernissen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO dargelegt.

3

„Grundsätzliche Bedeutung“ im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 21. Januar 2008 - 1 L 166/07 -, juris [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 1987 - 1 B 23.87 -, InfAuslR 1987, 278). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zudem im Zulassungsantrag darzulegen. „Dargelegt" im Sinne der genannten Vorschrift ist eine grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn in der Antragsbegründung eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage formuliert und zugleich substantiiert vorgetragen wird, inwiefern der Klärung dieser Frage eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961, BVerwGE 13, 90, vom 9. März 1993, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr.11, Beschluss vom 10. November 1992, Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5). Hiernach ist es zunächst erforderlich, dass in der Antragsschrift eine konkrete - entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige - rechtliche oder tatsächliche Frage „aufgeworfen und ausformuliert” wird (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995, Der Personalrat 1996, 27). Darüber hinaus obliegt es dem Rechtsschutzsuchenden, im Einzelnen darzulegen, inwiefern die aufgeworfene Frage im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinaus einer fallübergreifenden Klärung bedarf und im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Hierbei sind - neben der Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes, welche die Begründung erkennen lassen muss - die genannten Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels in der Weise unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, der einschlägigen Rechtsprechung sowie unter Angabe der maßgeblichen tatsächlichen und/oder rechtlichen Überlegungen zu erläutern und aufzuarbeiten, dass das Berufungsgericht hierdurch in die Lage versetzt wird, anhand der Antragsschrift darüber zu befinden, ob die Zulassung des Rechtsmittels gerechtfertigt ist (OVG LSA, a. a. O. [m. w. N.]; vgl. zudem: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 VwGO § 133 (n. F.) Nr. 26, Beschluss vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 -, NJW 1993, 2825).

4

In Anlegung dieser Maßstäbe ist eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vom Kläger nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden. Die von der Antragsbegründungsschrift als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen,

5
- „ist die erteilte Rechtsschuldbefreiung nach durchgeführtem Insolvenzverfahren, welches nach Ausspruch einer Untersagungsverfügung gemäß § 35 Abs. 1 GewO durchgeführt wurde, entscheidungserhebliche Tatsache im Sinne des § 35 Abs. 6 GewO bei der Entscheidung über die Wiedergestattung der Gewerbeausübung“,
6
- „rechtfertigt der zeitliche Ablauf von mehreren Jahren (hier mehr als 11 Jahre) die Wiedergestattung der Gewerbeausübung gemäß § 35 Abs. 6 GewO, wenn der Gewerbetreibende zwischen der Zeit der Gewerbeuntersagung und der Antragstellung der Wiedergestattung keine neuen Schulden macht und in dieser Zeit ein Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung durchführt“,
7

lassen sich - wie das weitere Vorbringen des Klägers selbst aufzeigt - nicht generell beantworten, weil ihre Beantwortung von den Besonderheiten des Einzelfalles abhängig ist. So kann eine Restschuldbefreiung unter Umständen eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des ehemaligen Gewerbetreibenden bzw. jetzigen Erlaubnisbewerbers wegen finanzieller Leistungsunfähigkeit im Hinblick auf in der Vergangenheit entstandene Schulden beseitigen, da sie gemäß § 301 Abs. 1 InsO gegen alle Insolvenzgläubiger wirkt und dies auch für Gläubiger gilt, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben. Aus der Restschuldbefreiung ergibt sich indes nicht, ob und in welcher Höhe hiervon ausgenommene Forderungen im Sinne des § 302 InsO bestehen und den Erlaubnisbewerber weiterhin belasten. Sie sagt ferner nichts über die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erlaubnisbewerbers im für die Wiedergestattung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung aus sowie darüber, ob außer der Frage der finanziellen Leistungsfähigkeit andere Umstände bestehen, die gegen eine gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Erlaubnisbewerbers sprechen.

8

Auch der reine Zeitablauf sagt noch nichts über die Wiedererlangung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit aus, insbesondere lassen sich keine bestimmten Zeiträume festlegen. Erforderlich ist eine Gesamtwürdigung, in die Art und Umstände der zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führenden Gründe und die Entwicklung der Persönlichkeit des Erlaubnisbewerbers einzubeziehen sind. Dabei wird ein nach früherem Fehlverhalten gezeigtes Wohlverhalten auch daraufhin in den Blick zu nehmen sein, inwieweit es auf eine charakterliche Läuterung des Bewerbers schließen lässt und nicht etwa einer besonderen Druck- und Überwachungssituation geschuldet ist.

9

Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil im Übrigen sowohl mit der dem Kläger erteilten Restschuldbefreiung wie mit dem Zeitablauf befasst (vgl. S. 6 der UA), diese Aspekte indes als nicht durchgreifend angesehen. Es hat auch nicht - wie die Antragsbegründungsschrift meint - die Auffassung vertreten, dass allein der Umstand, dass der Erlaubnisbewerber in der Vergangenheit erhebliche Schulden „aufgeworfen“ habe, ausreiche, ihn ggf. dauerhaft von der Ausübung eines selbständigen Gewerbes fern zu halten. Dies zeigt zum einen der Hinweis am Ende des angefochtenen Urteils, dass die zu treffende Prognose über die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Klägers zu einem späteren Zeitpunkt anders ausfallen könne (vgl. S. 7 Abs. 1 der UA). Zum anderen hat es bei seiner Entscheidung wesentlich auf die zwar zurückliegenden, aber als schwerwiegend eingestuften Verletzungen von Zahlungspflichten gegenüber öffentlich-rechtlichen Gläubigern und steuerlichen Erklärungspflichten abgestellt, mithin auf Verstöße gegen steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen, deren Missachtung über den finanziellen Schaden hinaus Anlass gibt, am Willen und der persönlichen Eignung des Betroffenen zur ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes zu zweifeln. Es stellt einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar, dass ein Gewerbetreibender sich nicht seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Staat entzieht, da er anderenfalls nicht nur die Allgemeinheit schädigt, sondern er sich auch einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft. Mit einer Verletzung sozialversicherungsrechtlicher Verpflichtungen beeinträchtigt der Gewerbetreibende nicht nur Versicherungsansprüche seiner Arbeitnehmer, sondern schädigt auch das Vermögen der Träger der Versicherung und gefährdet damit deren finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit.

10

Soweit die Antragsbegründungsschrift in Bezug auf Zeitablauf und Insolvenzverfahren eine vermeintlich abweichende Rechtsauffassung geltend macht, kann mit bloßen Angriffen gegen die tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichtes bzw. einem reinen Zurüberprüfungstellen der erstinstanzlichen Rechtsauffassung die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht ausreichend dargelegt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. September 1995 - 6 B 61.95 -, Der Personalrat 1996, 27; Beschluss vom 24. Februar 1977 - II B 60.76 -, Buchholz 232 § 5 BBG Nr. 2).

11

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der vom Kläger gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

12

„Ernstliche Zweifel“ an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen nur dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Da gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO der Zulassungsgrund zudem in der gebotenen Weise darzulegen ist, erfordert dies, dass sich der Zulassungsantrag substantiiert inhaltlich mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt und u. a. konkret ausgeführt wird, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss vom 3. Januar 2007 - 1 L 245/06 -, juris [m. w. N.]). Dabei reicht es nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen (BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33).

13

Das Antragsvorbringen begründet im vorbezeichneten Sinne keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses der angefochtenen Entscheidung.

14

Das Vorbringen der Antragsbegründungsschrift, das Verwaltungsgericht habe den erheblichen Zeitablauf seit Ergehen der gewerberechtlichen Untersagungsverfügung im Jahre 1998, die Erteilung der Restschuldbefreiung sowie die Zahlung von Teilleistungen auf von dem Insolvenzverfahren nicht erfasste Forderungen als für den Kläger sprechende Umstände unberücksichtigt gelassen, trifft ausweislich der Urteilsgründe auf Seite 6 nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat diese Umstände lediglich anders bewertet und hieraus andere Schlussfolgerungen gezogen als der Kläger.

15

Auch der Einwand, dem Kläger könnten seit dem Erlass der gewerberechtlichen Untersagungsverfügung (im Jahre 1998) keine Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgeworfen werden, stellt nicht in der gebotenen Weise die durch Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 12. August 2011 gemäß § 117 Abs. 5 VwGO vom Verwaltungsgericht sich zu eigen gemachte Feststellung in Frage, wonach der Kläger seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Finanzamt Emden auch insoweit nicht nachgekommen sei, als er für die Jahre 1999 bis 2001 und 2003 keine Steuererklärungen abgegeben habe (vgl. S. 9 des Widerspruchsbescheides, Bl. 17 der GA).

16

Das Vorbringen, der Kläger habe seine persönliche Lebensführung 2005 so umgestaltet, dass er zwischenzeitlich die Gewähr dafür biete, sich zukünftig nach den maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu verhalten, ist mangels Substantiiertheit nicht geeignet, die Richtigkeit des Urteilsergebnisses schlüssig in Frage zu stellen. Ebenfalls in einer nicht begründeten, unsubstantiiert gebliebenen Behauptung erschöpft sich der Vortrag, das Verwaltungsgericht verkenne den Regelungsinhalt des § 35 Abs. 6 GewO und die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten.

17

Soweit die Antragsbegründungsschrift auf vom Kläger ergriffene Maßnahmen und den erheblichen Zeitablauf verweist, bleibt nicht nur unklar, von welchen Maßnahmen hier die Rede ist, auch die Feststellung des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Urteil, dass es an greifbaren Tatsachen fehle, die die Annahme rechtfertigten, dass die früher festgestellte gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers entfallen sei, wird hierdurch nicht schlüssig in Frage gestellt. Der Hinweis, der Kläger habe sich um den Abtrag der nicht vom Insolvenzverfahren umfassten Forderungen „im Rahmen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit“ bemüht, ist in dieser Allgemeinheit nicht aussagekräftig. Das Verwaltungsgericht geht auch nicht von einem - wie die Antragsbegründungsschrift meint - „gegensätzlichen Zustand“ aus. Auf Seite 6 der Urteilsausfertigung hat es die Angaben des Klägers berücksichtigt, derzeit Ratenzahlungen an die AOK in Höhe von etwa 30,00 € pro Monat zu leisten. Damit sind aber nicht alle noch offenen Verbindlichkeiten des Klägers erfasst. In dem vom Verwaltungsgericht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO in Bezug genommenen Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 12. August 2011 wird auf eine der Restschuldbefreiung nicht unterliegende Forderung der (…) BKK in Höhe von 1.141,20 € verwiesen (vgl. S. 18 des Widerspruchsbescheides, Bl. 26 der GA), für die die Antragsbegründungsschrift nicht nachvollziehbar darlegt, welche Tilgungsbemühungen der Kläger insoweit entfaltet haben will, zumal er auf einen von ihm angeregten und durch Beschluss des Amtsgerichtes Magdeburg ergangenen Vergleich vom 24. Juni 2011 keine Zahlungen geleistet haben soll (vgl. S. 18 des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2011, Bl. 26 der GA). Letzteres stellt die Antragsbegründungsschrift nicht schlüssig in Frage. Der Umstand, dass der Kläger Zahlungsabsprachen trifft und nicht einhält, begründet zudem Zweifel daran, ob er in der Lage und willens ist, seine wirtschaftliche Situation und sein finanzielles Leistungsvermögen realistisch einzuschätzen und verantwortungsbewusst zu handeln.

18

Soweit der Kläger im Übrigen noch mit Schreiben an das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt vom 6. Juli 2011 erklärt, dass

19
- „seitens der Krankenkassen keine Forderungen mehr bestehen, da Forderungen der AOK (…) beglichen wurden, Forderungen der (…) mit einem Vergleich erledigt wurden und die AOK (…) auf Klage verzichtet hat nach einem Vergleichsvorschlag von mir“,
20
- „auch das Finanzamt keine weiteren Forderungen hat“,
21

spricht dies nicht dafür, dass der Kläger um eine sorgfältige und korrekte Behandlung seiner Angelegenheiten bemüht ist. Die Forderungen der (…) haben sich - wie oben ausgeführt - nicht mit einem Vergleich erledigt. Die AOK (…) hat weder einem Vergleichsvorschlag des Klägers zugestimmt noch auf Klage verzichtet (vgl. S. 18 des Widerspruchsbescheides vom 12. August 2011, Bl. 26 der GA). Auch die Behauptung, das Finanzamt habe keine weiteren Forderungen mehr, ist angesichts der Aufstellung auf Seite 9 des Widerspruchsbescheides (Bl. 17 der GA) nicht zutreffend, zumindest voreilig, solange die Restschuldbefreiung nicht erteilt wurde.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

23

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Zulassungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.

24

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).