Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 24. Apr. 2018 - A 1 K 4712/16

published on 24/04/2018 00:00
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 24. Apr. 2018 - A 1 K 4712/16
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Gericht

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Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

Der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2016 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens tragen der Kläger zu einem Drittel und die Beklagte zu zwei Dritteln.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Schutz vor einem ihm drohenden ernsthaften Schaden.
Der Kläger reiste nach eigenen Angaben im Dezember 2015 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein. Dabei gab er an, gambischer Staatsangehöriger vom Volk der Mandingo und islamischen Glaubens zu sein. Identitätspapiere legte er nicht vor. Er stellte am 09.02.2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.
Bei seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 18.11.2016 gab der Kläger an, Gambia im Jahre 2014 während der Sommerzeit verlassen zu haben. Er sei zwölf Jahre zur Schule gegangen und habe einen Schulabschluss. Vor seiner Ausreise habe er als Hotelkaufmann an der Rezeption eines Hotels gearbeitet. Eines Tages habe Geld aus der Kasse der Rezeption gefehlt. Ihm sei vorgeworfen worden, dass er das Geld entnommen hätte. Er habe jedoch mit dem Verschwinden des Geldes nichts zu tun. Der ihm direkt vorgesetzte Chef sei untergetaucht. Er vermute, dass dieser das Geld genommen habe. Er sei deshalb zur Polizei gebracht worden, wo er zwei Wochen auf dem Revier gewesen sei. Er habe nur eine Mahlzeit für den ganzen Tag bekommen. Man müsse dort aus den Händen trinken. Der Topf, mit dem man Wasser schöpfen könne, sei unhygienisch. Die Geheimpolizei, die National Intelligence Ageceny (NIA), habe ihn abgeholt, um ihn zu befragen. Er habe jedoch keine Angaben zum Verbleib des Geldes machen können. Er sei gefoltert und anschließend in das Gefängnis Mile 2 gebracht worden. Dort sei er sieben Monate inhaftiert gewesen. Eine Gerichtsverhandlung habe es nicht gegeben. Danach habe er in das Gefängnis Janjanbureh verlegt werden sollen. Auf dem Weg dorthin habe er fliehen können. Der Transport sei an einem Flohmarkt vorbeigekommen. Dort hätten Leute miteinander gekämpft. Die Polizisten hätten angehalten, um die Leute voneinander zu trennen. Als er unbeobachtet gewesen sei, sei er von der seitlich mit Gittern versehenen Ladefläche des Transporters gesprungen und sei geflohen. Trotz mit Handschellen gefesselter Hände habe er das Gitter hochklettern und überwinden können. Er sei dann zwischen den vielen Händlern auf dem Markt untergetaucht. Er sei fast eine Woche zu Fuß gelaufen und habe dann das Land verlassen.
Mit Bescheid vom 24.11.2016, dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 01.12.2016 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung subsidiären Schutzes (Nr. 3) als unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde ferner aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen; bei Nichteinhaltung der Frist wurde ihm die Abschiebung nach Gambia oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung führte das Bundesamt an, der Kläger habe seine Fluchtgründe nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen des Klägers sei in wesentlichen Punkten unsubstantiiert. Er sei nicht in der Lage gewesen, den konkreten Zeitraum für die Tat und die daraus resultierenden Folgen strukturiert zu erzählen. Der Kläger habe auch seine Flucht blumig und unglaubwürdig [sic!] geschildert. Es sei insbesondere nicht glaubhaft, dass der Kläger mit gefesselten Händen das Gitter auf dem Transporter emporgeklettert sei. Ferner lägen auch die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG nicht vor, weil der Kläger keine Gefahr eines ernsthaften Schadens glaubhaft gemacht habe. Auch Abschiebungsverbote lägen nicht vor.
Am 15.12.2016 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seine Angaben aus der Anhörung und macht ergänzend geltend, er sei ausweislich des Kontrollbogens vom 18.11.2016 nicht in seiner Muttersprache Mandinka, sondern in der Sprache Wolof angehört worden. Diese spreche er nur unzureichend, weshalb es Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Er könne sich nicht daran erinnern, angegeben zu haben, dass er über die Gitter des Transporters gestiegen sei. Er habe von dem offenen Wagen springen und fliehen können. Seine Handschellen seien noch am Ort der Flucht von Helfern geöffnet worden. Wegen der drohenden Inhaftierung und Bestrafung ohne rechtsstaatliches Verfahren lägen zumindest die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes vor. Hilfsweise lägen jedenfalls die Voraussetzungen für Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG vor.
Nachdem die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes, hilfsweise die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen hat,
beantragt der Kläger zuletzt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt
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und den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2016 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Kläger wurde in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 informatorisch angehört.
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Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Gericht dem Kläger mit Beschluss vom 14.03.2018 nachgelassen, bis zum 13.04.2018 schriftsätzlich unter Vorlage ärztlicher Atteste zur Verletzung seines Armes vorzutragen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat erklärt, sie verzichte auf weitere mündliche Verhandlung. Binnen der gesetzten Frist hat die Klägervertreterin keinen weiteren Schriftsatz eingereicht.
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Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Bundesamts vor. Diese Akten wurden ebenso wie die Erkenntnismittel, die in der im Internet einsehbaren Liste – auf die die Beteiligten mit der Ladung hingewiesen worden sind – und in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung aufgeführt sind, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Hierauf sowie auf die Gerichtsakte, die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 14.03.2018 wird wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des weiteren Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Entscheidung erfolgt im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
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Der Berichterstatter durfte am 14.03.2018 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte nicht anwesend war, denn sie ist in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die mündliche Verhandlung war nicht nach §§ 104 Abs. 3 Satz 2, 173 Satz 1 VwGO, § 156 ZPO wiederzueröffnen, obwohl der Prozessbevollmächtigten nach § 173 Satz 1 VwGO, § 283 ZPO ein Schriftsatzrecht gewährt worden ist. Die Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 den Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung erklärt. Die Beklagte hat mit allgemeiner Prozesserklärung vom 27.06.2017 – ohne Ansehen des konkreten Vorbringens im jeweiligen Einzelfall – auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt. Auch auf Aufforderung des Gerichts mit Verfügung vom 21.03.2018 hat die Beklagte eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
I.
19 
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
II.
20 
Die Klage ist jedenfalls fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich das Gericht zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung anschließt, unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO, da sie die - irreführende - Formulierung enthält, die Klage müssein deutscher Sprache abgefasst“ sein (vgl. im einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.04.2017 - A 9 S 333/17 -). Daher verlängert sich die Klagefrist auf ein Jahr und ist mit Klageerhebung vom 15.12.2016 jedenfalls gewahrt.
III.
21 
Die Klage ist mit ihrem zuletzt gestellten Hauptantrag begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG, weil ihm zur Überzeugung des Gerichts in Gambia ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung durch eine Inhaftierung droht.
22 
1. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach Satz 2 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. In diesem Rahmen sind gem. § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.
23 
§ 4 AsylG setzt den Regelungskomplex zum subsidiären Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9, im Folgenden RL 2011/95/EU) um. Nach Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU bezeichnet der Begriff „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ einen Antragsteller, der stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 zu erleiden. In Umsetzung von Art. 15 RL 2011/95/EU definiert § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG abschließend die drei Fallgruppen des ernsthaften Schadens. Die hier allein in Betracht kommende Nr. 2 verweist wie auch Art. 15 Buchst. b RL 2011/95/EU lediglich auf den als ernsthaften Schaden bezeichneten Begriff „Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“, lässt aber die Frage, nach welchen Kriterien dieser festzustellen ist, offen. Mit dem Hinweis auf „stichhaltige Gründe“ in Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu den Substantiierungspflichten nach Art. 3 EMRK Bezug genommen (vgl. Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - Saadi -, NVwZ 2008, 1330). Der Antragsteller muss die Umstände und Tatsachen, die für die von ihm geltend gemachte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung maßgebend sind, von sich aus konkret, in sich stimmig und erschöpfend vortragen (Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c RL 2011/95/EU). Ihn trifft insoweit eine Darlegungslast (Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c RL 2011/95/EU). Anders als beim Flüchtlingsschutz kommt es ausschließlich auf den nach objektiven Grundsätzen zu ermittelnden ernsthaften Schaden und nicht auf eine begründete Furcht vor einer derartigen Gefahr an (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG). Bei der Entscheidung darüber, ob die Gefahr von Misshandlungen besteht, sind die absehbaren Folgen einer Abschiebung im Zielstaat unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Lage und der besonderen Umstände des Betroffenen zu prüfen (EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.). Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine „objektive Gefahr“, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Der EGMR differenziert dabei zwischen unerheblichen, bloßen Möglichkeiten sowie dem beachtlichen ernsthaften Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (EGMR, Urteil vom 30.10.1991 - Nr. 13163/87 u.a., Vilvarajah u.a./Großbritannien -, NVwZ 1992, 869; Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.) Damit wird das ernsthafte und individualisierbare Risiko, einer Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt zu werden, zum Gegenstand der Gefahrenprognose (VGH Bad.- Württ., Urteil vom 26.10.2016 - A 9 S 908/13 - juris Rn. 36).
24 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat, beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, beziehungsweise dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU; vgl. auch Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004, ABl. L 304 vom 30.09.2004, S. 12, ber. Abl. L 204 vom 05.08.2005, S. 24, im Folgenden RL 2004/83/EG). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab bleibt danach unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 RL 2011/95/EG erlitten hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 07.03.2013 - A 9 S 1872/12 und A 9 S 1873/12 -, jeweils juris). Der in dem Tatbestandsmerkmal „tatsächlich Gefahr liefe“ des Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU (vgl. auch Art. 2 Buchst. e RL 2004/83/EG) enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK, wie dargelegt, auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“, zu diesem Begriff: EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67). Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU privilegiert den Vorverfolgten beziehungsweise Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung beziehungsweise einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil der Großen Kammer vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdulla -, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte beziehungsweise Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden beziehungsweise schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377).
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Grundsätzlich können Haftbedingungen, gleichgültig aus welchem Grund die Haft vollstreckt wird, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK und damit auch i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG darstellen (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 4 Rn. 35 ff.; BeckOK, AuslR, Kluth/Heusch, 16. Edition (Stand: 01.11.2017), AsylG § 4 Rn. 18, beck-online; a.A. wohl VG Aachen, Urteil vom 22.03.2017 – 7 K 1022/17.A –, Rn. 32, juris). Die Erfassung „unmenschlicher“ oder „erniedrigender“ Behandlung oder Bestrafung ist Einzelfallrechtsprechung, die sich einer präzisen juristischen Definition entzieht (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 4 AsylG Rn. 10; zum Maßstab des Art. 3 EMRK für Haftbedingungen in EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten Riegel/Speicher, StV 2016, 250 ff.). Nicht jede staatliche Zwangsmaßnahme ist eine „unmenschliche“ und „erniedrigende“ Behandlung, die Art. 3 EMRK verletzt und nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG subsidiären Schutz zur Folge haben kann. Staatliche Zwangsmittel sind zunächst begriffsnotwendig „unmenschlich“ oder „erniedrigend“ für die von Zwang betroffenen Personen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt daher die Feststellung zusätzlicher Umstände, um Zwangsmaßnahmen als „unmenschlich“ oder „erniedrigend“ ansehen zu können (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 27.08.1992 – 12850/87 (Tomasi) –, juris; EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 13.12.2012 – 39630/09 (El Masri) –, NVwZ 2013, 631). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgt etwa, dass Art. 3 EMRK verletzt wird, wenn eine Person während des amtlichen Gewahrsams körperlich angegriffen und verletzt wird, sofern die ausgeübte Gewalt nicht ihre Rechtfertigung im rechtmäßigen Vollzug der Gesetze findet. Aber auch Haftbedingungen können die Rechte des Inhaftierten aus Art. 3 EMRK verletzen. Maßgeblich für die Bewertung im Einzelfall sind die gesamten äußeren Umstände des Haftvollzugs. Hierzu zählen Art und Weise der Ernährung, Dichte der Zellenbelegung, medizinische Versorgung, sanitäre und hygienische Situation sowie die Ausgestaltung der Kontaktmöglichkeiten während der Haft. für die Bewertung, ob die Haft unmenschlich ist, zu berücksichtigen. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch die Haftbedingungen liegt dann vor, wenn ein Gefangener unter Bedingungen festgehalten wird, die mit der Achtung seiner Menschenwürde unvereinbar sind und die Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme ihm Leid und Härten zufügen, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß des Leidens übersteigen; ferner liegt eine Verletzung dann vor, wenn die Gesundheit und das Wohlbefinden des Gefangenen unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse der Haft nicht angemessen sichergestellt werden (EGMR, Urteil vom 15.07.2002 – 47095/99 (Kalashnikov) –, juris; Urteil vom 10.01.2012 – 42525/07 und 60800/08 (Ananyeuv) –, juris). Ein zu berücksichtigender aber kein zwingender Umstand ist, ob der Zweck der konkreten Haftbedingungen darin besteht, das Opfer zu erniedrigen oder zu entwürdigen; jedoch kann Art. 3 EMRK auch verletzt werden, wenn ein derartiger Zweck nicht festgestellt werden kann (EGMR, Urteil vom 19.04.2001 – 28524/95 (Peers) –, juris; Urteil vom 04.02.2003 – 50901/99 (Van der Ven) –). Die Tatsache, dass andere Personen unter denselben Umständen inhaftiert sind, kann nicht gegen den Opferstatus eingewandt werden (EGMR, Urteil vom 30.07.1998 – 25357/94 (Aerts) –, juris).
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2. Nach der informatorischen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger in Gambia bereits in Haft war und im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder inhaftiert werden würde. Aufgrund der in den ausgewerteten Erkenntnismitteln nachgezeichneten Haftbedingungen in Gambia, die durch die Schilderungen des Klägers bestärkt werden, droht ihm damit ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.
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a) Das Gericht hält die Angaben des Klägers über seine Verdächtigung, seine Festnahme, Misshandlung und Inhaftierung für glaubhaft und den Kläger für glaubwürdig.
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Der Kläger schilderte im Wesentlichen zusammenhängend, detailliert und nachvollziehbar seine Tätigkeit im ... Hotel in Serekunda an der Rezeption. Die Schilderungen erschöpften sich nicht nur in äußeren, oberflächlichen Abläufen, sondern vertieften einzelne Aspekte, die die Nachvollziehbarkeit des Vortrages unterstrichen. So schilderte der Kläger detailreich seine Tätigkeit an der Rezeption und das Reservierungswesen des Hotels. Er konnte nachvollziehbar erklären, weshalb in der Rezeptionskasse ein erheblicher Geldbetrag in verschiedenen Devisen gewesen war, als er deren Unterschlagung verdächtigt wurde. Er nannte unaufgefordert Vor- und Zunamen seines direkten Chefs sowie der Manager des ... Hotels. Durch die unaufgeforderte und mehrfache Betonung, dass das Hotel vom Staat betrieben werde ergibt sich für das Gericht auch nachvollziehbar, weshalb dieser Verdacht die Sicherheitsbehörden zu einem besonders harten Vorgehen veranlasst hat. Der Bericht seiner Verhaftung und das Verbringen auf das in der Nähe gelegene Bakau Polizeirevier decken sich mit den objektiven räumlichen Verhältnissen. Auch die Angaben des Klägers über seine körperlichen Misshandlungen im Büro der NIA sind glaubhaft. Der Kläger ist – was im Protokoll der Anhörung vor dem Bundesamt und in er gerichtlichen Sitzungsniederschrift festgehalten wurde – bei der Schilderung der Misshandlungen und Verletzungen jedes Mal weinend zusammengebrochen. Ferner erscheint es wirklichkeitsnah, dass die NIA – insbesondere unter der Herrschaft des nunmehr abgetretenen Präsidenten Jammeh – im Falle einer Straftat zu Lasten des Staates ermittelt und dabei besonders hart vorgeht. Der Kläger schilderte detailliert, wie ihm zunächst an der Handinnenfläche eine Schnittwunde zugefügt wurde, bevor er einen weiteren Angriff mit seinem linken Arm abzuwehren versuchte, der dabei brach.
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Die äußeren Umstände seiner Inhaftierung auf der Polizeiwache sowie im Gefängnis Mile 2 gab der Kläger nachvollziehbar wieder. Unaufgefordert schilderte er die sanitären und medizinischen Verhältnisse sowie die Intervalle und Qualität der Verpflegung. Demnach gab es in der Einzelzelle nur eine betonierte Sitzbank, die auch zum Schlafen vorgesehen war. Als sanitäre Anlage habe eine Schüssel gedient. Das Essen sei außerhalb der Zellen eingenommen worden. Zum Frühstück habe es Brötchen, zum Mittagessen mit Wasser aufgekochten Reis oder Getreide gegeben. Abendessen habe es zwischen 5 und 6 Uhr am Nachmittag gegeben. Die Zelle sei so klein gewesen, dass er nicht beide Arme habe gleichzeitig ausstrecken können.
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Schließlich berichtete der Kläger glaubhaft von den Umständen seiner Flucht. Die geschilderte Wegstrecke und der Zwischenhalt in Brikama Ba stimmen mit den örtlichen Gegebenheiten in Gambia überein. Der Kläger gab detailliert wieder, wie viele Beamte der paramilitärischen Polizei („Paras“) ihn bewachten und wo genau sie auf dem Pick Up Truck saßen. Der Kläger gab an, dass die Ladefläche des Pick Up Trucks nicht mit Gittern versehen gewesen sei. Soweit diese Angaben mit der Anhörung beim Bundesamt nicht übereinstimmen folgt dies nachvollziehbar aus den geltend gemachten Verständigungsschwierigkeiten, die sich auch aus dem Protokoll der Anhörung beim Bundesamt ergeben. Die Flucht bei der Überführung ins Gefängnis Janjanbureh und die Umstände der Entfernung der Handschellen schilderte der Kläger im Zusammenhang und wirklichkeitsnah, wobei er auch vermeintliche Nebensächlichkeiten und Randgeschehen wiedergab, was die Glaubhaftigkeit seiner Angaben untermauert. So erklärte er, dass er ein mitgeführtes Hemd über die Handschellen gelegt habe, damit diese nicht erkannt werden würden. Ferner berichtete er, wie er zunächst Vertrauen zu Jugendlichen vom Volk der Mandingo beim Teetrinken aufbaute, bevor er sie um Hilfe bat, sowie, dass niemand die gelösten Handschellen bei sich zu Hause hätte haben wollen.
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Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder in den Fokus der Sicherheitsbehörden rücken würde und konkret Gefahr liefe, wieder inhaftiert zu werden. Da der Kläger keiner politischen Straftat, sondern eines Vermögensdelikts zum Nachteil eines staatlichen Hotels verdächtig ist, ist nach Einschätzung des Gerichts auch der Machtwechsel hin zu Präsident Barrow für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit unerheblich.
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b) Die Haftbedingungen in Gambia, wie sie aus den Erkenntnismitteln zu entnehmen sind, sind hart und lebensbedrohlich und stellen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar. Die Zellen sind feucht und überfüllt. Neben den drei offiziellen Haftanstalten gibt es zahlreiche Zellen in Polizeistationen. Jedenfalls unter der Herrschaft des Präsidenten Jammeh unterhielt auch die NIA Gefängnisse ohne rechtliche Grundlage (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 35 unter Berufung auf UN Human Rights Council, Report of the Special Rapporteur on torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, Addendum: Mission to The Gambia, 02.03.2015). Das Mile 2, das Zentralgefängnis in Banjul, in dem der Kläger vor seiner Flucht etwa einen Monat inhaftiert war, ist regelmäßig stark überbelegt. Viele Insassen warten jahrelang auf ein Gerichtsverfahren. Es gibt Beschwerden von Insassen über die schlechte Hygiene, unzureichende sanitäre Anlagen, Lebensmittel und die Schlafbedingungen (Schlafen auf dem nackten Boden). Untersuchungshäftlinge können, falls sie familiäre Unterstützung haben, Lebensmittel von außerhalb der Haftanstalten beziehen. Dieses Privileg gilt nicht für verurteilte Straftäter. Die medizinischen Einrichtungen in den Haftanstalten sind schlecht und die Todesrate unter den Häftlingen ist nach Angaben verschiedener Nichtregierungsorganisationen hoch (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Gambia, Stand: 25.07.2017 - abrufbar unter www.milo.de, S. 16 unter Verweis auf Amnesty International: Amnesty Report - Gambia 2016, 24.02.2016; Human Rights Watch, World Report 2016 - Gambia, 27.01.2016; U.S. Departement of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, 13.04.2016). Unter Präsident Jammeh wurde Nichtregierungsorganisationen der Zutritt zu den Gefängnissen verweigert. Das Internationale Rote Kreuz hatte zuletzt im Jahre 2006 Zugang zu gambischen Gefängnissen (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 35). Im Jahre 2014 konnte ein Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen ausgewählte Bereiche verschiedener Gefängnisse besichtigen (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 36).
33 
Hieran hat sich auch durch den Machtwechsel Anfang des Jahres 2017 wenig geändert. Präsident Barrow strengt aktuellen Berichten zur Folge Justizreformen an, die die Politisierung der Justiz beenden sollen. Der neue Innenminister, Mai Fatty, und der Justizminister, Aboubacarr Marie Tambedou, besichtigten im Jahr 2017 das Mile 2 Gefängnis in Begleitung der Presse und kündigten daraufhin Reformen und Verbesserungen an. Bislang ist jedoch nicht absehbar, wann diese stattfinden werden. Um die Überfüllung der Gefängnisse abzumildern, wurden im Februar und März 2017 etwa 270 Gefangene amnestiert (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 36). Die Haftbedingungen sind aktuellen Berichten zur Folge jedoch nach wie vor sehr schlecht. Es mangele immer noch an der Unterbringung der Gefangenen, an der sanitären Ausstattung, Essen und angemessener medizinischer Versorgung (Human Rights Watch, World Report 2018, the Gambia, abrufbar unter www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/gambia, zuletzt eingesehen am 24.04.2018; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia, 26.10.2017, S. 7; zur medizinischen Versorgung in den Haftanstalten: Auswärtiges Amt, Auskunft an Verwaltungsgericht Stuttgart vom 21.08.2017, abrufbar unter www.milo.de).
34 
3. Dem Kläger steht auch kein interner Schutz nach §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3e AsylG zur Verfügung. Abschiebungen erfolgen in der Regel über den internationalen Flughafen Banjul (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia, 26.10.2017, S. 8). Bei der hieran anschließenden Kontrolle bestünde die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger wieder in den Blick der Sicherheitsbehörden gerät. Auch bei einer freiwilligen Aus- und Wiedereinreise nach Gambia ist zu erwarten, dass der Kläger über den Flughafen Banjul einreist. Auch bei einer Einreise auf dem Landweg über Senegal liefe der Kläger aufgrund der geringen Größe des Landes und der geringen Anzahl hinreichend großer Städte Gefahr, über kurz oder lang aufgegriffen zu werden.
35 
IV. Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die Kostentragungslast der Beklagten auf § 154 Abs. 1 VwGO und im Hinblick auf die Kostentragungslast des Klägers auf § 155 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.

Gründe

 
16 
Die Entscheidung erfolgt im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter (§ 87a Abs. 2 und 3 VwGO).
17 
Der Berichterstatter durfte am 14.03.2018 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte nicht anwesend war, denn sie ist in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
18 
Die mündliche Verhandlung war nicht nach §§ 104 Abs. 3 Satz 2, 173 Satz 1 VwGO, § 156 ZPO wiederzueröffnen, obwohl der Prozessbevollmächtigten nach § 173 Satz 1 VwGO, § 283 ZPO ein Schriftsatzrecht gewährt worden ist. Die Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 den Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung erklärt. Die Beklagte hat mit allgemeiner Prozesserklärung vom 27.06.2017 – ohne Ansehen des konkreten Vorbringens im jeweiligen Einzelfall – auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erklärt. Auch auf Aufforderung des Gerichts mit Verfügung vom 21.03.2018 hat die Beklagte eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht beantragt.
I.
19 
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
II.
20 
Die Klage ist jedenfalls fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich das Gericht zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung anschließt, unrichtig im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO, da sie die - irreführende - Formulierung enthält, die Klage müssein deutscher Sprache abgefasst“ sein (vgl. im einzelnen VGH Bad.-Württ., Urteil vom 18.04.2017 - A 9 S 333/17 -). Daher verlängert sich die Klagefrist auf ein Jahr und ist mit Klageerhebung vom 15.12.2016 jedenfalls gewahrt.
III.
21 
Die Klage ist mit ihrem zuletzt gestellten Hauptantrag begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG, weil ihm zur Überzeugung des Gerichts in Gambia ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung durch eine Inhaftierung droht.
22 
1. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt nach Satz 2 1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, 2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder 3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. In diesem Rahmen sind gem. § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend anzuwenden.
23 
§ 4 AsylG setzt den Regelungskomplex zum subsidiären Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9, im Folgenden RL 2011/95/EU) um. Nach Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU bezeichnet der Begriff „Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz“ einen Antragsteller, der stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 zu erleiden. In Umsetzung von Art. 15 RL 2011/95/EU definiert § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG abschließend die drei Fallgruppen des ernsthaften Schadens. Die hier allein in Betracht kommende Nr. 2 verweist wie auch Art. 15 Buchst. b RL 2011/95/EU lediglich auf den als ernsthaften Schaden bezeichneten Begriff „Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“, lässt aber die Frage, nach welchen Kriterien dieser festzustellen ist, offen. Mit dem Hinweis auf „stichhaltige Gründe“ in Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU wird auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu den Substantiierungspflichten nach Art. 3 EMRK Bezug genommen (vgl. Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008 - Nr. 37201/06 - Saadi -, NVwZ 2008, 1330). Der Antragsteller muss die Umstände und Tatsachen, die für die von ihm geltend gemachte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung maßgebend sind, von sich aus konkret, in sich stimmig und erschöpfend vortragen (Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c RL 2011/95/EU). Ihn trifft insoweit eine Darlegungslast (Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Buchst. c RL 2011/95/EU). Anders als beim Flüchtlingsschutz kommt es ausschließlich auf den nach objektiven Grundsätzen zu ermittelnden ernsthaften Schaden und nicht auf eine begründete Furcht vor einer derartigen Gefahr an (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG). Bei der Entscheidung darüber, ob die Gefahr von Misshandlungen besteht, sind die absehbaren Folgen einer Abschiebung im Zielstaat unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Lage und der besonderen Umstände des Betroffenen zu prüfen (EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.). Das tatsächliche Risiko bezieht sich auf eine „objektive Gefahr“, einer Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung unterworfen zu werden. Der EGMR differenziert dabei zwischen unerheblichen, bloßen Möglichkeiten sowie dem beachtlichen ernsthaften Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (EGMR, Urteil vom 30.10.1991 - Nr. 13163/87 u.a., Vilvarajah u.a./Großbritannien -, NVwZ 1992, 869; Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.) Damit wird das ernsthafte und individualisierbare Risiko, einer Art. 3 EMRK verletzenden Behandlung ausgesetzt zu werden, zum Gegenstand der Gefahrenprognose (VGH Bad.- Württ., Urteil vom 26.10.2016 - A 9 S 908/13 - juris Rn. 36).
24 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat, beziehungsweise von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, beziehungsweise dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU; vgl. auch Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004, ABl. L 304 vom 30.09.2004, S. 12, ber. Abl. L 204 vom 05.08.2005, S. 24, im Folgenden RL 2004/83/EG). Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab bleibt danach unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 RL 2011/95/EG erlitten hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 07.03.2013 - A 9 S 1872/12 und A 9 S 1873/12 -, jeweils juris). Der in dem Tatbestandsmerkmal „tatsächlich Gefahr liefe“ des Art. 2 Buchst. f RL 2011/95/EU (vgl. auch Art. 2 Buchst. e RL 2004/83/EG) enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK, wie dargelegt, auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“, zu diesem Begriff: EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 28.02.2008, a.a.O.); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67). Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU privilegiert den Vorverfolgten beziehungsweise Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung beziehungsweise einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil der Großen Kammer vom 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u.a. - Abdulla -, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte beziehungsweise Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden beziehungsweise schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.04.2010 - 10 C 5.09 -, BVerwGE 136, 377).
25 
Grundsätzlich können Haftbedingungen, gleichgültig aus welchem Grund die Haft vollstreckt wird, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK und damit auch i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG darstellen (vgl. Marx, AsylVfG, 8. Auflage 2014, § 4 Rn. 35 ff.; BeckOK, AuslR, Kluth/Heusch, 16. Edition (Stand: 01.11.2017), AsylG § 4 Rn. 18, beck-online; a.A. wohl VG Aachen, Urteil vom 22.03.2017 – 7 K 1022/17.A –, Rn. 32, juris). Die Erfassung „unmenschlicher“ oder „erniedrigender“ Behandlung oder Bestrafung ist Einzelfallrechtsprechung, die sich einer präzisen juristischen Definition entzieht (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 4 AsylG Rn. 10; zum Maßstab des Art. 3 EMRK für Haftbedingungen in EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten Riegel/Speicher, StV 2016, 250 ff.). Nicht jede staatliche Zwangsmaßnahme ist eine „unmenschliche“ und „erniedrigende“ Behandlung, die Art. 3 EMRK verletzt und nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG subsidiären Schutz zur Folge haben kann. Staatliche Zwangsmittel sind zunächst begriffsnotwendig „unmenschlich“ oder „erniedrigend“ für die von Zwang betroffenen Personen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangt daher die Feststellung zusätzlicher Umstände, um Zwangsmaßnahmen als „unmenschlich“ oder „erniedrigend“ ansehen zu können (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 27.08.1992 – 12850/87 (Tomasi) –, juris; EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 13.12.2012 – 39630/09 (El Masri) –, NVwZ 2013, 631). Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte folgt etwa, dass Art. 3 EMRK verletzt wird, wenn eine Person während des amtlichen Gewahrsams körperlich angegriffen und verletzt wird, sofern die ausgeübte Gewalt nicht ihre Rechtfertigung im rechtmäßigen Vollzug der Gesetze findet. Aber auch Haftbedingungen können die Rechte des Inhaftierten aus Art. 3 EMRK verletzen. Maßgeblich für die Bewertung im Einzelfall sind die gesamten äußeren Umstände des Haftvollzugs. Hierzu zählen Art und Weise der Ernährung, Dichte der Zellenbelegung, medizinische Versorgung, sanitäre und hygienische Situation sowie die Ausgestaltung der Kontaktmöglichkeiten während der Haft. für die Bewertung, ob die Haft unmenschlich ist, zu berücksichtigen. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK durch die Haftbedingungen liegt dann vor, wenn ein Gefangener unter Bedingungen festgehalten wird, die mit der Achtung seiner Menschenwürde unvereinbar sind und die Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme ihm Leid und Härten zufügen, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß des Leidens übersteigen; ferner liegt eine Verletzung dann vor, wenn die Gesundheit und das Wohlbefinden des Gefangenen unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse der Haft nicht angemessen sichergestellt werden (EGMR, Urteil vom 15.07.2002 – 47095/99 (Kalashnikov) –, juris; Urteil vom 10.01.2012 – 42525/07 und 60800/08 (Ananyeuv) –, juris). Ein zu berücksichtigender aber kein zwingender Umstand ist, ob der Zweck der konkreten Haftbedingungen darin besteht, das Opfer zu erniedrigen oder zu entwürdigen; jedoch kann Art. 3 EMRK auch verletzt werden, wenn ein derartiger Zweck nicht festgestellt werden kann (EGMR, Urteil vom 19.04.2001 – 28524/95 (Peers) –, juris; Urteil vom 04.02.2003 – 50901/99 (Van der Ven) –). Die Tatsache, dass andere Personen unter denselben Umständen inhaftiert sind, kann nicht gegen den Opferstatus eingewandt werden (EGMR, Urteil vom 30.07.1998 – 25357/94 (Aerts) –, juris).
26 
2. Nach der informatorischen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2018 ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger in Gambia bereits in Haft war und im Falle seiner Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder inhaftiert werden würde. Aufgrund der in den ausgewerteten Erkenntnismitteln nachgezeichneten Haftbedingungen in Gambia, die durch die Schilderungen des Klägers bestärkt werden, droht ihm damit ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.
27 
a) Das Gericht hält die Angaben des Klägers über seine Verdächtigung, seine Festnahme, Misshandlung und Inhaftierung für glaubhaft und den Kläger für glaubwürdig.
28 
Der Kläger schilderte im Wesentlichen zusammenhängend, detailliert und nachvollziehbar seine Tätigkeit im ... Hotel in Serekunda an der Rezeption. Die Schilderungen erschöpften sich nicht nur in äußeren, oberflächlichen Abläufen, sondern vertieften einzelne Aspekte, die die Nachvollziehbarkeit des Vortrages unterstrichen. So schilderte der Kläger detailreich seine Tätigkeit an der Rezeption und das Reservierungswesen des Hotels. Er konnte nachvollziehbar erklären, weshalb in der Rezeptionskasse ein erheblicher Geldbetrag in verschiedenen Devisen gewesen war, als er deren Unterschlagung verdächtigt wurde. Er nannte unaufgefordert Vor- und Zunamen seines direkten Chefs sowie der Manager des ... Hotels. Durch die unaufgeforderte und mehrfache Betonung, dass das Hotel vom Staat betrieben werde ergibt sich für das Gericht auch nachvollziehbar, weshalb dieser Verdacht die Sicherheitsbehörden zu einem besonders harten Vorgehen veranlasst hat. Der Bericht seiner Verhaftung und das Verbringen auf das in der Nähe gelegene Bakau Polizeirevier decken sich mit den objektiven räumlichen Verhältnissen. Auch die Angaben des Klägers über seine körperlichen Misshandlungen im Büro der NIA sind glaubhaft. Der Kläger ist – was im Protokoll der Anhörung vor dem Bundesamt und in er gerichtlichen Sitzungsniederschrift festgehalten wurde – bei der Schilderung der Misshandlungen und Verletzungen jedes Mal weinend zusammengebrochen. Ferner erscheint es wirklichkeitsnah, dass die NIA – insbesondere unter der Herrschaft des nunmehr abgetretenen Präsidenten Jammeh – im Falle einer Straftat zu Lasten des Staates ermittelt und dabei besonders hart vorgeht. Der Kläger schilderte detailliert, wie ihm zunächst an der Handinnenfläche eine Schnittwunde zugefügt wurde, bevor er einen weiteren Angriff mit seinem linken Arm abzuwehren versuchte, der dabei brach.
29 
Die äußeren Umstände seiner Inhaftierung auf der Polizeiwache sowie im Gefängnis Mile 2 gab der Kläger nachvollziehbar wieder. Unaufgefordert schilderte er die sanitären und medizinischen Verhältnisse sowie die Intervalle und Qualität der Verpflegung. Demnach gab es in der Einzelzelle nur eine betonierte Sitzbank, die auch zum Schlafen vorgesehen war. Als sanitäre Anlage habe eine Schüssel gedient. Das Essen sei außerhalb der Zellen eingenommen worden. Zum Frühstück habe es Brötchen, zum Mittagessen mit Wasser aufgekochten Reis oder Getreide gegeben. Abendessen habe es zwischen 5 und 6 Uhr am Nachmittag gegeben. Die Zelle sei so klein gewesen, dass er nicht beide Arme habe gleichzeitig ausstrecken können.
30 
Schließlich berichtete der Kläger glaubhaft von den Umständen seiner Flucht. Die geschilderte Wegstrecke und der Zwischenhalt in Brikama Ba stimmen mit den örtlichen Gegebenheiten in Gambia überein. Der Kläger gab detailliert wieder, wie viele Beamte der paramilitärischen Polizei („Paras“) ihn bewachten und wo genau sie auf dem Pick Up Truck saßen. Der Kläger gab an, dass die Ladefläche des Pick Up Trucks nicht mit Gittern versehen gewesen sei. Soweit diese Angaben mit der Anhörung beim Bundesamt nicht übereinstimmen folgt dies nachvollziehbar aus den geltend gemachten Verständigungsschwierigkeiten, die sich auch aus dem Protokoll der Anhörung beim Bundesamt ergeben. Die Flucht bei der Überführung ins Gefängnis Janjanbureh und die Umstände der Entfernung der Handschellen schilderte der Kläger im Zusammenhang und wirklichkeitsnah, wobei er auch vermeintliche Nebensächlichkeiten und Randgeschehen wiedergab, was die Glaubhaftigkeit seiner Angaben untermauert. So erklärte er, dass er ein mitgeführtes Hemd über die Handschellen gelegt habe, damit diese nicht erkannt werden würden. Ferner berichtete er, wie er zunächst Vertrauen zu Jugendlichen vom Volk der Mandingo beim Teetrinken aufbaute, bevor er sie um Hilfe bat, sowie, dass niemand die gelösten Handschellen bei sich zu Hause hätte haben wollen.
31 
Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder in den Fokus der Sicherheitsbehörden rücken würde und konkret Gefahr liefe, wieder inhaftiert zu werden. Da der Kläger keiner politischen Straftat, sondern eines Vermögensdelikts zum Nachteil eines staatlichen Hotels verdächtig ist, ist nach Einschätzung des Gerichts auch der Machtwechsel hin zu Präsident Barrow für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit unerheblich.
32 
b) Die Haftbedingungen in Gambia, wie sie aus den Erkenntnismitteln zu entnehmen sind, sind hart und lebensbedrohlich und stellen eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung dar. Die Zellen sind feucht und überfüllt. Neben den drei offiziellen Haftanstalten gibt es zahlreiche Zellen in Polizeistationen. Jedenfalls unter der Herrschaft des Präsidenten Jammeh unterhielt auch die NIA Gefängnisse ohne rechtliche Grundlage (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 35 unter Berufung auf UN Human Rights Council, Report of the Special Rapporteur on torture and other cruel, inhuman or degrading treatment or punishment, Addendum: Mission to The Gambia, 02.03.2015). Das Mile 2, das Zentralgefängnis in Banjul, in dem der Kläger vor seiner Flucht etwa einen Monat inhaftiert war, ist regelmäßig stark überbelegt. Viele Insassen warten jahrelang auf ein Gerichtsverfahren. Es gibt Beschwerden von Insassen über die schlechte Hygiene, unzureichende sanitäre Anlagen, Lebensmittel und die Schlafbedingungen (Schlafen auf dem nackten Boden). Untersuchungshäftlinge können, falls sie familiäre Unterstützung haben, Lebensmittel von außerhalb der Haftanstalten beziehen. Dieses Privileg gilt nicht für verurteilte Straftäter. Die medizinischen Einrichtungen in den Haftanstalten sind schlecht und die Todesrate unter den Häftlingen ist nach Angaben verschiedener Nichtregierungsorganisationen hoch (Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Gambia, Stand: 25.07.2017 - abrufbar unter www.milo.de, S. 16 unter Verweis auf Amnesty International: Amnesty Report - Gambia 2016, 24.02.2016; Human Rights Watch, World Report 2016 - Gambia, 27.01.2016; U.S. Departement of State: Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, 13.04.2016). Unter Präsident Jammeh wurde Nichtregierungsorganisationen der Zutritt zu den Gefängnissen verweigert. Das Internationale Rote Kreuz hatte zuletzt im Jahre 2006 Zugang zu gambischen Gefängnissen (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 35). Im Jahre 2014 konnte ein Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen ausgewählte Bereiche verschiedener Gefängnisse besichtigen (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 36).
33 
Hieran hat sich auch durch den Machtwechsel Anfang des Jahres 2017 wenig geändert. Präsident Barrow strengt aktuellen Berichten zur Folge Justizreformen an, die die Politisierung der Justiz beenden sollen. Der neue Innenminister, Mai Fatty, und der Justizminister, Aboubacarr Marie Tambedou, besichtigten im Jahr 2017 das Mile 2 Gefängnis in Begleitung der Presse und kündigten daraufhin Reformen und Verbesserungen an. Bislang ist jedoch nicht absehbar, wann diese stattfinden werden. Um die Überfüllung der Gefängnisse abzumildern, wurden im Februar und März 2017 etwa 270 Gefangene amnestiert (EASO, Country of Origin Information Report The Gambia Country Focus, Dezember 2017, S. 36). Die Haftbedingungen sind aktuellen Berichten zur Folge jedoch nach wie vor sehr schlecht. Es mangele immer noch an der Unterbringung der Gefangenen, an der sanitären Ausstattung, Essen und angemessener medizinischer Versorgung (Human Rights Watch, World Report 2018, the Gambia, abrufbar unter www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/gambia, zuletzt eingesehen am 24.04.2018; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia, 26.10.2017, S. 7; zur medizinischen Versorgung in den Haftanstalten: Auswärtiges Amt, Auskunft an Verwaltungsgericht Stuttgart vom 21.08.2017, abrufbar unter www.milo.de).
34 
3. Dem Kläger steht auch kein interner Schutz nach §§ 4 Abs. 3 Satz 1, 3e AsylG zur Verfügung. Abschiebungen erfolgen in der Regel über den internationalen Flughafen Banjul (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia, 26.10.2017, S. 8). Bei der hieran anschließenden Kontrolle bestünde die beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger wieder in den Blick der Sicherheitsbehörden gerät. Auch bei einer freiwilligen Aus- und Wiedereinreise nach Gambia ist zu erwarten, dass der Kläger über den Flughafen Banjul einreist. Auch bei einer Einreise auf dem Landweg über Senegal liefe der Kläger aufgrund der geringen Größe des Landes und der geringen Anzahl hinreichend großer Städte Gefahr, über kurz oder lang aufgegriffen zu werden.
35 
IV. Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die Kostentragungslast der Beklagten auf § 154 Abs. 1 VwGO und im Hinblick auf die Kostentragungslast des Klägers auf § 155 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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published on 18/04/2017 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der
published on 26/10/2016 00:00

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. Februar 2013 - A 12 K 1125/12 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Instanzen.Die
published on 07/03/2013 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juni 2012 - A 9 K 122/12 - geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 2 bis 4 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12.
published on 07/03/2013 00:00

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 14. Juni 2012 - A 6 K 737/12 - wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.

(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.

(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.