Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 29. Juli 2016 - 9 L 1120/16

ECLI:ECLI:DE:VGGE:2016:0729.9L1120.16.00
bei uns veröffentlicht am29.07.2016

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.


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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.Der Wert des Streitgegenstands wird au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung/Umbau einer bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büro in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber sowie den Anbau von zwei Fluchttreppen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... im Stadtgebiet der Beklagten (...). Das Grundstück ist an die Fa. ... vermietet, welche auf dem Grundstück ein Speditions- und Umzugsunternehmen betreibt. Das Grundstück der Klägerin, auf dem sich der Umzugsbetrieb befindet, ist westlich des in Aussicht genommenen Baugrundstücks gelegen.

Mit Formblattantrag vom 29. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Nutzungsänderung der bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büroräumen in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber und Anbau von zwei Fluchttreppen auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...). Die Beigeladene betreibt auf diesem Grundstück einen Beschichtungsbetrieb mit angeschlossenem Bürotrakt. Im Obergeschoss befinden sich derzeit vier vermietete Bordellräume. Nach der dem Bauantrag beigefügten Betriebsbeschreibung ist künftig beabsichtigt, die bisherige Lager-/Produktionshalle zweigeschossig auszugestalten und insgesamt 102 Asylbewerber unterzubringen. Das Erdgeschoss soll dabei Unterkunft für 53 Personen, das Obergeschoss Unterkunft für 49 Personen bieten. Die beiden vorgesehenen Fluchttreppen sollen dabei an der West- bzw. Südseite des bestehenden Gebäudes angebracht werden.

Ebenfalls mit Formblatt vom 29. Oktober 2015 hat die Beigeladene eine isolierte Abweichung hinsichtlich der Anbringung der Fluchttreppe an der südlichen Gebäudeseite beantragt. Es ist ausgeführt, dass sich diese Fluchttreppe ca. 1,95 m bis 2,07 m von der Grundstücksgrenze entfernt befinden solle. Die Treppe sei eine notwendige Flucht- und Erschließungstreppe. Sie sei mit einer Länge von 6,9 m und einer Höhe von ca. 4,1 m über Gelände bei einer etwa 20 m breiten und ca. 6 m hohen Wand untergeordnet, so dass die Treppe weder Belichtung noch Belüftung des südlichen Nachbarn beeinflusse. Da die Treppe aus Stahl sei, stelle sie keine Brandlast dar.

Beide Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des seit dem 23. August 1985 rechtskräftigen, qualifizierten Bebauungsplanes der Beklagten Nr. ... „...“, der insoweit ein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt. Nach Ziff. 2.1.1 der Textlichen Festsetzungen sind zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, soweit diese Anlagen für die Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können (Buchstabe a), Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude (Buchstabe b) sowie Tankstellen (Buchstabe c). Nach Ziff. 2.1.2 der Textlichen Festsetzungen können ausnahmsweise zugelassen werden Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und -Leiter (Buchstabe a), sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Buchstabe b). Auf den Inhalt des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten wird ergänzend verwiesen.

Die Klägerin hat den Bauplänen der Beigeladenen nicht zugestimmt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 wurde das Bauvorhaben der Beigeladenen nach Maßgabe des Bescheides und der geprüften Bauvorlagen genehmigt. Hinsichtlich der südlichen Stahlaußentreppe wurde in Ziff. II.1 eine isolierte Abweichung erteilt. In Ziff. III.2 wurde von der ausnahmsweisen Zulassung von „Anlagen für soziale Zwecke“ im Gewerbegebiet eine Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB (BauGB) i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt, da Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch den Anbau der südlichen Stahlaußentreppe, welche die Maßgaben des Art. 6 Abs. 8 Abs. 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) teilweise nicht einhalte und als zweiter Fluchtweg diene, nicht gegeben sei. Danach habe die Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden können. Eine Abweichung sei auch möglich, weil die Durchführung der Vorschriften in Art. 6 BayBO im vorliegenden Einzelfall auch unter objektiver Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Die Baugenehmigung sei zu erteilen gewesen, da dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegen stünden (Art. 68 Abs. 2 BayBO) und die dem Vorhaben nicht zustimmende Nachbarschaft in ihren Rechten nicht verletzt werde.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides der Beklagten vom 7. Dezember 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2015 Klage erhoben und beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 - wird aufgehoben.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 16. Februar 2016 ausgeführt, dass sich die Klägerin zum einen um die Asylbewerber selbst, zum anderen um die Nutzung ihres Betriebsgrundstücks sorge. Auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin herrsche ein reger Verkehr mit Transportfahrzeugen und Gabelstaplern sowie eine ständige Lade- und Lagertätigkeit. Diese finde nicht nur tagsüber, sondern auch in den Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses sowie nachts statt. Die Klägerin befürchte, dass die 102 Asylbewerber durch die betriebliche Tätigkeit nicht nur erheblich belästigt, sondern körperlich gefährdet würden. Die ausgeübte Tätigkeit auf dem Betriebsgrundstück sei lärmintensiv, auch und insbesondere in den Ruhezeiten. Die wohnähnliche Nutzung sei mit der umgebenden Gewerbetätigkeit unverträglich. Dies bedeute nicht nur eine unzumutbare Störung für die Asylbewerber, sondern berge auch die Gefahr von betrieblichen Einschränkungen für die Klägerin. Letzteres müsse sie in einem Gewerbegebiet grundsätzlich nicht hinnehmen. Die Klägerin befürchte konkret, dass Asylbewerber (insbesondere Kinder) durch den betrieblichen Verkehr mit schwerem Gerät gefährdet würden. Das Baugrundstück bzw. das Betriebsgrundstück der Klägerin seien nicht streng voneinander getrennt und unübersichtlich. Da das Vorhaben der Unterbringung einer Vielzahl von Asylbewerbern ohne geeignete Aufenthaltsbereiche im Innenraum diene, würden diese sich überwiegend wohl im Freien aufhalten. Der Klägerin sei es nicht durchweg möglich und vor allem nicht zumutbar, das Betriebsgrundstück bzw. die Betriebsabläufe zuverlässig gegen unfallgefährliche Situationen zu sichern. Die Klägerin befürchte weiter, dass eine sozialverträgliche Unterbringung der Asylbewerber im Gebäude selbst nicht möglich sei. Nach Information der Klägerin befinde sich im selben Gebäude ein Rotlichtgewerbe. Viele Asylbewerber seien jung und alleinreisend. Der gegenständliche Bescheid sei daher rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Bei einer Aufnahmeeinrichtung handele es sich zwar nicht um eine Wohnnutzung, aber um eine wohnähnliche Nutzung. Die Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB seien zu berücksichtigen, ebenso wie die „Belange benachbarter Gewerbebetriebe“ nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB. Die Belange des Immissionsschutzes sowie der verkehrlichen Auswirkungen müssten damit geprüft werden. Die Beteiligung der Nachbarn (Art. 66 BayBO) sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere sei sie in der Sache unzureichend gewesen. Nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO seien den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Vorschriften über die Beteiligung des Nachbarn nach Art. 66 BayBO seien im Allgemeinen drittschützend. Auch die Beteiligung der Beklagten als Kommune sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Aus der Akte sei nicht ersichtlich, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Organe der Beklagten (Stadtrat, Bauausschuss, ggf. Oberbürgermeister) beteiligt worden seien. Das als Sonderbau genehmigungspflichtige Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig, da es den Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart sowie das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletze und die Klägerin als unmittelbar angrenzende und betroffene Nachbarin hiervon individualisiert und qualifiziert betroffen sei. Das Vorhaben sei im Gewerbegebiet nicht zulässig. Die erteilte Befreiung sei unter Würdigung nachbarlicher Interessen nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar. Zu dem bauplanungsrechtlich zu berücksichtigenden Belangen gehörten auch die Belange der Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB, was sowohl Unterbringung als auch Integration und Teilhabe beinhalte. Die Beklagte gehe bei der Begründung der Befreiungsentscheidung irrtümlich von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB aus. Auch sei eine Begründung der Ermessensentscheidung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nicht ersichtlich. Es seien keine Gesichtspunkte erkennbar, von denen die Beklagte sich bei der Ausübung ihres Ermessens habe leiten lassen.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 16. Februar 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 8. April 2016 unter Vorlage der für das Grundstück der Klägerin bestehenden Baugenehmigung vom 8. Juli 1991 (Geschäftszeichen ...) ergänzt und vertieft.

Die Klägerin sowie ihre Mieterin (Fa. ...) seien Umzugsunternehmen, verbunden mit dem dazu gehörigen Lager- und Umschlagsgeschäft. Das Unternehmen verfüge insgesamt über fünf Schwerlast-Lkw sowie drei Kleintransporter, einen Kleinbus und fünf Anhänger. Es zähle 23 Mitarbeiter. Die Mitarbeiter würden Sonntagnacht um 22.00 Uhr beginnen; maßgeblich seien die Fernverkehrstouren. Das Personal rücke dabei per Kfz an, Motoren würden laufen gelassen, Anhänger angekoppelt. Die Mitarbeiter kehrten Samstagnacht gegen 24.00 Uhr von ihren Fernfahrten zurück. Der Warenumschlag auf dem Gelände finde wochentäglich von 5.00 bis 8.00 Uhr sowie von 17.00 bis 21.00 Uhr statt. Die Zeiten richteten sich nach den Abfahrten der Mannschaften und der Rückkehr von den Einsätzen. Am Wochenende werde der Fuhrpark gepflegt und gereinigt, was ebenfalls mit Lärm verbunden sei. Rangierarbeiten und Ladetätigkeiten erfolgten teilweise auch samstags. Im Rahmen der Arbeitsvorbereitung erfolge die Beladung der Fahrzeuge mit Umzugsmaterial, Lagergut, Arbeitsmaterial, Neumöbelwaren etc. Die Arbeitsvorbereitung finde auf der Ost-, Nord- und Westseite des Grundstücks statt. Die Mitarbeiter kommunizierten dabei auch durch lautes Rufen; Fahrzeuge würden umgeparkt; Fahrzeugtüren und Aufbautüren geöffnet und geschlossen. Derselbe Ablauf vollziehe sich abends zwischen 17.00 und 21.00 Uhr, sobald die Mannschaften zurückkehrten. Die Sommermonate markierten die Hauptsaison des Unternehmens. Insbesondere in dieser Zeit würden erheblich belästigende Lärmimmissionen auf das gegenständliche Bauvorhaben einwirken, da (temperaturbedingt) wohl Fenster geöffnet seien und die Asylbewerber sich im Freien bewegten und auf dem Gelände aufhalten würden. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Asylbewerber durch die betriebliche Tätigkeit erheblich belästigt bzw. unzumutbar gestört würden und dies zu Problemen führe. Auf die körperliche Gefährdung der Asylbewerber auch und insbesondere der Kinder durch rangierende Fahrzeuge werde hingewiesen. Die Flächen zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Klägerin seien nicht durch Einfriedungen getrennt. Die Ostseite des auf dem klägerischen Grundstück stehenden Gebäudes sei lediglich 3 m von der Grenze entfernt. Beide Grundstücke verfügten über eine gemeinsame Zufahrt.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 8. April 2016 wird ergänzend verwiesen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Januar 2016 wurde die Fa. ... Beschichtungen zum Verfahren notwendig beigeladen.

Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 14. Januar 2016 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Antrages auf Klageabweisung ist mit Schriftsatz vom 12. April 2016 ausgeführt, dass die Drittanfechtungsklage keine Aussicht auf Erfolg habe. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten. Die Frage, ob der Bauantrag gemäß Art. 65 BayBO ordnungsgemäß behandelt worden und insbesondere eine Stellungnahme von sämtlichen zu beteiligenden Fachdienststellen eingeholt worden sei, sei ohne Belang. Die Vorschrift diene den Interessen der Allgemeinheit und vermittle keinen Drittschutz das Verfahren betreffend. Ebenso wenig begründeten Verfahrensmängel gestützt auf Art. 66 BayBO eine Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung. Der behauptete Zustellungsfehler wirke sich lediglich im Rahmen der Klagefrist aus. Der Kläger könne sich vorliegend nicht auf eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen. Die gemäß § 246 Abs. 10 BauGB ausgesprochene Befreiung sei rechtmäßig. Gemäß Ziff. 2.1.2 Buchst. b der Textlichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. ... könnten im Plangebiet „Anlagen für soziale Zwecke“ ausnahmsweise zugelassen werden. Der Anwendungsbereich des § 246 Abs. 10 BauGB sei damit grundsätzlich eröffnet. Bedenken im Hinblick auf die Wahrung „gesunder Wohnverhältnisse“ bestünden nicht. Die Asylbewerberunterkunft sei entgegen den klägerischen Ausführungen mit der vorhandenen Nutzung im Gewerbegebiet, welches ohnehin nur der Unterbringung von nichterheblich belästigenden Gewerbebetrieben diene, verträglich. Zum einen enthielten die genehmigten Nutzungen Auflagen mit konkreten Immissionsrichtwerten, deren Vorgaben grundsätzlich einzuhalten seien. Zum anderen befände sich im Plangebiet eine Vielzahl an Betriebsleiter-Wohnungen, auf welche ohnehin Rücksicht zu nehmen sei. Schon aus diesem Grund sei von gesunden Wohnverhältnissen auszugehen. Aufgrund des hohen Interesses an der Schaffung von zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten sei vorliegend von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 12. April 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 20. April 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat durch den Berichterstatter am 23. März 2016 einen nichtöffentlichen Augenscheinstermin am Baugrundstück und dessen näherer Umgebung durchgeführt. Auf die Niederschrift und die hierbei gefertigten Lichtbilder wird verwiesen.

Am 21. April 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die gegen eine Baugenehmigung gerichtete Klage eines Nachbarn ist begründet, wenn dem Vorhaben öffentlichrechtliche Vorschriften entgegenstehen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO), die Baugenehmigung damit objektiv rechtswidrig ist und hierdurch rechtlich geschützte Interessen des Nachbarn verletzt werden. Die bloße objektive Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung genügt dabei für den Erfolg einer Klage nicht.

Ein Nachbar kann sich gegen eine Baugenehmigung damit nur insoweit zur Wehr setzen, als diese auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind, weil sie in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen sind. Eine Verletzung der Rechte des Nachbarn kann darüber hinaus wirksam geltend gemacht werden, wenn durch das Vorhaben das objektivrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird, dem drittschützende Wirkung zukommen kann, oder wenn durch eine rechtswidrige Baugenehmigung in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingegriffen wird.

In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung/Umbau einer bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büro in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber sowie den Anbau von zwei Fluchttreppen rechtmäßig ist und nicht gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt.

Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht zu.

1. Ein solches ergibt sich nicht aus den von der Klägerin behaupteten Fehlern in dem der Erteilung der Baugenehmigung vorausgegangenen Verfahren.

a) Nicht geeignet, einen Erfolg der Klage zu begründen, ist die von der Klägerin vorgetragene fehlerhafte Nachbarbeteiligung im Verfahren.

Zwar würde eine fehlerhafte Nachbarbeteiligung gegen die gesetzliche Bestimmung in Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO verstoßen, wonach den Eigentümern der benachbarten Grundstücke vom Bauherrn oder seinen Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen sind. Eine Verletzung dieser den Nachbarn reflexartig begünstigenden Verfahrensvorschrift führt aber nicht zum Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs. Hierfür kommt es ausschließlich darauf an, ob das genehmigte Bauvorhaben selbst materiellrechtswidrig ist und insoweit Rechte des Nachbarn verletzt (vgl. BayVGH, B. v. 2.2.2001 - 26 ZS 00.2347 - juris Rn. 12). Die bloße Nichtbeteiligung eines Nachbarn bzw. Fehler bei der Beteiligung machen daher für sich allein die Baugenehmigung diesem Nachbarn gegenüber nicht rechtswidrig. Hierzu bedarf es über den formalen Verstoß hinaus einer Beeinträchtigung des Nachbarn in ihn schützenden materiellrechtlichen Rechtspositionen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand, September 2015, Art. 66 Rn. 294). Dass hier - wie behauptet - ein Zustellungsmangel vorliegt, ist für die Kammer überdies nicht erkennbar. Zum einen wurde die erteilte Baugenehmigung im Amtsblatt der Beklagten Nr. 51/51 vom 25. Dezember 2015 öffentlich bekannt gemacht. Zum anderen wurde der Klägerin selbst die Baugenehmigung durch individuelle Zustellung bekannt gegeben.

b) Ebenfalls nicht geeignet einen Erfolg der Klage zu begründen, ist der von der Klägerin gerügte Umstand, dass in dem der Erteilung der Baugenehmigung vorausgegangenen Verfahren von der Beklagten keine immissionsschutzfachliche Einschätzung hinsichtlich der Lärmeinwirkungen auf das künftige Bauvorhaben im Gewerbegebiet eingeholt worden ist. Auch bei der insoweit gerügten Vorschrift des Art. 65 Abs. 1 Satz 1 BayBO handelt es sich ausschließlich um eine sich an die Bauaufsichtsbehörde richtende Verfahrensvorschrift, die nicht geeignet ist, Drittschutz für die Klägerin zu begründen. Normadressat des Art. 65 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist ausschließlich die jeweilige Bauaufsichtsbehörde, die diese Vorschrift im Verfahren zu beachten hat. Für einen Erfolg der Drittanfechtungsklage ist es jedoch erforderlich, dass die Klägerin als unmittelbare Grundstücksnachbarin in einer sie materiellrechtlich schützenden drittschützenden Vorschrift verletzt ist. Insoweit ist es unschädlich, dass die Beklagte eine immissionsschutzfachliche Einschätzung erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eingeholt hat.

2. Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen auch kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu.

a) Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich nach §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 BauGB. Nach § 29 Abs. 1 BauGB gelten auch für Vorhaben, die die Änderung oder Nutzungsänderung von bestehenden baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 ff. BauGB.

Unter den Beteiligten unstreitig ist, dass sich das Vorhabengrundstück innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes im Sinne von § 8 BauNVO befindet. Die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung bestimmt sich daher zunächst danach, ob es in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist.

b) Der Gebietserhaltungsanspruch, auf den sich die Klägerin als drittschützend berufen kann, beruht darauf, dass die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 2 BauNVO) innerhalb eines Baugebiets nachbarschützend sind. Der Anspruch trägt dem Umstand Rechnung, dass die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen dinglich Berechtigten diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - verhindern können. Der Anspruch steht dabei nur den Grundstückseigentümern und sonstigen dinglich Berechtigten innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten

oder faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB) - Baugebiets zu, da nur in diesem Fall die Nachbarn denselben rechtlichen Bedingungen wechselseitig unterliegen.

Die Klägerin kann sich vorliegend nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Zwar ist das von der Beigeladenen beantragte genehmigte Bauvorhaben im festgesetzten Gewerbegebiet nicht allgemein zulässig im Sinne von § 8 Abs. 2 BauNVO.

Nach § 8 Abs. 2 BauNVO sind im Gewerbegebiet allgemein zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (Nr. 1), Geschäfts-, Büro-, und Verwaltungsgebäude (Nr. 2), Tankstellen (Nr. 3), und Anlagen für sportliche Zwecke (Nr. 4). Eine Asylbewerberunterkunft in ihrer konkreten Ausgestaltung als Erstaufnahmeeinrichtung stellt keine der genannten Nutzungsarten dar und ist daher innerhalb des vorliegend durch qualifizierten Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes nicht allgemein zulässig.

§ 8 Abs. 3 BauNVO bestimmt weiter, dass in Gewerbegebieten Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind (Nr. 1), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke (Nr. 2) und Vergnügungsstätten (Nr. 3) ausnahmsweise zugelassen werden können. Der hier maßgebliche Bebauungsplan Nr. ... der Beklagten „...“, bestimmt in seinen Textlichen Festsetzungen in Ziff. 2.1.2 ausdrücklich, dass die für Gewerbegebiete gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen in § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BauNVO gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Bestandteil des streitgegenständlichen Bebauungsplans sind. Der Bebauungsplan Nr. ... der Beklagten begründet damit die Möglichkeit, Anlagen insbesondere für soziale Zwecke im Wege der Erteilung einer Ausnahme (vgl. § 31 Abs. 1 BauGB) im maßgeblichen Plangebiet zuzulassen.

Ob es sich bei der hier beantragten und genehmigten Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handelt, die bereits auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten im Wege einer Ausnahme bauaufsichtlich zugelassen werden könnte, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

Mit der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 3) geht die Kammer davon aus, dass eine Unterkunft für Asylbewerber keine im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vorne herein unzulässige Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinne darstellt, sondern vielmehr eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin, dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist, sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht, auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG, Art. 4 Abs. 1 Aufnahmegesetz - AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von der Entscheidung der Verwaltung hinsichtlich ihrer Unterbringung - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig, so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (vgl. B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBr 1996, 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann. Überdies handelt es sich insbesondere bei einer Erstaufnahmeeinrichtung nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in der entsprechenden Einrichtung.

Die Kammer ist weiter der Auffassung, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, auch wenn diese als Anlagen für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinne angesehen werden können, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets grundsätzlich unvereinbar sind (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 16), weil die Unterbringung von Asylbewerbern keine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine der im Gewerbegebiet zulässigen Hauptnutzungsarten (vgl. § 8 Abs. 2 BauNVO) erfüllt. Die von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als ausnahmsweise zulassungsfähig erklärten Wohnungen, „die dem Gewerbegebiet zugeordnet und ihm gegenüber untergeordnet sind“, genießen die Vorteile ihrer betriebsnahen Unterbringung nur unter Inkaufnahme des von den Gewerbebetrieben grundsätzlich ausgehenden Störpotentials. Hiermit ist die Unterbringung von Asylbewerbern nicht vergleichbar (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 Sn 15.4780 - juris Rn. 19).

c) Für die von der Beigeladenen beantragte und genehmigte Nutzung konnte jedoch auf der Grundlage der mit Wirkung vom 26. November 2014 in das Baugesetzbuch eingefügten Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB in rechtmäßiger Weise eine Befreiung erteilt werden. Hiernach kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 BauNVO) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 246 Abs. 10 BauGB regelt dabei abschließend, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden in Gewerbegebieten, in denen Anlagen für soziale Zwecke zulässig sind, bis zum 31. Dezember 2019 im Wege der Befreiung zugelassen werden können, wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 246 Abs. 10 BauGB ist dieser für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen. Der Gesetzgeber wollte in Ansehung der Tatsache, dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden, die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die regelmäßig auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden kann, in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen, die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass nur unter diesen engen Voraussetzungen unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die in § 246 Abs. 10 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dies bedeutet aber auch, dass bei Nichtvorliegen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann, weil die speziellere der allgemeinen Norm vorgeht (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 6).

Die Voraussetzung von § 246 Abs. 10 BauGB, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von der Möglichkeit zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der ausnahmsweisen Zulässigkeit auf der Grundlage von § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO ausgeschlossen hat. Hingegen ist nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung durch die erteilte Befreiung nicht berührt werden (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - NVwZ-RR 2015, 637). Dies erscheint auch sachgerecht, da es der gesonderten Befreiungsvorschrift in § 246 Abs. 10 BauGB unter erleichterten Voraussetzungen nicht bedurft hätte, wenn auch im Rahmen des § 246 BauGB die Grundzüge der Planung zu würdigen wären.

d) Dass die Beklagte die erteilte Befreiung auf die Rechtsgrundlage des § 246 Abs. 10 „i. V. m. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB“ gestützt hat, ist unschädlich, da die erteilte Befreiung gerade nicht wegen angenommener Nichtbeeinträchtigung der Grundzüge der Planung ausgesprochen wurde, sondern die Beklagten in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich auf die planerisch festgesetzte Zulassung von Ausnahmen für „Anlagen für soziale Zwecke“ und die fehlende Beeinträchtigung nachbarlicher Belange abgestellt hat.

3. Die der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 erteilte Befreiung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 BauGB verletzt nach Auffassung der Kammer keine subjektivöffentlichen, der Klägerin Drittschutz vermittelnden Rechte.

a) Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, kann der Nachbar beanspruchen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen im konkreten Fall für eine Befreiung erfüllt sind und das Befreiungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt wurde. Befreit die Bauaufsichtsbehörde dem gegenüber von Festsetzungen eines Bebauungsplanes, die nicht dem Nachbarschutz dienen, kann ein Nachbar lediglich beanspruchen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Befreiung seine Interessen hinreichend würdigt, mithin die gebotene Rücksicht auf seine Belange nimmt. Darüber hinaus hat ein Nachbar im Falle einer nicht drittschützenden Festsetzung weder ein Abwehrrecht gegen eine lediglich objektiv rechtswidrige Befreiung, noch einen umfassenden Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998, 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8 ff; BayVGH, B. v. 2.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris). Für eine auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 BauGB erteilte Befreiung kann letztlich nichts anderes gelten.

Da die von der Beklagten vorliegend erteilte streitgegenständliche Befreiung die Art der gebietstypisch zulässigen Nutzung im festgesetzten Gewerbegebiet betrifft, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB für die Erteilung einer Befreiung erfüllt sind.

b) Nach Auffassung der Kammer liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB vor.

Da die Beklagte als Plangeberin die ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan Nr. ... weder ausgeschlossen noch die ausnahmsweise Zulässigkeit planungsrechtlich im Wege der Feinsteuerung modifiziert hat, war die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB grundsätzlich möglich.

c) Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 BauGB gefordert wird, sind wie bei der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe anzuwenden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen Belangen) nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit einer Lage im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte. Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, dass Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes durch Asylsuchende in ein Gewerbegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm genannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich unter anderem dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen im festgesetzten Gewerbegebiet ausgesetzt wären (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015 - a. a. O. - juris Rn. 15; VG Schwerin, B. v. 19.1.2016 - 2 B 3825/15 SN - juris Rn. 18).

d) Nach diesen Vorgaben sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB vorliegend nicht betroffen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich vorgetragener Lärmimmissionen durch den auf dem klägerischen Grundstück vorhandenen gewerblichen Umzugsbetrieb. Insoweit ist für das Gericht nicht erkennbar, dass Nutzungseinschränkungen dieses gewerblichen Betriebs in unmittelbarer Nähe zur Asylbewerberunterkunft zwangsläufige Folge der Zulassung der Asylbewerberunterkunft im Befreiungswege wären. Bei der Prüfung, ob eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilt werden kann, haben die Baurechtsbehörden nach der Vorstellung des Gesetzgebers jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft mit den jeweils zulässigen Gewerbebetrieben verträglich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn von der wohnähnlichen Nutzung keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für zulässige gewerbliche Nutzungen im Gewerbegebiet ausgehen (vgl. BT-Drs. 18-2752 S. 8 und 12). Dass es im streitgegenständlich mit Bebauungsplan qualifiziert festgesetzten Gewerbegebiet durch die Zulassung der Asylbewerberunterkunft zu unzumutbaren Beeinträchtigungen infolge Lärmimmissionen oder zu einer gesundheitlichen Gefährdung der künftigen Bewohner der Einrichtung kommen könnte, erscheint dem Gericht auch nach den im Augenscheinstermin gewonnenen Erkenntnissen zur Struktur des konkret betroffenen Gewerbegebietes ausgeschlossen. Das mit Bebauungsplan Nr. ... festgesetzte Gewerbegebiet ist durch eine Vielzahl von Büronutzungen gekennzeichnet, in denen auch nach dem Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin nur innerhalb der Tagzeit (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) nach Nr. 6.4 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - gearbeitet wird. Nennenswerte Aktivitäten zur Nachtzeit (22.00 Uhr - 6.00 Uhr) finden allenfalls auf dem klägerischen Grundstück durch das dort angesiedelte Umzugsunternehmen statt. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass auch die Klägerin nach dem maßgeblichen Baugenehmigungsbescheid für das betreffende Grundstück vom 1. März 1991 nach Auflage IV. E. 8c zur Einhaltung der für Gewerbegebiete geltenden Lärmgrenzwerte von 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts verpflichtet ist. Auch die immissionsschutzfachliche Stellungnahme der Beklagten vom 7. März 2016 weist zutreffend darauf hin, dass sofern der Betrieb auf dem Grundstück der Klägerin die maßgeblichen Lärmgrenzwerte für ein Gewerbegebiet nicht einhalten kann, dies nicht zu einer Unzulässigkeit der streitgegenständlich beantragten Asylbewerberunterkunft führt, sondern vielmehr das betreffende Umzugsunternehmen sein Lärmpotenzial entsprechend verringern muss, um die maßgeblichen Grenzwerte, die vorliegend auch mit Bescheid vom 1. März 1991 für das Grundstück festgesetzt worden sind, zuverlässig einzuhalten. Da die Klägerin an die gesetzlichen Lärmgrenzwerte aus der TA Lärm gebunden ist, bedurfte es auch keiner Festsetzung von Nebenbestimmungen zum passiven Schallschutz im streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid, um die Gebietsverträglichkeit der geplanten Asylbewerberunterkunft sicherzustellen.

Zu beachten ist weiter, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen. Zudem müssen sämtliche Nutzungen im Gewerbegebiet, die nach der TA Lärm für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht gemäß Nr. 6.1b TA Lärm einhalten. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Gericht mit Schriftsatz vom 12. April 2016 nachgewiesen, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. ... „...“ insgesamt sechs Betriebsleiterwohnungen genehmigt sind, die ebenfalls nach § 8 Abs. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sind (vgl. Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten). Insoweit kann gerade nicht davon gesprochen werden, dass eine Wohnnutzung bzw. eine der Wohnnutzung angenäherte Nutzung im konkret betroffenen Gewerbegebiet fremd sei und es mit der bauaufsichtlich genehmigten Zulassung der Asylbewerberunterkunft zu einem erstmaligen Eindringen einer bislang nicht vorhandenen Nutzungsart in das betroffene Gewerbegebiet komme. Auch bei der ausnahmsweisen Zulassung von Betriebsleiterwohnungen müssen die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Bewohner im Gewerbegebiet gewährleistet sein (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 14.11). Damit bleibt festzuhalten, dass von den im Gewerbegebiet vorhandenen Gewerbebetrieben bereits ohne Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens keine gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgehen dürfen.

e) Bezüglich der vom Bevollmächtigten der Klägerin ebenfalls angeführten, lärmintensiven Nutzung auf dem nördlich angrenzenden Bahnbetriebsgelände ist festzustellen, dass dieses sich bereits außerhalb des festgesetzten Geltungsbereiches des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. ... befindet.

f) Die Würdigung nachbarlicher Interessen fordert schließlich, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind das Interesse des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Zwar ist davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplanes in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anderes hat jedoch dann zu gelten, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015, a. a. O. - juris Rn. 16).

g) Nach diesen Vorgaben stehen die nachbarlichen Interessen der Klägerin der Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen nicht entgegen. Selbst wenn es nach dem Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 8. April 2016 auf dem Grundstück der Klägerin regelmäßig zu gewerblichen Aktivitäten in der Nachtzeit gemäß TA Lärm kommt, so gilt es zu berücksichtigen, dass die Klägerin bzw. das auf ihrem Grundstück angesiedelte Unternehmen auch nach der für die Grundstücksnutzung geltenden Baugenehmigung an die Lärmgrenzwerte aus der TA Lärm gebunden ist. Es ist daher die Pflicht der Klägerin bzw. des auf ihrem Grundstück angesiedelten Umzugsunternehmens, die Betriebsabläufe so zu organisieren, dass auch zur Nachtzeit der geltende Grenzwert von 50 dB(A) am nächst gelegenen Immissionsort nicht überschritten wird. Sollte dies der Klägerin bzw. dem dort angesiedelten Umzugsunternehmen nicht gelingen, so ist es deren Handlungspflicht, die Betriebsabläufe entsprechend einzuschränken, um die gesetzlich geltenden Grenzwerte zuverlässig einzuhalten. Eine dauerhafte Lärmgrenzwertüberschreitung hat hingegen nicht zur Folge, dass die von der Beigeladenen beabsichtigte künftige Nutzung im Gewerbegebiet unzulässig wäre.

Dass die Störanfälligkeit der streitigen Asylbewerberunterkunft hier zu einer nennenswerten, sprich unzumutbaren Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit auf dem Grundstück der Klägerin führt, ist nicht erkennbar. Schließlich ist das dringende öffentliche Interesse an der Unterbringung der Flüchtlinge zu berücksichtigen. Den jeweils betroffenen Nachbarn ist somit ein Mehr an Beeinträchtigungen grundsätzlich zuzumuten (vgl. Hess. VGH, B. v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris Rn. 18).

4. Auch auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen.

a) Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 2.04 - juris). Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Rücksichtnahmebegünstigten unzumutbare Beeinträchtigung entsteht. Ob und in wieweit sich Belästigungen und Störungen auswirken können, ist dabei nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage und der sich daraus ergebenden Erwartung von Auswirkungen zu beurteilen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, BauNVO, Stand: August 2015, § 15 BauNVO, Rn. 21 ff., 28). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind Vorhaben rücksichtslos und damit unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zunächst kann insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens der Beigeladenen mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen der Klägerin im Sinne von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB verwiesen werden. Letztlich kann hier nichts anderes gelten. Soweit die Klägerin auf künftige betriebliche Einschränkungen hinweist, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag, dass diese Lärmimmissionen zur Tag- bzw. Nachtzeit einen solchen Umfang hätten, dass die wohnähnliche Nutzung in der beabsichtigten Asylbewerberunterkunft unzumutbar beeinträchtigt wäre, so dass als dessen Folge mit einer betrieblichen Einschränkung auf dem klägerischen Grundstück zu rechnen wäre. Überdies bleibt zu berücksichtigen, dass insoweit der Gesetzgeber mit der in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB geschaffenen Befreiungsmöglichkeit die grundsätzliche Gebietsunverträglichkeit einer wohnähnlichen Nutzung im Gewerbegebiet überwindet. Aus dieser Intention ist auch die Absenkung eines immissionsbezogenen Schutzanspruches der Nutzer solcher Einrichtungen abzuleiten (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 154780 - juris Rn. 29).

c) Soweit die Klägerin bei Verwirklichung des mit der Klage angegriffenen Bauvorhabens auf eine Verkehrsgefährdung der künftigen Bewohner der Gemeinschaftseinrichtung verweist oder deren widerrechtlichen Aufenthalt auf ihrem Grundstück befürchtet, trägt sie damit eine baurechtlich relevante unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit seines Betriebsgrundstückes nicht substantiiert vor. Gleiches gilt für eine befürchtete Wertminderung des Grundstücks der Klägerin.

Da sich jede - auch eine genehmigte - Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur dann gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks ist. Eine solche liegt hier gerade nicht vor. Von einer baulichen Anlage ausgehende Störungen und Belästigungen sind im Übrigen nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Andere (befürchtete) Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Auch die Anzahl der künftigen Bewohner (102) ist für sich keine geeignete Grundlage, um die bebauungsrechtliche Zulassungsfähigkeit des Vorhabens in Zweifel zu ziehen. Denn das allgemeine Bauplanungsrecht kann und soll keinen „Milieuschutz“ gewährleisten. Daher sind Wohnimmissionen, die von einer Asylbewerberunterkunft ausgehen, in der Regel (sogar) auch in solchen Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine anderweitige homogene Wohnbevölkerung geprägt sind (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364; BayVGH, B. v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - juris Rn. 20). Im hier betroffenen Gewerbegebiet kann nichts anderes gelten. Befürchteten Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (vgl. OVG NRW, B. v. 29.9.2014 - 2 B 1048/14 - juris). Der vorgetragenen räumlichen Trennung des klägerischen Grundstücks und des Grundstücks der Beigeladenen ist unschwer mit der Errichtung einer Einzäunung, wie sie die Beigeladene auch bereits angedacht hat, zu begegnen.

d) Überdies erscheint es für die Kammer fernliegend, dass wie von Seiten der Klägerin unterstellt wird, dass die sich im angegriffenen Bauvorhaben unterzubringenden Flüchtlinge ständig im Bereich des Gewerbegebietes aufhalten würden. Da das genehmigte Bauvorhaben an einer städtischen Ausfallstraße gelegen ist und über Verkehrsanbindungen ins Zentrum von Augsburg verfügt, entspricht es nicht der Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich die unterzubringenden Flüchtlinge permanent im betroffenen Gewerbegebiet aufhalten und dort den vorgetragenen Gefährdungen durch Lkw-Verkehr etc. ausgesetzt wären.

5. Die Erteilung der streitgegenständlichen Befreiung durch die Beklagte ist auch nicht im Verhältnis zur Klägerin in ermessensfehlerhafter Weise erfolgt. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Beklagte das ihr in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen erkannt hat. Für die Ausübung des Befreiungsermessens verbleibt im Regelfall wenig Spielraum, sofern die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung erfüllt sind. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen zur Bewältigung des Unterbringungsproblems von Asylbegehrenden. Ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben darf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende, das es nahe legt, die Anforderungen an den von der Bauaufsichtsbehörde zu leistenden Begründungsaufwand ihrer Ermessensentscheidung herabzusenken. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen es sich nicht aufdrängt, dass nachbarliche Interessen unzumutbar beeinträchtigt werden. Da die Beklagte das ihr zustehende Ermessen zumindest erkannt hat, bedarf es daher keiner Entscheidung darüber, ob im vorliegenden Fall bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen ist (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 8.1.2016 - 1 CS 15.2687 - Beck RS 2016, 40761; VG Schwerin, B. v. 19.1.2016 - a. a. O. - juris Rn. 23; VGH BW, B. v. 11.3.2015 - a. a. O. - juris Rn. 20).

6. Der Einwand der Klägerin hinsichtlich der fehlenden kommunalen Zustimmung der Beklagten geht fehl. Zwar ist in § 246 Abs. 10 Satz 2 BauGB die Anwendung des § 36 BauGB angeordnet, jedoch entfällt vorliegend die Erteilung des Einvernehmens zur Befreiung, da Beklagte und zuständige Bauaufsichtsbehörde vorliegend personengleich sind (Art. 9 Abs. 1 Gemeindeordnung - GO). Überdies handelt es sich bei § 36 BauGB ausschließlich um eine Schutzvorschrift für die jeweils betroffene Gemeinde, nicht jedoch für den drittbetroffenen Nachbarn.

7. Nach allem ist die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 7. Dezember 2015 nicht geeignet, die Klägerin in drittschützenden Vorschriften zu verletzen. Die Klage ist mithin unbegründet und war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung im Verfahren am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Berufung war entgegen dem Antrag der Klägerin nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.


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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.

Der Wert des Streitgegenstands wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750,00 Euro festgesetzt.


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(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung/Umbau einer bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büro in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber sowie den Anbau von zwei Fluchttreppen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... im Stadtgebiet der Beklagten (...). Das Grundstück ist an die Fa. ... vermietet, welche auf dem Grundstück ein Speditions- und Umzugsunternehmen betreibt. Das Grundstück der Klägerin, auf dem sich der Umzugsbetrieb befindet, ist westlich des in Aussicht genommenen Baugrundstücks gelegen.

Mit Formblattantrag vom 29. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Nutzungsänderung der bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büroräumen in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber und Anbau von zwei Fluchttreppen auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...). Die Beigeladene betreibt auf diesem Grundstück einen Beschichtungsbetrieb mit angeschlossenem Bürotrakt. Im Obergeschoss befinden sich derzeit vier vermietete Bordellräume. Nach der dem Bauantrag beigefügten Betriebsbeschreibung ist künftig beabsichtigt, die bisherige Lager-/Produktionshalle zweigeschossig auszugestalten und insgesamt 102 Asylbewerber unterzubringen. Das Erdgeschoss soll dabei Unterkunft für 53 Personen, das Obergeschoss Unterkunft für 49 Personen bieten. Die beiden vorgesehenen Fluchttreppen sollen dabei an der West- bzw. Südseite des bestehenden Gebäudes angebracht werden.

Ebenfalls mit Formblatt vom 29. Oktober 2015 hat die Beigeladene eine isolierte Abweichung hinsichtlich der Anbringung der Fluchttreppe an der südlichen Gebäudeseite beantragt. Es ist ausgeführt, dass sich diese Fluchttreppe ca. 1,95 m bis 2,07 m von der Grundstücksgrenze entfernt befinden solle. Die Treppe sei eine notwendige Flucht- und Erschließungstreppe. Sie sei mit einer Länge von 6,9 m und einer Höhe von ca. 4,1 m über Gelände bei einer etwa 20 m breiten und ca. 6 m hohen Wand untergeordnet, so dass die Treppe weder Belichtung noch Belüftung des südlichen Nachbarn beeinflusse. Da die Treppe aus Stahl sei, stelle sie keine Brandlast dar.

Beide Grundstücke befinden sich im Geltungsbereich des seit dem 23. August 1985 rechtskräftigen, qualifizierten Bebauungsplanes der Beklagten Nr. ... „...“, der insoweit ein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt. Nach Ziff. 2.1.1 der Textlichen Festsetzungen sind zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe, soweit diese Anlagen für die Umgebung keine erheblichen Nachteile oder Belästigungen zur Folge haben können (Buchstabe a), Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude (Buchstabe b) sowie Tankstellen (Buchstabe c). Nach Ziff. 2.1.2 der Textlichen Festsetzungen können ausnahmsweise zugelassen werden Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und -Leiter (Buchstabe a), sowie Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke (Buchstabe b). Auf den Inhalt des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten wird ergänzend verwiesen.

Die Klägerin hat den Bauplänen der Beigeladenen nicht zugestimmt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 wurde das Bauvorhaben der Beigeladenen nach Maßgabe des Bescheides und der geprüften Bauvorlagen genehmigt. Hinsichtlich der südlichen Stahlaußentreppe wurde in Ziff. II.1 eine isolierte Abweichung erteilt. In Ziff. III.2 wurde von der ausnahmsweisen Zulassung von „Anlagen für soziale Zwecke“ im Gewerbegebiet eine Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB (BauGB) i. V. m. § 31 Abs. 2 BauGB erteilt, da Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei. Das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften durch den Anbau der südlichen Stahlaußentreppe, welche die Maßgaben des Art. 6 Abs. 8 Abs. 2 Bayerische Bauordnung (BayBO) teilweise nicht einhalte und als zweiter Fluchtweg diene, nicht gegeben sei. Danach habe die Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden können. Eine Abweichung sei auch möglich, weil die Durchführung der Vorschriften in Art. 6 BayBO im vorliegenden Einzelfall auch unter objektiver Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Die Baugenehmigung sei zu erteilen gewesen, da dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegen stünden (Art. 68 Abs. 2 BayBO) und die dem Vorhaben nicht zustimmende Nachbarschaft in ihren Rechten nicht verletzt werde.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides der Beklagten vom 7. Dezember 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2015 Klage erhoben und beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 - wird aufgehoben.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 16. Februar 2016 ausgeführt, dass sich die Klägerin zum einen um die Asylbewerber selbst, zum anderen um die Nutzung ihres Betriebsgrundstücks sorge. Auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin herrsche ein reger Verkehr mit Transportfahrzeugen und Gabelstaplern sowie eine ständige Lade- und Lagertätigkeit. Diese finde nicht nur tagsüber, sondern auch in den Zeiten besonderen Ruhebedürfnisses sowie nachts statt. Die Klägerin befürchte, dass die 102 Asylbewerber durch die betriebliche Tätigkeit nicht nur erheblich belästigt, sondern körperlich gefährdet würden. Die ausgeübte Tätigkeit auf dem Betriebsgrundstück sei lärmintensiv, auch und insbesondere in den Ruhezeiten. Die wohnähnliche Nutzung sei mit der umgebenden Gewerbetätigkeit unverträglich. Dies bedeute nicht nur eine unzumutbare Störung für die Asylbewerber, sondern berge auch die Gefahr von betrieblichen Einschränkungen für die Klägerin. Letzteres müsse sie in einem Gewerbegebiet grundsätzlich nicht hinnehmen. Die Klägerin befürchte konkret, dass Asylbewerber (insbesondere Kinder) durch den betrieblichen Verkehr mit schwerem Gerät gefährdet würden. Das Baugrundstück bzw. das Betriebsgrundstück der Klägerin seien nicht streng voneinander getrennt und unübersichtlich. Da das Vorhaben der Unterbringung einer Vielzahl von Asylbewerbern ohne geeignete Aufenthaltsbereiche im Innenraum diene, würden diese sich überwiegend wohl im Freien aufhalten. Der Klägerin sei es nicht durchweg möglich und vor allem nicht zumutbar, das Betriebsgrundstück bzw. die Betriebsabläufe zuverlässig gegen unfallgefährliche Situationen zu sichern. Die Klägerin befürchte weiter, dass eine sozialverträgliche Unterbringung der Asylbewerber im Gebäude selbst nicht möglich sei. Nach Information der Klägerin befinde sich im selben Gebäude ein Rotlichtgewerbe. Viele Asylbewerber seien jung und alleinreisend. Der gegenständliche Bescheid sei daher rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Bei einer Aufnahmeeinrichtung handele es sich zwar nicht um eine Wohnnutzung, aber um eine wohnähnliche Nutzung. Die Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB seien zu berücksichtigen, ebenso wie die „Belange benachbarter Gewerbebetriebe“ nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 BauGB. Die Belange des Immissionsschutzes sowie der verkehrlichen Auswirkungen müssten damit geprüft werden. Die Beteiligung der Nachbarn (Art. 66 BayBO) sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Insbesondere sei sie in der Sache unzureichend gewesen. Nach Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO seien den Eigentümern der benachbarten Grundstücke der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen. Die Vorschriften über die Beteiligung des Nachbarn nach Art. 66 BayBO seien im Allgemeinen drittschützend. Auch die Beteiligung der Beklagten als Kommune sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Aus der Akte sei nicht ersichtlich, dass die kommunalverfassungsrechtlichen Organe der Beklagten (Stadtrat, Bauausschuss, ggf. Oberbürgermeister) beteiligt worden seien. Das als Sonderbau genehmigungspflichtige Vorhaben sei nicht genehmigungsfähig. Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig, da es den Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart sowie das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot verletze und die Klägerin als unmittelbar angrenzende und betroffene Nachbarin hiervon individualisiert und qualifiziert betroffen sei. Das Vorhaben sei im Gewerbegebiet nicht zulässig. Die erteilte Befreiung sei unter Würdigung nachbarlicher Interessen nicht mit öffentlichen Belangen vereinbar. Zu dem bauplanungsrechtlich zu berücksichtigenden Belangen gehörten auch die Belange der Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB, was sowohl Unterbringung als auch Integration und Teilhabe beinhalte. Die Beklagte gehe bei der Begründung der Befreiungsentscheidung irrtümlich von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB aus. Auch sei eine Begründung der Ermessensentscheidung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nicht ersichtlich. Es seien keine Gesichtspunkte erkennbar, von denen die Beklagte sich bei der Ausübung ihres Ermessens habe leiten lassen.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 16. Februar 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Bevollmächtigten der Klägerin haben ihr Vorbringen mit Schriftsatz vom 8. April 2016 unter Vorlage der für das Grundstück der Klägerin bestehenden Baugenehmigung vom 8. Juli 1991 (Geschäftszeichen ...) ergänzt und vertieft.

Die Klägerin sowie ihre Mieterin (Fa. ...) seien Umzugsunternehmen, verbunden mit dem dazu gehörigen Lager- und Umschlagsgeschäft. Das Unternehmen verfüge insgesamt über fünf Schwerlast-Lkw sowie drei Kleintransporter, einen Kleinbus und fünf Anhänger. Es zähle 23 Mitarbeiter. Die Mitarbeiter würden Sonntagnacht um 22.00 Uhr beginnen; maßgeblich seien die Fernverkehrstouren. Das Personal rücke dabei per Kfz an, Motoren würden laufen gelassen, Anhänger angekoppelt. Die Mitarbeiter kehrten Samstagnacht gegen 24.00 Uhr von ihren Fernfahrten zurück. Der Warenumschlag auf dem Gelände finde wochentäglich von 5.00 bis 8.00 Uhr sowie von 17.00 bis 21.00 Uhr statt. Die Zeiten richteten sich nach den Abfahrten der Mannschaften und der Rückkehr von den Einsätzen. Am Wochenende werde der Fuhrpark gepflegt und gereinigt, was ebenfalls mit Lärm verbunden sei. Rangierarbeiten und Ladetätigkeiten erfolgten teilweise auch samstags. Im Rahmen der Arbeitsvorbereitung erfolge die Beladung der Fahrzeuge mit Umzugsmaterial, Lagergut, Arbeitsmaterial, Neumöbelwaren etc. Die Arbeitsvorbereitung finde auf der Ost-, Nord- und Westseite des Grundstücks statt. Die Mitarbeiter kommunizierten dabei auch durch lautes Rufen; Fahrzeuge würden umgeparkt; Fahrzeugtüren und Aufbautüren geöffnet und geschlossen. Derselbe Ablauf vollziehe sich abends zwischen 17.00 und 21.00 Uhr, sobald die Mannschaften zurückkehrten. Die Sommermonate markierten die Hauptsaison des Unternehmens. Insbesondere in dieser Zeit würden erheblich belästigende Lärmimmissionen auf das gegenständliche Bauvorhaben einwirken, da (temperaturbedingt) wohl Fenster geöffnet seien und die Asylbewerber sich im Freien bewegten und auf dem Gelände aufhalten würden. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Asylbewerber durch die betriebliche Tätigkeit erheblich belästigt bzw. unzumutbar gestört würden und dies zu Problemen führe. Auf die körperliche Gefährdung der Asylbewerber auch und insbesondere der Kinder durch rangierende Fahrzeuge werde hingewiesen. Die Flächen zwischen dem Baugrundstück und dem Grundstück der Klägerin seien nicht durch Einfriedungen getrennt. Die Ostseite des auf dem klägerischen Grundstück stehenden Gebäudes sei lediglich 3 m von der Grenze entfernt. Beide Grundstücke verfügten über eine gemeinsame Zufahrt.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 8. April 2016 wird ergänzend verwiesen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Januar 2016 wurde die Fa. ... Beschichtungen zum Verfahren notwendig beigeladen.

Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 14. Januar 2016 entgegengetreten und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Antrages auf Klageabweisung ist mit Schriftsatz vom 12. April 2016 ausgeführt, dass die Drittanfechtungsklage keine Aussicht auf Erfolg habe. Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen subjektivöffentlichen Rechten. Die Frage, ob der Bauantrag gemäß Art. 65 BayBO ordnungsgemäß behandelt worden und insbesondere eine Stellungnahme von sämtlichen zu beteiligenden Fachdienststellen eingeholt worden sei, sei ohne Belang. Die Vorschrift diene den Interessen der Allgemeinheit und vermittle keinen Drittschutz das Verfahren betreffend. Ebenso wenig begründeten Verfahrensmängel gestützt auf Art. 66 BayBO eine Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung. Der behauptete Zustellungsfehler wirke sich lediglich im Rahmen der Klagefrist aus. Der Kläger könne sich vorliegend nicht auf eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen. Die gemäß § 246 Abs. 10 BauGB ausgesprochene Befreiung sei rechtmäßig. Gemäß Ziff. 2.1.2 Buchst. b der Textlichen Festsetzung des Bebauungsplanes Nr. ... könnten im Plangebiet „Anlagen für soziale Zwecke“ ausnahmsweise zugelassen werden. Der Anwendungsbereich des § 246 Abs. 10 BauGB sei damit grundsätzlich eröffnet. Bedenken im Hinblick auf die Wahrung „gesunder Wohnverhältnisse“ bestünden nicht. Die Asylbewerberunterkunft sei entgegen den klägerischen Ausführungen mit der vorhandenen Nutzung im Gewerbegebiet, welches ohnehin nur der Unterbringung von nichterheblich belästigenden Gewerbebetrieben diene, verträglich. Zum einen enthielten die genehmigten Nutzungen Auflagen mit konkreten Immissionsrichtwerten, deren Vorgaben grundsätzlich einzuhalten seien. Zum anderen befände sich im Plangebiet eine Vielzahl an Betriebsleiter-Wohnungen, auf welche ohnehin Rücksicht zu nehmen sei. Schon aus diesem Grund sei von gesunden Wohnverhältnissen auszugehen. Aufgrund des hohen Interesses an der Schaffung von zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten sei vorliegend von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz der Beklagten vom 12. April 2016 wird ergänzend Bezug genommen.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 20. April 2016 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat durch den Berichterstatter am 23. März 2016 einen nichtöffentlichen Augenscheinstermin am Baugrundstück und dessen näherer Umgebung durchgeführt. Auf die Niederschrift und die hierbei gefertigten Lichtbilder wird verwiesen.

Am 21. April 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der mit der Klage angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die gegen eine Baugenehmigung gerichtete Klage eines Nachbarn ist begründet, wenn dem Vorhaben öffentlichrechtliche Vorschriften entgegenstehen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO), die Baugenehmigung damit objektiv rechtswidrig ist und hierdurch rechtlich geschützte Interessen des Nachbarn verletzt werden. Die bloße objektive Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung genügt dabei für den Erfolg einer Klage nicht.

Ein Nachbar kann sich gegen eine Baugenehmigung damit nur insoweit zur Wehr setzen, als diese auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind, weil sie in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise in einem schutzwürdigen Recht betroffen sind. Eine Verletzung der Rechte des Nachbarn kann darüber hinaus wirksam geltend gemacht werden, wenn durch das Vorhaben das objektivrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird, dem drittschützende Wirkung zukommen kann, oder wenn durch eine rechtswidrige Baugenehmigung in das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eingegriffen wird.

In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung/Umbau einer bestehenden Lager-/Produktionshalle mit Büro in eine Erstaufnahme-Einrichtung für Asylbewerber sowie den Anbau von zwei Fluchttreppen rechtmäßig ist und nicht gegen nachbarschützende Vorschriften verstößt.

Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen kein Abwehrrecht zu.

1. Ein solches ergibt sich nicht aus den von der Klägerin behaupteten Fehlern in dem der Erteilung der Baugenehmigung vorausgegangenen Verfahren.

a) Nicht geeignet, einen Erfolg der Klage zu begründen, ist die von der Klägerin vorgetragene fehlerhafte Nachbarbeteiligung im Verfahren.

Zwar würde eine fehlerhafte Nachbarbeteiligung gegen die gesetzliche Bestimmung in Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BayBO verstoßen, wonach den Eigentümern der benachbarten Grundstücke vom Bauherrn oder seinen Beauftragten der Lageplan und die Bauzeichnungen zur Unterschrift vorzulegen sind. Eine Verletzung dieser den Nachbarn reflexartig begünstigenden Verfahrensvorschrift führt aber nicht zum Erfolg eines Nachbarrechtsbehelfs. Hierfür kommt es ausschließlich darauf an, ob das genehmigte Bauvorhaben selbst materiellrechtswidrig ist und insoweit Rechte des Nachbarn verletzt (vgl. BayVGH, B. v. 2.2.2001 - 26 ZS 00.2347 - juris Rn. 12). Die bloße Nichtbeteiligung eines Nachbarn bzw. Fehler bei der Beteiligung machen daher für sich allein die Baugenehmigung diesem Nachbarn gegenüber nicht rechtswidrig. Hierzu bedarf es über den formalen Verstoß hinaus einer Beeinträchtigung des Nachbarn in ihn schützenden materiellrechtlichen Rechtspositionen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand, September 2015, Art. 66 Rn. 294). Dass hier - wie behauptet - ein Zustellungsmangel vorliegt, ist für die Kammer überdies nicht erkennbar. Zum einen wurde die erteilte Baugenehmigung im Amtsblatt der Beklagten Nr. 51/51 vom 25. Dezember 2015 öffentlich bekannt gemacht. Zum anderen wurde der Klägerin selbst die Baugenehmigung durch individuelle Zustellung bekannt gegeben.

b) Ebenfalls nicht geeignet einen Erfolg der Klage zu begründen, ist der von der Klägerin gerügte Umstand, dass in dem der Erteilung der Baugenehmigung vorausgegangenen Verfahren von der Beklagten keine immissionsschutzfachliche Einschätzung hinsichtlich der Lärmeinwirkungen auf das künftige Bauvorhaben im Gewerbegebiet eingeholt worden ist. Auch bei der insoweit gerügten Vorschrift des Art. 65 Abs. 1 Satz 1 BayBO handelt es sich ausschließlich um eine sich an die Bauaufsichtsbehörde richtende Verfahrensvorschrift, die nicht geeignet ist, Drittschutz für die Klägerin zu begründen. Normadressat des Art. 65 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist ausschließlich die jeweilige Bauaufsichtsbehörde, die diese Vorschrift im Verfahren zu beachten hat. Für einen Erfolg der Drittanfechtungsklage ist es jedoch erforderlich, dass die Klägerin als unmittelbare Grundstücksnachbarin in einer sie materiellrechtlich schützenden drittschützenden Vorschrift verletzt ist. Insoweit ist es unschädlich, dass die Beklagte eine immissionsschutzfachliche Einschätzung erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eingeholt hat.

2. Der Klägerin steht gegen das Bauvorhaben der Beigeladenen auch kein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruchs zu.

a) Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich nach §§ 29 Abs. 1, 30 Abs. 1 BauGB. Nach § 29 Abs. 1 BauGB gelten auch für Vorhaben, die die Änderung oder Nutzungsänderung von bestehenden baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 ff. BauGB.

Unter den Beteiligten unstreitig ist, dass sich das Vorhabengrundstück innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes im Sinne von § 8 BauNVO befindet. Die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung bestimmt sich daher zunächst danach, ob es in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist.

b) Der Gebietserhaltungsanspruch, auf den sich die Klägerin als drittschützend berufen kann, beruht darauf, dass die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 2 BauNVO) innerhalb eines Baugebiets nachbarschützend sind. Der Anspruch trägt dem Umstand Rechnung, dass die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen dinglich Berechtigten diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - verhindern können. Der Anspruch steht dabei nur den Grundstückseigentümern und sonstigen dinglich Berechtigten innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten

oder faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 BauGB) - Baugebiets zu, da nur in diesem Fall die Nachbarn denselben rechtlichen Bedingungen wechselseitig unterliegen.

Die Klägerin kann sich vorliegend nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen. Zwar ist das von der Beigeladenen beantragte genehmigte Bauvorhaben im festgesetzten Gewerbegebiet nicht allgemein zulässig im Sinne von § 8 Abs. 2 BauNVO.

Nach § 8 Abs. 2 BauNVO sind im Gewerbegebiet allgemein zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (Nr. 1), Geschäfts-, Büro-, und Verwaltungsgebäude (Nr. 2), Tankstellen (Nr. 3), und Anlagen für sportliche Zwecke (Nr. 4). Eine Asylbewerberunterkunft in ihrer konkreten Ausgestaltung als Erstaufnahmeeinrichtung stellt keine der genannten Nutzungsarten dar und ist daher innerhalb des vorliegend durch qualifizierten Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes nicht allgemein zulässig.

§ 8 Abs. 3 BauNVO bestimmt weiter, dass in Gewerbegebieten Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind (Nr. 1), Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke (Nr. 2) und Vergnügungsstätten (Nr. 3) ausnahmsweise zugelassen werden können. Der hier maßgebliche Bebauungsplan Nr. ... der Beklagten „...“, bestimmt in seinen Textlichen Festsetzungen in Ziff. 2.1.2 ausdrücklich, dass die für Gewerbegebiete gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen in § 8 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BauNVO gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO Bestandteil des streitgegenständlichen Bebauungsplans sind. Der Bebauungsplan Nr. ... der Beklagten begründet damit die Möglichkeit, Anlagen insbesondere für soziale Zwecke im Wege der Erteilung einer Ausnahme (vgl. § 31 Abs. 1 BauGB) im maßgeblichen Plangebiet zuzulassen.

Ob es sich bei der hier beantragten und genehmigten Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handelt, die bereits auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten im Wege einer Ausnahme bauaufsichtlich zugelassen werden könnte, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

Mit der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 3) geht die Kammer davon aus, dass eine Unterkunft für Asylbewerber keine im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vorne herein unzulässige Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinne darstellt, sondern vielmehr eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin, dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist, sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht, auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 Asylgesetz - AsylG, Art. 4 Abs. 1 Aufnahmegesetz - AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von der Entscheidung der Verwaltung hinsichtlich ihrer Unterbringung - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig, so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (vgl. B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBr 1996, 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann. Überdies handelt es sich insbesondere bei einer Erstaufnahmeeinrichtung nur um einen vorübergehenden Aufenthalt in der entsprechenden Einrichtung.

Die Kammer ist weiter der Auffassung, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, auch wenn diese als Anlagen für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinne angesehen werden können, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets grundsätzlich unvereinbar sind (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 16), weil die Unterbringung von Asylbewerbern keine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine der im Gewerbegebiet zulässigen Hauptnutzungsarten (vgl. § 8 Abs. 2 BauNVO) erfüllt. Die von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als ausnahmsweise zulassungsfähig erklärten Wohnungen, „die dem Gewerbegebiet zugeordnet und ihm gegenüber untergeordnet sind“, genießen die Vorteile ihrer betriebsnahen Unterbringung nur unter Inkaufnahme des von den Gewerbebetrieben grundsätzlich ausgehenden Störpotentials. Hiermit ist die Unterbringung von Asylbewerbern nicht vergleichbar (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 Sn 15.4780 - juris Rn. 19).

c) Für die von der Beigeladenen beantragte und genehmigte Nutzung konnte jedoch auf der Grundlage der mit Wirkung vom 26. November 2014 in das Baugesetzbuch eingefügten Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB in rechtmäßiger Weise eine Befreiung erteilt werden. Hiernach kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 BauNVO) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 246 Abs. 10 BauGB regelt dabei abschließend, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden in Gewerbegebieten, in denen Anlagen für soziale Zwecke zulässig sind, bis zum 31. Dezember 2019 im Wege der Befreiung zugelassen werden können, wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 246 Abs. 10 BauGB ist dieser für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen. Der Gesetzgeber wollte in Ansehung der Tatsache, dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden, die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die regelmäßig auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden kann, in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen, die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass nur unter diesen engen Voraussetzungen unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die in § 246 Abs. 10 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Dies bedeutet aber auch, dass bei Nichtvorliegen einzelner Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht zurückgegriffen werden kann, weil die speziellere der allgemeinen Norm vorgeht (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 6).

Die Voraussetzung von § 246 Abs. 10 BauGB, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von der Möglichkeit zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der ausnahmsweisen Zulässigkeit auf der Grundlage von § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO ausgeschlossen hat. Hingegen ist nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung durch die erteilte Befreiung nicht berührt werden (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - NVwZ-RR 2015, 637). Dies erscheint auch sachgerecht, da es der gesonderten Befreiungsvorschrift in § 246 Abs. 10 BauGB unter erleichterten Voraussetzungen nicht bedurft hätte, wenn auch im Rahmen des § 246 BauGB die Grundzüge der Planung zu würdigen wären.

d) Dass die Beklagte die erteilte Befreiung auf die Rechtsgrundlage des § 246 Abs. 10 „i. V. m. § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB“ gestützt hat, ist unschädlich, da die erteilte Befreiung gerade nicht wegen angenommener Nichtbeeinträchtigung der Grundzüge der Planung ausgesprochen wurde, sondern die Beklagten in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich auf die planerisch festgesetzte Zulassung von Ausnahmen für „Anlagen für soziale Zwecke“ und die fehlende Beeinträchtigung nachbarlicher Belange abgestellt hat.

3. Die der Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Dezember 2015 erteilte Befreiung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 BauGB verletzt nach Auffassung der Kammer keine subjektivöffentlichen, der Klägerin Drittschutz vermittelnden Rechte.

a) Weicht ein Bauvorhaben von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ab, kann der Nachbar beanspruchen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen im konkreten Fall für eine Befreiung erfüllt sind und das Befreiungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt wurde. Befreit die Bauaufsichtsbehörde dem gegenüber von Festsetzungen eines Bebauungsplanes, die nicht dem Nachbarschutz dienen, kann ein Nachbar lediglich beanspruchen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über die Befreiung seine Interessen hinreichend würdigt, mithin die gebotene Rücksicht auf seine Belange nimmt. Darüber hinaus hat ein Nachbar im Falle einer nicht drittschützenden Festsetzung weder ein Abwehrrecht gegen eine lediglich objektiv rechtswidrige Befreiung, noch einen umfassenden Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (vgl. BVerwG, B. v. 8.7.1998, 4 B 64/98 - NVwZ-RR 1999, 8 ff; BayVGH, B. v. 2.2.2012 - 14 CS 11.2284 - juris). Für eine auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 BauGB erteilte Befreiung kann letztlich nichts anderes gelten.

Da die von der Beklagten vorliegend erteilte streitgegenständliche Befreiung die Art der gebietstypisch zulässigen Nutzung im festgesetzten Gewerbegebiet betrifft, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB für die Erteilung einer Befreiung erfüllt sind.

b) Nach Auffassung der Kammer liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB vor.

Da die Beklagte als Plangeberin die ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan Nr. ... weder ausgeschlossen noch die ausnahmsweise Zulässigkeit planungsrechtlich im Wege der Feinsteuerung modifiziert hat, war die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB grundsätzlich möglich.

c) Die Abweichung ist auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 BauGB gefordert wird, sind wie bei der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe anzuwenden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen Belangen) nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit einer Lage im unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte. Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, dass Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes durch Asylsuchende in ein Gewerbegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm genannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich unter anderem dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen im festgesetzten Gewerbegebiet ausgesetzt wären (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015 - a. a. O. - juris Rn. 15; VG Schwerin, B. v. 19.1.2016 - 2 B 3825/15 SN - juris Rn. 18).

d) Nach diesen Vorgaben sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB vorliegend nicht betroffen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich vorgetragener Lärmimmissionen durch den auf dem klägerischen Grundstück vorhandenen gewerblichen Umzugsbetrieb. Insoweit ist für das Gericht nicht erkennbar, dass Nutzungseinschränkungen dieses gewerblichen Betriebs in unmittelbarer Nähe zur Asylbewerberunterkunft zwangsläufige Folge der Zulassung der Asylbewerberunterkunft im Befreiungswege wären. Bei der Prüfung, ob eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilt werden kann, haben die Baurechtsbehörden nach der Vorstellung des Gesetzgebers jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft mit den jeweils zulässigen Gewerbebetrieben verträglich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn von der wohnähnlichen Nutzung keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für zulässige gewerbliche Nutzungen im Gewerbegebiet ausgehen (vgl. BT-Drs. 18-2752 S. 8 und 12). Dass es im streitgegenständlich mit Bebauungsplan qualifiziert festgesetzten Gewerbegebiet durch die Zulassung der Asylbewerberunterkunft zu unzumutbaren Beeinträchtigungen infolge Lärmimmissionen oder zu einer gesundheitlichen Gefährdung der künftigen Bewohner der Einrichtung kommen könnte, erscheint dem Gericht auch nach den im Augenscheinstermin gewonnenen Erkenntnissen zur Struktur des konkret betroffenen Gewerbegebietes ausgeschlossen. Das mit Bebauungsplan Nr. ... festgesetzte Gewerbegebiet ist durch eine Vielzahl von Büronutzungen gekennzeichnet, in denen auch nach dem Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin nur innerhalb der Tagzeit (6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) nach Nr. 6.4 der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - gearbeitet wird. Nennenswerte Aktivitäten zur Nachtzeit (22.00 Uhr - 6.00 Uhr) finden allenfalls auf dem klägerischen Grundstück durch das dort angesiedelte Umzugsunternehmen statt. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass auch die Klägerin nach dem maßgeblichen Baugenehmigungsbescheid für das betreffende Grundstück vom 1. März 1991 nach Auflage IV. E. 8c zur Einhaltung der für Gewerbegebiete geltenden Lärmgrenzwerte von 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts verpflichtet ist. Auch die immissionsschutzfachliche Stellungnahme der Beklagten vom 7. März 2016 weist zutreffend darauf hin, dass sofern der Betrieb auf dem Grundstück der Klägerin die maßgeblichen Lärmgrenzwerte für ein Gewerbegebiet nicht einhalten kann, dies nicht zu einer Unzulässigkeit der streitgegenständlich beantragten Asylbewerberunterkunft führt, sondern vielmehr das betreffende Umzugsunternehmen sein Lärmpotenzial entsprechend verringern muss, um die maßgeblichen Grenzwerte, die vorliegend auch mit Bescheid vom 1. März 1991 für das Grundstück festgesetzt worden sind, zuverlässig einzuhalten. Da die Klägerin an die gesetzlichen Lärmgrenzwerte aus der TA Lärm gebunden ist, bedurfte es auch keiner Festsetzung von Nebenbestimmungen zum passiven Schallschutz im streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid, um die Gebietsverträglichkeit der geplanten Asylbewerberunterkunft sicherzustellen.

Zu beachten ist weiter, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen. Zudem müssen sämtliche Nutzungen im Gewerbegebiet, die nach der TA Lärm für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht gemäß Nr. 6.1b TA Lärm einhalten. Darüber hinaus hat die Beklagte dem Gericht mit Schriftsatz vom 12. April 2016 nachgewiesen, dass im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. ... „...“ insgesamt sechs Betriebsleiterwohnungen genehmigt sind, die ebenfalls nach § 8 Abs. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sind (vgl. Ziff. 2.1.2 Buchst. a der Textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. ... der Beklagten). Insoweit kann gerade nicht davon gesprochen werden, dass eine Wohnnutzung bzw. eine der Wohnnutzung angenäherte Nutzung im konkret betroffenen Gewerbegebiet fremd sei und es mit der bauaufsichtlich genehmigten Zulassung der Asylbewerberunterkunft zu einem erstmaligen Eindringen einer bislang nicht vorhandenen Nutzungsart in das betroffene Gewerbegebiet komme. Auch bei der ausnahmsweisen Zulassung von Betriebsleiterwohnungen müssen die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Bewohner im Gewerbegebiet gewährleistet sein (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 8 Rn. 14.11). Damit bleibt festzuhalten, dass von den im Gewerbegebiet vorhandenen Gewerbebetrieben bereits ohne Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens keine gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgehen dürfen.

e) Bezüglich der vom Bevollmächtigten der Klägerin ebenfalls angeführten, lärmintensiven Nutzung auf dem nördlich angrenzenden Bahnbetriebsgelände ist festzustellen, dass dieses sich bereits außerhalb des festgesetzten Geltungsbereiches des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. ... befindet.

f) Die Würdigung nachbarlicher Interessen fordert schließlich, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind das Interesse des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Zwar ist davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplanes in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anderes hat jedoch dann zu gelten, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (vgl. VGH BW, B. v. 11.3.2015, a. a. O. - juris Rn. 16).

g) Nach diesen Vorgaben stehen die nachbarlichen Interessen der Klägerin der Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen nicht entgegen. Selbst wenn es nach dem Vortrag der Bevollmächtigten der Klägerin im Schriftsatz vom 8. April 2016 auf dem Grundstück der Klägerin regelmäßig zu gewerblichen Aktivitäten in der Nachtzeit gemäß TA Lärm kommt, so gilt es zu berücksichtigen, dass die Klägerin bzw. das auf ihrem Grundstück angesiedelte Unternehmen auch nach der für die Grundstücksnutzung geltenden Baugenehmigung an die Lärmgrenzwerte aus der TA Lärm gebunden ist. Es ist daher die Pflicht der Klägerin bzw. des auf ihrem Grundstück angesiedelten Umzugsunternehmens, die Betriebsabläufe so zu organisieren, dass auch zur Nachtzeit der geltende Grenzwert von 50 dB(A) am nächst gelegenen Immissionsort nicht überschritten wird. Sollte dies der Klägerin bzw. dem dort angesiedelten Umzugsunternehmen nicht gelingen, so ist es deren Handlungspflicht, die Betriebsabläufe entsprechend einzuschränken, um die gesetzlich geltenden Grenzwerte zuverlässig einzuhalten. Eine dauerhafte Lärmgrenzwertüberschreitung hat hingegen nicht zur Folge, dass die von der Beigeladenen beabsichtigte künftige Nutzung im Gewerbegebiet unzulässig wäre.

Dass die Störanfälligkeit der streitigen Asylbewerberunterkunft hier zu einer nennenswerten, sprich unzumutbaren Einschränkung der gewerblichen Tätigkeit auf dem Grundstück der Klägerin führt, ist nicht erkennbar. Schließlich ist das dringende öffentliche Interesse an der Unterbringung der Flüchtlinge zu berücksichtigen. Den jeweils betroffenen Nachbarn ist somit ein Mehr an Beeinträchtigungen grundsätzlich zuzumuten (vgl. Hess. VGH, B. v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris Rn. 18).

4. Auch auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO kann die Klägerin sich nicht mit Erfolg berufen.

a) Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 2.04 - juris). Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Rücksichtnahmebegünstigten unzumutbare Beeinträchtigung entsteht. Ob und in wieweit sich Belästigungen und Störungen auswirken können, ist dabei nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage und der sich daraus ergebenden Erwartung von Auswirkungen zu beurteilen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, BauNVO, Stand: August 2015, § 15 BauNVO, Rn. 21 ff., 28). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind Vorhaben rücksichtslos und damit unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zunächst kann insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens der Beigeladenen mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen der Klägerin im Sinne von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB verwiesen werden. Letztlich kann hier nichts anderes gelten. Soweit die Klägerin auf künftige betriebliche Einschränkungen hinweist, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag, dass diese Lärmimmissionen zur Tag- bzw. Nachtzeit einen solchen Umfang hätten, dass die wohnähnliche Nutzung in der beabsichtigten Asylbewerberunterkunft unzumutbar beeinträchtigt wäre, so dass als dessen Folge mit einer betrieblichen Einschränkung auf dem klägerischen Grundstück zu rechnen wäre. Überdies bleibt zu berücksichtigen, dass insoweit der Gesetzgeber mit der in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB geschaffenen Befreiungsmöglichkeit die grundsätzliche Gebietsunverträglichkeit einer wohnähnlichen Nutzung im Gewerbegebiet überwindet. Aus dieser Intention ist auch die Absenkung eines immissionsbezogenen Schutzanspruches der Nutzer solcher Einrichtungen abzuleiten (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 154780 - juris Rn. 29).

c) Soweit die Klägerin bei Verwirklichung des mit der Klage angegriffenen Bauvorhabens auf eine Verkehrsgefährdung der künftigen Bewohner der Gemeinschaftseinrichtung verweist oder deren widerrechtlichen Aufenthalt auf ihrem Grundstück befürchtet, trägt sie damit eine baurechtlich relevante unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit seines Betriebsgrundstückes nicht substantiiert vor. Gleiches gilt für eine befürchtete Wertminderung des Grundstücks der Klägerin.

Da sich jede - auch eine genehmigte - Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur dann gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten seines Grundstücks ist. Eine solche liegt hier gerade nicht vor. Von einer baulichen Anlage ausgehende Störungen und Belästigungen sind im Übrigen nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Andere (befürchtete) Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Auch die Anzahl der künftigen Bewohner (102) ist für sich keine geeignete Grundlage, um die bebauungsrechtliche Zulassungsfähigkeit des Vorhabens in Zweifel zu ziehen. Denn das allgemeine Bauplanungsrecht kann und soll keinen „Milieuschutz“ gewährleisten. Daher sind Wohnimmissionen, die von einer Asylbewerberunterkunft ausgehen, in der Regel (sogar) auch in solchen Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine anderweitige homogene Wohnbevölkerung geprägt sind (vgl. BVerwG, U. v. 23.8.1996 - 4 C 13/94 - BVerwGE 101, 364; BayVGH, B. v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - juris Rn. 20). Im hier betroffenen Gewerbegebiet kann nichts anderes gelten. Befürchteten Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (vgl. OVG NRW, B. v. 29.9.2014 - 2 B 1048/14 - juris). Der vorgetragenen räumlichen Trennung des klägerischen Grundstücks und des Grundstücks der Beigeladenen ist unschwer mit der Errichtung einer Einzäunung, wie sie die Beigeladene auch bereits angedacht hat, zu begegnen.

d) Überdies erscheint es für die Kammer fernliegend, dass wie von Seiten der Klägerin unterstellt wird, dass die sich im angegriffenen Bauvorhaben unterzubringenden Flüchtlinge ständig im Bereich des Gewerbegebietes aufhalten würden. Da das genehmigte Bauvorhaben an einer städtischen Ausfallstraße gelegen ist und über Verkehrsanbindungen ins Zentrum von Augsburg verfügt, entspricht es nicht der Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich die unterzubringenden Flüchtlinge permanent im betroffenen Gewerbegebiet aufhalten und dort den vorgetragenen Gefährdungen durch Lkw-Verkehr etc. ausgesetzt wären.

5. Die Erteilung der streitgegenständlichen Befreiung durch die Beklagte ist auch nicht im Verhältnis zur Klägerin in ermessensfehlerhafter Weise erfolgt. Die Kammer ist der Auffassung, dass die Beklagte das ihr in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen erkannt hat. Für die Ausübung des Befreiungsermessens verbleibt im Regelfall wenig Spielraum, sofern die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung erfüllt sind. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen zur Bewältigung des Unterbringungsproblems von Asylbegehrenden. Ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben darf das hohe öffentliche Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende, das es nahe legt, die Anforderungen an den von der Bauaufsichtsbehörde zu leistenden Begründungsaufwand ihrer Ermessensentscheidung herabzusenken. Dies gilt umso mehr in Fällen, in denen es sich nicht aufdrängt, dass nachbarliche Interessen unzumutbar beeinträchtigt werden. Da die Beklagte das ihr zustehende Ermessen zumindest erkannt hat, bedarf es daher keiner Entscheidung darüber, ob im vorliegenden Fall bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB von einer Ermessensreduktion auf Null auszugehen ist (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 8.1.2016 - 1 CS 15.2687 - Beck RS 2016, 40761; VG Schwerin, B. v. 19.1.2016 - a. a. O. - juris Rn. 23; VGH BW, B. v. 11.3.2015 - a. a. O. - juris Rn. 20).

6. Der Einwand der Klägerin hinsichtlich der fehlenden kommunalen Zustimmung der Beklagten geht fehl. Zwar ist in § 246 Abs. 10 Satz 2 BauGB die Anwendung des § 36 BauGB angeordnet, jedoch entfällt vorliegend die Erteilung des Einvernehmens zur Befreiung, da Beklagte und zuständige Bauaufsichtsbehörde vorliegend personengleich sind (Art. 9 Abs. 1 Gemeindeordnung - GO). Überdies handelt es sich bei § 36 BauGB ausschließlich um eine Schutzvorschrift für die jeweils betroffene Gemeinde, nicht jedoch für den drittbetroffenen Nachbarn.

7. Nach allem ist die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 7. Dezember 2015 nicht geeignet, die Klägerin in drittschützenden Vorschriften zu verletzen. Die Klage ist mithin unbegründet und war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung im Verfahren am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Berufung war entgegen dem Antrag der Klägerin nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG i. V. m. Nr. 9.7.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,

Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,

schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

 
Die Antragsteller begehren Eilrechtsschutz gegen eine der Beigeladenen vom Regierungspräsidium erteilte Baugenehmigung für den Neubau von zwei Asylbewerberwohnheimen in Modulbauweise mit vier Fertiggaragen.
I.
Am 17.04.2015 beantragte die xxx, eine Tochtergesellschaft zu 100 % der Beigeladenen, bei der Beigeladenen eine Baugenehmigung für 2 Asylbewerberwohnheime in Modulbauweise (Neubau von zwei jeweils zweigeschossigen Wohngebäuden mit modularen Fertigelementen und Errichtung von vier Stahlbetonfertiggaragen für Kraftfahrzeuge und Nutzung als Lagerraum) auf dem Grundstück xxx. Die beiden Wohnheime bieten ausweislich der beigefügten Grundrisse in Form einer Gemeinschaftsunterkunft Platz für insgesamt 90 Personen, die in 2-Bett-Zimmern mit einer Größe zwischen 15,93 m2 und 16,73 m2 untergebracht werden sollen. Pro Stockwerk sind zusätzlich zwei Sanitär- und Badbereiche mit einer Fläche von jeweils 16,73 m2 und eine Gemeinschaftsküche mit einer Fläche von 33,47 m2 vorgesehen. Im Untergeschoss der beiden Wohnheime findet sich zusätzlich noch ein Aufenthaltsbereich mit einer Fläche von 33,24 m2.
Das Bauvorhaben liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbepark W., 1. Änderung“ der Beigeladenen, nach Beschluss des Gemeinderats der Beigeladenen in der Sitzung vom 26.10.2015 in Kraft getreten am 31.10.2015. Dieser sieht für den westlichen Teilbereich GE 1, in dem auch das xxx liegt, unter Ziffer 1.1.4 als ausnahmsweise zulässige Nutzungen Anlagen für soziale Zwecke vor. Planungsanlass war ausweislich der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans ein bis Ende 2016 drohender Fehlbedarf von 1060 Unterbringungsplätzen für Flüchtlinge bei der Beigeladenen, dem diese neben der Unterbringung in derzeit ungenutzten Gebäuden oder Privatunterkünften durch Errichtung von provisorischen Unterkünften in Containern begegnen will. Hierfür stelle der in Teilen noch unbebaute Gewerbepark W. einen geeigneten Standort dar, weshalb in dessen Teilbereich GE 1 Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden sollten.
Der Antragsteller zu 1. betreibt in etwa 142 Meter Entfernung von dem östlichen der beiden geplanten Unterkunftsgebäude auf dem Grundstück xxx einen Internethandel. Die Antragstellerin zu 2. betreibt in etwa 232 Meter Entfernung von dem genannten Unterkunftsgebäude auf dem Grundstück xxx ein Raumausstattungsgeschäft. Der Antragsteller zu 3. betreibt in etwa 205 Meter Entfernung von dem genannten Unterkunftsgebäude auf dem Grundstück xxx einen Malerbetrieb. Der Antragsteller zu 4. betreibt in etwa 74,50 Meter Entfernung von dem genannten Unterkunftsgebäude auf dem Grundstück xxx einen Metallbaubetrieb mit Produktionshalle. Die Antragstellerin zu 5. betreibt in etwa 186 Meter von dem genannten Unterkunftsgebäude auf dem Grundstück xxx ein Büro-, Fertigungs- und Lagergebäude für Handschreibgeräte. Die Betriebsgrundstücke der Antragsteller zu 1. und 3. bis 5. liegen im zentralen Teilbereich GE 2 des Plangebiets, das Betriebsgrundstück der Antragstellerin zu 2. im östlichen Teilbereich GE 3b jeweils am xxx.
Mit Schreiben vom 16.06.2015 erhob der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller für diese Einwendungen gegen das Bauvorhaben. Dieses verletze die Antragsteller in ihrem Gebietserhaltungsanspruch, da nach der damals gültigen Fassung des Bebauungsplans „Gewerbepark W.“ im dort festgesetzten Gewerbegebiet gemäß § 8 BauNVO „Wohnungen“ als solche unzulässig seien. Auch bei einer Einstufung des Bauvorhabens als Anlage für soziale Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wäre die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -) unzulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Zeitspanne - nämlich der Dauer seines Asylverfahrens - Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers sei, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukomme und sie sich deshalb in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweise. Auch eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 1 BauGB komme nicht in Betracht, weil Bauvorhaben zu Wohnzwecken nach dem Bebauungsplan ausdrücklich unzulässig seien und auch Gründe des Allgemeinwohls die Befreiung nicht erforderten. Hiergegen spreche bereits, dass die Flüchtlinge sich nicht in unmittelbarer Nähe zu ihrer Unterbringung selbst versorgen könnten, weil im Gewerbegebiet Einzelhandelsbetriebe unzulässig seien und auch der Anschluss an den Öffentlichen Personennahverkehr äußerst dürftig sei, so dass bei dem Bauvorhaben auch die Belange der Flüchtlinge unberücksichtigt blieben. Das Bauvorhaben beeinträchtige angesichts der beabsichtigten Unterbringung von mindestens 90 Personen im Übrigen auch die nachbarlichen Interessen der Antragsteller in erheblichem Maße. Ohne Flüchtlingen generell absprechen zu wollen, dass sie in ihren Herkunftsländern ausreichend ausgebildet seien um erkennen zu können, dass Müll korrekt entsorgt werden müsse, sei zu erwarten, dass bei 90 Personen ein erhöhtes Müllaufkommen entstehe, das nicht fachgerecht entsorgt werde. Durch den ständigen Aufenthalt der Flüchtlinge im Gewerbegebiet sei auch zu erwarten, dass sich Kunden abgeschreckt fühlen könnten; hierin liege ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragsteller. Ferner sei deshalb ein Wertverfall der Grundstückspreise im Gewerbegebiet zu befürchten, der den Antragstellern nicht zumutbar sei. Schließlich sei auch die Gefahr der Begehung von Straftaten zu berücksichtigen. Da die Antragsteller zum Kreis der Gewerbetreibenden zählten und zu Repräsentationszwecken teilweise auch größere Kraftfahrzeuge führen sowie entsprechende Immobilien errichtet hätten, bestehe eine nicht nur abstrakte Gefahr der Begehung von strafbaren Handlungen, da die Hofeinfahrten der Gewerbebetriebe angesichts des Publikumsverkehrs von potentiellen Kunden grundsätzlich unverschlossen seien.
Mit Schreiben vom 15.12.2015 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe die Einwendungen der Antragsteller zurück. Das Bauvorhaben sei aufgrund der zum 31.10.2015 geänderten Fassung des Bebauungsplans entsprechend der Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte in § 246 Abs. 10 BauGB in Abweichung von der früheren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im Wege der Befreiung als Anlage für soziale Zwecke ausnahmsweise zulässig. Die Abweichung vom Bebauungsplan sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Insbesondere sei ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu verneinen, da eine unzumutbare Beeinträchtigung aufgrund der Verwirklichung des Bauvorhabens nicht substantiiert geltend gemacht worden sei. Auch soweit die Antragsteller eine Wertminderung ihrer Grundstücke bzw. Auftragsrückgänge befürchteten, könne ein Abwehranspruch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur gegeben sein, wenn diese die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks sei. Eine solche Beeinträchtigung liege jedoch nicht vor. Von einer baulichen Anlage ausgehende Störungen und Belästigungen seien nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung aufträten und von bodenrechtlicher Relevanz seien. Insbesondere sei das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt würden. Befürchteten Belästigungen sei nicht mit den Mitteln des Baurechts, sondern nur im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder zivilen Nachbarrechts zu begegnen.
Zugleich erteilte das Regierungspräsidium Karlsruhe am 15.12.2015 der xxx eine bis zum 31.12.2019 befristete Baugenehmigung für das beantragte Bauvorhaben; hierauf wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
Hiergegen haben die Antragsteller am 14.01.2016 Klage erhoben und die vorliegenden Eilanträge gestellt. Zu deren Begründung wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem Einwendungsschreiben vom 16.06.2015 ohne allerdings die Ausführungen zur befürchteten Müllproblematik, zum vorgetragenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, zum befürchteten Wertverfall ihrer Grundstücke sowie zur angenommenen strafrechtlichen Relevanz des Vorhabens erneut aufzugreifen. Unabhängig davon, dass nach dem geänderten Bebauungsplan Wohnungen unzulässig seien, weshalb auch zu Wohn- bzw. Unterbringungszwecken errichtete Gebäude unzulässig sein müssten, sei das Bauvorhaben nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auch als Anlage für soziale Zwecke im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO unzulässig, weil sie im Gewerbegebiet als wohnähnliche Nutzung gebietsunverträglich sei.
Die Antragsteller beantragen (sachdienlich verstanden),
10 
1. die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen vom 14.01.2016 gegen die der xxx unter dem Aktenzeichen 21-2622.4-1/665 vom Regierungspräsidium Karlsruhe erteilte Baugenehmigung anzuordnen und
11 
2. den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, die weitere Ausführung der Bauarbeiten auf dem xxx, zu untersagen.
12 
Der Antragsgegner beantragt,
13 
die Anträge abzulehnen.
14 
Zur Begründung ergänzt der Antragsgegner die Ausführungen aus dem Schreiben des Regierungspräsidiums vom 15.12.2015 dahingehend, dass dem Vorhaben nicht deshalb Gründe des Allgemeinwohls entgegenstünden, weil die dort untergebrachten Flüchtlinge sich aufgrund fehlender Einkaufsmöglichkeiten nicht selbst versorgen könnten und auch ein hinreichender Anschluss an den Öffentlichen Personennahverkehr nicht gewährleistet sei. Eine Verletzung nachbarschützender Normen hierdurch sei nicht ersichtlich; im Übrigen lägen in etwa 300 Meter Entfernung zum Bauvorhaben ein Supermarkt und in etwa 500 Meter Entfernung Anschlüsse zu Regionalbussen und S-Bahnen.
15 
Die Beigeladene beantragt,
16 
die Anträge abzulehnen.
17 
Zur Begründung trägt sie vor, die angegriffene Baugenehmigung verletze die Antragsteller nicht in eigenen Rechten. Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts seien nicht geltend gemacht worden und lägen auch nicht vor. Auch ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts sei nicht gegeben. Der Bebauungsplan „Gewerbepark W. - 1. Änderung“ lasse seit dem 31.10.2015 Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zu. Die vom Antragsgegner in Anwendung von § 246 Abs. 10 BauGB in der Fassung des Gesetzes vom 20.11.2014 erteilte Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Die von den Antragstellern zitierte frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei zwischenzeitlich durch die Neufassung des § 246 Abs. 10 BauGB überholt. Der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs habe dementsprechend zuletzt mit Beschluss vom 11.03.2015 in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich ausgeführt, dass der Umstand, dass mit einer solchen Befreiung eine wohnähnliche Nutzungsform in das Gewerbegebiet getragen werde, nicht mehr relevant sei, da der Gesetzgeber mit § 246 Abs. 10 BauGB nunmehr eine abschließende Regelung zu Gunsten dieser Möglichkeit geschaffen habe. Auch das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt, da die Antragsteller weder vom genehmigten Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen unzumutbar beeinträchtigt würden. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der von den Antragstellern geltend gemachten Minderung des Werts ihrer Grundstücke. Soweit die Antragsteller aufgrund des angegriffenen Vorhabens die Erhöhung des Personenverkehrs, des Müllaufkommens sowie eine vermehrte Begehung von Straftaten im Umfeld der genehmigten Asylbewerberunterkunft befürchteten, sei dies nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Auch liege kein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragsteller vor, da ein betriebsbezogener Eingriff weder in deren Gewerbetriebe noch in die Eigentumssubstanz gegeben sei. Hilfsweise, da entsprechende Einwendungen nicht erhoben worden und die Antragsteller deshalb gemäß § 55 Abs. 2 LBO präkludiert seien, trägt die Beigeladene vor, die Antragsteller hätten auch mit Blick auf die im Gewerbegebiet zulässigen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm keine Nutzungseinschränkungen zu befürchten, da diese Richtwerte vorliegend von den Betrieben der Antragsteller eingehalten würden und auch Flüchtlingsunterkünften im Gewerbegebiet zumutbar seien.
18 
Der Kammer haben die Akten zum Baugenehmigungsverfahren der Beigeladenen und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie der Bebauungsplan „Gewerbepark W., 1. Änderung“ vom 31.10.2015 vorgelegen. Für das weitere Vorbringen der Beteiligten sowie die Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
19 
1. Die Anträge zu 1. sind als Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 14.01.2016 erhobenen Klagen der Antragsteller gegen die Baugenehmigung vom 15.12.2015 gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt., Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB zulässig.
20 
Soweit die Antragsteller darüber hinaus mit ihren Anträgen zu 2. begehren, den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, die weitere Ausführung der Bauarbeiten auf dem xxx, zu untersagen, sind die Anträge gemäß §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt., Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB zulässig.
21 
2. Sie sind jedoch unbegründet.
22 
Bei der vom Gericht zu treffenden Entscheidung über die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf und das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung des Verwaltungsakts gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf aller Voraussicht nach als erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Denn an der sofortigen Durchsetzung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als höchstwahrscheinlich erfolglos, so kommt regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung, das in § 212 a Abs. 1 BauGB gesetzlichen Ausdruck gefunden hat, der Vorrang zu (vgl. zum Ganzen W.-R. Schenke, in: Kopp/derselbe, VwGO-Kommentar, 21. Auflage 2015, § 80, Rn. 152 ff.).
23 
Die hier erhobenen Klagen werden voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Die hier angegriffene Baugenehmigung vom 15.12.2015 verletzt die Antragsteller bei summarischer Prüfung auf der Grundlage des jetzigen Sach- und Streitstands voraussichtlich nicht in nachbarschützenden Rechten i.S.d. §§ 42 Abs. 2 VwGO, 113 Abs. 1 S. 1 VwGO, die den Prüfungsmaßstab des Gerichts im Verfahren nach den §§ 80 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. 212 a Abs. 1 BauGB entsprechend einer in der Hauptsache zu erhebenden Anfechtungsklage der Nachbarn begrenzen.
24 
Vorliegend ist für die Kammer bei summarischer Prüfung weder die geltend gemachte Verletzung eines Gebietserhaltungsanspruchs der Antragsteller (unter a), noch eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme erkennbar (unter b).
25 
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer im jeweiligen Baugebiet. Ein Nachbar im Baugebiet kann sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. dazu zuletzt BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, NVwZ 2012, S. 825 = BVerwGE 142, 1, m.w.N. zur stRspr).
26 
Die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens innerhalb eines Baugebiets der Baunutzungsverordnung richtet sich nicht allein nach der Einordnung des Vorhabens in eine bestimmte Begriffskategorie (Nutzungs- oder Anlagenart), sondern auch nach der Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets. Die Prüfung der Gebietsverträglichkeit rechtfertigt sich aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften der Baunutzungsverordnung. Der Verordnungsgeber will durch die Zuordnung von Nutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten die vielfältigen und oft gegenläufigen Ansprüche an die Bodennutzung zu einem schonenden Ausgleich im Sinne überlegter Städtebaupolitik bringen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die vom Verordnungsgeber dem jeweiligen Baugebiet zugewiesene allgemeine Zweckbestimmung den Charakter des Gebiets eingrenzend bestimmt. Diesen rechtlichen Maßstab hat das Bundesverwaltungsgericht in zahlreichen Fällen angelegt, in denen zu entscheiden war, ob ein Vorhaben nach der Art der Nutzung in dem jeweils festgesetzten Baugebiet allgemein (regelhaft) zulässig ist. Er gilt auch für die in einem Baugebiet ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten. Zwischen der Zweckbestimmung des Baugebiets und den jeweils zugeordneten Nutzungsarten besteht ein funktionaler Zusammenhang, der für die Auslegung und Anwendung jeder tatbestandlich normierten Nutzungsart maßgeblich ist.
27 
Von maßgeblicher Bedeutung für die Frage, welche Vorhaben mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Baugebiets unverträglich sind, sind die Anforderungen des jeweiligen Vorhabens an ein Gebiet, die Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet und die Erfüllung des spezifischen Gebietsbedarfs. Entscheidend ist, ob ein Vorhaben dieser Art generell geeignet ist, ein bodenrechtlich beachtliches Störpotenzial zu entfalten, das sich mit der Zweckbestimmung des Baugebiets nicht verträgt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass im Geltungsbereich eines ausgewiesenen Baugebiets grundsätzlich auf jedem Baugrundstück die nach dem Katalog der Nutzungsarten der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung möglich sein soll. Das typische Störpotenzial kann nicht nur im Störgrad, sondern auch in der Störempfindlichkeit eines Vorhabens liegen. Im Rahmen dieser Beurteilung kommt es nicht auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft an. Die Gebietsverträglichkeit ist der Einzelfallprüfung auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO vorgelagert.
28 
Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung ist ein Gewerbegebiet geprägt von werktätiger Geschäftigkeit. Gewerbegebiete dienen gemäß § 8 Abs. 1 BauNVO vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet wird. Nach dem Leitbild der Baunutzungsverordnung ist ein Gewerbegebiet den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten (vgl. zum Vorstehenden wiederum BVerwG, Urteil vom 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, NVwZ 2012, S. 825 = BVerwGE 142, 1, m.w.N. zur stRspr). In Gewerbegebieten soll nicht gewohnt werden. Dies ergibt sich bestätigend aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, nach dem nur gleichsam als notwendige Ergänzung der gewerblichen Nutzung, Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und -leiter ausnahmsweise zugelassen werden können. Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, NVwZ 2002, S. 1384 <1385>).
29 
Das hier angegriffene Bauvorhaben führt jedoch nicht zur Zulassung einer Wohnnutzung im engeren Sinne, die im Gebiet des Bebauungsplans „W. - 1. Änderung“ aufgrund von § 8 BauNVO in der hier anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.1990 (BGBl. I 1990, S. 132) unzulässig wäre (unter aa). Das angegriffene Bauvorhaben unterfällt vielmehr als Anlage für soziale Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO der neugeschaffenen speziellen Befreiungsvorschrift in § 246 Abs. 10 BauGB in der Fassung des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl. I 2014, 1748). Die danach mögliche Abweichung vom Bebauungsplan dürfte am konkreten Standort auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen der Antragsteller mit öffentlichen Belangen vereinbar sein (unter bb).
30 
aa) Sollte es sich bei der geplanten Gemeinschaftsunterkunft nicht um eine Anlage für soziale Zwecke im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, sondern um eine Wohnnutzung im Sinne des § 3 BauNVO handeln, wäre diese im Plangebiet unzulässig. Dies ist jedoch nicht der Fall.
31 
Die Kriterien, nach denen zu beurteilen ist, ob es sich um eine Wohnnutzung im Sinne des § 3 BauNVO handelt, sind eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts. Diese Kriterien dienen insbesondere auch der Abgrenzung von anderen Nutzungsformen, etwa der Unterbringung, des Verwahrens unter gleichzeitiger Betreuung, der bloßen Schlafstätte oder anderer Einrichtungen, die nicht als Wohngebäude, sondern als soziale Einrichtungen einzustufen sind. Der Begriff des Wohnens verlangt danach u.a., dass Aufenthalts- und private Rückzugsräume vorhanden sind, die eine Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises ermöglichen. Auch Wohnheime können daher als Wohngebäude einzustufen sein, wenn sie nach ihrer Zweckbestimmung und Ausstattung Wohnbedürfnisse erfüllen können und sollen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.2015 - 3 S 1695/15 -, NVwZ 2015, S. 1781 .; BVerwG, Beschluss vom 25.03.1996 - 4 B 302.95 -, NVwZ 1996, S. 893 <894>; vgl. auch Hessischer VGH, Beschluss vom 18.09.2015 - 3 B 1518/15 -, juris, Rn. 9: „baulich abgeschlossener Bereich mit eigener Küche und Bad“).
32 
Bei dem angegriffenen Vorhaben handelt es sich im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung der Bausenate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu vergleichbaren Gemeinschaftsunterkünften (vgl. dazu zuletzt VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, S. 384; Beschluss vom 06.10.2015 - 3 S 1695/15 -, NVwZ 2015, S. 1781 ) hiernach nicht um eine Wohnnutzung im Sinne des § 3 BauNVO. Die in Modulbauweise zu errichtenden Gebäude verfügen zwar mit den vorhandenen 2-Bett-Zimmern, sowie den jeweils gemeinschaftlich zu nutzenden Sanitär- und Aufenthaltsräumen sowie den Gemeinschaftsküchen über die Grundelemente eines Wohngebäudes. Angesichts der begrenzten Größe der 2-Bett-Zimmer von lediglich zwischen 15,93 m2 und 16,73 m2 und der gemeinschaftlichen Nutzung der zwei Sanitär- und Badbereiche mit einer Fläche von jeweils 16,73 m2 und je einer Gemeinschaftsküche mit einer Fläche von 33,47 m2 pro Stockwerk ist allerdings eine hinreichende Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht möglich. Dies ergibt sich auch daraus, dass sich jeweils 45 Personen einen Aufenthaltsbereich mit einer Fläche von 33,24 m2 im Untergeschoss der beiden Gebäude zu teilen haben.
33 
bb) Soweit die Antragsteller weiter unter Berufung auf die frühere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vortragen, die geplante Gemeinschaftsunterkunft sei auch bei einer Einstufung des Bauvorhabens als Anlage für soziale Zwecke im Plangebiet unzulässig, weil sie nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für eine mehr als nur unbeachtlich kurze Zeitspanne - nämlich der Dauer seines Asylverfahrens - Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers sei, ihr damit ein wohnähnlicher Charakter zukomme und sie sich deshalb in einem Gewerbegebiet als gebietsunverträglich erweise, ist die genannte Rechtsprechung (vgl. insbesondere VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, S. 384; Beschluss vom 16.09.2014 - 5 S 1603/14 -, unveröffentlicht; vgl. darüber hinaus auch die Nachweise bei Kirchberg, VBlBW 2015, S. 225 <229 mit Fn. 50>) durch die neugeschaffene Befreiungsmöglichkeit in § 246 Abs. 10 BauGB überholt.
34 
Nach dieser Vorschrift kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
35 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit deren erstem Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2015 - 8 S 492/15 -, NVwZ-RR 2015, S. 637 ).
36 
Mit dem 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs geht die Kammer davon aus, dass bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB - zu berücksichtigen ist, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende, in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2015 - 8 S 492/15 -, NVwZ-RR 2015, S. 637 : Abänderung von Amts wegen des Beschlusses vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 -, VBlBW 2013, S. 384).
37 
b) Können sich die Antragsteller danach nicht auf die abstrakte Gebietsunverträglichkeit des angegriffenen Bauvorhabens im Plangebiet berufen, bleibt zu prüfen, ob nachbarliche Interessen einer - tatbestandlich im Übrigen erfüllten - Befreiung am konkreten Standort entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (vgl. wiederum VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.03.2015 - 8 S 492/15 -, NVwZ-RR 2015, S. 637 unter Verweis VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 -, NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
38 
Bei der Prüfung, ob eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilt werden kann, haben die Baurechtsbehörden nach der Vorstellung des Gesetzgebers jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die beantragte Flüchtlingsunterkunft mit den jeweils zulässigen Gewerbebetrieben miteinander verträglich ist. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Nutzungen im Gewerbegebiet im Hinblick auf ihre Emissionen und verkehrlichen Auswirkungen so gegliedert sind, dass es Bereiche gibt, in denen eine wohnähnliche Nutzung nicht unzumutbar gestört wird und von dieser wohnähnlichen Nutzung auch keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für zulässige gewerbliche Nutzungen ausgehen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 8 und 12).
39 
Im Fall des vorliegend angegriffenen Bauvorhabens dürfte dies gegeben sein.
40 
Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsteller entsprechende Einwendungen hinsichtlich einer Nutzungseinschränkung ihrer Betriebsgrundstücke aus Gründen des Immissionsschutzes mit ihrem Einwendungsschreiben vom 16.06.2015 gegen das Vorhaben und auch in der Folge nicht geltend gemacht haben, so dass sie mit diesem Einwand gemäß § 55 Abs. 2 LBO materiell präkludiert sein dürften.
41 
Auch in der Sache dürften nach Auffassung der Kammer angesichts der Gliederungsstruktur des im Bebauungsplan „Gewerbepark W., 1. Änderung“ festgesetzten Gewerbegebiets von dem im westlichen Teilbereich GE 1 gelegenen Bauvorhaben keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für die gewerblichen Nutzungen der Antragsteller in den östlich gelegenen Teilbereichen GE 2 und GE 3b des Plangebiets ausgehen, die vom angegriffenen Bauvorhaben durch die als Stichstraße angelegte xxx räumlich getrennt werden.
42 
Der Kammer erscheint es ohnehin fernliegend, wenn die Antragsteller annehmen, die im angegriffenen Bauvorhaben unterzubringenden Flüchtlinge würden sich ständig im Bereich des Gewerbegebiets aufhalten, da die genannte Stichstraße in Richtung des nahegelegenen Ortszentrums von xxx führt, wo ihnen sowohl Einkaufsmöglichkeiten als auch eine Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung stehen. Im Übrigen hätten die Antragsteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beigeladenen im Eilverfahren auch mit Blick auf die im Gewerbegebiet zulässigen Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm keine Nutzungseinschränkungen zu befürchten, da diese Richtwerte vorliegend von den Betrieben der Antragsteller eingehalten sind.
43 
Soweit die Antragsteller schließlich mit ihrem Einwendungsschreiben vom 16.06.2015 bei Verwirklichung des angegriffenen Bauvorhabens ein erhöhtes Müllaufkommen, die Abschreckung von Kunden, einen Wertverfall der Grundstückspreise im Gewerbegebiet und eine erhöhte Gefahr der Begehung von Straftaten befürchten, tragen sie damit eine baurechtlich relevante unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten ihrer Betriebsgrundstücke nicht substantiiert vor.
44 
Da sich jede - auch eine legale - Nachbarbebauung auf den Wert der umliegenden Grundstücke auswirken kann, kommt einer Wertminderung allenfalls eine Indizwirkung für die Interessenabwägung zu. Ein Abwehranspruch kann jedoch nur gegeben sein, wenn die Wertminderung die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks ist. Von einer baulichen Anlage ausgehende Störungen und Belästigungen sind im Übrigen nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Anderweitige (befürchtete) Belästigungen sind nicht Gegenstand baurechtlicher Betrachtung. Insbesondere ist das Baurecht im Allgemeinen nicht in der Lage, soziale Konflikte zu lösen, die wegen der Unterbringung von Asylbewerbern besorgt werden. Befürchteten Belästigungen kann nicht mit Mitteln des Baurechts, sondern nur im jeweiligen Einzelfall mit denen des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts begegnet werden (vgl. dazu nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.09.2014 - 2 B 1048/14 -, juris m.w.N. zur Rspr.).
45 
So verhält es sich auch hier. Weitere Verstöße gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
46 
3. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. 3 sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren hier aus Billigkeitsgesichtspunkten den Antragstellern aufzuerlegen, da die Beigeladene hier durch die - im Ergebnis erfolgreiche - Antragstellung ein Kostenrisiko i.S.d. § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist (vgl. nur W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 21. Auflage 2015, § 162, Rn. 23 m.w.N. zur Rspr.).
47 
B E S C H L U S S
48 
Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG auf 37.500,- Euro festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 1.1.3, 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt beschlossenen Änderung vom 18.07.2013; vgl. auch Funke-Kaiser, in: Bader/derselbe/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, Streitwertkatalog, Rn. 4 m.w.N. zur Rspr.: Zusammenrechnung, wenn verschiedene Grundstückseigentümer zusammen gegen Baugenehmigung des Nachbarn vorgehen).
49 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 GKG verwiesen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.


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(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die beabsichtigte Nutzungsänderung bestehender Gebäudeteile auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. in eine befristete Notunterkunft für Asylbegehrende.

Das Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „T.“ der Stadt in der Fassung der 1. Änderung vom 10. August 1991 (Datum des Inkrafttretens), der im maßgeblichen Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweist. Auf dem Grundstück befinden sich mehrere Gebäude, die (weiterhin) durch die ... AG AG genutzt werden. Ein Gebäudekomplex ist derzeit ungenutzt. Die Antragstellerin nutzt ihr ebenfalls im als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich des Bebauungsplans befindliches Grundstück Fl.Nr. 5678 der Gemarkung H. im Rahmen des Betriebs eines ...

Der Antragsgegner beabsichtigt, in den derzeit nicht genutzten Gebäudeteilen der bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. eine auf drei Jahre befristete Notunterkunft für bis zu 300 Asylbegehrende einzurichten. Das Staatliche Bauamt Sch. beantragte bei der Regierung von Unterfranken, dem Bauvorhaben die Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2015 an das Landratsamt Bad K. und das Staatliche Bauamt Sch. ließ die Antragstellerin beantragen, die Bauarbeiten einzustellen, die bevorstehende Nutzung zu untersagen bzw. entsprechende Handlungen zu unterlassen. Das Landratsamt Bad K. verwies gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 an die „übergeordnete Behörde“. Das Staatliche Bauamt Sch. teilte den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2015 mit, es sehe keine Veranlassung, den Bau einzustellen, eine Nutzungsaufnahme sei bisher nicht erfolgt.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten dem Staatlichen Bauamt Sch. unter dem 10. November 2015 mit, dass dem Bauvorhaben nicht zugestimmt werde.

Mit Beschluss des Stadtrates der Stadt vom 16. November 2015 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt.

2. Mit Schreiben vom 17. November 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Baumaßnahmen zur Errichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende auf dem Grundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Nutzung des Vorhabengrundstücks ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zum Betrieb einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

hilfsweise

den Antragsgegner (untere Bauaufsichtsbehörde) zu verpflichten, gegen die formell und materiell rechtswidrige Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge und die unmittelbar bevorstehende Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, durch eine Baueinstellungsverfügung und eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorzugehen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Informationen darüber vor, wie viele Personen in der Notunterkunft untergebracht werden sollten und auf welchen Zeitraum die Unterbringung befristet sei. In der Presse werde der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit der Aussage zitiert, Ende November/Anfang Dezember sollten die Flüchtlinge dort einziehen. Die Nachbarbeteiligung des Staatlichen Bauamts habe sich auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt. Ein Zustimmungsbescheid der Regierung von Unterfranken sei bisher nicht ergangen. Der Antragsgegner verhalte sich vorschriftswidrig und ignoriere das präventive Bauverbot der BayBO. Darüber hinaus sei eine Baueinstellung abgelehnt worden. Die Bauarbeiten nähmen ihren Fortgang, die Nutzungsaufnahme stehe bevor. Die untere Bauaufsichtsbehörde sei trotz der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft des Bauvorhabens zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten befugt. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Eilantrag nicht entgegen. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Seien die Bauarbeiten abgeschlossen und werde die beabsichtigte Nutzung aufgenommen, seien damit auf unabsehbare Zeit vollendete Tatsachen geschaffen. Im ausgewiesenen Industriegebiet sei dann eine gebietsunverträgliche wohnähnliche Nutzung etabliert, die nicht nur die aktuelle Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin etwa im Sinne von verstärkten Rücksichtnahmepflichten beeinträchtige, sondern darüber hinausgehend hinsichtlich künftiger industriegebietstypischer Nutzungen auf dem Grundstück der Antragstellerin limitierend wirke. Hinzu komme, dass die Nutzung als Notunterkunft prägend für das Industriegebiet in Erscheinung trete und nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass unter Inanspruchnahme weiterer Flächen weitere derartige Einrichtungen entstünden. Das Vorhaben sei formell und materiell rechtswidrig. Es widerspreche § 30 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Notunterkunft als Anlage für soziale Zwecke sei weder allgemein noch ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugelassen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Flüchtlingsunterbringung stehe das private Interesse der Antragstellerin gegenüber, insbesondere das Interesse an der Bewahrung des Gebietscharakters und am Ausschluss solcher Nutzungen, die gebietsunverträglich seien. Eine Notunterkunft für eine Vielzahl von Personen, sei in einem Industriegebiet nicht gebietsverträglich. Unterkünfte für Flüchtlinge seien in Gewerbegebieten nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832) nicht gebietsverträglich. Erst recht gelte dies für Industriegebiete. Der Gesetzgeber habe nur eine Befreiungsregelung vorgesehen. Zugunsten der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Größe des Industriegebiets mit 9,55 ha um eine hohe Zahl von Flüchtlingen gehe und das Vorhaben „Vorbildwirkung“ für die Einrichtung weiterer Unterkünfte habe, was den Effekt des „Umkippens“ des Gebietscharakters noch verstärken könne. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gebe dem Eigentümer von Grundstücken einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Er könne sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch bestehe dann, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Befreiungserteilung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch auf Einschreiten bzw. Unterlassen.

3. Die Regierung von Unterfranken beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Begründung des Ablehnungsantrags wird Bezug genommen.

Das Landratsamt Bad K. beantragte,

den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten abzulehnen.

Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

4. Laut telefonischer Auskunft der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 14, vom 20. November 2015 soll der Einzug der Flüchtlinge in die streitgegenständliche Notunterkunft am 25. November 2015 erfolgen.

5. Mit Bescheid vom 20. November 2015, der am selben Tag zur Post u. a. an die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegeben und per Fax an das Staatliche Bauamt Sch. übermittelt wurde, erteilte die Regierung von Unterfranken die auf drei Jahre befristete bauaufsichtliche Zustimmung zu dem Vorhaben und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragstellerin, vom Landratsamt Bad K. und der Regierung von Unterfranken vorgelegten Unterlagen und Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Anträge haben sämtlich keinen Erfolg.

2. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

3. Die Hauptanträge sind zwar zulässig, da mangels Bekanntgabe eines anfechtbaren Zustimmungsbescheids ein vorrangiges Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO derzeit noch nicht statthaft ist.

Sie erweisen sich aber als unbegründet. Der Antragstellerin steht bei der im Sofortverfahren nur möglichen summarischen Prüfung kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Baueinstellung und Unterlassung der beanstandeten Nutzung zur Seite.

a) Zwar ist vorliegend ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin unmittelbar gegen den Bauherrn oder Nutzer nicht deswegen von vorneherein ausgeschlossen, weil nach der Bayerischen Bauordnung die Bauaufsichtsbehörden berufen sind, mit Baueinstellungen oder Nutzungsuntersagungen gegen die rechtswidrige Errichtung oder Nutzung baulicher Anlagen - auch gegenüber Hoheitsträgern - vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris). Denn in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, scheiden bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

b) Allerdings ist eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

aa) Die Rüge formeller Mängel kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 ff. BayBO sind nicht nachbarschützend. Für die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gelten die gleichen Grundsätze wie für die Baugenehmigung und den dagegen Dritten zustehenden Rechtsschutz (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 73 Rn. 162). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Baugenehmigungs- und damit auch das Zustimmungsverfahren beachtet werden (BayVGH, B.v. 5.5.2015 - 1 ZB 13.2010 - juris). Ein Anspruch potentiell Drittbetroffener auf Durchführung eines Verfahrens für die Zulassung eines Vorhabens oder für die Unterlassung eines Vorhabens ohne Durchführung des Verfahrens, weil sonst der Nachbarschutz nicht gesichert sei, ist außer im Atomrecht nicht anerkannt (vgl. Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 288).

Ob eine Verletzung von formellen Rechten der Antragstellerin als Nachbarin nach Art. 66 BayBO, der im Zustimmungsverfahren nach Art. 73 Abs. 2 Satz 5 BayBO entsprechend anzuwenden ist, vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn dies würde ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags führen. Ein Nachbar kann wegen seiner fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung einen Rechtsbehelf zulässigerweise nur erheben, wenn er gleichzeitig geltend machen kann, auch in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein (Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 208).

bb) Einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch hat die Antragstellerin indes nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

aaa) Die Nutzungsänderung von Gebäudeteilen auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H als befristete Notunterkunft für Asylbegehrende verletzt voraussichtlich nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin.

Bei unterstellter Gültigkeit des Bebauungsplans steht der Antragstellerin zwar grundsätzlich unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs zu, da ihr Betriebsgrundstück innerhalb des Bebauungsplans liegt. Das Vorhaben einer befristeten Notunterkunft für Asylbegehrende ist seiner Art nach in einem Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 und 2 BauNVO auch nicht allgemein zulässig, unabhängig davon, ob man es als Anlage für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris; Hessischer VGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris) oder als eigenständige Nutzungsart (VG Berlin, B.v. 11.12.2014 - 13 L 327.14 - juris) ansieht.

Die Antragstellerin vermochte jedoch nicht darzulegen, warum das Vorhaben nicht unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zulassungsfähig sein soll.

Hintergrund der seit 24. Oktober 2015 gültigen Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte auch in Industriegebieten ist die Tatsache, dass es in Deutschland angesichts des seit Monaten massenhaften Andrangs von Asyl- und Schutzsuchenden einer deutlich größeren Anzahl und Kapazität von Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für Menschen, die als Asylberechtigte oder aus humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in Deutschland bleiben werden, bedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6185) werden zum Zweck einer schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs sollen davon unberührt bleiben.

Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Zur Prüfung der Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB abweichend zu § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Zulassung eines wohnähnlichen Vorhabens in ein Industriegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris). Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54). Eine Zulassung der benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären, wobei bei befristet zu errichtenden (mobilen) Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden muss (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung der Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen (vgl. VGH BW, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Nachbarn von dem Vorhaben selbst oder von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden könnten. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnten. Für unzumutbare Lärm- oder Geruchseinwirkungen des umliegenden Industriegebiets auf das Vorhaben bestehen keine Anhaltspunkte, so dass nicht ersichtlich ist, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015).

Der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht daher derzeit nichts entgegen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und des auf eine weitgehende Erteilung von Befreiungen gerichteten Ziels der neu geschaffenen, zeitlich befristeten Regelung (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, a. a. O.), dürfte wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Ob die Befreiung auf dieser Grundlage bereits (ermessensfehlerfrei) erteilt worden ist, ist vorliegend unerheblich. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind, noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14). Nichts anderes kann nach summarischer Prüfung für ein Vorhaben gelten, das nach dem zusätzlichen Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zugelassen werden kann.

bbb) Die geplante Nutzung verstößt auch voraussichtlich nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

Von dem geplanten Vorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin ausgehende Beeinträchtigungen sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Umgekehrt hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass sie bei Verwirklichung des Vorhabens Betriebseinschränkungen zu befürchten hätte. Davon abgesehen sind solche voraussichtlich auch nicht zu befürchten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015: „Alle weiteren Betriebe sind entweder nicht relevant in der Nachtzeit oder besitzen einen ausreichenden Schutzabstand zur geplanten Unterkunft“.).

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 30 BauGB längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderungen einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende privilegieren wollte. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Erteilung der Befreiung hinsichtlich des Nachbarschutzes zu beachten, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist zumindest unbegründet.

Wie oben bereits ausgeführt, scheiden in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

Darüber hinaus ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung und Nutzungsuntersagung nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. oben).

5. Nachdem bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde, kommt es auf die Frage einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.

6. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Streitwert wird auf 45.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragsteller,

2

die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die vom Antragsgegner zu dem Aktenzeichen erteilte Baugenehmigung vom 28.07.2015 anzuordnen,

3

hat keinen Erfolg.

4

Die Antragsteller wenden sich als Grundstückseigentümer und Gewerbetreibende gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Pension in eine sonstige Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende mit 41 Plätzen auf dem Grundstück Z-Straße in A-Stadt. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des seit 14. November 1992 rechtswirksamen Bebauungsplans "Gewerbegebiet Nr. 2 …". Der Bebauungsplan weist ein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus. Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Plangebietes, auf denen sie verschiedene Gewerbe (Bauunternehmen, Klima-/Kältetechnik, Metallbau, Tischlerei, Transportunternehmen, Gebäudetechnik) betreiben.

5

Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Drittbetroffenen gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Drittbetroffenen, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten - hier der Beigeladenen - an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller als Drittbetroffene gegen eine erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen können, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die zumindest auch eine nachbarschützende Funktion gerade ihnen gegenüber haben, mit der Folge, dass die rechtswidrige Baugenehmigung sie auch in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

6

Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Beigeladenen aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragsteller jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzen dürfte.

7

Den Antragstellern steht aller Voraussicht nach gegen das Vorhaben der Beigeladenen weder ein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruches (hierzu nachfolgend unter a)) noch wegen der Verletzung des hier aus § 15 BauNVO folgenden Rücksichtnahmegebotes (hierzu nachfolgend unter b)) zu.

8

a) Der Gebietserhaltungsanspruch beruht darauf, dass die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 2 BauNVO) innerhalb eines Baugebiets nachbarschützend sind. Der Anspruch trägt dem Umstand Rechnung, dass die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen dinglich Berechtigten diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - verhindern können. Der Anspruch steht nur den Grundstückeigentümern und sonst dinglich Berechtigten innerhalb eines – durch Bebauungsplan festgesetzten oder faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB) – Baugebiets zu, da nur in diesem Fall die Nachbarn denselben rechtlichen Bindungen unterliegen. Sind die Berechtigten der Grundstücke nicht denselben rechtlichen Bindungen unterworfen, etwa weil der Bebauungsplan unterschiedliche Baugebiete festsetzt, fehlt die Grundlage für den Gebietserhaltungsanspruch. Gebietsübergreifender Nachbarschutz kann in diesem Fall – jedenfalls im Grundsatz - nur nach Maßgabe des in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme erlangt werden (vgl. Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 13. Februar 2015 – 1 B 355/14 –, Rn. 29, juris, m.w.N).

9

Nach diesen Vorgaben können die Antragsteller sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen.

10

Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass sich das Vorhabengrundstück Z.-Straße 8 in A-Stadt innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes im Sinne von § 8 BauNVO befindet. Die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung bestimmt sich daher zunächst danach, ob es in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist. Zwar ist beides vorliegend nicht der Fall. Der Antragsgegner hat die Baugenehmigung vom 28. Juli 2015 allerdings voraussichtlich ohne Rechtsfehler unter Gewährung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB erteilt.

11

Nach § 8 Abs. 2 BauNVO sind (allgemein) im Gewerbegebiet zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (Nr. 1), Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude (Nr. 2), Tankstellen (Nr. 3), und Anlagen für sportliche Zwecke (Nr. 4). Ein Asylbewerberheim stellt keine der genannten Nutzungsarten dar und ist mithin innerhalb des vorliegend durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes nicht allgemein zulässig.

12

Die Kammer hat darüber hinaus in einem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich einer für das Vorhabengrundstück erteilten Nutzungsänderungsgenehmigung vom 24. Mai 2012 entschieden, dass die geplante Asylunterkunft auch nicht nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig ist, da es sich aufgrund der wohnähnlichen Nutzung solcher Unterkünfte nicht um Anlagen für soziale Zwecke handelt (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 29. September 2012 – 2 B 409/12 –, amtlicher Umdruck S. 5 ff.; vgl. anders – Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter – Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2015 – 1 ZB 14.2373 –, BayVBl 2015, 413, juris Rn. 3; vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 7 B 1343/14 –, Rn. 9 ff., juris).

13

Den Beigeladenen ist vorliegend eine Nutzungsänderungsgenehmigung allerdings mit einer Befreiung auf der Grundlage der mit Wirkung vom 26. November 2014 in das BauGB eingefügten Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB erteilt worden. Hiernach kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 BauNVO, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.

14

Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt, ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit dem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat. Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, NVwZ-RR 2015, 637, Rn. 14, juris).

15

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB liegen vor.

16

aa) Nach Angaben des Antragsgegners – die von den Antragstellern nicht in Frage gestellt werden – hat die Stadt A-Stadt als Plangeberin die ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan Nr. 2 weder ausgeschlossen noch die ausnahmsweise Zulässigkeit planungsrechtlich modifiziert. Die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB ist damit grundsätzlich möglich.

17

bb) Die Abweichung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

18

(1) Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind wie bei der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte. Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende, in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, a.a.O., Rn. 15, juris).

19

Nach diesen Vorgaben sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB aller Voraussicht nach nicht betroffen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von den Antragstellern vorgetragenen Lärmimmissionen, die von ihren Betrieben ausgehen. Es ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern substantiiert vorgetragen worden, das die in Rede stehenden Lärm- und Geruchsimmissionen zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Bewohner des streitgegenständlichen Asylbewerberheimes führen könnten. Zu beachten ist hierbei, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen. Zudem müssen die vorhandenen gewerblichen Nutzungen auch die nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBI. S. 503) - TA Lärm - für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht einhalten. Schließlich sind nach Angaben des Antragsgegners – denen die Antragsteller nicht widersprochen haben – im Plangebiet auch Betriebsleiterwohnungen, die nach § 8 Abs. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sind, vorhanden. So verfügen insbesondere die Antragsteller zu 1., 4. und 5. jeweils über Betriebsleiterwohnungen. Wenn auch Betriebsleiterwohnungen die in einem Gewerbegebiet zulässigen Lärmimmissionen hinnehmen müssen, die für eine allgemeine Wohnnutzung grundsätzlich unzumutbar sein können, müssen bei der ausnahmsweisen Zulassung von Betriebswohnungen doch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Bewohner im Gewerbegebiet gewährleistet sein (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 8 Rn. 14.11). Dementsprechend dürfen von den Betrieben der Antragsteller bereits ohne Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens keine gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgehen.

20

(2) Die Würdigung nachbarlicher Interessen fordert schließlich, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, a.a.O., Rn. 16, juris).

21

Nach diesen Vorgaben stehen die nachbarlichen Interessen der Antragsteller der Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen nicht entgegen. Die Antragsteller haben zwar die Betriebsabläufe der einzelnen gewerblichen Nutzungen dargestellt und geltend gemacht, dass sie in ihrer gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Störanfälligkeit der streitigen Asylbewerberunterkunft künftig eingeschränkt wären. Dem ist allerdings nicht zu folgen. Zweifelhaft ist bereits, ob die von den Antragstellern geschilderten Tätigkeiten (An- und Abfahrtverkehr, Be- und Entladearbeiten, lärmintensive Bearbeitungsschritte und Montagearbeiten; z. T. zur Nachtzeit) tatsächlich in einem solchen Ausmaß wie behauptet stattfinden. So haben die Antragsteller die dargestellten Betriebsabläufe lediglich behauptet, ohne sie – etwa durch Vorlage der entsprechenden Baugenehmigungen mit den zugehörigen Betriebsbeschreibungen – glaubhaft zu machen. Insbesondere kann so nicht nachvollzogen werden, ob einzelne Tätigkeiten rechtmäßigerweise auch zur Nachtzeit ausgeübt werden dürfen. Wie bereits vorstehend dargelegt, sind die Antragsteller darüber hinaus auch verpflichtet, die für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte einzuhalten und auf die vorhandenen Betriebswohnungen als störanfällige Nutzungen Rücksicht zu nehmen. Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang auch zu Recht auf den in dem streitgegenständlichen Gebäude früher bestehenden Pensionsbetrieb. Dass die Antragsteller aufgrund dieser Nutzung Einschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit hinnehmen mussten, haben sie selbst nicht behauptet. Da der Schutzanspruch der in Rede stehenden Asylunterkunft angesichts der vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB ausdrücklich für prinzipiell störanfällige wohnähnliche Nutzungen geschaffenen Befreiungsmöglichkeit nicht höher zu bewerten sein dürfte als der der früheren Pensionsnutzung bzw. der ansonsten im hier vorliegenden Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, dürfte eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Antragstellern zu verneinen sein. Angesichts dessen kann nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts offen bleiben, ob im Hinblick auf die nationale und drängende Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 12. Januar 2015 – 2 Bs 247/14 –, zitiert nach BT-Drs. 18/6185 S. 54) und die Antragsteller daher im Ergebnis auch aus Abwehransprüchen der Beigeladenen resultierende Beschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit hinzunehmen hätten.

22

cc) Die Erteilung der streitgegenständlichen Befreiung durch den Antragsgegner ist auch nicht im Verhältnis zu den Antragstellern ermessensfehlerhaft erfolgt.

23

Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung zu Gunsten der Beigeladenen auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind. Dies gilt auch für das der Baugenehmigungsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, Rn. 20, juris).

24

dd) Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller ist die den Beigeladenen erteilte Genehmigung auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie unbefristet erteilt wurde. Mit der Befristung der Geltungsdauer der Regelung des § 246 Abs. 10 BauGB bis zum 31. Dezember 2019 ist seitens des Gesetzgebers nicht beabsichtigt gewesen, nur befristete Befreiungen zu ermöglichen. Dies ergibt sich nunmehr aus der am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Neufassung des § 246 BauGB, in dessen Absatz 17 es ausdrücklich heißt, dass die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in den Absätzen 8 bis 16 sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann, bezieht. Dass der Gesetzgeber diese Intention bereits mit der Befristung in Absatz 10 der Vorschrift in ihrer vorherigen, gemäß § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB hier zu Grunde zu legenden Fassung verfolgt hat, ergibt sich aus der Begründung der Neufassung. Hier heißt es:

25

„In Absatz 17 soll aus Gründen der Klarstellung noch eindeutiger geregelt werden, dass sich die in den Absätzen 8 bis 16 vorgesehene Befristung nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum bezieht, in dem insbesondere im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann. Schon bislang ergab sich dies daraus, dass sich die Befristung grammatikalisch auf die Befugnis zur Zulassung bezog, also gerade nicht geregelt worden ist, dass die Zulassung selber (nur) „mit Wirkung bis zum 31. Dezember 2019“ erteilt werden kann (vgl. jetzt auch die auf drei Jahre zu befristenden Zulassungen nach § 246 Abs. 12 Satz 1 und Absatz 13 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Die Hinweise der Fachkommission Städtebau zur planungsrechtlichen Beurteilung von Standorten für Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in den verschiedenen Gebietskulissen vom 3. Februar 2015 haben die Befristung ebenfalls in dieser Weise interpretiert. Gleichwohl soll es gelegentlich zu Missverständnissen kommen, die nun durch § 246 Abs. 17 BauGB eindeutig ausgeschlossen werden sollen.“

26

Dementsprechend ist davon auszugehen, dass auch die streitgegenständliche Befreiung keiner Befristung bedurfte.

27

Da somit insgesamt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB vorliegen dürften, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller aus. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.

28

Nichts anderes dürfte summarischer Prüfung zufolge für ein Vorhaben gelten, das nach Maßgabe des neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden zusätzlichen Befreiungstatbestands des § 246 Abs. 10 BauGB zugelassen werden kann (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 7 B 1343/14 –, Rn. 14, juris).

29

b) Die streitgegenständliche Baugenehmigung erweist sich gegenüber den Antragstellern aller Voraussicht nach auch nicht als rücksichtslos.

30

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind Vorhaben rücksichtslos und damit unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

31

Diese Voraussetzungen dürften vorliegend nicht erfüllt sein. Hierzu kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens der Beigeladenen mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen im Sinne von § 246 Abs. 10 BauGB verwiesen werden. Im Ergebnis kann in diesem Zusammenhang nichts anderes gelten.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben, erscheint es billig, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern ebenfalls aufzuerlegen.

33

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an Ziffern 1.1.3, 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei hat das Gericht den sich für das Klageverfahren ergebenden Streitwert für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die beabsichtigte Nutzungsänderung bestehender Gebäudeteile auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. in eine befristete Notunterkunft für Asylbegehrende.

Das Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „T.“ der Stadt in der Fassung der 1. Änderung vom 10. August 1991 (Datum des Inkrafttretens), der im maßgeblichen Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweist. Auf dem Grundstück befinden sich mehrere Gebäude, die (weiterhin) durch die ... AG AG genutzt werden. Ein Gebäudekomplex ist derzeit ungenutzt. Die Antragstellerin nutzt ihr ebenfalls im als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich des Bebauungsplans befindliches Grundstück Fl.Nr. 5678 der Gemarkung H. im Rahmen des Betriebs eines ...

Der Antragsgegner beabsichtigt, in den derzeit nicht genutzten Gebäudeteilen der bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. eine auf drei Jahre befristete Notunterkunft für bis zu 300 Asylbegehrende einzurichten. Das Staatliche Bauamt Sch. beantragte bei der Regierung von Unterfranken, dem Bauvorhaben die Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2015 an das Landratsamt Bad K. und das Staatliche Bauamt Sch. ließ die Antragstellerin beantragen, die Bauarbeiten einzustellen, die bevorstehende Nutzung zu untersagen bzw. entsprechende Handlungen zu unterlassen. Das Landratsamt Bad K. verwies gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 an die „übergeordnete Behörde“. Das Staatliche Bauamt Sch. teilte den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2015 mit, es sehe keine Veranlassung, den Bau einzustellen, eine Nutzungsaufnahme sei bisher nicht erfolgt.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten dem Staatlichen Bauamt Sch. unter dem 10. November 2015 mit, dass dem Bauvorhaben nicht zugestimmt werde.

Mit Beschluss des Stadtrates der Stadt vom 16. November 2015 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt.

2. Mit Schreiben vom 17. November 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Baumaßnahmen zur Errichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende auf dem Grundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Nutzung des Vorhabengrundstücks ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zum Betrieb einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

hilfsweise

den Antragsgegner (untere Bauaufsichtsbehörde) zu verpflichten, gegen die formell und materiell rechtswidrige Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge und die unmittelbar bevorstehende Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, durch eine Baueinstellungsverfügung und eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorzugehen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Informationen darüber vor, wie viele Personen in der Notunterkunft untergebracht werden sollten und auf welchen Zeitraum die Unterbringung befristet sei. In der Presse werde der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit der Aussage zitiert, Ende November/Anfang Dezember sollten die Flüchtlinge dort einziehen. Die Nachbarbeteiligung des Staatlichen Bauamts habe sich auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt. Ein Zustimmungsbescheid der Regierung von Unterfranken sei bisher nicht ergangen. Der Antragsgegner verhalte sich vorschriftswidrig und ignoriere das präventive Bauverbot der BayBO. Darüber hinaus sei eine Baueinstellung abgelehnt worden. Die Bauarbeiten nähmen ihren Fortgang, die Nutzungsaufnahme stehe bevor. Die untere Bauaufsichtsbehörde sei trotz der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft des Bauvorhabens zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten befugt. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Eilantrag nicht entgegen. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Seien die Bauarbeiten abgeschlossen und werde die beabsichtigte Nutzung aufgenommen, seien damit auf unabsehbare Zeit vollendete Tatsachen geschaffen. Im ausgewiesenen Industriegebiet sei dann eine gebietsunverträgliche wohnähnliche Nutzung etabliert, die nicht nur die aktuelle Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin etwa im Sinne von verstärkten Rücksichtnahmepflichten beeinträchtige, sondern darüber hinausgehend hinsichtlich künftiger industriegebietstypischer Nutzungen auf dem Grundstück der Antragstellerin limitierend wirke. Hinzu komme, dass die Nutzung als Notunterkunft prägend für das Industriegebiet in Erscheinung trete und nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass unter Inanspruchnahme weiterer Flächen weitere derartige Einrichtungen entstünden. Das Vorhaben sei formell und materiell rechtswidrig. Es widerspreche § 30 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Notunterkunft als Anlage für soziale Zwecke sei weder allgemein noch ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugelassen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Flüchtlingsunterbringung stehe das private Interesse der Antragstellerin gegenüber, insbesondere das Interesse an der Bewahrung des Gebietscharakters und am Ausschluss solcher Nutzungen, die gebietsunverträglich seien. Eine Notunterkunft für eine Vielzahl von Personen, sei in einem Industriegebiet nicht gebietsverträglich. Unterkünfte für Flüchtlinge seien in Gewerbegebieten nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832) nicht gebietsverträglich. Erst recht gelte dies für Industriegebiete. Der Gesetzgeber habe nur eine Befreiungsregelung vorgesehen. Zugunsten der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Größe des Industriegebiets mit 9,55 ha um eine hohe Zahl von Flüchtlingen gehe und das Vorhaben „Vorbildwirkung“ für die Einrichtung weiterer Unterkünfte habe, was den Effekt des „Umkippens“ des Gebietscharakters noch verstärken könne. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gebe dem Eigentümer von Grundstücken einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Er könne sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch bestehe dann, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Befreiungserteilung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch auf Einschreiten bzw. Unterlassen.

3. Die Regierung von Unterfranken beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Begründung des Ablehnungsantrags wird Bezug genommen.

Das Landratsamt Bad K. beantragte,

den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten abzulehnen.

Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

4. Laut telefonischer Auskunft der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 14, vom 20. November 2015 soll der Einzug der Flüchtlinge in die streitgegenständliche Notunterkunft am 25. November 2015 erfolgen.

5. Mit Bescheid vom 20. November 2015, der am selben Tag zur Post u. a. an die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegeben und per Fax an das Staatliche Bauamt Sch. übermittelt wurde, erteilte die Regierung von Unterfranken die auf drei Jahre befristete bauaufsichtliche Zustimmung zu dem Vorhaben und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragstellerin, vom Landratsamt Bad K. und der Regierung von Unterfranken vorgelegten Unterlagen und Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Anträge haben sämtlich keinen Erfolg.

2. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

3. Die Hauptanträge sind zwar zulässig, da mangels Bekanntgabe eines anfechtbaren Zustimmungsbescheids ein vorrangiges Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO derzeit noch nicht statthaft ist.

Sie erweisen sich aber als unbegründet. Der Antragstellerin steht bei der im Sofortverfahren nur möglichen summarischen Prüfung kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Baueinstellung und Unterlassung der beanstandeten Nutzung zur Seite.

a) Zwar ist vorliegend ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin unmittelbar gegen den Bauherrn oder Nutzer nicht deswegen von vorneherein ausgeschlossen, weil nach der Bayerischen Bauordnung die Bauaufsichtsbehörden berufen sind, mit Baueinstellungen oder Nutzungsuntersagungen gegen die rechtswidrige Errichtung oder Nutzung baulicher Anlagen - auch gegenüber Hoheitsträgern - vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris). Denn in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, scheiden bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

b) Allerdings ist eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

aa) Die Rüge formeller Mängel kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 ff. BayBO sind nicht nachbarschützend. Für die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gelten die gleichen Grundsätze wie für die Baugenehmigung und den dagegen Dritten zustehenden Rechtsschutz (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 73 Rn. 162). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Baugenehmigungs- und damit auch das Zustimmungsverfahren beachtet werden (BayVGH, B.v. 5.5.2015 - 1 ZB 13.2010 - juris). Ein Anspruch potentiell Drittbetroffener auf Durchführung eines Verfahrens für die Zulassung eines Vorhabens oder für die Unterlassung eines Vorhabens ohne Durchführung des Verfahrens, weil sonst der Nachbarschutz nicht gesichert sei, ist außer im Atomrecht nicht anerkannt (vgl. Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 288).

Ob eine Verletzung von formellen Rechten der Antragstellerin als Nachbarin nach Art. 66 BayBO, der im Zustimmungsverfahren nach Art. 73 Abs. 2 Satz 5 BayBO entsprechend anzuwenden ist, vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn dies würde ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags führen. Ein Nachbar kann wegen seiner fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung einen Rechtsbehelf zulässigerweise nur erheben, wenn er gleichzeitig geltend machen kann, auch in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein (Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 208).

bb) Einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch hat die Antragstellerin indes nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

aaa) Die Nutzungsänderung von Gebäudeteilen auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H als befristete Notunterkunft für Asylbegehrende verletzt voraussichtlich nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin.

Bei unterstellter Gültigkeit des Bebauungsplans steht der Antragstellerin zwar grundsätzlich unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs zu, da ihr Betriebsgrundstück innerhalb des Bebauungsplans liegt. Das Vorhaben einer befristeten Notunterkunft für Asylbegehrende ist seiner Art nach in einem Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 und 2 BauNVO auch nicht allgemein zulässig, unabhängig davon, ob man es als Anlage für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris; Hessischer VGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris) oder als eigenständige Nutzungsart (VG Berlin, B.v. 11.12.2014 - 13 L 327.14 - juris) ansieht.

Die Antragstellerin vermochte jedoch nicht darzulegen, warum das Vorhaben nicht unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zulassungsfähig sein soll.

Hintergrund der seit 24. Oktober 2015 gültigen Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte auch in Industriegebieten ist die Tatsache, dass es in Deutschland angesichts des seit Monaten massenhaften Andrangs von Asyl- und Schutzsuchenden einer deutlich größeren Anzahl und Kapazität von Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für Menschen, die als Asylberechtigte oder aus humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in Deutschland bleiben werden, bedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6185) werden zum Zweck einer schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs sollen davon unberührt bleiben.

Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Zur Prüfung der Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB abweichend zu § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Zulassung eines wohnähnlichen Vorhabens in ein Industriegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris). Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54). Eine Zulassung der benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären, wobei bei befristet zu errichtenden (mobilen) Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden muss (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung der Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen (vgl. VGH BW, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Nachbarn von dem Vorhaben selbst oder von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden könnten. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnten. Für unzumutbare Lärm- oder Geruchseinwirkungen des umliegenden Industriegebiets auf das Vorhaben bestehen keine Anhaltspunkte, so dass nicht ersichtlich ist, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015).

Der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht daher derzeit nichts entgegen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und des auf eine weitgehende Erteilung von Befreiungen gerichteten Ziels der neu geschaffenen, zeitlich befristeten Regelung (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, a. a. O.), dürfte wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Ob die Befreiung auf dieser Grundlage bereits (ermessensfehlerfrei) erteilt worden ist, ist vorliegend unerheblich. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind, noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14). Nichts anderes kann nach summarischer Prüfung für ein Vorhaben gelten, das nach dem zusätzlichen Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zugelassen werden kann.

bbb) Die geplante Nutzung verstößt auch voraussichtlich nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

Von dem geplanten Vorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin ausgehende Beeinträchtigungen sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Umgekehrt hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass sie bei Verwirklichung des Vorhabens Betriebseinschränkungen zu befürchten hätte. Davon abgesehen sind solche voraussichtlich auch nicht zu befürchten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015: „Alle weiteren Betriebe sind entweder nicht relevant in der Nachtzeit oder besitzen einen ausreichenden Schutzabstand zur geplanten Unterkunft“.).

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 30 BauGB längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderungen einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende privilegieren wollte. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Erteilung der Befreiung hinsichtlich des Nachbarschutzes zu beachten, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist zumindest unbegründet.

Wie oben bereits ausgeführt, scheiden in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

Darüber hinaus ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung und Nutzungsuntersagung nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. oben).

5. Nachdem bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde, kommt es auf die Frage einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.

6. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Streitwert wird auf 45.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragsteller,

2

die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die vom Antragsgegner zu dem Aktenzeichen erteilte Baugenehmigung vom 28.07.2015 anzuordnen,

3

hat keinen Erfolg.

4

Die Antragsteller wenden sich als Grundstückseigentümer und Gewerbetreibende gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Pension in eine sonstige Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende mit 41 Plätzen auf dem Grundstück Z-Straße in A-Stadt. Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des seit 14. November 1992 rechtswirksamen Bebauungsplans "Gewerbegebiet Nr. 2 …". Der Bebauungsplan weist ein Gewerbegebiet nach § 8 Baunutzungsverordnung (BauNVO) aus. Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Plangebietes, auf denen sie verschiedene Gewerbe (Bauunternehmen, Klima-/Kältetechnik, Metallbau, Tischlerei, Transportunternehmen, Gebäudetechnik) betreiben.

5

Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Drittbetroffenen gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Drittbetroffenen, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten - hier der Beigeladenen - an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragsteller als Drittbetroffene gegen eine erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen können, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die zumindest auch eine nachbarschützende Funktion gerade ihnen gegenüber haben, mit der Folge, dass die rechtswidrige Baugenehmigung sie auch in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

6

Nach Maßgabe dieser Grundsätze geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Beigeladenen aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache keinen Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragsteller jedenfalls nicht in ihren Rechten verletzen dürfte.

7

Den Antragstellern steht aller Voraussicht nach gegen das Vorhaben der Beigeladenen weder ein Abwehrrecht aufgrund eines Gebietserhaltungsanspruches (hierzu nachfolgend unter a)) noch wegen der Verletzung des hier aus § 15 BauNVO folgenden Rücksichtnahmegebotes (hierzu nachfolgend unter b)) zu.

8

a) Der Gebietserhaltungsanspruch beruht darauf, dass die Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung (§ 1 Abs. 2 BauNVO) innerhalb eines Baugebiets nachbarschützend sind. Der Anspruch trägt dem Umstand Rechnung, dass die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden sind. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeit des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen dinglich Berechtigten diesen Beschränkungen unterworfen sind. Im Rahmen dieses nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll daher jeder Planbetroffene im Baugebiet das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - verhindern können. Der Anspruch steht nur den Grundstückeigentümern und sonst dinglich Berechtigten innerhalb eines – durch Bebauungsplan festgesetzten oder faktischen (vgl. § 34 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB) – Baugebiets zu, da nur in diesem Fall die Nachbarn denselben rechtlichen Bindungen unterliegen. Sind die Berechtigten der Grundstücke nicht denselben rechtlichen Bindungen unterworfen, etwa weil der Bebauungsplan unterschiedliche Baugebiete festsetzt, fehlt die Grundlage für den Gebietserhaltungsanspruch. Gebietsübergreifender Nachbarschutz kann in diesem Fall – jedenfalls im Grundsatz - nur nach Maßgabe des in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltenen Gebots der Rücksichtnahme erlangt werden (vgl. Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 13. Februar 2015 – 1 B 355/14 –, Rn. 29, juris, m.w.N).

9

Nach diesen Vorgaben können die Antragsteller sich nicht auf einen Gebietserhaltungsanspruch berufen.

10

Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass sich das Vorhabengrundstück Z.-Straße 8 in A-Stadt innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes im Sinne von § 8 BauNVO befindet. Die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung bestimmt sich daher zunächst danach, ob es in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist. Zwar ist beides vorliegend nicht der Fall. Der Antragsgegner hat die Baugenehmigung vom 28. Juli 2015 allerdings voraussichtlich ohne Rechtsfehler unter Gewährung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB erteilt.

11

Nach § 8 Abs. 2 BauNVO sind (allgemein) im Gewerbegebiet zulässig Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (Nr. 1), Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude (Nr. 2), Tankstellen (Nr. 3), und Anlagen für sportliche Zwecke (Nr. 4). Ein Asylbewerberheim stellt keine der genannten Nutzungsarten dar und ist mithin innerhalb des vorliegend durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes nicht allgemein zulässig.

12

Die Kammer hat darüber hinaus in einem vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bezüglich einer für das Vorhabengrundstück erteilten Nutzungsänderungsgenehmigung vom 24. Mai 2012 entschieden, dass die geplante Asylunterkunft auch nicht nach § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässig ist, da es sich aufgrund der wohnähnlichen Nutzung solcher Unterkünfte nicht um Anlagen für soziale Zwecke handelt (vgl. VG Schwerin, Beschluss vom 29. September 2012 – 2 B 409/12 –, amtlicher Umdruck S. 5 ff.; vgl. anders – Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter – Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 5. März 2015 – 1 ZB 14.2373 –, BayVBl 2015, 413, juris Rn. 3; vgl. auch Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 7 B 1343/14 –, Rn. 9 ff., juris).

13

Den Beigeladenen ist vorliegend eine Nutzungsänderungsgenehmigung allerdings mit einer Befreiung auf der Grundlage der mit Wirkung vom 26. November 2014 in das BauGB eingefügten Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB erteilt worden. Hiernach kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten (§ 8 BauNVO, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.

14

Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt, ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit dem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat. Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, NVwZ-RR 2015, 637, Rn. 14, juris).

15

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB liegen vor.

16

aa) Nach Angaben des Antragsgegners – die von den Antragstellern nicht in Frage gestellt werden – hat die Stadt A-Stadt als Plangeberin die ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke im Bebauungsplan Nr. 2 weder ausgeschlossen noch die ausnahmsweise Zulässigkeit planungsrechtlich modifiziert. Die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB ist damit grundsätzlich möglich.

17

bb) Die Abweichung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

18

(1) Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind wie bei der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte. Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende, in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, a.a.O., Rn. 15, juris).

19

Nach diesen Vorgaben sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB aller Voraussicht nach nicht betroffen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von den Antragstellern vorgetragenen Lärmimmissionen, die von ihren Betrieben ausgehen. Es ist weder ersichtlich noch von den Antragstellern substantiiert vorgetragen worden, das die in Rede stehenden Lärm- und Geruchsimmissionen zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Bewohner des streitgegenständlichen Asylbewerberheimes führen könnten. Zu beachten ist hierbei, dass Gewerbegebiete nach § 8 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dienen. Zudem müssen die vorhandenen gewerblichen Nutzungen auch die nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBI. S. 503) - TA Lärm - für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht einhalten. Schließlich sind nach Angaben des Antragsgegners – denen die Antragsteller nicht widersprochen haben – im Plangebiet auch Betriebsleiterwohnungen, die nach § 8 Abs. 3 BauNVO im Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässig sind, vorhanden. So verfügen insbesondere die Antragsteller zu 1., 4. und 5. jeweils über Betriebsleiterwohnungen. Wenn auch Betriebsleiterwohnungen die in einem Gewerbegebiet zulässigen Lärmimmissionen hinnehmen müssen, die für eine allgemeine Wohnnutzung grundsätzlich unzumutbar sein können, müssen bei der ausnahmsweisen Zulassung von Betriebswohnungen doch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse und die Sicherheit der Bewohner im Gewerbegebiet gewährleistet sein (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 8 Rn. 14.11). Dementsprechend dürfen von den Betrieben der Antragsteller bereits ohne Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens keine gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgehen.

20

(2) Die Würdigung nachbarlicher Interessen fordert schließlich, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, a.a.O., Rn. 16, juris).

21

Nach diesen Vorgaben stehen die nachbarlichen Interessen der Antragsteller der Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen nicht entgegen. Die Antragsteller haben zwar die Betriebsabläufe der einzelnen gewerblichen Nutzungen dargestellt und geltend gemacht, dass sie in ihrer gewerblichen Tätigkeit aufgrund der Störanfälligkeit der streitigen Asylbewerberunterkunft künftig eingeschränkt wären. Dem ist allerdings nicht zu folgen. Zweifelhaft ist bereits, ob die von den Antragstellern geschilderten Tätigkeiten (An- und Abfahrtverkehr, Be- und Entladearbeiten, lärmintensive Bearbeitungsschritte und Montagearbeiten; z. T. zur Nachtzeit) tatsächlich in einem solchen Ausmaß wie behauptet stattfinden. So haben die Antragsteller die dargestellten Betriebsabläufe lediglich behauptet, ohne sie – etwa durch Vorlage der entsprechenden Baugenehmigungen mit den zugehörigen Betriebsbeschreibungen – glaubhaft zu machen. Insbesondere kann so nicht nachvollzogen werden, ob einzelne Tätigkeiten rechtmäßigerweise auch zur Nachtzeit ausgeübt werden dürfen. Wie bereits vorstehend dargelegt, sind die Antragsteller darüber hinaus auch verpflichtet, die für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte einzuhalten und auf die vorhandenen Betriebswohnungen als störanfällige Nutzungen Rücksicht zu nehmen. Der Antragsgegner verweist in diesem Zusammenhang auch zu Recht auf den in dem streitgegenständlichen Gebäude früher bestehenden Pensionsbetrieb. Dass die Antragsteller aufgrund dieser Nutzung Einschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit hinnehmen mussten, haben sie selbst nicht behauptet. Da der Schutzanspruch der in Rede stehenden Asylunterkunft angesichts der vom Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB ausdrücklich für prinzipiell störanfällige wohnähnliche Nutzungen geschaffenen Befreiungsmöglichkeit nicht höher zu bewerten sein dürfte als der der früheren Pensionsnutzung bzw. der ansonsten im hier vorliegenden Gewerbegebiet ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke, dürfte eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Antragstellern zu verneinen sein. Angesichts dessen kann nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand des Gerichts offen bleiben, ob im Hinblick auf die nationale und drängende Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. in diesem Sinne Oberverwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 12. Januar 2015 – 2 Bs 247/14 –, zitiert nach BT-Drs. 18/6185 S. 54) und die Antragsteller daher im Ergebnis auch aus Abwehransprüchen der Beigeladenen resultierende Beschränkungen ihrer gewerblichen Tätigkeit hinzunehmen hätten.

22

cc) Die Erteilung der streitgegenständlichen Befreiung durch den Antragsgegner ist auch nicht im Verhältnis zu den Antragstellern ermessensfehlerhaft erfolgt.

23

Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung zu Gunsten der Beigeladenen auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind. Dies gilt auch für das der Baugenehmigungsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2015 – 8 S 492/15 –, Rn. 20, juris).

24

dd) Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsteller ist die den Beigeladenen erteilte Genehmigung auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie unbefristet erteilt wurde. Mit der Befristung der Geltungsdauer der Regelung des § 246 Abs. 10 BauGB bis zum 31. Dezember 2019 ist seitens des Gesetzgebers nicht beabsichtigt gewesen, nur befristete Befreiungen zu ermöglichen. Dies ergibt sich nunmehr aus der am 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Neufassung des § 246 BauGB, in dessen Absatz 17 es ausdrücklich heißt, dass die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in den Absätzen 8 bis 16 sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann, bezieht. Dass der Gesetzgeber diese Intention bereits mit der Befristung in Absatz 10 der Vorschrift in ihrer vorherigen, gemäß § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB hier zu Grunde zu legenden Fassung verfolgt hat, ergibt sich aus der Begründung der Neufassung. Hier heißt es:

25

„In Absatz 17 soll aus Gründen der Klarstellung noch eindeutiger geregelt werden, dass sich die in den Absätzen 8 bis 16 vorgesehene Befristung nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum bezieht, in dem insbesondere im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann. Schon bislang ergab sich dies daraus, dass sich die Befristung grammatikalisch auf die Befugnis zur Zulassung bezog, also gerade nicht geregelt worden ist, dass die Zulassung selber (nur) „mit Wirkung bis zum 31. Dezember 2019“ erteilt werden kann (vgl. jetzt auch die auf drei Jahre zu befristenden Zulassungen nach § 246 Abs. 12 Satz 1 und Absatz 13 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Die Hinweise der Fachkommission Städtebau zur planungsrechtlichen Beurteilung von Standorten für Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in den verschiedenen Gebietskulissen vom 3. Februar 2015 haben die Befristung ebenfalls in dieser Weise interpretiert. Gleichwohl soll es gelegentlich zu Missverständnissen kommen, die nun durch § 246 Abs. 17 BauGB eindeutig ausgeschlossen werden sollen.“

26

Dementsprechend ist davon auszugehen, dass auch die streitgegenständliche Befreiung keiner Befristung bedurfte.

27

Da somit insgesamt die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB vorliegen dürften, scheidet ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller aus. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können.

28

Nichts anderes dürfte summarischer Prüfung zufolge für ein Vorhaben gelten, das nach Maßgabe des neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden zusätzlichen Befreiungstatbestands des § 246 Abs. 10 BauGB zugelassen werden kann (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Februar 2015 – 7 B 1343/14 –, Rn. 14, juris).

29

b) Die streitgegenständliche Baugenehmigung erweist sich gegenüber den Antragstellern aller Voraussicht nach auch nicht als rücksichtslos.

30

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind Vorhaben rücksichtslos und damit unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

31

Diese Voraussetzungen dürften vorliegend nicht erfüllt sein. Hierzu kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens der Beigeladenen mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung der nachbarlichen Interessen im Sinne von § 246 Abs. 10 BauGB verwiesen werden. Im Ergebnis kann in diesem Zusammenhang nichts anderes gelten.

32

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben, erscheint es billig, ihre außergerichtlichen Kosten den Antragstellern ebenfalls aufzuerlegen.

33

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich an Ziffern 1.1.3, 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei hat das Gericht den sich für das Klageverfahren ergebenden Streitwert für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zu einem Fünftel; hierbei haften die Antragsteller zu 1. und 2., bzw. zu 3. und 4. bzw. zu 5. und 6. für den ihnen auferlegten Kostenanteil eines Fünftels jeweils als Gesamtschuldner.

Der Streitwert wird - unter Änderung der erstinstanzlichen Festsetzung - für das Verfahren beider Rechtszüge auf 18.750 Euro festgesetzt.


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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. Oktober 2014 (2 K 5922/14) gegen die der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung vom 14. Oktober 2014 (Az.: 00/000/0000/0000) wird angeordnet.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.


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Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die beabsichtigte Nutzungsänderung bestehender Gebäudeteile auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. in eine befristete Notunterkunft für Asylbegehrende.

Das Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „T.“ der Stadt in der Fassung der 1. Änderung vom 10. August 1991 (Datum des Inkrafttretens), der im maßgeblichen Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweist. Auf dem Grundstück befinden sich mehrere Gebäude, die (weiterhin) durch die ... AG AG genutzt werden. Ein Gebäudekomplex ist derzeit ungenutzt. Die Antragstellerin nutzt ihr ebenfalls im als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich des Bebauungsplans befindliches Grundstück Fl.Nr. 5678 der Gemarkung H. im Rahmen des Betriebs eines ...

Der Antragsgegner beabsichtigt, in den derzeit nicht genutzten Gebäudeteilen der bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. eine auf drei Jahre befristete Notunterkunft für bis zu 300 Asylbegehrende einzurichten. Das Staatliche Bauamt Sch. beantragte bei der Regierung von Unterfranken, dem Bauvorhaben die Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2015 an das Landratsamt Bad K. und das Staatliche Bauamt Sch. ließ die Antragstellerin beantragen, die Bauarbeiten einzustellen, die bevorstehende Nutzung zu untersagen bzw. entsprechende Handlungen zu unterlassen. Das Landratsamt Bad K. verwies gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 an die „übergeordnete Behörde“. Das Staatliche Bauamt Sch. teilte den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2015 mit, es sehe keine Veranlassung, den Bau einzustellen, eine Nutzungsaufnahme sei bisher nicht erfolgt.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten dem Staatlichen Bauamt Sch. unter dem 10. November 2015 mit, dass dem Bauvorhaben nicht zugestimmt werde.

Mit Beschluss des Stadtrates der Stadt vom 16. November 2015 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt.

2. Mit Schreiben vom 17. November 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Baumaßnahmen zur Errichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende auf dem Grundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Nutzung des Vorhabengrundstücks ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zum Betrieb einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

hilfsweise

den Antragsgegner (untere Bauaufsichtsbehörde) zu verpflichten, gegen die formell und materiell rechtswidrige Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge und die unmittelbar bevorstehende Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, durch eine Baueinstellungsverfügung und eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorzugehen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Informationen darüber vor, wie viele Personen in der Notunterkunft untergebracht werden sollten und auf welchen Zeitraum die Unterbringung befristet sei. In der Presse werde der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit der Aussage zitiert, Ende November/Anfang Dezember sollten die Flüchtlinge dort einziehen. Die Nachbarbeteiligung des Staatlichen Bauamts habe sich auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt. Ein Zustimmungsbescheid der Regierung von Unterfranken sei bisher nicht ergangen. Der Antragsgegner verhalte sich vorschriftswidrig und ignoriere das präventive Bauverbot der BayBO. Darüber hinaus sei eine Baueinstellung abgelehnt worden. Die Bauarbeiten nähmen ihren Fortgang, die Nutzungsaufnahme stehe bevor. Die untere Bauaufsichtsbehörde sei trotz der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft des Bauvorhabens zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten befugt. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Eilantrag nicht entgegen. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Seien die Bauarbeiten abgeschlossen und werde die beabsichtigte Nutzung aufgenommen, seien damit auf unabsehbare Zeit vollendete Tatsachen geschaffen. Im ausgewiesenen Industriegebiet sei dann eine gebietsunverträgliche wohnähnliche Nutzung etabliert, die nicht nur die aktuelle Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin etwa im Sinne von verstärkten Rücksichtnahmepflichten beeinträchtige, sondern darüber hinausgehend hinsichtlich künftiger industriegebietstypischer Nutzungen auf dem Grundstück der Antragstellerin limitierend wirke. Hinzu komme, dass die Nutzung als Notunterkunft prägend für das Industriegebiet in Erscheinung trete und nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass unter Inanspruchnahme weiterer Flächen weitere derartige Einrichtungen entstünden. Das Vorhaben sei formell und materiell rechtswidrig. Es widerspreche § 30 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Notunterkunft als Anlage für soziale Zwecke sei weder allgemein noch ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugelassen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Flüchtlingsunterbringung stehe das private Interesse der Antragstellerin gegenüber, insbesondere das Interesse an der Bewahrung des Gebietscharakters und am Ausschluss solcher Nutzungen, die gebietsunverträglich seien. Eine Notunterkunft für eine Vielzahl von Personen, sei in einem Industriegebiet nicht gebietsverträglich. Unterkünfte für Flüchtlinge seien in Gewerbegebieten nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832) nicht gebietsverträglich. Erst recht gelte dies für Industriegebiete. Der Gesetzgeber habe nur eine Befreiungsregelung vorgesehen. Zugunsten der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Größe des Industriegebiets mit 9,55 ha um eine hohe Zahl von Flüchtlingen gehe und das Vorhaben „Vorbildwirkung“ für die Einrichtung weiterer Unterkünfte habe, was den Effekt des „Umkippens“ des Gebietscharakters noch verstärken könne. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gebe dem Eigentümer von Grundstücken einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Er könne sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch bestehe dann, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Befreiungserteilung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch auf Einschreiten bzw. Unterlassen.

3. Die Regierung von Unterfranken beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Begründung des Ablehnungsantrags wird Bezug genommen.

Das Landratsamt Bad K. beantragte,

den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten abzulehnen.

Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

4. Laut telefonischer Auskunft der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 14, vom 20. November 2015 soll der Einzug der Flüchtlinge in die streitgegenständliche Notunterkunft am 25. November 2015 erfolgen.

5. Mit Bescheid vom 20. November 2015, der am selben Tag zur Post u. a. an die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegeben und per Fax an das Staatliche Bauamt Sch. übermittelt wurde, erteilte die Regierung von Unterfranken die auf drei Jahre befristete bauaufsichtliche Zustimmung zu dem Vorhaben und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragstellerin, vom Landratsamt Bad K. und der Regierung von Unterfranken vorgelegten Unterlagen und Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Anträge haben sämtlich keinen Erfolg.

2. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

3. Die Hauptanträge sind zwar zulässig, da mangels Bekanntgabe eines anfechtbaren Zustimmungsbescheids ein vorrangiges Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO derzeit noch nicht statthaft ist.

Sie erweisen sich aber als unbegründet. Der Antragstellerin steht bei der im Sofortverfahren nur möglichen summarischen Prüfung kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Baueinstellung und Unterlassung der beanstandeten Nutzung zur Seite.

a) Zwar ist vorliegend ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin unmittelbar gegen den Bauherrn oder Nutzer nicht deswegen von vorneherein ausgeschlossen, weil nach der Bayerischen Bauordnung die Bauaufsichtsbehörden berufen sind, mit Baueinstellungen oder Nutzungsuntersagungen gegen die rechtswidrige Errichtung oder Nutzung baulicher Anlagen - auch gegenüber Hoheitsträgern - vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris). Denn in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, scheiden bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

b) Allerdings ist eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

aa) Die Rüge formeller Mängel kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 ff. BayBO sind nicht nachbarschützend. Für die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gelten die gleichen Grundsätze wie für die Baugenehmigung und den dagegen Dritten zustehenden Rechtsschutz (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 73 Rn. 162). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Baugenehmigungs- und damit auch das Zustimmungsverfahren beachtet werden (BayVGH, B.v. 5.5.2015 - 1 ZB 13.2010 - juris). Ein Anspruch potentiell Drittbetroffener auf Durchführung eines Verfahrens für die Zulassung eines Vorhabens oder für die Unterlassung eines Vorhabens ohne Durchführung des Verfahrens, weil sonst der Nachbarschutz nicht gesichert sei, ist außer im Atomrecht nicht anerkannt (vgl. Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 288).

Ob eine Verletzung von formellen Rechten der Antragstellerin als Nachbarin nach Art. 66 BayBO, der im Zustimmungsverfahren nach Art. 73 Abs. 2 Satz 5 BayBO entsprechend anzuwenden ist, vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn dies würde ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags führen. Ein Nachbar kann wegen seiner fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung einen Rechtsbehelf zulässigerweise nur erheben, wenn er gleichzeitig geltend machen kann, auch in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein (Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 208).

bb) Einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch hat die Antragstellerin indes nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

aaa) Die Nutzungsänderung von Gebäudeteilen auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H als befristete Notunterkunft für Asylbegehrende verletzt voraussichtlich nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin.

Bei unterstellter Gültigkeit des Bebauungsplans steht der Antragstellerin zwar grundsätzlich unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs zu, da ihr Betriebsgrundstück innerhalb des Bebauungsplans liegt. Das Vorhaben einer befristeten Notunterkunft für Asylbegehrende ist seiner Art nach in einem Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 und 2 BauNVO auch nicht allgemein zulässig, unabhängig davon, ob man es als Anlage für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris; Hessischer VGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris) oder als eigenständige Nutzungsart (VG Berlin, B.v. 11.12.2014 - 13 L 327.14 - juris) ansieht.

Die Antragstellerin vermochte jedoch nicht darzulegen, warum das Vorhaben nicht unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zulassungsfähig sein soll.

Hintergrund der seit 24. Oktober 2015 gültigen Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte auch in Industriegebieten ist die Tatsache, dass es in Deutschland angesichts des seit Monaten massenhaften Andrangs von Asyl- und Schutzsuchenden einer deutlich größeren Anzahl und Kapazität von Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für Menschen, die als Asylberechtigte oder aus humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in Deutschland bleiben werden, bedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6185) werden zum Zweck einer schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs sollen davon unberührt bleiben.

Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Zur Prüfung der Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB abweichend zu § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Zulassung eines wohnähnlichen Vorhabens in ein Industriegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris). Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54). Eine Zulassung der benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären, wobei bei befristet zu errichtenden (mobilen) Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden muss (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung der Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen (vgl. VGH BW, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Nachbarn von dem Vorhaben selbst oder von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden könnten. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnten. Für unzumutbare Lärm- oder Geruchseinwirkungen des umliegenden Industriegebiets auf das Vorhaben bestehen keine Anhaltspunkte, so dass nicht ersichtlich ist, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015).

Der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht daher derzeit nichts entgegen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und des auf eine weitgehende Erteilung von Befreiungen gerichteten Ziels der neu geschaffenen, zeitlich befristeten Regelung (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, a. a. O.), dürfte wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Ob die Befreiung auf dieser Grundlage bereits (ermessensfehlerfrei) erteilt worden ist, ist vorliegend unerheblich. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind, noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14). Nichts anderes kann nach summarischer Prüfung für ein Vorhaben gelten, das nach dem zusätzlichen Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zugelassen werden kann.

bbb) Die geplante Nutzung verstößt auch voraussichtlich nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

Von dem geplanten Vorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin ausgehende Beeinträchtigungen sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Umgekehrt hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass sie bei Verwirklichung des Vorhabens Betriebseinschränkungen zu befürchten hätte. Davon abgesehen sind solche voraussichtlich auch nicht zu befürchten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015: „Alle weiteren Betriebe sind entweder nicht relevant in der Nachtzeit oder besitzen einen ausreichenden Schutzabstand zur geplanten Unterkunft“.).

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 30 BauGB längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderungen einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende privilegieren wollte. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Erteilung der Befreiung hinsichtlich des Nachbarschutzes zu beachten, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist zumindest unbegründet.

Wie oben bereits ausgeführt, scheiden in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

Darüber hinaus ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung und Nutzungsuntersagung nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. oben).

5. Nachdem bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde, kommt es auf die Frage einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.

6. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die beabsichtigte Nutzungsänderung bestehender Gebäudeteile auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. in eine befristete Notunterkunft für Asylbegehrende.

Das Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „T.“ der Stadt in der Fassung der 1. Änderung vom 10. August 1991 (Datum des Inkrafttretens), der im maßgeblichen Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweist. Auf dem Grundstück befinden sich mehrere Gebäude, die (weiterhin) durch die ... AG AG genutzt werden. Ein Gebäudekomplex ist derzeit ungenutzt. Die Antragstellerin nutzt ihr ebenfalls im als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich des Bebauungsplans befindliches Grundstück Fl.Nr. 5678 der Gemarkung H. im Rahmen des Betriebs eines ...

Der Antragsgegner beabsichtigt, in den derzeit nicht genutzten Gebäudeteilen der bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. eine auf drei Jahre befristete Notunterkunft für bis zu 300 Asylbegehrende einzurichten. Das Staatliche Bauamt Sch. beantragte bei der Regierung von Unterfranken, dem Bauvorhaben die Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2015 an das Landratsamt Bad K. und das Staatliche Bauamt Sch. ließ die Antragstellerin beantragen, die Bauarbeiten einzustellen, die bevorstehende Nutzung zu untersagen bzw. entsprechende Handlungen zu unterlassen. Das Landratsamt Bad K. verwies gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 an die „übergeordnete Behörde“. Das Staatliche Bauamt Sch. teilte den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2015 mit, es sehe keine Veranlassung, den Bau einzustellen, eine Nutzungsaufnahme sei bisher nicht erfolgt.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten dem Staatlichen Bauamt Sch. unter dem 10. November 2015 mit, dass dem Bauvorhaben nicht zugestimmt werde.

Mit Beschluss des Stadtrates der Stadt vom 16. November 2015 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt.

2. Mit Schreiben vom 17. November 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Baumaßnahmen zur Errichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende auf dem Grundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Nutzung des Vorhabengrundstücks ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zum Betrieb einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

hilfsweise

den Antragsgegner (untere Bauaufsichtsbehörde) zu verpflichten, gegen die formell und materiell rechtswidrige Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge und die unmittelbar bevorstehende Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, durch eine Baueinstellungsverfügung und eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorzugehen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Informationen darüber vor, wie viele Personen in der Notunterkunft untergebracht werden sollten und auf welchen Zeitraum die Unterbringung befristet sei. In der Presse werde der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit der Aussage zitiert, Ende November/Anfang Dezember sollten die Flüchtlinge dort einziehen. Die Nachbarbeteiligung des Staatlichen Bauamts habe sich auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt. Ein Zustimmungsbescheid der Regierung von Unterfranken sei bisher nicht ergangen. Der Antragsgegner verhalte sich vorschriftswidrig und ignoriere das präventive Bauverbot der BayBO. Darüber hinaus sei eine Baueinstellung abgelehnt worden. Die Bauarbeiten nähmen ihren Fortgang, die Nutzungsaufnahme stehe bevor. Die untere Bauaufsichtsbehörde sei trotz der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft des Bauvorhabens zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten befugt. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Eilantrag nicht entgegen. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Seien die Bauarbeiten abgeschlossen und werde die beabsichtigte Nutzung aufgenommen, seien damit auf unabsehbare Zeit vollendete Tatsachen geschaffen. Im ausgewiesenen Industriegebiet sei dann eine gebietsunverträgliche wohnähnliche Nutzung etabliert, die nicht nur die aktuelle Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin etwa im Sinne von verstärkten Rücksichtnahmepflichten beeinträchtige, sondern darüber hinausgehend hinsichtlich künftiger industriegebietstypischer Nutzungen auf dem Grundstück der Antragstellerin limitierend wirke. Hinzu komme, dass die Nutzung als Notunterkunft prägend für das Industriegebiet in Erscheinung trete und nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass unter Inanspruchnahme weiterer Flächen weitere derartige Einrichtungen entstünden. Das Vorhaben sei formell und materiell rechtswidrig. Es widerspreche § 30 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Notunterkunft als Anlage für soziale Zwecke sei weder allgemein noch ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugelassen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Flüchtlingsunterbringung stehe das private Interesse der Antragstellerin gegenüber, insbesondere das Interesse an der Bewahrung des Gebietscharakters und am Ausschluss solcher Nutzungen, die gebietsunverträglich seien. Eine Notunterkunft für eine Vielzahl von Personen, sei in einem Industriegebiet nicht gebietsverträglich. Unterkünfte für Flüchtlinge seien in Gewerbegebieten nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832) nicht gebietsverträglich. Erst recht gelte dies für Industriegebiete. Der Gesetzgeber habe nur eine Befreiungsregelung vorgesehen. Zugunsten der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Größe des Industriegebiets mit 9,55 ha um eine hohe Zahl von Flüchtlingen gehe und das Vorhaben „Vorbildwirkung“ für die Einrichtung weiterer Unterkünfte habe, was den Effekt des „Umkippens“ des Gebietscharakters noch verstärken könne. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gebe dem Eigentümer von Grundstücken einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Er könne sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch bestehe dann, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Befreiungserteilung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch auf Einschreiten bzw. Unterlassen.

3. Die Regierung von Unterfranken beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Begründung des Ablehnungsantrags wird Bezug genommen.

Das Landratsamt Bad K. beantragte,

den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten abzulehnen.

Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

4. Laut telefonischer Auskunft der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 14, vom 20. November 2015 soll der Einzug der Flüchtlinge in die streitgegenständliche Notunterkunft am 25. November 2015 erfolgen.

5. Mit Bescheid vom 20. November 2015, der am selben Tag zur Post u. a. an die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegeben und per Fax an das Staatliche Bauamt Sch. übermittelt wurde, erteilte die Regierung von Unterfranken die auf drei Jahre befristete bauaufsichtliche Zustimmung zu dem Vorhaben und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragstellerin, vom Landratsamt Bad K. und der Regierung von Unterfranken vorgelegten Unterlagen und Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Anträge haben sämtlich keinen Erfolg.

2. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

3. Die Hauptanträge sind zwar zulässig, da mangels Bekanntgabe eines anfechtbaren Zustimmungsbescheids ein vorrangiges Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO derzeit noch nicht statthaft ist.

Sie erweisen sich aber als unbegründet. Der Antragstellerin steht bei der im Sofortverfahren nur möglichen summarischen Prüfung kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Baueinstellung und Unterlassung der beanstandeten Nutzung zur Seite.

a) Zwar ist vorliegend ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin unmittelbar gegen den Bauherrn oder Nutzer nicht deswegen von vorneherein ausgeschlossen, weil nach der Bayerischen Bauordnung die Bauaufsichtsbehörden berufen sind, mit Baueinstellungen oder Nutzungsuntersagungen gegen die rechtswidrige Errichtung oder Nutzung baulicher Anlagen - auch gegenüber Hoheitsträgern - vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris). Denn in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, scheiden bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

b) Allerdings ist eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

aa) Die Rüge formeller Mängel kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 ff. BayBO sind nicht nachbarschützend. Für die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gelten die gleichen Grundsätze wie für die Baugenehmigung und den dagegen Dritten zustehenden Rechtsschutz (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 73 Rn. 162). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Baugenehmigungs- und damit auch das Zustimmungsverfahren beachtet werden (BayVGH, B.v. 5.5.2015 - 1 ZB 13.2010 - juris). Ein Anspruch potentiell Drittbetroffener auf Durchführung eines Verfahrens für die Zulassung eines Vorhabens oder für die Unterlassung eines Vorhabens ohne Durchführung des Verfahrens, weil sonst der Nachbarschutz nicht gesichert sei, ist außer im Atomrecht nicht anerkannt (vgl. Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 288).

Ob eine Verletzung von formellen Rechten der Antragstellerin als Nachbarin nach Art. 66 BayBO, der im Zustimmungsverfahren nach Art. 73 Abs. 2 Satz 5 BayBO entsprechend anzuwenden ist, vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn dies würde ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags führen. Ein Nachbar kann wegen seiner fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung einen Rechtsbehelf zulässigerweise nur erheben, wenn er gleichzeitig geltend machen kann, auch in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein (Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 208).

bb) Einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch hat die Antragstellerin indes nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

aaa) Die Nutzungsänderung von Gebäudeteilen auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H als befristete Notunterkunft für Asylbegehrende verletzt voraussichtlich nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin.

Bei unterstellter Gültigkeit des Bebauungsplans steht der Antragstellerin zwar grundsätzlich unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs zu, da ihr Betriebsgrundstück innerhalb des Bebauungsplans liegt. Das Vorhaben einer befristeten Notunterkunft für Asylbegehrende ist seiner Art nach in einem Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 und 2 BauNVO auch nicht allgemein zulässig, unabhängig davon, ob man es als Anlage für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris; Hessischer VGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris) oder als eigenständige Nutzungsart (VG Berlin, B.v. 11.12.2014 - 13 L 327.14 - juris) ansieht.

Die Antragstellerin vermochte jedoch nicht darzulegen, warum das Vorhaben nicht unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zulassungsfähig sein soll.

Hintergrund der seit 24. Oktober 2015 gültigen Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte auch in Industriegebieten ist die Tatsache, dass es in Deutschland angesichts des seit Monaten massenhaften Andrangs von Asyl- und Schutzsuchenden einer deutlich größeren Anzahl und Kapazität von Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für Menschen, die als Asylberechtigte oder aus humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in Deutschland bleiben werden, bedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6185) werden zum Zweck einer schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs sollen davon unberührt bleiben.

Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Zur Prüfung der Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB abweichend zu § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Zulassung eines wohnähnlichen Vorhabens in ein Industriegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris). Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54). Eine Zulassung der benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären, wobei bei befristet zu errichtenden (mobilen) Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden muss (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung der Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen (vgl. VGH BW, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Nachbarn von dem Vorhaben selbst oder von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden könnten. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnten. Für unzumutbare Lärm- oder Geruchseinwirkungen des umliegenden Industriegebiets auf das Vorhaben bestehen keine Anhaltspunkte, so dass nicht ersichtlich ist, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015).

Der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht daher derzeit nichts entgegen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und des auf eine weitgehende Erteilung von Befreiungen gerichteten Ziels der neu geschaffenen, zeitlich befristeten Regelung (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, a. a. O.), dürfte wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Ob die Befreiung auf dieser Grundlage bereits (ermessensfehlerfrei) erteilt worden ist, ist vorliegend unerheblich. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind, noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14). Nichts anderes kann nach summarischer Prüfung für ein Vorhaben gelten, das nach dem zusätzlichen Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zugelassen werden kann.

bbb) Die geplante Nutzung verstößt auch voraussichtlich nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

Von dem geplanten Vorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin ausgehende Beeinträchtigungen sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Umgekehrt hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass sie bei Verwirklichung des Vorhabens Betriebseinschränkungen zu befürchten hätte. Davon abgesehen sind solche voraussichtlich auch nicht zu befürchten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015: „Alle weiteren Betriebe sind entweder nicht relevant in der Nachtzeit oder besitzen einen ausreichenden Schutzabstand zur geplanten Unterkunft“.).

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 30 BauGB längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderungen einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende privilegieren wollte. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Erteilung der Befreiung hinsichtlich des Nachbarschutzes zu beachten, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist zumindest unbegründet.

Wie oben bereits ausgeführt, scheiden in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

Darüber hinaus ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung und Nutzungsuntersagung nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. oben).

5. Nachdem bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde, kommt es auf die Frage einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.

6. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Baugenehmigung für eine Asylbewerberunterkunft.

Der Beigeladene beantragte am 23. November 2015 beim Landratsamt ... die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung zur Wohnnutzung für Flüchtlinge und Asylbegehrende. Das Gebäude befindet sich auf der Flurnummer ... der Gemarkung ..., ... In dem ehemaligen Speichergebäude mit sechs Stockwerken, welches vormalig leer stand und gewerblich genutzt wurde, sollen auf sechs Etagen insgesamt 450 Asylbewerber untergebracht werden (450 Betten). Im Untergeschoß des Gebäudes ist eine Küche sowie ein Schulungsraum als Versammlungsstätte und Speiseraum mit ca. 390 m² geplant. Im zweiten Dachgeschoß sind Aufenthaltsräume vorgesehen.

Im Norden des Grundstück Flurnummer ... verläuft eine Bahnlinie. Ferner grenzt es im Westen an das Grundstück Flurnummer ... und im Süden an das Grundstück Flurnummer ..., welche im Eigentum der Antragstellerin stehen. Südlich dieser Grundstücke liegen die Grundstücke Flurnummern ... und ..., die ebenfalls im Eigentum der Antragstellerin stehen. Diese Grundstücke sind bebaut und weisen insgesamt acht Märkte auf, darunter einen Lebensmitteldiscounter, ein Drogeriemarkt, eine Autovermietung und ein Sandwichrestaurant. In Nord-Süd-Richtung wird das Grundstück Flurnummer ... durch einen förmlich als Eigentümerweg gewidmeten Weg über die Grundstücke Flurnummern ... und Flurnummer ... mit der Stichstraße „...“ verbunden. Soweit aus den Plänen ersichtlich und auch in der von Seiten der Antragstellerin vorgelegten brandschutztechnischen Stellungnahme eingeräumt verläuft dieser Eigentümerweg bis an die Grenzen der Grundstücke Flurnummern ... und ...

Das Vorhaben befindet sich ausweislich des vorgelegten Bebauungsplans M81 „...Strasse“ in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO, vgl. Nr. 2.3 dieses Plans.

Er trifft unter dieser Nummer folgende Aussagen:

„2.3 Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO)

Zulässig sind:

- Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe (§ 8 (2) Nr. 1 BauNVO)

- Geschäfts-, Büro und Verwaltungsgebäude (§ 8 (2) Nr. 2 BauNVO)

- Tankstellen (§ 8 (2) Nr. 3 BauNVO)

- Anlagen für sportliche Zwecke (§ 8 (2) Nr. 4 BauNVO)

- Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die den Gewerbebetrieben zugeordnet sind und diesen gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, können als Ausnahme zugelassen werden (§ 8 (3) Nr. 1 BauNVO).

Vergnügungsstätten (§ 8 (3) Nr. 3 BauNVO) sind nicht zulässig.“

Das Gebäude weist eine Höhe von 21 m auf und ist etwa 20,30 m breit.

Ausweislich des Bauantrags handelt es sich um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 7, 11 BayBO. Unter „Gebäudeklasse“ wird Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO angegeben (Gebäudeklasse 5).

Unter „Brandschutznachweis“ ist das Feld „wird durch Prüfsachverständigen bescheinigt“ ausgefüllt. Entsprechende Anlagen sind beigefügt.

Im Übrigen wird auf den Bauantrag Bezug genommen.

Die Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 11. November 2015 im Rahmen der Nachbarbeteiligung benachrichtigt. Nach Änderung des Vorhabens erfolgte eine erneute Nachbarbeteiligung mit Schreiben vom 26. November 2015. Die Antragstellerin stimmte dem Vorhaben nicht zu.

Die Antragsgegnerin stimmte dem Bauvorhaben mit Beschluss 15. Dezember 2015 zu.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2016 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen die beantragte Genehmigung. Dabei erteilte sie gemäß § 246 Abs. 10 BauGB eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans und ließ eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende in einem Gewerbegebiet zu.

Unter „6. Gründe“ wird unter anderem ausgeführt, dass beim beantragten Vorhaben die in diesem Verfahren zu prüfenden öffentlichrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Der Bebauungsplan M81 setze ein Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO fest. Nachdem dieser Bebauungsplan Anlagen für soziale Zwecke nicht explizit ausschließe, könne nach der Neuregelung in § 246 Abs. 10 BauGB für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden. Die Befreiung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar. Die beantragte Flüchtlingsunterkunft sei mit den zulässigen Nutzungen im Gewerbegebiet verträglich, da die wohnähnliche Nutzung durch die dortigen Gewerbebetriebe nicht unzumutbar gestört werde. Konflikte mit Lärm- und Geruchsimmissionen seien nicht zu erwarten. Es entstünden auch keine Einschränkungen für die dortigen gewerblichen Nutzungen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung seien deshalb im vorliegenden Fall gegeben. Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme bzw. eine Beeinträchtigung öffentlichrechtlich geschützter nachbarlicher Belange sei nicht erkennbar.

Die Antragstellerin erhob gegen die ihr am 13. Januar 2016 zugestellte Baugenehmigung am 9. Februar 2016 Klage (Az. Au 4 K 16. 190) mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids.

Ebenfalls am 9. Februar 2016 beantragte sie die Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit dem Antrag:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die dem Beizuladenden durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 11.01.2016, Az.: ..., erteilte Baugenehmigung betreffend die Nutzungsänderung eines Gebäudes zur Wohnnutzung für Flüchtlingen und Asylbegehrende auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., ..., ..., - zugestellt am 13.01.2016 - wird angeordnet.

Zur Begründung führte sie insbesondere aus, dass der Gebietsgewährleistungsanspruch verletzt sei. Denn für das Bauvorhaben im Gewerbegebiet seien nicht die Befreiungsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB gegeben. Nach den textlichen Festsetzungen des einschlägigen einfachen Bebauungsplans M 81 „...

...‘ Straße“ unter Nr. 2.3 seien Anlagen für soziale Zwecke gerade nicht allgemein zugelassen und könnten auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden. Ob und inwieweit im Bebauungsplan Ausnahmen festgesetzt werden, richte sich nach den für die Aufstellung des Bebauungsplans geltenden Vorschriften. Dazu gehörten entsprechende Rechtsgrundlagen für die Festsetzung von Ausnahmen, die Beachtung der materiellrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere des § 1 BauGB, sowie die Einbeziehung der Festsetzung über die Ausnahme in das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans. Entsprechend dem Grundsatz, dass als Regelungsinhalt in den Bebauungsplänen nur solche Festsetzungen aufgenommen werden dürften, für die das BauGB und die BauNVO entsprechende Rechtsgrundlagen enthalten, seien auch für die Festsetzung von Ausnahmen entsprechende Rechtsgrundlagen erforderlich. Die Gemeinde sei nicht darin frei, beliebige Ausnahmen festzusetzen. Daraus folge, dass - weil nach Nr. 2.3 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ausschließlich Betriebsleiterwohnungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen worden seien - die anderen vom Verordnungsgeber vorgesehenen Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BauNVO nicht Gegenstand des Bebauungsplans geworden seien. Von den Festsetzungen des Bebauungsplans könnten nur solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen seien. Eine Ausnahme könne nicht etwa durch Auslegung als „ungeschriebene Regelung“ in einen Bebauungsplan hineingelesen werden, was auch das Bundesverwaltungsgericht bestätige. § 31 Abs.1 BauGB verlange vielmehr, dass die Ausnahme in dem Bebauungsplan „nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen“ sei. Auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde verwiesen (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - BRS 60 Nr. 71).

Hier sei aber den Festsetzungen des Bebauungsplans eine abschließende Regelung zu entnehmen, welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig bzw. ausgeschlossen sind. So würden die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 BauNVO im Gewerbegebiet allgemein zulässigen Tankstellen sowie die gleichfalls allgemein zulässigen Anlagen für sportliche Zwecke im angrenzenden eingeschränkten Gewerbegebiet ausgeschlossen. Die Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 und 3 BauNVO seien insoweit nicht Bestandteil des Bebauungsplans geworden und somit generell ausgeschlossen worden.

Im hier vorliegenden Gewerbegebiet seien enumerativ durch textliche Festsetzungen unter Nr. 2.3 unter Übernahme des Wortlauts des § 8 Abs. 2 Nr. 1,2,3 und 4 BauNVO und unter Übernahme des Wortlauts des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise für zulässig erklärt. Vergnügungsstätten im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO seien hingegen ausnahmslos für unzulässig erklärt worden. Daraus folge, dass nur solche Nutzungsarten ausnahmsweise zugelassen werden könnten, die in den Festsetzungen positiv aufgeführt sind. Dies ergebe sich aus dem objektiven Erklärungsinhalt des Bebauungsplans. Diese Auslegung sei auch mit § 1 Abs. 5 Nr. 1 BauNVO vereinbar. Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (B. v. 5. 3. 2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 4) folge daraus keine Verpflichtung der planenden Gemeinde, alle nicht erwünschten Nutzungen durch ausdrückliche Festsetzung auszuschließen. Vielmehr reiche es aus, dass durch die Festsetzung der Zulässigkeit von in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen - hier Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO - umgekehrt zum Ausdruck kommt, dass die übrigen dort genannten Ausnahmen nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden und damit unzulässig seien.

Da damit Anlagen für soziale Zwecke wirksam ausgeschlossen seien, scheide sowohl eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB als auch nach § 246 Abs. 10 BauGB aus.

Die Anwendung von § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB sei wegen des spezialgesetzlichen Vorrangs von § 246 Abs.10 BauGB gesperrt. Im Übrigen würden dessen Voraussetzungen auch nicht vorliegen, weil das Vorhaben Grundzüge der Planung berühre. Es sei nicht gebietsverträglich. Auf dem Standort des beabsichtigten Vorhabens bestehe die Möglichkeit, dass Lärm von den umliegenden Grundstücken erhebliches Störpotenzial erzeuge. Die Gemeinschaftsunterkunft mit wohnähnlicher Unterbringung einer so großen Personenzahl stehe in offensichtlichem Widerspruch zu der allgemeinen Zweckbestimmung des Gebiets, weil in Gewerbegebieten grundsätzlich keine Wohnnutzung vorgesehen sei.

Unabhängig von der Verletzung des Gebietsgewährleistungsanspruchs sei auch das Gebot der Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 BauNVO verletzt. Das Gebäude befinde sich direkt an der Bahnlinie und sei daher einer erheblichen Lärmbeeinträchtigung durch den Eisenbahnverkehr ausgesetzt.

Darüber hinaus würden sich auf den Grundstücken der Antragstellerin mehrere Gewerbebetriebe befinden, die auf eine Nachtanlieferung ihrer Waren angewiesen sein. Es handele sich darüber hinaus um Betriebe mit vergleichsweise intensivem Publikumsverkehr tagsüber. Von den Betrieben gingen sowohl während der Tages- als auch während der Nachtzeit beträchtliche Lärmemissionen aus, die in einem Gewerbegebiet selbstverständlich ohne weiteres zulässig seien, weil die hier geltenden Immissionsrichtwerte nicht überschritten werden. Wenn jedoch eine Wohnnutzung oder eine wohnähnliche Nutzung in dem beschriebenen erheblichen Umfang an dieser Stelle zugelassen würde, müsste die Antragstellerin bzw. deren Mieter mit erheblichen Einschränkungen rechnen, um die Lärmimmissionen, die auf das Bauvorhaben einwirken, zu reduzieren. Ein solches Maß an Rücksichtnahme könne nicht verlangt werden. Maßgeblich sei, ob sich die Störwirkungen, die die konkrete Anlage bei funktionsgerechter Nutzung erwarten lasse, innerhalb des Rahmens halten, der durch die Gebietseigenart vorgegeben werde.

Ohne Erstellung einer Lärmprognose bezogen auf Lärmemissionen der nahegelegenen Kfz.-Werkstätte und des Lebensmitteldiscounters sei die Einstellung verfehlt, dass die Wohnnutzung durch die Gewerbebetriebe nicht unzumutbar gestört werde.

Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand sei daher davon auszugehen, dass das Bauvorhaben auch gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße.

Zudem seien Beeinträchtigungen und insbesondere ein Übergreifen von Bränden auf die Grundstücke der Antragstellerin angesichts der beengten räumlichen Situation nicht auszuschließen. Daher würden nachbarliche Belange nachhaltig beeinträchtigt, weshalb sich auch aus diesem Grund Ausnahmen und Befreiungen zur Zulassung des Bauvorhabens verbieten würden.

So seien nach Art. 5 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BayBO bei Gebäuden, die ganz oder teilweise mehr als 50 m von einer öffentlichen Verkehrsfläche entfernt seien, Zufahrten und Durchfahrten zu den vor und hinter den Gebäuden gelegenen Grundstücksteilen und Bewegungsflächen herzustellen, wenn sie aus Gründen des Feuerwehreinsatzes erforderlich seien. Derartige Zu- und Durchfahrten, Aufstellflächen und Bewegungsflächen müssten für Feuerwehreinsatzfahrzeuge ausreichend befestigt und tragfähig sein. Sie seien außerdem als solche zu kennzeichnen und ständig freizuhalten. Auf die Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über Flächen für die Feuerwehr werde Bezug genommen.

Danach müssten Zu- oder Durchfahrten für die Feuerwehr, Aufstell- und Bewegungsflächen so befestigt werden, dass sie von Feuerwehrfahrzeugen mit einer Achslast von bis zu 10 t und einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 16 t befahren werden können. Ferner dürfe der Einsatz durch Kurven in Zu- oder Durchfahrten nicht behindert werden.

Die genannten Voraussetzungen seien jedoch in Ansehung des Baugrundstücks offensichtlich nicht erfüllt. Das Baugrundstück befinde sich in einer Entfernung von ca. 170 m von der öffentlichen Verkehrsfläche/Straße „...“ entfernt. Die Erschließung erfolge über einen dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Eigentümerweg über die Grundstücke Flurnummern ... und ... der Gemarkung ... Die Unterkunft stehe so dicht an den jeweiligen Grundstücksgrenzen, dass die nach der genannten Richtlinie erforderlichen Kurvenradien nicht realisiert werden könnten. Außerdem seien auf dem Baugrundstück Aufstell- und Bewegungsflächen nicht vorhanden. Eine Inanspruchnahme der angrenzenden Grundstücke der Antragstellerin scheide sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen aus. In tatsächlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass zwischen dem Baugrundstück mit der Flurnummer ... einerseits und den Grundstücken ... und ... der Antragstellerin andererseits Höhenunterschiede bestehen, welche das zulässige Maß nach den Feuerwehrrichtlinien deutlich überschreiten würden. In rechtlicher Hinsicht sei zu berücksichtigen, dass Aufstell- und Bewegungsflächen für die Feuerwehr jeweils auf dem Baugrundstück zu schaffen seien und Grundstücke Dritter hierfür grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden dürften. Die Antragstellerin sei mit einer Inanspruchnahme von Teilflächen ihres Grundstücks nicht einverstanden.

Die genannten Punkte hätten zur Folge, dass das Baugrundstück für Feuerlösch- und Rettungsfahrzeuge nur eingeschränkt erreichbar sei. Eine Brandbekämpfung könne daher nicht rasch erfolgen. Währenddessen drohe eine Ausbreitung des Brandes auf die benachbarten Gebäude der Antragstellerin.

Zudem sei eine Baugenehmigung zwar nach Art. 68 BayBO zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Gleichwohl dürfe die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag auch dann ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt. Es sei zu bedenken, dass bei der Prüfung etwaiger Ausnahmen und Befreiungen die nachbarlichen Belange in die Prüfung einzubeziehen seien. Die Erschließung des Baugrundstücks erfolge über einen Eigentümerweg und damit über das grundrechtlich geschützte Eigentum der Antragstellerin. Eine brandschutztechnische Stellungnahme werde beigelegt.

Auf sie wird Bezug genommen.

Der Antragsgegner beantragt

den Antrag abzuweisen.

Er sei zwar zulässig, aber unbegründet. Der im Antrag dargestellte objektive Sachverhalt werde nicht bestritten.

Auch die Rechtsausführungen würden insoweit nicht angegriffen, als dort die Interpretation einer Bebauungsplanfestsetzung zur singulären Zulassung einer Ausnahme und der Umkehrschluss des Ausschlusses der anderen ausnahmsweisen Zulässigkeiten hier nach § 8 Abs. 3 BauNVO dargestellt werde. Umgekehrt bedeute dies aber auch, dass beim singulären Ausschluss einer solchen ausnahmsweisen Zulässigkeit die übrigen zulassungsfähigen Ausnahmen möglich seien.

Vorliegend enthalte der Bebauungsplan, wie vom Bevollmächtigten der Antragstellerin dargestellt, zwar bezüglich der Ausnahme nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO eine Regelzulassung gemäß § 1 Abs. 6 BauNVO, allerdings auch bezüglich der Ausnahme nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO eine Ausschlussregelung gemäß § 1 Abs. 5 BauNVO.

Bezüglich der Ausnahmen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO enthalte der Bebauungsplan keine Festsetzungen. Die oben genannte Interpretationsregel könne hier nicht angewandt werden, da der Bebauungsplan sowohl eine positive wie auch eine negative Festsetzung enthalte und damit unklar sei, was auf die Nr. 2 interpretativ anzuwenden sei. Bebauungspläne seien wie alle Normen auszulegen. Durch die beiden Festlegungen zu § 8 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 BauNVO ergebe sich, dass der Normgeber zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gerade keine Festsetzung treffen wollte. Somit bleibe § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO anwendbar. Auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 8. Januar 2016 (Az.: 1 CS 15.2687) werde verwiesen. Damit aber könnten dann Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden. Die Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB lägen damit vor. Das Bauvorhaben liege in einem Gewerbegebiet, in dem soziale Einrichtungen ausnahmsweise zulässig seien. Das Bauvorhaben sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die gesetzliche Befreiungsvorschrift enthalte insoweit ein intendiertes Ermessen bzw. eine Ermessensreduzierung mit der Folge, dass grundsätzlich bei Vorliegen der Tatbestände die Befreiung zu erteilen sei. Die Würdigung nachbarlicher Interessen stehe dem hier nicht entgegen. Eine nachbarliche Wohnnutzung sei vorliegend nicht gegeben. Hinsichtlich der umgebenden Nutzung durch einen ...-Markt, einen ...markt, den ...-Markt und das ... handele es sich durchweg um Nutzungen, die auch der Art nach in einem Misch- oder Dorfgebiet zulässig wären. Auch in diesen Gebieten sei Wohnnutzung zulässig. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern von diesen Gewerbebetrieben ein Störpotenzial ausgehen soll, das die Gewährung der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB ausschließen müsste. Andererseits seien gerade diese Betriebe auf Kundschaft angewiesen und es sei nicht ersichtlich, weshalb die dort unterzubringenden Flüchtlinge eine diesen Betrieben nicht zumutbare Belästigung darstellen sollten. Deshalb sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das Gebot der Rücksichtnahme verletzt sein sollte. Der Gesetzgeber habe selbst mit dem Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 10 BauGB sowohl den grundsätzlich gegebenen Anspruch auf Erhaltung der Gebietsart durchbrochen als auch bestimmt, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Gewerbegebieten nicht gebietsunverträglich und damit rücksichtslos sei. Im Gegenteil stelle die dort vorhandene gewerbliche Nutzung den Idealfall für eine Unterbringung im Gewerbegebiet dar, da diese Nutzungen abends geschlossen seien und damit keine nächtliche Störung durch Gewerbelärm zu befürchten sei. Die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin lediglich pauschal befürchteten Lärmemissionen durch Lieferverkehr nachts und Publikumsverkehr tagsüber seien viel zu unsubstantiiert, um daraus eine nach § 15 BauNVO eventuell abzuleitende unzumutbare Unterbringungssituation für die Flüchtlinge abzuleiten. Der in § 246 Abs. 10 BauGB manifestierte gesetzgeberische Wille würde im Übrigen leerlaufen, wenn die Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbegebiet grundsätzlich den bestehenden Gewerbebetrieben gegenüber unzumutbar sei. Mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sei daher davon auszugehen, dass, von ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen abgesehen, den Gewerbebetrieben in einer solchen Lage die Flüchtlingsunterbringung grundsätzlich zuzumuten und das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde entsprechend reduziert sei. Was den Brandschutz angehe, irre der Bevollmächtigte der Antragstellerin bezüglich der Lage zu einer öffentlichen Verkehrsfläche. Bis an die Grundstücksgrenze des Bauvorhabens führe ein als Eigentümerweg nach Art. 53 Nr. 3, Art. 55 BayStrWG gewidmeter öffentlicher Weg. Dieser sei für Fahrzeuge aller Art befahrbar. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayBO komme deshalb nicht zum Tragen, da es sich vorliegend nicht um ein „rückwärtiges Gebäude“ handele. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayBO treffe ebenfalls nicht zu, da für das Bauvorhaben ein zweiter baulicher Rettungsweg erforderlich sei. Im Übrigen seien Brandschutzvorschriften der BayBO nicht nachbarschützend. Der Antragstellerin fehle insoweit ein subjektives öffentliches Recht.

Der Bauplanmappe liegt ein Brandschutzplan für das Gebäude im Ganzen sowie für die jeweiligen Stockwerke bei.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 11. Januar 2016. Mangels aufschiebender Wirkung der Klage gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (§ 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) kann das Gericht der Hauptsache nach § 80a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B. v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 - BayVBl 1991, 720). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als offensichtlich aussichtslos, ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hat eine reine Interessenabwägung stattzufinden (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 28.11.2001 - 26 CS 99.2592 - juris Rn. 17; zum Ganzen: Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2014, Rn. 152 ff zu § 80).

Nach der im Rahmen des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung wird die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11. Januar 2016 im Hinblick auf eine Verletzung nachbarschützender Rechte, auf die allein sich die Antragstellerin berufen könnte (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20), wohl erfolglos bleiben. Der Bescheid vom 11. Januar 2016 verletzt die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

1. Ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin wird durch die angefochtene Baugenehmigung nicht verletzt.

a) Der einfache Bebauungsplan Nr. M 81 „.../... Strasse“ in der Fassung vom 4. Februar 1997 setzt unter Nr. 2.3 als Art der baulichen Nutzung ein „Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO)“ fest. Aus einer solchen Festsetzung kann die Antragstellerin grundsätzlich Nachbarschutz ableiten (BVerwG, U. v. 16.09.1993 - 4 C 28/91- juris Rn. 15; BayVGH, U. v. 28.06.2012 - 2 B 10.788 - juris Rn. 24). Allerdings können Anlagen für soziale Zwecke nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Die Festsetzungen unter Punkt 2.3 dieses Bebauungsplans schließen eine solche ausnahmsweise Zulassung auf den ersten Blick nicht aus, sehen sie aber auch nicht ausdrücklich vor (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 15.4780 - juris Rn. 17; BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 4).

Nach § 246 Abs. 10 BauGB (Absatz zuletzt geändert durch Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014,BGBl I S. 1748) kann bis zum 31. Dezember 2019 in Gewerbegebieten für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.

b) Mit der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 3, m. w. N.) geht das Gericht davon aus, dass eine Unterkunft für Asylbewerber keine - im Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO von vornherein unzulässige - Wohnanlage im bauplanungsrechtlichen Sinn darstellt, sondern eine Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter. Diese Auffassung findet ihre Rechtfertigung insbesondere darin‚ dass der Aufenthalt von Asylbegehrenden in solchen Unterkünften nicht freiwillig ist‚ sondern auf einer Zuweisungsentscheidung der zuständigen Behörde beruht‚ auf die der Asylbegehrende keine Einflussmöglichkeiten hat (s. § 53 Abs. 1 Satz 1 AsylG; Art. 4 Abs. 1 AufnG). Zudem sind Asylbegehrende von den Entscheidungen der Verwaltung der Unterkunft - z. B. im Hinblick auf die Raumbelegung - abhängig‚ so dass von einer - wie das Bundesverwaltungsgericht fordert (B. v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - ZfBR 1996‚ 228) - Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises nicht die Rede sein kann.

Mit der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und der Oberverwaltungsgerichte ist auch die Kammer der Auffassung, dass Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, auch wenn diese als Anlagen für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn angesehen werden können, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets grundsätzlich unvereinbar sind (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 16 m. w. N.), weil die Unterbringung von Asylbewerbern keine Funktion im Zusammenhang mit oder für eine der im Gewerbegebiet zulässigen Hauptnutzungsarten erfüllt. Die von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO als ausnahmsweise zulassungsfähig erklärten Wohnungen, „die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber … untergeordnet sind“, genießen die Vorteile ihrer betriebsnahen Unterbringung nur unter Inkaufnahme des von den Gewerbetrieben ausgehenden Störpotentials. Damit ist die Unterbringung von Asylbewerbern nicht vergleichbar (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 15.4780 - juris Rn. 19). Ferner bildet eine Gemeinschaftsunterkunft für einen mehr als nur unbeachtlich kurzen Zeitraum den Lebensmittelpunkt des einzelnen Asylbewerbers (BayVGH, B. v. 6.2.2015 a. a. O. Rn. 16).

c) Allerdings widerspricht die Unterbringung von Asylbewerbern in einer Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter dem Gebietscharakter eines Gewerbegebiets dann nicht, wenn für eine solche Unterbringung eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilt wird.

Unter den dort genannten Voraussetzungen werden die - in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB im Unterschied zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt (vgl. BayVGH, B. v. 5.3.2015 a. a. O. Rn. 6).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Befreiung nach dieser Bestimmung liegen vor. Anlagen für soziale Zwecke können vorliegend als Ausnahme zugelassen werden.

aa) Es ist dem Bebauungsplan Nr. M 81 „.../... Strasse“ entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin keine abschließende Regelung zu entnehmen, welche Nutzungen ausnahmsweise zulässig bzw. ausgeschlossen sind.

(1) Der Bebauungsplan setzt unter Nr. 2.3 ein „Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO)“ fest. Damit wird der Katalog der regelhaft oder ausnahmsweise zulässigen Vorhaben im Sinn von § 8 Abs. 1, 2 und 3 BauNVO grundsätzlich in den Bebauungsplan übernommen (vgl. jüngst BayVGH, B. v. 8.1.2016 - 1 CS 15.2687 - juris Rn. 2). Die Festsetzung, wonach Wohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 ausnahmsweise zugelassen werden, lässt nicht den Schluss zu, dass die übrigen in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen ausgeschlossen sein sollen (vgl. BayVGH, B. v. 8.1.2016, a. a. O.).

Anders als beim vom Bevollmächtigten der Antragstellerin zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 4) wurde hier keine der in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen (etwa eine solche für kirchliche Zwecke) einzeln herausgegriffen und ausnahmsweise für zulässig erklärt und lediglich für die sonstigen Anlagen in dieser Vorschrift keine ausdrückliche Regelung getroffen (vgl. BayVGH, B. v. 8.1.2016, a. a. O.). Vielmehr schweigt der Bebauungsplan zu den Anlagen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gänzlich.

(2) Auch die Tatsache, dass Vergnügungsstätten nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO vom Bebauungsplan für nicht zulässig erklärt worden sind, ändert nichts an dieser Auslegung.

Anders als im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Januar 2016 (BayVGH, B. v. 8.1.2016, a. a. O., juris Rn. 2) ist hier zwar ein weiterer Punkt vom Bebauungsplan geregelt worden (Ausschluss von Vergnügungsstätten). Der Bebauungsplan geht aber von seiner ausdrücklich regelnden Wirkung nicht so weit, wie es im Fall des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 2015 geschehen war (BayVGH, B. v. 5.3.2015, a. a. O., juris Rn. 4). Dort hatte der Bebauungsplan zu jedem der in § 8 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 genannten Punkte für jede einzelne Nummer Feststellungen getroffen. Dadurch musste er so ausgelegt werden, dass in Nummer 2 die Anlagen für soziale Zwecke wegen ihrer Nichterwähnung im Gegensatz zu den Anlagen für kirchliche Zwecke als nicht ausnahmsweise zulässig anzusehen waren (BayVGH, B. v. 5.3.2015, a. a. O., juris Rn. 4). Hier wurde jedoch keine Regelung zu irgendeiner Anlage im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO getroffen. Fragen zu § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO wurden somit - anders als bei Nr. 1 und Nr. 3 - bewusst ungeregelt gelassen.

Damit musste es beim Grundsatz bleiben, dass in Bezug auf § 8 Abs. 3 Nr. 2

BauNVO wegen des Verweises auf ein „Gewerbegebiet (§ 8 BauNVO)“ die Regelung des Gesetzestextes eingreift. Folglich können wegen § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke in Gewerbegebieten ausnahmsweise zugelassen werden.

(3) Auch die im Klageschriftsatz erwähnte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BRS 60 Nr. 71) steht dieser Auslegung nicht entgegen. Zwar ist richtig, dass dort darauf hingewiesen wird, dass Ausnahmen im Bebauungsplan „nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen“ sein müssen, also als solche bestimmt und vom planerischen Willen umfasst sein müssen (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - juris Rn. 16). Das Urteil betraf aber offenbar einen Plan, der für die streitgegenständlichen Grundstücke und deren Umgebung „Wohngebiet“ mit zweigeschossiger offener Bebauung festsetzte (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - juris Rn. 2). Es ging also um die Frage, ob die Baunutzungsverordnung auch in einem solchen Fall eines nicht ausdrücklichen Verweises ergänzend zur Auslegung herangezogen werden kann (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - juris Rn. 8). Wie das Bundesverwaltungsgericht festhält, sind „nach § 173 Abs. 3 BBauG „bestehende baurechtliche Vorschriften und festgestellte städtebauliche Pläne“ mit verbindlichen Regelungen der in § 9 BBauG bezeichneten Art nur mit dem Inhalt übergeleitet worden, mit dem sie erlassen worden sind. Soweit es um Ausnahmen geht, setzt § 31 Abs. 1 BBauG (…) voraus, dass sie als solche ausdrücklich vorgesehen waren.“ (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16/97 - juris Rn. 17). Der vorliegende Fall ist insofern anders, als dass ein ausdrücklicher Verweis auf § 8 BauNVO in der Überschrift der Festsetzung Nr. 2.3 erfolgte. Damit ist auch eine Ausnahme „ausdrücklich vorgesehen“. Zudem schließt der neue § 246 Abs.10 BauGB nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes die Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB ohnehin aus. Die neue Norm sei nach dem eindeutigen Wortlaut für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2019 für die dort im Einzelnen aufgeführten Einrichtungen in Gewerbegebieten als lex specialis zu § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB anzusehen (BayVGH B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris Rn. 6).

(4) Gestützt wird diese Auslegung ferner dadurch, dass § 1 Abs. 5 BauNVO gestattet, „bestimmte Arten von Nutzungen“ für nicht zulässig oder ausnahmsweise zulässig zu erklären. Davon machte die Antragsgegnerin bei § 8 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 BauNVO Gebrauch. Würde eine solche Regelung ohne Weiteres zu einem zusätzlichen Ausschluss der Nr. 2 führen, träte ein vom Gesetz so nicht vorgesehener Automatismus in Kraft, der die Wahlmöglichkeit der planenden Gemeinde missachten würde. Will sie nichts zu einer bestimmten Nummer sagen (anders bei BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 die Erwähnung wenigstens einer Anlage der in mitten stehenden Nummer), bleibt es damit - abgesehen vom eben zitierten Ausnahmefall, auf den der Bevollmächtigte der Antragstellerin verweist- beim Verweis auf § 8 Abs. 3 BauNVO.

bb) Die Abweichung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Befreiung nach dieser Bestimmung liegen vor. Der Gesetzgeber wollte in Ansehung der Tatsache‚ dass Anlagen für Asylbegehrende von der herrschenden Rechtsprechung als Anlagen für soziale Zwecke mit wohnähnlichem Charakter angesehen werden‚ die grundsätzlich im Gewerbegebiet unzulässig sind und für die auch eine Befreiung wegen des Widerspruchs zu den Grundzügen der Planung nicht erteilt werden konnte‚ in Ergänzung zu § 31 Abs. 2 BauGB einen befristeten Privilegierungstatbestand für derartige Unterkünfte in Gewerbegebieten schaffen‚ die im Einzelfall einer sozialen Einrichtung mit wohnähnlicher Nutzung gegenüber offen sind (s. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrats über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen, BT-Drs. 18/2752). Der Gesetzgeber geht offensichtlich davon aus‚ dass nur unter diesen engen Voraussetzungen und unter Beachtung der Befristung der Regelung bis zum 31. Dezember 2019 die - in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB im Gegensatz zu § 31 Abs. 2 BauGB nicht genannten - Grundzüge der Planung nicht berührt werden. § 246 Abs. 10 BauGB geht insofern als speziellere Norm der allgemeinen Befreiungsvorschrift nach § 31 Abs. 2 BauGB vor (BayVGH, B. v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413 - juris Rn. 6; VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 15.4780 - juris Rn. 22). Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB gefordert wird, sind wie bei der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte. Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende, in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich unter anderem dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären (vgl. VGH BW, B. v. 11. 3 2015 - 8 S 492/15 -, a. a. O., Rn. 15, juris Rn. 15; VG Schwerin, B. v. 19.1.2016 - 2 B 3825/15 SN- juris Rn. 18 ).

Nach diesen Vorgaben sind öffentliche Belange im Sinne des § 246 Abs. 10 BauGB aller Voraussicht nach nicht betroffen. Die von einer baulichen Anlage ausgehenden Störungen und Belästigungen sind nur insoweit auf ihre Nachbarverträglichkeit zu prüfen, als sie typischerweise bei der bestimmungsgemäßen Nutzung auftreten und von bodenrechtlicher Relevanz sind. Über das typischerweise zu erwartende Maß hinausgehende Ruhestörungen sind kein Gegenstand des bauplanungsrechtlicher Betrachtungen; verhaltensbedingten Störungen dieser Art ist vielmehr mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts zu begegnen (BayVGH B. v. 21.8.2015 - 9 CE 15.1318- juris Rn. 19). Solche bodenrechtlichen Spannungen vermag die Kammer hier nicht zu erkennen. Bodenrechtliche Spannungen sind auch nicht vorgetragen. Zudem ist das dringende öffentliche Interesse an der Unterbringung der Flüchtlinge zu berücksichtigen. Den Nachbarn ist somit ein Mehr an Beeinträchtigungen grundsätzlich zuzumuten (VGH HessVGH, B. v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris Rn. 18).

2. Auch auf eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme nach § 15 BauNVO kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg berufen.

Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U. v. 18.11.2004 - 4 C 2.04 - juris). Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Rücksichtnahmebegünstigten unzumutbare Beeinträchtigung entsteht. Ob und inwieweit sich Belästigungen oder Störungen auswirken können, ist nach objektiven Maßstäben unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Anlage und der sich daraus ergebenden Erwartung von Auswirkungen zu beurteilen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, Stand August 2015, Rn. 21 ff., 28 zu § 15).

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin rügt, dass sie bzw. ihre Mieter mit erheblichen Einschränkungen rechnen müsse, um Lärmimmissionen, die auf das Bauvorhaben einwirken, zu reduzieren, geht diese Rüge fehl.

Es fehlt an einem substantiierten Vortrag, dass diese Lärmimmissionen eine derart große Belastung für die Bewohner der Asylunterkunft darstellen. Zu beachten ist, dass Gewerbegebiete nach § 8 Abs. 1 BauNVO ohnehin nur der Unterbringung von „nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben“ dienen. Zudem müssen die vorhandenen gewerblichen Nutzungen auch die nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm vom 26. August 1998 (GMBI. S. 503) - TA Lärm - für ein Gewerbegebiet geltenden Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) am Tag und 50 dB(A) in der Nacht einhalten (vgl. VG Schwerin B. v. 19.1.2016 - 2 B 3825/15 SN- juris Rn. 19). Zudem sind auch Betriebsleiterwohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in diesem Bereich zugelassen. Für solche Betriebswohnungen besteht eine geminderte Schutzwürdigkeit im Gewerbegebiet. Emissionen auf dem für das Gebiet zulässigen Niveau müssten die Bewohner auch bei diesen grundsätzlich hinnehmen (vgl. Bönker in Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, 1. Auflage 2014, § 8 Rn. 111). Ein konkretes Abweichen von der TA Lärm wird derzeit nicht vorgetragen. Allenfalls wird auf die Nachtanlieferung von Waren hingewiesen, die aber ohnehin die Grenzwerte der TA einzuhalten hat.

Überwindet der Gesetzgeber mit der Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 10 BauGB die grundsätzliche Gebietsunverträglichkeit einer wohnähnlichen Nutzung im Gewerbegebiet, so ist aus dieser Regelung zudem auch die Absenkung eines immissionsbezogenen Schutzanspruchs der Nutzer solcher Einrichtungen abzuleiten (vgl. VG München, B. v. 30.11.2015 - M 1 SN 15.4780 - juris Rn. 29).

3. Eine Verletzung nachbarlicher Belange ist auch bauordnungsrechtlich nicht erkennbar, insbesondere soweit die Antragstellerin ein Übergreifen von Bränden auf ihre Grundstücke angesichts der beengten räumlichen Situation befürchtet, weil die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BayBO (Zugänge und Zufahrten) nicht vorliegen würden.

a) Soweit die Antragstellerin einen Verstoß gegen Art. 5 BayBO selbst rügt, kann sie nicht durchdringen, da diese Vorschrift nicht nachbarschützend ist (Famers, in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111.AL, Art. 5 Rn. 15).

b) Soweit sie der Meinung ist, dass die von ihr zitierten Richtlinien des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über Flächen für die Feuerwehr missachtet würden und dadurch eine Inanspruchnahme von Teilflächen ihres Grundstücks (Art. 14 Abs. 1 GG) droht, kann sie ebenfalls nicht durchdringen.

Nach vorläufiger Beurteilung erscheint eine Verletzung der Grundstücksflächen der Antragstellerin nicht zwingend. Die Breite einer Feuerwehrzufahrt ist mit mindestens 3,50 m zu bemessen, in Ausnahmefällen 50 cm breiter. Auch wenn Kurven gefahren werden müssen, sind gegebenenfalls größere Breiten in Abhängigkeit vom Kurvenradius erforderlich (Famers, in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111. AL, Art. 5 Rn. 45; Strohhäker, in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 121. EL September 2015, Art. 5 Rn. 15, Abb. 2). Die Messung über das Programm „Bayern Atlas plus“ hat eine ungefähre Breite von 4,3 m an der engsten Stelle der Zufahrt ergeben, so dass eine ausreichende Breite im Rahmen summarischer Beurteilung für Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayBO gegeben sein dürfte. Auch erscheint die Kurve in das streitgegenständliche Grundstück beim Blick auf das Luftbild hinein an der Südseite ausreichend Platz zu lassen.

Das Grundstück erscheint nach Messung über das Programm „Bayern Atlas plus“ insgesamt auch erreichbar.

Die Erschließung erfolgt über einen gewidmeten Eigentümerweg. Dieser Eigentümerweg wird durch eine beiliegende Skizze nachgewiesen. Ein Zugang zum Grundstück ist erkennbar. Der Weg ist laut Plan 6 m breit, soweit er am Grundstück ... entlang führt. Am Ende des Weges verbeitert er sich jedoch, um - wie auch auf dem Luftbild erkennbar - einem Hindernis an der nordöstlichen Seite am Grundstück Flurnummer ..., Gebäudenummer ... auszuweichen. Er macht dabei einen Knick in östlicher Richtung. Dem folgend ist auf dem Luftbild eine Zufahrt in Richtung des Grundstücks ... (nordwestliche Richtung) sichtbar.

Anhand des Luftbildes in Verbindung mit der amtlichen Karte ist eine Berührung dieses Weges mit dem Grundstück der Antragstellerin (Flurnummer ...) nicht erkennbar. Die südwestliche Spitze dieses Grundstücks bildet nach den vorliegenden Unterlagen zugleich das östliche Ende der Zufahrt zum Grundstück ...

Die Gefahr der Benutzung des Grundstücks der Antragstellerin und damit ihres Eigentums erscheint nach summarischer Prüfung somit ausgeschlossen.

Auch ein etwaiger Verstoß gegen die Zufahrtsvorschrift des Art. 4 BayBO kann die Antragstellerin nicht in ihren Rechten beeinträchtigen, da auch diese Norm keinen Drittschutz vermittelt (Molodovsky, in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111.AL, Art. 4 Rn. 9)

c) Soweit aufgrund eingeschränkter Erreichbarkeit des Grundstücks die Ausbreitung eines Brandes auf die benachbarten Gebäude drohe, kann die Antragstellerin ebenfalls nicht durchdringen. Zwar vermittelt die betreffende Vorschrift zum Brandschutz (Art. 12 BayBO) Drittschutz (Famers, in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111.AL, Art. 12 Rn. 3).

Der erforderliche Gebäudeabstand ist aber voraussichtlich eingehalten. So geht das Gesetz davon aus, dass bei Einhaltung jeweils der Mindestabstandsflächentiefe von 3 m nach Art. 6 Abs. 5 und 6 BayBO im Normalfall das Schutzziel eingehalten ist. Der Gesamtabstand der Gebäude sollte somit 6 m grundsätzlich nicht unterscheiten (Famers, in: Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111.AL, Art. 12 Rn. 43 f). Diese Werte werden vorliegend voraussichtlich eingehalten, so dass keine Ausbreitung des Brandes auf die Nachbargebäude droht.

So ergab eine Messung über das Programm „Bayern Atlas plus“ zwischen dem äußersten Rand des streitgegenständlichen Gebäudes zum Rand des Gebäudes auf dem östlichen Nachbargrundstück Flurnummer ... an den engsten Stellen einen Abstand von ca. 13,5 m.

In südlicher Richtung zum Nachbargrundstück Flurnummer ... betrug der Abstand an der engsten Stelle zur nächsten Bebauung etwa 8,7 m.

Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin rügt, dass wirksame Löscharbeiten aufgrund einer wohl länger andauernden Anfahrt der Feuerwehr und längerer Rangierzeit behindert würden, bleibt auch diese Rüge voraussichtlich ohne Erfolg.

Zwar müssen nach Art. 12 BayBO bauliche Anlagen so angeordnet und beschaffen sein, dass wirksame Löscharbeiten möglich sind. Diese Forderung dient aber nicht dem von der Antragstellerin gerügten Sachschutz (Famers, in: Molodovsky/

Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, 111.AL, Art. 12 Rn. 55).

Im Bescheid ist unter der Nummer 3.7 zum Brandschutz als Auflage zudem geregelt, dass mit der Bauausführung erst begonnen werden darf, wenn die „Bescheinigung Brandschutz I“ vorgelegt wird. Mit der Anzeige der Nutzungsaufnahme ist dann auch die „Bescheinigung Brandschutz II (ordnungsgemäße Bauausführung nach Art. 77 Abs. 2 BayBO i. V. m. § 19 PrüfVBau) sowie eine Fertigung des geprüften Brandschutznachweises vorzulegen. Der angegriffene Bescheid berücksichtigt somit, dass der Brandschutznachweis durch einen Prüfsachverständigen bescheinigt sein muss, Art. 62 Abs. 3 BayBO. Außerdem beurteilt die vorgelegte brandschutztechnische Stellungnahme der Antragstellerin die zur Verfügung stehenden Flächen für die Feuerwehr als „zumindest kritisch“. Aus dieser abgeschwächten Formulierung ist erkennbar, dass die Zufahrt der Feuerwehr zum Grundstück selbst vom Gutachter der Antragstellerin nicht für unmöglich gehalten wird.

4. Nach allem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Kosten des Beigeladenen waren hiervon wegen §§ 154 Abs. 3 Hs. 1, 162 Abs. 3 VwGO auszunehmen, da er mangels Antragstellung auch kein Risiko eigener Kostentragungspflicht übernommen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 162 Rn. 23).

Die Bemessung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000.00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die beabsichtigte Nutzungsänderung bestehender Gebäudeteile auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. in eine befristete Notunterkunft für Asylbegehrende.

Das Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „T.“ der Stadt in der Fassung der 1. Änderung vom 10. August 1991 (Datum des Inkrafttretens), der im maßgeblichen Bereich ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweist. Auf dem Grundstück befinden sich mehrere Gebäude, die (weiterhin) durch die ... AG AG genutzt werden. Ein Gebäudekomplex ist derzeit ungenutzt. Die Antragstellerin nutzt ihr ebenfalls im als Industriegebiet ausgewiesenen Bereich des Bebauungsplans befindliches Grundstück Fl.Nr. 5678 der Gemarkung H. im Rahmen des Betriebs eines ...

Der Antragsgegner beabsichtigt, in den derzeit nicht genutzten Gebäudeteilen der bestehenden Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H. eine auf drei Jahre befristete Notunterkunft für bis zu 300 Asylbegehrende einzurichten. Das Staatliche Bauamt Sch. beantragte bei der Regierung von Unterfranken, dem Bauvorhaben die Zustimmung nach Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayBO zu erteilen.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2015 an das Landratsamt Bad K. und das Staatliche Bauamt Sch. ließ die Antragstellerin beantragen, die Bauarbeiten einzustellen, die bevorstehende Nutzung zu untersagen bzw. entsprechende Handlungen zu unterlassen. Das Landratsamt Bad K. verwies gegenüber den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 an die „übergeordnete Behörde“. Das Staatliche Bauamt Sch. teilte den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. November 2015 mit, es sehe keine Veranlassung, den Bau einzustellen, eine Nutzungsaufnahme sei bisher nicht erfolgt.

Die Bevollmächtigten der Antragstellerin teilten dem Staatlichen Bauamt Sch. unter dem 10. November 2015 mit, dass dem Bauvorhaben nicht zugestimmt werde.

Mit Beschluss des Stadtrates der Stadt vom 16. November 2015 wurde das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt.

2. Mit Schreiben vom 17. November 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin beantragen,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Baumaßnahmen zur Errichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende auf dem Grundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

den Antragsgegner (Bauherrn) im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Nutzung des Vorhabengrundstücks ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, zum Betrieb einer Notunterkunft für Flüchtlinge/Asylbegehrende zu unterlassen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist,

hilfsweise

den Antragsgegner (untere Bauaufsichtsbehörde) zu verpflichten, gegen die formell und materiell rechtswidrige Einrichtung einer Notunterkunft für Flüchtlinge und die unmittelbar bevorstehende Aufnahme der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück ... Straße 22,, Fl.Nr. 5693, durch eine Baueinstellungsverfügung und eine Nutzungsuntersagungsverfügung vorzugehen, solange eine Hauptsacheentscheidung (Antrag auf Einschreiten vom 28.10.2015) noch nicht getroffen ist bzw. ein (anfechtbarer) Zustimmungsbescheid noch nicht ergangen ist.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen keine Informationen darüber vor, wie viele Personen in der Notunterkunft untergebracht werden sollten und auf welchen Zeitraum die Unterbringung befristet sei. In der Presse werde der Pressesprecher der Regierung von Unterfranken mit der Aussage zitiert, Ende November/Anfang Dezember sollten die Flüchtlinge dort einziehen. Die Nachbarbeteiligung des Staatlichen Bauamts habe sich auf die unmittelbaren Angrenzer beschränkt. Ein Zustimmungsbescheid der Regierung von Unterfranken sei bisher nicht ergangen. Der Antragsgegner verhalte sich vorschriftswidrig und ignoriere das präventive Bauverbot der BayBO. Darüber hinaus sei eine Baueinstellung abgelehnt worden. Die Bauarbeiten nähmen ihren Fortgang, die Nutzungsaufnahme stehe bevor. Die untere Bauaufsichtsbehörde sei trotz der öffentlich-rechtlichen Trägerschaft des Bauvorhabens zu einem bauaufsichtlichen Einschreiten befugt. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache stehe dem Eilantrag nicht entgegen. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite. Seien die Bauarbeiten abgeschlossen und werde die beabsichtigte Nutzung aufgenommen, seien damit auf unabsehbare Zeit vollendete Tatsachen geschaffen. Im ausgewiesenen Industriegebiet sei dann eine gebietsunverträgliche wohnähnliche Nutzung etabliert, die nicht nur die aktuelle Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin etwa im Sinne von verstärkten Rücksichtnahmepflichten beeinträchtige, sondern darüber hinausgehend hinsichtlich künftiger industriegebietstypischer Nutzungen auf dem Grundstück der Antragstellerin limitierend wirke. Hinzu komme, dass die Nutzung als Notunterkunft prägend für das Industriegebiet in Erscheinung trete und nicht mehr ausgeschlossen werden könne, dass unter Inanspruchnahme weiterer Flächen weitere derartige Einrichtungen entstünden. Das Vorhaben sei formell und materiell rechtswidrig. Es widerspreche § 30 BauGB i. V. m. den Festsetzungen des Bebauungsplans. Eine Notunterkunft als Anlage für soziale Zwecke sei weder allgemein noch ausnahmsweise gemäß § 31 Abs. 1 BauGB zulässig. Das Vorhaben könne auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zugelassen werden. Dem öffentlichen Interesse an der Flüchtlingsunterbringung stehe das private Interesse der Antragstellerin gegenüber, insbesondere das Interesse an der Bewahrung des Gebietscharakters und am Ausschluss solcher Nutzungen, die gebietsunverträglich seien. Eine Notunterkunft für eine Vielzahl von Personen, sei in einem Industriegebiet nicht gebietsverträglich. Unterkünfte für Flüchtlinge seien in Gewerbegebieten nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832) nicht gebietsverträglich. Erst recht gelte dies für Industriegebiete. Der Gesetzgeber habe nur eine Befreiungsregelung vorgesehen. Zugunsten der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf die Größe des Industriegebiets mit 9,55 ha um eine hohe Zahl von Flüchtlingen gehe und das Vorhaben „Vorbildwirkung“ für die Einrichtung weiterer Unterkünfte habe, was den Effekt des „Umkippens“ des Gebietscharakters noch verstärken könne. Der Gebietsgewährleistungsanspruch gebe dem Eigentümer von Grundstücken einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgehe. Er könne sich auch dann gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wenden, wenn er durch sie nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Ein nachbarrechtlicher Abwehranspruch bestehe dann, wenn - wie hier - die Voraussetzungen für eine Befreiungserteilung nicht gegeben seien. Die Antragstellerin habe daher einen Anspruch auf Einschreiten bzw. Unterlassen.

3. Die Regierung von Unterfranken beantragte für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Auf die Begründung des Ablehnungsantrags wird Bezug genommen.

Das Landratsamt Bad K. beantragte,

den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten abzulehnen.

Auf die Begründung des Antrags wird Bezug genommen.

4. Laut telefonischer Auskunft der Regierung von Unterfranken, Sachgebiet 14, vom 20. November 2015 soll der Einzug der Flüchtlinge in die streitgegenständliche Notunterkunft am 25. November 2015 erfolgen.

5. Mit Bescheid vom 20. November 2015, der am selben Tag zur Post u. a. an die Bevollmächtigten der Antragstellerin gegeben und per Fax an das Staatliche Bauamt Sch. übermittelt wurde, erteilte die Regierung von Unterfranken die auf drei Jahre befristete bauaufsichtliche Zustimmung zu dem Vorhaben und hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans.

6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die von der Antragstellerin, vom Landratsamt Bad K. und der Regierung von Unterfranken vorgelegten Unterlagen und Akten Bezug genommen.

II.

1. Die Anträge haben sämtlich keinen Erfolg.

2. Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind dabei glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).

3. Die Hauptanträge sind zwar zulässig, da mangels Bekanntgabe eines anfechtbaren Zustimmungsbescheids ein vorrangiges Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO derzeit noch nicht statthaft ist.

Sie erweisen sich aber als unbegründet. Der Antragstellerin steht bei der im Sofortverfahren nur möglichen summarischen Prüfung kein Anordnungsanspruch gegen den Antragsgegner auf Baueinstellung und Unterlassung der beanstandeten Nutzung zur Seite.

a) Zwar ist vorliegend ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch der Antragstellerin unmittelbar gegen den Bauherrn oder Nutzer nicht deswegen von vorneherein ausgeschlossen, weil nach der Bayerischen Bauordnung die Bauaufsichtsbehörden berufen sind, mit Baueinstellungen oder Nutzungsuntersagungen gegen die rechtswidrige Errichtung oder Nutzung baulicher Anlagen - auch gegenüber Hoheitsträgern - vorzugehen (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris). Denn in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, scheiden bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

b) Allerdings ist eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

aa) Die Rüge formeller Mängel kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen.

Die Vorschriften über die Baugenehmigungspflicht nach Art. 55 ff. BayBO sind nicht nachbarschützend. Für die bauaufsichtliche Zustimmung nach Art. 73 BayBO gelten die gleichen Grundsätze wie für die Baugenehmigung und den dagegen Dritten zustehenden Rechtsschutz (vgl. Simon/Busse, BayBO, Art. 73 Rn. 162). Ein Nachbar hat keinen Anspruch darauf, dass die Vorschriften über das Baugenehmigungs- und damit auch das Zustimmungsverfahren beachtet werden (BayVGH, B.v. 5.5.2015 - 1 ZB 13.2010 - juris). Ein Anspruch potentiell Drittbetroffener auf Durchführung eines Verfahrens für die Zulassung eines Vorhabens oder für die Unterlassung eines Vorhabens ohne Durchführung des Verfahrens, weil sonst der Nachbarschutz nicht gesichert sei, ist außer im Atomrecht nicht anerkannt (vgl. Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 288).

Ob eine Verletzung von formellen Rechten der Antragstellerin als Nachbarin nach Art. 66 BayBO, der im Zustimmungsverfahren nach Art. 73 Abs. 2 Satz 5 BayBO entsprechend anzuwenden ist, vorliegt, kann dahingestellt bleiben, denn dies würde ebenfalls nicht zum Erfolg des Antrags führen. Ein Nachbar kann wegen seiner fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung einen Rechtsbehelf zulässigerweise nur erheben, wenn er gleichzeitig geltend machen kann, auch in eigenen materiellen Rechten verletzt zu sein (Simon/Busse, a. a. O., Art. 66 Rn. 208).

bb) Einen materiell-rechtlichen Abwehranspruch hat die Antragstellerin indes nicht dargetan und ein solcher ist auch nicht ersichtlich.

aaa) Die Nutzungsänderung von Gebäudeteilen auf dem Grundstück Fl.Nr. 5693 der Gemarkung H als befristete Notunterkunft für Asylbegehrende verletzt voraussichtlich nicht den Gebietserhaltungsanspruch der Antragstellerin.

Bei unterstellter Gültigkeit des Bebauungsplans steht der Antragstellerin zwar grundsätzlich unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs zu, da ihr Betriebsgrundstück innerhalb des Bebauungsplans liegt. Das Vorhaben einer befristeten Notunterkunft für Asylbegehrende ist seiner Art nach in einem Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 und 2 BauNVO auch nicht allgemein zulässig, unabhängig davon, ob man es als Anlage für soziale Zwecke im bauplanungsrechtlichen Sinn (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2015 - 1 ZB 14.2373 - juris; Hessischer VGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15 - juris) oder als eigenständige Nutzungsart (VG Berlin, B.v. 11.12.2014 - 13 L 327.14 - juris) ansieht.

Die Antragstellerin vermochte jedoch nicht darzulegen, warum das Vorhaben nicht unter Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zulassungsfähig sein soll.

Hintergrund der seit 24. Oktober 2015 gültigen Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte auch in Industriegebieten ist die Tatsache, dass es in Deutschland angesichts des seit Monaten massenhaften Andrangs von Asyl- und Schutzsuchenden einer deutlich größeren Anzahl und Kapazität von Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für Menschen, die als Asylberechtigte oder aus humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in Deutschland bleiben werden, bedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/6185) werden zum Zweck einer schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs sollen davon unberührt bleiben.

Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Befreiung auch dann möglich, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Zur Prüfung der Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ist bei der Anwendung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB abweichend zu § 31 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Zulassung eines wohnähnlichen Vorhabens in ein Industriegebiet getragen wird, nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, B.v. 11.3.2015 - 8 S 492/15 - juris). Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54). Eine Zulassung der benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären, wobei bei befristet zu errichtenden (mobilen) Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden muss (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung der Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen (vgl. VGH BW, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, dass die Nachbarn von dem Vorhaben selbst oder von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden könnten. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnten. Für unzumutbare Lärm- oder Geruchseinwirkungen des umliegenden Industriegebiets auf das Vorhaben bestehen keine Anhaltspunkte, so dass nicht ersichtlich ist, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015).

Der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB steht daher derzeit nichts entgegen. Angesichts des hohen öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und des auf eine weitgehende Erteilung von Befreiungen gerichteten Ziels der neu geschaffenen, zeitlich befristeten Regelung (vgl. zu § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB VGH BW, a. a. O.), dürfte wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen sein.

Ob die Befreiung auf dieser Grundlage bereits (ermessensfehlerfrei) erteilt worden ist, ist vorliegend unerheblich. Der Gebietsgewährleistungsanspruch greift nur gegenüber Vorhaben ein, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind, noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können (vgl. OVG NRW, B.v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14). Nichts anderes kann nach summarischer Prüfung für ein Vorhaben gelten, das nach dem zusätzlichen Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zugelassen werden kann.

bbb) Die geplante Nutzung verstößt auch voraussichtlich nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene nachbarschützende Rücksichtnahmegebot.

Von dem geplanten Vorhaben auf das Grundstück der Antragstellerin ausgehende Beeinträchtigungen sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Umgekehrt hat die Antragstellerin schon nicht dargelegt, dass sie bei Verwirklichung des Vorhabens Betriebseinschränkungen zu befürchten hätte. Davon abgesehen sind solche voraussichtlich auch nicht zu befürchten (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Landratsamts Bad K. vom 6.11.2015: „Alle weiteren Betriebe sind entweder nicht relevant in der Nachtzeit oder besitzen einen ausreichenden Schutzabstand zur geplanten Unterkunft“.).

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB i. V. m. § 30 BauGB längstens auf drei Jahre zu befristende Nutzungsänderungen einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage u. a. in Industriegebieten in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende privilegieren wollte. Nach der Gesetzesbegründung ist bei der Erteilung der Befreiung hinsichtlich des Nachbarschutzes zu beachten, dass angesichts der nationalen und drängenden Aufgabe bei der Flüchtlingsunterbringung Nachbarn vorübergehend auch ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten ist (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54).

4. Der Hilfsantrag der Antragstellerin ist zumindest unbegründet.

Wie oben bereits ausgeführt, scheiden in den Fällen, in denen einer Baudienststelle des Landes die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung übertragen sind, bauaufsichtliche Maßnahmen nach Art. 75 und 76 BayBO aus, weil staatliche Bauaufsichtsbehörden gegen ihren Rechtsträger keinen „In-sich-Verwaltungsakt“ erlassen können (BayVGH, B.v. 8.4.2015 - 1 CE 15.373 - juris).

Darüber hinaus ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch auf Erlass einer Baueinstellungsverfügung und Nutzungsuntersagung nicht glaubhaft gemacht worden (vgl. oben).

5. Nachdem bereits ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde, kommt es auf die Frage einer möglichen unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht mehr an.

6. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - in der Fassung des Senatsbeschlusses vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 - wird geändert, soweit er die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 anordnet.

Der Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Beschlusses abgelehnt.

Die Antragsteller tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Abänderungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Abänderungsverfahren wird auf 3.750,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller wenden sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit einer dem Beigeladenen am 21.09.2012 erteilten Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber sowie Büros mit Lagerräumen.
1. Die Antragsgegnerin erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 21.09.2012 die streitbefangene Baugenehmigung zur oben beschriebenen (Nutzungs-)Änderung entsprechend seinem Antrag vom 11.06.2012 in Anwendung von § 31 Abs. 1 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968. Der Bauantrag war ausdrücklich auf „Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung von Personen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (Asylbewerber)“ gerichtet.
Das Baugrundstück befindet sich ebenso wie das im Miteigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 befindliche Nachbargrundstück im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ der Gemeinde Oeffingen vom 29.10.1973, in dem nach Nr. 1.2 seines Textteils für das gesamte Plangebiet ein „beschränktes Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 4 BauNVO“ festgesetzt wird, in dem „nur nicht wesentlich störende Betriebe im Sinne von § 6 BauNVO zulässig [sind]“.
2. Die Antragsteller erhoben gegen die Baugenehmigung Widerspruch. Ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21.11.2012 abgelehnt. Die Beschwerde der Antragsteller gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Mit Senatsbeschluss vom 14. März 2013 wurde der Beschluss des Verwaltungsgerichts geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller angeordnet. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, die angegriffene Baugenehmigung werde sich in der Hauptsache wohl als rechtswidrig erweisen und die Antragsteller dadurch in eigenen Rechten verletzen. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Vorhaben um eine Anlage für soziale Zwecke handele, sei sie voraussichtlich bauplanungsrechtlich unzulässig, weil die genehmigte Nutzung mit ihrem wohnähnlichen Charakter in einem Gewerbegebiet gebietsunverträglich sei.
3. Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Widerspruch der Antragsteller mit Bescheid vom 07.08.2013 unter Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ zurück. Die Voraussetzungen für die Befreiung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BauGB lägen vor, denn Gründe des Wohls der Allgemeinheit erforderten die Befreiung und die Abweichung sei auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.
Ein auf die Erteilung der Befreiung gestützter Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg (Beschluss vom 14.10.2013 - 11 K 2941/13). Dieser Beschluss wurde auf die Beschwerde der Antragsteller mit Senatsbeschluss vom 17.12.2013 geändert und der Antrag auf Abänderung abgelehnt (8 S 2350/13).
4. Auf die Klage der Antragsteller hat das Verwaltungsgericht die Baugenehmigung vom 21.09.2012 und den Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 mit Urteil vom 22.07.2014 aufgehoben (11 K 3170/13). Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ist vom Beklagten, dem Beigeladenen und dem - im Klageverfahren ebenfalls beigeladenen - Landkreis Rems-Murr-Kreis, eingelegt worden. Über die Berufungen ist noch nicht entschieden worden.
II.
Der Senat macht von der ihm in § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO eingeräumten Kompetenz Gebrauch, ändert den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.11.2012 - in der Fassung, die er durch den Senatsbeschluss vom 14.03.2013 gefunden hat - mit Wirkung für die Zukunft ab und lehnt den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ab. Die Erfolgsaussichten dieser Klage erweisen sich aufgrund der Einführung von § 246 Abs. 10 BauGB durch Art. 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl I S. 1748) mit Wirkung vom 26.11.2014 (vgl. dessen Art. 2) derzeit als offen. Das Vollzugsinteresse - sowohl das öffentliche als auch das private des Beigeladenen - überwiegt daher nunmehr das Suspensivinteresse der Antragsteller.
1. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dient dabei nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (BVerwG; Beschluss vom 10.03.2011 - 8 VR 2.11 - juris Rn. 8; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.11.1995 - 13 S 494/95 - VBlBW 1996, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.12.2013 - 9 S 53.13 - juris; Funke-Kaiser, in: Bader, VwGO, 6. Aufl. 2014, § 80 Rn. 143a).
10 
2. Die vom Senat zu treffende umfassende Interessenabwägung (§§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage fällt zu Lasten der Antragsteller aus. Aufgrund der Einfügung des neuen Absatzes 10 in § 246 BauGB erweisen sich die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen (a)). Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertung des §212a Abs. 1 BauGB, wonach der Bauherr von der Baugenehmigung sofort Gebrauch machen darf, kommt dem Vollzugsinteresse aufgrund des erheblichen Platzbedarfs für die Unterbringung von Asylantragstellern der Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs zu (b)).
11 
a) Die dem Beigeladenen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 erteilte Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „Handwerkergebiet“ wird tatbestandlich voraussichtlich von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dessen Einfügung in das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 26.11.2014 vom Senat hier zu berücksichtigen ist (aa)) - gedeckt (bb)). Das grundsätzlich eröffnete Ermessen der Baurechtsbehörde ist hier wohl zugunsten des Beigeladenen auf Null reduziert (cc)). Es ist allerdings eine offene Rechtsfrage, ob auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine unbefristete Baugenehmigung bzw. Befreiung erteilt werden darf (dd)).
12 
aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer Drittanfechtung einer Baugenehmigung der Zeitpunkt der Erteilung der angefochtenen Baugenehmigung. Allerdings ist es zu berücksichtigen, wenn sich die Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Bauherrn verändert (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.04.2011 - 5 S 194/10 - VBlBW 2011, 395 m.w.N.). Eine solche Änderung stellt § 246 Abs. 10 BauGB dar.
13 
bb) (1) Nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB kann bis zum 31.12.2019 in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist.
14 
Diese spezielle Befreiungsvorschrift, die ergänzend neben die allgemeine Vorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB tritt (BT-Drs. 18/2752 S. 11 f.), ist auf Festsetzungen von Gewerbegebieten als Baugebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung anzuwenden und bezieht sich auf alle Fassungen der Baunutzungsverordnung seit derem ersten Erlass vom 26.06.1962 (BGBl I. S. 429). Die Voraussetzung, dass an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, zielt darauf ab, dass die Gemeinde mit dem Bebauungsplan nicht von Möglichkeiten zur Feinsteuerung Gebrauch gemacht haben darf und also die nach der Anordnung - der jeweils anzuwenden Fassung - des § 8 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für soziale Zwecke nicht durch den Bebauungsplan von der (ausnahmsweisen) Zulässigkeit ausgeschlossen hat (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609<1612>). Abweichend von § 31 Abs. 2 BauGB ist hingegen nicht gefordert, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden.
15 
Für die Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen, wie sie von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ebenso gefordert wird wie von § 31 Abs. 2 BauGB, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB keine generellen Maßstäbe zu bilden. Denn es ist nicht generell zu beantworten, welche Umstände als öffentliche Belange einer Befreiung entgegenstehen. Der Schluss, eine Befreiung sei mit den öffentlichen (bodenrechtlichen) Belangen nicht vereinbar, liegt umso näher, je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht einer Planung eingreift. Eine Befreiung ist ausgeschlossen, wenn das Vorhaben in seine Umgebung nur durch Planung zu bewältigende Spannungen hineinträgt oder erhöht, so dass es bei unterstellter Anwendbarkeit des § 34 Abs. 1 BauGB nicht zugelassen werden dürfte (BVerwG, Urteile vom 09.06.1978 - 4 C 54.75 - BVerwGE 56, 71 <78 f.> und vom 19.09.2002 - 4 C 13.01 - BVerwGE 117, 50 <53 f.>). Es kommt also - auch für die hypothetische Prüfung am Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB - darauf an, ob durch das Bauvorhaben städtebauliche Spannungen hervorgerufen werden, die vorhandene bauliche Situation verschlechtert wird, das Bauvorhaben mithin „Unruhe stiftet“. Bei der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist - insoweit abweichend - zu berücksichtigen, dass die mögliche Unruhe, die durch die Genehmigung der wohnähnlichen Nutzung eines Gebäudes als Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft für Asylbegehrende (dazu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 15 f. und Bayerischer VGH, Urteil vom 06.02.2015 - 15 B 14.1832 - juris, jeweils m.w.N.), in ein Gewerbegebiet getragen wird, das aufgrund seines durch die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung geprägten Gebietstypus wohnähnliche Nutzungsformen nicht verträgt (auch hierzu Senatsbeschluss vom 14.03.2013 - 8 S 2504/12 - VBlBW 2013, 384 juris Rn. 18 m.w.N.), nicht relevant für die Frage der Vereinbarkeit der Befreiung mit den öffentlichen Belangen sein kann. Denn insoweit hat der Gesetzgeber für den Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine abschließende Regelung zugunsten der Möglichkeit, Befreiungen für solche Nutzungsformen zu erteilen, getroffen. Als öffentlicher Belang ist hingegen die Wahrung gesunder Wohnverhältnisse zu berücksichtigen. Eine Zulassung der in der Norm benannten Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende ist daher tatbestandlich u.a. dann mangels Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen ausgeschlossen, wenn die Bewohner voraussichtlich gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt wären.
16 
Die Würdigung nachbarlicher Interessen schließlich fordert, dass festgestellt wird, ob nachbarliche Interessen der Erteilung einer Befreiung entgegenstehen. Dazu sind die Interessen des Bauherrn an der Befreiung und die Interessen des Nachbarn an der Einhaltung der Festsetzung nach den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots gegeneinander abzuwägen. Dabei ist zwar davon auszugehen, dass nachbarschützende Festsetzungen - insbesondere solche über die Art der baulichen Nutzung - im Interessengeflecht eines Bebauungsplans in der Regel eine derart zentrale Bedeutung haben, dass ihre Durchbrechung das Bedürfnis nach einer Änderung des Bebauungsplans hervorruft. Etwas anders gilt jedoch dann, wenn die Nachbarn weder von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert beeinträchtigt werden können (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2014 - 3 S 1992/13 - NVwZ-RR 2014, 548 <549 f.>).
17 
(2) Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind hier voraussichtlich alle erfüllt.
18 
(a) Im Plangebiet sind allein die das Wohnen wesentlich störenden Betriebe von der Zulässigkeit, wie sie von dem mit der Festsetzung unter Nr. 1.2 des Bebauungsplans in Bezug genommenen § 8 BauNVO 1968 bestimmt werden, ausgenommen. Anlagen für soziale Zwecke sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 3. Var. BauNVO 1968 hingegen ausnahmsweise zulässig.
19 
(b) Die Befreiung ist voraussichtlich auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller haben bislang nicht substantiiert geltend gemacht, dass bisher ausgeübte Nutzungen - wie etwa der auf ihrem Grundstück ausgeübte Handel mit Natursteinen - aufgrund der Befreiung nicht mehr im gleichen Umfang wie bisher ausgeübt werden könnte und also Nutzungen auf Nachbargrundstücken von dem Vorhaben selbst noch von dessen zu erwartenden Folgewirkungen nennenswert tatsächlich konkret beeinträchtigt werden könnten. Eine solche Beeinträchtigung liegt im Übrigen auch schon deswegen fern, weil die in dem festgesetzten beschränkten Gewerbegebiet zulässigen Gewerbebetriebe das Wohnen ohnehin nicht wesentlich stören dürfen und auch im Mischgebiet zulässig sein müssen, so dass der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen kann, dass gesunde Wohnverhältnisse auf dem Baugrundstück nicht gewahrt sein könnten.
20 
bb) Das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde - aus § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - dürfte hinsichtlich der Erteilung der Befreiung auf Null reduziert sein. Bereits regelmäßig und allgemein verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind (Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 31 Rn. 43). Dies gilt auch für das der Baurechtsbehörde in § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eröffnete Ermessen, auch wenn der Tatbestand mit dem Verzicht auf die Prüfung der Berührung der Planungsgrundzüge hier nicht genauso eng wie in § 31 Abs. 2 BauGB gefasst ist. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen. Da derzeit nicht ersichtlich ist, dass nachbarliche Interessen konkret beeinträchtigt sein könnten, städtebauliche Belange - etwa Planungsabsichten der Gemeinde - nicht berührt sind und also damit einerseits relevante öffentliche Belange oder nachbarliche Interessen in keiner Weise negativ betroffen sind, andererseits ein hohes öffentliches Interesse an der Schaffung zusätzlicher Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende besteht, ist wohl von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen (vgl auch Senatsurteil vom 14.03.2007 - 8 S 1921/06 - NVwZ-RR 2008, 225 <226 f.>).
21 
cc) Offen hingegen erscheint, ob die Befreiung und damit die Baugenehmigung für die begehrte Nutzungsänderung auf der Grundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB - wie bislang geschehen - unbefristet erteilt werden darf.
22 
Die Gesetzesmaterialien äußern sich nicht zu der Frage, ob mit der Befristung der Ermächtigungsgrundlage auf den 31.12.2019 auch beabsichtigt gewesen ist, nur befristet Befreiungen zu ermöglichen. In der Literatur wird vertreten, dass § 246 Abs. 10 BauGB die Erteilung unbefristeter Befreiungen und auf ihrer Grundlage Baugenehmigungen ermögliche (Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73<78>) und dass eine Rechtfertigung, Baugenehmigungen für beantragte Vorhaben behördlicherseits mit einer zeitlichen Beschränkung auf den 31.12.2019 zu versehen, nicht bestehe (Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2014, 1609 <1611>). Dagegen könnte jedoch sprechen, dass der mit der zeitlichen Befristung der Ermächtigungsgrundlage erkennbar verfolgte doppelte Zweck, nur eine befristete Regelung aufgrund der aktuell stark ansteigenden Asylantragszahlen zu schaffen (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 7) und den Eingriff in die kommunale Planungshoheit durch Zulassung einer Befreiungsmöglichkeit ohne Rücksicht auf Planungsgrundzüge möglichst gering zu halten, letztlich nur dann effektiv erreicht werden kann, wenn auch die Auswirkungen der Anwendung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zeitlich begrenzt werden und damit der „Ausnahmecharakter“ der Norm (Kment/Bauer, BauR 2015, 211<214>) hinreichend Berücksichtigung findet. Allerdings teilt der Senat nicht die Rechtsauffassung der Antragsteller, wonach die Frage der Befristung für die Verhältnismäßigkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB als Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG relevant sei. Denn Art. 14 GG gewährleistet keinen Anspruch auf Beibehaltung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.08.2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41).
23 
b) Angesichts der aufgrund der fehlenden Befristung der erteilten Befreiung derzeit offenen Frage ihrer Rechtmäßigkeit kommt nunmehr - abweichend von der vom Senat im Beschluss vom 14.03.2013 vorgenommenen Interessenabwägung - dem privaten Interesse des Beigeladenen und den öffentlichen Interessen am weiteren Vollzug der Baugenehmigung höheres Gewicht als dem Suspensivinteresse der Antragsteller zu. Bei dieser Interessenabwägung ist zugunsten des Vollzugsinteresses die gesetzliche Wertung des § 212a Abs. 1 BauGB, der dringende Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende und die Möglichkeit der Nachholung der Befristung der angefochtenen Baugenehmigung auch im laufenden Klageverfahren - sollte sie denn rechtlich erforderlich sein - einzustellen. Da die Antragsteller bislang keine konkreten Nachteile für den Fall des erneuten Vollzugs der Baugenehmigung substantiiert geltend gemacht haben und solche auch nicht ersichtlich sind, muss ihr Suspensivinteresse nunmehr zurückstehen.
24 
3. a) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Senat weist darauf hin, dass aufgrund der Bestimmung des § 16 Nr. 5 RVG das von Amts wegen eingeleitete Änderungsverfahren im Verhältnis zum ersten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung „dieselbe Angelegenheit“ i. S. des § 15 Abs. 2 RVG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 08.11.2011 - 8 S 1247/11 - JZ 2012, 421).
25 
b) Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1,53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG in Anwendung von Nrn. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Es bedarf einer Streitwertfestsetzung, weil diese Grundlage für zu erhebende Gebühren ist. Denn mehrere Verfahren nach § 80 Abs. 5 und 7, § 80a Abs. 3 VwGO gelten - systematisch insoweit vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz abweichend - nur innerhalb eines Rechtszugs als ein Verfahren, Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, was zur Folge hat, dass die Abänderung eines erstinstanzlichen Beschlusses durch das Berufungsgericht eine Gebühr auslöst (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 13.10.1989 - 1 S 3032/89 - juris). Die Abänderung eines Beschlusses nach §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO von Amts wegen führt zum Entstehen einer Gebühr. Denn Absatz 2 der Vorbemerkung 5.2 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nimmt sowohl Satz 1 als auch Satz 2 des § 80 Abs. 7 VwGO in Bezug.
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin geltend gemachten und allein gemäß § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu prüfenden Beschwerdegründe liegen nicht vor. Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen der ausführlich und zutreffend begründeten Entscheidung des Verwaltungsgerichts als unbegründet zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Die Beschwerdebegründung verkennt, dass der Beschluss des erkennenden Senats vom 5. März 2015 (1 ZB 14.2373 - BayVBl 2015, 413) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar ist, so dass die zum Teil wörtlichen Zitate aus diesem Beschluss nicht weiterführen. Im Gegensatz zu dem damals entschiedenen Fall werden nach den dem Senat vorliegenden Akten in dem hier maßgeblichen Bebauungsplan „Gewerbegebiet Soyen“ Anlagen für soziale Zwecke im Sinn von 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO nicht (konkludent) ausgeschlossen, so dass diese Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zur Errichtung einer Unterkunft für Asylbewerber erfüllt ist. Der Bebauungsplan setzt unter Nr. 2.1 ein „GE Gewerbegebiet (GE) gemäß § 8 BauNVO“ fest. Damit wird der Katalog der regelhaft oder ausnahmsweise zulässigen Vorhaben im Sinn von § 8 Abs. 1, 2 und 3 BauNVO grundsätzlich in den Bebauungsplan übernommen. Die Festsetzung unter Nr. 2.2 Satz 1 des Bebauungsplans, wonach Wohnungen gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden, lässt nicht den Schluss zu, dass die übrigen in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Anlagen ausgeschlossen sein sollen. Anlass für die ausdrückliche Erwähnung der betriebsbezogenen Wohnungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO war offenbar die Absicht der Gemeinde, mit Satz 2 der Festsetzung einer betriebsfremden Nutzung dieser Wohnungen entgegenzutreten. Im Gegensatz zu dem im Beschluss vom 5. März 2015 (a. a. O.) entschiedenen Fall lässt der hiesige Bebauungsplan die weiteren in § 8 Abs. 3 BauNVO genannten Ausnahmen unberührt. Im damaligen Fall hatte die Gemeinde von den in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen nur Anlagen für kirchliche Zwecke ausnahmsweise für zulässig erklärt und lediglich für die sonstigen Anlagen im Sinne dieser Vorschrift (Anlagen für kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke) keine ausdrückliche Regelung getroffen. Unter Anderem daraus hatte der Senat gefolgert, dass Anlagen für soziale Zwecke unzulässig sein sollten.

2. Es kann offen bleiben, ob der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (U. v. 21.12.2010 - 2 A 1419/09 - BauR 2011, 1635; ebenso B. v. 23.2.2015 - 7 B 1343/14 - BauR 2015, 797) zu folgen ist, wonach der Gebietsgewährleistungsanspruch nur gegenüber Vorhaben eingreift, die in dem betreffenden Baugebiet weder planungsrechtlich regelhaft zulässig sind noch nach § 31 Abs. 1 oder 2 BauGB im Wege einer Ausnahme oder Befreiung zugelassen werden können, so dass es darauf, ob hier eine Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB erteilt worden ist, nicht ankäme. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Umdeutung auch durch Verwaltungsgerichte unter den Voraussetzungen des Art. 47 BayVwVfG grundsätzlich zulässig(U. v. 23.11.1999 - 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 m. w. N.; vgl. hierzu zusammenfassend Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 47 Rn. 35a). Dies gilt auch für die - hier den Voraussetzungen des Art. 47 BayVwVfG entsprechende (vgl. S.11 des angefochtenen Beschlusses) - Umdeutung einer erteilten Ausnahme in eine noch nicht (ausdrücklich) erteilte Befreiung (vgl. BayVGH, U. v. 6.2.2015 - 15 B 14.1832 - juris Rn. 19). Dass die weitere Voraussetzung des § 246 Abs. 10 BauGB, nämlich die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen, erfüllt ist, hat das Verwaltungsgericht - im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme - zutreffend bejaht (S. 12 bis 14 d. U.). Hierauf wird Bezug genommen, zumal die Antragstellerin diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts in keiner Weise angreift (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Ohne dass es hier entscheidungserheblich darauf ankäme, wird man entgegen der Auffassung der Antragstellerin davon ausgehen müssen, dass im Fall des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 246 Abs. 10 BauGB im Regelfall eine Ermessensreduzierung vorliegt und damit ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Befreiung nach dieser Vorschrift besteht.

Die unterlegene Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert; der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 14. Oktober 2014 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750 Euro festgesetzt.


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