Tenor

1 K 1618/07

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine vollziehbare Verfügung betreffend die Klärschlammentsorgung.
Die Antragstellerin sowie die Stadt T. und die Gemeinden D. und D. bilden den (im März 1974 konstituierten) Abwasserzweckverband ... (künftig: AZV). Der AZV hat die Aufgabe, die im Gebiet bzw. in Gebietsteilen der Verbandsmitglieder anfallenden Abwässer von den Städten und Gemeinden zu übernehmen, einer Kläranlage zuzuleiten, vor ihrer Einleitung in den Vorfluter zu reinigen, sowie die dabei anfallenden Schlamm- und Abfallstoffe abzuführen oder unschädlich zu beseitigen. Die Inbetriebnahme der (auf D. Gemarkung liegenden) Verbandskläranlage erfolgte am 6.10.1978. Am 21.4.1999 (geändert unter dem 20.9.2004) schloss der AZV mit der Firma ... einen Vertrag über Klärschlammtrocknung. Die Firma ... betreibt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Verbandskläranlage des AZV eine Bioabfallvergärungsanlage, in der neben Vergärung und Kompostierung eine interne Biogasnutzung erfolgt. Die überschüssige Energie wird in einer thermischen Klärschlammtrocknungsanlage verwendet. Der AZV ist gemäß dem genannten Vertrag verpflichtet, sämtliche kommunalen Klärschlämme aus seiner Verbandskläranlage sowie aus den kommunalen Kläranlagen des Stadtteils ... der Antragstellerin und der Stadt ... ausschließlich der Firma ... anzudienen und durch diese behandeln und verwerten zu lassen. ... hat sich verpflichtet, im Rahmen der Leistungsfähigkeit der Klärschlammtrocknungsanlage die Klärschlämme anzunehmen und auf eine Trockensubstanz von mindestens 90 % zu trocknen. Im Falle von die Leistungsfähigkeit der Anlage übersteigenden Anliefermengen ist ... berechtigt, die Klärschlämme einer anderweitigen ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen.
Im Anschluss an Ergebnisse aktueller Untersuchungen zur Verbreitung von Perfluorierten Tensiden (auch: Perfluortenside bzw. kurz: PFT) forderte das Umweltministerium Baden-Württemberg mit Erlass vom 21.5.2007 die Regierungspräsidien sowie die Unteren Abfallrechtsbehörden auf, zwecks Verhinderung einer Verbreitung von PFT über Klärschlämme sowohl bei der landwirtschaftlichen als auch der landschaftsbaulichen Klärschlammverwertung die Vorlage von PFT-Analysen zu verlangen. Die bodenbezogene Klärschlammverwertung sei nur zuzulassen, wenn der PFT-Gehalt des Klärschlamms 100 µg/kg Trockensubstanz unterschreite, andernfalls sei eine thermische Entsorgung angezeigt.
Mit Bescheid vom 6.7.2007 traf das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis (Landratsamt) gegenüber der Antragstellerin eine abfall- und wasserrechtliche Verfügung. Darin wurde angeordnet,
- eine bodenbezogene Verwertung des bei der Kläranlage ... anfallenden Klärschlamms dürfe bis auf weiteres nicht vorgenommen werden. Der Klärschlamm sei einer geordneten Entsorgung zuzuführen, beim vorliegenden Messwert sei eine thermische Entsorgung angezeigt.
Ferner wurde der Antragstellerin aufgegeben,
- am Zu- und Ablauf der Kläranlage ... bei Trockenwetter umgehend von einem geeigneten Labor eine Abwasserprobe zu entnehmen, auf PFT zu untersuchen und das Untersuchungsergebnis schnellstens dem Landratsamt zuzuleiten.
Schließlich wurde noch, bezogen auf beide vorherigen Regelungen,
- der Sofortvollzug der Anordnung angeordnet.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, PFT zeichneten sich durch eine hohe Persistenz sowie eine hohe Bioakkumulierbarkeit aus. Die toxikologischen Eigenschaften seien bislang unvollständig untersucht, nach heutigem Wissensstand könne allerdings von einer kanzerogenen und fortpflanzungsschädigenden Wirkung sowie einer mäßigen Toxizität für Menschen ausgegangen werden. Der auf PFT bezogene Warnwert von 100 µg/kg Trockensubstanz sei bei der kürzlich vorgenommenen Beprobung des Klärschlamms aus der Sammelkläranlage ... mit 294 µg/kg Trockensubstanz bei weitem überschritten gewesen. Der Klärschlamm sei folglich einer ordentlichen Entsorgung zuzuführen, wofür eine thermische Entsorgung angezeigt sei. Der Klärschlamm werde zwar schon seit längerem der thermischen Entsorgung zugeführt, jedoch gingen anscheinend aus technischen Gründen immer noch Teilmengen in den Landbau. Die abfallrechtliche Anordnung wurde auf § 3 Abs. 1, Abs. 5 AbfKlärV, § 12 Abs. 1 BBodSchV, § 21 KrW-/AbfG und § 28 LAbfG gestützt. Der Sofortvollzug wurde - kurz - damit begründet, ein Eintrag von PFT in Böden über belasteten Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen müsse sofort sicher ausgeschlossen werden.
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Die Antragstellerin erhob am 24.7.2007 Widerspruch, den sie ausdrücklich nur auf die abfallrechtliche Anordnung (= erster Spiegelpunkt der Verfügung) beschränkte. Zugleich beantragte sie die Aussetzung des Sofortvollzugs.
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Unter dem 25.7.2007 nahm die Firma ... zum PFT-Problem wie folgt Stellung: Die ordnungsgemäße Verwertung der nicht in ihrer Anlage getrockneten Schlämme sei in den Jahren 2006 und 2007 ausschließlich über zwei zertifizierte Entsorgungsfachbetriebe in Sachsen-Anhalt erfolgt. Etwa 25 % der Klärschlämme hätten der Kläranlage ... entstammt. Im Jahr 2006 seien 585,64 t dieser Klärschlämme in die Kompostieranlage .... (Sachsen-Anhalt) gebracht worden, im Jahr 2007 noch nichts. Nach Angaben dieser Firma werde der hergestellte Kompost „weder landwirtschaftlich noch landbaulich“ verwendet. Weitere Klärschlämme (2006: 989,56 t bzw. 2007: 706,04 t) seien an das Erdenwerk .... (Sachsen-Anhalt) gegangen. Die Substrate würden dort „im Rahmen behördlich genehmigter Rekultivierungsmaßnahmen landschaftsbaulich, nicht jedoch landwirtschaftlich oder gärtnerisch“ verwendet. Dies sei der Status der Verwertung bis Ende Juni 2007. Bedingt durch die Trockensubstanzgehalte der durch den AZV angedienten Schlämme könnten nicht alle dieser Klärschlämme in der Anlage getrocknet und der thermischen Verwertung zugeführt werden. Etwa 1.500 t im Jahr müssten anderweitig verwertet werden, bisher in den zuvor genannten beiden Anlagen. Eine Verbesserung würde sich ergeben, wenn die Inputschlämme besser entwässert würden und die Bioabfallvergärungsanlage mit größerem Durchsatz betrieben werden könnte. Dies scheitere bisher aber am restriktiven Abwassermanagement der ... Kläranlage. Inzwischen hätten auch weitere Landesverwaltungen den PFT-Grenzwert auf 100 µg/kg festgesetzt, so auch Sachsen-Anhalt. Eine weitere stoffliche Verwertung sei damit praktisch nicht möglich. Man bemühe sich im Augenblick intensiv um eine Lösung zur schadlosen Verwertung dieser Mengen.
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Mit ihr nachrichtlich zur Kenntnis gegebenem Schreiben vom 31.7.2007 gab das Landratsamt den Widerspruch der Antragstellerin mit dem Hinweis, eine Aussetzung des Sofortvollzugs komme nicht in Betracht, an das RP Freiburg ab. Eine Entscheidung über den Widerspruch ist noch nicht ergangen.
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Die Antragstellerin hat am 9.8.2007 Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie trägt in Wiederholung bzw. Vertiefung ihrer Widerspruchsbegründung vor: Der Klärschlamm der Sammelkläranlage … werde überwiegend der thermischen Entsorgung zugeführt. Lediglich ca. 1.500 Tonnen würden von der Vertragsfirma unter Wahrung der Richtlinien des Landes Sachsen-Anhalt dem Erdbau in diesem Bundesland zugeführt. Diese Substrate würden im Rahmen behördlich genehmigter Rekultivierungsmaßnahmen landschaftsbaulich, nicht jedoch landwirtschaftlich oder gärtnerisch verwendet. Somit könnten PFT in keinem Fall in die menschliche oder tierische Nahrungskette gelangen bzw. gesundheitliche Schäden hervorrufen. Da sie mit anderen Materialien abgedeckt seien, werde durch die Vermischung im Übrigen auch der nur als Empfehlung geltende Warnwert bei weitem eingehalten. Der Verfügung fehle die Rechtsgrundlage, da es keine Grenzwerte für PFT gebe und auch die EU-Richtlinie 2006/122/EG bisher noch nicht in nationales Recht umgesetzt sei. Deshalb fehle auch ein besonderes Vollzugsinteresse, da angesichts der vorgebrachten Umstände eine zusätzliche Gefahr für die Dauer der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels nicht bestehe. Der Bescheid sei schließlich auch dadurch unbestimmt, dass er nicht klar erkennen lasse, ob er auf Abfall- oder Wasserrecht gestützt sei. In jedem Fall sei es jedoch Aufgabe des Landratsamts als Untere Wasser- und Gewerbeaufsichtsbehörde gewesen, vorrangig den/die Verursacher der PFT-Belastungen ausfindig zu machen. Das Landratsamt erteile an technische Betriebe Indirekteinleitergenehmigungen, in denen Auflagen bezüglich der Gewässerbelastung aufgenommen seien. Es sei deshalb zunächst Aufgabe zu ermitteln, ob die in diesen Genehmigungen enthaltenen Grenzwerte eingehalten würden bzw. entsprechende Auflagen zu verfügen, bevor sie, die Antragstellerin, mit sofort vollziehbaren Verfügungen überzogen werde.
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Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Verfügung des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 6.7.2007 insoweit wiederherzustellen, als dort eine bodenbezogene Verwertung des Klärschlamms verboten und seine geordnete Entsorgung bestimmt wird.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Er entgegnet: Tatsächlich handle es sich beim Warnwert von 100 µg/kg um einen Vorsorgewert. Der Verdacht einer schädigenden Wirkung von PFT auf Menschen sei jedoch hinreichend stark. Eine vorsorgliche Abwehr von Gefahren für das Gemeinwesen rechtfertige folglich eine Untersagungsverfügung nach pflichtgemäßem Ermessen, zumal für die Klärschlammentsorgung in ausreichendem Maße andere, in ihrer Wirkung auf die Umwelt „unverdächtigere“ Entsorgungswege zur Verfügung stünden. Deshalb sei die Untersagung der bodenbezogenen Verwertung das einzige geeignete und angemessene Mittel gewesen, höchstwahrscheinlichen Gefahren für das Wohl der Allgemeinheit zu begegnen. Die Antragstellerin sei verantwortlicher Abfallbesitzer, auch wenn sie einen Dritten mit der Entsorgung beauftragt habe und es zu einer Vermischung mit Abfällen anderer Entsorgungspflichtiger komme. Das besondere Vollzugsinteresse ergebe sich aus der äußerst hohen Wahrscheinlichkeit einer schädigenden Wirkung von PFT auf den Menschen, die während der langwierigen Dauer eines Widerspruchs- und Klageverfahrens nicht hingenommen werden könne.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die ausführlich mit Anlagen versehenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (ein Heft des Landratsamts) Bezug genommen.
II.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber unbegründet. In formell-rechtlicher Hinsicht bestehen gegen die Anordnung des Sofortvollzugs keine Bedenken. Bereits die - wenngleich kurze - Begründung im Bescheid am 6.7.2007, der Eintrag von PFT in Böden über belasteten Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen müsse sofort sicher ausgeschlossen werden, genügt dabei nach Auffassung der Kammer der in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten Begründungspflicht. Diese Begründungspflicht hat Warn- und Unterrichtungsfunktion, ferner soll sie der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, das es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen nach § 80 Abs. 1 VwGO zu durchbrechen. Soll die Begründung diesen Zielsetzungen gerecht werden, muss sie deshalb das überwiegende Vollzugsinteresse grundsätzlich anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles nachvollziehbar darlegen. Allerdings kann das besondere öffentliche Interesse durch das allgemeine, den Erlass des Verwaltungsaktes rechtfertigende Interesse bis hin zur Identität vorgeprägt sein. Eine solche Identität kann typischerweise im Bereich der Gefahrenabwehr, so etwa dann angenommen werden, wenn die Gründe für den Erlass eines Verwaltungsaktes im Einzelfall einen so hohen Dringlichkeitsgrad und ein solches Gewicht aufweisen, dass sie gleichzeitig das besondere Vollzugsinteresse einschließen bzw. mit diesem deckungsgleich sind (vgl. zu unterschiedlichen Bereichen des Gefahrenabwehrrechts: Bayer. VGH, Beschl. v. 13.10.2006 - 11 CS 06.1724 - Juris, sowie VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 24.6.2002 - 10 S 985/02 - VBlBW 2002, 441 [jeweils zum Fahrerlaubnisrecht]; OVG NRW, Beschl. v. 5.7.2006 - 8 B 212/06.AK - Juris [zum Immissionsschutzrecht]; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 24.1.2006 - 3 M 73/05 - NVwZ-RR 2007, 21 [zum Abfallrecht]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.2.2005 - 8 S 2834/04 - VBlBW 2005, 238 [zum Baurecht]; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 25.6.1998 - 11 S 682/98 - InfAuslR 1998, 468 [zum Ausländerrecht]; vgl. allgemein auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 13.3.1997 - 13 S 1132/96 - VBlBW 1997, 390).
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Das Landratsamt hat vorliegend bereits in seiner Verfügung vom 6.7.2007 keinen Zweifel daran gelassen, dass angesichts der Stoffeigenschaften- und -wirkungen von PFT die Vorsorge- bzw. Gefahrenabwehrerwägungen, die die Verfügung rechtfertigen, gleichzeitig auch deren Eilbedürftigkeit begründen. Darauf, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob sie erschöpfend und zutreffend dargelegt sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Aus der nachgeschoben Sofortvollzugsbegründung im Schreiben vom 14.8.2007 geht letztlich nur noch einmal mit anderen - ausführlicheren - Worten das hervor, was bereits Regelungsanlass und -zweck des Ausgangsbescheids war.
23 
Im materiell-rechtlicher Hinsicht überwiegt das öffentliche Sofortvollzugsinteresse dasjenige der Antragstellerin, vorerst während der Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsfolgen verschont zu bleiben. Das folgt daraus, dass bei summarischer - d. h. den Sachverhalt (allein) anhand der Verwaltungsakten und des Vortrags der Beteiligten auswertender - Erkenntnis der zulässige Widerspruch aller Voraussicht nach in der Sache erfolglos bleiben wird; die Verfügung des Landratsamts ist nämlich sehr wahrscheinlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Ferner liegt ein Sofortvollzugsinteresse auch tatsächlich vor.
24 
Rechtsgrundlage der angefochtenen Verfügung ist § 21 Krw-/AbfG. Ausgehend hiervon ergibt sich die sachliche Zuständigkeit des Landratsamts für den Vollzug des Abfallrechts aus § 28 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Satz 1 LAbfG i.V.m. §§ 13 Abs. 1 Nr. 1, 16 Nr. 3 LVG. § 28 Abs. 3 Satz 2 LAbfG, der die sachliche/instanzielle Zuständigkeit auf die Höhere Abfallrechtsbehörde (hier: RP Freiburg) verschiebt, ist vorliegend nicht anwendbar. Der Antragsgegner hat vielmehr unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmotive überzeugend dargelegt, dass diese Vorschrift nur die Fälle der Selbstbetroffenheit des Landkreises (als Selbstverwaltungskörperschaft sowie als beliehenes Organ) erfassen soll, um die es hier jedoch nicht geht.
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Formell-rechtlich ferner nicht zu beanstanden ist es, dass das Landratsamt möglicherweise - die Verwaltungsakten enthalten jedenfalls hierzu nichts - die Antragstellerin vor Erlass der Verfügung nicht angehört hat. Angesichts der systematischen Klärschlamm-Probenahmen im Regierungsbezirk Freiburg dürfte mit hoher Sicherheit davon auszugehen sein, dass die Antragstellerin sowohl die generelle Problematik und den Erlass des Umweltministeriums als auch die Überschreitung der Warnwerte beim Klärschlamm ihrer Kläranlage kannte. Eine informelle vorherige Kontaktaufnahme der Beteiligten, bei der wesentliche Gesichtspunkte zumindest skizziert worden sein dürften, ist daher wahrscheinlich. Dafür spricht auch, dass die Antragstellerin sich nicht auf einen Anhörungsmangel berufen hat. Jedenfalls aber wäre eine unterbliebene Anhörung gemäß § 45 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG unbeachtlich bzw. geheilt worden. Die Erhebung des Widerspruchs kann nämlich dann eine Heilung bewirken, wenn dadurch eine vollwertige Gewährung des Rechts aus § 28 LVwVfG sichergestellt ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Begründung des angefochtenen Bescheids so umfangreich ist, dass aus ihr alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen erkennbar sind, sodass der Betroffene Stellung nehmen kann (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 6. Aufl. 2001 § 45 Rdnr. 79 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil die maßgeblichen Tatsachen gewissermaßen offenkundig waren, die Antragstellerin in deren Kenntnis einen ausführlichen Widerspruch erhoben hat und das Landratsamt in Auseinandersetzung hiermit sowie mit der Stellungnahme der Firma ... zur Klärschlammverwertungspraxis eine Überprüfung vorgenommen hat, die (allerdings) nicht zur Abhilfe führte.
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In materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Verfügung des Landratsamts, soweit sie von der Antragstellerin angefochten wurde („erster Spiegelpunkt“ der Verfügung vom 6.7.2007), aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für diese Regelung ist § 21 Krw-/AbfG . Erfordert es danach die Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen (Tatbestandsseite - dazu unter 1. ), so kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen treffen (Rechtsfolgenseite - dazu unter 2. ). Der Antragstellerin ist - unabhängig davon, dass selbst eine falsch begründete Anordnung nicht rechtswidrig ist, wenn sie durch eine wesensgleiche, vom Gericht für zutreffend erkannte andere Rechtsgrundlage gedeckt wäre (sog. schlichte Rechtsanwendung, vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 - NVwZ 1989, 471; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.5.1991 - 8 S 1068/91 - NuR 1991, 434) - nicht darin zuzustimmen, dass das Landratsamt diese Rechtsgrundlage unklar gelassen habe. Wasserrechtliche Regelungen wären vorliegend auch nicht einschlägig gewesen. Die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm stellt nämlich kein Lagern oder Ablagern i.S.v. § 26 Abs. 2 Satz 1 WHG dar (so auch VG Göttingen, Beschl. v. 31.8.2004 - 4 B 101/04 - Juris). Ungeachtet dessen, dass über § 20 Abs. 2 LAbfG (diese Vorschrift wird nunmehr vom Antragsgegner im letzten Schriftsatz „favorisiert“) kein anderes Ergebnis für den Fall hätte gewonnen werden können, ist diese Rechtsgrundlage nach Auffassung der Kammer nicht einschlägig. Denn soweit (siehe sogleich unter 1.) die Klärschlammverordnung anwendbar ist, erging diese zwar noch auf der Grundlage des § 15 AbfG 1986. Das Krw-/AbfG enthält in § 8 jedoch eine nahezu inhaltsgleiche VO-Ermächtigung, so dass es in der Sache weiterhin um die „Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen“ im Sinne des § 21 Krw-/AbfG geht.
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1. Zur Tatbestandsseite des § 21 Krw-/AbfG
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a.) Soweit die Verfügung eine bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm in Ge-stalt des Aufbringens auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden betrifft, ist das Abfallrechtsregime einschlägig. Bei Klärschlamm handelt es sich gemäß §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, Abs. 2 Krw-/AbfG i.V.m. Anhang I, Q 9, Q 11 bzw. Q 16 (i.V.m. Schlüsselnummer 19 08 05 Abfallverzeichnis-Verordnung: „Schlämme aus der Behandlung von kommunalem Abwasser) sowie Anhang II B., R 10 um Abfall, dessen sich sein Besitzer entledigt bzw. entledigen will. Weitergehende Verhaltenspflichten bestimmen sich somit nach der noch auf der Ermächtigungsgrundlage des § 15 AbfG 1986 (vgl. jetzt § 8 Abs. 2 Krw-/AbfG) erlassenen Klärschlammverordnung (AbfKlärV). Diese Verordnung hat u.a. derjenige zu beachten, der eine Abwasserbehandlungsanlage betreibt und Klärschlamm (zum Begriff vgl. § 2 Abs. 2 AbfKlärV) zum Aufbringen auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden abgibt oder abgeben will (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 AbfKlärV).
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Es ist davon auszugehen, dass die Vorschriften der Klärschlammverordnung auch für die Verwertung von mit Perfluortensiden belastetem Klärschlamm gelten. Allerdings sind Perfluortenside nicht ausdrücklich in den Vorschriften der §§ 3 und 4 AbfKlärV genannt.
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§ 4 Abs. 11 KlärV verhält sich im Zusammenhang mit dem dort geregelten Aufbringungsverbot zwar zuhalogenorganischen Verbindungen ; Entsprechendes gilt für die Beprobungsbestimmung in § 3 Abs. 5 Satz 1 AbfKlärV. Beide Regelungen betreffen jedoch auf Grund ihrer ausdrücklichen Anknüpfung an den Summenparameter AOX nicht fluororganische Verbindungen, wie es PFT sind. AOX („Adsorbierbare Organisch gebundene Halogene“ - das X wird in der Chemie allgemein als Abkürzung für ein beliebiges Halogen verwendet) ist ein Gruppenparameter der chemischen Analytik, der vornehmlich zur Beurteilung von Wasser und Klärschlamm eingesetzt wird. Dabei wird die Summe der an Aktivkohle adsorbierbaren organischen Halogene bestimmt. Diese umfassen Chlor-, Brom- und Iod- Verbindungen. Organische Fluor -Verbindungen werden durch diese Analysenmethode hingegen nicht erfasst (vgl. Internet-Enzyklopädie Wikipedia, Stichwort „ AOX “). Einen „Numerus Clausus“ für bestimmte Stoffe statuiert die Klärschlammverordnung gleichwohl nicht. Wie sich bereits aus § 3 Abs. 5 Satz 2 AbfKlärV ergibt, kann die zuständige Behörde die Untersuchung auf „weitere Inhaltsstoffe“ ausdehnen. Vor allem aber Sinn und Zweck der Klärschlammverordnung spricht gegen eine einschränkende Auslegung. Die AbfKlärV geht auf die Richtlinie 86/278/EWG über den Schutz der Umwelt und insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft zurück. Erwägungsgrund 13 dieser EU-Richtlinie stellt klar, dass bei der Verwendung von Klärschlamm darauf zu achten ist, dass der Schutz des Bodens sowie des Oberflächen- und Grundwassers sichergestellt wird. Ergänzend wird auf die Richtlinie 80/68/EWG über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe verwiesen. Im Anhang I der letztgenannten EU-Richtlinie finden sich unter der Liste 1 Nr. 1 der Stofffamilien und Stoffgruppen die organischen Halogenverbindungen wieder und zwar diesmal ohne Ausnahme der fluororganischen Verbindungen.
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b.) Abfallrechtliche Anforderungen sind ferner Verhaltensmaßstab, soweit das vom Landratsamt verfügte bodenbezogene Verwertungsverbot die Abgabe des Klärschlamms für Zwecke des Landbaus bzw. der Rekultivierung umfasst. Dabei dürfte bereits davon auszugehen sein, dass auch insoweit eine Aufbringung auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden i.S.v. § 15 Abs. 1, Abs. 3 AbfG 1986 bzw. § 8 Abs. 2 Krw-/AbfG und den Vorschriften der AbfKlärV vorliegt. Genutzt werden Böden in diesem Sinne nämlich, wenn sie für diese Nutzung bestimmt sind. Die Nutzung muss noch nicht aktuell erfolgen, wenn sie in absehbarer Zeit beabsichtigt ist und die Aufbringung diesem Zweck dient. Dies gilt z. B. für das Aufbringen zum Zweck der Rekultivierung von Ödland, das für die genannte Nutzung vorgesehen ist (von Lersner/Wendenburg, Recht der Abfallbeseitigung, Band 1, Kommentar zu § 8 Abs. 2 Krw-/AbfG, Rdnr. 11 [Mai 1997]). Nichts anderes gilt schließlich jedoch selbst dann, wenn der Klärschlamm ausschließlich im rekultivierenden Landbau zwecks Veränderung der Landschaftsstruktur - mithin ohne spätere land- oder forstwirtschaftliche oder gärtnerische Nutzung - verwendet werden sollte. In diesem Falle liegt immer noch Abfall zur Verwertung vor (vgl. § 3 Abs. 1, Abs. 2 Krw-/AbfG i.V.m. Anhang II B. R 10 [„Aufbringen auf den Boden zum Nutzen der Ökologie“]), für den sich die Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft direkt aus § 5 Abs. 3 Krw-/AbfG ergeben.
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c.) Die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm, der den Warnwert von 100 µg/kg Trockensubstanz überschreitet, stellt in allen der zuvor (unter a. und b.) genannten Fälle eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit dar. Für die unter die Klärschlammverordnung fallende Klärschlammverwertung folgt dies aus § 3 Abs. 1 Satz 1 AbfKlärV . Danach darf Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden u.a. nur so aufgebracht werden, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Für die bodenbezogene Verwertung im rein rekultivierenden Landbau gilt entsprechendes, wobei hier die Regelungen in § 5 Abs. 3 Krw-/AbfG und § 12 Abs. 1, Abs. 2 BBodSchV einschlägig sind. Die Gefahr eines Schadstofftransfers in die Umwelt, die durch die Ordnungsmäßigkeit und Schadlosigkeit der Verwertung i.S.v. § 5 Abs. 3 KrW-/AbfG auszuschließen ist, kann bei der Verwertung von Klärschlamm nicht von der Hand gewiesen werden. Klärschlamm enthält als Schadstoffsenke im Rahmen der Abwasserreinigung eine Vielzahl von Schadstoffen. Fordert das sich sowohl auf den Verwertungsvorgang wie auch auf das damit entstehende Produkt beziehende Kriterium der „Schadlosigkeit“ i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 3 KrW-/AbfG, dass durch die Beschaffenheit der Abfälle und durch die Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht erwartet werden dürfen und insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgen darf, so wird mit dem Kriterium der „Ordnungsmäßigkeit“ i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG unter Abstellen auf die Rechtmäßigkeit der Abfallverwertung dasselbe Ziel verfolgt. Das Merkmal „ordnungsgemäß" gebietet, dass die Verwertung in Einklang steht mit den Normen des Abfallrechts und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, wie etwa den Bestimmungen des Bundesbodenschutzrechts. Klärschlamm betreffend kommt somit neben den Regelungen der Klärschlammverordnung auch der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) für die Erreichung des Verwertungsziels entscheidende Bedeutung zu. Für die Herstellung durchwurzelbarer Bodenschichten im Landschaftsbau unter Einsatz von Klärschlamm gilt in Bezug auf die Ordnungsmäßigkeit der Verwertung entsprechendes; auch hierfür dürfen auf und in Böden unter anderem nur Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen auf- und eingebracht werden, die den Qualitätsanforderungen der nach § 8 KrW-/AbfG erlassenen Verordnungen sowie der Klärschlammverordnung entsprechen (vgl. für Klärschlammkompost: BVerwG, Urt. v. 14.12.2006 - 7 C 4/06 - NVwZ 2007, 338).
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Zur Konkretisierung des damit maßgeblichen Begriffs des Wohles der Allgemeinheit kann § 10 Abs. 4 Krw-/AbfG herangezogen werden. Als Grundsatznorm steuert diese Vorschrift die Auslegung auch anderer Normen des Krw-/AbfG dort, wo diese ihrerseits auf das Wohl der Allgemeinheit Bezug nehmen (Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht [5. Aufl. 2003], § 11 Rdnr. 297; Beckmann/Kersting, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band III, § 5 Krw-/AbfG, Rdnr. 76 [Oktober 2000]). Auch durch Abfallverwertung soll mithin u.a. Umweltverträglichkeit gewährleistet werden. Eine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit liegt gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 Krw-/AbfG insbesondere vor, wennGewässer und Boden schädlich beeinflusst werden (Nr. 3). Die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm, der Perfluortenside in einem den Warnwert überscheitenden Maß enthält, erfüllt aller Voraussicht nach diese Voraussetzungen. Das folgt aus den besonderen Eigenschaften (Verwendung und Umweltverhalten) dieser Stoffe (dazu unter aa. ) sowie ferner einer daraus herzuleitenden Prognose ihrer Wirkung auf die relevanten Schutzgüter (dazu bb. ).
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aa.) Perfluorierte Verbindungen entstammen der Fluorchemie. Es handelt sich um keine natürlich vorkommenden, sondern anthropogene, d.h. vom Menschen geschaffene Stoffe. Der Begriff „Perfluorierte Tenside“ (Perfluortenside, PFT) steht für mehrere Stoffgruppen, zu denen unter anderem Perfluorcarbonsäuren und Perfluorsulfonsäuren gehören, deren bekannteste Vertreter wiederum Perfluoroctansulfonsäure ( PFOS ) und Perfluoroctansäure ( PFOA ) sind. Die chemische Verbindung zwischen Kohlenstoff und Fluor (die daraus resultierenden sowohl lipophilen als auch hydrophilen Eigenschaften bedingen die Verwendung als Tensid) ist äußerst stabil und lässt sich nur unter hohem Energieaufwand trennen. Perfluorierte Verbindungen sind in der Umwelt nicht abbaubar, d.h. sie können im Rahmen herkömmlicher Abbauprozesse mit Wasser, Luft, Licht oder Bakterien nicht zerstört werden. Eine Entsorgung kann nur durch Hochtemperaturverbrennung mit Abluftreinigung erfolgen.
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Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wie Beständigkeit gegenüber UV-Strahlung und Verwitterung sowie Schmutz-, Farb-, Fett-, Öl- und Wasserabweisung finden PFT Verwendung in einer Vielzahl von Industrie- und Konsumprodukten. Die Hauptanwendungsgebiete liegen im Bereich der Oberflächenmodifizierung (antihaftbeschichtetes Kochgeschirr), der Papierveredelung und der Spezialchemie. Typische Produkte sind Textilien (wasserdichte und atmungsaktive Funktionskleidung und -schuhe), Sprays (für Ledermöbel, Kleidung und Schuhe), schmutz-, fett- und wasserabweisende Papiere und Verpackungen (Fast Food), Wandfarben, Haushaltsreinigungsmittel und Kosmetikartikel, Pflanzenschutzmittel, Feuerlöscher (mit filmbildenden Löschschäumen) und hydraulische Flüssigkeiten. Außerdem finden PFT in der chemischen Synthese, der Metallierung, der Foto- und Halbleiterindustrie sowie in der Medizintechnik Verwendung.
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Dass perfluorierte Verbindungen in die Umwelt gelangen, wurde erstmals in den 1970er Jahren beobachtet; seither erfolgte ein ständiger Anstieg, so dass PFT heute ubiquitär sind, d.h. weltweit in Gewässern (= abiotisches Vorkommen [Nachweis im Regenwasser in Schweden und im Meerwasser in der Arktis]), in der Atmosphäre sowie in Blut und Muttermilch von Tieren (= biotisches Vorkommen [Nachweis in der Leber von Eisbären und Robben in der Arktis, Nachweise in Muskel und Fett von Zuchtforellen sowie in der Leber von Meeresfrüchten]) und Menschen (zahlreiche Humanbiomonitorings in Europa und den USA/Kanada seit 2001 - Ergebnisse: höhere PFT-Gehalte im Blutplasma als in Muttermilch; Tendenz höherer PFT-Gehalte im Blut bei hohem Fischverzehr) nachgewiesen werden. Die gilt insbesondere für Perfluorcarbonsäuren und Perfluorsulfonsäuren bzw. deren Hauptvertreter PFOS und PFOA . Da diese Verbindungen in Deutschland nicht produziert werden, wird ihr allgegenwärtiger Nachweis in deutschen Gewässern mit dem Eintrag durch kommunale Abwässer (Rückschluss wiederum auf Herkunft aus Verbraucherprodukten wie etwa Textilien) erklärt. Nachweise von PFT im Trinkwasser lassen den Schluss zu, dass die Chemikalien aufgrund ihrer relativ hohen Löslichkeit und Persistenz mit dem Oberflächenwasserabfluss und mit dem Sickerwasser in tiefere Bodenschichten und ins Grundwasser gelangen.
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Die bislang beim Nachweis von PFT dominierenden Stoffe PFOA und PFOS sind in ihrer toxischen Wirkung im Tierversuch relativ gut untersucht. Hier erwiesen sie sich nach kurzzeitiger Belastung über die Nahrung, die Luft und die Haut als mäßig toxisch. In Langzeitstudien mit Ratten und Mäusen fördern beide Stoffe die Entstehung von Lebertumoren sowie Tumoren hormonabhängiger Organe (u.a. Bauchspeicheldrüse). Ferner stehen die fortpflanzungsgefährdenden Wirkungen von PFOS und PFOA fest. Da die jeweils zugrunde liegenden Wirkmechanismen noch nicht endgültig geklärt sind, lässt sich die Bedeutung der tierexperimentellen Ergebnisse für den Menschen jedoch noch nicht abschließend beurteilen. Zu beruflich belasteten Personen aus der Fluorindustrie liegen, bezogen auf PFOA , eine Vielzahl von Studien, auch Langzeitstudien, vor. In diesen wurde ein breites Spektrum an klinisch-chemischen Parametern sowohl im Rahmen einer Querschnittsbeobachtung als auch einer longitudinalen Analyse erfasst. Selbst im Falle sehr hoher PFOA-Gehalte im Blutserum von beruflich Langzeitexponierten wurden jedoch keine nachteiligen Veränderungen der klinisch-chemischen Parameter hervorgerufen. In Tierversuchen bei hohen Dosen ermittelte Wirkungen konnten folglich beim Menschen bisher nicht bestätigt werden. Die im menschlichen Blut gemessenen Werte lagen mehrere Größenordnungen unter den im Tierversuch wirksamen Konzentrationen. Allerdings wird angenommen, dass der Körper des Menschen den Stoffen wesentlich länger ausgesetzt ist („Halbwertszeit“ bei Ausscheidung durch den Menschen: 4 Jahre; „Halbwertszeit“ bei Ratten, Hunden und Affen: wenige Tage), sodass zusätzliche Studien zum Verhalten von PFT im Menschen für nötig erachtet werden. Auch wenn sie ausdrücklich betont, eine sichere Risikobewertung sei noch nicht möglich, so hat die amerikanische Umweltbehörde EPA den Stoff PFOA doch als „wahrscheinliches Konzerogen“ eingestuft.
38 
Die Trinkwasserkommission des Bundes hat einen „lebenslang gesundheitlich duldbaren Leitwert“ von 3 µg/l, ferner als Zielwert 0,1 µg /l für die Summe von PFT-Verbindungen ( PFOS / PFOA ) sowie den Wert von 0,5 µg/l als Grenze für die Zubereitung von Säuglingsnahrung empfohlen. Ferner hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) für den Verzehr von Fisch eine vorläufig tolerierbare tägliche Aufnahmemenge von 0,1 µg PFOS /kg Körpergewicht abgeleitet, den das BfR im Anschluss an die Ergebnisse einer britischen „Total Diet“-Studie aus dem Jahr 2004 durch andere Lebensmittel (Kartoffelprodukte, Eier, Süßwaren, Dosengemüse) bereits als möglicherweise ausgeschöpft betrachtet.
39 
(vgl. zum Vorstehenden: Umweltbundesamt, Februar 2007: Perfluorierte Verbindungen: Falscher Alarm oder berechtigte Sorge? [vorgelegt vom Antragsgegner, vgl. GAS. 87-109]; Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen [Bericht zur Landtagssitzung am 23.8.2006: PFT-Belastungen in NRW - Befunde und Auswirkungen, Maßnahmen und erste Schlussfolgerungen [Internetrecherche unter: http//www.munlv.nrw.de/ministerium/presse/presse_extra/pdf/pft_bericht.pdf]; Abteilung für Hygiene, Sozial- und Umweltmedizin der Ruhr-Universität Bochum, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW: Querschnittsstudie zur Untersuchung der inneren Belastung von Mutter-Kind-Paaren und Männern in Gebieten erhöhte Trinkwasserbelastung mit Perfluorierten Verbindungen - Darstellung erster Ergebnisse, 15.3.2007 [Internetrecherche unter: http//www.munlv.nrw.de/ministerium/presse/presse_extra/pdf/arnsberg.pdf]; Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), März 2007: Perfluorierte Tenside in Lebensmitteln [Internetrecherche unter: http//www.bfr.bund.de/cm/232/perfluorierte_tenside_in_lebensmitteln.pdf]; Fachinformationsdienst des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit, Dezember 2006: Perfluorierte Verbindungen - Mögliche Risiken für Mensch und Umwelt [Internetrecherche unter: http//www.gsf.de/flugs/neu/pdf/Perfluorierte-Verbindungen.pdf]; Informationsangebot Allergie, Umwelt und Gesundheit (ALLUM), erstellt von der gemeinnützigen Kinderumwelt GmbH, einer Einrichtung des Dachverbandes der Deutschen Kinderärzte, August 2007: Perfluorierte Verbindungen [Internetrecherche unter: http//www.allum.de > Stoffe & Auslöser > Perfluorierte Verbindungen]).
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Die EU hat sich mittlerweile der PFT-Problematik angenommen und zwecks Schutzes der Gesundheit und der Umwelt das Inverkehrbringen und die Verwendung von PFOS ab dem 27.7.2008 - bezogen auf neue Erzeugnisse (Ausnahme: vorhandene Bestände an Feuerlöschschäumen) - verboten. Hierzu erging am 12.12.2006 die Richtlinie 2006/122/EG zur Änderung der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts - und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (Perfluoroctansulfonate) . PFOS erfüllen die sog. PBT-Kriterien der EU, weil sie neben ihrer Persistenz (P) und Toxizität (T) auch eine hochgradige Anreicherung (B = Bioakkumulation) in aquatischen Organismen aufweisen (vgl. ersten Erwägungsgrund der Richtlinie). Laut Erwägungsgrund 3 der Richtlinie hat der Wissenschaftliche Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“ festgestellt, dass PFOS ferner das Potenzial zum weiträumigen Transport in der Umwelt und für schädliche Auswirkungen besitzen, sodass sie den Kriterien für die Einstufung als persistente organische Schadstoffe (POP - „Persistent Organic Pollutants“) im Sinne des Stockholmer Übereinkommens genügen. Gerade PFOS ist der Parameter, der bei den Probenahmen im Regierungsbezirk ... bei den Einzelparametern deutlich hervorstach (vgl. Tabelle VAS. 3: ... (Schwarzwald-Baar-Kreis): PFOA < 2,0 µg/kg; PFOS 5.130 µg/kg ; ... (Landkreis Rottweil): PFOA 5,9 µg/kg; PFOS 1.806 µg/kg ; ... (Schwarzwald-Baar-Kreis): PFOA < 2,0 µg/kg; PFOS 294 µg/kg ; ... (Landkreis Rottweil): PFOA 3,1 µg/kg; PFOS 193 µg/kg ;... (Landkreis Rottweil): PFOA < 2,0 µg/kg; PFOS 187 µg/kg ; ... = ... (Landkreis Rottweil): PFOA 13,0 µg/kg; PFOS 162 µg/kg ).Gemäß dem siebten Erwägungsgrund der RiL 2006/122/EG wird vermutet, dass Perfluoroctansäure ( PFOA ) und ihre Salze ein ähnliches Risikoprofil wie PFOS aufweisen; laufende Risikobewertungstätigkeiten und die Verfügbarkeit weniger bedenklicher Alternativen müssten daher fortdauernd überprüft werden.
41 
bb.) Auf der Grundlage der Ausführungen unter aa.) drängt es sich nahezu auf, dass eine bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm mit PFT-Gehalten - vorbehaltlich des noch zu bestimmenden Belastungsausmaßes (zum Warnwert sogleich) - Gewässer und Boden schädlich beeinflusst. Das Gebot des Schutzes vor schädlicher Beeinflussung von Gewässern entspricht dem wasserrechtlichen Besorgnisgrundsatz (§§ 1a, 26 Abs. 2, 34 Abs. 2 WHG), d.h. es gilt ein strenger, gewässerschutzfreundlicher Maßstab derart, dass es zur Verneinung einer Besorgnis nach menschlichem Ermessen unwahrscheinlich sein muss, dass nachteilige Veränderungen des Gewässers eintreten (Sparwasser/Engel/Voßkuhle, a.a.O., § 11 Rdnr. 301 bzw. § 8 Rdnr. 216). Soweit es um Bodenschutz geht, schützt das Abfallrecht nicht anders als das Bodenschutzrecht alle ökologischen Bodeneigenschaften und -funktionen (Beckmann/Kersting, a.a.O. § 10 Rdnr. 135), sodass auf die entsprechenden materiellen Schutzstandards des BBodSchG zurückgegriffen werden kann.
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Bezogen auf den Wasserkreislauf besitzt Boden u.a. die Fähigkeit, Niederschlagswasser aufzunehmen und es als Sickerwasser nach der Bodenpassage an das Grundwasser und/oder die Oberflächengewässer abzugeben. Er schützt aufgrund seiner Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften zugleich das Grundwasser und die Oberflächengewässer vor Schadstoffeinträgen. Diese Funktion ist beeinträchtigt, wenn in den Boden Stoffe eingetragen werden, die mangels Abbaubarkeit bzw. aufgrund ihrer Mobilität mit durchsickerndem Niederschlagswasser in den Wasserkreislauf gelangen und geeignet sind, dort Gefahren oder erhebliche Nachteile bzw. nachteilige Veränderungen der Wassereigenschaften zu bewirken. Substanzen wie PFT gehören nicht in ein Gewässer und noch weniger in das regelmäßig der Trinkwasserversorgung dienende Grundwasser. Wird PFT in kritischer Menge enthaltender Klärschlamm aufgebracht bzw. eingearbeitet, folgen daraus sowohl schädliche Bodenveränderungen i.S.v. § 2 Abs. 3 BBodSchG als auch nachteilige Veränderungen der Eigenschaften von Wasser i.S.v. § 1a WHG. Denn aufgrund der relativ hohen Wasserlöslichkeit wird PFT relativ zügig mit dem Sickerwasser in tiefere Bodenschichten und in das Grundwasser verlagert. Es entspricht insbesondere den Wertungen des Bodenschutz- und Wasserrechts, bei wasserlöslichen Schadstoffen einem sukzessiven Austrag in Gewässer effektiv entgegenzuwirken, selbst dann, wenn sich als Folge des Zutritts großer Wassermengen Verdünnungen ergeben könnten. Nach dem oben zu den Stoffeigenschaften Dargelegten kann die Ausbreitung bzw. weitere Anreicherung von Perfluortensiden in den Medien Boden und Wasser nicht hingenommen werden. Persistenz, Bioakkumulation und Toxizität bergen erhebliche Gesundheitsrisiken für den Menschen. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund einer wohl bereits (welt)weiten Verbreitung im Körper von Menschen, weil es durch jede zusätzliche Aufnahme zum Anstieg der Gesamtbelastung an PFT kommt (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 3.11.2006 - 20 B 2273/06 - Juris, sowie vorangehend VG Arnsberg, Beschl. v. 6.10.2006 - 14 L 943/06 - Juris, betreffend die PFT-Belastung von Boden im Einzugsbereich der Möhne und des Wasserwerks „Möhnebogen“]) Angesichts bislang noch bestehender Erkenntnis- bzw. Datenlücken darf schließlich davon ausgegangen werden, dass durch ein bodenbezogenes Klärschlammverwertungsverbot auch vor Belastungen durch weitere - bislang noch nicht bestimmbare bzw. noch nicht in ihrer Wirkung untersuchte - Substanzen der PFT-Stoffgruppe geschützt werden kann (vgl. die Pressemitteilung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 3.8.2007 nebst PDF-Anhang [abrufbar im Internet unter: www.um-baden-wuerttemberg.de > Service und Information > Presseservice > Pressemitteilungen > PM_20070803_1]: Danach wurden in Einzelfällen neben den Leitkomponenten PFOS und PFOA auch höhere Werte für Perfluorbutansulfonat , Perfluordecansäure , Perfluorhexansulfonat, Perfluornonansäure, Perfluorundecansäure und 1H,1H,2H,2H-Perfluoroctansulfonat festgestellt).
43 
Eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit dann anzunehmen, wenn Klärschlamm mit bestimmten PFT-Gehalten - ausgedrückt im nunmehr schon mehrfach genannten Warnwert - bodenbezogen verwertet wird, ist schließlich ebenfalls aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden. Die im Klärschlamm in Baden-Württemberg ermittelten Werte (bis etwas über 5.000 µg /kg Trockensubstanz) liegen zwar deutlich unter denjenigen, die in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Möhnetalsperre mit fast 100.000 µg /kg Trockensubstanz zu Belastungen von Grund-, Trink- und Oberflächenwasser geführt haben. Nach Untersuchungen aus NRW sind jedoch PFT-Gehalte im Klärschlamm ab 100 µg /kg Trockensubstanz nicht mehr für eine bodenbezogene Verwertung geeignet, weil ab diesem Wert ein deutlich gestiegenes Risiko für die Auswaschung aus dem Boden in Richtung Grundwasser besteht (vgl. die Pressemitteilung des Umweltministeriums Baden-Württemberg vom 3.8.2007, a.a.O.). Es kann dahinstehen, ob den Behörden bei der Auslegung des Begriffes des Wohls der Allgemeinheit - zumal im Kontext naturwissenschaftlicher Erkenntnisprobleme - ein Beurteilungsspielraum zusteht (in diesem Sinne sowie folglich für eine nur eingeschränkte gerichtliche Kontrollmöglichkeit: Beckmann/Kersting, a.a.O. § 10 Rdnr. 120; andere Ansicht: Sparwasser/Engel/Voßkuhle, a.a.O., § 11 Rdnr. 298). Selbst im Fall einer uneingeschränkten Überprüfung kann vorliegend nämlich nicht festgestellt werden, dass dieser Warnwert fehlerhaft wäre. Angesichts fehlender (normativer) Grenzwerte bedarf es eines nach dem jeweils aktuellen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand zu bestimmenden Vorgehens. Auch dass es sich hierbei um einen Vorsorgewert handelt, ist nicht zu beanstanden. § 10 Abs. 4 Satz 2 Krw-/AbfG differenziert nicht zwischen Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge. Die Allgemeinwohlverträglichkeit der Abfallbeseitigung ist dem Vorsorgegrundsatz verpflichtet (Beckmann/Kersting, a.a.O., § 10 Rdnr. 124). Für die Abfallverwertung folgt Entsprechendes aus dem Gebot der Schadlosigkeit und der Vermeidung von Schadstoffanreicherungen (§ 5 Abs. 3 Satz 3 Krw-/AbfG). Das gilt umso mehr, als der mediale Schutz von Boden und (Grund)Wasser untrennbar mit dem Schutzgut der menschlichen Gesundheit verbunden ist.
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2. Zur Rechtsfolgenseite des § 21 Krw-/AbfG
45 
Die beiden verfügten Maßnahmen (Verbot bodenbezogener Verwertung sowie Gebot ordnungsgemäßer Entsorgung) sind schließlich ebenfalls aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings steht der zuständigen Behörde regelmäßig Ermessen zu. Im Blick auf die Begründung des angefochtenen Bescheids sind Erwägungen hierzu kaum ersichtlich. Nach Auffassung der Kammer ist das jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit unschädlich, weil vorliegend eine Ermessensreduktion auf Null vorgelegen haben dürfte. Hinsichtlich des Ob des Einschreitens folgt dies letztlich aus den Darlegungen zur Tatbestandsseite, wonach eine Beeinträchtigung des Allgemeinwohls vorliegt und der in nicht zu beanstandender Weise festgelegte Warnwert vom Klärschlamm der Antragstellerin überschritten wurde.
46 
Auch hinsichtlich des Adressaten der Maßnahme hat für das Landratsamt keine Alternative bestanden. Die Antragstellerin ist Abfallbesitzer. Auch der, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftragt und diesem hierzu den Besitz daran überträgt, bleibt weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich. Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz betont - im Interesse einer umweltverträglichen Abfallwirtschaft - die Eigenverantwortlichkeit von Erzeugern und Besitzern von Abfällen. Diesen wird insbesondere die Pflicht auferlegt, die Abfälle ordnungsgemäß zu verwerten (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KrW-/AbfG) oder zu entsorgen (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Damit wird die Verantwortlichkeit für die Abfallentsorgung in die Hände der privaten Erzeuger und Besitzer gelegt. Das Gesetz trägt hierdurch dem Verursacherprinzip Rechnung, das allgemein im Umweltrecht gilt (BVerwG, Urt. v. 28.6.2007 - 7 C 5/07 - Juris). Mit Blick auf Ausgangs- bzw. Entstehungsort des belasteten Klärschlamms (Kläranlage ...) ist die Antragstellerin derjenige, der die unmittelbarste Einwirkungsmöglichkeit besitzt. Anders als die Firma ... ist die Antragstellerin darüber hinaus auch Erzeuger des Abfalls (vgl. § 3 Abs. 5 Krw-/AbfG).
47 
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, das Landratsamt habe vorrangig den/die Verursacher der PFT-Belastungen heranziehen müssen, greift dieser Einwand nicht durch. Selbstredend wird das Landratsamt im Rahmen einer effektiven Vorsorge und Gefahrenabwehr entsprechende Ermittlungen zum Ursprung der PFT-Eintrags in das der Kläranlage zufließende Abwasser anstellen müssen. Wie das Umweltministerium Baden-Württemberg in der Pressemitteilung vom 3.8.2007 (a.a.O.) darlegt, ermitteln bei Kläranlagen mit PFT-Gehalten über 100 μg/kg im Klärschlamm die zuständigen Wasserbehörden gemeinsam mit Anlagenbetreibern und den für die Industriebetriebe zuständigen Aufsichtsbehörden die Ursachen für die erhöhten PFT-Werte, unabhängig davon, ob der Klärschlamm bodenbezogen verwertet wurde. Es ist nämlich nach bisherigen Erkenntnissen davon auszugehen, dass bei einer signifikanten Belastung des Klärschlamms auch das Abwasser der Kläranlage erhöhte PFT-Werte aufweisen kann. Mit Blick auf das oben zu den Stoffeinsatzgebieten Dargelegte kann wohl davon ausgegangen werden, dass PFT hauptsächlich aus gewerblichen Betrieben stammen. Unabhängig davon kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass die Tatsache belasteten Klärschlamms parallelen Handlungsbedarf gegenüber der Antragstellerin nach sich zieht.
48 
Dass der Antragsgegner schließlich in anderen Fällen der Warnwertüberschreitung kommunaler Klärschlämme (s. Tabelle VAS. 3 und oben Seite 15) ebenfalls eingeschritten ist und nicht etwa eine andere (Adressaten- und Maßnahme)Praxis verfolgt, hat er plausibel dargetan. Alleiniges „Unterscheidungskriterium“ des vorliegenden Falles ist nach seinen Ausführungen der Umstand, dass die Antragstellerin der einzige Adressat ist, der die Verfügung angefochten hat.
49 
Die Wahl der Maßnahme ist schließlich rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Wegen des oben unter I. zur Tatbestandsseite Dargelegten drängt es sich wohl auf, dass das Verbot einer bodenbezogenen Verwertung geeignet ist. Ein die Antragstellerin geringer belastender Eingriff ist nicht erkennbar. Insbesondere gibt es derzeit keine Anhaltspunkte für eine sonstige ungefährliche stoffliche Verwertung (z.B. in Lärmschutzwällen mit mineralischer Oberflächenabdichtung von geringem Wasserdurchlässigkeitsbeiwert und darüberliegender Rekultivierungsschicht; Straßendämmen mit wasserundurchlässiger Fahrbahndecke und im Böschungsbereich dem Lärmschutzwall entsprechender Abdichtung; Straßen- und Wegebau, Anlage von befestigten Flächen in Industrie- und Gewerbegebieten sowie sonstigen Verkehrsflächen als Tragschicht unter wasserundurchlässiger Deckschicht [Beton, Asphalt, Pflaster] - bzw. als gebundene Tragschicht unter wenig durchlässiger Deckschicht [Pflaster, Platten] - vgl. zu solchen Beispielen im Kontext des Bodenschutzrechts: VG Frankfurt/Oder, Beschl. v. 12.9.2006 - 7 L 265/05 - Juris). Die - sicher fachkundig durch die ... beratene - Antragstellerin hat solches jedenfalls nicht substanziiert vorgetragen. Einzelheiten hierzu könnten ggf. noch im Widerspruchsverfahren geklärt werden. Im summarischen Verfahren besteht kein Anlass, dem Widerspruch deshalb bzw. insoweit aufschiebende Wirkung beizumessen. Folglich bedarf es daher der ferner verfügten ordnungsgemäßen Entsorgung, wobei der thermische Weg (Mitverbrennung, Monoverbrennung, möglicherweise auch Schmelzen und Nassoxidation) im Fall einer Warnwertüberschreitung angezeigt ist, um PFT unschädlich zu machen. Durch die Maßgabe des „Angezeigt-seins“ ist der Antragstellerin auch noch der Weg einer anderen unschädlichen (nichtthermischen) Entsorgung eröffnet (z.B. Verwertung als Zuschlagstoff in der Zementindustrie und in Asphaltmischwerken), sollte dieser nachgewiesenermaßen keine Beeinträchtigung des Wohles der Allgemeinheit nach sich ziehen.
50 
Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Verfügung bestehen schließlich ebenfalls nicht und sind auch nicht vorgetragen worden. Zwar kann die angefochtene Regelung unter Berücksichtigung eines objektivierten Empfängerhorizonts nicht dahin verstanden, dass das Verbot einer bodenbezogenen Verwertung von überschüssigem Klärschlamm „nur“ unter der Bedingung gelten soll, dass der Warnwert überschritten wird. Im Rahmen einer Dauerregelung wird vielmehr nämlich die bodenbezogene Verwertung von Klärschlamm völlig verboten, mithin auch dann, wenn Warnwertunterschreitungen vorliegen sollten. Gleichwohl lässt die Verfügung aufgrund ihrer Fassung („… darf bis auf weiteres nicht vorgenommen werden …“) der Antragstellerin Raum dafür, eine Unbedenklichkeit des Klärschlammes nachzuweisen. Ob dies allerdings angesichts der Heterogenität des Schlammes und der Abhängigkeit seines Inhalts von der Qualität der Abwässer überhaupt in fachlich einwandfreier Weise möglich wäre, ist fraglich.
51 
Rechtlich Unmögliches wird ferner von der Antragstellerin nicht verlangt. Zwar sieht der Vertrag zur Klärschlammtrocknung zwischen dem AZV und der Firma ... vor, dass u.a. auch der Klärschlamm aus der kommunalen Kläranlage ... ausschließlich ... anzudienen ist und durch diese behandelt und verwertet wird (vgl. § 2 Abs. 1). § 3 Abs. 5 des Vertrages bestimmt jedoch, dass im Fall von die Leistungsfähigkeit der Anlage übersteigenden Anliefermengen keine Andienungspflicht besteht. Soweit sich die Sachlage vorliegend darstellt, handelt es sich bei den bislang bodenbezogen verwerteten Klärschlämmen sowie bei etwaigen künftigen Mengen gerade um solche, die nicht in der Anlage der Firma ... behandelt werden konnten/können (vgl. die Stellungnahme der Firma ... vom 25.7.2007). Für einen „Entsorgungsnotstand“, den die Verfügung ausgelöst hätte, ist schließlich ebenfalls nichts vorgetragen. Dagegen würde überdies sprechen, dass andere Kläranlagenbetreiber entsprechende Verfügungen akzeptiert haben.
52 
Angesichts dieser - wenngleich summarisch geprüften - Sachlage sowie aufgrund der rechtlichen Erwägungen ist schließlich auch das vom Antragsgegner geltend gemachte öffentliche Sofortvollzugsinteresse gegeben.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. einer Halbierung des Auffangwertes. Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung richten sich nach § 68 GKG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 04. Okt. 2007 - 1 K 1618/07

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


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(2) Das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich Wiedernutzbarmachung ist zulässig, wenn

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insbesondere nach Art, Menge, Schadstoffgehalten und physikalischen Eigenschaften der Materialien sowie nach den Schadstoffgehalten der Böden am Ort des Auf- oder Einbringens die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen gemäß § 7 Satz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und § 9 dieser Verordnung nicht hervorgerufen wird und
-
mindestens eine der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird.
Die Zwischenlagerung und die Umlagerung von Bodenmaterial auf Grundstücken im Rahmen der Errichtung oder des Umbaus von baulichen und betrieblichen Anlagen unterliegen nicht den Regelungen dieses Paragraphen, wenn das Bodenmaterial am Herkunftsort wiederverwendet wird.

(3) Die nach § 7 des Bundes-Bodenschutzgesetzes Pflichtigen haben vor dem Auf- und Einbringen die notwendigen Untersuchungen der Materialien nach den Vorgaben in Anhang 1 durchzuführen oder zu veranlassen. Die nach § 10 Abs. 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes zuständige Behörde kann weitere Untersuchungen hinsichtlich der Standort- und Bodeneigenschaften anordnen, wenn das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung zu besorgen ist; hierbei sind die Anforderungen nach DIN 19731 (Ausgabe 5/98) zu beachten.

(4) Bei landwirtschaftlicher Folgenutzung sollen im Hinblick auf künftige unvermeidliche Schadstoffeinträge durch Bewirtschaftungsmaßnahmen oder atmosphärische Schadstoffeinträge die Schadstoffgehalte in der entstandenen durchwurzelbaren Bodenschicht 70 Prozent der Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nr. 4 nicht überschreiten.

(5) Beim Aufbringen von Bodenmaterial auf landwirtschaftlich einschließlich gartenbaulich genutzte Böden ist deren Ertragsfähigkeit nachhaltig zu sichern oder wiederherzustellen und darf nicht dauerhaft verringert werden.

(6) Bei der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht für eine landwirtschaftliche Folgenutzung im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich Wiedernutzbarmachung soll nach Art, Menge und Schadstoffgehalt geeignetes Bodenmaterial auf- oder eingebracht werden.

(7) Die Nährstoffzufuhr durch das Auf- und Einbringen von Materialien in und auf den Boden ist nach Menge und Verfügbarkeit dem Pflanzenbedarf der Folgevegetation anzupassen, um insbesondere Nährstoffeinträge in Gewässer weitestgehend zu vermeiden. DIN 18919 (Ausgabe 09/90) ist zu beachten.

(8) Von dem Auf- und Einbringen von Materialien sollen Böden, welche die Bodenfunktionen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes im besonderen Maße erfüllen, ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für Böden im Wald, in Wasserschutzgebieten nach § 51 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes, in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Biosphärenreservaten, Naturdenkmälern, geschützten Landschaftsbestandteilen, Natura 2000-Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie für die Böden der Kernzonen von Naturschutzgroßprojekten des Bundes von gesamtstaatlicher Bedeutung. Die fachlich zuständigen Behörden können hiervon Abweichungen zulassen, wenn ein Auf- und Einbringen aus forst- oder naturschutzfachlicher Sicht oder zum Schutz des Grundwassers erforderlich ist.

(9) Beim Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden sollen Verdichtungen, Vernässungen und sonstige nachteilige Bodenveränderungen durch geeignete technische Maßnahmen sowie durch Berücksichtigung der Menge und des Zeitpunktes des Aufbringens vermieden werden. Nach Aufbringen von Materialien mit einer Mächtigkeit von mehr als 20 Zentimetern ist auf die Sicherung oder den Aufbau eines stabilen Bodengefüges hinzuwirken. DIN 19731 (Ausgabe 5/98) ist zu beachten.

(10) In Gebieten mit erhöhten Schadstoffgehalten in Böden ist eine Verlagerung von Bodenmaterial innerhalb des Gebietes zulässig, wenn die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nicht zusätzlich beeinträchtigt werden und insbesondere die Schadstoffsituation am Ort des Aufbringens nicht nachteilig verändert wird. Die Gebiete erhöhter Schadstoffgehalte können von der zuständigen Behörde festgelegt werden. Dabei kann die zuständige Behörde auch Abweichungen von den Absätzen 3 und 4 zulassen.

(11) § 5 Abs. 6 bleibt unberührt.

(12) Absatz 3 gilt nicht für das Auf- und Einbringen von Bodenmaterial auf die landwirtschaftliche Nutzfläche nach lokal begrenzten Erosionsereignissen oder zur Rückführung von Bodenmaterial aus der Reinigung landwirtschaftlicher Ernteprodukte.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. November 2004 - 6 K 3466/04 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt.

Gründe

 
Die - zulässige - Beschwerde hat keinen Erfolg. Ebenso wie das Verwaltungsgericht  hat der Senat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Baueinstellungsverfügung und Zwangsgeldandrohung des Landratsamtes Göppingen vom 29.4.2004, um deren (sofortige) Vollziehbarkeit vorliegend gestritten wird.
Der Antragsteller beanstandet zu Unrecht, die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Baueinstellung sei nicht ausreichend begründet worden. Nach § 80 Abs. 3 VwGO bedarf eine solche Anordnung zwar einer besonderen Begründung, an deren Inhalt allerdings keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl.: Eyermann/Jörg Schmidt, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80 RdNr. 43). Dies gilt gerade auch bei Baueinstellungen nach § 64 Abs. 1 LBO, mit denen sichergestellt werden soll, dass keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer wieder rückgängig gemacht werden können (vgl.: Sauter, LBO, § 64 RdNr. 1). Sie sind in aller Regel für sofort vollziehbar zu erklären (Senatsurteil vom 1.2.1993 - 8 S 1594/92 - VBlBW 1993, 431 m.w.N.), ohne dass es eines Eingehens auf den konkreten Einzelfall bedarf, da sich das besondere öffentliche Interesse unabhängig vom Einzelfall aus der Art der getroffenen Maßnahme und ihrem generellen Zweck ergibt (vgl.: Sauter, a.a.O., RdNr. 40).
Nach diesen Maßstäben begegnet die Begründung der Sofortvollzugsanordnung im Bescheid des Landratsamts Göppingen vom 29.4.2004 keinen durchgreifenden Bedenken. Denn es wird dort ausdrücklich darauf Bezug genommen,  es gelte zu verhindern, dass die Baurechtsbehörde und die Nachbarn vor vollendete Tatsachen gestellt würden.
Auch in der Sache sind die Einwände des Antragstellers nicht berechtigt. Er verkennt insbesondere, dass § 64 Abs. 1 Nr. 1 LBO nicht erst dann eine Baueinstellung rechtfertigt, wenn feststeht, dass die Bauarbeiten einem rechtswidrigen Vorhaben dienen. Vielmehr reicht für ihren Erlass der durch Tatsachen belegte „Anfangsverdacht“ eines formellen oder materiellen Rechtsverstoßes der betreffenden Anlage aus (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.12.1993 - 3 S 507/93 - VBlBW 1994, 196; Beschluss des Senats vom 22.9.2003 - 8 S 1970/03 -; Sauter, LBO, § 64 RdNr. 28). Die Bauarbeiten dürfen demgemäß schon dann gestoppt werden, wenn die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit oder jedenfalls der Notwendigkeit einer Ausnahmeerteilung ernstlich zweifelhaft ist (Beschlüsse des Senats vom 20.9.1988 - 8 S 2171/88 - und vom 22.9.2003, a.a.O.; Thür. OVG, Beschluss vom 29.11.1999 - 1 EO 658/99 - NVwZ-RR 2000, 578).
Solche Zweifel mussten sich vorliegend aufgrund der im Rahmen der Baukontrolle vom 28.4.2004 getroffenen Feststellungen aufdrängen. Denn danach war auf dem Baugrundstück ein Baukörper bis zur Rohbaureife gediehen, der nach seinem ganzen Gepräge, insbesondere aufgrund der großen Fensteröffnungen und der darüber angebrachten Rolladenkästen den Eindruck eines Wohngebäudes vermittelte. Das zeigen die damals aufgenommenen Fotografien ( /35 der Verfahrensakten) in aller Deutlichkeit. Bei unbefangener Betrachtung konnte deshalb niemand davon ausgehen, hier entstehe eine Nebenanlage i.S.d. § 14 BauNVO oder eine nach § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO privilegierte Grenzgarage und damit eine auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche gemäß § 23 Abs. 5 BauNVO zulässige bauliche Anlage. Dieser Eindruck wird nachdrücklich bestätigt durch die im Kenntnisgabeverfahren nach § 51 LBO eingereichten Bauvorlagen. Denn danach überragt das errichtete „Garagengebäude“, das mit einer Nutzfläche von 91,46 m 2 schon in der Fläche größer ist als jede der beiden Doppelhaushälften, denen es zugeordnet sein soll, das geplante Hauptgebäude in der Höhe um etwa 0,50 m. Von einer räumlich-gegenständlichen Unterordnung, die Voraussetzung für das Vorliegen einer Nebenanlage wäre (vgl.: Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl. 2002, § 14 RdNrn. 3 und 5 m.w.N.), kann danach keine Rede sein. Noch weniger nachvollziehbar ist die Darstellung des Antragstellers, dass es sich bei dem Gebäude um eine privilegierte Grenzgarage handle. Denn aus der „Ansicht Süd (Nachbar)“ ergibt sich, dass die Grenzwand auch an ihrem höchsten Punkt die nach § 6 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBO maximal zulässige Höhe von 3 m um 0,19 m übersteigt. Die Schnittzeichnung lässt sogar noch eine weit höhere Überschreitung erkennen. Zwar betrug wohl auch schon in der ursprünglich eingereichten Flachdachplanung, deren Ausführung die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26.11.2003 freigab, die Höhe der Grenzwand mehr als 3 m. Das Maß der Überschreitung dürfte sich aber durch die im Zuge des Aufsetzens eines Satteldachs eingetretene Erhöhung vergrößert haben, wie aus einem Vergleich der beiden Schnittzeichnungen folgen dürfte. In jedem Falle aber reichte der äußere Eindruck auch unter Berücksichtigung der eingereichten Bauvorlagen für den genannten „Anfangsverdacht“ eines Baurechtsverstoßes, der eine Baueinstellung rechtfertigte, aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist, soweit durch Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt ist, nicht erforderlich für die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder die durch ihn berechtigte Person für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Der Eigentümergebrauch umfasst nicht das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer. § 25 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Die Eigentümer der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger) dürfen oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung nach Maßgabe des Absatzes 1 benutzen.

(3) An Bundeswasserstraßen und an sonstigen Gewässern, die der Schifffahrt dienen oder künstlich errichtet sind, findet ein Gebrauch nach Absatz 2 nicht statt.

(1) Für diese Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen der Absätze 2 bis 19.

(2) Klärschlamm ist ein Abfall aus der abgeschlossenen Behandlung von Abwasser in Abwasserbehandlungsanlagen, der aus Wasser sowie aus organischen und mineralischen Stoffen, ausgenommen Rechen-, Sieb- und Sandfangrückständen, besteht, auch wenn der Abfall entwässert oder getrocknet sowie in Pflanzenbeeten oder in sonstiger Form behandelt worden ist. Kein Klärschlamm ist ein aus Klärschlamm gewonnener Stoff, der durch Behandlungsverfahren so verändert worden ist, dass klärschlammtypische, stoffcharakteristische Merkmale nicht mehr vorhanden sind.

(3) Rohschlamm ist nicht stabilisierter oder teilstabilisierter Schlamm, der Abwasserbehandlungsanlagen vor Abschluss der Abwasserbehandlung entnommen wird.

(4) Abwasser ist

1.
häusliches und kommunales Abwasser, das in den Anwendungsbereich des Anhangs 1 der Abwasserverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juni 2004 (BGBl. I S. 1108, 2625), die zuletzt durch Artikel 121 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, fällt, und
2.
Abwasser, das in einer betriebseigenen Abwasserbehandlungsanlage behandelt wurde und in seiner stofflichen Zusammensetzung mit dem Abwasser nach Nummer 1 vergleichbar ist.

(5) Abwasserbehandlungsanlage ist eine ortsfeste Einrichtung, in der die Schädlichkeit des Abwassers physikalisch, biologisch oder chemisch vermindert oder beseitigt wird.

(6) Kleinkläranlage ist eine Abwasserbehandlungsanlage, aus der weniger als acht Kubikmeter je Tag Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser eingeleitet wird.

(7) Klärschlammgemisch ist ein Gemisch aus Klärschlamm und anderen Materialien nach Anlage 2 Tabelle 7 und 8 der Düngemittelverordnung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2482), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung; kein Klärschlammgemisch ist ein Gemisch aus verschiedenen Klärschlämmen.

(8) Klärschlammkompost ist ein Stoff, der durch den gesteuerten biologischen Abbau der organischen Substanz eines Klärschlammgemischs unter aeroben Bedingungen entsteht.

(9) Klärschlammbehandlung umfasst Maßnahmen zur biologischen, physikalischen oder chemischen Stabilisierung von Klärschlamm.

(10) Abgabe von Klärschlamm ist

1.
die Abgabe des Klärschlamms durch den Klärschlammerzeuger an den Klärschlammnutzer, den Gemischhersteller oder den Komposthersteller sowie
2.
die Abgabe des hergestellten Klärschlammgemischs oder des hergestellten Klärschlammkomposts durch den Gemischhersteller oder den Komposthersteller an den Klärschlammnutzer.
Keine Abgabe von Klärschlamm ist eine Zwischenlagerung der in Satz 1 Nummer 1 und 2 genannten Stoffe durch den Klärschlammerzeuger, den Gemischhersteller oder den Komposthersteller oder durch einen Dritten, der von einer dieser Personen mit der Zwischenlagerung beauftragt ist.

(11) Klärschlammerzeuger ist der Betreiber einer Abwasserbehandlungsanlage.

(12) Gemischhersteller ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die ein Klärschlammgemisch herstellt.

(13) Komposthersteller ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die Klärschlammkompost herstellt.

(14) Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind pflanzenbaulich genutztes Ackerland, gartenbaulich genutzte Flächen, Grünland, Dauergrünland, Obstflächen, Flächen, die der Erzeugung schnellwüchsiger Forstgehölze zur energetischen Nutzung dienen, weinbaulich genutzte Flächen, Hopfenflächen und Baumschulflächen; zur landwirtschaftlich genutzten Fläche gehören auch befristet aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommene Flächen, soweit diesen Flächen Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate oder Pflanzenhilfsmittel zugeführt werden. Nicht zu landwirtschaftlich genutzten Flächen gehören Flächen in geschlossenen oder bodenunabhängigen Kulturverfahren sowie Flächen in Gewächshäusern, soweit durch eine gesteuerte Wasserzufuhr eine Auswaschung von Nährstoffen verhindert wird.

(15) Böden bei Maßnahmen des Landschaftsbaus sind Flächen,

1.
die ohne land- oder forstwirtschaftliche Nutzung gepflegt werden oder
2.
auf denen eine durchwurzelbare Bodenschicht hergestellt wird.
Zu den Böden des Landschaftsbaus zählen insbesondere Rekultivierungsflächen, Straßenbegleitflächen, Dämme, Lärmschutzwälle und Sportanlagen sowie innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegene öffentliche Parkanlagen.

(16) Importeur ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung, die Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost zur Verwertung auf oder in einen Boden in den Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verbringt oder verbringen lässt. Kein Importeur ist, wer lediglich einen Transitverkehr durchführt, bei dem keine Behandlung oder Verarbeitung des Klärschlamms, Klärschlammgemischs oder Klärschlammkomposts durchgeführt wird.

(17) Klärschlammnutzer ist jede natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung als Eigentümer oder Pächter eines Bodens, auf oder in den Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost auf- oder eingebracht wird oder werden soll.

(18) Beförderer ist jede natürliche oder juristische Person, die gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen und damit aus Anlass einer gewerblichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit, die nicht auf die Beförderung von Klärschlamm gerichtet ist, Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost mit Fahrzeugen zur Güterbeförderung befördert. Die Beförderung schließt auch eine grenzüberschreitende Verbringung ein. Beförderer ist auch der Importeur, der Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost selbst verbringt.

(19) Das erstmalige Auf- oder Einbringen von Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost auf oder in einen Boden bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem zum ersten Mal Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost nach dem 1. April 1983 auf- oder eingebracht wurde.

(1) Diese Verordnung regelt

1.
das Auf- oder Einbringen von Klärschlamm, Klärschlammgemisch und Klärschlammkompost zur Verwertung als Stoff nach § 2 Nummer 1 und 6 bis 8 des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 (BGBl. I S. 54, 136), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. Mai 2017 (BGBl. I S. 1068) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, auf oder in einen Boden
a)
mit landwirtschaftlicher Nutzung,
b)
bei Maßnahmen des Landschaftsbaus,
c)
mit einer Nutzung zu forstwirtschaftlichen Zwecken und
d)
mit einer Nutzung als Haus-, Nutz- oder Kleingarten;
2.
die Abgabe von Klärschlamm zur Herstellung eines Klärschlammgemischs oder eines Klärschlammkomposts;
3.
die Abgabe von Klärschlamm, Klärschlammgemisch und Klärschlammkompost zu den in Nummer 1 genannten Zwecken;
4.
die Behandlung und Untersuchung solchen Klärschlamms, Klärschlammgemischs und Klärschlammkomposts sowie
5.
die Untersuchung des Bodens, auf oder in den Klärschlamm, Klärschlammgemisch und Klärschlammkompost auf- oder eingebracht werden sollen.

(2) Diese Verordnung gilt für

1.
Klärschlammerzeuger,
2.
Gemischhersteller,
3.
Komposthersteller,
4.
Klärschlammnutzer,
5.
Träger der Qualitätssicherung im Sinne des § 12 Absatz 5 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes,
6.
Qualitätszeichennehmer im Sinne des § 12 Absatz 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie
7.
Beförderer.

(3) Im Fall der Verbringung eines Klärschlamms, Klärschlammgemischs oder Klärschlammkomposts in den Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelten die für den Klärschlammerzeuger, Gemischhersteller oder Komposthersteller geltenden Bestimmungen dieser Verordnung entsprechend für den Importeur dieses Klärschlamms, Klärschlammgemischs oder Klärschlammkomposts.

(4) Diese Verordnung gilt nicht für die in Anhang 1 der Bioabfallverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 2013 (BGBl. I S. 658), die durch Artikel 5 der Verordnung vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4043) geändert worden ist, genannten Abwasserschlämme, sofern

1.
das hierbei behandelte Abwasser nicht mit häuslichem oder kommunalem Abwasser nach § 2 Absatz 4 Nummer 1 vermischt wurde und
2.
die Abwasserschlämme die Bestimmungen der Bioabfallverordnung einhalten.

(5) Die Vorschriften des Düngerechts bleiben unberührt.

(1) Der Klärschlammerzeuger hat den in seiner Abwasserbehandlungsanlage anfallenden Klärschlamm möglichst hochwertig zu verwerten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Hierbei sind eine Rückgewinnung von Phosphor und eine Rückführung des gewonnenen Phosphors oder der phosphorhaltigen Klärschlammverbrennungsasche in den Wirtschaftskreislauf anzustreben.

(2) Ein Klärschlammerzeuger, Gemischhersteller oder Komposthersteller, der Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost auf oder in einem Boden verwertet, hat die Verwertung nach Maßgabe der Anforderungen dieser Verordnung vorzunehmen.

(1) Der Klärschlammerzeuger hat vor der erstmaligen Auf- oder Einbringung des Klärschlamms auf der durch den Klärschlammnutzer nach § 16 Absatz 1 Satz 1 mitgeteilten Auf- oder Einbringungsfläche

1.
die Bodenart der Auf- oder Einbringungsfläche nach DIN 19682-2 „Bodenbeschaffenheit – Felduntersuchungen – Teil 2: Bestimmung der Bodenart“, Ausgabe Juli 2014, bestimmen zu lassen sowie
2.
eine Bodenuntersuchung auf die in Nummer 4.1 des Anhangs 2 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung genannten Schwermetalle, auf denpH-Wertund auf den Phosphatgehalt nach den Bestimmungen des § 32 Absatz 1 und 2 durchführen zu lassen.
Im Fall der erstmaligen Auf- oder Einbringung eines Klärschlammgemischs oder eines Klärschlammkomposts gelten die Pflichten nach Satz 1 für den Gemischhersteller oder den Komposthersteller. Wurde bereits eine ordnungsgemäße Bodenuntersuchung nach der Bioabfallverordnung durchgeführt, kann der Verpflichtete nach Satz 1 oder 2 die Ergebnisse dieser Untersuchung verwenden, sofern sie nicht älter als zehn Jahre sind.

(2) Der Verpflichtete nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 hat vor der Auf- oder Einbringung eines Klärschlamms, Klärschlammgemischs oder Klärschlammkomposts nach dem 3. April 2018 auch den Gehalt des Bodens an polychlorierten Biphenylen und Benzo(a)pyren nach den Bestimmungen des § 32 Absatz 1 und 2 untersuchen zu lassen.

(3) Sofern im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der für die Auf- oder Einbringung von Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost vorgesehene Boden einen überhöhten Gehalt an anderen als den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Schadstoffen aufweist, soll die zuständige Behörde, im Fall der Auf- oder Einbringung auf oder in landwirtschaftlich genutzten Boden im Einvernehmen mit der zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörde, eine Untersuchung des Bodens auf diese Schadstoffe anordnen. Die zuständige Behörde entscheidet über das weitere Vorgehen. Bis zur Entscheidung der zuständigen Behörde ist die Auf- oder Einbringung eines Klärschlamms, Klärschlammgemischs oder Klärschlammkomposts nicht zulässig.

(4) Die Bodenuntersuchungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und Absatz 2 sind mindestens alle zehn Jahre zu wiederholen.

(5) Die zuständige Behörde kann, im Fall der Auf- oder Einbringung auf oder in landwirtschaftlich genutzten Boden im Einvernehmen mit der zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörde, den Abstand zwischen den Untersuchungen verkürzen sowie auf Antrag des nach Absatz 1 Satz 1 und 2 Verpflichteten die Bodenuntersuchungen auf einzelne der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Schwermetalle oder auf den pH-Wert beschränken.

(6) Bei der Auf- oder Einbringung von Klärschlamm aus der eigenen Kleinkläranlage eines landwirtschaftlichen Betriebs auf oder in selbst bewirtschafteten Boden findet Absatz 1 Satz 1 keine Anwendung.

(7) Mit Zustimmung der zuständigen Behörde, im Fall der Auf- oder Einbringung auf oder in landwirtschaftlich genutzten Boden im Einvernehmen mit der zuständigen landwirtschaftlichen Fachbehörde, können bei einer Auf- oder Einbringung von Klärschlamm aus Abwasserbehandlungsanlagen mit einer genehmigten Ausbaugröße von weniger als 1 000 Einwohnerwerten die Wiederholungsuntersuchungen nach Absatz 4 entfallen.

(1) Der Klärschlammerzeuger hat den in seiner Abwasserbehandlungsanlage anfallenden Klärschlamm möglichst hochwertig zu verwerten, soweit dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Hierbei sind eine Rückgewinnung von Phosphor und eine Rückführung des gewonnenen Phosphors oder der phosphorhaltigen Klärschlammverbrennungsasche in den Wirtschaftskreislauf anzustreben.

(2) Ein Klärschlammerzeuger, Gemischhersteller oder Komposthersteller, der Klärschlamm, Klärschlammgemisch oder Klärschlammkompost auf oder in einem Boden verwertet, hat die Verwertung nach Maßgabe der Anforderungen dieser Verordnung vorzunehmen.

(1) Zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht dürfen in und auf Böden nur Bodenmaterial sowie Baggergut nach DIN 19731 (Ausgabe 5/98) und Gemische von Bodenmaterial mit solchen Abfällen, die die stofflichen Qualitätsanforderungen der nach § 11 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und § 8 des bis zum 1. Juni 2012 geltenden Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes erlassenen Verordnungen erfüllen, auf- und eingebracht werden.

(2) Das Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht oder zur Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich Wiedernutzbarmachung ist zulässig, wenn

-
insbesondere nach Art, Menge, Schadstoffgehalten und physikalischen Eigenschaften der Materialien sowie nach den Schadstoffgehalten der Böden am Ort des Auf- oder Einbringens die Besorgnis des Entstehens schädlicher Bodenveränderungen gemäß § 7 Satz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und § 9 dieser Verordnung nicht hervorgerufen wird und
-
mindestens eine der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt wird.
Die Zwischenlagerung und die Umlagerung von Bodenmaterial auf Grundstücken im Rahmen der Errichtung oder des Umbaus von baulichen und betrieblichen Anlagen unterliegen nicht den Regelungen dieses Paragraphen, wenn das Bodenmaterial am Herkunftsort wiederverwendet wird.

(3) Die nach § 7 des Bundes-Bodenschutzgesetzes Pflichtigen haben vor dem Auf- und Einbringen die notwendigen Untersuchungen der Materialien nach den Vorgaben in Anhang 1 durchzuführen oder zu veranlassen. Die nach § 10 Abs. 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes zuständige Behörde kann weitere Untersuchungen hinsichtlich der Standort- und Bodeneigenschaften anordnen, wenn das Entstehen einer schädlichen Bodenveränderung zu besorgen ist; hierbei sind die Anforderungen nach DIN 19731 (Ausgabe 5/98) zu beachten.

(4) Bei landwirtschaftlicher Folgenutzung sollen im Hinblick auf künftige unvermeidliche Schadstoffeinträge durch Bewirtschaftungsmaßnahmen oder atmosphärische Schadstoffeinträge die Schadstoffgehalte in der entstandenen durchwurzelbaren Bodenschicht 70 Prozent der Vorsorgewerte nach Anhang 2 Nr. 4 nicht überschreiten.

(5) Beim Aufbringen von Bodenmaterial auf landwirtschaftlich einschließlich gartenbaulich genutzte Böden ist deren Ertragsfähigkeit nachhaltig zu sichern oder wiederherzustellen und darf nicht dauerhaft verringert werden.

(6) Bei der Herstellung einer durchwurzelbaren Bodenschicht für eine landwirtschaftliche Folgenutzung im Rahmen von Rekultivierungsvorhaben einschließlich Wiedernutzbarmachung soll nach Art, Menge und Schadstoffgehalt geeignetes Bodenmaterial auf- oder eingebracht werden.

(7) Die Nährstoffzufuhr durch das Auf- und Einbringen von Materialien in und auf den Boden ist nach Menge und Verfügbarkeit dem Pflanzenbedarf der Folgevegetation anzupassen, um insbesondere Nährstoffeinträge in Gewässer weitestgehend zu vermeiden. DIN 18919 (Ausgabe 09/90) ist zu beachten.

(8) Von dem Auf- und Einbringen von Materialien sollen Böden, welche die Bodenfunktionen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes im besonderen Maße erfüllen, ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für Böden im Wald, in Wasserschutzgebieten nach § 51 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes, in Naturschutzgebieten, Nationalparken, Nationalen Naturmonumenten, Biosphärenreservaten, Naturdenkmälern, geschützten Landschaftsbestandteilen, Natura 2000-Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen im Sinne des § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes sowie für die Böden der Kernzonen von Naturschutzgroßprojekten des Bundes von gesamtstaatlicher Bedeutung. Die fachlich zuständigen Behörden können hiervon Abweichungen zulassen, wenn ein Auf- und Einbringen aus forst- oder naturschutzfachlicher Sicht oder zum Schutz des Grundwassers erforderlich ist.

(9) Beim Auf- und Einbringen von Materialien auf oder in den Boden sollen Verdichtungen, Vernässungen und sonstige nachteilige Bodenveränderungen durch geeignete technische Maßnahmen sowie durch Berücksichtigung der Menge und des Zeitpunktes des Aufbringens vermieden werden. Nach Aufbringen von Materialien mit einer Mächtigkeit von mehr als 20 Zentimetern ist auf die Sicherung oder den Aufbau eines stabilen Bodengefüges hinzuwirken. DIN 19731 (Ausgabe 5/98) ist zu beachten.

(10) In Gebieten mit erhöhten Schadstoffgehalten in Böden ist eine Verlagerung von Bodenmaterial innerhalb des Gebietes zulässig, wenn die in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Buchstabe b und c des Bundes-Bodenschutzgesetzes genannten Bodenfunktionen nicht zusätzlich beeinträchtigt werden und insbesondere die Schadstoffsituation am Ort des Aufbringens nicht nachteilig verändert wird. Die Gebiete erhöhter Schadstoffgehalte können von der zuständigen Behörde festgelegt werden. Dabei kann die zuständige Behörde auch Abweichungen von den Absätzen 3 und 4 zulassen.

(11) § 5 Abs. 6 bleibt unberührt.

(12) Absatz 3 gilt nicht für das Auf- und Einbringen von Bodenmaterial auf die landwirtschaftliche Nutzfläche nach lokal begrenzten Erosionsereignissen oder zur Rückführung von Bodenmaterial aus der Reinigung landwirtschaftlicher Ernteprodukte.

(1) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist, soweit durch Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt ist, nicht erforderlich für die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder die durch ihn berechtigte Person für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Der Eigentümergebrauch umfasst nicht das Einbringen und Einleiten von Stoffen in oberirdische Gewässer. § 25 Satz 3 gilt entsprechend.

(2) Die Eigentümer der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger) dürfen oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung nach Maßgabe des Absatzes 1 benutzen.

(3) An Bundeswasserstraßen und an sonstigen Gewässern, die der Schifffahrt dienen oder künstlich errichtet sind, findet ein Gebrauch nach Absatz 2 nicht statt.

(1) Boden im Sinne dieses Gesetzes ist die obere Schicht der Erdkruste, soweit sie Träger der in Absatz 2 genannten Bodenfunktionen ist, einschließlich der flüssigen Bestandteile (Bodenlösung) und der gasförmigen Bestandteile (Bodenluft), ohne Grundwasser und Gewässerbetten.

(2) Der Boden erfüllt im Sinne dieses Gesetzes

1.
natürliche Funktionen als
a)
Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen,
b)
Bestandteil des Naturhaushalts, insbesondere mit seinen Wasser- und Nährstoffkreisläufen,
c)
Abbau-, Ausgleichs- und Aufbaumedium für stoffliche Einwirkungen auf Grund der Filter-, Puffer- und Stoffumwandlungseigenschaften, insbesondere auch zum Schutz des Grundwassers,
2.
Funktionen als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte sowie
3.
Nutzungsfunktionen als
a)
Rohstofflagerstätte,
b)
Fläche für Siedlung und Erholung,
c)
Standort für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung,
d)
Standort für sonstige wirtschaftliche und öffentliche Nutzungen, Verkehr, Ver- und Entsorgung.

(3) Schädliche Bodenveränderungen im Sinne dieses Gesetzes sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.

(4) Verdachtsflächen im Sinne dieses Gesetzes sind Grundstücke, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen besteht.

(5) Altlasten im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen), und
2.
Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stillegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedarf (Altstandorte),
durch die schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden.

(6) Altlastverdächtige Flächen im Sinne dieses Gesetzes sind Altablagerungen und Altstandorte, bei denen der Verdacht schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit besteht.

(7) Sanierung im Sinne dieses Gesetzes sind Maßnahmen

1.
zur Beseitigung oder Verminderung der Schadstoffe (Dekontaminationsmaßnahmen),
2.
die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die Schadstoffe zu beseitigen (Sicherungsmaßnahmen),
3.
zur Beseitigung oder Verminderung schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens.

(8) Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen im Sinne dieses Gesetzes sind sonstige Maßnahmen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit verhindern oder vermindern, insbesondere Nutzungsbeschränkungen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.