Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 23. Mai 2012 - 3 A 144/10

bei uns veröffentlicht am23.05.2012

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin der grundbuchrechtlich selbständigen Grundstücke Flurstück G1 mit einer Größe von 43.388 m² und Flurstück G2 mit einer Größe von 5.095 m². Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 30/93 für das Gebiet "Ehemaliges GUS-Objekt am Glambecker See", der für die Grundstücke jeweils eine Wohnbebauung (Allgemeines Wohngebiet) vorsieht. Die Erschließung der für das Grundstück Flurstück G2 vorgesehenen Bebauung soll durch eine von der A.-Straße abzweigende Planstraße E erfolgen. Die A.-Straße wiederum mündet in die H.-Straße. Als Zuwegung zwischen der H.-Straße und dem Wohngebiet ist ein Fußweg vorgesehen. Die Erschließung der für das Grundstück Flurstück G1 vorgesehenen Bebauung soll durch die Planstraßen A, B und C erfolgen, die von der Einmündung in die H.-Straße in das Erschließungsgebiet führen und dort enden. Die Erschließungsanlagen sind derzeit noch nicht hergestellt. Für Teilflächen der Grundstücke Flurstück G2 und Flurstück G1 weist der Bebauungsplan Festsetzungen „öffentliche Grünfläche“ auf.

3

Beide Grundstücke grenzen an die H.-Straße. Hierbei handelt es sich um eine Gemeindestraße, die zwischen der Kreuzung Glambecker Straße/Louisenstraße und der Kreuzung mit der B 193 verläuft. Im Zeitraum 2003/2004 ließ die Stadt B-Stadt die H.-Straße ausbauen. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 13.12.2004. Am 25.09.2007 fasste der Beklagte einen Beschluss über die Abschnittsbildung und Kostenspaltung für die H.-Straße. Danach verläuft der Abrechnungsabschnitt von der "Grenze des Sanierungsgebietes bis zum Knotenpunkt Dr.-Schwentner-Straße".

4

Mit Bescheiden vom 05.10.2007 zog der Beklagte die Klägerin für die Grundstücke zu Ausbaubeiträgen i.H.v. 18.545,80 Euro (Flurstück G2; Gz./Az. 22/60 42 01 [20]) und 53.953,20 Euro (Flurstück G1; Gz./Az. 22/60 42 01 [26]) heran, wobei der Beitragserhebung bei dem letztgenannten Grundstück mit Blick auf die Abschnittsbildung nur eine Teilfläche von 19.269 m² zu Grunde gelegt wurde. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin unter dem 10.10.2007 Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Unter dem 02.01.2008 lehnte der Beklagte den Aussetzungsantrag in Ansehung des Grundstücks Flurstück G2 ab. Mit Schreiben gleichen Datums teilte der Beklagte der Klägerin in Bezug auf das Grundstück Flurstück G1 mit, dass er das gleich gelagerte Antragsverfahren betreffend das Grundstück Flurstück G2 als Musterverfahren ausgewählt habe und dass das Verfahren betreffend den Aussetzungsantrag für das Grundstück Flurstück G1 entsprechend § 12 Abs. 3 KAG M-V i.V.m. § 363 AO bis zur Rechtskraft der Entscheidung in dem Musterverfahren ruhe.

5

Mit Beschluss vom 20.02.2008 – Aktenzeichen 3 B 53/08 – ordnete das erkennende Gericht auf Grund des eingereichten einstweiligen Rechtsschutzantrages des Klägers für das Grundstück Flurstück G2 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an.

6

Im Rahmen der Widerspruchsbearbeitung erfolgte am 07.04.2008 und 21.04.2009 eine Anhörung zur Nacherhebung auf Grund geänderter Nutzungsfläche und zu berücksichtigender Kosten für die Straßenentwässerung.

7

Mit Schreiben vom 16.11.2009 forderte die Klägerin den Beklagten zur Aufhebung des Bescheides Aktenzeichen 22/60 42 01 (26) betreffend das Grundstück Flurstück G1 auf.

8

Mit Bescheid vom 03.12.2009 zog der Beklagte die Klägerin für das Grundstück Flurstück G2 zu einem weiteren Betrag in Höhe von 7.084,81 Euro heran. In der Begründung führte der Beklagte an, dass sich die Aufstellung der Nutzungsfläche geändert habe. Unter Beachtung der gerichtlichen Ausführungen in dem Beschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens seien die Flächen für die Erschließungsstraßen und die der öffentlichen Grünflächen herauszunehmen, so dass sich die Nutzungsfläche von 71.166,20 m² auf 50.551,10 m² verringere. Weiterhin seien die Kosten für die Straßenentwässerung einzustellen. Bisher seien nur die Kosten für die Straßenabläufe im beitragsfähigen Aufwand enthalten gewesen. Dies führe zu einer Erhöhung des Beitragssatzes von 2,80 Euro/m² auf 4,95 Euro/m². Zwar habe sich nun die Ansatzfläche für das Grundstück Flurstück G2 von 5.095 m² auf 3.983 m² verringert, durch die Anhebung des Beitragssatzes ergebe sich jedoch ein Beitrag von insgesamt 26.630,61 Euro, so dass ein Betrag von 7.084,81 Euro nachzuerheben sei.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2010 wies der Beklagte die Widersprüche gegen den Bescheid vom 16.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 03.12.2009 betreffend das Grundstück Flurstück G2 zurück.

10

Die Klägerin hat am 18.02.2010 Klage gegen den Bescheid des Beklagten betreffend das Grundstück Flurstück G2 erhoben. Sie ist der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Der Beitragserhebung sei abweichend vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff der wirtschaftliche Grundstücksbegriff zu Grunde zu legen. Denn die Anwendung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs führe zu einer gröblich unangemessenen Benachteiligung, weil auch die Flächen berücksichtigt würden, die künftig von der Planstraße erschlossen werden und damit aus der Vorteilsverteilung ausschieden. Für die Frage, ob die Grundstücke von dem Ausbau der Straße bevorteilt seien, sei vorrangig auf die planerischen Festsetzungen im Bebauungsplan abzustellen. Diese sehen die Bildung einer Vielzahl von Teilflurstücken vor, welche durch die zukünftigen Planstraßen erschlossen werden. Die so maßgeblichen zukünftigen Flurstücke würden nicht unmittelbar an die ausgebaute Anlage angrenzen, so dass sie außer Betracht zu bleiben hätten. Aus den planerischen Festsetzungen ergebe sich darüber hinaus, dass zwischen den noch zu bebauenden Flurstücken und der H.-Straße ein Abstand von mindestens 6 bis 8 m vorgesehen sei, welcher als – öffentliche - Grünfläche ausgewiesen sei. Zudem sei es unzulässig, die Flächen der Planstraßen bei der Beitragsermittlung zu berücksichtigen.

11

Das Abrechnungsgebiet sei zudem fehlerhaft gebildet worden. Nach § 4 der Satzung dürfte sich der Kreis der Grundstücksinhaber, welche auf Grund ihrer räumlich engen Beziehung eine Möglichkeit der Inanspruchnahme der ausgebauten Straße hätten, nicht allein auf die unmittelbaren Anlieger der H.-Straße begrenzen lassen. Dies gelte insbesondere für die Anliegerstraßen Louisenstraße, Fritz-Reuter-Straße und Hermann-Thoms Straße und Adolf-Friedrich Straße. Weiterhin sei die Abschnittsbildung nicht sachgerecht und damit fehlerhaft. Schließlich seien die Regelungen der §§ 1, 2 und 4 der Beitragssatzung nicht hinreichend bestimmt.

12

Mit Schreiben vom 25.03.2010 hat die Klägerin ihre Klage erweitert. Diese richtet sich nunmehr auch gegen den Straßenbaubeitragsbescheid betreffend das Grundstück Flurstück G1.

13

Mit Nacherhebungsbescheid vom 22.09.2011 zog der Beklagte die Klägerin für das Grundstück Flurstück G1 zu einem weiteren Straßenbaubeitrag in Höhe von 21.321,45 Euro heran. Dagegen legte die Klägerin am 06.10.2011 Widerspruch ein.

14

Die Klägerin beantragt,

15
1. den Bescheid des Beklagten vom 05.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 03.12.2009 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 aufzuheben,
16
2. den Bescheid des Beklagten vom 05.10.2007 und den Nacherhebungsbescheid vom 22.09.2011 aufzuheben.
17

Der Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung nimmt er auf seine Bescheide Bezug. Ergänzend führt er aus, dass die H.-Straße als Innerortstraße einzustufen sei. Die Straße werde gerade im Berufsverkehr von einer Vielzahl von Pendlern genutzt, deren Start oder Ziel B-Stadt sei. Damit handele es sich eben nicht um Durchgangsverkehr, der nur an der Stadt durch bzw. vorbeifahre. Daneben komme der H.-Straße Bedeutung als innerörtliche Verbindungsstraße zur Innenstadt und zu mehreren Wohngebieten zu und löse selbst hohen Zielverkehr durch den Friedhof und die Tankstelle aus. Für die Annahme einer Innerortstraße spreche weiterhin die Ausbaubreite von 6,50 m.

20

Das Gericht hat mit Beschluss vom 12.03.2012 den Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I.

23

Die mit Schreiben vom 25.03.2010 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 05.10.2007 betreffend das Grundstück Flurstück G1 ist als sog. Untätigkeitsklage gemäß § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Danach ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Beklagte hat ohne zureichenden Grund über den Widerspruch der Klägerin nicht entschieden. Zwar hat der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 02.01.2008 mitgeteilt, dass das Verfahren gemäß § 12 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) ruhe, so dass die Untätigkeitsklage grundsätzlich unzulässig wäre (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 04.02.2009 - 3 A 392/08, n.v.). Allerdings hat die Klägerin mit Schreiben vom 16.11.2009 um Aufhebung des mit Widerspruch angefochtenen Bescheides gebeten. Das Widerspruchsverfahren war daher gemäß § 12 Abs. 3 Satz 7 KAG M-V fortzusetzen. Der Beklagte hat nicht innerhalb von drei Monaten (§ 75 Abs. 1 Satz 3 VwGO) ab Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens über den Widerspruch entschieden. Gründe für die Nichtbescheidung sind nicht ersichtlich und wurden auch vom Beklagten nicht vorgetragen.

II.

24

Die Klage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 05.10.2007 in Gestalt der Nacherhebungsbescheide vom 03.12.2009 bzw. vom 22.09.2011 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Bescheide finden ihre gemäß § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Stadt B-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen (Ausbaubeitragssatzung – ABS) vom 07.09.2000 in der durch Satzung geänderten Fassung vom 11.09.2008. Zweifel an der Wirksamkeit der Satzung bestehen nach derzeitiger Kenntnis des Gerichtes nicht. Soweit die Klägerin einwendet, die Regelungen der §§ 1, 2 und 4 ABS seien zu unbestimmt, verfängt dieser Einwand nicht. Die Verwendung von „unbestimmten Rechtsbegriffen“, die der Auslegung und Konkretisierung bedürfen, führt allein nicht zum Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Justitiabilität.

25

1. Gegen die Rechtsanwendung durch den Beklagten gibt es nichts zu erinnern. Fehler bei der Anwendung der Ausbaubeitragssatzung sind nicht erkennbar. Dies gilt zunächst für die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes.

26

a. Bei der abgerechneten Baumaßnahme handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme im Sinne des § 1 Satz 1 ABS, wonach zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, der Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, von den Beitragspflichtigen des § 2 Beiträge erhoben werden, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile erwachsen. Die Maßnahme ist in Bezug auf die ausgebauten Teileinrichtungen Fahrbahn, kombinierter Geh- und Radweg, Park- und Abstellflächen, Straßenbegleitgrün und Straßenentwässerung bzw. Bushaltebuchten unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung beitragsfähig. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Auflage, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solche an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solchen erkennen. In diesem Sinne ist die Verbesserung verkehrstechnisch zu verstehen. Entscheidend ist, dass die Maßnahme bewirkt, dass die jeweilige Teileinrichtung als „Anlage“ ihrer bestimmungsgemäßen Funktion besser zu dienen geeignet ist als zuvor. Bezogen auf die Verkehrsfunktion der Straße bedeutet das, dass eine Verbesserung anzunehmen ist, wenn die Anlage nach der Ausbaumaßnahme bessere verkehrstechnische Möglichkeiten eröffnet, d.h. wenn der Verkehr bei Zugrundelegung der bisherigen verkehrstechnischen Funktion auf der neu gestalteten Anlage zügiger, geordneter, unbehinderter oder reibungsloser abgewickelt werden kann als vorher (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 40, 41).

27

Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung der Fahrbahn eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil eine räumliche Trennung zwischen Parkraum und Fahrbahn erfolgt ist, der nunmehr einen gefahrlosen Begegnungsverkehr möglich macht. Zudem führt die Ersetzung des kleinteiligen Pflasters durch Asphaltbeton zu einer Verringerung der Lärmimmissionen und witterungsbedingten Gefahren, so dass auch diesbezüglich eine beitragsfähige Verbesserung der Anlage vorliegt (vgl. Holz in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2010, § 8 Anm. 1.5.1.5.1.4). In diesem Zusammenhang stellt auch das erstmalige Anlegen der Park- und Abstellflächen und der Bushaltebuchten eine Verbesserung der Anlage dar, da die funktionale Aufteilung der Gesamtfläche der Straße durch Schaffung zusätzlicher Teilanlagen vorteilhaft verändert wird (Driehaus, a.a.O., § 32, Rn. 73). Durch die Anlegung eines kombinierten Geh- und Radweges wird die Verkehrssicherheit erhöht (Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 65), so dass dies ebenfalls eine Verbesserung darstellt.

28

Die Anlegung der Straßenentwässerung ist als Verbesserung ebenfalls beitragsfähig, da die Verlegung eines Mischkanals mit einem größeren Durchmesser die Gefahr des Rückstaus des Oberflächenwassers auch bei größeren Regenereignissen verhindert und somit eine verbesserte Entwässerung des auf der Fahrbahn anfallenden Niederschlagswasser gewährleistet (vgl. Driehaus, a.a.O., § 32 Rn. 69).

29

Bei der Aufwandsermittlung wurde der Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit beachtet. Die vom Beklagten vorgelegte Beitragskalkulation hält der mangels substantiierter Rügen nur gebotenen Plausibilitätskontrolle stand. Dies gilt insbesondere für die nachträglich einbezogenen Kosten für die Straßenentwässerung. In diesen wurden nur Kosten berücksichtigt, die ausschließlich für die Straßenentwässerung aufgewendet wurden zzgl. anteiliger Kosten für die Erneuerung des Kanals. Da der hergestellte Kanal sowohl der Straßen- als auch der Grundstücksentwässerung und überdies zusätzlich der Ableitung des Schmutzwassers dient (sog. Mischkanal), wurden die Kosten aufgeteilt. Zunächst wurden die Kosten, die nur auf die Straßenentwässerung bzw. auf die Grundstücksentwässerung entfielen herausgenommen und die verbleibenden Kosten anteilig auf alle drei Funktionen aufgeteilt (sog. Dreikanalmethode), wobei auf die Straßenentwässerung 25 v.H. entfielen. Dies ist nicht zu beanstanden.

30

Auch in räumlicher Hinsicht ist die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes rechtsfehlerfrei. Zwar ist von der abgerechneten Maßnahme nur ein Teil der H.-Straße betroffen. Nach § 8 Abs. 4 KAG kann jedoch der Aufwand auch für Abschnitte einer Einrichtung oder Anlage ermittelt werden, wenn diese selbständig in Anspruch genommen werden können, was bei Straßenteilstücken im Unterschied zu Teilstücken leitungsgebundener Anlagen regelmäßig der Fall ist. Eine solche Abschnittsbildung ist vorliegend im Einklang mit § 4 Abs. 2 ABS durch den Beschluss des Beklagten vom 25.09.2007 erfolgt. Entgegen der Ansicht der Klägerin begegnet die Abschnittsbildung keinen Bedenken. Sie verstößt nicht gegen das Willkürverbot. Dem abzurechnenden Teilstück kommt mit einer Länge von weit mehr als 750 m eine selbständige Bedeutung zu und es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die berücksichtigungsfähigen Kosten erheblich höher sind als die entsprechenden Kosten pro Quadratmeter für die Herstellung einer anderen Teilstrecke derselben Anlage (vgl. Driehaus a.a.O., § 30 Rn. 25, § 14 Rn. 24; Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, a.a.O., § 8 Anm. 2.9). Weiterhin erfährt der Abschnitt eine optisch erkennbare Begrenzung: Er beginnt an der Einmündung der Straße Dr. Schwentner Straße und endet an der Grenze Sanierungsgebiet. Unschädlich ist, dass der letztgenannte Punkt nicht nach örtlichen Merkmalen erkennbar ist, da ein sog. Zwangsabschnitt vorliegt. Dies ist der Fall, wenn Teile einer im Sinne einer natürlichen Betrachtungsweise einheitlichen Verkehrsanlage unterschiedlichen Abrechnungsregimen unterliegen. Für den Fall der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebietes, in dem das Sanierungsverfahren unter Anwendung der §§ 154 ff. BauGB erfolgt, besteht kein gesondertes Erfordernis einer Abschnittsbildung, falls ein Teil der ausgebauten Verkehrsanlage über die Grenzen des Gebietes hinausragt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.06.2004 – 1 L 189/01, zit. nach juris).

31

b. Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands begegnet keinen Bedenken. Dies betrifft zunächst die mit der Einstufung der H.-Straße als Innerortsstraße getroffene Bestimmung des Gemeindeanteils am umlagefähigen Aufwand. Nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten, dient die ausgebaute Anlage weder überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr noch überwiegend dem Anliegerverkehr (vgl. § 3 Abs. 5 Nr. 2 ABS). Für diese Annahme spricht auch die Ausbaubreite der Fahrbahn von 6,50 m.

32

Die Bildung des Abrechnungsgebietes ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat alle im Abrechnungsgebiet liegende Grundstücke, die von der Anlage bevorteilt werden, berücksichtigt. Nach § 4 Abs. 1 ABS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Demgemäß ist der Aufwand für den Ausbau der abgerechneten Teileinrichtungen auch nur auf die von der H.-Straße erschlossenen Grundstücke verteilt worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Beklagte nicht gehalten, den Aufwand auch auf die Grundstückseigentümer der Glambecker Straße, der Louisenstraße, der Mühlenstraße, der Fritz-Reuter-Straße, der Hermann-Thoms Straße, der Dr. Schwenter Straße sowie der Adolf-Friedrich Straße zu verteilen. Denn hierbei handelt es sich um unterschiedliche Verkehrsanlagen. Die Beitragserhebung ist "anlagebezogen". Nur dadurch ist gewährleistet, dass die Beitragspflichtigen ausschließlich mit Kosten "ihrer" Anlage belastet werden. Für die Belastung mit Kosten einer in diesem Sinne fremden Anlage besteht kein rechtfertigender Grund; eine solche Verfahrensweise wäre daher rechtswidrig. Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass durch die Einstufung der ausgebauten Anlage als Innerortsstraße hinreichend berücksichtigt wird, dass diese Anlage nicht nur von den unmittelbar anliegenden Grundstückseigentümern genutzt wird. Denn dies führt letztlich zu einem geringeren Kostenanteil für die Anlieger.

33

Gegen die Flächenermittlung gibt es nichts zu erinnern. Der Beklagte hat zu Recht die Teilflächen der Grundstücke die im Abrechnungsgebiet liegen und für die der Bebauungsplan Nr. 30/93 Festsetzungen „öffentliche Verkehrsfläche“ (Planstraßen) und Festsetzungen „öffentliche Grünfläche“ enthält, bei der Flächenermittlung nicht berücksichtigt (vgl. Ausführungen des Beklagten Seite 2 der Nacherhebungsbescheide). Denn diese Flächen sind von dem Ausbau der Anlage nicht bevorteilt. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen in dem zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss vom 20.02.2008 in dem Verfahren 3 B 53/08 Bezug genommen, von dem abzuweichen nach wie vor kein Grund besteht.

34

Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die verbleibenden Grundstücksflächen der Grundstücke Flurstücke G1 und G2 mit in den Vorteilsausgleich herangezogen hat, da diese Grundstücke an der ausgebauten Anlage H.-Straße angrenzen und ihnen daher eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung i.S.v. § 4 ABS eröffnet wird.

35

Dies gilt sowohl für das Grundstück Flurstück G2 als auch für das Grundstück Flurstück G1. Für ein zu Wohnzecken nutzbares Grundstück – wie ausweislich des vorliegenden Bebauungsplanes Nr. 30/93 „Ehemaliges GUS-Objekt am Glambecker See“ der Fall - ist es für die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit ausreichend, wenn auf der Fahrbahn der ausgebauten Straße bis in Höhe des Grundstücks herangefahren werden und es von dort über einen Gehweg oder Radweg betreten werden kann (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 12). Eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit liegt demnach bei Wohngrundstücken bereits dann vor, wenn diese von der ausgebauten Verkehrsanlage fußläufig erreicht werden können. Dies ist vorliegend bei beiden Grundstücken der Fall. Auch die zwischen den Grundstücken und der ausgebauten Anlage befindlichen Grünflächen hindern nicht den Zugang. Bei diesen Grünflächen handelt es sich ausweislich der Festsetzungen des Bebauungsplanes um private Grünflächen, die sich auf den jeweiligen Grundstücken Flurstück G2 und G1 befinden. Die Grünflächen sind somit nicht Bestandteil der Straße, sondern ein gestalterisches Element des neu zu errichtenden Wohngebietes. Damit bedarf es auch keiner Klärung, ob der Grünstreifen – wenn er denn Bestandteil der Straße wäre - auf Grund seiner straßenrechtlichen Widmung dazu bestimmt ist, als wegemäßiger Zugang genutzt zu werden oder nicht (vgl. Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 11).

36

Die klägerischen Grundstücke waren im Übrigen mit der verbleibenden Fläche (d.h. ohne die Flächen für die Planstraßen und die der öffentlichen Grünflächen) bei der Heranziehung insgesamt zu berücksichtigen. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht lag eine Teilung der Grundstücke Flurstücke G2 und G1 in eine Vielzahl von Teilflurstücken, wie im Bebauungsplan vorgeschlagen, nicht vor. Diese „fiktiven“ Teilflurstücke waren demnach noch Bestandteil des jeweiligen bevorteilten Buchgrundstückes Flurstück G2 und G1 und damit in dem Vorteilsausgleich einzubeziehen. Denn für die Bildung des Abrechnungsgebietes kommt es grundsätzlich auf das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne an (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.10.2007 – 1 L 256/06, zit. nach juris).

37

Eine Abweichung vom Buchgrundstücksbegriff ist vorliegend entgegen der Ansicht der Klägerin nicht geboten. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Anknüpfung an das Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinne nicht uneingeschränkt gilt. So kann eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit im Bereich des Straßenbaubeitragsrechts zwar für solche Flächen nicht mehr angenommen werden, die zwar Teil des Grundstückes sind, eine geografische Verbindung mit der an die Anlage angrenzende Grundstücksfläche aber vermissen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 06.05.2011 – 3 A 1297/08, S. 6 des Entscheidungsumdruckes n.v.; Urt. v. 11.11.2011 – 3 A 1340/09, zit. nach juris, Rn. 29). Diese Ausnahme ist jedoch nicht gegeben, da zum maßgebenden Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht eine geografische Verbindung mangels Teilung in einzelne Flurstücke vorlag und auch derzeit noch vorliegt.

38

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich eine Flächenbegrenzung auch nicht auf Grund einer „begrenzten Erschließungswirkung“ der ausgebauten Anlage H.-Straße. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, ob und inwieweit diese zum Erschließungsbeitragsrecht entwickelte Rechtsfigur überhaupt auf dem, Gebiet des hier anzuwenden Straßenbaubeitragsrechtes Anwendung finden kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl .v 07.07.2003 – 1 M 57/03, zit. nach juris; VG Schwerin, Beschl. v. 09.11.2006 – 8 B 447/05, zit. nach juris Rn. 22ff.; Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 44f.). Denn die Situation der hier streitgegenständlichen Grundstücke erfüllt nicht die Voraussetzungen, unter denen eine solche „begrenzte Erschließungswirkung“ anzunehmen ist.

39

Die Fälle einer begrenzten Erschließungswirkung führen ausnahmsweise dazu, dass ein an mehrere Anbaustraßen angrenzendes Grundstück nicht mit seiner gesamten Fläche, sondern als erschlossen lediglich mit einer Teilfläche bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwandes anzusehen ist, wenn sich die von der Anbaustraße ausgehende Erschließungswirkung eindeutig auf eine Teilfläche beschränkt. Vorliegend werden die klägerischen Grundstücke derzeit jedoch nicht durch zwei Anbaustraßen erschlossen, sondern allein durch die ausgebaute Anlage H.-Straße. Maßgeblich ist die Sachlage zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht. Die sachliche Beitragspflicht ist vorliegend mit dem Abschnitts- und Kostenspaltungsbeschluss am 25.09.2007 entstanden. Bezogen auf diesen Zeitpunkt werden die Grundstücke der Klägerin nur durch die H.-Straße erschlossen. Die auf den Grundstücken Flurstücken G2 und G1 ausweislich des Bebauungsplanes vorgesehenen Anbaustraßen Planstraße E und B befinden sich lediglich in Planung und existieren auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.

40

c. Schließlich begegnet die Heranziehung der Klägerin keinen Bedenken. Die sachliche Beitragspflicht und – auf ihrer Grundlage – mit dem Erlass der streitgegenständlichen Beitragsbescheide auch die persönliche Beitragspflicht der Klägerin ist entstanden. Zwar ist die Anlage weder der Länge nach noch in Bezug auf ihre Teileinrichtung vollständig ausgebaut worden. Die daher für die Entstehung der sachlichen Beitragpflicht erforderliche Abschnittsbildung und Kostenspaltung ist durch den Beschluss vom 25.09.2007 erfolgt. Damit konnte die sachliche Beitragspflicht entstehen.

41

Bei einer Beitragsermittlung ohne Berücksichtigung der im Bebauungsplan festgesetzten Teilflächen „Verkehrsfläche“ und „“öffentliche Gründfläche“ ergibt sich ein auf die Klägerin entfallender Beitrag von 25.630,61 Euro für das Grundstück Flurstück G2 und ein Betrag von 75.274,65 Euro für das Flurstück G1. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Nacherhebungsbescheide des Beklagten vom 03.12.2009 bzw. vom 22.09.2011Bezug genommen.

42

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung sind nicht ersichtlich (§§ 124, 124 a VwGO).

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Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Okt. 2007 - 1 L 256/06

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. Juni 2006 - 3 A 561/04 - geändert: Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nrn. 60262103 (Flurstück 7/1), 60262096 (Flurstüc
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 23. Mai 2012 - 3 A 144/10.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 22. Nov. 2013 - 3 A 217/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2013

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der

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(1) Hängt die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das den Gegenstand eines anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, kann die Finanzbehörde die Entscheidung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde aussetzen.

(2) Die Finanzbehörde kann das Verfahren mit Zustimmung des Einspruchsführers ruhen lassen, wenn das aus wichtigen Gründen zweckmäßig erscheint. Ist wegen der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder wegen einer Rechtsfrage ein Verfahren bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht anhängig und wird der Einspruch hierauf gestützt, ruht das Einspruchsverfahren insoweit; dies gilt nicht, soweit nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 4 die Steuer vorläufig festgesetzt wurde. Mit Zustimmung der obersten Finanzbehörde kann durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügung für bestimmte Gruppen gleichgelagerter Fälle angeordnet werden, dass Einspruchsverfahren insoweit auch in anderen als den in den Sätzen 1 und 2 genannten Fällen ruhen. Das Einspruchsverfahren ist fortzusetzen, wenn der Einspruchsführer dies beantragt oder die Finanzbehörde dies dem Einspruchsführer mitteilt.

(3) Wird ein Antrag auf Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens abgelehnt oder die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens widerrufen, kann die Rechtswidrigkeit der Ablehnung oder des Widerrufs nur durch Klage gegen die Einspruchsentscheidung geltend gemacht werden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom

21. Juni 2006 - 3 A 561/04 - geändert:

Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nrn. 60262103 (Flurstück 7/1), 60262096 (Flurstück 4/1), 60262129 (Flurstück 15/0, 16/0 und 17/0) und 60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie die Beitragsbescheide vom 01. März 2004 - Nrn. 60212645 (Flurstück 8/3) und 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.Mai 2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.

2

Die Berufung der Klägerin ist im Hauptantrag begründet, das angegriffene klageabweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts folglich entsprechend abzuändern.

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I. Ihre mit dem Hauptantrag verfolgte - zulässige - Anfechtungsklage ist begründet. Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nr. 60262103 (Flurstück 7/1), Nr. 60262096 (Flurstück 4/1), Nr. 60262129 (Flurstück 15/0, 16/0 und 17/0) und Nr.60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie vom 01. März 2004 - Nr. 60212645 (Flurstück 8/3) und Nr. 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.Mai 2004 sind rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und sind deshalb aufzuheben. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Aufhebung nicht den im Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2004 (Az. 60212637-Wb/pg) betreffend das Flurstück 1/49 unter B) getroffenen weiteren "Bescheid über eine Sachentscheidung nach § 12 KAG M-V i.V.m.. §§ 163, 227 Abgabenordnung" erfasst.

4

Die angefochtenen Beitragsbescheide sind mangels einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abgabe rechtswidrig. Die Satzung der Hansestadt Stralsund über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und -behandlung (Kanalbaubeitragssatzung - KBS) vom 28. Mai 2002 i.d.F. der Ersten Änderungssatzung vom 10. Januar 2003, auf die die angefochtenen Beitragsbescheide gestützt sind, ist unwirksam. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Satzung insbesondere den Maßstab angeben. Der Kanalbaubeitragssatzung fehlt eine wirksame Maßstabsregelung.

5

Soweit der Senat in der Vergangenheit verschiedentlich die Wirksamkeit dieser Kanalbaubeitragssatzung bejaht hat, steht dies der vorliegend getroffenen Entscheidung nicht entgegen. In jenen Verfahren bestand jeweils keine Veranlassung, die Satzung unter den aktuell aufgeworfenen Fragestellungen zu untersuchen. Gegenstand der rechtlichen Überprüfung war im Wesentlichen lediglich die in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 3 KBS enthaltene Tiefenbegrenzungsregelung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. November 2003 - 1 M 180/03 -, 29.Oktober 2003 - 1 M 62/03 - und vom 08. September 2004 - 1 L 254/04 -). Die im Mittelpunkt dieses Verfahrens stehende Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS war demgegenüber bislang nicht Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat.

6

Die Maßstabsregelung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist nicht vorteilsgerecht im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, verstößt gegen das Äquivalenz- und Gleichheitsprinzip, und ist folglich nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und unwirksam.

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Das Maßstabssystem der Kanalbaubeitragssatzung insgesamt, in das die Maßstabsregelung eingebettet ist, stellt sich wie folgt dar:

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§ 4 Abschn. I Abs. 1 KBS bestimmt, dass der Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigung nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab (Vollgeschossmaßstab) berechnet wird. Dabei wird die nach Absatz 3 ermittelte Grundstücksfläche mit dem nach Absatz 2 zu ermittelnden Vollgeschossfaktor vervielfacht. § 4 Abschn. I Abs. 2 KBS regelt hieran anknüpfend, dass der Faktor für das erste Vollgeschoss 0,25 beträgt (Satz 1), für jedes weitere Vollgeschoss wird ein Faktor von 0,15 hinzugerechnet (Satz 2). Als Vollgeschosse gelten alle Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind (Satz 3). Ist die Geschosszahl wegen der Besonderheit des Bauwerks nicht feststellbar, werden jeweils 3,50 m Höhe des Bauwerks als ein Vollgeschoss gerechnet (Satz 4).

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§ 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS legt - vorliegend interessierend - fest, dass als Grundstücksfläche nach Abs. 1 bei Grundstücken, die insgesamt im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes (Bebauungsplan, Vorhaben- und Erschließungsplan, vorhabenbezogener Bebauungsplan) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks gilt. Grundstück im Sinne der Satzung ist nach § 3 Abs. 3 KBS grundsätzlich das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne.

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§ 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS sieht schließlich vor, dass als Zahl der Vollgeschosse nach Absatz2 bei Grundstücken, für die im verbindlichen Bauleitplan statt der Zahl der Vollgeschosse die Höhe der baulichen Anlagen festgesetzt ist, die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe auf ganze Zahlen abgerundet gelte.

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Die Anwendung des danach in der Kanalbaubeitragssatzung geregelten kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes in seiner konkreten Ausformung in § 4 Abschn.I Abs. 4 Nr. 2 KBS führt bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 zu einer nicht mehr vorteilgerechten Beitragserhebung, die gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt:

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Die genannten Flurstücke wie auch die übrigen von den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden betroffenen Flurstücke/Grundstücke liegen insgesamt im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 30a und damit im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes der Hansestadt Stralsund im Sinne von § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS; als beitragsfähige Grundstücksfläche gilt folglich jeweils die Gesamtfläche des Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne (§ 3 Abs. 3 KBS).

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Der Bebauungsplan Nr. 30a enthält keine Festsetzung der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse, so dass die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 1 KBS nicht einschlägig ist. Der Bebauungsplan setzt vielmehr statt der Zahl der Vollgeschosse für bestimmte Teilflächen die Höhe der baulichen Anlagen fest, wobei die höchstzulässige Gebäudehöhe 75 m beträgt. Diesen Fall erfasst die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS. Sie ordnet insoweit an, dass diese höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m zur Ermittlung einer fiktiven Vollgeschosszahl durch 3,5 zu teilen und das Ergebnis der Division auf ganze Zahlen abzurunden ist; der Divisor von 3,5, der für eine angenommene Vollgeschosshöhe von 3,5 m steht, begegnet dabei keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; vgl. auch § 21 Abs. 4 BauNVO). Daraus ergibt sich bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 eine Zahl von 21 Vollgeschossen (75 : 3,5 = 21,43, abgerundet 21), die jeweils für die gesamte Grundstücksfläche gilt. Auf dieser Basis hat der Beklagte für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 7/1 den Beitrag in Höhe von 1.070.880,36 Euro, für das Grundstück in der Gestalt des Flurstücks 14/0 den Beitrag in Höhe von 1.193.290,05 Euro und für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 1/49 den Beitrag in Höhe von 4.467.217,76 Euro errechnet.

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Nach Maßgabe der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten farbigen Kartendarstellung (Beiakte M) der anteilig betroffenen Flächen werden jedoch

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lediglich 25.887 m² des insgesamt 218.526 m² großen Flurstücks 1/49 (entspricht 11,85 %),

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lediglich 4.952m² des insgesamt 52.385 m² großen Flurstücks 7/1 (entspricht 9,45 %) und

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lediglich 6.119 m² des insgesamt 58.373 m² großen Flurstücks 14/0 (entspricht 10,48 %)

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durch die Festsetzung einer Firsthöhe von 75 m und des entsprechenden Vorteils der baulichen Ausnutzbarkeit erfasst.

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Die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist damit in diesen Anwendungsfällen bzw. mit Blick auf die besondere Situation der Grundstücke der Klägerin dadurch, dass sie den auf lediglich untergeordnete Teilflächen der Grundstücke beschränkten Vorteil einer baulichen Ausnutzbarkeit in Gestalt der maximalen Firsthöhe von 75 m als anschlussbeitragsrechtlichen Vorteil für die um ein Vielfaches größere Gesamtfläche der Grundstücke definiert, in einem Maße nicht mehr vorteilsgerecht, das nicht mehr aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unter den Gesichtspunkten erforderlicher Pauschalierung und Typisierung gerechtfertigt werden kann. Eine Lösung im Erlassverfahren nach den §§ 163, 227 AO kommt nicht in Betracht.

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Bei der rechtlichen Beurteilung des Maßstabssystems der Kanalbaubeitragssatzung ist allerdings zunächst davon auszugehen, dass ein abgestufter Vollgeschossmaßstab, wie er in § 4 Abschn. I Abs.1,2 geregelt ist, als solcher keinen rechtlichen Bedenken begegnet; insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das insbesondere Rechtsprechung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in Bezug nimmt, verwiesen werden. Nichts anderes gilt grundsätzlich für einen kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab, wie er auch vorliegend vom Ortsgesetzgeber gebildet worden ist (vgl. für das Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420; vgl. für das Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, SächsVBl. 2000, 65, 68 m.w.N.).

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Ebenso steht § 3 Abs. 3 KBS in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern dazu, dass im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260; Beschl. v. 12.05.2006 - 1 M 53/06 -; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 - 9 L 7/89 - NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Ein einheitliches Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn ist somit nicht das einzelne Flurstück, sondern das oder die Flurstücke, die unter einer Bestandsnummer im Bestandsverzeichnis eines Grundstücks aufgeführt wird bzw. werden (vgl. Aussprung, in: Aussprung Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 7 Anm. 13.1). Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 20.6.1973 - IV C 62.71 -, BVerwGE 42, 269 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 - 9 L 7/89 -, NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Abweichungen vom Begriff des Buchgrundstücks, die wie der Begriff der wirtschaftlichen Einheit auf die tatsächliche Nutzung abstellen, sind kaum eindeutig abgrenzbar und unterliegen laufenden Veränderungen, die Feststellungen für die Vergangenheit erschweren. Die Grundbucheintragung ist demgegenüber eindeutig feststellbar und dies auch für die Vergangenheit (vgl. zum Ganzen OVG Lüneburg, a.a.O.). Ob danach der Beklagte bei den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden ggfs. vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zu Gunsten der Klägerin abgewichen sein könnte, mag dahinstehen, da die Klägerin dadurch jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt worden wäre.

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Der Formulierung in § 3 Abs. 3 KBS, Grundstück im Sinne der Satzung sei "grundsätzlich" das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, kommt - das hat das Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigt - keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Jedenfalls lässt sich diesem Begriff nicht entnehmen, er erlaube im Einzelfall ein Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff. Denn der Begriff "grundsätzlich" ist für sich betrachtet gänzlich konturenlos und zu unbestimmt, um eine Abgabenerhebung determinieren zu können; lediglich insoweit, als die Satzung selbst mögliche Ausnahmefälle hinreichend konkret definiert, kommt eine Abweichung in Betracht. Für ein Abrücken vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff besteht auch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles aber kein Bedürfnis.

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Nimmt man die einschlägige Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS in den Blick, hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420, 422) zwar ausgeführt, für die Ermittlung des Nutzungsfaktors, mit dem bei Anwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der baulichen Nutzung der erschlossenen Grundstücke deren Flächen zu multiplizieren sind, dürfe in einer Erschließungsbeitragssatzung bestimmt werden, dass auf die im Bebauungsplan für ein Grundstück jeweils festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen sei.

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Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein derartiger kombinierter Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab in jeder denkbaren Ausprägung und in allen Situationen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen würde. Das Bundesverwaltungsgericht geht in der genannten Entscheidung davon aus, dass das Bundesrecht dem Ortsgesetzgeber insoweit ein weites Bewertungsermessen einräume, macht aber zugleich deutlich, dass die Ausübung dieses Ermessens sich in sachlich vertretbarer Weise am Umfang der Vorteile zu orientieren habe, die einem Grundstück (bzw. dessen Eigentümer) durch die Inanspruchnahmemöglichkeit beitragsfähiger Erschließungsanlagen vermittelt werden. Wenn ein Ortsgesetzgeber anordne, bei unterschiedlichen Vollgeschosszahlen sei für die Bestimmung des Nutzungsfaktors auf die jeweils höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen, bewerte er den für das entsprechende Grundstück vermittelten Vorteil beitragsrechtlich in einer Weise, die von dem ihm eingeräumten Ermessen gedeckt sei. Denn mit steigenden Geschosszahlen wüchsen nach der Tabelle des § 17 Abs. 1 BauNVO (a.F.) die Geschossflächenzahlen, die einen Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit zuließen. Die jeweils höchstzulässige Geschosszahl habe deshalb vom Ansatz her einen besonderen Aussagewert für die bauliche Ausnutzbarkeit eines erschlossenen Grundstücks, von der ihrerseits das Ausmaß der diesem Grundstück vermittelten Erschließungsvorteile abhänge. Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von ihm entschiedenen Fall das Abstellen des Ortsgesetzgebers auf die jeweils höchstzulässige Vollgeschosszahl als sachgerecht beurteilt.

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Dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich folglich lediglich entnehmen, dass grundsätzlich ein derartiger Beitragsmaßstab vorteilsgerecht sein kann. Gleichzeitig macht sie jedoch deutlich, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse zwar im Grundsatz zulässig ist, aber im konkreten Geltungsbereich einer Satzung dennoch sachlich vertretbar sein muss. Für die vorliegend aufgeworfene Frage, ob der Ortsgesetzgeber in Abweichung von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Anknüpfung an die höchstzulässige Gebäudehöhe bzw. fiktive Zahl der Vollgeschosse mit Blick auf die von seiner Kanalbaubeitragssatzung erfassten Fälle für atypische Situationen ausnahmsweise gehalten war, eine Modifizierung dieses Maßstabs vorzunehmen, gibt die Entscheidung gerade nichts her.

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Diese zentrale Frage ist vielmehr ausgehend vom beitragsrechtlichen Vorteilsprinzip (dazu unter 1.) auch unter Berücksichtung der grundsätzlich für den Ortsgesetzgeber eröffneten Möglichkeit zur Pauschalierung und Typisierung (dazu unter 2.) dahingehend zu beantworten, dass die Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS hinsichtlich der von ihr erfassten Fälle eine Modifizierung dieses Maßstabs erfordert hätte. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der besonderen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht zu ziehenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des §227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht (dazu unter 3.).

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1. Die Beitragserhebung auf der Grundlage des Beitragsmaßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist im Fall der konkreten Beitragserhebung für die drei Grundstücke in der Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 nicht vorteilsgerecht.

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a) Der beitragsrelevante Vorteil, auf den der Maßstab der Beitragserhebung ausschließlich bezogen sein darf, besteht in der Erhöhung des Gebrauchswertes eines Grundstücks, so dass bei der Maßstabsfindung für Anschlussbeiträge von diesem Ansatz her auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung abgestellt werden muss. Hierfür bietet die bauliche Ausnutzbarkeit eines Grundstückes einen hinreichenden und anerkannten Aussagewert. Denn unter dem zulässigen Nutzungsmaß ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dasjenige zu verstehen, was unter Berücksichtigung etwaiger öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen verwirklicht werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.02.1989 - BVerwG 8 C 66.87 -, BVerwGE 81, 251). Zwar ist diese Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht ergangen. Gleichwohl kann sie auf das Kanalanschlussbeitragsrecht angewandt werden. In beiden Fällen ist der Anknüpfungspunkt der baurechtliche Zulässigkeitsbegriff, so dass eine unterschiedliche Handhabung des "zulässigen Nutzungsmaßes" nicht gerechtfertigt ist (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

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Auch wenn naturgemäß ein Wirklichkeitsmaßstab den gerechtesten Maßstab zur Abbildung des beitragsrechtlichen Vorteils darstellen würde, darf dabei der Maßstab für die Verteilung der Anschlussbeiträge ein sogenannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab sein. Eine Bemessung nach einem Wirklichkeitsmaßstab ließe sich, sofern das überhaupt möglich wäre, allenfalls mit einem unzumutbaren und damit unvertretbaren Verwaltungsaufwand erreichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.02.1987 - 8 B 106/86 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 28 - zitiert nach juris).

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Jedoch müssen auch Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe der typischen Nutzungsmöglichkeit bzw. dem Vorteil Rechnung tragen und einen hinreichend sicheren Schluss darauf zulassen, dass im allgemeinen die wirtschaftlichen Vorteile, die die Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an eine kommunale Einrichtung bietet, den Kriterien des Maßstabs entsprechen. Mit anderen Worten: Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss in einer hinreichend nahen Beziehung zur Wirklichkeit der durch die abzurechnenden Anlagen vermittelten Vorteile stehen; der durch den Maßstab abgebildete Vorteil muss "wahrscheinlich" der Wirklichkeit entsprechen. Dabei genügt es, wenn sich der Ortsgesetzgeber für einen sachbezogenen Wahrscheinlichkeitsmaßstab entscheidet, der geeignet ist, auf praktikable Weise und ohne unvertretbaren Verwaltungsaufwand den angestrebten Vorteilsausgleich gerecht herbeizuführen. Nach allgemeiner Ansicht ist es dem Satzungsgeber gestattet, an typische Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die Besonderheiten des Einzelfalles außer Betracht zu lassen. Eine derartige pauschalierende Regelung, die sich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertigt, verletzt als solche auch nicht den Gleichheitssatz. Fehlt es etwa an der ausschließlichen Vorteilsbezogenheit des Maßstabs, so führt dies zwangsläufig auch zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips. Nach dem Gleichheitssatz muss für die Bemessung des Beitrags ein Maßstab gewählt werden, der bei etwa gleicher Inanspruchnahme etwa gleich hohe Beiträge und bei unterschiedlicher Inanspruchnahme diesen Unterschieden in etwa angemessene Beiträge zur Folge hat. Das Äquivalenzprinzip sagt, dass ein Beitragsmaßstab gefunden werden muss, durch den zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Der Beitrag darf in keinem Missverhältnis zur Leistung der öffentlichen Hand stehen. Der Gleichheitssatz betrifft somit das Verhältnis der Beitragsschuldner untereinander, das Äquivalenzprinzip das Verhältnis zwischen dem einzelnen Beitragsschuldner und der Gemeinde. Beide Grundsätze sind eng miteinander verknüpft, weil nur ein leistungsgerechter Beitrag auch zu einer gleichmäßigen Belastung der Beitragsschuldner führt. Leistungsbezogen kann ein Beitrag aber nur dann sein, wenn er sich nach den durch die Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung gebotenen Vorteilen bemisst (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Urt. v. 30.06.1980 - II 812/79 -, KStZ 1981, 231, zitiert nach juris).

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b) Es ist offensichtlich, dass die betroffenen Grundstücke nicht in ihrer ganzen Fläche mit einer Gebäudehöhe von 75 m durch eine entsprechende Bebauung ausgenutzt werden können. Ebenso offensichtlich ist damit unmittelbar die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils angesprochen. Nun ist es aber im Ansatz nichts Außergewöhnliches, dass ein Grundstück nicht mit seiner gesamten Fläche einer - maximalen - baulichen Nutzung zugeführt werden kann; dies ist sogar eher die Regel und ändert nichts daran, dass ein Abstellen auf die in Teilbereichen mögliche höchstzulässige Nutzung als Grundlage der Beitragsbemessung regelmäßig im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorteilsgerecht und hinreichend wirklichkeitsnah sein kann. Es ist deshalb zugespitzt auf den Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zu klären, in welchen Fällen einer beschränkten baulichen Ausnutzbarkeit eine Grenze überschritten wird, ab der die Beitragserhebung nicht mehr als vorteilsgerecht gelten kann bzw. der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab sich so weit von der Wirklichkeit entfernt hätte, dass er nicht mehr den hinreichend sicheren Schluss auf einen entsprechend angemessenen von der beitragspflichtigen Anlage vermittelten Vorteil zuließe.

32

c) aa) Nicht mehr vorteilsgerecht ist es in der Tendenz zunächst, wenn eine untergeordnete Teilfläche, für die jedoch bauplanungsrechtlich die höchstzulässige Nutzung - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - festgelegt ist, die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll. Je untergeordneter (= kleiner im Verhältnis zur übrigen nutzbaren Fläche) die betreffende Teilfläche ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je weiter diese Teilfläche gegen Null geht. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich entsprechend immer mehr von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher. In Prozentzahlen quantifizierbar ist der Begriff "untergeordnet" im vorliegenden Kontext nur schwer, schon gar nicht im Sinne einer absoluten Grenze, da - wie die folgenden Erwägungen zeigen - weitere prägende Aspekte eine Rolle spielen (können), die eine solche Grenze in die eine oder andere Richtung verschieben würden. Dem Senat drängt sich jedoch die Annahme auf, dass jedenfalls in dem vorliegenden untypischen Fall einer ca. 300.000 m² großen Gesamtfläche auf der Grundlage der vom Beklagten ermittelten Flächenanteile für die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m im Bereich zwischen 9,45 % und 11,85% im vorstehenden Sinne von "untergeordneten" Teilflächen gesprochen werden kann.

33

bb) Ebenfalls ist es in der Tendenz nicht mehr vorteilsgerecht bzw. wirklichkeitsfern, wenn die Differenz der auf Teilflächen eines Grundstücks verschieden bauplanungsrechtlich festgelegten höchstzulässigen Nutzungen - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - sehr groß ist und dennoch ausschließlich das höchste Maß die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll.

34

Je größer diese Differenz ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen ausschließlich anknüpfend an die - fiktive - höchstzulässige Vollgeschosszahl gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je größer die Differenz ist. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich auch insoweit entsprechend immer weiter von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher.

35

cc) Diese tendenzielle Entfernung vom wirklichen durch die beitragspflichtige Anlage vermittelten Vorteil potenziert sich, wenn beide vorstehend erörterten Kriterien einer Vorteilsbewertung nach Maßgabe der Maßstabsregelung kombiniert auftreten: Je größer der Unterschied zwischen der auf einer bloß untergeordneten Teilfläche höchstzulässigen und der auf der im Übrigen weit überwiegenden Fläche eines Grundstücks zulässigen - niedrigeren - Gebäudehöhe ist, umso mehr liegt es auf der Hand, dass eine derartige Kombination von sehr kleiner Teilfläche und sehr großer Differenz verschiedener baulicher Ausnutzbarkeit - hier: Gebäudehöhe - im Ergebnis zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung führt. Das Ergebnis der Anwendung der Maßstabsregelung stünde nicht mehr in einer hinreichend engen Beziehung zur Wirklichkeit.

36

Mit Blick auf die Anwendung des Maßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die angesprochenen Grundstücke der Klägerin, ist - wie gesagt - bereits die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die Teilflächen der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0, für die die höchstzulässige Firsthöhe von 75m festgesetzt ist, jeweils flächenbezogen untergeordnet sind. Hinzu kommt die erhebliche Differenz zwischen den unterschiedlich festgesetzten zulässigen Firsthöhen auf den verschiedenen Teilflächen der Flurstücke: Die Differenz beträgt entweder rund 114 % (35 m zu 75m) für kleinere oder gar 189 % (26 m zu 75 m) für die größeren Restflächen. Die höchst zulässige Firsthöhe ist teilweise mehr als doppelt so hoch, überwiegend fast dreimal so hoch wie in den übrigen Bereichen.

37

Jedenfalls die Kombination beider Gesichtspunkte führt hier im vorstehenden Sinne zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung. Diese steht nicht mehr in Einklang mit dem Äquivalenzprinzip: Die Anwendung des Beitragsmaßstabes führt dazu, dass zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung kein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Daraus resultiert zugleich eine mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbarende ungleichmäßige Belastung der Beitragsschuldner im Allgemeinen und der Klägerin im Besonderen.

38

dd) Die weitere Überlegung, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse prinzipiell umso eher sachgerecht erscheint, je kleiner die betroffenen Grundstücke bzw. "normale" Baugrundstücke betroffen sind, führt erst recht zu dem vorstehend gefundenen Ergebnis: Für eine vergleichsweise kleine Grundstücksfläche spiegeln sich Konstellationen der vorstehend erörterten Art in der absoluten Beitragshöhe naturgemäß tendenziell weniger wider, als es bei atypisch großen Grundstücken wie im Fall der Klägerin anzutreffen ist. Es ist jedoch nicht mehr hinnehmbar, wenn sich ein derartig wirklichkeitsferner Maßstab in der absoluten Beitragshöhe in der Dimension von Millionenbeträgen auswirkt. Hier liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1986 - 8 C 9/86 - (a.a.O.) zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort betrug die gesamte Grundstücksfläche lediglich 3203 m²; die nur auf einer Teilfläche höchstzulässige Geschosszahl konnte sich schon von daher in der absoluten Beitragshöhe nicht in einem Maße auswirken, das mit dem vorliegenden vergleichbar wäre.

39

ee) Auch eine Einbeziehung der Regelung des § 17 BauNVO in die Prüfung der Vorteilsgerechtigkeit bestätigt das gefundene Ergebnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, a.a.O., zu § 17 BauNVO a.F.). Das Bundesverwaltungsgericht stellt unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsgerechtigkeit maßgeblich darauf ab, dass mit steigenden Geschosszahlen die Geschossflächenzahlen steigen würden. § 17 Abs. 1 BauNVO regelt Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung, die - abgesehen von den in Abs. 2 und 3 geregelten Fällen - nicht überschritten werden dürfen. Die Norm sieht u.a. für Industriegebiete eine Obergrenze von 2,4 für die Geschossflächenzahl (GFZ) vor; ein derartiges Industriegebiet setzt der Bebauungsplan Nr. 30a fest.

40

Nach Maßgabe der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 07. Juni 2005 angestellten Berechnung führt die der Beitragsberechnung zugrunde liegende Anwendung der streitigen Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS für die Flurstücke/Grundstücke 14/0, 7/1 und 1/49 jeweils zu einer - fiktiven - GFZ von 16,8 und für die Flurstücke/Grundstücke 4/1, 15/0, 16/0, 17/0 und 8/3 zu einer GFZ von 5,6. Aus der Anwendung der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Flurstücke 14/0, 7/1 und 1/49 folgt demnach eine GFZ, die das Siebenfache der nach der BauNVO zulässigen Obergrenze, von der nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 17 Abs. 2, 3 BauNVO abgewichen werden kann, beträgt. Selbst wenn man die Obergrenzen nach der BauNVO - worauf schon die möglichen Ausnahmen hindeuten - nicht für die Bildung des anschlussbeitragsrechtlichen Beitragsmaßstabes und die Ergebnisse seiner Anwendung als "zentimetergenau" bindend betrachten kann, können sie doch jedenfalls als grobe Orientierungshilfe im Rahmen einer Überprüfung der vorteilsgerechten Beitragsbemessung Berücksichtigung finden, da sie das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit nicht unwesentlich begrenzen. Hiervon ausgehend drängt sich die Schlussfolgerung geradezu auf, dass eine - fiktive - Überschreitung der Obergrenze nach der BauNVO um 600 % schlicht "den Rahmen sprengt" und auch insoweit der Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Satzung eine hinreichende Anbindung an die Realität der baulichen Ausnutzbarkeit bzw. des vermittelten Vorteils verloren hat.

41

ff) Schließlich vermitteln sowohl die vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichte Begründung des Bebauungsplanes Nr. 30a wie auch die in dem Plan selbst enthaltenen Festsetzungen dem Senat den Eindruck, dass dieser in einer Weise individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin und ihres Werftbetriebs zugeschnitten ist, die es ausschließt, dass der Ortsgesetzgeber bei der Beschlussfassung über den Plan von der Vorstellung ausgegangen sein könnte, zukünftig könnte die Klägerin - unter dem Blickwinkel eines durch den Bebauungsplan vermittelten Dauervorteils - selbst oder an ihrer Stelle ein Dritter mit Blick auf die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m tatsächlich ein Gebäude mit 21 echten, nicht lediglich fiktiven Vollgeschossen errichten und einen entsprechenden Vorteil baulicher Ausnutzung verwirklichen. Insbesondere die Ausführungen unter 7.1 der Begründung zeigen vielmehr, dass dem Ortsgesetzgeber erkennbar Werfthallen vor Augen standen, für die offensichtlich nicht ohne weiteres von einer Steigerung des abwasserbeitragsrechtlichen Vorteils mit zunehmender Höhe der jeweiligen Halle ausgegangen werden kann, weil sie im Wesentlichen lediglich Luft umbauen. Noch plakativer wird dieser Sachverhalt im Teil B Textliche Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 30a unter Ziff. 7 verdeutlicht: Danach gilt für Fassaden oberhalb von 35 m über Oberkante Kaimauer, dass Fenster und andere lichtdurchlässige Fassadenöffnungen unzulässig sind, wobei hiervon abweichend maximal vier Treppentürme mit Lichtbändern zulässig sind (Abs. 1). In den GI-Gebieten mit einer festgesetzten Firsthöhe von 75 m sind Werbeanlagen nur dergestalt zulässig, dass an jeder Längsseite der Gebäude ein Schriftzug "V...werft ..." nach näherer Spezifizierung angebracht werden darf (Abs. 2). Dies alles verbietet - entgegen den Ausführungen des Beklagten - die Annahme, der Ortsgesetzgeber habe mit der Festsetzung der maximalen Firsthöhe von 75 m dem betroffenen Grundstückseigentümer einen Vorteil der baulichen Ausnutzbarkeit dergestalt vermitteln wollen, dass dort echte 21 Vollgeschosse im Sinne der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zulässig errichtet werden könnten. Verhält es sich aber so, dann "passt" die Maßstabsregelung auch insoweit nicht bzw. ist sie auch insoweit nicht vorteilsgerecht. Der Ortsgesetzgeber hätte insoweit die an die Situation und Bedürfnisse der Klägerin angepasste Bauleitplanung durch einen entsprechenden Maßstab auch anschlussbeitragsrechtlich vorteilsgerecht "fortschreiben" müssen.

42

d) Wenn demgegenüber das Verwaltungsgericht zur Frage der Vorteilsgerechtigkeit meint, es liege weniger ein Problem der Norm als vielmehr ein Problem des Grundstückszuschnitts vor, die Klägerin hätte mehrere Jahre Zeit gehabt, die Grundstückszuschnitte den Festsetzungen des Bebauungsplanes anzupassen, ohne dass darin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 42 Abs. 1 AO zu erblicken gewesen wäre, kann dem schon im Ansatz nicht gefolgt werden.

43

Die Klägerin hat einen gesetzlichen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) und durch das Willkürverbot verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch darauf, dass die ihr gegenüber erfolgende Beitragserhebung vorteilsgerecht ist. Stellt sich die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin nicht als vorteilsgerecht dar - immerhin sieht auch das Verwaltungsgericht hier ein "Problem", auch wenn es "weniger" ein Problem der Norm sein soll -, ist es nicht ihre Aufgabe als Beitragspflichtige, durch einen entsprechenden Zuschnitt ihrer Grundstücke dafür zu sorgen, dass der Beklagte entsprechend seiner diesbezüglichen gesetzlichen Bindung vorteilsgerecht Beiträge erheben kann. Im Gegenteil muss der vom Beklagten zugrunde gelegte Beitragsmaßstab eine möglichst wirklichkeitsnahe und vorteilsgerechte Abgabenbelastung der Klägerin gewährleisten. Insoweit bestehen ausschließlich Rechtspflichten der Abgaben erhebenden Körperschaft. Eine - vom Verwaltungsgericht wohl im Sinne einer Obliegenheit formulierte - Verpflichtung der Klägerin, den Grundstückszuschnitt zu verändern, existiert nicht.

44

Zu bedenken ist ferner, dass - was das Verwaltungsgericht gesehen hat - die der Klägerin angesonnene Umgestaltung die Vorschrift des § 42 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 AO auf den Plan ruft. Die "Umgestaltung" könnte durchaus als "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts" bewertet werden (vgl. die entsprechenden Überlegen im Bereich des Beklagten im Vorfeld der Satzung, BA B1). Selbst wenn man eine "Umgestaltung" nicht von vornherein als missbräuchlich bewerten wollte, wäre die Klägerin doch insoweit einem unkalkulierbaren Risiko unterlegen, ob diese Umgestaltung letztlich rechtlich in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne zulässig sein würde. Schon unter diesem Blickwinkel konnte von der Klägerin eine derartige Umgestaltung nicht erwartet werden.

45

Mit Blick auf die Geltung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs dürfte sich zudem ein veränderter Zuschnitt der Flurstücke beitragsrechtlich nicht auswirken können, wenn - was nahe liegt - die neugebildeten Flurstücke weiter unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuches stünden. Schließlich hätte eine Umgestaltung - mit ungewissem Erfolg - für die Klägerin nicht unerhebliche Kosten verursacht (Neuvermessung, Grundbuchanpassung, etc.).

46

2. Auch der Gesichtspunkt, dass der Ortsgesetzgeber im Abgabenrecht grundsätzlich pauschalieren und typisieren darf, rechtfertigt nicht die Annahme, es handele sich bei den nicht vorteilsgerechten Auswirkungen der Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Grundstücke der Klägerin um einen hinzunehmenden Sonderfall, der die Wirksamkeit des Beitragsmaßstabes nicht berührte.

47

a) Als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - 8 N 3.93 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 75 - zitiert nach juris). Dabei ist für das Abgabenrecht anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - a.a.O.; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 29.09.2004 - 10 C 3/04 -, NVwZ 2005, 332 - zitiert nach juris).

48

Dem (Orts-)Gesetzgeber ist es bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen gestattet, in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45 und v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - jeweils zitiert nach juris). Im Abgabenrecht gilt insoweit der Grundsatz der Praktikabilität im Sinne einer unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verstehenden Unzumutbarkeit für den Satzungsgeber. Nach dem Grundsatz der Praktikabilität darf der Satzungsgeber im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigen, dass seine Satzungsregelungen den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen müssen, damit die Abgabengerechtigkeit und die Genauigkeit der Abgabenbemessung einerseits sowie der Verwaltungsaufwand, der zur Verwirklichung dieses Zieles erforderlich ist, andererseits in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Rechtfertigung hierfür wird hergeleitet aus der Notwendigkeit, Massenvorgänge des Wirtschaftslebens angemessen verwaltungsmäßig zu bewältigen und zum anderen aus besonderen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, vor allem technischer oder wirtschaftlicher Art, in manchen Bereichen die Abgabe nach einem individuellen, allen Gegebenheiten der Einzelsachverhalte Rechnung tragenden Wirklichkeitsmaßstab zu bemessen. Zu diesen Massenvorgängen zählen auch die Beitragsermittlung und Beitragserhebung für Anschlüsse an die öffentliche Abwasseranlage, weil sie sämtliche Grundstücke innerhalb eines Gemeindegebietes betrifft (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

49

Eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte ist vor diesem Hintergrund nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich, wenn bei ihrer Bewertung eine der beiden davon betroffenen Fallgruppen deshalb vernachlässigt werden dürfte, weil sie bei der unvermeidbar typisierenden Betrachtung nicht ins Gewicht fällt (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit). Dieser Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem (Orts-)Gesetzgeber, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1BvL 8/69 -, BVerfGE 31, 119 - zitiert nach juris). Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, als nicht mehr als 10 v.H. der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231 - zitiert nach juris).

50

Ein Maßstab ist aber dann rechtswidrig, wenn die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1 BvL 8/69 -, a.a.O.; vgl. auch Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 2 Anm. 3.3.3).

51

b) Zur Frage der Verwaltungspraktikabilität ist zunächst anzumerken, dass ein Maßstab, der den Aspekt der "untergeordneten" höchstzulässigen Nutzung eines Grundstücks aufgreift und berücksichtigt, nicht wegen des damit einhergehenden zusätzlichen Prüfungsbedarfs unpraktikabel sein dürfte. Die Kanalbaubeitragssatzung selbst verwendet den Begriff "untergeordnet" auch in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 Nr. 8 KBS und verlangt folglich auch dort entsprechende Prüfungen.

52

Zu der im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Typengerechtigkeit zunächst maßgeblichen Frage, wieviele Grundstücke im Satzungsgebiet die Situation aufweisen, dass verschiedene zulässige Vollgeschosszahlen oder Gebäudehöhen festgesetzt worden sind, wobei die höchstzulässige Vollgeschosszahl oder Gebäudehöhe eine untergeordnete Teilfläche betrifft und der Unterschied der entsprechenden baulichen Ausnutzbarkeit sich in etwa so darstellt, wie im vorliegenden Fall, liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Hierauf kommt es letztendlich jedoch auch nicht an.

53

Der Senat ist nämlich im Hinblick auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit - entsprechend dem Vorbringen der Klägerin - der Auffassung, dass die insoweit maßgebliche 10 % - Grenze nach Sinn und Zweck dieses Grundsatzes vorliegend jedenfalls hinsichtlich des durch die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin betroffenen Anteils am Gesamtbeitragsaufkommen für die abgerechnete Anlage nach Maßgabe der entsprechenden Kalkulation überschritten worden ist: Die Beitragskalkulation der Hansestadt Stralsund legt ein Gesamtbeitragsaufkommen im Bereich der Schmutzwasserbeseitigung von 77.631.525,49 DM = 39.692.368,71 Euro zugrunde. Hiervon entfallen nach Maßgabe der angefochtenen Bescheide auf die Klägerin Beiträge in Höhe von insgesamt 6.859.160,71 Euro, was 17,28% und damit deutlich mehr als 10 % des gesamten Beitragsaufkommens entspricht. Selbst wenn man den Blick insoweit auf die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 verengen muss, ist ein Beitragsvolumen von 6.731.388,17 Euro betroffen, was 16,96 % entspricht. Insoweit kann offensichtlich keine Rede davon sein, diesem Sachverhalt komme kein Gewicht bei. Dem Grundsatz der Typengerechtigkeit ist deshalb derart Geltung zu verschaffen, dass eine Maßstabsregelung nicht für etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens keinen vorteilsgerechten Maßstab enthalten darf. Deshalb kann die Maßstabsregelung des § 4 Abschn.I Abs. 4 Nr. 2 KBS auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit keinen Bestand haben.

54

Unabhängig hiervon stehen die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise in Anbetracht der Erwägungen zur fehlenden Vorteilsgerechtigkeit, insbesondere auch der Dimensionen des von der Klägerin für die betreffenden Grundstücke erhobenen Beitrags der absoluten Höhe nach und dessen Anteil am Gesamtbeitragsaufkommen nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung. Dem Gebot der Abgabengleichheit kann zwar - wie ausgeführt - im Prinzip durch Auswahl eines gröberen bzw. ungenaueren Verteilungsmaßstabes wie insbesondere eines kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes hinreichend Rechnung getragen werden; dieser muss im Hinblick auf eine unterschiedliche Bebauung in dem abzurechnenden Gebiet jedoch entsprechende Sonderregelungen enthalten, die die dargestellten erheblichen Abweichungen in der baulichen Nutzbarkeit der Grundstücke dennoch zu erfassen und dem Differenzierungsgebot entsprechend zu berücksichtigen vermögen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, VwRR MO 2000, 91, 95; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris). Dabei sind an die Genauigkeit der Differenzierungsmerkmale grundsätzlich um so höhere Anforderungen zu stellen, je unterschiedlicher das durch die Anlage erschlossene Gebiet bebaubar bzw. nutzbar ist (vgl. VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris). Ungenauigkeiten, die bei der Ausgestaltung des Beitragsmaßstabes unter Praktikabilitätsgesichtspunkten und unter Berücksichtung des dem Ortsgesetzgeber zukommenden Ermessens im Prinzip unschädlich sind, sind nur soweit hinnehmbar, als sie kein Ausmaß annehmen, das einen hinreichend engen Bezug zwischen typischerweise zu erwartendem Abwasseranfall und als beitragsrelevant angesehener baulicher Ausnutzbarkeit verloren gehen ließe (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.11.1996 - 9 L 1151/95 -, juris; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris; vgl. auch die Senatsentscheidung vom 13.12.2005 - 1 M 277/04 -, juris, zum Ausbaubeitragsrecht). Das Ausmaß der aus der Anwendung des in Rede stehenden Beitragsmaßstabes folgenden Ungleichbehandlung bzw. der Unvereinbarkeit mit dem Äquivalenzprinzip im Falle der betreffenden Grundstücke der Klägerin kann insoweit nach Maßgabe der Ausführungen zur Verletzung des Vorteilsprinzips nicht mehr als unschädliche bloße Ungenauigkeit hingenommen werden.

55

Dass die Ungleichbehandlung unvertretbar ist, gilt umso mehr, berücksichtigt man im Vergleich zum Anteil der Klägerin am Gesamtbeitragsaufwand zusätzlich, dass die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 lediglich 329.284 m² und damit nur 2,95 % der gesamten beitragsfähige Fläche der Hansestadt Stralsund von - ausweislich der Beitragskalkulation - 11.146.205 m² umfassen. Der Kläranlage hat die Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 lediglich in der Größenordnung von gut 1 % der Gesamtabwassermenge, die über Abwassergebührenbescheide abgerechnet worden sind, eigenes Abwasser zugeführt. Auch wenn grundsätzlich zur Bestimmung des abgabenrechtlich relevanten Vorteils nicht nur auf die aktuelle tatsächliche Ausnutzung eines Grundstücks abgestellt werden kann, ist auch unter Berücksichtigung des durch den Bebauungsplan Nr. 30a vermittelten Dauervorteils - wie ausgeführt - zu beachten, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer anderen als der aktuellen Nutzung durch die Klägerin und insbesondere einer abwasserintensiveren doch erheblichen Zweifeln unterliegt.

56

3. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der atypischen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht kommenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht.

57

Erstens würde eine für die Klägerin positive Erlasslösung dazu führen, dass in Höhe des Erlasses der allgemeine Haushalt der Hansestadt Stralsund belastet und damit Herstellungskosten der Abwasserentsorgung der Allgemeinheit aufgebürdet würden. Dies ist zwar, wie schon der Verweis des § 12 Abs. 1 KAG auf die §§ 163, 227 AO zeigt, an sich grundsätzlich unbedenklich. Da jedoch der im Raum stehende (Teil-)Erlass etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens bzw. ein Beitragsvolumen in Millionenhöhe betrifft, erscheint es systemwidrig, in einem derartigen Umfang dann alle Einwohner der Hansestadt Stralsund, also nicht nur die Beitragspflichtigen, für den erlassenen Teilbetrag aufkommen zu lassen. Ein theoretischer Erlass in diesem Umfang stünde nicht im Einklang mit dem Prinzip, dass der Herstellungsaufwand durch Anschlussbeiträge gedeckt werden soll (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V).

58

Zweitens setzt eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung eines Beitrages voraus, dass der Ortsgesetzgeber den eigentlichen Abgabentatbestand in der Abgabensatzung umschreibt (§2 Abs. 1 KAG M-V). Das bedeutet, dass der Ortsgesetzgeber gewissermaßen im Sinne einer abgabenrechtlichen "Wesentlichkeitstheorie" alle für die Deckung des Herstellungsaufwandes wesentlichen Regelungen in der Satzung selbst regeln muss. Dies besagt im Prinzip auch der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, demzufolge eine Abgabensatzung für alle Beitragsfälle im Beitragsgebiet einen wirksamen Maßstab vorsehen muss. Der Ortsgesetzgeber kann dann aber nicht ein Beitragsvolumen von etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens einer durch ihn nicht weiter determinierten Verwaltungsentscheidung im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung überantworten, sondern muss diese wesentliche Frage für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge der Beitragspflichtigen in einer entsprechenden Maßstabsregelung mit den daran anknüpfenden Folgen insbesondere für den Beitragssatz bzw. die Verteilung der Beitragslasten selbst entscheiden. Es geht nicht an, Entscheidungen mit derartig gravierenden Folgen für die Refinanzierung der kommunalen Einrichtung der Verwaltung zu überlassen, ohne sie ortsrechtlich hinreichend zu determinieren. Dies zeigen auch die kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Haushaltsplanung bzw. Haushaltssatzung (vgl. §§ 46 ff. KV M-V).

59

Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob die Voraussetzungen der §§ 163 und 227 AO erfüllt wären - die Materialien zur Entstehungsgeschichte der Satzung zeigen, dass der Satzungsgeber das Ergebnis der Satzungsanwendung für die klägerischen Grundstücke gesehen und gewollt hat -, räumen diese Vorschriften der Verwaltung drittens Ermessen hinsichtlich der Erlassentscheidung ein, was - auch wenn das Ermessen durch die Billigkeitsentscheidung geprägt wird (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 9.Aufl., § 163 Rn. 118, § 227 Rn. 17) - jedenfalls mit Blick auf die in Rede stehenden Beträge dem Grundsatz der gesetzlichen Bindung der Beitragserhebung widerspricht.

60

4. Da der unwirksame Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS allen angefochtenen Beitragsbescheiden zugrundeliegt, waren sämtliche Bescheide aufzuheben.

61

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kommt es auf die Fragen der ordnungsgemäßen Beitragskalkulation, einer Zulässigkeit oder Erforderlichkeit einer sog. Kappungsgrenze, der Vergleichbarkeit einer Werfthalle mit einer Kirche und die im Zusammenhang mit der Rechtsanwendung aufgeworfenen Fragen nicht mehr an.

62

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Klage im Hauptantrag erfolgreich war und folglich damit die Rechtshängigkeit des zweiten Hilfsantrages, der nicht vom Teilurteil des Verwaltungsgerichts erfasst ist, weggefallen ist, hatte der Senat auch eine Kostenentscheidung zu treffen.

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

64

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Tenor

1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

2. Der Bescheid des Beklagten vom 14.02.2008 (Nummer …) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2009 wird aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 12.016,76 Euro festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Ausbaubeiträge.

2

Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in K.. Die Gemeinde K. baute im Zeitraum 2006/07 die F.-Straße einschließlich Entwässerung und Beleuchtung aus. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 19.07.2007 und ist am 01.08.2007 beim von der Gemeinde beauftragten Ingenieurbüro eingegangen.

3

Mit Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer …) setzte der Beklagte gegen den Kläger für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstücke ... und … und das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … einen einheitlichen Ausbaubeitrag in Höhe von 12.407,44 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

4

Am 05.10.2009 hat der Kläger deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1341/09).

5

Mit einem weiteren Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) setzte der Beklagte gegen den Kläger für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … einen Ausbaubeitrag in Höhe von 8.575,41 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

6

Am 05.10.2009 hat der Kläger auch deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1340/09).

7

Mit einem dritten Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) setzte der Beklagte gegen den Kläger für die auf dem Flurstück ... der Flur … der Gemarkung K. belegene Teilfläche des unter der laufenden Nummer 3 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen Grundstücks einen Ausbaubeitrag in Höhe von 7.733,69 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

8

Am 05.10.2009 hat der Kläger schließlich auch deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1342/09).

9

Das Gericht hat die Verfahren 3 A 1340/09, 3 A 1341/09 und 3 A 1342/09 mit Beschluss vom 07.10.2009 unter dem Aktenzeichen 3 A 1340/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

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Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, es habe sich bei den Baumaßnahmen zum erheblichen Teil um eine Erschließungsmaßnahme für das Bauvorhaben K. gehandelt, mit welchem zeitgleich eine Ferienwohnanlage errichtet worden sei. Die Stichstraße zu dessen Grundstück habe nicht existiert und sei neu angelegt worden. Bevorteilt sei ohnehin lediglich das Flurstück .... Es seien Kosten für von der Gemeinde vermietete Parkplätze abgerechnet worden. Außerdem seien nicht alle anliegenden Grundstücke in die Abrechnung einbezogen worden.

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Der Kläger beantragt,

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die Bescheide des Beklagten vom 14.02.2008 (Nummern …, ... und ...) in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.09.2009 in Höhe von jeweils der Hälfte der festgesetzten Beiträge aufzuheben.

13

Im Übrigen hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Das Grundstück der Sporthalle sei erst an den Investor K. verkauft worden, als der Ausbau der Straße nahezu abgeschlossen gewesen sei. Die Stichstraße zur Sporthalle habe schon zuvor bestanden. Alle bevorteilten Grundstücke seien in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung einzustellen.

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2. Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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a) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01.07.2002 in Gestalt der 1. Änderungssatzung (Straßenausbaubeitragssatzung) bietet für die hier streitige Abgabenerhebung eine ausreichende Rechtsgrundlage.

21

Das Straßenbaubeitragsrecht unterliegt dem sogenannten Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, das heißt, die Beitragssatzung muss nur für das jeweilige Abrechnungsgebiet eine vorteilsgerechte Beitragsermittlung gewährleisten können (OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03, zit. n. juris). Auf die aus § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V folgende Unwirksamkeit von § 2 Satz 3 Straßenausbaubeitragssatzung kommt es deshalb nicht an. Der Beklagte hat mitgeteilt, dass im Abrechnungsgebiet kein Fall des selbstständigen Gebäudeeigentums vorliegt.

22

Die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 Straßenausbaubeitragssatzung ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 Straßenausbaubeitragssatzung werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass faktische Wohngebiete im Rahmen der Eckgrundstücksvergünstigung keine Berücksichtigung finden können. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 Straßenausbaubeitragssatzung (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07, zit. n. juris).

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b) Die Rechtsanwendung geschah nur zum Teil rechtmäßig.

24

aa) Der Anlagenbegriff wurde vom Beklagten allerdings nicht verkannt. Die Ausbaumaßnahme betrifft bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise (OVG Greifswald, Beschl. v. 18.10.2001 - 1 M 52/01, NordÖR 2001, 503) eine einheitliche Anlage. Die drei in südöstlicher bzw. nordöstlicher Richtung von der F.-Straße abzweigenden Stichstraßen stellen sich als deren unselbstständige Bestandteile dar. Eine bis zu 100 Meter tiefe, nicht verzweigte und nicht abknickende Stichstraße ist grundsätzlich als unselbständiges Anhängsel der Hauptstraße, von der sie abzweigt, zu qualifizieren (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 12, Rn. 15).

25

Soweit die Klage vorbringt, der Stichweg auf dem Flurstück ...habe vor den hier abgerechneten Maßnahmen nicht als Straße bestanden, müsse deshalb nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden und zähle deshalb aus rechtlichen Gründen nicht zur ausgebauten Anlage, ist dem nicht zu folgen. Die Kammer ist im Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich auch insoweit nicht um die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage, sondern um den Ausbau einer vorhandenen Straße gehandelt hat. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung substantiiert vorgetragen, dass die Straße insoweit 2006 als befestigter Weg mit einem gewissen Ausbauzustand vorhanden war. Diese Darstellung wird durch die vorgelegten Luftbilder gestützt, die diesen Weg 2006 mit einer erkennbaren Straßendecke zeigen. Insbesondere ist darauf zu erkennen, dass - anders als im Falle des Weges westlich der früheren Sporthalle, den der Klägervertreter fotografiert hat – ein Ausbauzustand vorhanden war, der über das bloße Befahren eines Sandweges hinausging. Damit korrespondiert der Umstand, dass über die genannte Straße nicht nur die Sporthalle, sondern auch zwei Wohnhäuser auf den Flurstücken ...und ... erschlossen wurden. Zudem bestand der Weg nicht als Sackgasse, sondern hatte eine weitere Verkehrsfunktion als Ringstraße, die auf dem Flurstück ... fortgesetzt wurde. Das bloße Bestreiten des Klägers vermochte diese Überzeugung nicht in Zweifel zu ziehen.

26

Der öffentliche Weg auf dem Flurstück ... schließlich hat eine andere Verkehrsfunktion und ist deshalb nicht Teil der Anlage.

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bb) Soweit die Klage sinngemäß vorträgt, der Ausbau der Straße sei nicht erforderlich gewesen, führt das nicht zum Erfolg. Für die Beurteilung der anlagenbezogenen und kostenbezogenen Erforderlichkeit ist der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde gewählte Lösung „sachlich schlechthin unvertretbar“ ist (VGH B-Stadt, Urt. v. 14.07.2010 - 6 B 08.2254, zit. n. juris). Dafür ist vorliegend nichts zu erkennen. Es ist nichts dagegen zu erinnern, wenn eine Gemeinde bei ihrer Ausbauabsicht eine zu erwartende Bebauung im Vorteilsgebiet planend berücksichtigt. Dass die vorhandene Straße den heutigen Verkehrsbedürfnissen nicht mehr genügte, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts schon aus dem vom Beklagten vorgelegten Foto (Bl. 44 der Beiakte II). Die Herstellungskosten in Höhe von 216.967,87 Euro (Bl. 77 der Beiakte I) erscheinen auch kostenbezogen erforderlich. Der Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand unter Vorlage von Rechnungen und einer tabellarischen Aufstellung dargestellt, ohne dass dagegen vom Kläger substantiiert Einwendungen erhoben worden wären. Ausweislich dieser Unterlagen sind auch nur öffentliche Parkplätze, nicht aber von der Gemeinde vermietete Stellplätze in die Aufwandsermittlung eingeflossen. Der Beklagte konnte in der mündlichen Verhandlung Planungsunterlagen vorlegen, aus denen sich ergibt, dass zwischen öffentlichen und privaten (von der Gemeinde vermieteten) Parkplätzen unterschieden wurde. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum sich diese Unterscheidung nicht auch in der Kostenaufstellung wiederfinden sollte. Nach Abzug des Gemeindeanteils aus § 3 Abs. 2 Spalte 1 Straßenausbaubeitragssatzung beträgt der Anteil der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand nach alledem noch 141.029,12 Euro.

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cc) Der Beklagte hat aber nicht alle bevorteilten Grundstücke in die Aufwandsverteilung einbezogen. Gemäß § 4 Abs. 1 bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird.

29

Soweit der Kläger allerdings vorbringt, seine in Anspruch genommenen Grundstücke bzw. Teilflächen der Grundstücke seien nur teilweise bevorteilt, kann er damit nicht durchdringen. Zwar kommt es im Rahmen der Bildung des Abrechnungsgebietes grundsätzlich auf Grundstücke im grundbuchrechtlichen Sinne an (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2007 - 1 L 256/06, zit. n. juris, m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit kann im Bereich des Ausbaubeitragsrechts für solche Flächen nicht mehr angenommen werden, die zwar Teil des Grundstücks sind, eine geografische Verbindung mit der an die Anlage angrenzende Grundstücksfläche aber vermissen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 06.05.2011 – 3 A 1297/08, n.v.). Nach diesen Maßstäben sind die Flurstücke …, … und …, die zusammen mit dem Flurstück ... ein gemeinsames Grundstück bilden, zurecht nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden. Für das aus den Flurstücken ... und … gebildete Grundstück treffen diese Erwägungen jedoch nicht zu. Zwar sind diese geografisch getrennt und liegt das Flurstück … nicht an der Anliegerstraße an. Der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff erfährt ausbaubeitragsrechtlich jedoch auch dann eine Ausnahme, wenn eine wirtschaftliche Grundstückseinheit vorliegt. Das ist der unter anderem der Fall, wenn sich ein wegen geringer Breite nicht selbstständig bebaubares Grundstück an ein breiteres, selbstständiges Grundstück desselben Eigentümers anschließt. Das ist hier in Ansehung des Flurstücks … der Fall. Dieses ist für sich genommen baulich nicht nutzbar und deshalb gemeinsam mit dem unter der laufenden Nummer 1 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen benachbarten Grundstück heranzuziehen. Das so gebildete Grundstück im wirtschaftlichen Sinne liegt an der ausgebauten Anlage an und ist ohne weiteres als Anliegergrundstück bevorteilt.

30

Die Flächen auf den Flurstücken … und ... sind gleichfalls zurecht in das Abrechnungsgebiet aufgenommen worden. Denn auch diesem Grundstück bzw. dieser Teilfläche fließt der von § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 KAG M-V geforderte besondere Vorteil der Baumaßnahme zu. Besondere Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer (Orts-)Straße haben diejenigen Grundstücke, bei denen im Verhältnis zu anderen Grundstücken davon ausgegangen werden kann, dass sie wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Anlage diese in stärkerem Umfang in Anspruch nehmen, um das Grundstück zu erreichen, also in erster Linie die unmittelbar anliegenden Grundstücke. Die Flächen auf den Flurstücken … und ... sind daneben als sogenannte Hinterliegergrundstücke zu veranlagen. Sie grenzen zwar nicht selbst an die ausgebaute Straße an, sind allerdings über das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende vorgenannte Grundstück an die F.-Straße angeschlossen. Gehören Anlieger- und Hinterliegergrundstück wie hier demselben Eigentümer, so ist das Hinterliegergrundstück nach der ganz herrschenden Meinung (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 35, Rn. 19 m.w.N.) in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen, da dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks durch den Straßenausbau ein beitragsrelevanter Vorteil im Sinne des § 7 Abs. 1 KAG M-V geboten wird, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit besteht in den Fällen der Eigentümeridentität nicht nur beim Vorliegen einer einheitlichen Nutzung. Denn der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück ist regelmäßig schon wegen der Eigentümeridentität (unabhängig vom Vorhandensein einer einheitlichen Nutzung) gewährleistet. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass ein tatsächlicher Zugang über das an die ausgebaute Anlage anliegende, ebenfalls im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück besteht. Denn grundsätzlich hat es der Eigentümer in den Fällen der Eigentümeridentität in Hand, jederzeit einen solchen Zugang für das Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstücke zu schaffen. Für die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ist es darüber hinaus grundsätzlich ausreichend, wenn an das Grundstück herangefahren werden kann. Eine Befahrbarkeit des Grundstücke von der ausgebauten Anlage aus ist nicht zwingend erforderlich (vgl. Holz in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 8, Anm. 1.5.4.2). Der Umstand, dass die Hinterliegergrundstücke tatsächlich über die V-Straße erschlossen werden, führt rechtlich lediglich zu einer Mehrfacherschließung, die gegebenenfalls im Rahmen der Heranziehung zu berücksichtigen ist, die Vorteilssituation aber nicht in Wegfall bringt.

31

Richtigerweise ist das Grundstück auf dem Flurstück ... nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden. Dieses hat selbst eine Erschließungsfunktion. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass sich Erschließungsanlagen nicht wechselseitig bevorteilen. Das Flurstück … ist Teil der ausgebauten Anlage und deshalb nicht bevorteilt. Das Flurstück … ist dagegen mit seiner Größe von 18 qm in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen, weil es seine Wegefunktion unstreitig verloren hat. Das Gericht konnte in der mündlichen Verhandlung auch nicht die Überzeugung gewinnen, dass diese bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch bestanden hat.

32

Teil des Abrechnungsgebietes sind entgegen der Auffassung des Beklagten aber auch die Grundstücke auf den Flurstücken … und …. Der Umstand, dass auf diese Grundstücke von der Straße aus nicht heraufgefahren werden kann, ist rechtlich unerheblich. Bei wohngenutzten Grundstücken reicht eine fußläufige Erreichbarkeit von der ausgebauten Anlage her aus. Zudem sind vom Grundstückseigentümer selbst errichtete Hindernisse (etwa Gebäude oder Einfriedungen) regelmäßig nicht geeignet, den beitragsrechtlichen Vorteil auszuschließen, solange es ein vernünftig denkender Eigentümer – bei Hinwegdenken einer anderweitigen Erschließung des Grundstücks – in der Hand hat, das Hindernis (etwa durch Einbau einer Tür oder Pforte) zu beseitigen (Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 8, Anm. 1.5.2.2, 1.5.2.4 m.w.N.). So liegt es hier. Das Flurstück … kann ungeachtet der Straßenlaterne angesichts der Breite der ausgebauten Straße ohne weiteres von dieser aus betreten werden, sobald der Eigentümer etwa eine Pforte in die Einfriedung einfügt. Gleiches gilt ausweislich der dem Gericht vorliegenden Luftbilder für das Flurstück …, da dieses danach auch noch neben der vorhandenen Grenzbebauung an das Straßengrundstück angrenzt. Jedenfalls wäre der Einbau einer Tür nicht ausgeschlossen. Die eingeschossig bebauten und nicht gewerblich genutzten Grundstücke auf den Flurstücken … und … sind mithin mit einer Größe von 445 qm und 503 qm der vom Beklagten im Übrigen zutreffend mit 29.712 qm ermittelten gewichteten Vorteilsfläche gleichfalls hinzuzurechen. Soweit die Beteiligten insoweit auf eine nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (§ 9 Straßenausbaubeitragssatzung) eingetretene oder geplante Bebauung abstellen wollen, kommt es darauf nicht an. Für die Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse ist im unbeplanten Innenbereich die tatsächlich vorhandene Bebauung auf dem Grundstück, hilfsweise die Bebauung der näheren Umgebung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich (§ 5 Abs. 4 Nr. 2 Straßenausbaubeitragssatzung). Dieser Zustand fixiert den Beitrag der Höhe nach.

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dd) Der Beitragssatz beträgt nach alledem 141.029,12 Euro ./. 30.678 qm = 4,5970767 Euro/qm.

34

Für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstücke ... und … und das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … ergibt sich daraus bei einer Gesamtgröße von 2.614 qm ein einheitlicher Ausbaubeitrag in Höhe von 12.016,76 Euro. Soweit der Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer …) diesen Betrag übersteigt, war er aufzuheben.

35

Für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … mit einer Größe von 2.710 qm errechnet sich sein Ausbaubeitrag in Höhe von 12.458,08 Euro. Der Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) schöpft diesen Anspruch nicht aus.

36

Für die auf dem Flurstück ... der Flur … der Gemarkung K. belegene Teilfläche des unter der laufenden Nummer 3 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen Grundstücks mit einer Größe von 2.444 qm schließlich ergibt sich ein Ausbaubeitrag in Höhe von 11.235,26 Euro. Die Festsetzung im Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) bleibt dahinter zurück.

37

Im Übrigen bleibt die Klage deshalb im Ergebnis ohne Erfolg.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.