Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 06. März 2018 - A 4 K 10752/17

bei uns veröffentlicht am06.03.2018

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 4 S. 1 AsylG durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin.
Der Antrag des Antragstellers, eines 1990 geborenen sri lankischen Staatsangehörigen, auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Bundesamts vom 30.11.2017, mit dem sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG nicht vorliegen, und seine Abschiebung nach Malta angeordnet wurde, ist statthaft; denn der Gesetzgeber hat die aufschiebende Wirkung der Klage ausgeschlossen (§ 80 Abs. 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG).
Der Antrag ist auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Für die gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung des Gerichts über die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung ist maßgeblich, dass das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Vollziehbarkeit höher wiegt als das Interesse des Antragstellers daran, nicht schon jetzt nach Malta überstellt zu werden.
1. Das - auch im Ausschluss der aufschiebende Wirkung der Klage von Gesetzes wegen zum Ausdruck kommende - öffentliche Interesse an der Wahrung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, wie sie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-Verordnung), regelt, ist von hohem Gewicht. Die Regelungen der Verordnung sind Ausdruck einer gemeinsamen Asylpolitik der Mitgliedstaaten, die ihrerseits ein wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union ist, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Union um Schutz nachsuchen (vgl. Nr. 2 der der Verordnung vorangestellten Erwägungen). Zu diesen Regeln gehören klare, auch Grundrechte und humanitäre Erwägungen berücksichtigende Kriterien dazu, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (Art. 7 ff. Dublin III-VO). Die Begründung einer ausschließlichen Zuständigkeit eines Mitgliedsstaats (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) lässt es nicht zu, dass Personen, die um Flüchtlingsschutz nachsuchen, selbst den Staat bestimmen, in dem sie Flüchtlingsschutz erhalten wollen, so wenig wie sich Asylsuchende innerhalb des Bundesgebiets das Bundesland oder den Ort aussuchen dürfen, in dem sie sich - aus oft nachvollziehbaren Gründen - bessere Aufnahmebedingungen oder eine günstigere Entscheidung im Asylverfahren versprechen. Die Regelungen der Dublin III-Verordnung schließen es aus naheliegenden Erwägungen auch aus, dass sich ein Asylantragsteller nach Ablehnung seines Asylantrags in einen anderen Mitgliedstaat begibt, um dort ein weiteres Asylverfahren zu betreiben (Art. 18 Dublin III-VO). Es liegt auf der Hand, dass die Nichtbeachtung der unionsrechtlich begründeten Zuständigkeitskriterien die jeweiligen Asylsysteme der betroffenen Mitgliedstaaten zusätzlich belastet.
In die Abwägung dieses hohen öffentlichen Interesses mit dem Interesse eines Antragstellers, der Abschiebungsanordnung vorerst nicht nachkommen zu müssen, ist zunächst einzustellen, ob sich die Abschiebungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen vorläufigen Beurteilung im Klageverfahren voraussichtlich als rechtmäßig oder als rechtswidrig erweisen wird. Dies gilt grundsätzlich auch hinsichtlich des besonders gewichtigen Einwands systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedstaat, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinn von Art. 4 EU-GRCh (bzw. wortgleich Art. 3 EMRK) mit sich bringen. Dabei ist freilich im Anwendungsbereich der Dublin-III-Verordnung die Wertung des Unionsrechts zu beachten, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen herrschen, die Mindeststandards festlegen (vgl. EuGH, Urteil vom 07.06.2016 - C-63/15 - Ghezelbash -, juris).
Bestehen danach keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung oder ist diese gar offensichtlich rechtmäßig, kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung - wie sonst auch in Fällen der gesetzlich angeordneten Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts - schon deshalb abgelehnt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017 - 2 BvR 2013/16 -, juris). Ein Überwiegen des Suspensivinteresses ist hingegen jedenfalls dann zu bejahen, wenn besondere, in der Person des Asylbewerbers liegende Gründe oder die allgemeinen Aufnahmebedingungen die Rücküberstellung in einen anderen Mitgliedstaat mit der Folge, dass das Hauptsacheverfahren in Deutschland von dort aus betrieben werden muss, als unzumutbar erscheinen lassen (BVerfG, Beschluss vom 17.01.2017 - 2 BvR 2013/16 -, a.a.O.). Insoweit greift das Bundesverfassungsgericht auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zurück, in der anerkannt ist, dass die Rückführung eines Flüchtlings in einen anderen Konventionsstaat eine Verletzung des Art. 3 EMRK auch durch den rückführenden Staat darstellen kann, wenn den Behörden bekannt ist oder bekannt sein muss, dass dem Asylbewerber dort gegen Art. 3 EMRK verstoßende Bedingungen drohen.
2. Dies zugrunde gelegt, unterliegt die angefochtene Abschiebungsanordnung keinen ernstlichen Zweifeln, auch wenn nicht alle sich im Hauptsacheverfahren stellenden rechtlichen Fragen in der Rechtsprechung bereits geklärt sind.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG).
2.1 Die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Malta beruht auf § 34a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Die Voraussetzungen dieser Vorschriften liegen vor. Malta ist für den Asylantrag des Antragstellers zuständig (Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO). Dies gilt gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d) Dublin III-VO auch für den Fall, dass der Asylantrag des Antragstellers in Malta bereits bestandskräftig abgelehnt worden ist. Die maltesischen Behörden haben dem Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 22.11.2017 fristgerecht gemäß Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO, nämlich bereits mit Schreiben vom 29.11.2017 stattgegeben; Malta ist daher - auch gegenwärtig noch - verpflichtet, den Antragsteller aufzunehmen.
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2.2 Es ist auch nicht anzunehmen, dass es sich deshalb als unmöglich erweist, den Antragsteller nach Malta zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asyl-Antragsteller in Malta systemische Schwachstellen aufwiesen, die zugleich eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCh mit sich bringen (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO).
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2.2.1 Die den Zuständigkeitsregeln der Dublin III-Verordnung zugrunde liegende Wertung des Gesetzgebers, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen rechtlich und tatsächlich herrschen, die Mindeststandards festlegen, bedarf dann, wenn hierzu hinreichender Anlass besteht, der Überprüfung. Dabei kommt der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) in Fällen, in denen es um die Beurteilung der Aufnahmebedingungen in einem Drittstaat als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK geht, sogar verfassungsrechtliches Gewicht zu. Die fachgerichtliche Beurteilung solcher möglicherweise gegen Art. 3 EMRK verstoßender Aufnahmebedingungen muss daher, jedenfalls wenn diese ernsthaft zweifelhaft sind - etwa weil dies in der jüngsten Vergangenheit noch von der Bundesregierung und der EU-Kommission bejaht wurde, wodurch der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erschüttert ist -, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21.04.2016 - 2 BvR 273/16 -, juris).
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Die Wertung des Unionsrechts, dass grundsätzlich in jedem Mitgliedstaat angemessene, durch das Unionsrecht vereinheitlichte Aufnahmebedingungen herrschen, die Mindeststandards festlegen, ist allerdings nicht schon bei einzelnen Verstößen gegen asylrechtliche Normen und auch nicht bereits bei einzelnen Grundrechtsverletzungen durch den zuständigen Mitgliedstaat widerlegt. Die Überstellung von Schutzsuchenden ist vielmehr erst dann mit Art. 4 EU-GRCh und Art. 3 EMRK unvereinbar, wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in dem Mitgliedstaat allgemein so mangelhaft sind, dass im konkreten (und das heißt in jedem) Einzelfall die tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK besteht (EGMR, Entscheidung vom 21.12.2011, a.a.O.; Entscheidung vom 10.12.2013 - 53792/09 -; BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris). Das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris).
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2.2.2 In Bezug auf Malta lassen sich nach aktuellem Stand der Erkenntnisse systemische Schwachstellen gegenwärtig nicht (mehr) feststellen, und zwar weder im Hinblick auf das Asylsystem als solches, noch im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern (so i.Erg. auch VG Leipzig, Beschluss vom 17.01.2018 - 6 L 1284/17.A -, juris; VG Bayreuth, Beschluss vom 20.11.2017 - B 6 S 17.51015 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 18.08.2017 - 9a K 961/16.A -, juris).
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Soweit in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bis in die jüngere Vergangenheit bezogen auf Malta ernstzunehmende Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel gesehen wurden (vgl. z.B. VG Arnsberg, Beschluss vom 29.08.2017 - 5 L 2272/17.A -, juris; VG München, Beschluss vom 19.05.2016 - M 26 S 16.50281 -, juris; VG Magdeburg, Urteil vom 26.01.2016 - 8 A 108/16 -, juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2015 - 8 L 1100/15.A -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 30.03.2015 - 7a L 340/15.A, juris; vgl. auch VG Freiburg, Beschluss vom 19.05.2017 - A 4 K 2222/17 -), berücksichtigen diese Entscheidungen die aktuellen Entwicklungen des maltesischen Asylrechts nicht. Ausweislich der aktuellen Erkenntnismittel (AA, Auskunft an VG Freiburg vom 11.12.2017 - AA, Auskunft vom 11.12.2017 -; ACCORD, Anfragebeantwortung zu Malta: Informationen zur Lage von AsylbewerberInnen (Versorgung, Unterbringung, Inhaftierung, Zugang zu Asylverfahren), 17.05.2017 - ACCORD, Lage von Asylbewerbern -; UNHCR, Beyond Detention; a global strategy to support governments to end the detention of asylum-seekers and refugees 2014-2019 - UNHCR, Beyond Detention -; aida, Country Report: Malta, Update 2017, Stand 31.12.2017 - aida, Country Report: Malta -; Amnesty International Report 2016/17 zur weltweiten Lage der Menschenrechte, Stand 12/2016 - AI International Report -) kam es im Dezember 2015 zu umfassenden Änderungen in der maltesischen Asylgesetzgebung - dem „Immigration Act“, „Refugees Act“ und „Care Orders Act“ sowie diversen Durchführungsrechtsakten - im Sinne einer Umsetzung der in der Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (Aufnahmerichtlinie - RL/2013/33/EU -), und der Richtlinie zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie - RL/2013/32/EU) enthaltenen Regelungen mit der Folge, dass nunmehr eine andere Beurteilung der für Asylbewerber in Malta geltenden Rechtslage gerechtfertigt ist. Im Einzelnen:
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2.2.2.1 Ein wesentlicher Kritikpunkt in der Rechtsprechung waren in der Vergangenheit die Inhaftierungspraxis und die Haftbedingungen bei Dublin-Rückkehrern, da sie mit der Aufnahmerichtlinie nicht in Einklang stünden.
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2.2.2.1.1 Nach den umfassenden Gesetzesänderungen Ende 2015 gibt es nach aktueller Auskunftslage (AA, Auskunft vom 11.12.2017; ACCORD, Lage von Asylbewerbern; UNHCR, Beyond Detention) gegenwärtig jedoch nur noch sechs Haftgründe für Asylbewerber, die denjenigen in Art. 8 Abs. 3 RL/2013/33/EU entsprechen und eine Inhaftierung für einen Zeitraum von höchstens neun Monaten ermöglichen. Darüber hinaus können die Behörden gegenüber Personen, bei denen sie damit rechnen, dass sie sich absetzen, lediglich für einen Zeitraum von bis zu neun Monaten bestimmte Maßnahmen verhängen (z.B. Melde- oder Wohnsitzverpflichtungen, Stellung einer Bürgschaft) (ACCORD, Lage von Asylbewerbern; aida, Country Report: Malta). Eine automatische und verpflichtende Haft von Asylbewerbern gibt es im maltesischen Recht damit nicht mehr, allerdings laufen Asylbewerber, die Malta ohne Erlaubnis verlassen haben, ebenso Gefahr, nach ihrer Rücküberstellung angezeigt, vor ein Strafgericht gebracht und zu einer Geldstrafe bzw. einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren verurteilt zu werden (AA, Auskunft vom 11.12.2017), wie Asylbewerber, die mit falschen Dokumenten irregulär nach Malta einreisen (ACCORD, Lage von Asylbewerbern). Im Falle von Inhaftierungen stehen den Inhaftierten kostenlose rechtliche Beratung, Dolmetscherleistungen und Rechtsschutzmöglichkeiten zu; nach sieben Tagen sowie erneut nach zwei Monaten sind außerdem automatische Haftüberprüfungen vorgesehen (AA, Auskunft vom 11.12.2017; aida, Country Report: Malta; ACCORD, Lage von Asylbewerbern).
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In der Praxis wird von den - beschränkten - Möglichkeiten der Inhaftierung nur noch selten Gebrauch gemacht; im Jahr 2017 waren insgesamt 43 Asylbewerber in Haft mit einer durchschnittlichen Haftzeit von 56 Tagen, in den meisten Fällen wegen ungeklärter Identität (aida, Country Report: Malta). Alternativen zur Haft werden in der Praxis, soweit möglich, genutzt (aida, Country Report: Malta). Soweit es noch rechtliche Möglichkeiten zur Inhaftierung zum Zweck der Durchführung eines Asylverfahrens gibt, werden diese in der Praxis nicht mehr angewendet (aida, Country Report: Malta). Konkrete Verstöße im Zusammenhang mit Inhaftierungen konnten nicht mehr festgestellt werden, allenfalls werden in einzelnen Erkenntnismitteln Bedenken geäußert, ob die Auslegung der Haftregelungen in Ermangelung von Verfahrensgarantien in allen Fällen Rechtsgrundsätze wie das Verhältnismäßigkeitsgebot wahre (UNHCR, Beyond Detention; AI International Report). Rechtsanwälte erhalten in der Praxis ebenso wie NGOs Zugang zu den Inhaftierten, wenn es auch teilweise Schwierigkeiten gibt, etwa weil die Inhaftierten ihre Rechte nicht kennen (aida, Country Report: Malta); jedenfalls in der Berufungsinstanz werden Asylbewerber effektiv rechtlich beraten, während sie im ersten Rechtszug teilweise auf die Unterstützung durch NGOs angewiesen sind (AA, Auskunft vom 11.12.2017).
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2.2.2.1.2 Hinsichtlich der Haftbedingungen sieht die neue Rechtslage vor, dass Asylbewerber in eigenen, von anderen Gefangenen getrennten Gefängnissen mit Zugang zu Außengelände und getrennten Räumlichkeiten für männliche und weibliche Asylbewerber untergebracht werden sollen; für Familien sollen eigene Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden, um ihre Privatsphäre zu schützen (UNHCR, Beyond Detention). Auch im Übrigen sollen die Haftbedingungen verbessert werden (etwa hinsichtlich Zugang zur medizinischen Versorgung, Zugang zu Telefon, Räumlichkeiten für Gespräche mit NGOs, Freizeitmöglichkeiten etc.) (aida, Country Report: Malta).
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Die Haftbedingungen sind in der Praxis allerdings nach wie vor schwierig; so ist davon die Rede, die sanitären und hygienischen Verhältnisse seien problematisch, es gebe unzureichende Möglichkeiten, die Räumlichkeiten zu heizen bzw. zu kühlen, die existierende ärztliche Versorgung für die Asylsuchenden stoße auf sprachliche Schwierigkeiten und reiche nicht aus, um allen medizinischen Erfordernissen zu genügen, es stehe wenig Platz für persönliche Gegenstände zur Verfügung und es fehle an Zeitungen, Internetzugang und Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung (aida, Country Report: Malta).
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2.2.2.1.3 Dass systemische Schwachstellen des Asylverfahrens in Bezug auf die mögliche Inhaftierung von Asylbewerbern bzw. die in der Haft herrschenden Verhältnisse bestünden, lässt sich auf Grundlage der aktuellen Erkenntnismittel nicht mehr feststellen.
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So entspricht die Rechtslage hinsichtlich der Inhaftierungsgründe Europäischem Recht; soweit darüber hinaus die illegale Einreise aus bzw. unberechtigte Ausreise aus Malta strafrechtlich verfolgt und ggf. mit Strafhaft geahndet werden, bestehen hiergegen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken.
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Auch was die sonstigen Haftbedingungen angeht, so mögen diese zwar nach wie vor Mängel und gravierende Unzulänglichkeiten aufweisen; eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vermag die Kammer im Sinne von Art. 3 EMRK hierin jedoch nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser hatte im Fall Abdi Mahamud v. Malta (Urteil vom 03.08.2016 - 56796/13 -) die in Malta herrschenden Haftbedingungen für eine somalische Asylbewerberin als Verstoß gegen Art. 3 EMRK angesehen und dies vor allem mit der aufgrund einer Erkrankung bestehenden besonderen Vulnerabilität der Asylbewerberin begründet, welche dazu geführt habe, dass in einer Gesamtschau der Umstände, insbesondere dem Umstand, dass sie über Wochen hinweg keine Möglichkeit hatte, sich im Außengelände aufzuhalten, den kritikwürdigen Zuständen des Außengeländes in der übrigen Zeit, den unzureichenden Maßnahmen zum Schutz vor Kälte, dem Mangel an weiblichem Personal und der geringen Privatsphäre sowie dem Umstand, dass diese mangelhaften Verhältnisse über 16 Monate hinweg andauerten, der Aufenthalt in der Haftanstalt als erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu bewerten gewesen sei. Diese - auch innerhalb des Europäischen Gerichtshofs nicht unumstrittene (vgl. partly dissenting opinion von Richter Sajo) - Entscheidung vermag schon deshalb die Annahme, dass gegenwärtig systemische Schwachstellen während der Inhaftierung von Asylbewerbern bestehen, nicht zu begründen, weil das Urteil die Haftbedingungen des Jahres 2012 - mithin vor den zahlreichen Gesetzesänderungen insbesondere auch im Hinblick auf die Haftgründe und die höchstzulässige Haftdauer - in den Blick nimmt. Außerdem begründete der Gerichtshof seine Entscheidung mit den konkreten Haftumständen, die für sich für die kranke und daher vulnerable weibliche Asylbewerberin in ihrer Kumulierung als erniedrigende Behandlung dargestellt hätten; dass die Haftbedingungen für Asylbewerber in Malta allgemein gegen Art. 3 EMRK verstoßen haben, es sich folglich um systemische Mängel handelte, lässt sich der Entscheidung dagegen nicht entnehmen. Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache Aden Ahmed v. Malta (Urteil vom 09.12.2013 - 55352/12 -). Auch hier ging es um Haftbedingungen in den Jahren 2009 bis 2012; nach Auffassung des Gerichtshofs stellten sich die konkreten Haftbedingungen, die durch fehlende Privatsphäre und teilweise nicht bestehende und im Übrigen unzureichende Aufenthaltsmöglichkeiten im Außengelände sowie unzureichenden Schutz gegen Kälte und Hitze und ungeeignetes Essen gekennzeichnet waren, in einer Gesamtschau aufgrund der spezifischen Vergangenheit der Klägerin, einer eritreischen Asylbewerberin, ihrer psychischen Probleme und ihrer anfälligen Gesundheit auch deshalb als Verstoß gegen Art. 3 EMRK dar, weil diese Zustände über einen Zeitraum von mehr als 14 Monaten Haft andauerten. Auch diese den konkreten Einzelfall würdigende Entscheidung vermag einen Rückschluss auf - zumal gegenwärtig bestehende - systemische Schwachstellen auch für männliche Asylbewerber in Malta aufgrund unzureichender Haftbedingungen nicht zu begründen.
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Lassen sich mithin ernsthafte Anhaltspunkte für einen Verstoß der Haftbedingungen gegen Art. 3 EMRK nicht feststellen, kann dahinstehen, ob der Antragsteller als im Rahmen des Dublin-Systems Zurückgeführter überhaupt Gefahr liefe, in Malta inhaftiert zu werden.
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2.2.2.2 Ein zweiter wesentlicher Kritikpunkt galt dem Umstand, dass bei Antragstellern, die Malta durch Flucht aus behördlichem Gewahrsam oder irreguläre Ausreise verlassen haben, das Verfahren eingestellt und nur bei Vorliegen von Wiederaufgreifensgründen fortgeführt wurde, was, so die Rechtsprechung, gegen Art. 28 Abs. 2 der der RL/2013/33/EU und das dort auch enthaltene Gebot des „non-refoulement“ verstoße.
25 
Auch dieser Vorwurf lässt sich nach Umsetzung der RL/2013/33/EU und RL/2013/32/EU in nationales maltesisches Recht und Verankerung des Refoulement-Verbots in Art. 14 Refugees Act nicht mehr aufrecht erhalten. Nach aktueller Rechtslage (vgl. AA, Auskunft vom 11.12.2017) wird bei Ausreise das Verfahren unterbrochen oder das Asylbegehren abgelehnt, wobei letzteres nur dann der Fall ist, wenn der Antrag in Folge einer angemessenen Überprüfung als unbegründet erachtet wird. Der rückkehrende Asylbewerber hat dann die Möglichkeit, einen neuen Antrag, der nicht als Folgeantrag gilt, zu stellen, oder zu verlangen, dass sein Verfahren wiedereröffnet wird. Etwas anderes gilt erst nach dem Ablauf von neun Monaten; nach dieser Frist gilt der Antrag, wie auch in Art. 29 Abs. 2 UAbs. 2 RL/2013/32/EU vorgesehen, als Folgeantrag. Soweit das Asylverfahren wiederaufgenommen wird, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren in dem Stadium wieder aufzunehmen, in dem es unterbrochen wurde; es findet eine Vollprüfung des Asylbegehrens statt. Bereits die Stellung eines Asylantrages hat bis zur endgültigen Entscheidung aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für den Fall, dass das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers wiederaufgenommen wird. Lediglich für den Fall, dass der erneute Asylantrag infolge einer mehr als neunmonatigen Unterbrechung als Asylfolgeantrag zu werten ist, tritt die aufschiebende Wirkung nur dann ein, wenn der Folgeantrag nicht zur Verzögerung der Abschiebung eingelegt wurde. Rücküberstellte Asylbewerber haben dieselben Rechtsschutzmöglichkeiten wie Asylbewerber, die erstmals in Malta einen Antrag stellen.
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Erkenntnisse dazu, dass rückgeführte Asylbewerber entgegen der Rechtslage Gefahr laufen, aus Malta in ihre Heimat abgeschoben zu werden, liegen dem Auswärtigen Amt nicht vor (AA, Auskunft vom 11.12.2017); auch aus den sonstigen Erkenntnismitteln ergibt sich kein Hinweis darauf, dass die nationalen Regelungen zur aufschiebenden Wirkung eines Asylantrags in der Praxis - zumal regelhaft - nicht eingehalten würden.
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2.2.2.3 Auch im Übrigen sind unter Zugrundelegung der aktuellen Erkenntnismittel systemische Mängel bei Durchführung des Asylverfahrens im maltesischen Recht weder für Asylbewerber, die erstmalig einen Asylantrag in Malta stellen, noch für solche, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens nach Malta zurückgeführt werden, zu erkennen.
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Mit EU-Mitteln wurde für Asylbewerber, die nach Malta einreisen, ein neues Erstaufnahmezentrum eingerichtet, in dem die neuankommenden Asylbewerber medizinisch untersucht, ID-behandelt und befragt werden, wobei jedem Asylbewerber ein Bearbeiter zugeordnet ist (ACCORD, Lage von Asylbewerbern; aida, Country Report: Malta). Die Unterbringung erfolgt anschließend - nach spätestens sieben Tagen - regelmäßig in offenen Zentren mit Schlafräumen unterschiedlicher Größe sowie gemeinsame Kochgelegenheiten und Duschen, wobei die Qualitätsstandards zwischen den Unterkünften variieren; insgesamt werden die Lebensbedingungen in den offenen Zentren als sehr schwierig beschrieben, wobei hier insbesondere auf den niedrigen Hygienegrad, starke Überbelegung sowie schlechte Bausubstanz erwähnt werden (ACCORD, Lage von Asylbewerbern). Für Nahrungsmittel und Bekleidung erhalten die Asylbewerber, sofern sie nicht bereitgestellt werden, für einen nicht von vornherein begrenzten Zeitraum - gesetzlich nicht betraglich geregelte und von NGOs als zu niedrig qualifizierte - Geldbeträge oder Gutscheine; Anspruch auf Sozialhilfe besteht nicht. Ferner haben sie kostenlosen, wenn auch durch Sprachbarrieren und eingeschränkte Transportmöglichkeiten faktisch mitunter beschränkten Zugang zur staatlichen Gesundheitsfürsorge sowie - im Falle von Kindern - zu Bildungseinrichtungen. Wenn die materielle Versorgung - aus welchen Gründen auch immer - reduziert oder gestrichen wird, bleibt der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Form medizinischer Notversorgung und unbedingt erforderlicher Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen bestehen. Asylbewerber in offenen Zentren dürfen sich auf der Insel frei bewegen, müssen allerdings regelmäßig in der Unterkunft ihre Anwesenheit durch Unterschriftsleistung dokumentieren (aida, Country Report: Malta). Einige Familien, alleinstehende Frauen und unbegleitete Minderjährige werden in speziellen Unterkünften untergebracht. Insgesamt verfügt Malta (Stand Februar 2017) über etwa 2.200 Plätze in offenen Zentren, von denen Ende 2017 913 Plätze belegt waren (aida, Country Report: Malta).
29 
Die Antragstellung erfolgt durch Ausfüllen eines Formulars (Preliminary Questionnaire). Nach persönlicher Anhörung und unter Hinzuziehung eines Dolmetschers ergeht die Entscheidung über das Asylgesuch; Asylbewerber haben unter den gleichen Bedingungen wie maltesische Staatsangehörige Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Refugee Commissioners kann der Asylbewerber binnen zwei Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung Berufung beim Refugees Appeals Board einlegen. Die Einlegung der Berufung, die nicht als gerichtliches Verfahren, sondern als Verwaltungsverfahren ausgestaltet ist, hat aufschiebende Wirkung. Im Rahmen des Berufungsverfahrens kann eine erneute Anhörung des Asylantragstellers stattfinden. Gegen die Entscheidung des Refugees Appeals Board ist, wenngleich gesetzlich nicht vorgesehen, eine gerichtliche Überprüfung der Entscheidung möglich, die auf die Überprüfung der Umstände, unter denen die betroffene Verwaltungsbehörde zu ihrer Entscheidung gekommen ist, beschränkt ist; auch im gerichtlichen Verfahren haben Asylbewerber Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe (AA, Auskunft vom 11.12.2017; aida, Country Report: Malta). Dieses Verfahren gilt gleichermaßen für Dublin-Rückkehrer, deren Asylverfahren wieder aufgenommen wurde.
30 
Systemische Mängel der rechtlichen Grundlagen bzw. der tatsächlichen Ausgestaltung des maltesischen Asylverfahrens sind vor diesem Hintergrund nicht zu erkennen.
31 
2.3 Zuletzt liegt auch die weitere Voraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG vor, dass die Durchführbarkeit der Abschiebung nach Malta feststeht. In diesem Sinne bestimmt § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG, dass in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge auch darüber zu befinden ist, ob die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Neben diesen zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten, hier also solchen bezüglich Maltas, umfasst die Prüfung des Bundesamtes auch der Abschiebung entgegenstehende inländische Vollzugshindernisse. Allerdings sind im vorliegenden Fall weder zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote noch inlandbezogene Vollstreckungshindernisse vorgetragen oder sonst ersichtlich.
32 
2.4 Bestehen danach keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung, kann der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung keinen Erfolg haben, überwiegt vielmehr das eingangs dargestellt hohe öffentliche Interesse an der Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung das Interesse des Antragstellers, jedenfalls bis zu einer Entscheidung über seine Klage im Bundesgebiet bleiben zu können. Sein Klageverfahren kann er ggf. zumutbar von Malta aus betreiben.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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bei uns veröffentlicht am 19.05.2016

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 19. April 2016 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I.

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 20. Nov. 2017 - B 6 S 17.51015

bei uns veröffentlicht am 20.11.2017

Tenor 1. Die Anträge werden abgelehnt. 2. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der Verfahren. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Antragsteller wenden sich im We

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Jan. 2016 - 8 A 108/16

bei uns veröffentlicht am 26.01.2016

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylG wegen der Zuständigkeit Maltas als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach Malta angeordnet

Verwaltungsgericht Düsseldorf Beschluss, 09. Apr. 2015 - 8 L 1100/15.A

bei uns veröffentlicht am 09.04.2015

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 2400/15.A hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Februar 2015 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskos

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. März 2014 - 1 A 21/12.A

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg

Referenzen

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

2. Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten der Verfahren.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen ihre drohende Überstellung nach Malta im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Die Antragsteller, ein afghanisches Ehepaar und seine 9, 13, 15 und 16 Jahre alten Kinder sind Tadschiken und sunnitische Muslime. Vor ihrer Ausreise lebten sie in (Provinz ). Nach eigenen Angaben verließen sie Ende Februar/Anfang März 2017 ihr Herkunftsland und gelangten mit Hilfe von Schleusern über den Iran in die Türkei. Von der Türkei aus flogen sie nach Italien und reisten nach einer Zugfahrt am 08.05.2017 im Bundesgebiet ein. Dabei führten die Eltern gültige Pässe und alle Familienmitglieder jeweils eine Tazkira im Original mit sich. Im Bundesgebiet leben u.a. drei Brüder des Antragstellers zu 1, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, und ein weiterer Bruder mit Niederlassungserlaubnis.

Während eine Eurodac-Anfrage keinen Treffer erbrachte, ergab eine am 11.05.2017 eingeholte VIS-Antragsauskunft, dass das Maltesische Generalkonsulat in Dubai am 28.03.2017 den Antragstellern Schengen-Visa für dieses Land ausgestellt hatte, die von 06.04. bis 20.05.2017 gültig waren.

Am 12.05.2017 stellten die Antragsteller zu 1 und 2 jeweils für sich und die Antragsteller zu 3 bis 6 in Bamberg Asylanträge.

Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des Asylantrages am 12.05.2017, die in Dari durchgeführt wurde, erklärten die Antragsteller zu 1 und 2 jeweils, die Visa hätten der Schleuser beschafft. Sie wüssten nicht, welches Land sie ausgestellt habe. Bei der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrages am 15.05.2017 gemäß § 25 AsylG erklärte der Antragsteller zu 1, sie hätten von Anfang an nur nach Deutschland gewollt. Ihre Pässe habe ihnen der Schleuser abgenommen. Die Antragstellerin zu 2 bekräftigte, von einem Land Malta hätten sie nichts gehört.

Am 28.06.2017 richtete die Antragsgegnerin wegen der erteilten Visa ein Aufnahmeersuchen für die Antragstellerin zu 2 und die Antragsteller zu 3 bis 6 sowie ein weiteres Aufnahmeersuchen für den Antragsteller zu 1 an die Republik Malta. Die zuständige maltesische Stelle äußerte sich nicht dazu. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) geht deshalb davon aus, dass dem Gesuch fiktiv stattgegeben wurde und dass die Überstellungsfrist nach Malta am 29.08.2017 begann und bis 29.02.2018 läuft.

Mit Bescheid vom 31.08.2017, der den Antragstellern zu 1 und 2 in der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken am 06.09.2017 ausgehändigt wurde, lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Malta an (Ziff. 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen.

Mit Telefax vom 07.09.2017 haben die Prozessbevollmächtigten der Antragsteller jeweils Klage beim Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben. Sie haben beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 31.08.2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragstellern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sowie festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen. Hilfsweise wird beantragt, subsidiären Schutz zuzuerkennen und festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Dieses Verfahren wird unter dem Az. B 6 K 17.51022 geführt.

Ebenfalls am 07.09.2017 haben sie beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung wird ausgeführt, es erschließe sich nicht, warum Malta, das ein Visum erteilt habe, dem Aufnahmegesuch nicht stattgegeben habe. Außerdem sei nicht gesichert, dass Malta eine Unterbringung für eine sechsköpfige Familie gewährleisten könne, ohne dass in den anstehenden Herbst- und Wintermonaten die Gesundheit der Kinder in Gefahr sei. Darüber hinaus wird ausgeführt, der Anlass für die Flucht der Antragsteller sei gewesen, dass der Antragsteller zu 1 sich geweigert habe, den Taliban das Wohnhaus der Familie für Anschläge auf die gegenüber untergebrachten Polizeidienststellen zu nutzen.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 19.09.2017 beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie auf die angefochtene Entscheidung.

Der volljährige Sohn bzw. Bruder der Antragsteller, , reiste zusammen mit ihnen aus Afghanistan aus, verlor nach ihren Angaben dann aber die Antragsteller in der Türkei aus den Augen. Nachdem er nach eigenen Angaben von der Türkei nach Dubai und von dort nach Deutschland „abgeschoben“ worden war, ohne im Besitz eines Visums zu sein, am 27.05.2017 ins Bundesgebiet ein und stellte am 02.06.2017 einen Asylantrag. Er ist verpflichtet, in (Landkreis Bamberg) seinen Wohnsitz zu nehmen. Das Bundesamt führte bei ihm kein Dublinverfahren, sondern ein Asylverfahren durch. Mit Bescheid vom 25.09.2017 lehnte die Behörde den Asylantrag vollumfänglich ab. Dagegen erhob er am 04.10.2017 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth, über die noch nicht entschieden ist (B 6 K 17.33179).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

1. Gegenstand der Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO ist gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG (allein) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der auf Aufhebung der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3 des Bescheides v. 31.08.2017) gerichteten Klage, die vom Antrag zu 1 im Klageverfahren (mit) umfasst wird.

Es kann deshalb im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahingestellt bleiben, dass die Klageanträge zu 2 und 3, wie sie derzeit gestellt sind, unzulässig sind. Denn die Anfechtungsklage ist die allein statthafte Klageart, wenn ein Asylbewerber die Aufhebung einer Entscheidung über die Unzuständigkeit Deutschlands für die Prüfung seines Asylantrages nach der Dublin III-Verordnung begehrt. Der Erhebung einer auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Verpflichtungsklage steht entgegen, dass die Dublin III-VO ein von der materiellen Prüfung eines Asylantrages gesondertes behördliches Verfahren für die Bestimmung des hierfür zuständigen Staates vorsieht. Die Trennung der Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung und zur materiellen Prüfung des Asylbegehrens darf nicht dadurch umgangen werden, dass das Verwaltungsgericht im Fall der Aufhebung der Zuständigkeitsentscheidung sogleich über die Begründetheit des Asylantrages entscheidet. (so für die Dublin II-VO BVerwG, U. v. 27.10.2015 – 1 C 32/14 – BVerwGE 153, 162/165f. = NVwZ 2016, 154/155 jew. Rn.13f.; zur Dublin III-VO neuestens VG München, U. v. 05.10.2017 – M 9 K 17.51567 – juris Rn. 18).

2. Die zulässigen Anträge sind unbegründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Halbsatz VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage anordnen, wenn die Klage nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO keine aufschiebende Wirkung hat. Bei seiner Entscheidung hat das Gericht insbesondere eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmen und bei offenen Erfolgsaussichten das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe mit dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides abzuwägen.

Die angegriffene Abschiebungsanordnung stellt sich bei der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen derzeitigen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar. Deshalb hat das Aussetzungsinteresse der Antragsteller hinter das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung zurückzutreten.

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einen aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 AsylG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Abschiebungsanordnung darf als Festsetzung eines Zwangsmittels erst dann ergehen, wenn alle Voraussetzungen für die Abschiebung erfüllt sind, also feststeht, dass der andere Staat zuständig ist und die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht – wenn auch nur vorübergehend – aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.

Diese notwendigen Voraussetzungen liegen hier im Hinblick auf die beabsichtigte Abschiebung der Antragsteller nach Malta vor.

a) Für die Durchführung des Asylverfahrens ist die Republik Malta zuständig.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO ist bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

aa) Die Zuständigkeit Maltas leitet sich aus Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ab.

aaa) Gemäß Art. 10 Dublin III-VO ist dann, wenn ein Antragsteller in einem Mitgliedsstaat einen Familienangehörigen hat, über dessen Antrag auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung ergangen ist, dieser Mitgliedsstaat für die Prüfung auf internationalen Schutz zuständig, sofern die betreffenden Personen diesen Wunsch schriftlich kundtun.

Familienangehörige sind gemäß Art. 2 g Spiegelstrich 2 Dublin III-VO die minderjährigen Kinder eines Ehepaares. Sie müssen ihren Antrag gestellt haben, bevor der Familienangehörige seinen Antrag stellt (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Mai 2017, § 29 AsylG Rn. 97).

Da der älteste Sohn der Familie volljährig ist und seinen Antrag erst gestellt hat, als die Antragsteller bereits ihre Anträge gestellt hatten, begründet Art. 10 Dublin III-VO keine Zuständigkeit Deutschlands.

bbb) Nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ist dann, wenn der Antragsteller ein gültiges Visum besitzt, der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig.

Als die Antragsteller am 12.05.2017 in Bamberg Asylerstanträge stellten, hatte das Generalkonsulat der Republik Malta in Dubai ihnen am 28.03.2017 ein Schengen-Visum für einen Aufenthalt in Malta ausgestellt, das bis 20.05.2017 gültig war - ein auch aus der Entscheidungspraxis auch anderer Gerichte bekannter Vorgang (vgl. Österreichisches Bundesverwaltungsgericht ÖBVwG, Erkenntnis v. 19.06.2017 – W 240 2150819-1 Ziffer II. 1 – abzurufen unter www.ris.bka.gv.at). Den Beweis dafür konnte die Antragsgegnerin durch einen von VIS übermittelten Treffer erbringen (Verzeichnis A Beweise I Ziff. 5 Spiegelstrich 3 Durchführungsverordnung Nr. 118/2014 zur Dublin III-VO). Widerlegen können die Antragsteller die Erteilung der Visa nicht, weil die Antragsteller zu 1 und 2 ihre Pässe dem Schlepper übergeben haben. Die gemäß Art. 12 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO zuständige Republik Malta ist deshalb gemäß Art. 22 Abs. 7 Alt. 1 Dublin III-VO nach Ablauf der dort vorgesehenen Frist von zwei Monaten nach Eingang der Aufnahmeersuchen vom 28.06.2017 zur Aufnahme der Antragsteller verpflichtet.

bb) Die Zuständigkeit Maltas ist auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO nach Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Die sechsmonatige Überstellungsfrist, die gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO mit der (fiktiven) Annahme des Aufnahmegesuchs durch die maltesische Dublin-Einheit am 29.08.2017 zu laufen begann, endet am 29.02.2018 und ist damit noch nicht abgelaufen.

cc) Weiter ergibt sich die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung der Asylanträge der Antragsteller auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO. Insbesondere können die Antragsteller einer Überstellung nach Malta nicht mit Erfolg mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Malta systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Malta unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO).

Dazu wäre es zunächst erforderlich gewesen, dass die Antragsteller konkretisiert hätten, worin die systemrelevanten Schwachstellen liegen sollen, weil das europäische Asylsystem von der Vermutung ausgeht, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta der Europäischen Union und der Genfer Flüchtlingskonvention steht (BayVGH, B. v. 08.09.2016 – 13a ZB 16.50052 – juris Rn. 5). Dies haben die Antragsteller jedoch nicht getan.

Nach eigener Prüfung der vorliegenden aktuellen Erkenntnisse steht für das Gericht fest, dass Malta sowohl im Hinblick auf das dortige Rechtssystem als auch auf die Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes Asylverfahren verfügt.

In Malta sind Asyl- und Flüchtlingsschutz gesetzlich vorgesehen und die Regierung hat ein System errichtet, das den Flüchtlingen Schutz bietet. Es besteht die Möglichkeit gegen ablehnende Entscheidungen Beschwerde einzulegen und Klage zu erheben.

Asylbewerber, die erstmals einen Asylantrag stellen, werden einem der acht Zentren für Erstaufnahme und länger dauernde Unterbringung zugewiesen. Während früher die Überbelegung ein großes Problem war, wurden die Lager inzwischen wesentlich erweitert, so dass bei weitem nicht mehr alle zur Verfügung gestellten Plätze belegt sind (Ende 2016 673 von insgesamt 2.200 Plätzen). Die Bedingungen in den Unterkünften, die ebenfalls verbessert wurden, unterscheiden sich von Zentrum zu Zentrum, gewähren jedoch eine Mindestversorgung. Insbesondere haben Asylbewerber kostenlosen Zugang zu staatlichen Gesundheitsdiensten (AIDA, Country Report Malta Februar 2017, Stand Dezember 2016, S. 45, 48).

Deshalb schließt sich das Gericht der auch von anderen Gerichten aktuell vertretenen Auffassung an, dass das Asylverfahren in Malta keine systemischen Mängel aufweist (ÖBVwG, a.a.O., Ziff. II 3.3.1; VG Gelsenkirchen, U. v. 18.08.2017 – 9a K 961/16.A – juris Rn. 33-54).

b) Weiter hat die Antragsgegnerin zu Recht die Feststellung getroffen, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen. Ein Abschiebungsverbot ergibt sich insbesondere auch nicht daraus, dass ein Ehepaar mit vier minderjährigen Kindern überstellt werden soll.

Bei der Überstellung von Familien hat das Bundesamt zwar die Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und die aus der Dublin-III-VO abzuleitenden Grundsätze der uneingeschränkten Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. Erwägungsgrund 16 Dublin III-VO) zu beachten. Sie gebieten jedoch nur dann eine Überstellung nicht durchzuführen, bevor die Behörden des Zielstaates garantiert haben, dass eine gesicherte Unterkunft zur Verfügung steht, die Gesundheitsgefahren ausschließt, wenn Neugeborene und Kleinstkinder betroffen sind und wenn aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte bestehen, dass bei der Unterbringung von überstellten Ausländern Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung bestehen (BVerfG - Kammer, B. v. 17.09.2014 – 2 BvR 732/14 - juris Rn. 14-16).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil das jüngste Kind der Familie bereits neun Jahre alt ist und keine belastbaren Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Unterbringung der Familie zu den in Malta üblichen Standards nicht möglich ist.

c) Schließlich ist die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihr zielstaatsbezogene oder in der Person der Antragsteller begründete inlandsbezogene Abschiebungshindernisse entgegenstünden.

Die zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisse müssen dabei hinsichtlich der angeordneten Überstellung nach Malta bestehen und nicht hinsichtlich des Herkunftslandes Afghanistan. Abgesehen von der Antragsschrift haben sich die Antragsteller jedoch, insbesondere im Schriftsatz vom 26.10.2017, nur zu der Frage geäußert, was einer Abschiebung nach Afghanistan entgegenstünde.

Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ergibt sich insbesondere nicht aus einem Anspruch auf Duldung aus rechtlichen Gründen gemäß § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.

Die Antragsteller haben keinen offenbaren Anspruch gemäß § 28 Abs. 4, § 36 Abs. 2

AufenthG auf Nachzug zu den deutschen Brüdern des Antragstellers zu 1 bzw. gemäß § 36 Abs. 2 AufenthG zum Nachzug dem afghanischen Bruder des Antragstellers zu 2, der eine Niederlassungserlaubnis besitzt. Denn der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aufgrund einer Ermessensvorschrift im laufenden Asylverfahren steht die Titelerteilungssperre gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG. Außerdem ist die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht, wie in § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorausgesetzt, erforderlich, um eine besondere Härte zu vermeiden.

Eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung leitet sich auch nicht aus Art. 8 EMRK ab.

Der Schutz des Familienlebens verbietet eine Abschiebung nur dann, wenn mit anderen Mitgliedern der Kernfamilie, die sich rechtmäßig aufhalten, wirklich ein Familienleben geführt wird und die Abschiebung deshalb unverhältnismäßig ist (Nettesheim in Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer, EMRK, 4. Aufl. 2017, Art. 8 EMRK, Rn. 81f.).

Der älteste Sohn/Bruder der Antragsteller hält sich zwar derzeit rechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er über eine Aufenthaltsgestattung verfügt. Doch ist ihre Überstellung deshalb nicht unverhältnismäßig, weil er bereits erwachsen ist, nicht zusammen mit den Antragstellern untergebracht ist und auch er über keine verlässliche Perspektive auf einen Daueraufenthalt verfügt. Denn das Bundesamt hat seinen Asylantrag bereits abgelehnt, so dass sein Aufenthalt nur deshalb rechtmäßig ist, weil über seine Klage dagegen noch nicht entschieden wurde.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Hinweis:

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 19. April 2016 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die drohende Überstellung nach Malta im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste spätestens am ... November 2015 unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er stellte in der Folge keinen Asylantrag. Nach Aktenlage - es ergaben sich entsprechende Eurodac-Treffer - hatte der Antragsteller zuvor am ... Juni 2011 einen Asylantrag auf Malta und am ... Juni 2014 einen weiteren Asylantrag in Italien gestellt.

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin hin akzeptierte Malta am ... Februar 2016 seine Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers.

Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Antragstellers (Zweitbefragung) am ... März 2016 gab dieser an, auf Malta nicht sicher zu sein. Dort sei er sehr krank gewesen. Keiner habe sich um ihn gekümmert. Im Camp habe er keine Unterstützung bekommen. Er legte der Antragsgegnerin einen vorläufigen Arztbericht vom ... November 2015 vor, dem die Diagnose „Reaktivierte Lungen-Tuberkulose“ zu entnehmen ist.

Mit Bescheid vom 19. April 2016, zugestellt am ... April 2016, ordnete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Abschiebung des Antragstellers nach Malta an (Nr. 1 des Bescheids) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, Malta sei nach Art. 18 Abs. 1(b) Dublin-III-Verordnung für die Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im maltesischen Asylverfahren lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller mit Schreiben vom ... April 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am ... April 2016, Klage, u. a. gerichtet auf die Aufhebung des Bescheids vom 19. April 2016, und beantragte außerdem,

die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung bezog er sich auf die bisherigen Angaben. Eine weitere Begründung kündigte er an.

Mit Schriftsatz vom „... April 2016“ und nochmals mit Schriftsatz vom ... Mai 2016 übermittelte das Bundesamt für die Antragsgegnerin die Behördenakte.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag ist dahin auszulegen, dass er sich gegen Nr. 1 des Bescheids vom 19. April 2016 richtet und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich der angeordneten Abschiebung des Antragstellers nach Malta begehrt wird.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist begründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf - wie hier - von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG), kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft hierbei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren anzustellende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei überschlägiger Überprüfung als rechtswidrig, wird das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen, da kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines voraussichtlich rechtswidrigen Bescheids bestehen kann. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, bleibt es bei einer Interessenabwägung.

Die Interessenabwägung durch das Gericht fällt vorliegend zulasten der Antragsgegnerin aus, denn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Absatz 1 Satz 1 AsylG) kann die Einzelrichterin bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht abschließend feststellen, ob die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach Malta rechtmäßig ist oder nicht. Die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage sind aus den nachfolgenden Gründen vielmehr als offen zu bezeichnen. Eine Klärung muss insoweit dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Eine Abschiebung des Antragstellers kommt bis dahin nicht in Betracht.

Das Bundesamt kann zwar eine Abschiebungsanordnung grundsätzlich auch in den Fällen erlassen, in denen ein Ausländer im Inland angetroffen wird, der in einem anderen nach der VO (EU) Nr. 604/2013 - Dublin-III-VO - zuständigen Staat, nicht aber in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat (sog. Aufgriffsfälle, s. § 34a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AsylG). Vorliegend ist Malta zuständig für die Bearbeitung des dort gestellten Antrags auf internationalen Schutz. Malta hat der Aufnahme auch zugestimmt (s. § 18 Abs. 1 Unterabs. Buchst. b, § 24 Abs. 1 Dublin-III-VO).

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO hat eine Überstellung an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat jedoch zu unterbleiben und weitere Zuständigkeitsprüfungen sind vorzunehmen, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.

Dieser Regelung liegt das Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10, C-493/10 - juris) zugrunde. Danach gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK, der Europäischen Konvention für Menschenrechte - EMRK - und der EU-Grundrechtecharta entspricht. Allerdings ist diese Vermutung widerleglich. Den nationalen Gerichten obliegt die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Diese Vermutung ist nicht bereits bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen in dem jeweils zuständigen Mitgliedstaat widerlegt, vielmehr sind an die Feststellung systemischer Schwachstellen i. S. d. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO hohe Anforderungen zu stellen. Von derartigen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn Asylverfahren oder Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im betreffenden Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9, B.v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris).

Dies zugrunde gelegt, liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt und bezogen auf Malta ernstzunehmende Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel vor, insbesondere wegen der Inhaftierungspraxis bei Dublin-Rückkehrern. So führte etwa das VG Hannover (U.v. 5.11.2015 - 10 A 5157/15 - juris) aus:

„Nach diesem Maßstab liegen im Asylsystem Maltas systemische Mängel vor, weil es an rechtlichen Regelungen fehlt, die die Einhaltung der europarechtlichen Mindestanforderungen an die Bearbeitung von Asylanträgen sicherstellen.

Nach dem periodischen Bericht der Europäischen Asylinformationsdatenbank AIDA vom Februar 2015 (http://www.a...org/s...pdf, abgerufen am 26.10.2015) gibt es in Malta keine gesetzlichen Regelungen, die den Rechtsrahmen der Dublin-Verordnungen umsetzen, sondern nur behördliche Verfahrensvorschriften (AIDA report - a. a. O. - S. 21).

Dabei stellt sich insbesondere die Situation der Dublin-Rückkehrer als problematisch dar. Wenn ein Antragsteller Malta durch Flucht aus behördlichem Gewahrsam oder irreguläre Ausreise verlässt, wird sein Asylantrag nach Art. 13 der örtlichen Verfahrensvorschriften, die insofern Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU - Asylverfahrensrichtlinie 2013 - aufgreifen, als stillschweigend zurückgenommen betrachtet. Bei einer Rücküberstellung nach Malta als dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedsstaat ist das Verfahren daher in fast allen Fällen bereits eingestellt und der Antragsteller ausreisepflichtig. Er hat zwar die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, diese erfolgt jedoch im Wege eines Zweitantrags unter der Voraussetzung, dass er Wiederaufnahmegründe darlegt. Während des Verfahrens können Antragsteller in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden (vgl. AIDA report- a. a. O. - S. 22). Diese Praxis stand zum Berichtszeitpunkt in Widerspruch zu Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EU (Asylverfahrensrichtlinie 2005 -; nunmehr Art. 28 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie 2013 -) und zu Art. 18 Abs. 2 UA 2 der Dublin III-VO. Danach haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass ein Antragsteller, der sich nach Einstellung der Antragsprüfung wegen stillschweigender Rücknahme wieder bei der zuständigen Behörde meldet, berechtigt ist, um Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht als Folgeantrag geprüft wird. Durch den Verstoß gegen diese Vorschriften laufen Antragsteller Gefahr, selbst tatsächlich vorliegende Gründe für einen Anspruch auf internationalen Schutz nicht wirksam vortragen zu können.

Während der Bearbeitungsdauer über das Wiederaufnahmeersuchen, die vollständig im Ermessen der Behörde steht, sind die Antragsteller der Gefahr einer vorzeitigen Abschiebung ausgesetzt und befinden sich häufig in Haft oder Arrest, die den Zugang zu rechtlicher Hilfe zusätzlich erschwert. Die Möglichkeit, Antragsteller noch vor oder während der Prüfung des Folgeantrags abzuschieben, verstößt zudem gegen das Gebot des Non-Refoulement, das ebenfalls in Art. 20 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2005 bzw. Art. 28 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 und Art. 18 Abs. 2 UA 3 Dublin III-VO seinen Niederschlag gefunden hat.“

Zu den Bedenken dieses Gerichts hinsichtlich der Vereinbarkeit der Haftpraxis Maltas mit internationalem und europäischem Recht wird weiter auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf in seinem Beschluss vom 9. April 2015 (8 L 1100/15.A - juris) verwiesen, wo es heißt:

„Ausweislich verschiedener dem Gericht vorliegender Auskünfte werden in Malta Flüchtlinge, die in aller Regel ohne die erforderlichen Papiere irregulär und damit illegal einreisen, systematisch und routinemäßig inhaftiert. Rechtsgrundlage hierfür sei das Migrationsgesetz Maltas (Immigration Act, Chapter 217 of the Laws of Malta, im Folgenden: „Immigration Act“), welches nicht zwischen Migranten und Flüchtlingen, die um internationalen Schutz nachsuchen, bzw. Asylbewerbern unterscheide. Danach gelten alle irregulär Eingereisten („prohibited immigrant“ i. S.v. Artikel 5 Immigration Act) als Personen ohne Einreise- bzw. Aufenthaltsbefugnis. Ihnen gegenüber ergehe auf der weiteren Grundlage der Verwaltungsvorschrift „Policy Documents 2005“ eine Zugangsverweigerungs- oder Ausweisungsverfügung mit Haftanordnung von unbestimmter Dauer (vgl. Artikel 14 Absatz 2 Immigration Act). Anders sehe es nur - bei einem kleinen Prozentsatz - der Ausländer aus, die Asyl beantragen, bevor sie von der Ausländerbehörde wegen illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt festgenommen werden. Insoweit werde von einer Inhaftierung bis zum Vorliegen der Entscheidung über ihren Asylantrag abgesehen. Die Praxis routinemäßiger Inhaftierung treffe (zunächst) auch die Gruppe von Schutzsuchenden mit besonderem Bedürfnissen („Verletzliche“) wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien mit (minderjährigen) Kindern, Menschen mit Behinderungen etc., so lange, bis das Verfahren zur Anerkennung ihrer Verletzlichkeit abgeschlossen sei, was je nach Erkennbarkeit dieses Umstandes kürzer oder länger dauern könne. Dabei würden diejenigen Betroffenen, deren besonderer Status nicht ohne Weiteres erkennbar sei, wie unter Umständen psychisch Kranke oder ältere Minderjährige zunächst zusammen mit Flüchtlingen ohne besondere Bedürfnisse untergebracht. Das Migrationsgesetz enthalte keine Bestimmung zur maximalen Haftdauer. Sei über einen Asylantrag innerhalb eines Jahres noch nicht entschieden, erfolge die Freilassung des Antragstellers aufgrund einer Verwaltungsbestimmung, die dem Betroffenen den Zugang zum Arbeitsmarkt nach zwölf Monaten zuerkenne. Abschiebehaft sei ebenfalls auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften auf maximal 18 Monate begrenzt. (vgl. AIDA, Asylum Information Database, „National Country Report Malta“ vom Mai 2014, S. 49 f.; Gemeinsame Publikation UNHCRs und des Europäischen Parlaments „know the facts“ vom 9. April 2014, S. 8; Global Detention Project „Immigration Detention in Malta“ vom Januar 2014, S. 4 ff.; UNHCR „UNHCR’s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta“ vom 18. September 2013; Jesuits Refugee Service Europe (JRS) „Protection Interrupted, National Report Malta“ vom Juni 2013 S. 5 ff.”

Zwar begründet die Inhaftierung einer Person als solche keine Verletzung von Art. 3 EMRK. Die Mitgliedstaaten sind aber verpflichtet, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind, die Gefangenen nicht Leiden oder Härten unterworfen sind, die die mit einer Haft unvermeidbar verbundenen Beeinträchtigungen übersteigen, und dass Gesundheit und Wohlbefinden der Gefangenen unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (vgl. EGMR, U.v. 21.1.2011 - 30696/09 - juris Rn. 221). Es bestehen Zweifel, ob Malta die Mindestanforderungen für die Inhaftierung von Asylbewerbern entsprechend der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - EU-Aufnahmerichtlinie, erfüllt (s. Art. 8 Abs. 1 und 3, Art. 9 Abs. 1, 3 und 6 sowie Art. 11 der EU-Aufnahmerichtlinie). Die Verwaltungsgerichte Karlsruhe (B.v. 8.10.2014 - A 8 K 345/14 - juris Rn. 11) und Oldenburg (B.v. 23.7.2014 - 12 B 1217/14 - juris Rn. 27 ff. m. w. N.) haben im Übrigen ausführlich dargelegt, dass Einschränkungen der Privatsphäre, fehlende Belüftungs- und Heizsysteme und eine unzureichende Ausstattung der sanitären Anlagen sowie mangelhafte hygienische Bedingungen deutliche Anzeichen dafür bieten, dass auch die konkreten Haftbedingungen den europäischen Standards nicht genügen. Auf die dortigen Ausführungen wird insofern Bezug genommen.

Anzumerken ist außerdem, dass der UNHCR zwar bislang keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, Asylbewerber nicht nach Malta zu überstellen. Er hat in einer seiner letzten Stellungnahmen zu Malta („UNHCR´s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta” vom 18.9.2013, dort S. 33, abrufbar auf: www.r...org/d...html) jedoch auf von ihm festgestellte Widersprüche zwischen dem maltesischen Aufnahmesystems und den grundsätzlich zu beachtenden völkerrechtlichen Standards hingewiesen („While it is acknowledged that some improvements have been made in the infrastructure and conditions of detention in Malta, UNHCR considers that the current reception system, based on the systematic administrative detention of asylumseekers is not in conformity with international law standards”) (zum Fehlen einer Empfehlung des UNHCR s. auch VG Oldenburg, B.v. 23.7.2014 - 12 B 1217/14 - juris Rn. 34 f.; OVG NW, U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris R. 171 ff.).

In der erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird die Frage, ob in Bezug auf Malta die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vorliegen, kontrovers beurteilt (s. VG Gelsenkirchen, B.v. 9.3.2016 - 9a L 473/16.A - juris; VG Magdeburg, U.v. 26.1.2016 - 8 A 108/16 - juris; VG Hannover, U.v. 5.11.2015 - 10 A 5157/15 - juris; VG München, U.v. 15.9.2015 - M 2 K 15.50225 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 9.4.2015 - 8 L 1100/15.A - juris; a.A.: VG München, B.v. 12.6.2015 - M 25 S 15.50265; VG Leipzig, U.v. 8.6.2015 - 6 K 1044/13.A - juris; VG Oldenburg, B.v. 17.2.2014 - 3 B 6974/13 - juris Rn. 13 ff.; VG Augsburg, U.v. 29.5.2013 - Au 7 K 13.30134 - juris Rn. 22). Eine gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung ist bislang nicht erkennbar.

Die Erfolgsaussichten sind nach alledem als offen anzusehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO (s. auch § 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylG wegen der Zuständigkeit Maltas als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach Malta angeordnet wurde. Der Kläger verweist auf die systemischen Mängel im maltesischen Asylsystem, begehrt das Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik Deutschland für sein Asylverfahren und beantragt,

2

den Bescheid der Beklagten vom 14.12.2015 aufzuheben.

3

Die Beklagte beantragt,

4

die Klage abzuweisen

5

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

6

Im Eilverfahren (8 B 107/16 MD) wurde mit Beschluss vom 07.01.2016 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet.

7

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 87 Abs. 2, 3 VwGO) entschieden werden konnte, hat Erfolg.

9

1.) Das klägerische Begehren ist im Wege der Anfechtungsklage zulässig (vgl. nur: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 05.08.2015, 1 A 11020/14; juris).

10

2.) Die Klage ist begründet. Der streitbefangene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt hat zu Unrecht festgestellt, dass der Asylantrag in Deutschland unzulässig ist und die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Malta angeordnet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des sogenannten Selbsteintrittsrechts.

11

Gemäß § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wen ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (Dublin-Verordnungen) oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

12

Gleichwohl dieser prinzipiellen Zuständigkeit Maltas hat der Kläger einen Anspruch auf Prüfung und Entscheidung seines Asylbegehrens in Deutschland. Denn in Malta bestehen sogenannte systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen, wonach dem Kläger im Falle seiner Abschiebung in Malta eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK droht.

13

Das Gericht hat bereits in dem vorläufigen Rechtsschutzantrag 8 B 107/16 in dem Beschluss vom 07.01.2016 ausgeführt, dass die Zuständigkeit Maltas wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Das Gericht führt in dem Beschluss aus:

14

„a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitglied-staat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).

15

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014, 10 A 10656/13, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014, 3 B 6802/13, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichter der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, der der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, 1 A 21/12, juris).

16

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.

17

Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die dem zugrunde liegenden Umständen in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, B. v. 16.06.2014, 13 L 141/14, juris).

18

Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014, 10 B 6.14, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, B. v. 14.03.2013. 4 L 44/13, juris; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, alle juris; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

19

b.) In Ansehung dessen folgt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, dass bezüglich Maltas zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylG [analog]) ernst zu nehmende Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel insbesondere wegen der in Malta bestehenden Inhaftierungspraxis von Dublin-Rückkehrern vorliegen. Das VG Hannover führt dazu jüngst aus (Urteil v. 05.11.2015, 10 A 5157/15; juris):

20

"Nach diesem Maßstab liegen im Asylsystem Maltas systemische Mängel vor, weil es an rechtlichen Regelungen fehlt, die die Einhaltung der europarechtlichen Mindestanforderungen an die Bearbeitung von Asylanträgen sicherstellen.

21

Nach dem periodischen Bericht der Europäischen AsylinformationsdatenbankAIDAvomFebruar2015http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_-_malta_thirdupdate_final.pdf, abgerufen am 26.10.2015) gibt es in Malta keine gesetzlichen Regelungen, die den Rechtsrahmen der Dublin-Verordnungen umsetzen, sondern nur behördliche Verfahrensvorschriften (AIDA report – a. a. O. – S. 21).

22

Dabei stellt sich insbesondere die Situation der Dublin-Rückkehrer als problematisch dar. Wenn ein Antragsteller Malta durch Flucht aus behördlichem Gewahrsam oder irreguläre Ausreise verlässt, wird sein Asylantrag nach Art. 13 der örtlichen Verfahrensvorschriften, die insofern Art. 28 der Richtlinie 2013/32/EU – Asylverfahrensrichtlinie 2013 – aufgreifen, als stillschweigend zurückgenommen betrachtet. Bei einer Rücküberstellung nach Malta als dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedsstaat ist das Verfahren daher in fast allen Fällen bereits eingestellt und der Antragsteller ausreisepflichtig. Er hat zwar die Möglichkeit, eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen, diese erfolgt jedoch im Wege eines Zweitantrags unter der Voraussetzung, dass er Wiederaufnahmegründe darlegt. Während des Verfahrens können Antragsteller in ihre Heimatstaaten abgeschoben werden (vgl. AIDA report– a. a. O. – S. 22). Diese Praxis stand zum Berichtszeitpunkt in Widerspruch zu Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EU (Asylverfahrensrichtlinie 2005 –; nunmehr Art. 28 Abs. 2 Asylverfahrensrichtlinie 2013 –) und zu Art. 18 Abs. 2 UA 2 der Dublin III-VO. Danach haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass ein Antragsteller, der sich nach Einstellung der Antragsprüfung wegen stillschweigender Rücknahme wieder bei der zuständigen Behörde meldet, berechtigt ist, um Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht als Folgeantrag geprüft wird. Durch den Verstoß gegen diese Vorschriften laufen Antragsteller Gefahr, selbst tatsächlich vorliegende Gründe für einen Anspruch auf internationalen Schutz nicht wirksam vortragen zu können.

23

Während der Bearbeitungsdauer über das Wiederaufnahmeersuchen, die vollständig im Ermessen der Behörde steht, sind die Antragsteller der Gefahr einer vorzeitigen Abschiebung ausgesetzt und befinden sich häufig in Haft oder Arrest, die den Zugang zu rechtlicher Hilfe zusätzlich erschwert. Die Möglichkeit, Antragsteller noch vor oder während der Prüfung des Folgeantrags abzuschieben, verstößt zudem gegen das Gebot des Non-Refoulement, das ebenfalls in Art. 20 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2005 bzw. Art. 28 Abs. 2 UA 3 der Asylverfahrensrichtlinie 2013 und Art. 18 Abs. 2 UA 3 Dublin III-VO seinen Niederschlag gefunden hat.

24

Übereinstimmend mit dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (vgl. Beschluss vom 9.4.2015 – 8 L 1100/15.A –, juris) geht das Gericht außerdem davon aus, dass die Haftpraxis Maltas Asylbewerbern gegenüber nicht im Einklang mit internationalem und europäischem Recht steht. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte hierzu ausgeführt (vgl. Beschluss vom 2.2.2015 – 13 L 2852/14.A –):

25

„Ausweislich verschiedener dem Gericht vorliegender Auskünfte werden in Malta Flüchtlinge, die in aller Regel ohne die erforderlichen Papiere irregulär und damit illegal einreisen, systematisch und routinemäßig inhaftiert. Rechtsgrundlage hierfür sei das Migrationsgesetz Maltas (Immigration Act, Chapter 217 of the Laws of Malta, im Folgenden: "Immigration Act"), welches nicht zwischen Migranten und Flüchtlingen, die um internationalen Schutz nachsuchen, bzw. Asylbewerbern unterscheide. Danach gelten alle irregulär Eingereisten ("prohibited immigrant" i.S.v. Artikel 5 Immigration Act) als Personen ohne Einreise- bzw. Aufenthaltsbefugnis. Ihnen gegenüber ergehe auf der weiteren Grundlage der Verwaltungsvorschrift "Policy Documents 2005" eine Zugangsverweigerungs- oder Ausweisungsverfügung mit Haftanordnung von unbestimmter Dauer (vgl. Artikel 14 Absatz 2 Immigration Act). Anders sehe es nur - bei einem kleinen Prozentsatz - der Ausländer aus, die Asyl beantragen, bevor sie von der Ausländerbehörde wegen illegaler Einreise bzw. illegalem Aufenthalt festgenommen werden. Insoweit werde von einer Inhaftierung bis zum Vorliegen der Entscheidung über ihren Asylantrag abgesehen. Die Praxis routinemäßiger Inhaftierung treffe (zunächst) auch die Gruppe von Schutzsuchenden mit besonderem Bedürfnissen ("Verletzliche") wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere, Familien mit (minderjährigen) Kindern, Menschen mit Behinderungen etc., so lange, bis das Verfahren zur Anerkennung ihrer Verletzlichkeit abgeschlossen sei, was je nach Erkennbarkeit dieses Umstandes kürzer oder länger dauern könne. Dabei würden diejenigen Betroffenen, deren besonderer Status nicht ohne weiteres erkennbar sei, wie unter Umständen psychisch Kranke oder ältere Minderjährige zunächst zusammen mit Flüchtlingen ohne besondere Bedürfnisse untergebracht. Das Migrationsgesetz enthalte keine Bestimmung zur maximalen Haftdauer. Sei über einen Asylantrag innerhalb eines Jahres noch nicht entschieden, erfolge die Freilassung des Antragstellers aufgrund einer Verwaltungsbestimmung, die dem Betroffenen den Zugang zum Arbeitsmarkt nach zwölf Monaten zuerkenne. Abschiebehaft sei ebenfalls auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften auf maximal 18 Monate begrenzt.(vgl. AIDA, Asylum Information Database, "National Country Report Malta" vom Mai 2014, S. 49 f.; Gemeinsame Publikation UNHCRs und des Europäischen Parlaments "know the facts" vom 9. April 2014, S. 8; Global Detention Project "Immigration Detention in Malta" vom Januar 2014, S. 4 ff.; UNHCR "UNHCR`s Position on the Detention of Asylum-seekers in Malta" vom 18. September 2013; Jesuits Refugee Service Europe (JRS) "Protection Interrupted, National Report Malta" vom Juni 2013 S. 5 ff.)"

26

Diese Feststellungen hat der jüngste AIDA-Bericht von Februar 2015 im Wesentlichen bestätigt. Zwar begründet die Inhaftierung einer Person als solche keine Verletzung von Art. 3 EMRK. Indes verpflichtet Art. 3 EMRK die Mitgliedstaaten, sich zu vergewissern, dass die Bedingungen der Haft mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar sind und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid oder Härten unterwirft, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigt, und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Bedürfnisse der Haft angemessen sichergestellt sind (vgl. EGMR, Urteile vom 21.1.2011 – 30696/09 –, juris, Rn 221, und 15.7.2002 – 47095/99 –, Rn. 95)."

27

Ähnlich äußerte sich bereits die vormals zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Magdeburg in den Urteilen vom 25.11.2014 (5 A 118/13, 5 A 191/12 und 5 A 201/12; alle n.v.) und vom 19.10.2015 (5 A 180/15; n.v.). Dem schließt sich das hiesige Gericht auch im Hauptsacheverfahren an und darf zur weiteren Begründung auf die Entscheidungen verweisen (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).

28

3.) Aufgrund des Selbsteintrittsrechts entfällt auch die Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung.

29

4.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage 8 K 2400/15.A hinsichtlich Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Februar 2015 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.