Verwaltungsgericht Halle Urteil, 29. Apr. 2015 - 1 A 12/13

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2015:0429.1A12.13.0A
bei uns veröffentlicht am29.04.2015

Tenor

Die Bescheide der Beklagten vom 18. Februar 2011 und die Widerspruchsbescheide des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 18. und 19. August 2011 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den bürgerlichen Namen des Klägers in den Namen H. zu ändern.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Änderung seines bürgerlichen Vor- und Familiennamens.

2

Der am 15. September 1962 nicht ehelich geborene Kläger wurde ausweislich des Geburtsregisters der Stadt Dessau am 18. September 1962 dort mit dem Namen " H." eingetragen. Der Familienname "H." ist der Geburtsname der Mutter des Klägers. Nachdem die Eltern des Klägers geheiratet hatten, erhielt der Kläger mit Eintragung  am 13. Juni 1963 den Familiennamen des Vaters "N.". Laut weiterer Eintragungen vom 05. April 1966 erhielt der Kläger – nach Scheidung der Eltern und Neuverheiratung der Mutter – den Familiennamen "A." (des Stiefvaters).

3

Beginnend mit einem Antrag vom 09. Oktober 2001 stellte der Kläger bei der Beklagten mehrfach Anträge auf Änderung seines bürgerlichen Namens " A." in den Namen "H.", den der Kläger gegenwärtig bereits als Wahlnamen (Pseudonym) führt. Dieses Namensänderungsbegehren lehnte die Beklagte zunächst zuletzt mit zwischenzeitlich bestandkräftig gewordenen zwei (Vor- und Nachname) Bescheiden vom 11. November 2003 ab.

4

Am 04. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut, seinen "bürgerlichen Namen A. in den Namen H. zu ändern". Zur Begründung führte der Kläger aus, er möchte einen wichtigen Grund nicht angeben, da die Tatsache, dass sein Nachname nicht sein Geburtsname sei, sondern durch eine weitere Ehe seiner Mutter erlangt worden sei, wichtiger Grund genug sei.

5

Mit zwei Bescheiden vom 18. Februar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Änderung des Vornamens und Familiennamens des Klägers ab.

6

Zur Begründung führte die Beklagte im Einzelnen aus, dass kein wichtiger Grund für eine Namensänderung vorliege.

7

Die Widersprüche des Klägers gegen diese Bescheide wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheiden vom 18. und 19. August 2011, dem Kläger zugestellt am 23. August 2011, zurück.

8

Zur Begründung führte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt im Einzelnen aus, dass kein wichtiger Grund für eine Namensänderung vorliege.

9

Daraufhin hat der Kläger am 23. September 2011 Klage erhoben.

10

Der Kläger führt zur Geschichte des Namensänderungsrechts und zur Anwendbarkeit des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen sowie zur Ordnungsfunktion des Namens und zum Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Namensänderung aus. Er sei Schriftsteller und führe den Künstlernamen H.

11

Es ist gerichtsbekannt, dass der Kläger bei Behörden, Gerichten und der Beklagten selbst sowie aufgrund von Presseberichten auch in der Öffentlichkeit als H. bekannt ist.

12

Zu seinem in der ehemaligen DDR erlittenen Schicksal hat der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vom 31. Oktober 2011 vorgelegt, in der es auszugsweise wie folgt heißt: "Bis zu meiner Ausweisung 1984 war ich insgesamt 24 Monate in der DDR aus politischen Gründen in Haft. Aufenthalte waren unter anderem Jugendhaus Dessau, Jugendhaus Halle, Haftanstalt der Staatssicherheit Roter Ochse (Halle/S), sowie die Haftanstalt für politisch Gefangene in Cottbus. Verurteilt wurde ich jeweils wegen Republikflucht oder Beeinträchtigung staatlicher und gesellschaftlicher Tätigkeit. In Cottbus war ich mehrere Monate in Einzelhaft. Im Dezember 1984 erhielt ich eine Ausreisegenehmigung und verließ die DDR. Von dem Landkreis Otterbach (Rheinland-Pfalz) wurde mir auf Antrag hin der C-Ausweis ausgestellt. Damit bin ich offiziell als ehemaliger politischer Häftling anerkannt. Ca. 1985 wurden sämtliche Urteile vom Bundesgerichtshof auf meinen Antrag hin aufgehoben. Ich beziehe derzeit vom Amt für Versorgung und Soziales Halle Saale, Maxim Gorkistraße, nach dem SED Unrechtsbereinigungsgesetz eine monatliche Rente in Höhe von 250 EUR."

13

In der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2015 sind folgende Erklärungen des Klägers, die dieser auf Befragen des Gerichtes abgegeben hat, protokolliert worden:

14

"Bereits als 13-Jähriger bin ich politisch verfolgt worden. Als 14-Jähriger habe ich nicht den vorgesehenen Personalausweis bekommen, sondern nur den PM 12 Ausweis. Ich erhielt sogleich Aufenthaltsauflagen. Ich bin bei der Staatssicherheit politisch aufgefallen und dann Anfang 1979 erstmals in Haft gekommen. Ich habe schon als 16-Jähriger Einzelhaft bekommen. Ich wurde geschlagen und musste unter unwürdigen Umständen zwangweise arbeiten.

15

Ich wurde mehrfach verurteilt und inhaftiert. Die Staatssicherheit hat mich drangsaliert, erpresst und hin- und hergeschoben, ausbildungsmäßig und auch beruflich. Als 21-Jähriger habe ich eine Scheinhinrichtung an mir durch die Staatssicherheit durchlebt. Ich wollte fliehen und bin zum Checkpoint Charlie gegangen, ich wurde dort zurückgewiesen. Ich wurde für mehrere Stunden in eine Dunkelhaftzelle genommen. Die hallesche Staatssicherheit hat mich dann übernommen und ich wurde mit einem Barkas nach Halle gefahren. Ich wurde verurteilt und landete im Roten Ochsen. Ich wurde 3 Monate lang verhört und war auch in Einzelhaft. Dann wurde ich nach Cottbus in die Haftanstalt für politische Gefangene verlegt. Wegen Tumulten wurde ich dann nach Chemnitz verlegt. Ich war in einer Spezialeinzelzelle, in der ich von 6 bis 22 Uhr nur  wie ein Tiger herum laufen konnte, ohne Tageslicht und ohne Möblierung. Nach meiner Entlassung bekam ich die Auflage, binnen 24 Stunden die DDR zu verlassen. Ich bekam einen Ausweis mit dem Inhalt, binnen 24 Stunden die DDR zu verlassen. Dann bin ich mit dem Interzonenzug von Halle über Bebra in den Westen gefahren.

16

Ich habe von meinem 14. Lebensjahr ab kein eigenes Leben geführt. Diese schlimme Zeit verbinde ich mit meinem bürgerlichen Namen, mit dem ich nichts mehr zutun haben möchte. Dieser Name steht für diese Zeit, in der man mir die Würde und Menschenrechte genommen hatte."

17

Der Kläger beantragt,

18

die zwei Bescheide der Beklagten vom 18. Februar 2011 und die zwei Widerspruchsbescheide des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 18. und 19. August 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinen bürgerlichen Namen in den Namen H. zu ändern.

19

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Die Beklagte meint, es liege kein wichtiger Grund für eine Namensänderung vor. Zudem sei der Kläger in der Schuldnerkartei und mit Delikten bei der Polizei verzeichnet. Dem Gesichtspunkt der Identifizierbarkeit des Klägers komme damit eine besondere Bedeutung zu, da die Errichtung des Schuldnerverzeichnisses sowohl den Gläubigerinteressen diene als auch dem Schutz des redlichen Geschäftsverkehrs, für den sichergestellt bleiben müsse, sich rechtzeitig und mit vertretbarem Aufwand über die Kreditwürdigkeit von potentiellen Geschäftspartnern vergewissern zu können.

22

Der Kläger hat eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes Nr. 31 / 1985 über seinen politischen Gewahrsam in der Zeit vom 15. Dezember 1983 bis zum 13. Dezember 1984, einen Bescheid über die Erhöhung seiner Opferpension vom 12. Dezember 2014 sowie einen Beschluss des Landgerichts Halle vom 24. Januar 1994 über seine Rehabilitierung vorgelegt.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

24

Die Klage ist zulässig und begründet.

25

Die Ablehnungsbescheide der Beklagten und die Widerspruchsbescheide des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, da dieser einen Anspruch auf die begehrten Namensänderungen hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).

26

Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrten Namensänderungen ist das Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen – NamÄndG – vom 5. Januar 1938 (RGBl. I S. 9), zuletzt geändert durch Art. 54 FGG – ReformG vom 17.12.2008 - (BGBl. I S. 2586). Zur näheren Ausgestaltung des Namensänderungsgesetzes hat das Bundesministerium des Innern die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen – NamÄndVwV – vom 11. August 1980 (Beilage zum BAnz. Nr. 153) in der Fassung vom 18. April 1986 (BAnz. Nr. 78) erlassen.

27

Nach § 1 NamÄndG kann der Familienname eines deutschen Staatsangehörigen auf Antrag geändert werden. Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Gemäß § 11 NamÄndG gilt dies auch für die Änderung von Vornamen.

28

Grundsätzlich ist ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG dann gegeben, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (BVerwG, Urteil v. 20. Februar 2002 – 6 C 18.01 – Buchholz 402.10 NÄG § 3 Nr. 77, S. 9 m.w.N.). Dabei sind das schutzwürdige Interesse des Antragstellers an der Änderung des Namens und die etwa entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen anderer Beteiligter in erster Linie aufgrund ihres eigenen Vorbringens festzustellen (Nr. 29 Satz 1 NamÄndVwV). Unlautere Gründe, wie zum Beispiel die beabsichtigte Erschwerung von Vollstreckungsmaßnamen, sind nicht schutzwürdig (Nr. 29 Satz 3 NamÄndVwV). Nach Nr. 30 Abs. 1 NamÄndVwV ist die Funktion des Familiennamens zur Kennzeichnung der Familienzugehörigkeit sowie das Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens zu berücksichtigen. Da nach Abs. 2 dieser Vorschrift der Familienname grundsätzlich nicht zur freien Verfügung des Namensträgers steht, kommt eine Namensänderung nicht in Betracht, wenn sie nur damit begründet wird, dass der bestehende Name dem Namensträger nicht gefällt oder dass ein anderer Name klangvoller ist oder eine stärkere Wirkung auf Dritte ausübt. Nach  Nr. 30 Abs. 4 NamÄndVwV besteht ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des überkommenen Namens, da der Familienname ein wichtiges Identifizierungsmerkmal ist. Steht der Antragsteller im Schuldnerverzeichnis, so ist der Antrag in der Regel abzulehnen. Ergibt sich aus dem Führungszeugnis, dass der Antragsteller erheblich oder wiederholt vorbestraft ist, oder sind Strafverfahren (einschließlich Ermittlungsverfahren) anhängig, so soll dem Antrag nur entsprochen werden, wenn gegen die Änderung des Familiennamens unter dem Gesichtspunkt künftiger Identifizierung keine Bedenken stehen.

29

Bei der Anwendung dieser vom erkennenden Gericht zugrunde gelegten Grundsätze bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn die Regelungen der §§ 3 und 11 NamÄndG und die daraus abgeleiteten Verwaltungsvorschriften sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; ebenso ist nicht zu beanstanden, wenn bei der Auslegung des "wichtigen Grundes" das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Namens mit dem privaten Interesse an einer Namensänderung abgewogen wird und ein bloß vernünftiger Grund für die Namensänderung als nicht ausreichend erachtet wird (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1989 – 1 BvR 358/89 – JURIS). Insbesondere wird durch die einer freien Namensänderung entgegenstehende Vorschrift des § 3 NamÄndG das in Art. 2 GG gewährleistete Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit grundsätzlich nicht verletzt (vgl. BVerwG, Beschluss v. 18. Februar 1981 – 7 B 69.80 – NVwZ 1982, S. 111; Urteil vom 29. August 1957 – II C 83.54 – NJW 1957, S. 1732). Denn für die Fälle, in denen der Name ausnahmsweise die freie Entfaltung der Persönlichkeit behindert, wird eine Namensänderung durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. Dass der Gesetzgeber die Namensänderung nur aus wichtigem Grund zu genehmigen gestattet und nicht den Staat auf die Befugnis beschränkt hat, einer Namensänderung zu widersprechen, wenn wichtige Gründe gegen diese Änderung angeführt werden können, bedeutet auch keine Beeinträchtigung der nach Art. 1 GG unantastbaren Würde des Menschen. Die Führung des überkommenen Namens stellt die verbindliche Regelung, die Namensänderung aber die Ausnahme dar. Dies entspricht der allgemeinen, die Begriffe der Menschwürde und der persönlichen Freiheit insoweit prägenden Rechtsüberzeugung (BVerwG, Urteil vom 29. August 1957, a.a.O.). Das Familiennamensrecht zu konstituieren und auszugestalten, ist Sache des Gesetzgebers. Die Funktion des Familiennamens muss sich nicht allein darin erschöpfen, dem Einzelnen Ausdruck seiner Besonderheit zu geben. Vielmehr kann der Familienname auch dazu dienen, mit ihm Abstammungslinien nachzuzeichnen, familiäre Zusammenhänge darzustellen oder den Familienstatus eines Menschen zu verdeutlichen. Soll der Familienname Funktionen der Zuordnung seines Namensträgers innerhalb eines Gemeinwesens erfüllen, kann seine Wahl nicht allein der freien Entscheidung des Einzelnen überlassen bleiben, sondern es bedarf Regeln, nach denen er vergeben wird oder ausgewählt werden kann, die auch die Belange der Allgemeinheit berücksichtigen (BVerfG Urteil vom 30. Januar 2002 – 1 BVL 23/96 – BVerfGE 104, S. 373, 386).

30

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt beim Kläger ein wichtiger Grund für die von ihm begehrte Änderung seines Familiennamens vor. Dieser wichtige Grund ergibt sich aus dem schutzwürdigen Interesse des Antragstellers, seinen bisherigen Namen abzulegen und den neuen Namen zu führen, das Vorrang vor den o.a. Grundsätzen der Namensführung hat, die in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommen sind und zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören. Der Kläger leidet nämlich - für das Gericht und ersichtlich auch für die übrigen bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Personen deutlich spürbar geworden - unter einer seelischen Belastung aufgrund des in der ehemaligen DDR erlittenen Schicksals, für das sein bisheriger Name steht und mit dem er deshalb nichts mehr zu tun haben möchte. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung sein erlittenes Schicksal eindrucksvoll –  über die protokollierten Erklärungen hinaus – geschildert.

31

Eine seelische Belastung kann als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist. Ist die seelische Belastung hingegen nur als übertriebene Empfindlichkeit zu werten, liegt kein wichtiger Grund vor. Wirkt sich die Führung des bisherigen Namens als eine seelische Belastung aus, die über eine übertriebene Empfindlichkeit hinausgeht und nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet ist, muss mit der Anerkennung eines wichtigen Grundes für eine Namensänderung nicht zugewartet werden, bis die seelische Belastung den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit oder Krise erreicht hat. Den Namensträger gerade vor diesen Folgen zu bewahren, kann die Änderung des Namens rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 6 B 65/10 – JURIS).

32

Dass das in der ehemaligen DDR erlittene Schicksal des Klägers für diesen eine starke seelische Belastung darstellt, liegt auf der Hand. Das Gericht, das seit weit mehr als 20 Jahren mit unzähligen Gerichtsverfahren zu von in der ehemaligen DDR erlittenem Unrecht befasst ist, weiß, dass gerade politisch Verfolgte und insbesondere ehemals inhaftierte Menschen dauerhaft unter dem erlittenen Schicksal leiden und häufig ganz oder teilweise innerlich zerbrochen sind. Deshalb erscheint es verständlich und nicht übertrieben empfindlich, wenn der Kläger jedenfalls teilweise dieses Schicksal hinter sich lassen möchte, indem er jedenfalls den Namen, der nach seinem Bekunden "für diese Zeit" steht, ablegen möchte. Dem gegenüber treten hier die o.a. Grundsätze der Namensführung zurück. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger in der Schuldnerkartei verzeichnet und strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Wunschname "H." sogar der Geburtsname des Klägers ist.

33

An das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Änderung von Vornamen sind geringere Anforderungen zu stellen als bei der Änderung eines Familiennamens, weil das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des bisherigen Vornamens geringer zu bewerten ist (BVerwG, Beschluss vom 24. März 1981 – 7 D 44.81 – Buchholz 402.10 NÄG § 11 Nr. 1). Letzteres ist ebenso in Nr. 62 NamÄndVwV geregelt. Der wichtige Grund des Klägers für die Änderung seines Familiennamens erstreckt sich deshalb auch auf die Änderung seines Vornamens.

34

Schließlich ist auch noch zu berücksichtigen, dass der Kläger den begehrten Namen H. bereits seit langem tatsächlich führt und er vielfach unter diesem Namen bekannt ist,  so dass sich das schutzwürdige Interesse des Klägers an der Änderung seines Vor- und Familiennamens auch vor diesem Hintergrund durchsetzt.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

36

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

39

Gründe:

40

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 30. Jan. 2014 - 22 B 13.1709

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Tenor I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 5. März 2013 wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. III. Die Kostenent

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(1) Für die Gewährung von Leistungen nach den §§ 4, 5 und 8 sind die Behörden zuständig, denen die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes und des Unterhaltsbeihilfegesetzes obliegt. Soweit die Versorgungsbehörden zuständig sind, richtet sich das Verfahren nach den für die Kriegsopferversorgung geltenden Vorschriften.

(2) Für die Gewährung der Leistungen nach den §§ 9a bis 9c und die Ausstellung der Bescheinigung nach Absatz 4 sind die von den Landesregierungen bestimmten Stellen zuständig; hat der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, so bestimmt die Regierung des Landes, in welchem die Bundesregierung ihren Sitz hat, die zuständige Behörde.

(3) Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, soweit dieses Gesetz von den für die Kriegsopferversorgung zuständigen Verwaltungsbehörden durchgeführt wird. Für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sind die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes für Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung maßgebend. § 51 Abs. 1 Nr. 6 des Sozialgerichtsgesetzes bleibt unberührt. Über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten bei der Anwendung der §§ 9a bis 9c entscheiden die allgemeinen Verwaltungsgerichte.

(4) Der Nachweis darüber, daß die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 vorliegen und daß Ausschließungsgründe nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder gegeben noch gemäß § 2 Abs. 4 wirksam sind, ist durch eine Bescheinigung zu erbringen, soweit zugleich ein Anspruch nach den §§ 9a bis 9c besteht. Im übrigen wird das Vorliegen dieser Voraussetzungen nur auf Ersuchen einer anderen Behörde festgestellt, wenn hiervon die Gewährung einer Leistung, eines Rechtes oder einer Vergünstigung abhängt.

(5) Über die Anträge mehrerer Antragsteller, die Erben oder weitere Erben einer in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Person sind, entscheidet die Behörde, bei welcher der erste Antrag gestellt worden ist.

(6) Hält die Behörde zur Feststellung des Gewahrsams oder von Ausschließungsgründen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 und nach § 2 Abs. 4 die eidliche Vernehmung eines Zeugen oder eines Sachverständigen für geboten, so ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Zeuge oder Sachverständige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, um die eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(7) Die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach diesem oder einem anderen Gesetz zuständig sind. Hält eine Behörde oder Stelle die Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung nicht für gerechtfertigt, so kann sie nur ihre Änderung oder Aufhebung durch die für die Ausstellung der Bescheinigung zuständige Stelle beantragen. Die Ausstellungsbehörde entscheidet auch über Rücknahme und Widerruf und über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung.

(8) Wird die Bescheinigung eingezogen oder für ungültig erklärt, so sind die Leistungen nach diesem Gesetz einzustellen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Familienname eines Deutschen im Sinne des Grundgesetzes, eines Staatenlosen oder heimatlosen Ausländers mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland oder eines Asylberechtigten oder ausländischen Flüchtlings mit Wohnsitz im Inland kann auf Antrag geändert werden.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

Die §§ 1 bis 3, 5 und 9 finden auch auf die Änderung von Vornamen Anwendung.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

Die §§ 1 bis 3, 5 und 9 finden auch auf die Änderung von Vornamen Anwendung.

(1) Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.

(2) Die für die Entscheidung erheblichen Umstände sind von Amts wegen festzustellen; dabei sollen insbesondere außer den unmittelbar Beteiligten die zuständige Ortspolizeibehörde und solche Personen gehört werden, deren Rechte durch die Namensänderung berührt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

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(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.