Tenor

1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

2. Der Bescheid des Beklagten vom 14.02.2008 (Nummer …) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.09.2009 wird aufgehoben, soweit darin ein Beitrag von mehr als 12.016,76 Euro festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Ausbaubeiträge.

2

Der Kläger ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in K.. Die Gemeinde K. baute im Zeitraum 2006/07 die F.-Straße einschließlich Entwässerung und Beleuchtung aus. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 19.07.2007 und ist am 01.08.2007 beim von der Gemeinde beauftragten Ingenieurbüro eingegangen.

3

Mit Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer …) setzte der Beklagte gegen den Kläger für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstücke ... und … und das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … einen einheitlichen Ausbaubeitrag in Höhe von 12.407,44 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

4

Am 05.10.2009 hat der Kläger deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1341/09).

5

Mit einem weiteren Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) setzte der Beklagte gegen den Kläger für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … einen Ausbaubeitrag in Höhe von 8.575,41 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

6

Am 05.10.2009 hat der Kläger auch deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1340/09).

7

Mit einem dritten Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) setzte der Beklagte gegen den Kläger für die auf dem Flurstück ... der Flur … der Gemarkung K. belegene Teilfläche des unter der laufenden Nummer 3 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen Grundstücks einen Ausbaubeitrag in Höhe von 7.733,69 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.09.2009 zurück.

8

Am 05.10.2009 hat der Kläger schließlich auch deswegen Klage erhoben (Az.: 3 A 1342/09).

9

Das Gericht hat die Verfahren 3 A 1340/09, 3 A 1341/09 und 3 A 1342/09 mit Beschluss vom 07.10.2009 unter dem Aktenzeichen 3 A 1340/09 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

10

Zur Begründung der Klage trägt der Kläger vor, es habe sich bei den Baumaßnahmen zum erheblichen Teil um eine Erschließungsmaßnahme für das Bauvorhaben K. gehandelt, mit welchem zeitgleich eine Ferienwohnanlage errichtet worden sei. Die Stichstraße zu dessen Grundstück habe nicht existiert und sei neu angelegt worden. Bevorteilt sei ohnehin lediglich das Flurstück .... Es seien Kosten für von der Gemeinde vermietete Parkplätze abgerechnet worden. Außerdem seien nicht alle anliegenden Grundstücke in die Abrechnung einbezogen worden.

11

Der Kläger beantragt,

12

die Bescheide des Beklagten vom 14.02.2008 (Nummern …, ... und ...) in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04.09.2009 in Höhe von jeweils der Hälfte der festgesetzten Beiträge aufzuheben.

13

Im Übrigen hat der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

14

Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er verteidigt die angefochtenen Bescheide. Das Grundstück der Sporthalle sei erst an den Investor K. verkauft worden, als der Ausbau der Straße nahezu abgeschlossen gewesen sei. Die Stichstraße zur Sporthalle habe schon zuvor bestanden. Alle bevorteilten Grundstücke seien in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18

1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung einzustellen.

19

2. Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet. Im Übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und ist der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

20

a) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung der Gemeinde K. über die Erhebung von Beiträgen für den Ausbau von Straßen, Wegen und Plätzen vom 01.07.2002 in Gestalt der 1. Änderungssatzung (Straßenausbaubeitragssatzung) bietet für die hier streitige Abgabenerhebung eine ausreichende Rechtsgrundlage.

21

Das Straßenbaubeitragsrecht unterliegt dem sogenannten Grundsatz der regionalen Teilbarkeit, das heißt, die Beitragssatzung muss nur für das jeweilige Abrechnungsgebiet eine vorteilsgerechte Beitragsermittlung gewährleisten können (OVG Greifswald, Beschl. v. 26.02.2004 – 1 M 242/03, zit. n. juris). Auf die aus § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V folgende Unwirksamkeit von § 2 Satz 3 Straßenausbaubeitragssatzung kommt es deshalb nicht an. Der Beklagte hat mitgeteilt, dass im Abrechnungsgebiet kein Fall des selbstständigen Gebäudeeigentums vorliegt.

22

Die Regelung der sogenannten Eckgrundstücksvergünstigung in § 5 Abs. 6 Straßenausbaubeitragssatzung ist nichtig. Die Vorschrift verstößt gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit. Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete im Sinne von § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) erfassen soll. Anders als in § 5 Abs. 5 Straßenausbaubeitragssatzung werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass faktische Wohngebiete im Rahmen der Eckgrundstücksvergünstigung keine Berücksichtigung finden können. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Die Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf § 5 Abs. 6 Straßenausbaubeitragssatzung (Teilnichtigkeit), denn die Vergünstigungsregel für mehrfach erschlossene Grundstücke gehört weder zum Mindestinhalt der Abgabensatzung (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V), noch ist sie durch das Vorteilsprinzip geboten (VG Greifswald, Urt. v. 03.03.2010 – 3 A 1281/07, zit. n. juris).

23

b) Die Rechtsanwendung geschah nur zum Teil rechtmäßig.

24

aa) Der Anlagenbegriff wurde vom Beklagten allerdings nicht verkannt. Die Ausbaumaßnahme betrifft bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise (OVG Greifswald, Beschl. v. 18.10.2001 - 1 M 52/01, NordÖR 2001, 503) eine einheitliche Anlage. Die drei in südöstlicher bzw. nordöstlicher Richtung von der F.-Straße abzweigenden Stichstraßen stellen sich als deren unselbstständige Bestandteile dar. Eine bis zu 100 Meter tiefe, nicht verzweigte und nicht abknickende Stichstraße ist grundsätzlich als unselbständiges Anhängsel der Hauptstraße, von der sie abzweigt, zu qualifizieren (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 12, Rn. 15).

25

Soweit die Klage vorbringt, der Stichweg auf dem Flurstück ...habe vor den hier abgerechneten Maßnahmen nicht als Straße bestanden, müsse deshalb nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden und zähle deshalb aus rechtlichen Gründen nicht zur ausgebauten Anlage, ist dem nicht zu folgen. Die Kammer ist im Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich auch insoweit nicht um die erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage, sondern um den Ausbau einer vorhandenen Straße gehandelt hat. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung substantiiert vorgetragen, dass die Straße insoweit 2006 als befestigter Weg mit einem gewissen Ausbauzustand vorhanden war. Diese Darstellung wird durch die vorgelegten Luftbilder gestützt, die diesen Weg 2006 mit einer erkennbaren Straßendecke zeigen. Insbesondere ist darauf zu erkennen, dass - anders als im Falle des Weges westlich der früheren Sporthalle, den der Klägervertreter fotografiert hat – ein Ausbauzustand vorhanden war, der über das bloße Befahren eines Sandweges hinausging. Damit korrespondiert der Umstand, dass über die genannte Straße nicht nur die Sporthalle, sondern auch zwei Wohnhäuser auf den Flurstücken ...und ... erschlossen wurden. Zudem bestand der Weg nicht als Sackgasse, sondern hatte eine weitere Verkehrsfunktion als Ringstraße, die auf dem Flurstück ... fortgesetzt wurde. Das bloße Bestreiten des Klägers vermochte diese Überzeugung nicht in Zweifel zu ziehen.

26

Der öffentliche Weg auf dem Flurstück ... schließlich hat eine andere Verkehrsfunktion und ist deshalb nicht Teil der Anlage.

27

bb) Soweit die Klage sinngemäß vorträgt, der Ausbau der Straße sei nicht erforderlich gewesen, führt das nicht zum Erfolg. Für die Beurteilung der anlagenbezogenen und kostenbezogenen Erforderlichkeit ist der Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zuzubilligen. Durch das Merkmal der Erforderlichkeit wird lediglich eine äußerste Grenze markiert, die erst überschritten ist, wenn die von der Gemeinde gewählte Lösung „sachlich schlechthin unvertretbar“ ist (VGH B-Stadt, Urt. v. 14.07.2010 - 6 B 08.2254, zit. n. juris). Dafür ist vorliegend nichts zu erkennen. Es ist nichts dagegen zu erinnern, wenn eine Gemeinde bei ihrer Ausbauabsicht eine zu erwartende Bebauung im Vorteilsgebiet planend berücksichtigt. Dass die vorhandene Straße den heutigen Verkehrsbedürfnissen nicht mehr genügte, ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts schon aus dem vom Beklagten vorgelegten Foto (Bl. 44 der Beiakte II). Die Herstellungskosten in Höhe von 216.967,87 Euro (Bl. 77 der Beiakte I) erscheinen auch kostenbezogen erforderlich. Der Beklagte hat den beitragsfähigen Aufwand unter Vorlage von Rechnungen und einer tabellarischen Aufstellung dargestellt, ohne dass dagegen vom Kläger substantiiert Einwendungen erhoben worden wären. Ausweislich dieser Unterlagen sind auch nur öffentliche Parkplätze, nicht aber von der Gemeinde vermietete Stellplätze in die Aufwandsermittlung eingeflossen. Der Beklagte konnte in der mündlichen Verhandlung Planungsunterlagen vorlegen, aus denen sich ergibt, dass zwischen öffentlichen und privaten (von der Gemeinde vermieteten) Parkplätzen unterschieden wurde. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum sich diese Unterscheidung nicht auch in der Kostenaufstellung wiederfinden sollte. Nach Abzug des Gemeindeanteils aus § 3 Abs. 2 Spalte 1 Straßenausbaubeitragssatzung beträgt der Anteil der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand nach alledem noch 141.029,12 Euro.

28

cc) Der Beklagte hat aber nicht alle bevorteilten Grundstücke in die Aufwandsverteilung einbezogen. Gemäß § 4 Abs. 1 bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird.

29

Soweit der Kläger allerdings vorbringt, seine in Anspruch genommenen Grundstücke bzw. Teilflächen der Grundstücke seien nur teilweise bevorteilt, kann er damit nicht durchdringen. Zwar kommt es im Rahmen der Bildung des Abrechnungsgebietes grundsätzlich auf Grundstücke im grundbuchrechtlichen Sinne an (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 10.10.2007 - 1 L 256/06, zit. n. juris, m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit kann im Bereich des Ausbaubeitragsrechts für solche Flächen nicht mehr angenommen werden, die zwar Teil des Grundstücks sind, eine geografische Verbindung mit der an die Anlage angrenzende Grundstücksfläche aber vermissen lassen (VG Greifswald, Urt. v. 06.05.2011 – 3 A 1297/08, n.v.). Nach diesen Maßstäben sind die Flurstücke …, … und …, die zusammen mit dem Flurstück ... ein gemeinsames Grundstück bilden, zurecht nicht in das Abrechnungsgebiet einbezogen worden. Für das aus den Flurstücken ... und … gebildete Grundstück treffen diese Erwägungen jedoch nicht zu. Zwar sind diese geografisch getrennt und liegt das Flurstück … nicht an der Anliegerstraße an. Der bürgerlich-rechtliche Grundstücksbegriff erfährt ausbaubeitragsrechtlich jedoch auch dann eine Ausnahme, wenn eine wirtschaftliche Grundstückseinheit vorliegt. Das ist der unter anderem der Fall, wenn sich ein wegen geringer Breite nicht selbstständig bebaubares Grundstück an ein breiteres, selbstständiges Grundstück desselben Eigentümers anschließt. Das ist hier in Ansehung des Flurstücks … der Fall. Dieses ist für sich genommen baulich nicht nutzbar und deshalb gemeinsam mit dem unter der laufenden Nummer 1 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen benachbarten Grundstück heranzuziehen. Das so gebildete Grundstück im wirtschaftlichen Sinne liegt an der ausgebauten Anlage an und ist ohne weiteres als Anliegergrundstück bevorteilt.

30

Die Flächen auf den Flurstücken … und ... sind gleichfalls zurecht in das Abrechnungsgebiet aufgenommen worden. Denn auch diesem Grundstück bzw. dieser Teilfläche fließt der von § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 KAG M-V geforderte besondere Vorteil der Baumaßnahme zu. Besondere Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer (Orts-)Straße haben diejenigen Grundstücke, bei denen im Verhältnis zu anderen Grundstücken davon ausgegangen werden kann, dass sie wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Anlage diese in stärkerem Umfang in Anspruch nehmen, um das Grundstück zu erreichen, also in erster Linie die unmittelbar anliegenden Grundstücke. Die Flächen auf den Flurstücken … und ... sind daneben als sogenannte Hinterliegergrundstücke zu veranlagen. Sie grenzen zwar nicht selbst an die ausgebaute Straße an, sind allerdings über das ebenfalls im Eigentum des Klägers stehende vorgenannte Grundstück an die F.-Straße angeschlossen. Gehören Anlieger- und Hinterliegergrundstück wie hier demselben Eigentümer, so ist das Hinterliegergrundstück nach der ganz herrschenden Meinung (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage, § 35, Rn. 19 m.w.N.) in die Verteilung des beitragsfähigen Aufwands einzubeziehen, da dem Eigentümer des Hinterliegergrundstücks durch den Straßenausbau ein beitragsrelevanter Vorteil im Sinne des § 7 Abs. 1 KAG M-V geboten wird, weil er vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück eine dauerhafte Möglichkeit zur Inanspruchnahme der ausgebauten Straße besitzt. Diese Möglichkeit besteht in den Fällen der Eigentümeridentität nicht nur beim Vorliegen einer einheitlichen Nutzung. Denn der Zugang zur Straße vom Hinterliegergrundstück ist regelmäßig schon wegen der Eigentümeridentität (unabhängig vom Vorhandensein einer einheitlichen Nutzung) gewährleistet. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass ein tatsächlicher Zugang über das an die ausgebaute Anlage anliegende, ebenfalls im Eigentum des Antragstellers stehende Grundstück besteht. Denn grundsätzlich hat es der Eigentümer in den Fällen der Eigentümeridentität in Hand, jederzeit einen solchen Zugang für das Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstücke zu schaffen. Für die Annahme einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße ist es darüber hinaus grundsätzlich ausreichend, wenn an das Grundstück herangefahren werden kann. Eine Befahrbarkeit des Grundstücke von der ausgebauten Anlage aus ist nicht zwingend erforderlich (vgl. Holz in Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 8, Anm. 1.5.4.2). Der Umstand, dass die Hinterliegergrundstücke tatsächlich über die V-Straße erschlossen werden, führt rechtlich lediglich zu einer Mehrfacherschließung, die gegebenenfalls im Rahmen der Heranziehung zu berücksichtigen ist, die Vorteilssituation aber nicht in Wegfall bringt.

31

Richtigerweise ist das Grundstück auf dem Flurstück ... nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden. Dieses hat selbst eine Erschließungsfunktion. Es gilt insoweit der Grundsatz, dass sich Erschließungsanlagen nicht wechselseitig bevorteilen. Das Flurstück … ist Teil der ausgebauten Anlage und deshalb nicht bevorteilt. Das Flurstück … ist dagegen mit seiner Größe von 18 qm in das Abrechnungsgebiet einzubeziehen, weil es seine Wegefunktion unstreitig verloren hat. Das Gericht konnte in der mündlichen Verhandlung auch nicht die Überzeugung gewinnen, dass diese bei Entstehung der sachlichen Beitragspflicht noch bestanden hat.

32

Teil des Abrechnungsgebietes sind entgegen der Auffassung des Beklagten aber auch die Grundstücke auf den Flurstücken … und …. Der Umstand, dass auf diese Grundstücke von der Straße aus nicht heraufgefahren werden kann, ist rechtlich unerheblich. Bei wohngenutzten Grundstücken reicht eine fußläufige Erreichbarkeit von der ausgebauten Anlage her aus. Zudem sind vom Grundstückseigentümer selbst errichtete Hindernisse (etwa Gebäude oder Einfriedungen) regelmäßig nicht geeignet, den beitragsrechtlichen Vorteil auszuschließen, solange es ein vernünftig denkender Eigentümer – bei Hinwegdenken einer anderweitigen Erschließung des Grundstücks – in der Hand hat, das Hindernis (etwa durch Einbau einer Tür oder Pforte) zu beseitigen (Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand August 2011, § 8, Anm. 1.5.2.2, 1.5.2.4 m.w.N.). So liegt es hier. Das Flurstück … kann ungeachtet der Straßenlaterne angesichts der Breite der ausgebauten Straße ohne weiteres von dieser aus betreten werden, sobald der Eigentümer etwa eine Pforte in die Einfriedung einfügt. Gleiches gilt ausweislich der dem Gericht vorliegenden Luftbilder für das Flurstück …, da dieses danach auch noch neben der vorhandenen Grenzbebauung an das Straßengrundstück angrenzt. Jedenfalls wäre der Einbau einer Tür nicht ausgeschlossen. Die eingeschossig bebauten und nicht gewerblich genutzten Grundstücke auf den Flurstücken … und … sind mithin mit einer Größe von 445 qm und 503 qm der vom Beklagten im Übrigen zutreffend mit 29.712 qm ermittelten gewichteten Vorteilsfläche gleichfalls hinzuzurechen. Soweit die Beteiligten insoweit auf eine nach Entstehen der sachlichen Beitragspflicht (§ 9 Straßenausbaubeitragssatzung) eingetretene oder geplante Bebauung abstellen wollen, kommt es darauf nicht an. Für die Ermittlung der Anzahl der Vollgeschosse ist im unbeplanten Innenbereich die tatsächlich vorhandene Bebauung auf dem Grundstück, hilfsweise die Bebauung der näheren Umgebung zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich (§ 5 Abs. 4 Nr. 2 Straßenausbaubeitragssatzung). Dieser Zustand fixiert den Beitrag der Höhe nach.

33

dd) Der Beitragssatz beträgt nach alledem 141.029,12 Euro ./. 30.678 qm = 4,5970767 Euro/qm.

34

Für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstücke ... und … und das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … ergibt sich daraus bei einer Gesamtgröße von 2.614 qm ein einheitlicher Ausbaubeitrag in Höhe von 12.016,76 Euro. Soweit der Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer …) diesen Betrag übersteigt, war er aufzuheben.

35

Für das Grundstück Gemarkung K., Flur …, Flurstück … mit einer Größe von 2.710 qm errechnet sich sein Ausbaubeitrag in Höhe von 12.458,08 Euro. Der Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) schöpft diesen Anspruch nicht aus.

36

Für die auf dem Flurstück ... der Flur … der Gemarkung K. belegene Teilfläche des unter der laufenden Nummer 3 im Grundbuch von K., Blatt ... eingetragenen Grundstücks mit einer Größe von 2.444 qm schließlich ergibt sich ein Ausbaubeitrag in Höhe von 11.235,26 Euro. Die Festsetzung im Bescheid vom 14.02.2008 (Nummer ...) bleibt dahinter zurück.

37

Im Übrigen bleibt die Klage deshalb im Ergebnis ohne Erfolg.

38

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für die Zulassung der Berufung gemäß §§ 124, 124a VwGO bestehen nicht.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 03. März 2010 - 3 A 1281/07

bei uns veröffentlicht am 03.03.2010

Tenor 1. Der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 werden insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von € 4.67l,09 übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Rech

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 10. Okt. 2007 - 1 L 256/06

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 21. Juni 2006 - 3 A 561/04 - geändert: Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nrn. 60262103 (Flurstück 7/1), 60262096 (Flurstüc
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 11. Nov. 2011 - 3 A 1340/09.

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 12. Dez. 2013 - 3 A 552/11

bei uns veröffentlicht am 12.12.2013

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 22. Nov. 2013 - 3 A 217/12

bei uns veröffentlicht am 22.11.2013

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der

Verwaltungsgericht Greifswald Urteil, 23. Mai 2012 - 3 A 144/10

bei uns veröffentlicht am 23.05.2012

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in H

Referenzen

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 werden insoweit aufgehoben, als die Festsetzung den Betrag von € 4.67l,09 übersteigt; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern als Gesamtschuldnern zu 90 v.H. und im Übrigen dem Beklagten auferlegt.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Den Klägern und dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgegner vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Straßenbaubeiträgen. Die Kläger sind Eigentümer des in der Gemeinde A-Stadt gelegenen, gemischt genutzten Grundstücks Flurstücke G1, G2, G3, G4 und G5 in einer Größe von 1.349 m². Das Grundstück grenzt an die Straße "Am K.". Diese verläuft im unbeplanten Innenbereich der Gemeinde A-Stadt von der Einmündung in die Hauptstraße in nördliche Richtung und verzweigt sich dann in den in nordwestliche Richtung führenden Bereich " K. West" in einer Länge von ca. 200 m und den in nordöstliche Richtung führenden, geringfügig kürzeren Bereich " K. Ost". Innerhalb des durch die Verzweigung gebildeten Dreiecks befindet sich eine kleinere Grünanlage (Kriegerdenkmal), die nördlich durch einen die Bereiche K. West und Ost verbindenden befahrbaren Weg von 3,5 m Breite begrenzt wird. Die westliche Teilstrecke der Straße "Am K." endet auf Höhe der Kreuzung mit dem Deichweg (Strandpromenade). In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und in den Jahren 2001102 ließ die Gemeinde die bis dahin unbefestigte Straße in zwei Bauabschnitten ausbauen. Der erste Bauabschnitt betraf vorwiegend den Bereich " K. Ost" und die Erschließung des Geländes der dort gelegenen Kurklinik. Im Zuge dieser Baumaßnahme wurde der Bereich " K. West" vom Anschluss " K. Ost" bis zu den Grundstücken "Am K. a/b" ausgebaut. Der Ausbau der sich westlich anschließenden Reststrecke im zweiten Bauabschnitt erfolgte dann im Zeitraum 2001/02. Der Bereich " K. West" erhielt eine Fahrbahn aus Betonsteinpflaster in einer Breite von 4,0 m. Des Weiteren wurde eine Straßenentwässerung angelegt und die veraltete Straßenbeleuchtung erneuert. Die letzte Unternehmerrechnung datiert vom 30.10.2002. Für den Bereich des zweiten Bauabschnitts westlich der Grundstücke "Am K. a/b" wurden Fördermittel ausgereicht, die den beitragsfähigen Aufwand für diese Teilstrecke auf € 8.603,23 reduzierten. Der Bescheid des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung datiert vom 23.05.2005.

2

Mit Bescheid vom 26.09.2006 zog die Beklagte die Kläger für die Baumaßnahme K. (West) zu einem Straßenbaubeitrag i.H.v. € 5.175,43 heran. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 zurück.

3

Am 30.08.2007 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Sie sind der Auffassung, ihre Heranziehung sei rechtswidrig. Die Straßenausbaubeitragssatzung sei nichtig, weil die Normierung unterschiedlicher Umlagequoten in § 3 der Satzung willkürlich sei. Zudem sei die Rechtsanwendung fehlerhaft. Die Beklagte benenne im Widerspruchsbescheid eine andere Satzung als Rechtsgrundlage als im Ausgangsbescheid. Bei der Erneuerung der Straßenbeleuchtung handele es sich nicht um eine beitragsfähige Maßnahme. Die Kalkulation sei fehlerhaft. Es sei offen, ob die Beklagte alle für die Maßnahme möglichen Zuschüsse ausgereizt habe und wie diese Zuschüsse verwendet worden seien. Die Höhe des beitragsfähigen Aufwandes werde bestritten. Die Einstufung der Straße als Anliegerstraße sei fehlerhaft. Es sei von einer Hauptverkehrsstraße auszugehen.

4

Die Kläger beantragen,

5

den Bescheid des Beklagten vom 26.09.2006 - Nr. 2006-10 - und dessen Widerspruchsbescheid vom 17.08.2007 aufzuheben.

6

Die Beklagte verteidigt den angegriffenen Bescheid und beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Mit Beschluss vom 27.08.2009 hat das Gericht den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Dem Gericht haben bei der Entscheidung die bei der Beklagten entstandenen Verwaltungsvorgänge vorgelegen.

Entscheidungsgründe

10

Der Rechtsstreit kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 25.09.2007 bzw. 03.09.2009 hierzu ihr Einverständnis (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) erteilt haben.

11

Die zulässige Klage ist nur in dem in Tenor zu 1. ersichtlichen Umfang begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger daher in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit die Festsetzung den Betrag von € 4.671,09 übersteigt. Im Übrigen ist der Bescheid dagegen nicht zu beanstanden.

12

Er findet seine gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Gemeinde A-Stadt über die Erhebung von Beiträgen für den Bau von Straßen, Wegen und Plätzen (Straßenbaubeitragssatzung - SBS) vom 0l.12.2005.

13

1. Die Straßenbaubeitragssatzung ist nach derzeitiger Erkenntnis wirksam. So ist die Vorteilsregelung in § 3 Abs. 2 SBS - anders als die der Satzung vom 13.04.2000 (VG Greifswald, Urt. v. 15.03.2001 - 3 A 1678/00, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks) - nicht zu beanstanden. Die Vorteilsregelung betrifft die Aufwandsverteilung zwischen der Gemeinde A-Stadt als Trägerin des Öffentlichkeitsanteils und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass die Nutzung einer Verkehrsanlage durch Dritte - also Verkehrsteilnehmer, die nicht Straßenanlieger sind - mit der Verkehrsbedeutung der Anlage zunimmt. Den auf diese entfallenden Nutzungsanteil hat die Gemeinde als so genannten Öffentlichkeitsanteil zu tragen. Er beläuft sich auf den jeweiligen Differenzbetrag zwischen den in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 13 SBS normierten Vom-Hundert-Sätzen und 100 v.H . Dieser Differenzbetrag ist von der Gemeinde zu tragen. Die satzungsrechtliche Regelung ist nicht zu beanstanden; sie genügt insbesondere den aus dem Vorteilsprinzip (§ 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V) folgenden Anforderungen, da sie nach der Verkehrsbedeutung einer Straße und - bei Innerorts- und Hauptverkehrsstraßen - nach Teileinrichtungen unterscheidet. Der einheitliche Ansatz von 75 v.H. für alle Teileinrichtungen von Anliegerstraßen ist ebenfalls nicht zu beanstanden, da die Teileinrichtungen von Anliegerstraßen zum weit überwiegenden Teil von den Anliegern genutzt werden.

14

Soweit die Kläger einwenden, es sei kein sachlicher Grund erkennbar, warum mit der (abnehmenden) Verkehrsfunktion eine "Erhöhung des Gebrauchswertes der anliegenden Grundstücke" verbunden sei, beruht dies auf einer Verkennung der Rechtslage. Denn maßgebend für die höhere Umlagequote ist nach dem oben Gesagten nicht die Erhöhung des Gebrauchswertes der Grundstücke, sondern die überwiegende Nutzung der Straße durch Anlieger.

15

Auch sonstige zur Nichtigkeit führende Fehler der Satzung sind nicht erkennbar. Zwar verstößt die Bestimmung des § 5 Abs. 6 SBS (Eckgrundstücksvergünstigung) gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit (Art. 3 GG). Denn sie ist nicht so auszulegen, dass ihr Anwendungsbereich auch tatsächlich bestehende Wohngebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. §§ 2 bis 5 und 10 BauNVO erfassen soll. Denn anders als in § 5 Abs. 5 SBS werden die tatsächlich bestehenden Gebietstypen (§ 34 Abs. 2 BauGB) nicht neben den in einem Bebauungsplan festgesetzten Gebietstypen erwähnt. Daraus folgt, dass diese Fallgruppe im Rahmen des § 5 Abs. 6 SBS keine Berücksichtigung finden soll. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich, zumal die Beklagte - wie der vorliegende Fall zeigt - die Vergünstigungsregelung auch außerhalb des Geltungsbereichs von Bebauungsplänen anwendet.

16

Die somit eintretende Nichtigkeitsfolge beschränkt sich allerdings auf die Bestimmung des § 5 Abs. 6 SBS (Teilnichtigkeit, vgl. § 139 BGB), denn Vergünstigungsregeln für mehrfach erschlossene Grundstücke gehören weder zum notwendigen Mindestinhalt einer Straßenbaubeitragssatzung (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) noch zwingt das Vorteilsprinzip zu ihrer Normierung. Auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gebietet es nicht, wegen der Nichtigkeit der Eckgrundstücksregelung die Nichtigkeit der Ausbaubeitragssatzung insgesamt anzunehmen. Denn die Regelung der Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst bei der Heranziehung der Beitragspflichtigen aus, da der sich nach § 5 - d.h. unter Anwendung der Maßstabsregelung - ergeben- de Beitrag um 1/5 gekürzt wird. Den Ausfall trägt damit allein die Gemeinde A-Stadt. Im Rahmen der Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes hat die Regelung nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut dagegen keine Bedeutung. Damit ist eine ungerechtfertigte Mehrbelastung der übrigen Beitragspflichtigen ausgeschlossen.

17

2. Die Rechtsanwendung durch die Beklagte ist teilweise fehlerhaft. Allerdings ist es in formell- rechtlicher Hinsicht unschädlich, dass der Widerspruchsbescheid eine unzutreffende Rechtsgrundlage benennt. Hierbei handelt es sich allenfalls um einen Begründungsfehler, der bei - wie hier - gebundenen Entscheidungen keinen Aufhebungsanspruch entstehen lässt, § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 127 Abgabenordnung (AO).

18

In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes frei von Fehlern:

19

Bei der abgerechneten Baumaßnahme handelt es sich um eine beitragsfähige Maßnahme i.S.d. § 1 Satz 1 SBS, wonach die Gemeinde A-Stadt zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, den Aus- und Umbau, die Verbesserung, Erweiterung und Erneuerung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, auch wenn sie nicht zum Anbau bestimmt sind, Beiträge von den Beitragspflichtigen gemäß § 2 dieser Satzung erhebt, denen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme Vorteile erwachsen. Die Maßnahme ist unter den Gesichtspunkten erstmaligen Herstellung (Straßenentwässerung) - insoweit bzw. der Verbesserung (Fahrbahn, Straßenbeleuchtung) beitragsfähig. Eine Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Anlage nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit hat (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Auflage 2007, § 32 Rn. 38 m.w.N.). Dabei kommt es allein auf die Verbesserung der Anlage als solcher an, so dass es unerheblich ist, ob die Anlieger den geschaffenen Zustand, der objektiv eine Verbesserung darstellt, subjektiv auch als solche erkennen. Gemessen an diesen Kriterien liegt in Ansehung des Gehweges eine Verbesserung bereits deshalb vor, weil er einen den anerkannten Regeln der Technik hergestellten Unterbau (Tragschicht, Frostschutzschicht etc.) erhalten hat. Dadurch erhöht sich seine Benutzungssicherheit, denn dem Auftreten von Frostaufbrüchen und Absenkungen wird entgegengewirkt. Gleiches gilt für die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten war die vorhandene Straßenbeleuchtung veraltet und genügte den heutigen beleuchtungs- und verkehrstechnischen Anforderungen nicht mehr. Damit liegt in der Anlegung einer "modernen" Straßenbeleuchtung, die zu einer Verbesserung der Ausleuchtung des Verkehrsraums führt, eine beitragsfähige Verbesserung (vgl. VG Greifswald, Urt. v. 28.09.2005 - 3 A 127/03, S. 5 des Entscheidungsum-drucks). Ob die Maßnahme auch unter dem Gesichtspunkt der Erneuerung beitragsfähig ist, bedarf daher keiner Entscheidung.

20

Auch soweit die Kläger meinen, die Aufwandsermittlung sei wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der kostenbezogenen Erforderlichkeit fehlerhaft, kann dem nicht gefolgt werden. Die Vergabe der Bauverträge erfolgte auf Grundlage einer Ausschreibung. Die im Verwaltungsvorgang enthaltene Kostenkalkulation hält der mangels substanziierter Einwände nur gebotenen Plausibilitätskontrolle stand. Zwar ergeben sich bei einem Kostenvergleich beider Bauabschnitte unterschiedliche Herstellungskosten pro laufendem Meter. Die Teilstrecke des ersten Bauabschnitts im Bereich " K." (West) beginnt bei dem Wechsel des Fahrbahnbelags auf halber Höhe des Gaststättengrundstücks Flurstücke 10/2,11/2 und endet auf Höhe der Grundstücke Flurstücke 10/5 (Hausnummer 102a) bzw. 13/2 (Hausnummer 102b). Hierfür sind Kosten i.H.v. etwa € 50.745,59 entstanden. Das Teilstück weist eine Länge von etwa 70 m auf, der lfd. Meter kostet daher € 724,94 €. Der zweite Bauabschnitt hat eine Länge von 130 m. Die dort angefallenen Baukosten (ohne Fördermittel) belaufen sich auf € 84.132,26. Hier kostet der lfd. Meter also € 647,17. Der Kostenunterschied von 77,77 €/m ist aber nicht so erheblich, dass diese einen Ermittlungsbedarf auslöst, er kann auf allgemeine Veränderungen bei der Preisentwicklung beruhen.

21

Die Behauptung der Kläger, die Beklagte habe die Berechnungsgrundlagen bzw. die Beitragskalkulation nicht offen gelegt, trifft ersichtlich nicht zu. Sie ist in dem von ihm vorgelegten Verwaltungsvorgang enthalten, allerdings haben die Kläger davon abgesehen, Akteneinsicht zu nehmen. Soweit die Kläger der Auffassung sind, die Kalkulationsgrundlagen seien vollständig im Beitragsbescheid anzugeben, trifft dies ebenfalls nicht zu. Zu Recht weist die Beklagte daraufhin, dass dies den Bescheid "überfrachten" würde. Auch der Einwand, die Beklagte habe es versäumt, alle für die Baumaßnahme möglichen Zuschüsse einzuwerben, ist unsubstanziiert und daher unbeachtlich.

22

Die Verteilung des beitragsfähigen Aufwandes begegnet in Ansehung der Aufwandsverteilung zwischen der Gemeinde A-Stadt und der Gesamtheit der Beitragspflichtigen keinen Bedenken. Die Einstufung der Straße "Am K." (West) als Anliegerstraße i.S.d. § 3 Abs. 5 Nr. 1 SBS mit den daraus folgenden Anteilen der Beitragspflichtigen am beitragsfähigen Aufwand nach § 3 Abs. 2 linke Sp. SBS ist zutreffend. Nach der erstgenannten Bestimmung gelten als Anliegerstraße solche Straßen, Wege und Plätze, die ausschließlich oder überwiegend der Erschließung angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihnen verbundenen Grundstücken dienen. Eine Innerortsstraße ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass sie weder der Erschließung von Grundstücken noch überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr dient (§ 3 Abs. 5 Nr. 2 SBS). Hauptverkehrsstraßen dienen schließlich überwiegend dem überörtlichen Durchgangsverkehr (§ 3 Abs. 5 Nr. 3 SBS). Welcher Straßenkategorie eine Straße zuzuordnen ist, richtet sich nach einer funktionsorientierten Betrachtungsweise. Nach der Rechtsprechung es OVG Mecklenburg-Vorpommern ist maßgebend, wofür der satzungsrechtliche Begriff "dienen" spricht, die der Straße zugedachte Aufgabe und Zweckbestimmung, die durch eine Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien zu ermitteln ist. Dazu gehört die Verkehrsplanung der Gemeinde, der darauf beruhende Ausbauzustand der Straße und die straßenrechtliche Gewichtung. Nur daneben kommt auch den tatsächlichen Verkehrsverhältnissen Bedeutung zu. Dies ergibt sich schon daraus, dass für die mit der Straßenkategorisierung verbundene Aufteilung der für die Beitragserhebung maßgeblichen Vorteile auf die Allgemeinheit einerseits und die Anlieger der Straße andererseits nur Kriterien von einer gewissen Dauerhaftigkeit entscheidend sein können. Dazu rechnet vor allem die von der Gemeinde im Einklang mit ihrer Verkehrsplanung gewählte Zweckbestimmung der Anlage, die sieh in einem diesem Zweck entsprechenden dauerhaften Ausbau ausdrückt. Straßen unterschiedlicher Kategorien erfüllen in verkehrlicher Hinsicht unterschiedliche Aufgaben und sind daher zwangsläufig ausbaumäßig unterschiedlich ausgestattet. Gleichermaßen von Gewicht für die satzungsgerechte Einstufung einer ausgebauten Straße ist ihre Lage im Straßennetz der Gemeinde. Die dauerhaft bestehende Anbindung an die umgebenden Anlieger-, Innerorts- und Durchgangsstraßen lässt maßgebliche Rückschlüsse auf die für die Einordnung entscheidende Zweckbestimmung der Straße zu. Die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse sind zwar in die Betrachtung mit einzubeziehen, können jedoch wegen ihres veränderlichen Charakters nicht von entscheidender Bedeutung sein. Sie hängen von zahlreichen Faktoren ab, wie etwa Baustellen in benachbarten Straßen, Umleitungen oder sonstigen, das Verkehrsaufkommen beeinflussenden Zufälligkeiten (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 12.07.2007 - 1 M 42/07, S. 5 f. des Entscheidungsumdrucks).

23

Hiernach handelt es sich bei der Straße "Am K." (West) um eine Anliegerstraße. Vornehmlich ihre Lage im Straßennetz der Gemeinde A-Stadt spricht gegen die Einstufung als Innerortsstraße. Denn für den Kfz-Verkehr ist die Straße eine Sackgasse, die an der Strandpromenade endet. Ein (inner- oder überörtlicher) Durchgangsverkehr ist daher nicht denkbar, so dass bereits aus diesem Grund von einem Überwiegen des Anliegerverkehrs auszugehen ist. Bestätigt wird dies durch die geringe Ausbaubreite von 4 m, die einen Lkw-Begegnungsverkehr auf der Fahrbahn nicht zulässt. Soweit in den Darlegungen der Kläger die Auffassung anklingt, der Straße" Am K." (West) komme wegen der Vielzahl der von ihr erschlossenen Grundstücke mit Ferienwohnungen eine überörtliche Funktion zu, trifft dies ebenfalls nicht zu. Denn Anliegerverkehr ist der Ziel- und Quellverkehr, der von den von der Verkehranlage erschlossenen Grundstücken ausgelöst wird. Ob diese Grundstücke zu Wohn- oder zu gewerblichen Zwecken - zu dieser Kategorie gehören auch Ferienwohnungen - genutzt werden, ist unbeachtlich.

24

Ihre Einstufung als Anliegerstraße wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Straße "Am K." (West) wegen des südlich der Einmündung des Fischerweges in die Hauptstraße gelegenen Parkplatzes in erheblichem Umfang Fußgängerverkehr zum und vom Strand aufnehmen dürfte. Selbst wenn man den Fußgängerverkehr als innerörtlichen Verkehr qualifiziert, steht dies der Annahme einer Anliegerstraße nicht entgegen, denn für die Einstufung ist es ausreichend, dass die Straße überwiegend der Erschließung der angrenzenden oder durch private Zuwegung mit ihr verbundenen Grundstücke dient. Dass der Umfang des "durchgehenden" Fußgängerverkehrs den des Anliegerverkehrs überwiegt, wird auch von den Klägern nicht behauptet. Eine solche Annahme drängt sich angesichts der gebotenen ganzjährigen Betrachtung auch nicht auf, denn es ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Fußgängerverkehr in der Straße "Am K." (West) nur in den Sommermonaten stattfindet.

25

Die Vorteilsverteilung innerhalb der Gruppe der Beitragspflichtigen ist dagegen teilweise fehlerhaft. Allerdings ist das Abrechnungsgebiet ordnungsgemäß gebildet worden. So sind die Flächen der östlich der Einmündung der Straße "Am K." in die Hauptstraße gelegenen Flurstücke 12/1, 19/3 und 19/4 zu Recht nicht in den Vorteilsausgleich einbezogen worden. Nach § 4 Abs. 1 SBS bilden die Grundstücke das Abrechnungsgebiet, von denen aus wegen ihrer räumlich engen Beziehung zur ausgebauten Einrichtung eine qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit dieser Einrichtung eröffnet wird. Für die Aufwandsverteilung ist daher - ebenso wie für die Aufwandsermittlung - der Einrichtungs- oder Anlagenbegriff des Straßenbaubeitragsrechts maßgebend. Dieser ist identisch mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 15.09.1998 -1 M 54/98, VwRR MO 1999, 104). Ebenso wie im Erschließungsbeitragsrecht ist daher für die Beantwortung der Frage, was beitragsfähige Einrichtung (Anlage) i.S.d. § 1 Satz 1 SBS und § 8 KAG M- V ist, darauf abzustellen, was sich bei natürlicher Betrachtungsweise als "gesamte Verkehrsanlage" darstellt, wobei auf den Zustand nach Abschluss des Bauprogramms, d.h. auf das äußere Erscheinungsbild, das die Straße nach ihrem Ausbau erlangt hat, abzustellen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 30.05.1997 - 8 C 6.95, NVwZ 1998,290). Maßgebend sind damit vornehmlich die Kriterien Straßenführung, Straßenbreite und Straßenausstattung. Bei einem einheitlichen Verlauf und Ausbauzustand ist grundsätzlich von einer einheitlichen Verkehrsanlage i.S.d. natürlichen Betrachtungsweise abzustellen. Eine unterschiedliche Straßenbezeichnung ist dabei ebenso unerheblich wie eine einheitliche (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - 8 C 18/92, NVwZ-RR 1994, 539).

26

Gemessen an diesen Kriterien beginnt die beitragsfähige Anlage nicht bereits an der Einmündung in die Hauptstraße. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei der Straße "Am K." in beitragsrechtlicher Hinsicht um zwei unterschiedliche Anlagen handelt. Zum einen die Anlage "Am K." (Ost), die an der Einmündung in die Hauptstraße beginnt und sich auf Höhe des Kriegerdenkmals in östliche Richtung verschwenkt, und zum anderen die vorliegend abgerechnete Anlage "Am K." (West), die an der Einmündung in die Anlage "Am K." (Ost) auf Höhe des Kriegerdenkmals beginnt und an der Kreuzung mit der Strandpromenade endet. Für diese Betrachtungsweise - das Einmünden der Anlage "Am K." (West) in die Anlage "Am K." (Ost) und nicht umgekehrt - spricht insbesondere der Umstand, dass die Anlage "Am K." (Ost) von der Einmündung in die Hauptstraße bis zur Zufahrt des Klinikgeländes einen Fahrbahnbelag aus Asphalt und einen beiderseitigen Gehweg aufweist, was sie von der Anlage "Am K." (West) unterscheidet. Damit sind die Flurstücke 12/1,19/3 und 19/4 von der hier in Rede stehenden Anlage nicht bevorteilt.

27

Weiter ist es nicht zu beanstanden, dass die Fläche des Denkmalsplatzes im Rahmen der Vorteilsverteilung nicht berücksichtigt worden ist. Denn Grünanlagen sind nach § 127 Abs. 2 Nr. 4 Baugesetzbuch (BauGB) selbst beitragsfähige Erschließungsanlagen. Eine an eine Erschließungsanlage angrenzende Erschließungsanlage unterliegt nicht der sachlichen Beitragspflicht, da sich Erschließungsanlagen keine die Beitragserhebung rechtfertigenden Sondervorteile vermitteln (vgl. VG Greifswald, Beschl. v. 16.10.2002 - 3 B 1967/02). Aus diesem Grunde ist auch die Nichtberücksichtigung des nördlich des Denkmalsplatzes verlaufenden Verbindungsweges zwischen den Anlagen "Am K." (West) und "Am K." (Ost) unschädlich.

28

Die in der ursprünglichen Abrechnung vorhandenen Fehler bei der Flächenermittlung sind in den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 05.02.2010 (Anlagen 1 und 2.1) übersandten Unterlagen, auf die zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht mehr vorhanden. Insbesondere ist die Fläche des Grundstücks Flurstück G6 berücksichtigt worden. Dies ist notwendig, weil es als so genanntes Hinterliegergrundstück am Vorteilsausgleich zu beteiligen ist. Da die Beklagte dies inzwischen selbst so sieht, wird von weiteren Darlegungen abgesehen. Die Regelung für mehrfach erschlossene Grundstücke (§ 5 Abs. 6 SBS) wird ausweislich der Anlage 2.1, Spalte 5 nicht mehr im Rahmen der Vorteilsverteilung berücksichtigt. Die Neuberechnung führt dazu, dass der Beitragssatz auf € 3,462632 €/m² sinkt und die Kläger entlastet werden.

29

Die gegen die Flächenermittlung erhobenen Einwände der Kläger verfangen nicht: Dass das Grundstück Flurstücke G7 und G8 auch an die Hauptstraße und den Fischerweg angrenzt, ist für den Vorteilsausgleich betreffend die Verkehrsanlage "Am K." (West) unbeachtlich. Die insoweit (zu Unrecht, s.o.) gewährte Eckgrundstücksvergünstigung wirkt sich erst im Rahmen der Heranziehung und damit zulasten der Gemeinde, nicht der übrigen Beitragspflichtigen aus. Bei der Flurstücksbezeichnung "G9" in der Anlage 2.1 handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Gemeint ist das in den Vorteilsausgleich einzubeziehende Grundstück Flurstück G10. Der Ansatz von nur 59,55 m" gewichteter Fläche (Beitragseinheiten) für das Grundstücks Flurstück G6 beruht auf dem Umstand, dass es sich hierbei um ein unbebautes Außenbereichsgrundstück handelt, dessen Fläche nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 Satz 4 SBS mit dem Faktor 0,05 zu multiplizieren ist.

30

Auch die Heranziehung der Kläger begegnet keinen Bedenken. Die sachliche Beitragspflicht ist entstanden, so dass mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides gemäß § 2 Satz 1 SBS auch die persönliche Beitragspflicht der Kläger entstehen konnte. Nach § 8 Abs. 5 KAG M- V entsteht die sachliche Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Einrichtung. Das Merkmal "endgültige Herstellung" wird in § 9 Satz 1 SBS definiert; die Bestimmung stellt maßgebend auf den Zeitpunkt ab, an dem die Kosten feststehen. Dies ist nach § 9 Satz 2 SBS frühestens der Zeitpunkt des Eingangs der letzten Unternehmerrechnung. Vorliegend ist die sachliche Beitragspflicht jedoch nicht mit dem Eingang der letzten Unternehmerrechnung - diese datiert vom 30.10.2002 - entstanden, denn für die Baumaßnahme wurden Fördermittel verwendet, die den Beitragspflichtigen zugute kamen. Denn wegen der ausgereichten Fördermittel reduzierte sich der beitragsfähige Aufwand für die erst in den Jahren 2001102 erfolgte Fertigstellung der Reststrecke westlich der Grundstücke "Am K. 102a1102b" auf f 8.603,23 (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 a.E. KAG M-V). Da Fördermittelbescheide nur den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen der ausgereichten Zuwendungen darstellen, wird über die Frage ihres endgültigen Behaltendürfens oder einer etwaigen Rückzahlung erst im Rahmen der so genannten Verwendungsnachweisprüfung entschieden. Der vorliegend maßgebliche Bescheid des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg- Vorpommern über das Ergebnis der Verwendungsnachweisprüfung datiert vorn 23.05.2005. Erst von da an standen die beitragsfähigen Kosten der Baumaßnahme endgültig fest und ist die sachliche Beitragspflicht entstanden. Aus diesem Grunde verbietet sich auch die Annahme eines Erlöschens der Beitragspflicht infolge Festsetzungsverjährung.

31

Da die Baumaßnahme alle vorhandenen Teileinrichtungen der Anlage "Am K." (West) umfasst, war der Kostenspaltungsbeschluss vom 17.01.2002 für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht überflüssig (aber unschädlich). Sollte die Kostenspaltung erfolgt sein, um die Abrechnung der im Zuge des Ausbaus der Strandpromenade durchgeführten Baumaßnahme in der Anlage "Am K." (West) zu ermöglichen, ist darauf hinzuweisen, dass es hierfür einer gemeindlichen Beschlussfassung nicht bedarf, denn die Abrechnung hat grundsätzlich anlagebezogen zu erfolgen.

32

Die Eckgrundstücksvergünstigung nach § 5 Abs. 6 SBS kann in Bezug auf das klägerische Grundstück keine Anwendung finden, da sie - wie bereits dargelegt - unwirksam ist. Etwas anderes ergibt sich auch dann nicht, wenn man dem nicht folgt und der Auffassung ist, die Eckgrundstücksregelung sei wirksam. Sie ist gleichwohl unanwendbar, obwohl das Grundstück der Kläger sowohl an die Verkehrsanlage "Am K." (West) als auch an den Deich nebst Promenade angrenzt und damit eine Mehrfacherschließung i.S.d. des § 5 Abs. 6 SBS vorliegt. Denn nach ihrem Sinn und Zweck will die Bestimmung lediglich die Beitragslast für ein Grundstück reduzieren, die bei einer Beitragserhebung für mehrere Straßen entsteht oder entstehen kann. Dies setzt aber voraus, dass das betreffende Grundstück an mehrere beitragsfähige Verkehrsanlagen angrenzt bzw. durch sie erschlossen wird. Dies trifft hier nicht zu. Zwar dient der Deich vornehmlich dem Küstenschutz. Daneben ist er aber auch eine Grünanlage. Er dient auch touristischen Zwecken, was nicht zuletzt durch die Anlegung der Deichpromenade deutlich wird. Als Grünanlage ist der Deich eine Erschließungsanlage (vgl. § 127 Abs. 2 Nr. 4 BauGB). Dennoch scheidet eine Beitragserhebung für den Deich oder die Deichpromenade aus. Denn der Deich und die Promenade befinden sich nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Das Land ist jedoch keine beitragserhebungsberechtigte Körperschaft (vgl. § 127 Abs. 1 BauGB und § 1 KAG M-V).

33

Damit berechnet sich der von den Klägern zu entrichtende Ausbaubeitrag wie folgt:

34

1.349 m- x 3,462632 €/m² = € 4.671,09. Soweit die Festsetzung diesen Betrag übersteigt, ist sie aufzuheben.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO; die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124a VwGO) sind nicht ersichtlich.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom

21. Juni 2006 - 3 A 561/04 - geändert:

Die Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nrn. 60262103 (Flurstück 7/1), 60262096 (Flurstück 4/1), 60262129 (Flurstück 15/0, 16/0 und 17/0) und 60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie die Beitragsbescheide vom 01. März 2004 - Nrn. 60212645 (Flurstück 8/3) und 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.Mai 2004 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.

2

Die Berufung der Klägerin ist im Hauptantrag begründet, das angegriffene klageabweisende Teilurteil des Verwaltungsgerichts folglich entsprechend abzuändern.

3

I. Ihre mit dem Hauptantrag verfolgte - zulässige - Anfechtungsklage ist begründet. Die angefochtenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 26. August 2003 - Nr. 60262103 (Flurstück 7/1), Nr. 60262096 (Flurstück 4/1), Nr. 60262129 (Flurstück 15/0, 16/0 und 17/0) und Nr.60262111 (Flurstück 14/0) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08. März 2004 sowie vom 01. März 2004 - Nr. 60212645 (Flurstück 8/3) und Nr. 60212637 (Flurstück 1/49) - in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.Mai 2004 sind rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und sind deshalb aufzuheben. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass die Aufhebung nicht den im Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2004 (Az. 60212637-Wb/pg) betreffend das Flurstück 1/49 unter B) getroffenen weiteren "Bescheid über eine Sachentscheidung nach § 12 KAG M-V i.V.m.. §§ 163, 227 Abgabenordnung" erfasst.

4

Die angefochtenen Beitragsbescheide sind mangels einer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V erforderlichen wirksamen Rechtsgrundlage für die Erhebung der Abgabe rechtswidrig. Die Satzung der Hansestadt Stralsund über die Erhebung von Beiträgen für die Abwasserableitung und -behandlung (Kanalbaubeitragssatzung - KBS) vom 28. Mai 2002 i.d.F. der Ersten Änderungssatzung vom 10. Januar 2003, auf die die angefochtenen Beitragsbescheide gestützt sind, ist unwirksam. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V muss die Satzung insbesondere den Maßstab angeben. Der Kanalbaubeitragssatzung fehlt eine wirksame Maßstabsregelung.

5

Soweit der Senat in der Vergangenheit verschiedentlich die Wirksamkeit dieser Kanalbaubeitragssatzung bejaht hat, steht dies der vorliegend getroffenen Entscheidung nicht entgegen. In jenen Verfahren bestand jeweils keine Veranlassung, die Satzung unter den aktuell aufgeworfenen Fragestellungen zu untersuchen. Gegenstand der rechtlichen Überprüfung war im Wesentlichen lediglich die in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 3 KBS enthaltene Tiefenbegrenzungsregelung (vgl. z.B. Beschlüsse vom 20. November 2003 - 1 M 180/03 -, 29.Oktober 2003 - 1 M 62/03 - und vom 08. September 2004 - 1 L 254/04 -). Die im Mittelpunkt dieses Verfahrens stehende Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS war demgegenüber bislang nicht Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung durch den Senat.

6

Die Maßstabsregelung in § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist nicht vorteilsgerecht im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V, verstößt gegen das Äquivalenz- und Gleichheitsprinzip, und ist folglich nicht mit höherrangigem Recht vereinbar und unwirksam.

7

Das Maßstabssystem der Kanalbaubeitragssatzung insgesamt, in das die Maßstabsregelung eingebettet ist, stellt sich wie folgt dar:

8

§ 4 Abschn. I Abs. 1 KBS bestimmt, dass der Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigung nach einem nutzungsbezogenen Flächenmaßstab (Vollgeschossmaßstab) berechnet wird. Dabei wird die nach Absatz 3 ermittelte Grundstücksfläche mit dem nach Absatz 2 zu ermittelnden Vollgeschossfaktor vervielfacht. § 4 Abschn. I Abs. 2 KBS regelt hieran anknüpfend, dass der Faktor für das erste Vollgeschoss 0,25 beträgt (Satz 1), für jedes weitere Vollgeschoss wird ein Faktor von 0,15 hinzugerechnet (Satz 2). Als Vollgeschosse gelten alle Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind (Satz 3). Ist die Geschosszahl wegen der Besonderheit des Bauwerks nicht feststellbar, werden jeweils 3,50 m Höhe des Bauwerks als ein Vollgeschoss gerechnet (Satz 4).

9

§ 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS legt - vorliegend interessierend - fest, dass als Grundstücksfläche nach Abs. 1 bei Grundstücken, die insgesamt im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes (Bebauungsplan, Vorhaben- und Erschließungsplan, vorhabenbezogener Bebauungsplan) liegen, die Gesamtfläche des Grundstücks gilt. Grundstück im Sinne der Satzung ist nach § 3 Abs. 3 KBS grundsätzlich das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne.

10

§ 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS sieht schließlich vor, dass als Zahl der Vollgeschosse nach Absatz2 bei Grundstücken, für die im verbindlichen Bauleitplan statt der Zahl der Vollgeschosse die Höhe der baulichen Anlagen festgesetzt ist, die durch 3,5 geteilte höchstzulässige Gebäudehöhe auf ganze Zahlen abgerundet gelte.

11

Die Anwendung des danach in der Kanalbaubeitragssatzung geregelten kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes in seiner konkreten Ausformung in § 4 Abschn.I Abs. 4 Nr. 2 KBS führt bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 zu einer nicht mehr vorteilgerechten Beitragserhebung, die gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz verstößt:

12

Die genannten Flurstücke wie auch die übrigen von den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden betroffenen Flurstücke/Grundstücke liegen insgesamt im Bereich des Bebauungsplanes Nr. 30a und damit im Geltungsbereich eines verbindlichen Bauleitplanes der Hansestadt Stralsund im Sinne von § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 1 KBS; als beitragsfähige Grundstücksfläche gilt folglich jeweils die Gesamtfläche des Grundstücks im bürgerlich-rechtlichen Sinne (§ 3 Abs. 3 KBS).

13

Der Bebauungsplan Nr. 30a enthält keine Festsetzung der höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse, so dass die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 1 KBS nicht einschlägig ist. Der Bebauungsplan setzt vielmehr statt der Zahl der Vollgeschosse für bestimmte Teilflächen die Höhe der baulichen Anlagen fest, wobei die höchstzulässige Gebäudehöhe 75 m beträgt. Diesen Fall erfasst die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS. Sie ordnet insoweit an, dass diese höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m zur Ermittlung einer fiktiven Vollgeschosszahl durch 3,5 zu teilen und das Ergebnis der Division auf ganze Zahlen abzurunden ist; der Divisor von 3,5, der für eine angenommene Vollgeschosshöhe von 3,5 m steht, begegnet dabei keinen rechtlichen Bedenken (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; vgl. auch § 21 Abs. 4 BauNVO). Daraus ergibt sich bezogen auf die Grundstücke in Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 eine Zahl von 21 Vollgeschossen (75 : 3,5 = 21,43, abgerundet 21), die jeweils für die gesamte Grundstücksfläche gilt. Auf dieser Basis hat der Beklagte für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 7/1 den Beitrag in Höhe von 1.070.880,36 Euro, für das Grundstück in der Gestalt des Flurstücks 14/0 den Beitrag in Höhe von 1.193.290,05 Euro und für das Grundstück in Gestalt des Flurstücks 1/49 den Beitrag in Höhe von 4.467.217,76 Euro errechnet.

14

Nach Maßgabe der vom Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten farbigen Kartendarstellung (Beiakte M) der anteilig betroffenen Flächen werden jedoch

15

lediglich 25.887 m² des insgesamt 218.526 m² großen Flurstücks 1/49 (entspricht 11,85 %),

16

lediglich 4.952m² des insgesamt 52.385 m² großen Flurstücks 7/1 (entspricht 9,45 %) und

17

lediglich 6.119 m² des insgesamt 58.373 m² großen Flurstücks 14/0 (entspricht 10,48 %)

18

durch die Festsetzung einer Firsthöhe von 75 m und des entsprechenden Vorteils der baulichen Ausnutzbarkeit erfasst.

19

Die Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist damit in diesen Anwendungsfällen bzw. mit Blick auf die besondere Situation der Grundstücke der Klägerin dadurch, dass sie den auf lediglich untergeordnete Teilflächen der Grundstücke beschränkten Vorteil einer baulichen Ausnutzbarkeit in Gestalt der maximalen Firsthöhe von 75 m als anschlussbeitragsrechtlichen Vorteil für die um ein Vielfaches größere Gesamtfläche der Grundstücke definiert, in einem Maße nicht mehr vorteilsgerecht, das nicht mehr aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität unter den Gesichtspunkten erforderlicher Pauschalierung und Typisierung gerechtfertigt werden kann. Eine Lösung im Erlassverfahren nach den §§ 163, 227 AO kommt nicht in Betracht.

20

Bei der rechtlichen Beurteilung des Maßstabssystems der Kanalbaubeitragssatzung ist allerdings zunächst davon auszugehen, dass ein abgestufter Vollgeschossmaßstab, wie er in § 4 Abschn. I Abs.1,2 geregelt ist, als solcher keinen rechtlichen Bedenken begegnet; insoweit kann auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, das insbesondere Rechtsprechung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in Bezug nimmt, verwiesen werden. Nichts anderes gilt grundsätzlich für einen kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab, wie er auch vorliegend vom Ortsgesetzgeber gebildet worden ist (vgl. für das Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urt. v. 26.01.1979 - IV C 61.75 u.a. -, BVerwGE 57, 240 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420; vgl. für das Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, SächsVBl. 2000, 65, 68 m.w.N.).

21

Ebenso steht § 3 Abs. 3 KBS in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern dazu, dass im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit grundsätzlich vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff auszugehen ist (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 20.11.2003 - 1 M 180/03 -, DÖV 2004, 259, 260; Beschl. v. 12.05.2006 - 1 M 53/06 -; vgl. auch OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 - 9 L 7/89 - NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Unter "Grundstück" ist danach derjenige katastermäßig abgegrenzte Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der im Grundbuch unter einer besonderen Nummer eingetragen ist. Ein einheitliches Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn ist somit nicht das einzelne Flurstück, sondern das oder die Flurstücke, die unter einer Bestandsnummer im Bestandsverzeichnis eines Grundstücks aufgeführt wird bzw. werden (vgl. Aussprung, in: Aussprung Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 7 Anm. 13.1). Diese vom Bundesverwaltungsgericht im Erschließungsbeitragsrecht vertretene Rechtsansicht (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 20.6.1973 - IV C 62.71 -, BVerwGE 42, 269 - zitiert nach juris; Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9.86 -, NVwZ 1987, 420) gilt auch für das Recht der leitungsgebundenen Anlagen (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 26.04.1989 - 9 L 7/89 -, NVwZ 1989, 1088 - zitiert nach juris). Abweichungen vom Begriff des Buchgrundstücks, die wie der Begriff der wirtschaftlichen Einheit auf die tatsächliche Nutzung abstellen, sind kaum eindeutig abgrenzbar und unterliegen laufenden Veränderungen, die Feststellungen für die Vergangenheit erschweren. Die Grundbucheintragung ist demgegenüber eindeutig feststellbar und dies auch für die Vergangenheit (vgl. zum Ganzen OVG Lüneburg, a.a.O.). Ob danach der Beklagte bei den streitgegenständlichen Beitragsbescheiden ggfs. vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff zu Gunsten der Klägerin abgewichen sein könnte, mag dahinstehen, da die Klägerin dadurch jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzt worden wäre.

22

Der Formulierung in § 3 Abs. 3 KBS, Grundstück im Sinne der Satzung sei "grundsätzlich" das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, kommt - das hat das Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigt - keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Jedenfalls lässt sich diesem Begriff nicht entnehmen, er erlaube im Einzelfall ein Abweichen vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff. Denn der Begriff "grundsätzlich" ist für sich betrachtet gänzlich konturenlos und zu unbestimmt, um eine Abgabenerhebung determinieren zu können; lediglich insoweit, als die Satzung selbst mögliche Ausnahmefälle hinreichend konkret definiert, kommt eine Abweichung in Betracht. Für ein Abrücken vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff besteht auch angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles aber kein Bedürfnis.

23

Nimmt man die einschlägige Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS in den Blick, hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, NVwZ 1987, 420, 422) zwar ausgeführt, für die Ermittlung des Nutzungsfaktors, mit dem bei Anwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabs zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der baulichen Nutzung der erschlossenen Grundstücke deren Flächen zu multiplizieren sind, dürfe in einer Erschließungsbeitragssatzung bestimmt werden, dass auf die im Bebauungsplan für ein Grundstück jeweils festgesetzte höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen sei.

24

Hieraus folgt jedoch nicht, dass ein derartiger kombinierter Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstab in jeder denkbaren Ausprägung und in allen Situationen mit höherrangigem Recht im Einklang stehen würde. Das Bundesverwaltungsgericht geht in der genannten Entscheidung davon aus, dass das Bundesrecht dem Ortsgesetzgeber insoweit ein weites Bewertungsermessen einräume, macht aber zugleich deutlich, dass die Ausübung dieses Ermessens sich in sachlich vertretbarer Weise am Umfang der Vorteile zu orientieren habe, die einem Grundstück (bzw. dessen Eigentümer) durch die Inanspruchnahmemöglichkeit beitragsfähiger Erschließungsanlagen vermittelt werden. Wenn ein Ortsgesetzgeber anordne, bei unterschiedlichen Vollgeschosszahlen sei für die Bestimmung des Nutzungsfaktors auf die jeweils höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse abzustellen, bewerte er den für das entsprechende Grundstück vermittelten Vorteil beitragsrechtlich in einer Weise, die von dem ihm eingeräumten Ermessen gedeckt sei. Denn mit steigenden Geschosszahlen wüchsen nach der Tabelle des § 17 Abs. 1 BauNVO (a.F.) die Geschossflächenzahlen, die einen Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit zuließen. Die jeweils höchstzulässige Geschosszahl habe deshalb vom Ansatz her einen besonderen Aussagewert für die bauliche Ausnutzbarkeit eines erschlossenen Grundstücks, von der ihrerseits das Ausmaß der diesem Grundstück vermittelten Erschließungsvorteile abhänge. Hiervon ausgehend hat das Bundesverwaltungsgericht in dem von ihm entschiedenen Fall das Abstellen des Ortsgesetzgebers auf die jeweils höchstzulässige Vollgeschosszahl als sachgerecht beurteilt.

25

Dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich folglich lediglich entnehmen, dass grundsätzlich ein derartiger Beitragsmaßstab vorteilsgerecht sein kann. Gleichzeitig macht sie jedoch deutlich, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse zwar im Grundsatz zulässig ist, aber im konkreten Geltungsbereich einer Satzung dennoch sachlich vertretbar sein muss. Für die vorliegend aufgeworfene Frage, ob der Ortsgesetzgeber in Abweichung von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Anknüpfung an die höchstzulässige Gebäudehöhe bzw. fiktive Zahl der Vollgeschosse mit Blick auf die von seiner Kanalbaubeitragssatzung erfassten Fälle für atypische Situationen ausnahmsweise gehalten war, eine Modifizierung dieses Maßstabs vorzunehmen, gibt die Entscheidung gerade nichts her.

26

Diese zentrale Frage ist vielmehr ausgehend vom beitragsrechtlichen Vorteilsprinzip (dazu unter 1.) auch unter Berücksichtung der grundsätzlich für den Ortsgesetzgeber eröffneten Möglichkeit zur Pauschalierung und Typisierung (dazu unter 2.) dahingehend zu beantworten, dass die Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS hinsichtlich der von ihr erfassten Fälle eine Modifizierung dieses Maßstabs erfordert hätte. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der besonderen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht zu ziehenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des §227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht (dazu unter 3.).

27

1. Die Beitragserhebung auf der Grundlage des Beitragsmaßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS ist im Fall der konkreten Beitragserhebung für die drei Grundstücke in der Gestalt der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 nicht vorteilsgerecht.

28

a) Der beitragsrelevante Vorteil, auf den der Maßstab der Beitragserhebung ausschließlich bezogen sein darf, besteht in der Erhöhung des Gebrauchswertes eines Grundstücks, so dass bei der Maßstabsfindung für Anschlussbeiträge von diesem Ansatz her auf den Umfang der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung abgestellt werden muss. Hierfür bietet die bauliche Ausnutzbarkeit eines Grundstückes einen hinreichenden und anerkannten Aussagewert. Denn unter dem zulässigen Nutzungsmaß ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dasjenige zu verstehen, was unter Berücksichtigung etwaiger öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen verwirklicht werden darf (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.02.1989 - BVerwG 8 C 66.87 -, BVerwGE 81, 251). Zwar ist diese Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht ergangen. Gleichwohl kann sie auf das Kanalanschlussbeitragsrecht angewandt werden. In beiden Fällen ist der Anknüpfungspunkt der baurechtliche Zulässigkeitsbegriff, so dass eine unterschiedliche Handhabung des "zulässigen Nutzungsmaßes" nicht gerechtfertigt ist (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

29

Auch wenn naturgemäß ein Wirklichkeitsmaßstab den gerechtesten Maßstab zur Abbildung des beitragsrechtlichen Vorteils darstellen würde, darf dabei der Maßstab für die Verteilung der Anschlussbeiträge ein sogenannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab sein. Eine Bemessung nach einem Wirklichkeitsmaßstab ließe sich, sofern das überhaupt möglich wäre, allenfalls mit einem unzumutbaren und damit unvertretbaren Verwaltungsaufwand erreichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.02.1987 - 8 B 106/86 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 28 - zitiert nach juris).

30

Jedoch müssen auch Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe der typischen Nutzungsmöglichkeit bzw. dem Vorteil Rechnung tragen und einen hinreichend sicheren Schluss darauf zulassen, dass im allgemeinen die wirtschaftlichen Vorteile, die die Möglichkeit des Anschlusses eines Grundstücks an eine kommunale Einrichtung bietet, den Kriterien des Maßstabs entsprechen. Mit anderen Worten: Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab muss in einer hinreichend nahen Beziehung zur Wirklichkeit der durch die abzurechnenden Anlagen vermittelten Vorteile stehen; der durch den Maßstab abgebildete Vorteil muss "wahrscheinlich" der Wirklichkeit entsprechen. Dabei genügt es, wenn sich der Ortsgesetzgeber für einen sachbezogenen Wahrscheinlichkeitsmaßstab entscheidet, der geeignet ist, auf praktikable Weise und ohne unvertretbaren Verwaltungsaufwand den angestrebten Vorteilsausgleich gerecht herbeizuführen. Nach allgemeiner Ansicht ist es dem Satzungsgeber gestattet, an typische Regelfälle eines Sachbereichs anzuknüpfen und die Besonderheiten des Einzelfalles außer Betracht zu lassen. Eine derartige pauschalierende Regelung, die sich aus dem Gesichtspunkt der Praktikabilität rechtfertigt, verletzt als solche auch nicht den Gleichheitssatz. Fehlt es etwa an der ausschließlichen Vorteilsbezogenheit des Maßstabs, so führt dies zwangsläufig auch zu einer Verletzung des Gleichheitssatzes und des Äquivalenzprinzips. Nach dem Gleichheitssatz muss für die Bemessung des Beitrags ein Maßstab gewählt werden, der bei etwa gleicher Inanspruchnahme etwa gleich hohe Beiträge und bei unterschiedlicher Inanspruchnahme diesen Unterschieden in etwa angemessene Beiträge zur Folge hat. Das Äquivalenzprinzip sagt, dass ein Beitragsmaßstab gefunden werden muss, durch den zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung ein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Der Beitrag darf in keinem Missverhältnis zur Leistung der öffentlichen Hand stehen. Der Gleichheitssatz betrifft somit das Verhältnis der Beitragsschuldner untereinander, das Äquivalenzprinzip das Verhältnis zwischen dem einzelnen Beitragsschuldner und der Gemeinde. Beide Grundsätze sind eng miteinander verknüpft, weil nur ein leistungsgerechter Beitrag auch zu einer gleichmäßigen Belastung der Beitragsschuldner führt. Leistungsbezogen kann ein Beitrag aber nur dann sein, wenn er sich nach den durch die Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Entwässerungseinrichtung gebotenen Vorteilen bemisst (vgl. zum Ganzen VGH Mannheim, Urt. v. 30.06.1980 - II 812/79 -, KStZ 1981, 231, zitiert nach juris).

31

b) Es ist offensichtlich, dass die betroffenen Grundstücke nicht in ihrer ganzen Fläche mit einer Gebäudehöhe von 75 m durch eine entsprechende Bebauung ausgenutzt werden können. Ebenso offensichtlich ist damit unmittelbar die Frage des beitragsrechtlichen Vorteils angesprochen. Nun ist es aber im Ansatz nichts Außergewöhnliches, dass ein Grundstück nicht mit seiner gesamten Fläche einer - maximalen - baulichen Nutzung zugeführt werden kann; dies ist sogar eher die Regel und ändert nichts daran, dass ein Abstellen auf die in Teilbereichen mögliche höchstzulässige Nutzung als Grundlage der Beitragsbemessung regelmäßig im Sinne der erwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorteilsgerecht und hinreichend wirklichkeitsnah sein kann. Es ist deshalb zugespitzt auf den Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zu klären, in welchen Fällen einer beschränkten baulichen Ausnutzbarkeit eine Grenze überschritten wird, ab der die Beitragserhebung nicht mehr als vorteilsgerecht gelten kann bzw. der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab sich so weit von der Wirklichkeit entfernt hätte, dass er nicht mehr den hinreichend sicheren Schluss auf einen entsprechend angemessenen von der beitragspflichtigen Anlage vermittelten Vorteil zuließe.

32

c) aa) Nicht mehr vorteilsgerecht ist es in der Tendenz zunächst, wenn eine untergeordnete Teilfläche, für die jedoch bauplanungsrechtlich die höchstzulässige Nutzung - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - festgelegt ist, die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll. Je untergeordneter (= kleiner im Verhältnis zur übrigen nutzbaren Fläche) die betreffende Teilfläche ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je weiter diese Teilfläche gegen Null geht. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich entsprechend immer mehr von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher. In Prozentzahlen quantifizierbar ist der Begriff "untergeordnet" im vorliegenden Kontext nur schwer, schon gar nicht im Sinne einer absoluten Grenze, da - wie die folgenden Erwägungen zeigen - weitere prägende Aspekte eine Rolle spielen (können), die eine solche Grenze in die eine oder andere Richtung verschieben würden. Dem Senat drängt sich jedoch die Annahme auf, dass jedenfalls in dem vorliegenden untypischen Fall einer ca. 300.000 m² großen Gesamtfläche auf der Grundlage der vom Beklagten ermittelten Flächenanteile für die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m im Bereich zwischen 9,45 % und 11,85% im vorstehenden Sinne von "untergeordneten" Teilflächen gesprochen werden kann.

33

bb) Ebenfalls ist es in der Tendenz nicht mehr vorteilsgerecht bzw. wirklichkeitsfern, wenn die Differenz der auf Teilflächen eines Grundstücks verschieden bauplanungsrechtlich festgelegten höchstzulässigen Nutzungen - vorliegend in Gestalt der Gebäudehöhe - sehr groß ist und dennoch ausschließlich das höchste Maß die beitragsrechtlich beachtliche Ausnutzbarkeit der Gesamtfläche bestimmen soll.

34

Je größer diese Differenz ist, umso weniger ist zur Ermittlung des Vorteils der - im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich mögliche - Rückschluss auf das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks im Ganzen ausschließlich anknüpfend an die - fiktive - höchstzulässige Vollgeschosszahl gerechtfertigt. Dies ist im Sinne einer Grenzwertbetrachtung umso offensichtlicher, je größer die Differenz ist. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab entfernt sich auch insoweit entsprechend immer weiter von der Wirklichkeit bzw. wird unwahrscheinlicher.

35

cc) Diese tendenzielle Entfernung vom wirklichen durch die beitragspflichtige Anlage vermittelten Vorteil potenziert sich, wenn beide vorstehend erörterten Kriterien einer Vorteilsbewertung nach Maßgabe der Maßstabsregelung kombiniert auftreten: Je größer der Unterschied zwischen der auf einer bloß untergeordneten Teilfläche höchstzulässigen und der auf der im Übrigen weit überwiegenden Fläche eines Grundstücks zulässigen - niedrigeren - Gebäudehöhe ist, umso mehr liegt es auf der Hand, dass eine derartige Kombination von sehr kleiner Teilfläche und sehr großer Differenz verschiedener baulicher Ausnutzbarkeit - hier: Gebäudehöhe - im Ergebnis zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung führt. Das Ergebnis der Anwendung der Maßstabsregelung stünde nicht mehr in einer hinreichend engen Beziehung zur Wirklichkeit.

36

Mit Blick auf die Anwendung des Maßstabes des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die angesprochenen Grundstücke der Klägerin, ist - wie gesagt - bereits die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die Teilflächen der Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0, für die die höchstzulässige Firsthöhe von 75m festgesetzt ist, jeweils flächenbezogen untergeordnet sind. Hinzu kommt die erhebliche Differenz zwischen den unterschiedlich festgesetzten zulässigen Firsthöhen auf den verschiedenen Teilflächen der Flurstücke: Die Differenz beträgt entweder rund 114 % (35 m zu 75m) für kleinere oder gar 189 % (26 m zu 75 m) für die größeren Restflächen. Die höchst zulässige Firsthöhe ist teilweise mehr als doppelt so hoch, überwiegend fast dreimal so hoch wie in den übrigen Bereichen.

37

Jedenfalls die Kombination beider Gesichtspunkte führt hier im vorstehenden Sinne zu einer nicht mehr vorteilsgerechten Beitragsbemessung. Diese steht nicht mehr in Einklang mit dem Äquivalenzprinzip: Die Anwendung des Beitragsmaßstabes führt dazu, dass zwischen Leistung (hier die Schaffung der Anschlussmöglichkeit) und Gegenleistung kein angemessenes Verhältnis hergestellt wird. Daraus resultiert zugleich eine mit dem Gleichheitssatz nicht zu vereinbarende ungleichmäßige Belastung der Beitragsschuldner im Allgemeinen und der Klägerin im Besonderen.

38

dd) Die weitere Überlegung, dass die Anknüpfung an die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse prinzipiell umso eher sachgerecht erscheint, je kleiner die betroffenen Grundstücke bzw. "normale" Baugrundstücke betroffen sind, führt erst recht zu dem vorstehend gefundenen Ergebnis: Für eine vergleichsweise kleine Grundstücksfläche spiegeln sich Konstellationen der vorstehend erörterten Art in der absoluten Beitragshöhe naturgemäß tendenziell weniger wider, als es bei atypisch großen Grundstücken wie im Fall der Klägerin anzutreffen ist. Es ist jedoch nicht mehr hinnehmbar, wenn sich ein derartig wirklichkeitsferner Maßstab in der absoluten Beitragshöhe in der Dimension von Millionenbeträgen auswirkt. Hier liegt auch ein wesentlicher Unterschied zu dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1986 - 8 C 9/86 - (a.a.O.) zugrunde liegenden Sachverhalt. Dort betrug die gesamte Grundstücksfläche lediglich 3203 m²; die nur auf einer Teilfläche höchstzulässige Geschosszahl konnte sich schon von daher in der absoluten Beitragshöhe nicht in einem Maße auswirken, das mit dem vorliegenden vergleichbar wäre.

39

ee) Auch eine Einbeziehung der Regelung des § 17 BauNVO in die Prüfung der Vorteilsgerechtigkeit bestätigt das gefundene Ergebnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1986 - 8 C 9/86 -, a.a.O., zu § 17 BauNVO a.F.). Das Bundesverwaltungsgericht stellt unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsgerechtigkeit maßgeblich darauf ab, dass mit steigenden Geschosszahlen die Geschossflächenzahlen steigen würden. § 17 Abs. 1 BauNVO regelt Obergrenzen für die Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung, die - abgesehen von den in Abs. 2 und 3 geregelten Fällen - nicht überschritten werden dürfen. Die Norm sieht u.a. für Industriegebiete eine Obergrenze von 2,4 für die Geschossflächenzahl (GFZ) vor; ein derartiges Industriegebiet setzt der Bebauungsplan Nr. 30a fest.

40

Nach Maßgabe der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 07. Juni 2005 angestellten Berechnung führt die der Beitragsberechnung zugrunde liegende Anwendung der streitigen Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS für die Flurstücke/Grundstücke 14/0, 7/1 und 1/49 jeweils zu einer - fiktiven - GFZ von 16,8 und für die Flurstücke/Grundstücke 4/1, 15/0, 16/0, 17/0 und 8/3 zu einer GFZ von 5,6. Aus der Anwendung der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Flurstücke 14/0, 7/1 und 1/49 folgt demnach eine GFZ, die das Siebenfache der nach der BauNVO zulässigen Obergrenze, von der nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 17 Abs. 2, 3 BauNVO abgewichen werden kann, beträgt. Selbst wenn man die Obergrenzen nach der BauNVO - worauf schon die möglichen Ausnahmen hindeuten - nicht für die Bildung des anschlussbeitragsrechtlichen Beitragsmaßstabes und die Ergebnisse seiner Anwendung als "zentimetergenau" bindend betrachten kann, können sie doch jedenfalls als grobe Orientierungshilfe im Rahmen einer Überprüfung der vorteilsgerechten Beitragsbemessung Berücksichtigung finden, da sie das Maß der baulichen Ausnutzbarkeit nicht unwesentlich begrenzen. Hiervon ausgehend drängt sich die Schlussfolgerung geradezu auf, dass eine - fiktive - Überschreitung der Obergrenze nach der BauNVO um 600 % schlicht "den Rahmen sprengt" und auch insoweit der Wahrscheinlichkeitsmaßstab der Satzung eine hinreichende Anbindung an die Realität der baulichen Ausnutzbarkeit bzw. des vermittelten Vorteils verloren hat.

41

ff) Schließlich vermitteln sowohl die vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichte Begründung des Bebauungsplanes Nr. 30a wie auch die in dem Plan selbst enthaltenen Festsetzungen dem Senat den Eindruck, dass dieser in einer Weise individuell auf die Bedürfnisse der Klägerin und ihres Werftbetriebs zugeschnitten ist, die es ausschließt, dass der Ortsgesetzgeber bei der Beschlussfassung über den Plan von der Vorstellung ausgegangen sein könnte, zukünftig könnte die Klägerin - unter dem Blickwinkel eines durch den Bebauungsplan vermittelten Dauervorteils - selbst oder an ihrer Stelle ein Dritter mit Blick auf die höchstzulässige Gebäudehöhe von 75 m tatsächlich ein Gebäude mit 21 echten, nicht lediglich fiktiven Vollgeschossen errichten und einen entsprechenden Vorteil baulicher Ausnutzung verwirklichen. Insbesondere die Ausführungen unter 7.1 der Begründung zeigen vielmehr, dass dem Ortsgesetzgeber erkennbar Werfthallen vor Augen standen, für die offensichtlich nicht ohne weiteres von einer Steigerung des abwasserbeitragsrechtlichen Vorteils mit zunehmender Höhe der jeweiligen Halle ausgegangen werden kann, weil sie im Wesentlichen lediglich Luft umbauen. Noch plakativer wird dieser Sachverhalt im Teil B Textliche Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 30a unter Ziff. 7 verdeutlicht: Danach gilt für Fassaden oberhalb von 35 m über Oberkante Kaimauer, dass Fenster und andere lichtdurchlässige Fassadenöffnungen unzulässig sind, wobei hiervon abweichend maximal vier Treppentürme mit Lichtbändern zulässig sind (Abs. 1). In den GI-Gebieten mit einer festgesetzten Firsthöhe von 75 m sind Werbeanlagen nur dergestalt zulässig, dass an jeder Längsseite der Gebäude ein Schriftzug "V...werft ..." nach näherer Spezifizierung angebracht werden darf (Abs. 2). Dies alles verbietet - entgegen den Ausführungen des Beklagten - die Annahme, der Ortsgesetzgeber habe mit der Festsetzung der maximalen Firsthöhe von 75 m dem betroffenen Grundstückseigentümer einen Vorteil der baulichen Ausnutzbarkeit dergestalt vermitteln wollen, dass dort echte 21 Vollgeschosse im Sinne der Maßstabsregelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS zulässig errichtet werden könnten. Verhält es sich aber so, dann "passt" die Maßstabsregelung auch insoweit nicht bzw. ist sie auch insoweit nicht vorteilsgerecht. Der Ortsgesetzgeber hätte insoweit die an die Situation und Bedürfnisse der Klägerin angepasste Bauleitplanung durch einen entsprechenden Maßstab auch anschlussbeitragsrechtlich vorteilsgerecht "fortschreiben" müssen.

42

d) Wenn demgegenüber das Verwaltungsgericht zur Frage der Vorteilsgerechtigkeit meint, es liege weniger ein Problem der Norm als vielmehr ein Problem des Grundstückszuschnitts vor, die Klägerin hätte mehrere Jahre Zeit gehabt, die Grundstückszuschnitte den Festsetzungen des Bebauungsplanes anzupassen, ohne dass darin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 12 Abs. 1 KAG M-V i.V.m. § 42 Abs. 1 AO zu erblicken gewesen wäre, kann dem schon im Ansatz nicht gefolgt werden.

43

Die Klägerin hat einen gesetzlichen (§ 7 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V) und durch das Willkürverbot verfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch darauf, dass die ihr gegenüber erfolgende Beitragserhebung vorteilsgerecht ist. Stellt sich die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin nicht als vorteilsgerecht dar - immerhin sieht auch das Verwaltungsgericht hier ein "Problem", auch wenn es "weniger" ein Problem der Norm sein soll -, ist es nicht ihre Aufgabe als Beitragspflichtige, durch einen entsprechenden Zuschnitt ihrer Grundstücke dafür zu sorgen, dass der Beklagte entsprechend seiner diesbezüglichen gesetzlichen Bindung vorteilsgerecht Beiträge erheben kann. Im Gegenteil muss der vom Beklagten zugrunde gelegte Beitragsmaßstab eine möglichst wirklichkeitsnahe und vorteilsgerechte Abgabenbelastung der Klägerin gewährleisten. Insoweit bestehen ausschließlich Rechtspflichten der Abgaben erhebenden Körperschaft. Eine - vom Verwaltungsgericht wohl im Sinne einer Obliegenheit formulierte - Verpflichtung der Klägerin, den Grundstückszuschnitt zu verändern, existiert nicht.

44

Zu bedenken ist ferner, dass - was das Verwaltungsgericht gesehen hat - die der Klägerin angesonnene Umgestaltung die Vorschrift des § 42 Abs. 1 AO i.V.m. § 12 AO auf den Plan ruft. Die "Umgestaltung" könnte durchaus als "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts" bewertet werden (vgl. die entsprechenden Überlegen im Bereich des Beklagten im Vorfeld der Satzung, BA B1). Selbst wenn man eine "Umgestaltung" nicht von vornherein als missbräuchlich bewerten wollte, wäre die Klägerin doch insoweit einem unkalkulierbaren Risiko unterlegen, ob diese Umgestaltung letztlich rechtlich in dem vom Verwaltungsgericht angenommenen Sinne zulässig sein würde. Schon unter diesem Blickwinkel konnte von der Klägerin eine derartige Umgestaltung nicht erwartet werden.

45

Mit Blick auf die Geltung des bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriffs dürfte sich zudem ein veränderter Zuschnitt der Flurstücke beitragsrechtlich nicht auswirken können, wenn - was nahe liegt - die neugebildeten Flurstücke weiter unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuches stünden. Schließlich hätte eine Umgestaltung - mit ungewissem Erfolg - für die Klägerin nicht unerhebliche Kosten verursacht (Neuvermessung, Grundbuchanpassung, etc.).

46

2. Auch der Gesichtspunkt, dass der Ortsgesetzgeber im Abgabenrecht grundsätzlich pauschalieren und typisieren darf, rechtfertigt nicht die Annahme, es handele sich bei den nicht vorteilsgerechten Auswirkungen der Regelung des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS auf die Grundstücke der Klägerin um einen hinzunehmenden Sonderfall, der die Wirksamkeit des Beitragsmaßstabes nicht berührte.

47

a) Als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - 8 N 3.93 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 75 - zitiert nach juris). Dabei ist für das Abgabenrecht anerkannt, dass Typisierungen und Pauschalierungen - insbesondere bei der Regelung von Massenerscheinungen - durch Erwägungen der Verwaltungsvereinfachung und Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt sein können (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - a.a.O.; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 29.09.2004 - 10 C 3/04 -, NVwZ 2005, 332 - zitiert nach juris).

48

Dem (Orts-)Gesetzgeber ist es bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen gestattet, in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - 8 C 48.81 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45 und v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - jeweils zitiert nach juris). Im Abgabenrecht gilt insoweit der Grundsatz der Praktikabilität im Sinne einer unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu verstehenden Unzumutbarkeit für den Satzungsgeber. Nach dem Grundsatz der Praktikabilität darf der Satzungsgeber im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigen, dass seine Satzungsregelungen den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen müssen, damit die Abgabengerechtigkeit und die Genauigkeit der Abgabenbemessung einerseits sowie der Verwaltungsaufwand, der zur Verwirklichung dieses Zieles erforderlich ist, andererseits in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Rechtfertigung hierfür wird hergeleitet aus der Notwendigkeit, Massenvorgänge des Wirtschaftslebens angemessen verwaltungsmäßig zu bewältigen und zum anderen aus besonderen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, vor allem technischer oder wirtschaftlicher Art, in manchen Bereichen die Abgabe nach einem individuellen, allen Gegebenheiten der Einzelsachverhalte Rechnung tragenden Wirklichkeitsmaßstab zu bemessen. Zu diesen Massenvorgängen zählen auch die Beitragsermittlung und Beitragserhebung für Anschlüsse an die öffentliche Abwasseranlage, weil sie sämtliche Grundstücke innerhalb eines Gemeindegebietes betrifft (vgl. zum Ganzen OVG Schleswig, Urt. v. 21.12.1993 - 2 L 135/92 -, KStZ 1994, 236 - zitiert nach juris).

49

Eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte ist vor diesem Hintergrund nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unerheblich, wenn bei ihrer Bewertung eine der beiden davon betroffenen Fallgruppen deshalb vernachlässigt werden dürfte, weil sie bei der unvermeidbar typisierenden Betrachtung nicht ins Gewicht fällt (sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit). Dieser Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem (Orts-)Gesetzgeber, bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und dabei die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.08.1982 - 8 C 54.81 -, Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 20 - zitiert nach juris; vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1BvL 8/69 -, BVerfGE 31, 119 - zitiert nach juris). Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, als nicht mehr als 10 v.H. der von der Regelung betroffenen Fälle dem "Typ" widersprechen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - 8 C 112/84 -, NVwZ 1987, 231 - zitiert nach juris).

50

Ein Maßstab ist aber dann rechtswidrig, wenn die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.05.1971 - 1 BvL 7/69 u. 1 BvL 8/69 -, a.a.O.; vgl. auch Aussprung, in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG M-V, Stand: Mai 2007, § 2 Anm. 3.3.3).

51

b) Zur Frage der Verwaltungspraktikabilität ist zunächst anzumerken, dass ein Maßstab, der den Aspekt der "untergeordneten" höchstzulässigen Nutzung eines Grundstücks aufgreift und berücksichtigt, nicht wegen des damit einhergehenden zusätzlichen Prüfungsbedarfs unpraktikabel sein dürfte. Die Kanalbaubeitragssatzung selbst verwendet den Begriff "untergeordnet" auch in § 4 Abschn. I Abs. 3 Nr. 5 und Abs. 4 Nr. 8 KBS und verlangt folglich auch dort entsprechende Prüfungen.

52

Zu der im Hinblick auf den Gesichtspunkt der Typengerechtigkeit zunächst maßgeblichen Frage, wieviele Grundstücke im Satzungsgebiet die Situation aufweisen, dass verschiedene zulässige Vollgeschosszahlen oder Gebäudehöhen festgesetzt worden sind, wobei die höchstzulässige Vollgeschosszahl oder Gebäudehöhe eine untergeordnete Teilfläche betrifft und der Unterschied der entsprechenden baulichen Ausnutzbarkeit sich in etwa so darstellt, wie im vorliegenden Fall, liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. Hierauf kommt es letztendlich jedoch auch nicht an.

53

Der Senat ist nämlich im Hinblick auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit - entsprechend dem Vorbringen der Klägerin - der Auffassung, dass die insoweit maßgebliche 10 % - Grenze nach Sinn und Zweck dieses Grundsatzes vorliegend jedenfalls hinsichtlich des durch die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin betroffenen Anteils am Gesamtbeitragsaufkommen für die abgerechnete Anlage nach Maßgabe der entsprechenden Kalkulation überschritten worden ist: Die Beitragskalkulation der Hansestadt Stralsund legt ein Gesamtbeitragsaufkommen im Bereich der Schmutzwasserbeseitigung von 77.631.525,49 DM = 39.692.368,71 Euro zugrunde. Hiervon entfallen nach Maßgabe der angefochtenen Bescheide auf die Klägerin Beiträge in Höhe von insgesamt 6.859.160,71 Euro, was 17,28% und damit deutlich mehr als 10 % des gesamten Beitragsaufkommens entspricht. Selbst wenn man den Blick insoweit auf die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 verengen muss, ist ein Beitragsvolumen von 6.731.388,17 Euro betroffen, was 16,96 % entspricht. Insoweit kann offensichtlich keine Rede davon sein, diesem Sachverhalt komme kein Gewicht bei. Dem Grundsatz der Typengerechtigkeit ist deshalb derart Geltung zu verschaffen, dass eine Maßstabsregelung nicht für etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens keinen vorteilsgerechten Maßstab enthalten darf. Deshalb kann die Maßstabsregelung des § 4 Abschn.I Abs. 4 Nr. 2 KBS auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Typengerechtigkeit keinen Bestand haben.

54

Unabhängig hiervon stehen die Vorteile der typisierenden Betrachtungsweise in Anbetracht der Erwägungen zur fehlenden Vorteilsgerechtigkeit, insbesondere auch der Dimensionen des von der Klägerin für die betreffenden Grundstücke erhobenen Beitrags der absoluten Höhe nach und dessen Anteil am Gesamtbeitragsaufkommen nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung. Dem Gebot der Abgabengleichheit kann zwar - wie ausgeführt - im Prinzip durch Auswahl eines gröberen bzw. ungenaueren Verteilungsmaßstabes wie insbesondere eines kombinierten Grundstücksflächen- und Vollgeschossmaßstabes hinreichend Rechnung getragen werden; dieser muss im Hinblick auf eine unterschiedliche Bebauung in dem abzurechnenden Gebiet jedoch entsprechende Sonderregelungen enthalten, die die dargestellten erheblichen Abweichungen in der baulichen Nutzbarkeit der Grundstücke dennoch zu erfassen und dem Differenzierungsgebot entsprechend zu berücksichtigen vermögen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 21.10.1999 - 2 S 551/99 -, VwRR MO 2000, 91, 95; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris). Dabei sind an die Genauigkeit der Differenzierungsmerkmale grundsätzlich um so höhere Anforderungen zu stellen, je unterschiedlicher das durch die Anlage erschlossene Gebiet bebaubar bzw. nutzbar ist (vgl. VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris). Ungenauigkeiten, die bei der Ausgestaltung des Beitragsmaßstabes unter Praktikabilitätsgesichtspunkten und unter Berücksichtung des dem Ortsgesetzgeber zukommenden Ermessens im Prinzip unschädlich sind, sind nur soweit hinnehmbar, als sie kein Ausmaß annehmen, das einen hinreichend engen Bezug zwischen typischerweise zu erwartendem Abwasseranfall und als beitragsrelevant angesehener baulicher Ausnutzbarkeit verloren gehen ließe (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 29.11.1996 - 9 L 1151/95 -, juris; VG Gera, Beschl. v. 10.03.2007 - 5 E 1569/96.GE -, juris; vgl. auch die Senatsentscheidung vom 13.12.2005 - 1 M 277/04 -, juris, zum Ausbaubeitragsrecht). Das Ausmaß der aus der Anwendung des in Rede stehenden Beitragsmaßstabes folgenden Ungleichbehandlung bzw. der Unvereinbarkeit mit dem Äquivalenzprinzip im Falle der betreffenden Grundstücke der Klägerin kann insoweit nach Maßgabe der Ausführungen zur Verletzung des Vorteilsprinzips nicht mehr als unschädliche bloße Ungenauigkeit hingenommen werden.

55

Dass die Ungleichbehandlung unvertretbar ist, gilt umso mehr, berücksichtigt man im Vergleich zum Anteil der Klägerin am Gesamtbeitragsaufwand zusätzlich, dass die Flurstücke 1/49, 7/1 und 14/0 lediglich 329.284 m² und damit nur 2,95 % der gesamten beitragsfähige Fläche der Hansestadt Stralsund von - ausweislich der Beitragskalkulation - 11.146.205 m² umfassen. Der Kläranlage hat die Klägerin in den Jahren 2004 bis 2006 lediglich in der Größenordnung von gut 1 % der Gesamtabwassermenge, die über Abwassergebührenbescheide abgerechnet worden sind, eigenes Abwasser zugeführt. Auch wenn grundsätzlich zur Bestimmung des abgabenrechtlich relevanten Vorteils nicht nur auf die aktuelle tatsächliche Ausnutzung eines Grundstücks abgestellt werden kann, ist auch unter Berücksichtigung des durch den Bebauungsplan Nr. 30a vermittelten Dauervorteils - wie ausgeführt - zu beachten, dass die baurechtliche Zulässigkeit einer anderen als der aktuellen Nutzung durch die Klägerin und insbesondere einer abwasserintensiveren doch erheblichen Zweifeln unterliegt.

56

3. Die vom Verwaltungsgericht bevorzugte Berücksichtigung der atypischen Situation der Grundstücke der Klägerin auf der Ebene der Rechtsanwendung in Gestalt eines möglicherweise in Betracht kommenden Teilerlasses der Beitragsforderung nach Maßgabe des § 227 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 KAG M-V kommt nicht in Betracht.

57

Erstens würde eine für die Klägerin positive Erlasslösung dazu führen, dass in Höhe des Erlasses der allgemeine Haushalt der Hansestadt Stralsund belastet und damit Herstellungskosten der Abwasserentsorgung der Allgemeinheit aufgebürdet würden. Dies ist zwar, wie schon der Verweis des § 12 Abs. 1 KAG auf die §§ 163, 227 AO zeigt, an sich grundsätzlich unbedenklich. Da jedoch der im Raum stehende (Teil-)Erlass etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens bzw. ein Beitragsvolumen in Millionenhöhe betrifft, erscheint es systemwidrig, in einem derartigen Umfang dann alle Einwohner der Hansestadt Stralsund, also nicht nur die Beitragspflichtigen, für den erlassenen Teilbetrag aufkommen zu lassen. Ein theoretischer Erlass in diesem Umfang stünde nicht im Einklang mit dem Prinzip, dass der Herstellungsaufwand durch Anschlussbeiträge gedeckt werden soll (§ 9 Abs. 1 Satz 1 KAG M-V).

58

Zweitens setzt eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung eines Beitrages voraus, dass der Ortsgesetzgeber den eigentlichen Abgabentatbestand in der Abgabensatzung umschreibt (§2 Abs. 1 KAG M-V). Das bedeutet, dass der Ortsgesetzgeber gewissermaßen im Sinne einer abgabenrechtlichen "Wesentlichkeitstheorie" alle für die Deckung des Herstellungsaufwandes wesentlichen Regelungen in der Satzung selbst regeln muss. Dies besagt im Prinzip auch der Grundsatz der konkreten Vollständigkeit, demzufolge eine Abgabensatzung für alle Beitragsfälle im Beitragsgebiet einen wirksamen Maßstab vorsehen muss. Der Ortsgesetzgeber kann dann aber nicht ein Beitragsvolumen von etwa 17 % des gesamten Beitragsaufkommens einer durch ihn nicht weiter determinierten Verwaltungsentscheidung im Rahmen einer Billigkeitsentscheidung überantworten, sondern muss diese wesentliche Frage für die Deckung des Herstellungsaufwandes durch Beiträge der Beitragspflichtigen in einer entsprechenden Maßstabsregelung mit den daran anknüpfenden Folgen insbesondere für den Beitragssatz bzw. die Verteilung der Beitragslasten selbst entscheiden. Es geht nicht an, Entscheidungen mit derartig gravierenden Folgen für die Refinanzierung der kommunalen Einrichtung der Verwaltung zu überlassen, ohne sie ortsrechtlich hinreichend zu determinieren. Dies zeigen auch die kommunalverfassungsrechtlichen Bestimmungen zur Haushaltsplanung bzw. Haushaltssatzung (vgl. §§ 46 ff. KV M-V).

59

Abgesehen davon, dass fraglich ist, ob die Voraussetzungen der §§ 163 und 227 AO erfüllt wären - die Materialien zur Entstehungsgeschichte der Satzung zeigen, dass der Satzungsgeber das Ergebnis der Satzungsanwendung für die klägerischen Grundstücke gesehen und gewollt hat -, räumen diese Vorschriften der Verwaltung drittens Ermessen hinsichtlich der Erlassentscheidung ein, was - auch wenn das Ermessen durch die Billigkeitsentscheidung geprägt wird (vgl. Rüsken, in: Klein, AO, 9.Aufl., § 163 Rn. 118, § 227 Rn. 17) - jedenfalls mit Blick auf die in Rede stehenden Beträge dem Grundsatz der gesetzlichen Bindung der Beitragserhebung widerspricht.

60

4. Da der unwirksame Beitragsmaßstab des § 4 Abschn. I Abs. 4 Nr. 2 KBS allen angefochtenen Beitragsbescheiden zugrundeliegt, waren sämtliche Bescheide aufzuheben.

61

Mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen kommt es auf die Fragen der ordnungsgemäßen Beitragskalkulation, einer Zulässigkeit oder Erforderlichkeit einer sog. Kappungsgrenze, der Vergleichbarkeit einer Werfthalle mit einer Kirche und die im Zusammenhang mit der Rechtsanwendung aufgeworfenen Fragen nicht mehr an.

62

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Klage im Hauptantrag erfolgreich war und folglich damit die Rechtshängigkeit des zweiten Hilfsantrages, der nicht vom Teilurteil des Verwaltungsgerichts erfasst ist, weggefallen ist, hatte der Senat auch eine Kostenentscheidung zu treffen.

63

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

64

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.