Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 28. Mai 2015 - 2 K 2117/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00. April 1967 geborene Kläger bekleidet das Statusamt eines Polizeikommissars.
3Ausweislich eines Vermerks des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N. (im Folgenden: PÄD) vom 15. Oktober 2003 sei der Kläger den besonderen psychischen Belastungen des Wach- und Wechseldienstes nicht mehr gewachsen. Die Gefahr von Fehlreaktionen sei nicht von der Hand zu weisen. Im Rahmen eines am 3. November 2003 geführten Dienstgesprächs befürwortete der Kläger einen Laufbahnwechsel (Vermerk vom 12. November 2003).
4In einem polizeiärztlichen Gutachten vom 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass der Kläger persönlichkeitsbedingt nur eingeschränkt in der Lage sei, in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Derartige Situationen würden ihn „auch bei aller Therapie“ weiterhin tief verunsichern und angstauslösend sein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sowie dessen allgemeine Dienstfähigkeit fest und führte aus, dass er die ihm gebotene Gelegenheit wahrzunehmen habe, die für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
5Mit Schreiben vom 5. August 2004 teilte die Bezirksregierung E. dem Polizeipräsidium N. mit, dass der Kläger den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens für den Laufbahnwechsel in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst nicht bestanden habe und deswegen für das weitere Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Den vom Kläger gegen die Entscheidung der Bezirksregierung E., ihn nicht für das weitere Verfahren des Laufbahnwechsels in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst zu berücksichtigen, gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 zurück.
6In dem vor der erkennenden Kammer geführten Klageverfahren 2 K 4726/06 haben der Kläger und die Bezirksregierung E. im Verhandlungstermin vom 13. Februar 2007 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass eine erneute polizeiärztliche Untersuchung des Klägers zur Frage seiner eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit erfolgen soll (Ziffer 1 des Vergleichs) und dass sich der Beklagte – sollte eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit nicht innerhalb eines Jahres festgestellt werden – verpflichtet, den Kläger zu einem neuen Auswahlverfahren für die Unterweisungszeit zum gehobenen Dienst zuzulassen (Ziffer 2 des Vergleichs).
7In dem polizeiärztlichem Gutachten vom 12. September 2007 wurde festgestellt, dass sich die neurasthenische Persönlichkeitsstruktur des Klägers durch einen anhaltenden psycho-physischen Schwäche- und Erschöpfungszustand mit abnehmender Arbeitsleisung bei der Bewältigung täglicher Aufgaben - begleitet von funktionellen Symptomen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen in Folge kumulierender Defizite von Angststörungen - auszeichne. Hierdurch sei der Kläger nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Unangenehm empfundenen Situationen werde er sich immer wieder entziehen. Der Polizeidienst erfordere ein Höchstmaß an psychischer Belastbarkeit, insbesondere was die Bewältigung von extremen Konflikt- und Stresssituationen als auch die Belastung durch die Arbeitsorganisation anbelange. Eine Verwendung des Klägers sei daher im Wach- und Wechseldienst nicht mehr möglich. Der Kläger sei nicht geeignet, Waffen zu tragen und Fahrzeuge mit Sonderrechten zu führen. Er genüge den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht. Gegen eine Verwendung in einem Amt, das seiner verminderten Belastbarkeit Rechnung trage (etwa in der Sachbearbeitung) oder gegen einen Wechsel in die allgemeine innere Verwaltung sprächen aus medizinischen Gründen keine Bedenken.
8In einem mit dem Kläger am 31. März 2008 geführten Personalgespräch erklärte dieser seine Bereitschaft, nach dem angestrebten Laufbahnwechsel in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst seinen Dienst im Bereich ZI 3.2 (Waffen- und Geräteangelegenheiten) zu versehen.
9Mit Bescheid vom 11. April 2008 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstfähigkeit des Klägers fest.
10Mit Verfügung vom 14. Oktober 2009 wurde der Kläger aufgrund mangelnden Personalbedarfs im Bereich ZI 3.2 mit Wirkung vom 19. Oktober 2009 für die Dauer von sechs Wochen zum Zwecke der Hospitation in den Bereich ZI 1.1 (Liegenschaftsverwaltung) umgesetzt.
11Nachdem der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 dienstunfähig erkrankt war und gegenüber dem Polizeipräsidium N. angegeben hatte, dass er Kontakt zu vielen Menschen brauche, nicht still sitzen könne, sich viel bewegen müsse und dass sich seine Erkrankung verschlimmere, wenn er einen „Schreibtischjob“ ausüben würde, veranlasste das Polizeipräsidium, den Kläger auf seine allgemeine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Nach den Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. April 2010 sei es „in der Vorgeschichte“ beim Kläger zu einer Angststörung im Zusammenhang mit Vorgängen im Polizeidienst gekommen. In der Folgezeit hätten sich wiederholt depressive Symptome mit begleitenden körperlichen Beschwerden eingestellt. Aufgrund des bei der Untersuchung am 9. März 2010 gewonnenen Eindrucks werde der Kläger jedoch derzeit als dienstfähig angesehen, sowohl für den allgemeinen Verwaltungsdienst als auch für Einsatzgebiete im polizeilichen Bereich, mit Ausnahme des Gebrauchs von Schusswaffen und Fahrten mit Sonderrechten. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers trage es grundsätzlich zur Stabilisierung bei, wenn vorhandene Neigungen berücksichtigt werden könnten, in diesem Falle „eher kommunikationsorientierte Tätigkeiten“. Nach den im Gutachten ausgeführten Empfehlungen sollte ein Einsatz des Klägers „deutlich unterhalb der Qualifikation [vermieden werden], da dies ebenfalls destabilisierend sein könnte“.
12Nach einem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. H. vom 25. Juni 2010 könne nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer angemessenen Verwendung in den kommenden zwei Jahren seine volle Polizeidienstfähigkeit wieder erlange. Für eine vollständige Bearbeitung der „Symptomreste“ werde angeraten, dem Kläger bei der Dienstverrichtung „Publikumsverkehr“ und Kontakt zu Kollegen zu ermöglichen. Die Einschränkungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs und der Fahrten mit Sonderrechten sollten vorerst bestehen bleiben. Ausweislich eines Attestes von Frau U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 29. Juli 2010 werde der Kläger von ihr seit dem 1. April 2009 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung behandelt. Zu dieser Erkrankung sei es durch im Dienst erlittene posttraumatische Erfahrungen gekommen. Es sei eine positive Entwicklung seines Gesundheitszustandes zu verzeichnen. Seine Polizeidienstfähigkeit werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich wieder hergestellt sein.
13Mit Wirkung vom 10. November 2010 wurde der Kläger zur Bearbeitung von Vorgängen ohne Ermittlungsansatz zum KK 24 umgesetzt.
14Mit Schreiben vom 22. November 2010 machte der Kläger geltend, er werde im KK 24 polizeilich tätig. Obwohl er derzeit hauptsächlich Anzeigen zugeteilt bekomme, die augenscheinlich zunächst ohne Ermittlungsansatz eingestuft werden, würden sich bei der Bearbeitung der meisten Fälle gleichwohl solche Ansätze in Gestalt etwa von Beschuldigtenvernehmungen oder dem Sichten von Überwachungsvideos ergeben. Dies seien Tätigkeiten, die seiner Ausbildung und Qualifikation als Polizeivollzugsbeamter gerecht würden. Eine Verwendung im KK 24 als Verwaltungsbeamter schränkte dieses Tätigkeitsfeld derart ein, dass er nicht mehr zur Entlastung der Kollegen beitragen könne.
15Unter dem 26. März 2012 teilte das Polizeipräsidium N. dem Kläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ nicht berücksichtigt worden sei, weil dieser Dienstposten mit einem eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt worden. Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2012 Klage (2 K 4427/12) erhoben. Zur Begründung trug er vor, es sei ermessensfehlerhaft, ihn unter Hinweis auf seine Polizeidienstunfähigkeit vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen, weil die Dienstpostenvergabe gerade dies voraussetze. Nachdem das Polizeipräsidium N. den Bescheid vom 26. März 2012 aufgehoben und erklärt hatte, über die Besetzung des fraglichen Dienstpostens erneut zu entscheiden, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die beschließende Kammer stellte es mit Beschluss vom 12. November 2013 ein.
16Nachdem der Kläger die Unterweisungszeit für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeleistet hatte, teilte ihm die Bezirksregierung E. unter dem 21. September 2012 mit, dass er am 18. März 2011 die entsprechende Laufbahnbefähigung erworben habe.
17Der Kläger verweigerte die Annahme der unter dem 22. November 2012 ausgestellten Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsinspektor. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragte der Kläger festzustellen, dass er zur Annahme dieser Urkunde nicht verpflichtet sei (2 L 2162/12). Den Eilantrag lehnte Kammer mit Beschluss vom 31. Januar 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass es dem Kläger an dem erforderlichen Anordnungsgrund mangele, weil er zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde nicht verpflichtet sei und ihm auch für den Fall der Weigerung der Entgegennahme Rechtsbeeinträchtigungen nicht drohten. Die dagegen erhobene Beschwerde (6 B 213/13) blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 10. April 2013 zurück.
18Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 versetzte das Polizeipräsidium N. den Kläger in die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes (Regierungsamtsinspektor) und wies ihn der Direktion K, KI 2, KK 24, zu. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31. März 2014, dass er die Ernennungsurkunde zum jetzigen Zeitpunkt nicht annehme.
19Der Kläger hat am 26. März 2014 Klage erhoben.
20Zur Begründung macht er geltend: Zwar sei die Polizeidienstunfähigkeit formal mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. April 2008 festgestellt worden. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass es sich hierbei um einen Dauerverwaltungsakt handele. Für die Rechtmäßigkeit des Laufbahnwechsels müsse demnach „aktuell“ feststehen, dass der Beamte polizeidienstunfähig sei. Dies sei bei ihm gerade nicht der Fall. Er habe sich in fachärztlicher psychiatrischer Behandlung befunden, die dazu geführt habe, dass er wieder sämtliche Tätigkeiten eines Polizeivollzugsbeamten wahrnehmen könne. Der angegriffene Bescheid sei auch ermessensfehlerhaft, weil das Polizeipräsidium N. nicht geprüft habe, ob er in einer Funktion eingesetzt werden könne, die die volle Polizeidienstfähigkeit nicht erfordere.
21Der Kläger beantragt,
22den Bescheid des Polizeipräsidiums N. vom 26. Februar 2014 aufzuheben.
23Das beklagte Land beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Das Polizeipräsidium N. trägt zur Begründung des Klageabweisungsantrages vor, dass es bereits angesichts der Bestandskraft des Bescheides über die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers vom 11. April 2008 nicht mehr darauf ankäme, ob der Kläger im Polizeivollzugsdienst eine Funktion wahrnehmen könne, die seine volle Polizeidienstfähigkeit nicht erfordere. Davon abgesehen sei eine derartige Verwendung vor dem Hintergrund des Lebensalters des Klägers im Zeitpunkt des zuvor genannten Feststellungsbescheides bereits aus fiskalischen Gründen nicht in Betracht gekommen.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4427/12, 2 L 2162/12, 2 K 3365/14 und 2 K 3366/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 4. Mai 2015 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
29Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Polizeipräsidiums N. vom 26. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
30Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Die nach §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LPVG NRW erforderliche Zustimmung des Personalrats ist am 21. Februar 2014 erteilt worden. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragen hat am 17. Februar 2014 stattgefunden (vgl. §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Satz 1 LGG NRW). Auch ist der Kläger vor Erlass des angegriffenen Bescheides nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden (Schreiben vom 10. Dezember 2013).
31Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 116 Abs. 3 LBG NRW soll ein Polizeivollzugsbeamter, wenn er polizeidienstunfähig wird – falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen – in ein Amt einer anderen Laufbahn versetzt werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 25 LBG NRW erfüllt sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW kann ein Beamter in ein anderes Amt einer Laufbahn, für die er die Befähigung besitzt, versetzt werden, wenn er es beantragt oder ein dienstliches Bedürfnis besteht. Nach Abs. 2 der Vorschrift kann ein Beamter aus dienstlichen Gründen ohne seine Zustimmung in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt auch einer gleichwertigen oder anderen Laufbahn, auch im Bereich eines anderen Dienstherrn, versetzt werden.
32Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers ist mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. April 2008 festgestellt worden. Für die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
33Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Februar 2015 - 6 A 371/12 -, juris, Rn. 79 (zur Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit); Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, Stand Januar 2013, § 116 LBG NRW Rn. 21.
34Maßgeblicher Zeitpunkt ist hiernach der 11. April 2008. Mit bestandskräftigem Bescheid hat das Polizeipräsidium N. an diesem Tag festgestellt, dass der Kläger polizeidienstunfähig ist. Auch hat das Polizeipräsidium im vorgenannten Bescheid ausgeführt, dass eine Verwendung des Klägers in anderen Funktionen des Polizeivollzugsdienstes (im Sinne des § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW) angesichts der „vorliegenden Einschränkungen“ nicht möglich sei, weil ein entsprechender Dienstposten „auf Dauer nicht zur Verfügung“ stünde.
35Vgl. zur Suchpflicht des Dienstherrn: BVerwG, Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris, Rn. 10 ff.
36Tritt bei einem Polizeivollzugsbeamten - wie hier - Polizeidienstunfähigkeit ein, so muss der Dienstherr zunächst prüfen, ob bei dem Beamten die Voraussetzungen für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst vorliegen. Dies erfordert eine Prognose über dessen dienstliche Verwendung bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand. Entscheidend ist dabei, ob die von dem Beamten auszuübende Funktion dessen Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Der Dienstherr darf in die Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen. Prüfungsmaßstab für die Fähigkeit eines Polizeibeamten, seine Dienstpflichten zu erfüllen, ist dabei nur im Ausgangspunkt sein abstrakt- funktionelles Amt; ergänzend treten dienstliche Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Dienstbehörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für den gesamten Polizeidienst sowie personalpolitische Prioritäten hinzu, die der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens setzen kann. Zulässig ist beispielsweise die Handhabung, dass von den Beamten mit Verwendungseinschränkungen in Bezug auf den Polizeivollzugsdienst nur solche auf den Innendienstposten eingesetzt werden, bei denen nur vorübergehende Verwendungseinschränkungen bestehen oder für die wegen der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum Eintritt in den Ruhestand ein Laufbahnwechsel weder zweckmäßig noch zumutbar wäre.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 6 B 1022/14 -, juris, Rn. 14 ff.
38Im vorliegenden Fall hat das Polizeipräsidium N. sein Organisationsermessen dahin ausgeübt, dass angesichts des Lebensalters des Klägers und der vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen eine dauerhafte Verwendung im Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht kommt. Überdies hat es in dem angegriffenen Bescheid ausgeführt, dass der Kläger mit einem Laufbahnwechsel einverstanden ist. Eine solche Verwaltungspraxis, die für die Frage, welchen Polizeivollzugsbeamten ein Laufbahnwechsel angesonnen wird, auch auf das Lebensalter abstellt, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn mit zunehmenden Lebensalter wird es zum einen für den Beamten schwieriger, sich auf eine Verwendung in einer anderen Laufbahn umzustellen, zum anderen ist der Laufbahnwechsel für den Dienstherrn weniger vorteilhaft, da dem Umschulungsaufwand eine immer kürzer werdende Dienstzeit, in der der Beamte in der neuen Laufbahn verwendet werden kann, gegenübersteht. Bliebe umgekehrt ein jüngerer Beamter trotz seiner Verwendungseinschränkungen auf einem Dienstposten des Polizeivollzugsdienstes, würde er diesen Dienstposten voraussichtlich für viele Jahre in Anspruch nehmen und damit für andere Beamte mit ähnlichen Einschränkungen "blockieren".
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2015 - 6 B 1022/14 -, juris, Rn. 18.
40Auch die weiteren Voraussetzungen für den verfügten Laufbahnwechsel liegen vor: Der Kläger soll im Sinne der §§ 116 Abs. 3, 25 Abs. 2 LBG NRW in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) versetzt werden. Schließlich stehen der Versetzung auch keine zwingenden dienstlichen Gründe im Sinne des § 116 Abs. 3 LBG NRW entgegen. Bei dem Begriff der „zwingenden dienstlichen Gründe“ handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff, der eng auszulegen ist. Er geht hinsichtlich des Schweregrades der Anforderungen über den Begriff „dringende dienstliche Gründe“ hinaus. Der Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn, die nach § 116 Abs. 3 LBG NRW erfolgen „soll“, stehen nur solche Gründe entgegen, die - würden sie nicht beachtet - dienstliche Belange erheblich beeinträchtigen würden. Die normalerweise mit einer Versetzung in ein Amt einer anderen Laufbahn verbundenen Erschwernisse wie die Notwendigkeit der Einarbeitung in die neuen Aufgaben stellen noch keine zwingenden dienstlichen Gründe dar. Ein zwingender dienstlicher Grund liegt dagegen vor, wenn der Beamte nicht nur polizeidienstunfähig, sondern auch allgemein dienstunfähig ist.
41Vgl. Schütz/Maiwald, a.a.O., § 116 LBG NRW, Rn. 52.
42Solche Gründe liegen hier nicht vor.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.0.1967 geborene Kläger, der bei dem Polizeipräsidium N. im Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes steht und das Amt des Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) innehat, begehrt eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung um den Dienstposten des Sachbearbeiters in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter, die der Beklagte unter anderem mit der Begründung ablehnt, der Kläger komme wegen seiner bestandskräftig festgestellten Polizeidienstunfähigkeit für diese Verwendung nicht in Betracht.
3Ausweislich eines Vermerks des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N. (im Folgenden: PÄD) vom 15. Oktober 2003 sei der Kläger den besonderen psychischen Belastungen des Wach- und Wechseldienstes nicht mehr gewachsen. Die Gefahr von Fehlreaktionen sei nicht von der Hand zu weisen. In einem polizeiärztlichen Gutachten vom 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass der Kläger persönlichkeitsbedingt nur eingeschränkt in der Lage sei, in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Derartige Situationen würden ihn „auch bei aller Therapie“ weiterhin tief verunsichern und angstauslösend sein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sowie dessen allgemeine Dienstfähigkeit fest und führte aus, dass er die ihm gebotene Gelegenheit wahrzunehmen habe, die für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
4Mit Schreiben vom 5. August 2004 teilte die Bezirksregierung E. dem Polizeipräsidium N. mit, dass der Kläger den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens für den Laufbahnwechsel in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst nicht bestanden habe und deswegen für das weitere Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Den vom Kläger gegen die Entscheidung der Bezirksregierung E. , ihn nicht für das weitere Verfahren des Laufbahnwechsels in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst zu berücksichtigen, gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 zurück.
5In dem vor der erkennenden Kammer geführten Klageverfahren 2 K 4726/06 haben der Kläger und die Bezirksregierung E. im Verhandlungstermin vom 13. Februar 2007 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass eine erneute polizeiärztliche Untersuchung des Klägers zur Frage seiner eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit erfolgen soll (Ziffer 1 des Vergleichs) und dass sich der Beklagte – sollte eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit nicht innerhalb eines Jahres festgestellt werden – verpflichtet, den Kläger zu einem neuen Auswahlverfahren für die Unterweisungszeit zum gehobenen Dienst zuzulassen (Ziffer 2 des Vergleichs).
6In dem polizeiärztlichem Gutachten vom 12. September 2007 wurde festgestellt, dass sich die neurasthenische Persönlichkeitsstruktur des Klägers durch einen anhaltenden psycho-physischen Schwäche- und Erschöpfungszustand mit abnehmender Arbeitsleisung bei der Bewältigung täglicher Aufgaben - begleitet von funktionellen Symptomen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen in Folge kumulierender Defizite von Angststörungen - auszeichne. Hierdurch sei der Kläger nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Als unangenehm aufgefassten Situationen würde er sich immer wieder entziehen. Der Polizeidienst erfordere ein Höchstmaß an psychischer Belastbarkeit, insbesondere was die Bewältigung von extremen Konflikt- und Stresssituationen als auch die Belastung durch die Arbeitsorganisation anbelange. Eine Verwendung des Klägers sei daher im Wach- und Wechseldienst nicht mehr möglich. Der Kläger sei nicht geeignet, Waffen zu tragen und Fahrzeuge mit Sonderrechten zu führen. Er genüge den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht. Gegen eine Verwendung in einem Amt, das seiner verminderten Belastbarkeit Rechnung trage (etwa in der Sachbearbeitung) oder gegen einen Wechsel in die allgemeine innere Verwaltung sprächen aus medizinischen Gründen keine Bedenken.
7Mit Bescheid vom 11. April 2008 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstfähigkeit des Klägers fest. Es verwies zugleich darauf, dass insbesondere unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers von 40 Jahren eine den festgestellten Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung stehe. Da ihm die Befähigung für eine dauerhafte Verwendung im Verwaltungsbereich fehle, werde der Vorgang der Bezirksregierung E. zur Veranlassung des Laufbahnwechsels in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst vorgelegt. Im Hinblick auf die Unterweisungszeit für den Laufbahnwechsel werde er ab dem 14. April 2008 in der Zentralinspektion (ZI) 1 verwendet. Nach vollzogenem Laufbahnwechsel werde er in der „ZI 3.2“ (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt. Der Bescheid wurde dem Kläger am 15. Mai 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
8Wie sich aus einer Petition des Klägers vom 14. Januar 2009 ergibt, verfolgte dieser gleichwohl weiterhin das Ziel, beim Polizeipräsidium N. auf dem Dienstposten, den er seinerzeit bekleidete, im Status des Polizeikommissars verwendet zu werden, während das Polizeipräsidium N. den Laufbahnwechsel in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst anstrebt.
9Nachdem der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 dienstunfähig erkrankt war und gegenüber dem Polizeipräsidium N. angegeben hatte, dass er Kontakt zu vielen Menschen brauche, nicht still sitzen könne, sich viel bewegen müsse und dass sich seine Erkrankung verschlimmere, wenn er einen „Schreibtischjob“ ausüben würde, veranlasste das Polizeipräsidium, ihn auf seine allgemeine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Nach den Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. April 2010 sei es „in der Vorgeschichte“ beim Kläger zu einer Angststörung im Zusammenhang mit Vorgängen im Polizeidienst gekommen. In der Folgezeit hätten sich wiederholt depressive Symptome mit begleitenden körperlichen Beschwerden eingestellt. Aufgrund des bei der Untersuchung am 9. März 2010 gewonnenen Eindrucks werde der Kläger jedoch derzeit als dienstfähig angesehen, sowohl für den allgemeinen Verwaltungsdienst als auch für Einsatzgebiete im polizeilichen Bereich, mit Ausnahme des Gebrauchs von Schusswaffen und Fahrten mit Sonderrechten. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers trage es grundsätzlich zur Stabilisierung bei, wenn vorhandene Neigungen berücksichtigt werden könnten, in diesem Falle „eher kommunikationsorientierte Tätigkeiten“. Nach den im Gutachten weiter ausgeführten „Empfehlungen“ sollte ein Einsatz des Klägers „deutlich unterhalb der Qualifikation [vermieden werden], da dies ebenfalls destabilisierend sein könnte“.
10Mit Blick hierauf machte der Kläger mit Schreiben vom 1. Juli 2010 gegenüber dem Polizeipräsidium N. geltend, im Bereich ZI 3.2 (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt werden zu wollen.
11Nach einem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. H. vom 25. Juni 2010 könne nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer angemessenen Verwendung in den kommenden zwei Jahren seine volle Polizeidienstfähigkeit wieder erlange. Für eine vollständige Bearbeitung der „Symptomreste“ werde angeraten, dem Kläger bei der Dienstverrichtung „Publikumsverkehr“ und Kontakt zu Kollegen zu ermöglichen. Die Einschränkungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs und der Fahrten mit Sonderrechten sollten vorerst bestehen bleiben. Ausweislich eines Attestes von Frau U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 29. Juli 2010 werde der Kläger von ihr seit dem 1. April 2009 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung behandelt. Zu dieser Erkrankung sei es durch im Dienst erlittene posttraumatische Erfahrungen gekommen. Es sei eine positive Entwicklung seines Gesundheitszustandes zu verzeichnen. Seine Polizeidienstfähigkeit werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich wieder hergestellt sein.
12Mit Wirkung vom 10. November 2010 wurde der Kläger zum KK 24, Bearbeitung von Vorgängen ohne Ermittlungsansatz, umgesetzt.
13Mit Schreiben vom 22. November 2010 machte der Kläger geltend, er werde im KK 24 polizeilich tätig. Obwohl er derzeit hauptsächlich Anzeigen zugeteilt bekomme, die augenscheinlich zunächst ohne Ermittlungsansatz eingestuft werden, würden sich bei der Bearbeitung der meisten Fälle gleichwohl solche Ansätze in Gestalt etwa von Beschuldigtenvernehmungen oder dem Sichten von Überwachungsvideos ergeben. Dies seien Tätigkeiten, die seiner Ausbildung und Qualifikation als Polizeivollzugsbeamter gerecht würden. Eine Verwendung im KK 24 als Verwaltungsbeamter schränkte dieses Tätigkeitsfeld derart ein, dass er nicht mehr zur Entlastung der Kollegen beitragen könne.
14Unter dem 26. März 2012 teilte das Polizeipräsidium N. dem Kläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ nicht berücksichtigt worden sei, weil dieser Dienstposten mit einem eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt worden. Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2012 Klage (2 K 4427/12) erhoben. Zur Begründung trug er vor, es sei ermessensfehlerhaft, ihn unter Hinweis auf seine Polizeidienstunfähigkeit vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen, weil die Dienstpostenvergabe gerade dies voraussetze. Nachdem das Polizeipräsidium N. den Bescheid vom 26. März 2012 aufgehoben und erklärt hatte, über die Besetzung des fraglichen Dienstpostens erneut zu entscheiden, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die beschließende Kammer stellte es mit Beschluss vom 12. November 2013 ein.
15Nachdem der Kläger die Unterweisungszeit für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeleistet hatte, teilte ihm die Bezirksregierung E. unter dem 21. September 2012 mit, dass er am 18. März 2011 die entsprechende Laufbahnbefähigung erworben habe.
16Der Kläger verweigerte die Annahme der unter dem 22. November 2012 ausgestellten Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsinspektor. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragte der Kläger festzustellen, dass er zur Annahme dieser Urkunde nicht verpflichtet sei (2 L 2162/12). Den Eilantrag lehnte Kammer mit Beschluss vom 31. Januar 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass es dem Kläger an dem erforderlichen Anordnungsgrund mangele, weil er zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde nicht verpflichtet sei und ihm auch für den Fall der Weigerung der Entgegennahme Rechtsbeeinträchtigungen nicht drohten. Die dagegen erhobene Beschwerde (6 B 213/13) blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 10. April 2013 zurück.
17Unter dem 15. Oktober 2013 führte das Polizeipräsidium N. eine „interne Interessenabfrage“ für den Dienstposten eines Sachbearbeiters (Asservatenverwalter) in der Direktion K, Führungsstelle, durch. In der Ausschreibung heißt es:
18„Diese Funktion ist prädestiniert für einen geeigneten, eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten. (…) Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um keine Stellenausschreibung, sondern um eine reine Inrteressenabfrage handelt. Der Auswahlentscheidung werden daher vorrangig arbeitsorganisatorische bzw. arbeitspolitische Gesichtspunkte zugrunde gelegt.“
19Auf die Interessenabfrage meldeten sich vier Polizeivollzugsbeamte. In einem Vermerk zur Stellenbesetzung vom 6. Dezember 2013 wird ausgeführt, dass die Stelle aus folgenden Gründen mit einem Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle:
20„- Die Anzahl der PVB wird sich absehbar in den Folgejahren spürbar verringern.
21- Zur Bewältigung besonderer polizeilicher Lagen (BAO, EK, MK, bes. Gefahrenlagen) werden daher zunehmend Unterstützungskräfte auch aus nicht operativen Dienststellen herangezogen werden müssen.
22- Ein in der Asservatenverwaltung eingesetzter PVB kann unter Berücksichtigung einer vorliegenden Verwendungsbeeinträchtigung zu solchen Unterstützungsleistungen herangezogen und mit vollzugspolizeilichen Aufgaben beauftragt werden.
23Auch in der Vergangenheit kam es immer wieder vor, dass der auf der Asservatenstelle eingesetzte PBV zu Sondereinsätzen, BAO herangezogen wurde. Diese Anlässe werden sich absehbar häufen.“
24Das Polizeipräsidium N. bat unter dem 6. Dezember 2013 den Personalrat gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LPVG NRW um Zustimmung zu der beabsichtigten Umsetzungsmaßnahme. Es machte hierbei erläuternde Anmerkungen zu den Bewerbern. Bezüglich des Klägers ist ausgeführt: „PK S. darf aufgrund seiner gem. § 116 LBG festgestellten und rechtskräftigen Polizeidienstunfähigkeit nicht mehr mit der Wahrnehmung von Vollzugstätigkeiten betraut werden. Da er im Rahmen des Laufbahnwechsels die Befähigung für die Laufbahn der allgemeinen inneren Verwaltung erworben hat, soll nun der Vollzug des Laufbahnwechsels in Kürze erfolgen. Er kommt daher für die Funktion des Asservatenverwalters nicht in Betracht.“
25Die Gleichstellungsbeauftragte und der Personalrat waren mit der Maßnahme, eine Mitbewerberin auf den vorgenannten Dienstposten umzusetzen, einverstanden.
26Das Polizeipräsidium N. unterrichtete den Kläger mit Schreiben vom 9. Januar 2014 davon, dass er bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt worden sei.
27Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 versetzte das Polizeipräsidium N. den Kläger in die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes (Regierungsamtsinspektor) und wies ihn der Direktion K, KI 2, KK 24 zu. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31. März 2014, dass er die Ernennungsurkunde zum jetzigen Zeitpunkt nicht annehme. Gegen den Bescheid vom 26. Februar 2014 erhob der Kläger am 26. März 2014 Klage (2 K 2117/14).
28Der Kläger hat am 19. Mai 2015 die vorliegende Klage mit dem Begehren erhoben, in Bezug auf den Dienstposten des Sachbearbeiters (Asservatenverwalter) in der Direktion K, Führungsstelle K, eine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Zur Begründung der Klage macht er unter Verweis auf sein Vorbringen in dem Verfahren 2 K 4427/12 geltend: Seine Nichtberücksichtigung sei rechtswidrig, weil er zu dem in der Interessenabfrage angesprochenen Personenkreis zähle. Da diese sich an Polizeivollzugsbeamte „mit polizeiärztlich bestätigter eingeschränkter Verwendbarkeit“ gerichtet habe, habe sie gerade Beamte im Blick gehabt, die - wie er - polizeidienstunfähig seien. Denn Polizeidienstfähigkeit setze gerade voraus, dass der Beamte auf jedem seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Dienstposten eingesetzt werden könne. Darauf, ob die Polizeidienstunfähigkeit formal festgestellt worden sei, komme es nicht an. Der Beklagte sei folglich von einem falschen Verständnis der Polizeidienstunfähigkeit ausgegangen.
29Der Kläger beantragt,
30das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums N. vom 9. Januar 2014 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er führt aus: Der Kläger erfülle aufgrund der bei ihm festgestellten Polizeidienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht die Vorgabe einer dauerhaft (nur) eingeschränkten Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst. Davon abgesehen stünde die im Wege der Umsetzung vorzunehmende Stellenbesetzung im Ermessen des Dienstherrn. Im Rahmen der Auswahlentscheidung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger dauerhaft die mit dem Dienstposten verbundenen Aufgaben nicht wahrnehmen könne. Anders als bei den Mitbewerbern hätten beim Kläger aufgrund der feststehenden Polizeidienstunfähigkeit gegenüber den Verwendungseinschränkungen der Mitbewerber weiterreichende gesundheitliche Defizite vorgelegen. Ferner sei berücksichtigt worden, dass der Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst abzuleisten hätte. Angesichts dieses Zeitrahmens sei zu erwarten, dass der Kläger noch verschiedene Funktionen aufgrund zukünftiger personalorganisatorischer Notwendigkeiten wahrnehmen müsse. Hieran sei er indes aufgrund der festgestellten Polizeidienstunfähigkeit gehindert. Schließlich seien auch fiskalische Erwägungen in die Auswahlentscheidung eingeflossen. Der Kläger wäre bei einem Verbleib im Polizeivollzugsdienst dauerhaft berechtigt, die Polizeizulage zu erhalten und hätte Ansprüche aus der Freien Heilfürsorge, obwohl er die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr erfülle.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4427/12, 2 L 2162/12, 2 K 2117/14 und 2 K 3366/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
35Entscheidungsgründe:
36Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 4. Mai 2015 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
37Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land verurteilt wird, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Direktion Kriminalität, Führungsstelle K, Asservatenverwalter“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Denn die Auswahlentscheidung ist rechtsfehlerfrei getroffen worden.
38Die Auswahlentscheidung vom 9. Januar 2014 musste, das sie lediglich eine im Ermessen des Dienstherrn liegende Organisationsmaßnahme betraf, nicht nach den Grundsätzen der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) getroffen werden. Die Entscheidung ist daher nur daraufhin überprüfbar, ob die Bewerbung des Klägers aus einem sachlichen Grund und unter Wahrung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) unberücksichtigt geblieben ist. Das Polizeipräsidium N. hat ausweislich des Vermerks zur Stellenbesetzung vom 6. Dezember 2013 die Stelle mit einem Bewerber besetzen wollen, der lediglich Verwendungseinschränkungen im Sinne des § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW unterliegt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein in der Asservatenverwaltung eingesetzter Polizeivollzugsbeamter im Einzelfall noch zu vollzugspolizeilichen Aufgaben herangezogen werden könne.
39Angesichts dessen ist ein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Klägers gegeben, weil der - mangels Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO nach Ablauf eines Jahres bestandskräftig gewordene - Bescheid vom 11. April 2008 nicht nur eine verbindliche Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers enthielt, sondern zugleich verbindlich regelt, dass der Kläger nicht mehr im Polizeivollzugsdienst zu belassen ist, insbesondere nicht mehr gemäß § 116 Abs. 1, Halbsatz 2 LBG NRW auf einem Dienstposten verwendet werden soll, der die besonderen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert.
40Der Beklagte hat eine dahingehende Regelung zwar nicht ausdrücklich in einem Entscheidungssatz getroffen. Er hat im Begründungsteil des Bescheides vom 11. April 2008 im Anschluss an die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit aber ausgeführt:
41„Insbesondere unter Berücksichtigung Ihres Lebensalters (40 J.) steht der Behörde eine den vorliegenden Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung.“
42Im Hinblick darauf, dass nach Einschätzung des Polizeipräsidiums N. aus diesem Grund ein Verbleib des polizeidienstunfähigen, aber allgemein dienstfähigen Klägers im Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht kam, kündigte das Polizeipräsidium N. zugleich an, den Vorgang der Bezirksregierung vorzulegen, um den für eine dauerhafte Verwendung des Klägers im Verwaltungsbereich erforderlichen Laufbahnwechsel einzuleiten. Die Durchführung der den Erwerb der Laufbahnbefähigung für den allgemeinen mittleren Verwaltungsdienst vorbereitenden Unterweisungszeit wird aber erkennbar nur dann in Betracht gezogen, wenn ein Verbleib im Polizeivollzugsdienst gerade nicht möglich ist bzw. vom Dienstvorgesetzten nicht vorgesehen wird. Zudem waren der Laufbahnwechsel und die vorherige Unterweisungszeit Gegenstand eines mit dem Kläger und dessen Verfahrensbevollmächtigten zuvor, am 31. März 2008, geführten Gesprächs. Ausweislich eines hierüber gefertigten Aktenvermerks des Polizeipräsidiums N. vom 11. April 2008 hatte der Kläger sich bei dieser Gelegenheit hiermit sogar einverstanden erklärt.
43Nach alledem regelte der Bescheid vom 11. April 2008 bereits abschließend, dass der Kläger den Laufbahnwechsel zu vollziehen hat und nicht im Polizeivollzugsdienst verbleiben wird.
44Das Polizeipräsidium N. hat seine Ermessenserwägungen darüber hinaus selbstständig tragend und rechtsfehlerfrei auf fiskalische Erwägungen gestützt. Auch den Gesichtspunkt, dass der Kläger im Polizeivollzugsdienst zulagenberechtigt ist, muss der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens mit in seine Entscheidung einfließen lassen dürfen. Er muss es im Einzelfall für geboten halten, einen Beamten, dauerhaft zulagenberechtigt im Polizeivollzugsdienst zu beschäftigen, obwohl keine besonderen Belastungen vorliegen, auf denen die Zulagengewährung beruht.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2003 - 6 A 1579/02 -, juris.
46Schließlich hat das Polizeipräsidium N. rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass der Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst zu verbringen hätte. Angesichts dieses Zeitraums lasse sich bei ihm nicht die Prognose rechtfertigen, er werde auf Dauer auch andere Funktion im Polizeivolldienst wahrnehmen können. Schließlich hat das Polizeipräsidium der angefochtenen Entscheidung ermessensfehlerfrei zugrunde gelegt, dass der Kläger (gegenüber den anderen Mitbewerbern) mittlerweile die Befähigung für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erworben hat.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 vom Hundert des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 00.0.1967 geborene Kläger, der bei dem Polizeipräsidium N. im Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes steht und das Amt des Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A 9 BBesO) innehat, begehrt eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung um den Dienstposten des Sachbearbeiters in der Direktion Verkehr, Verkehrsinspektion 2, Verkehrskommissariat 1“, die der Beklagte unter anderem mit der Begründung ablehnt, der Kläger komme wegen seiner bestandskräftig festgestellten Polizeidienstunfähigkeit für diese Verwendung nicht in Betracht.
3Ausweislich eines Vermerks des Polizeiärztlichen Dienstes des Polizeipräsidiums N. (im Folgenden: PÄD) vom 15. Oktober 2003 sei der Kläger den besonderen psychischen Belastungen des Wach- und Wechseldienstes nicht mehr gewachsen. Die Gefahr von Fehlreaktionen sei nicht von der Hand zu weisen. In einem polizeiärztlichen Gutachten vom 26. Februar 2004 wurde festgestellt, dass der Kläger persönlichkeitsbedingt nur eingeschränkt in der Lage sei, in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Derartige Situationen würden ihn „auch bei aller Therapie“ weiterhin tief verunsichern und angstauslösend sein. Mit Bescheid vom 30. März 2004 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers sowie dessen allgemeine Dienstfähigkeit fest und führte aus, dass er die ihm gebotene Gelegenheit wahrzunehmen habe, die für die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben.
4Mit Schreiben vom 5. August 2004 teilte die Bezirksregierung E. dem Polizeipräsidium N. mit, dass der Kläger den schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens für den Laufbahnwechsel in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst nicht bestanden habe und deswegen für das weitere Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden könne. Den vom Kläger gegen die Entscheidung der Bezirksregierung E. , ihn nicht für das weitere Verfahren des Laufbahnwechsels in den gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst zu berücksichtigen, gerichteten Widerspruch wies die Bezirksregierung E. mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2006 zurück.
5In dem vor der erkennenden Kammer geführten Klageverfahren 2 K 4726/06 haben der Kläger und die Bezirksregierung E. im Verhandlungstermin vom 13. Februar 2007 einen Vergleich des Inhalts geschlossen, dass eine erneute polizeiärztliche Untersuchung des Klägers zur Frage seiner eingeschränkten Polizeidienstfähigkeit erfolgen soll (Ziffer 1 des Vergleichs) und dass sich der Beklagte – sollte eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit nicht innerhalb eines Jahres festgestellt werden – verpflichtet, den Kläger zu einem neuen Auswahlverfahren für die Unterweisungszeit zum gehobenen Dienst zuzulassen (Ziffer 2 des Vergleichs).
6In dem polizeiärztlichem Gutachten vom 12. September 2007 wurde festgestellt, dass sich die neurasthenische Persönlichkeitsstruktur des Klägers durch einen anhaltenden psycho-physischen Schwäche- und Erschöpfungszustand mit abnehmender Arbeitsleisung bei der Bewältigung täglicher Aufgaben - begleitet von funktionellen Symptomen wie Magenschmerzen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen in Folge kumulierender Defizite von Angststörungen - auszeichne. Hierdurch sei der Kläger nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft benötigten, adäquat zu reagieren. Als unangenehm aufgefassten Situationen würde er sich immer wieder entziehen. Der Polizeidienst erfordere ein Höchstmaß an psychischer Belastbarkeit, insbesondere was die Bewältigung von extremen Konflikt- und Stresssituationen als auch die Belastung durch die Arbeitsorganisation anbelange. Eine Verwendung des Klägers sei daher im Wach- und Wechseldienst nicht mehr möglich. Der Kläger sei nicht geeignet, Waffen zu tragen und Fahrzeuge mit Sonderrechten zu führen. Er genüge den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht. Gegen eine Verwendung in einem Amt, das seiner verminderten Belastbarkeit Rechnung trage (etwa in der Sachbearbeitung) oder gegen einen Wechsel in die allgemeine innere Verwaltung sprächen aus medizinischen Gründen keine Bedenken.
7Mit Bescheid vom 11. April 2008 stellte das Polizeipräsidium N. die Polizeidienstunfähigkeit und allgemeine Dienstfähigkeit des Klägers fest. Es verwies zugleich darauf, dass insbesondere unter Berücksichtigung des Lebensalters des Klägers von 40 Jahren eine den festgestellten Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung stehe. Da ihm die Befähigung für eine dauerhafte Verwendung im Verwaltungsbereich fehle, werde der Vorgang der Bezirksregierung E. zur Veranlassung des Laufbahnwechsels in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst vorgelegt. Im Hinblick auf die Unterweisungszeit für den Laufbahnwechsel werde er ab dem 14. April 2008 in der Zentralinspektion (ZI) 1 verwendet. Nach vollzogenem Laufbahnwechsel werde er in der „ZI 3.2“ (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt. Der Bescheid wurde dem Kläger am 15. Mai 2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
8Wie sich aus einer Petition des Klägers vom 14. Januar 2009 ergibt, verfolgte dieser gleichwohl weiterhin das Ziel, beim Polizeipräsidium N. auf dem Dienstposten, den er seinerzeit bekleidete, im Status des Polizeikommissars verwendet zu werden, während das Polizeipräsidium N. den Laufbahnwechsel in den mittleren allgemeinen Verwaltungsdienst anstrebt.
9Nachdem der Kläger seit dem 1. Oktober 2009 dienstunfähig erkrankt war und gegenüber dem Polizeipräsidium N. angegeben hatte, dass er Kontakt zu vielen Menschen brauche, nicht still sitzen könne, sich viel bewegen müsse und dass sich seine Erkrankung verschlimmere, wenn er einen „Schreibtischjob“ ausüben würde, veranlasste das Polizeipräsidium, den Kläger auf seine allgemeine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Nach den Feststellungen in dem amtsärztlichen Gutachten vom 9. April 2010 sei es „in der Vorgeschichte“ beim Kläger zu einer Angststörung im Zusammenhang mit Vorgängen im Polizeidienst gekommen. In der Folgezeit hätten sich wiederholt depressive Symptome mit begleitenden körperlichen Beschwerden eingestellt. Aufgrund des bei der Untersuchung am 9. März 2010 gewonnenen Eindrucks werde der Kläger jedoch derzeit als dienstfähig angesehen, sowohl für den allgemeinen Verwaltungsdienst als auch für Einsatzgebiete im polizeilichen Bereich, mit Ausnahme des Gebrauchs von Schusswaffen und Fahrten mit Sonderrechten. Unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsstruktur des Klägers trage es grundsätzlich zur Stabilisierung bei, wenn vorhandene Neigungen berücksichtigt werden könnten, in diesem Falle „eher kommunikationsorientierte Tätigkeiten“. Nach den im Gutachten weiter ausgeführten „Empfehlungen“ sollte ein Einsatz des Klägers „deutlich unterhalb der Qualifikation [vermieden werden], da dies ebenfalls destabilisierend sein könnte“.
10Mit Blick hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 1. Juli 2010 gegenüber dem Polizeipräsidium N. geltend gemacht, im Bereich ZI 3.2 (Waffen- und Geräteangelegenheiten) eingesetzt werden zu wollen.
11Nach einem Bericht des psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. H. vom 25. Juni 2010 könne nach derzeitigem Stand davon ausgegangen werden, dass der Kläger bei einer angemessenen Verwendung in den kommenden zwei Jahren seine volle Polizeidienstfähigkeit wieder erlange. Für eine vollständige Bearbeitung der „Symptomreste“ werde angeraten, dem Kläger bei der Dienstverrichtung „Publikumsverkehr“ und Kontakt zu Kollegen zu ermöglichen. Die Einschränkungen hinsichtlich des Schusswaffengebrauchs und der Fahrten mit Sonderrechten sollten vorerst bestehen bleiben. Ausweislich eines Attestes von Frau U. , Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 29. Juli 2010 werde der Kläger von ihr seit dem 1. April 2009 wegen einer rezidivierenden depressiven Störung behandelt. Zu dieser Erkrankung sei es durch im Dienst erlittene posttraumatische Erfahrungen gekommen. Es sei eine positive Entwicklung seines Gesundheitszustandes zu verzeichnen. Seine Polizeidienstfähigkeit werde in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich wieder hergestellt sein.
12Mit Wirkung vom 10. November 2010 wurde der Kläger zum KK 24, Bearbeitung von Vorgängen ohne Ermittlungsansatz, umgesetzt.
13Mit Schreiben vom 22. November 2010 machte der Kläger geltend, er werde im KK 24 polizeilich tätig. Obwohl er derzeit hauptsächlich Anzeigen zugeteilt bekomme, die augenscheinlich zunächst ohne Ermittlungsansatz eingestuft werden, würden sich bei der Bearbeitung der meisten Fälle gleichwohl solche Ansätze in Gestalt etwa von Beschuldigtenvernehmungen oder dem Sichten von Überwachungsvideos ergeben. Dies seien Tätigkeiten, die seiner Ausbildung und Qualifikation als Polizeivollzugsbeamter gerecht würden. Eine Verwendung im KK 24 als Verwaltungsbeamter schränkte dieses Tätigkeitsfeld derart ein, dass er nicht mehr zur Entlastung der Kollegen beitragen könne.
14Unter dem 26. März 2012 teilte das Polizeipräsidium N. dem Kläger mit, dass er bei der Besetzung der Stelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ nicht berücksichtigt worden sei, weil dieser Dienstposten mit einem eingeschränkt verwendungsfähigen Polizeivollzugsbeamten besetzt werden solle. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstuntauglichkeit festgestellt worden. Dagegen hat der Kläger am 11. Juni 2012 Klage (2 K 4427/12) erhoben. Zur Begründung trug er vor, es sei ermessensfehlerhaft, ihn unter Hinweis auf seine Polizeidienstunfähigkeit vom weiteren Auswahlverfahren auszuschließen, weil die Dienstpostenvergabe gerade dies voraussetze. Nachdem das Polizeipräsidium N. den Bescheid vom 26. März 2012 aufgehoben und erklärt hatte, über die Besetzung des fraglichen Dienstpostens erneut zu entscheiden, haben die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die beschließende Kammer stellte es mit Beschluss vom 12. November 2013 ein.
15Nachdem der Kläger die Unterweisungszeit für die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes erfolgreich abgeleistet hatte, teilte ihm die Bezirksregierung E. unter dem 21. September 2012 mit, dass er am 18. März 2011 die entsprechende Laufbahnbefähigung erworben habe.
16Der Kläger verweigerte die Annahme der unter dem 22. November 2012 ausgestellten Ernennungsurkunde zum Regierungsamtsinspektor. Im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beantragte der Kläger festzustellen, dass er zur Annahme dieser Urkunde nicht verpflichtet sei (2 L 2162/12). Den Eilantrag lehnte Kammer mit Beschluss vom 31. Januar 2013 ab und führte zur Begründung aus, dass es dem Kläger an dem erforderlichen Anordnungsgrund mangele, weil er zur Entgegennahme der Ernennungsurkunde nicht verpflichtet sei und ihm auch für den Fall der Weigerung der Entgegennahme Rechtsbeeinträchtigungen nicht drohten. Die dagegen erhobene Beschwerde (6 B 213/13) blieb ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies sie mit Beschluss vom 10. April 2013 zurück.
17Die Auswahlentscheidung zur Besetzung der Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ traf das Polizeipräsidium erneut zugunsten eines Mitbewerbers (POK I. ) unter Zustimmung des Personalrats vom 21. Februar 2014. Das Polizeipräsidium N. unterrichtete den Kläger mit Schreiben vom 24. Februar 2014 davon, dass er bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt worden sei. Zur Begründung führte es aus: Neben den reinen Verwaltungsaufgaben gehöre zur Aufgabenwahrnehmung auch die Teilnahme an Einsätzen aus besonderem Anlass. Bei diesen Einsätzen sei es erforderlich, dass die Polizeivollzugsbeamten sicher und gezielt Handeln, die volle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und sich aufeinander verlassen können. Im Rahmen dieser Einsätze könnten die Beamten starken psychischen Belastungen ausgesetzt sein. Bei dem Kläger sei indes die Polizeidienstunfähigkeit festgestellt worden. Eine eingeschränkte Verwendbarkeit im Polizeivollzugsdienst weise er nicht mehr auf. Im Gutachten vom 12. September 2007 sei festgestellt worden, dass der Kläger in Situationen, die Entscheidungs-, Entschluss- und Tatkraft benötigten, nur eingeschränkt in der Lage sei, adäquat zu reagieren.
18Mit Bescheid vom 26. Februar 2014 versetzte das Polizeipräsidium N. den Kläger in die Laufbahn des mittleren allgemeinen Verwaltungsdienstes (Regierungsamtsinspektor) und wies ihn der Direktion K, KI 2, KK 24 zu. Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 31. März 2014, dass er die Ernennungsurkunde zum jetzigen Zeitpunkt nicht annehme. Gegen den Bescheid vom 26. Februar 2014 erhob der Kläger am 26. März 2014 Klage (2 K 2117/14).
19Der Kläger hat am 19. Mai 2015 die vorliegende Klage mit dem Begehren erhoben, in Bezug auf den Dienstposten Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 1“ eine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen. Zur Begründung der Klage macht er geltend: Die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit sage nichts darüber aus, dass der Beamte nicht mehr mit Aufgaben des Polizeivollzugsdienstes betraut werden könne. Die entsprechenden ärztlichen Feststellungen seien veraltet und dementsprechend nicht mehr verwertbar. Die gesundheitliche Situation des Klägers habe sich insoweit verbessert, als dass er ohne weiteres einzelne Einsätze aus besonderem Anlass wahrnehmen könne.
20Der Kläger beantragt,
21das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidiums N. vom 24. Februar 2014 zu verurteilen, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Direktion Verkehr, Verkehrsinspektion 2, Verkehrskommissariat 1“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Er führt aus: Der Kläger erfülle aufgrund der bei ihm festgestellten Polizeidienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht die Vorgabe einer dauerhaft (nur) eingeschränkten Verwendungsfähigkeit im Polizeivollzugsdienst. Davon abgesehen stünde die im Wege der Umsetzung vorzunehmende Stellenbesetzung im Ermessen des Dienstherrn. Im Rahmen der Auswahlentscheidung sei berücksichtigt worden, dass der Kläger dauerhaft die mit dem Dienstposten verbundenen Aufgaben nicht wahrnehmen könne. Anders als bei den Mitbewerbern hätten beim Kläger aufgrund der feststehenden Polizeidienstunfähigkeit gegenüber den Verwendungseinschränkungen der Mitbewerber weiterreichende gesundheitliche Defizite vorgelegen. Davon abgesehen sei berücksichtigt worden, dass der Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst abzuleisten hätte. Angesichts dieses Zeitrahmens sei zu erwarten, dass der Kläger noch verschiedene Funktionen aufgrund zukünftiger personalorganisatorischer Notwendigkeiten wahrnehmen müsste. Hieran sei er indes aufgrund der festgestellten Polizeidienstunfähigkeit gehindert. Schließlich seien auch fiskalische Erwägungen in die Auswahlentscheidung eingeflossen. Der Kläger wäre bei einem Verbleib im Polizeivollzugsdienst dauerhaft berechtigt, die Polizeizulage zu erhalten und hätte Ansprüche aus der Freien Heilfürsorge, obwohl er die gesundheitlichen Voraussetzungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr erfülle.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und der Verfahren 2 K 4427/12, 2 L 2162/12, 2 K 2117/14 und 2 K 3365/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
26Entscheidungsgründe:
27Die Kammer konnte durch den Einzelrichter (§ 6 VwGO) entscheiden, weil sie ihm mit Beschluss vom 4. Mai 2015 den Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen hat.
28Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das beklagte Land verurteilt wird, über die Bewerbung des Klägers auf die Funktionsstelle „Sachbearbeiter in der Verkehrsinspektion 2“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Denn die Auswahlentscheidung ist rechtsfehlerfrei getroffen worden.
29Die angegriffene Auswahlentscheidung musste, das sie lediglich eine im Ermessen des Dienstherrn liegende Organisationsmaßnahme betraf, nicht nach den Grundsätzen der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) getroffen werden. Die Entscheidung ist daher nur daraufhin überprüfbar, ob die Bewerbung des Klägers aus einem sachlichen Grund und unter Wahrung des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) unberücksichtigt geblieben ist. Das Polizeipräsidium N. hat die streitgegenständliche Stelle mit einem Bewerber besetzen wollen, der lediglich Verwendungseinschränkungen im Sinne des § 116 Abs. 1 Halbsatz 2 LBG NRW unterliegt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der auf dem streitgegenständlichen Dienstposten einzusetzende Beamte im Einzelfall noch zu Einsätzen aus besonderem Anlass herangezogen werden können soll. Dies sei bei dem Kläger mit Blick auf dessen gesundheitliche Einschränkungen indes nicht der Fall. Der Kläger ist nach Aktenlage nur eingeschränkt in der Lage in Situationen, die Entscheidungsfähigkeit, Entschluss- und Tatkraft erforderten, angemessen zu handeln. Dass sich seine gesundheitliche Situation nachhaltig gebessert haben könnte, ist durch nichts belegt.
30Abgesehen davon ist ein sachlicher Grund für die Nichtberücksichtigung der Bewerbung des Klägers gegeben, weil der - mangels Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 58 Abs. 2 VwGO nach Ablauf eines Jahres bestandskräftig gewordene - Bescheid vom 11. April 2008 nicht nur eine verbindliche Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstfähigkeit des Klägers enthielt, sondern zugleich verbindlich regelt, dass der Kläger (im Gegensatz zu dem Mitbewerber) nicht mehr im Polizeivollzugsdienst zu belassen ist, insbesondere nicht mehr gemäß § 116 Abs. 1, Halbsatz 2 LBG NRW auf einem Dienstposten verwendet werden soll, der die besonderen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert.
31Der Beklagte hat eine dahingehende Regelung zwar nicht ausdrücklich in einem Entscheidungssatz getroffen. Er hat im Begründungsteil des Bescheides vom 11. April 2008 im Anschluss an die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit aber ausgeführt:
32„Insbesondere unter Berücksichtigung Ihres Lebensalters (40 J.) steht der Behörde eine den vorliegenden Einschränkungen entsprechende Verwendung im Polizeibereich auf Dauer nicht zur Verfügung.“
33Im Hinblick darauf, dass nach Einschätzung des Polizeipräsidiums N. aus diesem Grund ein Verbleib des polizeidienstunfähigen, aber allgemein dienstfähigen Klägers im Polizeivollzugsdienst nicht in Betracht kam, kündigte das Polizeipräsidium N. zugleich an, den Vorgang der Bezirksregierung vorzulegen, um den für eine dauerhafte Verwendung des Klägers im Verwaltungsbereich erforderlichen Laufbahnwechsel einzuleiten. Die Durchführung der den Erwerb der Laufbahnbefähigung für den allgemeinen mittleren Verwaltungsdienst vorbereitenden Unterweisungszeit wird aber erkennbar nur dann in Betracht gezogen, wenn ein Verbleib im Polizeivollzugsdienst gerade nicht möglich ist bzw. vom Dienstvorgesetzten nicht vorgesehen wird. Zudem waren der Laufbahnwechsel und die vorherige Unterweisungszeit Gegenstand eines mit dem Kläger und dessen Verfahrensbevollmächtigten zuvor, am 31. März 2008, geführten Gesprächs. Ausweislich eines hierüber gefertigten Aktenvermerks des Polizeipräsidiums N. vom 11. April 2008 hatte der Kläger sich bei dieser Gelegenheit hiermit sogar einverstanden erklärt.
34Nach alledem regelte der Bescheid vom 11. April 2008 bereits abschließend, dass der Kläger den Laufbahnwechsel zu vollziehen hat und nicht im Polizeivollzugsdienst verbleiben wird.
35Das Polizeipräsidium N. hat seine Ermessenserwägungen darüber hinaus selbstständig tragend und rechtsfehlerfrei auf fiskalische Erwägungen gestützt. Auch den Gesichtspunkt, dass der Kläger im Polizeivollzugsdienst zulagenberechtigt ist, muss der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens mit in seine Entscheidung einfließen lassen dürfen. Er muss es im Einzelfall für geboten halten, einen Beamten, dauerhaft zulagenberechtigt im Polizeivollzugsdienst zu beschäftigen, obwohl keine besonderen Belastungen vorliegen, auf denen die Zulagengewährung beruht.
36Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. August 2003 – 6 A 1579/02 -, juris.
37Schließlich hat das Polizeipräsidium N. rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass der - gegenüber dem ausgewählten Mitbewerber lebensjüngere - Kläger noch mindestens 17 Dienstjahre im Polizeivollzugsdienst zu verbringen hätte. Angesichts dieses Zeitraums lasse sich bei ihm nicht die Prognose rechtfertigen, er werde auf Dauer nur die angestrebte Funktion im Polizeivolldienst wahrnehmen.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
39Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint; - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde; - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll; - 4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will; - 5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
An Stelle des nach § 22 zu gewährenden Ersatzlands kann der Entschädigungsberechtigte, soweit dadurch Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden, eine ablösbare Naturalwertrente verlangen, wenn er wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit auf die Gewährung von Ersatzland verzichtet. Bei der Bemessung der Rentenbeträge ist unter sinngemäßer Anwendung des § 16 des Bewertungsgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Bewertung des Vermögens für die Kalenderjahre 1949 bis 1951 vom 16. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 22) von dem Betrag auszugehen, der sich ergeben würde, wenn die Entschädigung in einer Kapitalsumme zu leisten wäre.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 20. Januar 1954 geborene Kläger steht seit dem 1. Oktober 1970 als Polizeivollzugsbeamter im Dienst des beklagten Landes. Zuletzt wurde er im Jahre 1995 zum Kriminalhauptkommissar (BesGr A11 BBesO) befördert.
3In den folgenden Jahren wurde bei dem Kläger anhand der dienstlichen Beurteilungen ein Leistungsabfall aktenkundig. Ausgehend von den bescheinigten schlechten dienstlichen Leistungen bei seiner damaligen Dienststelle, dem Polizeipräsidium (PP) L. , sollte er 1999 auf seine Verwendungsfähigkeit untersucht werden; sein privat behandelnder Arzt Dr. C. empfahl „dringend“ einen Wechsel der Dienststelle. Die Untersuchung fand schließlich am 27. April 2000 bei dem Dipl.-Psychologen Dr. med. O. statt, musste aber abgebrochen werden, nachdem der Kläger Anstoß an dem Grund der Untersuchung nahm und seine weitere Mitwirkung verweigerte. Nach dem Bericht des Dr. O. soll der Kläger angegeben haben, „er halte sich nicht für vermindert leistungsfähig, sondern das Mobbing am Arbeitsplatz sei Ursache für seine Probleme“. Bei noch nicht abgeschlossener Untersuchung habe der Kläger „persönlichkeitsauffällig“ gewirkt.
4Seit 2001 ist bei dem Kläger eine Behinderung („psychische Beeinträchtigung mit Depressivität“) mit einem GdB von 40 anerkannt.
5Der Kläger war in dieser Zeit immer wieder dienstunfähig erkrankt; zudem kam es zu verschiedenen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. 2001 unterzog sich der Kläger einer Reha-Maßnahme in Bad P. . Wegen eines Vorfalles am 24. Juni 2002 in einem Eiscafé in L. -S. wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ab Juli 2002 trat erneut Arbeitsunfähigkeit ein (Bericht des Nervenarztes Dr. U. vom 7. März 2003). Prof. Dr. T. (Universität zu L. ) erstattete unter dem 5. Mai 2003 ein fachpsychologisches Gutachten über den Kläger. Dieses Gutachten wertete der Polizeiärztliche Dienst in L. (Dr. I. ) dahin aus, dass aus polizeiärztlicher Sicht keine Hinweise auf eine Verwendungseinschränkung beständen; eine stufenweise Wiedereingliederung in den Dienst sei möglich.
6Mit Verfügung der Bezirksregierung L. vom 17. Mai 2004 wurde der Kläger zum Landrat des S. -F. -Kreises als Kreispolizeibehörde (im Folgenden: Landrat) versetzt. Er sollte dort ab dem 1. Juni 2004 in L1. eine Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell mit zunächst vier Arbeitsstunden täglich beginnen. Nachdem er zunächst wie vorgesehen erschienen war, verließ er am nächsten Tag, dem 2. Juni 2004, die Dienststelle, um den Arzt aufzusuchen; seitdem ist er dienstunfähig erkrankt. Die Erkrankung wies er in der Folge (bis einschließlich 12. November 2009) durch Vorlage privatärztlicher Atteste lückenlos nach. Mit Schreiben vom 15. Juli 2004 erklärte er, ihm sei eine Dienststelle in I. in Aussicht gestellt worden; es sei für ihn von wesentlicher Bedeutung, gerade in I. dienstlich Verwendung zu finden. Eine Verwendung in C. oder L1. sei „aus verbindungstechnischen Gründen auszuschließen“.
7Im Jahre 2006 wurde die Angelegenheit auf Betreiben des Klägers wieder aufgegriffen. Es wurde eine Untersuchung durch den Polizeiärztlichen Dienst der Bezirksregierung L. veranlasst, die am 18. April 2006 stattfand. Dabei soll der Kläger gegenüber dem untersuchenden Polizeiarzt Dr. S1. nach dessen Bericht wiederum geäußert haben, er sei jederzeit sofort zu einer vollen Arbeitsaufnahme an seiner gewünschten Arbeitsstelle in I. bereit. „Alles andere komme nicht in Frage“. Dr. S1. merkt dazu in seinem Bericht an:
8„Die Vorstellungen des Beamten wirken seltsam welt- und lebensfremd. Es bestehen Anzeichen einer Realitätsverkennung. Ereignisse in der Vergangenheit weisen auf eine ernste psychiatrische Erkrankung.“
9Es entspann sich ein Schriftwechsel über die Dienstfähigkeit und weitere Verwendung des Klägers. Der Kläger wandte sich mit einer Beschwerde an das Innenministerium NRW. Privat befand er sich außer bei Dr. U. auch bei dessen Nachfolger Dr. Q. in Behandlung. Im Auftrage des Dienstherrn waren neben Dr. S1. als weitere Ärzte Dr. I. (Polizeiärztlicher Dienst PP C1. ) und der Facharzt für Innere Medizin Regierungsmedizinalrat C2. (Polizeiärztlicher Dienst PP L. ) mit der Angelegenheit befasst. RMR C2. untersuchte den Kläger am 6. November 2008 auf seine Verwendungsfähigkeit. Er notierte dazu:
10„mit Beamten besprochen, dass stationäre Reha-Maßnahme + anschließende Begutachtung sinnvoll ist“.
11Unter Bezugnahme auf die Untersuchung forderte der Landrat den Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 2008 auf, sich am 8. Januar 2009 im B. -Krankenhaus in L. -Q1. vorzustellen. Dem kam der Kläger nach. Zu der ambulanten Vorstellung soll er mit einer Aktentasche erschienen sein und, auf diese deutend, erklärt haben, „dieses Verfahren“ sei das Problem. Er werde nicht fair behandelt. Nach dem erhobenen Aufnahmebefund (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. I1. ) bestand Krankheitsgefühl und Krankheitseinsicht. Vor dem Termin hatte unter anderem RMR C2. versucht, dem Kläger die Notwendigkeit der Untersuchung zu verdeutlichen; er rief den Kläger auch anschließend an, konnte ihn aber nicht dazu bewegen, einer stationären Aufnahme zuzustimmen.
12RMR C2. wandte sich daraufhin unter dem 27. Januar 2009 an die C3. -Klinik in S2. ; dort sei eine stationäre Behandlung des Klägers dringend erforderlich. Es werde gebeten, den Aufnahmetermin baldigst zu vereinbaren und dem Kläger mitzuteilen. Der Kläger, dem die Anmeldung der stationären Behandlung unter demselben Tag bekanntgegeben worden war, legte mit Anwaltsschreiben vom 4. März 2009 Widerspruch ein. Er bestritt die Voraussetzungen für eine Einweisung in die psychiatrische Fachklinik. Die C3. -Klinik teilte daraufhin dem Kläger mit, sie habe den stationären Aufnahmetermin zum 24. März 2009 „wunschgemäß“ wieder gestrichen.
13Das PP L. (RMR C2. ) schrieb unter dem 17. April 2009 den Kläger an und wies ihn darauf hin, der Termin bei der Klinik sei nun endgültig abgesagt; statt dessen sei jetzt beabsichtigt, „die aus unserer Sicht dringend notwendige stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Fachklinik G. “ in Bad T. einzuleiten. Der Kläger antwortete unter dem 24. April 2009, sein Widerspruch gegen die Einweisung in die Psychiatrie bleibe bestehen, und verwies auf Stellungnahmen seines behandelnden Arztes Dr. Q. vom 9. Februar 2009 sowie des von ihm eingeschalteten Facharztes für Psychiatrie L2. vom 21. März 2009, die einen stationären Krankenhausaufenthalt nicht für erforderlich hielten.
14Bereits mit Schreiben vom 15. April 2009 hatte das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW (LAFP) sich an den Landrat gewandt und gebeten, angesichts „der außerordentlich langen Krankheitszeit sowie seiner beharrlich[en] Weigerung [,] an den jeweiligen notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, „das PDU-Verfahren“ für den Kläger „unverzüglich einzuleiten“. Zugleich wurde darum gebeten, dass der Kläger „vor der geplanten Begutachtung“ in der Klinik „G. “ „alsbald bei dem zuständigen Gutachter, Herrn Dr. I. , beim PÄD C1. vorstellig wird“ (Hervorhebung im Original).
15Der Landrat schrieb darauf den Kläger mit Datum vom 23. April 2009 an und teilte ihm mit, er habe aufgrund seiner „außergewöhnlich langen Krankheitszeit“ und seinen „Weigerungen [,] an den jeweils geplanten notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, „sowohl erhebliche Zweifel“ an seiner Polizeidienstfähigkeit als auch an seiner allgemeinen Dienstfähigkeit. Er beabsichtige daher, ein „Polizeidienstunfähigkeits-Verfahren“ einzuleiten. Im Rahmen dessen sei eine Vorstellung beim PÄD C1. notwendig. Der Kläger wurde gebeten, eine Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht bis zum 6. Mai 2009 unterschrieben zurückzusenden.
16Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 legte der Kläger gegen die Verfügung Widerspruch ein, wobei er darauf hinwies, dass auch „gegen die Einweisung in das Krankenhaus der Psychiatrie durch den Polizeiarzt Dr. C2. weiterhin ein Widerspruchsverfahren anhängig ist“. Der Landrat antwortete hierauf unter dem 19. Mai 2009, die Einlegung eines Widerspruchs sei nicht zulässig, da der Bescheid „lediglich eine Zusammenfassung der Ereignisse und eine Aufforderung zur Mitwirkung“ darstelle. Mit gleichem Datum erging die Weisung an den Kläger, künftige Krankmeldungen „von Herrn Dr. C2. , Polizeiärztlicher Dienst in L. , bestätigen zu lassen“. Dazu hieß es: „Sollten Sie dieser Weisung nicht nachkommen, so besteht für Sie eine sofortige Dienstpflicht. Als Dienstort ist für Sie nach wie vor das Regionalkommissariat L1. (RK L1. ) vorgesehen.“
17Der Kläger nahm mit Schreiben vom 15. Juni 2009 Stellung. Er rügte die Gestaltung des Verfahrens und die Aktenführung und legte „weiterhin und erneut“ Widerspruch gegen die „Anweisung“ ein, „meine eingereichten Krankmeldungen meines Facharztes nur noch nach Bestätigung durch den Polizeiarzt Dr. C2. anzuerkennen“. Zur Begründung wies er darauf hin, dass dieser Polizeiarzt „in der kurzen Vergangenheit mehrfach versucht“ habe, ihn „in verschiedene Krankenhäuser der Psychiatrie stationär einzuweisen, ohne dafür jemals eine entsprechende Diagnose vorgelegt zu haben“. Der Polizeiarzt sei „derzeit nicht unbefangen“. Der Kläger stellte „daher den Antrag, mich bei einem neutralen Polizei- oder Amtsarzt vorstellen zu dürfen, über den eine Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit mit einem entsprechenden Gutachten durchgeführt werden kann“. Auch hierzu teilte der Landrat dem Kläger mit, die Einlegung eines Widerspruchs sei nicht möglich (Schreiben vom 19. Juni 2009). Er bat nochmals um „Einreichung der unterschriebenen Schweigepflichtsentbindung“ bis zum 2. Juli 2009.
18Mit Schreiben vom 22. Juni 2009 teilte der Landrat dem Kläger mit, der Untersuchungstermin beim Polizeiärztlichen Dienst in C1. sei nunmehr am 8. Juli 2009, und forderte den Kläger auf, diesen Termin wahrzunehmen. Der Kläger erhob unter anderem gegen dieses Schreiben unter dem 1. Juli 2009 Widerspruch. Zum Termin am 8. Juli 2009 erschien er nicht. Am selben Tag erstattete Dr. I. (PP C1. ) der Kreispolizeibehörde Bericht und empfahl, die Dienstunfähigkeit des Klägers „auch ohne entsprechendes polizeiamtsärztliches Gutachten festzustellen und das Zurruhesetzungsverfahren aufgrund Dienstunfähigkeit einzuleiten“. Der Landrat informierte den Kläger unter dem 13. Juli 2009 wiederum, dass ein Widerspruch gegen das Schreiben vom 22. Juni 2009 nicht möglich sei, weil es sich dabei um eine dienstliche Weisung gehandelt habe. Zudem griff er die Empfehlung des Dr. I. auf und hörte den Kläger mit Schreiben vom 22. Juli 2009 zur beabsichtigten Zurruhesetzung an.
19Mit Schreiben an den Vorsitzenden des Personalrates der Kreispolizeibehörde S. -F. -Kreis vom 1. September 2009 hielt der Landrat fest, die Dienstunfähigkeit des Klägers sei anzunehmen, da dieser „sich nunmehr seit Jahren weigert [,] zu entsprechenden Untersuchungen zu gehen und somit die Wi[e]derherstellung seiner Dienstfähigkeit durch sein Verhalten verhindert. Bei strikter Weigerung [,] sich Untersuchungen zu unterziehen, kann i.V.m. § 444 ZPO Dienstunfähigkeit angenommen werden.“ Er bat „um Kenntnisnahme der geplanten Maßnahme gem. § 2 LPVG“; je eine Durchschrift des Schreibens ging an die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung.
20Mit Bescheid vom 4. September 2009 verfügte der Landrat die Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des Monats September 2009 „infolge Polizeidienstunfähigkeit und allgemeiner Dienstunfähigkeit“. Der Bescheid war in der angekündigten Weise auf § 444 ZPO gestützt. Er wurde am 14. September 2009 in den Briefkasten des Klägers an seiner privaten Wohnung geworfen, nachdem der Kläger auf mehrmaliges Klingeln nicht geöffnet hatte.
21Mit Schreiben vom 14. September 2009 legte der Kläger Widerspruch ein; er begründete diesen unter dem 21. September 2009. Er rügte, dass ihm „bis zum heutigen Tage weder eine ärztliche Diagnose noch der offensichtlich gefertigte Untersuchungsbericht des Dr. C2. bekanntgegeben wurde“. Er wies zudem darauf hin, dass er „seit längerer Zeit den Antrag gestellt habe, mich einem neutralen und unbefangenen Polizeiarzt vorstellen zu dürfen, über den die Polizeidienstfähigkeit überprüft und das erforderliche psychiatrische Gutachten veranlasst werden kann“.
22Der Landrat wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2009 zurück. Zur Begründung führte er aus: Durch die Verweigerungshaltung des Klägers sei eine Sachaufklärung und konkret die Überprüfung von dessen Dienstfähigkeit nicht möglich. Diese Haltung habe er in Anlehnung an § 444 ZPO als erhebliches Indiz für das Vorliegen der Polizeidienstunfähigkeit gewertet. Das Vorbringen des Klägers rechtfertige keine abweichende Betrachtung. Auf seine selbstständig eingeholte gutachterliche Stellungnahme komme es nicht an. Gemäß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 116 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes NRW (im Folgenden: LBG) sei für die Entscheidung über die Dienst(un)fähigkeit eines Polizeibeamten allein der Amtsarzt des örtlich zuständigen Gesundheitsamts oder ein beamteter Polizeiarzt zuständig. Zu der Vermutung der Polizeidienstunfähigkeit kämen die Gesamtumstände und die außergewöhnlich lange Krankheitszeit hinzu.
23Am 14. Oktober 2009 hat der Kläger Klage erhoben.
24Im Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht ein Gutachten zur Frage der allgemeinen und der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers eingeholt, das der Sachverständige Dr. N. (Klinik G. , Bad T. ) unter dem 19. Juli 2011 erstattet hat. Grundlage für das Gutachten waren die vorliegenden Akten, da eine persönliche Begutachtung des Klägers nicht zustande kam. Es kommt zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zum Zeitpunkt der verfügten Zurruhesetzung (30. September 2009) die Voraussetzungen einer Polizeidienstunfähigkeit und allgemeinen Dienstunfähigkeit vorgelegen hätten.
25Der Kläger hat geltend gemacht: Das beklagte Land habe sich mit der Annahme seiner Dienstunfähigkeit in Widerspruch zu dem gleichzeitig betriebenen und von der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts zu Gunsten des Klägers entschiedenen Verfahren auf Kürzung von Dienstbezügen wegen schuldhaften Fernbleibens vom Dienst gesetzt. Die Frage der Dienstfähigkeit eines Beamten dürfe nicht in dieser Weise über Jahre hinweg unbeantwortet im Raum stehen bleiben. Zudem hat der Kläger Einwendungen gegen die Begutachtung durch Dr. N. erhoben und deren Ergebnis mit Stellungnahmen der Ärzte Dr. Q. und L2. in Zweifel gezogen, die im Gegensatz zu Dr. N. einen persönlichen Eindruck von ihm hätten.
26Der Kläger hat beantragt,
27den Bescheid des Landrats des S. -F. -Kreises als Kreispolizeibehörde vom 4. September 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 aufzuheben.
28Das beklagte Land hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Es hat vorgetragen: Die mehrfache grundlose Verweigerung des Klägers, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, stelle ein erhebliches Indiz für das Vorliegen einer Dienstunfähigkeit dar. Die Feststellungen des Dienstherrn hierzu beruhten zudem auf den ärztlichen Stellungnahmen des Dr. S1. aus dem Jahre 2006 sowie des Dr. Q. vom 15. Juli 2009. Auch der beauftragte Gutachter Dr. I. sei in seinem Schreiben vom 8. Juli 2009 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Dienstunfähigkeit des Klägers zu unterstellen sei. Dieses Ergebnis werde durch das im gerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten nochmals bestätigt.
31Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. Dezember 2011 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Zurruhesetzung des Klägers finde ihre Rechtsgrundlage in § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009. In formeller Hinsicht sei der Bescheid nicht zu beanstanden; insbesondere seien die Personalvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie die Schwerbehindertenvertretung beteiligt worden. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand sei auch in materiell-rechtlicher Hinsicht rechtsfehlerfrei. Die Voraussetzungen der § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, § 116 Abs. 1 LBG hätten vorgelegen. Der Landrat habe den Kläger im Ergebnis zu Recht als dauernd polizeidienstunfähig angesehen. Zwar könne er dies nicht darauf stützen, dass der Kläger sich ohne hinreichenden Grund geweigert habe, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen; der Kläger habe nämlich gegen die Untersuchungsanordnungen jeweils rechtzeitig Widerspruch eingelegt, der aufschiebende Wirkung entfaltet habe. Aus dem von dem Gericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. ergebe sich aber, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt polizeidienstunfähig gewesen sei. Auch sei die Prognose, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren nicht wiedererlangen werde, plausibel gewesen. Vor dem Hintergrund der Diagnose einer „Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden und zwanghaften Strukturmerkmalen“ komme erkennbar auch die Wahrnehmung eines alternativen Dienstpostens („leidensgerechter Arbeitsplatz“) nicht in Betracht.
32Das Urteil wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Januar 2012 zugestellt. Am 26. Januar 2012 hat er die Zulassung der Berufung beantragt. Die Begründung des Zulassungsantrages ist am 3. März 2012 eingegangen.
33Mit der vom Senat zugelassenen und rechtzeitig begründeten Berufung tritt der Kläger der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen.
34Er trägt im Wesentlichen vor: Der angefochtene Bescheid sei schon formell rechtswidrig. Entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts seien Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragte und Schwerbehindertenvertretung nicht beteiligt worden. Der Beteiligungsmangel sei nicht nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, da nicht auszuschließen sei, dass das beklagte Land im Falle der Beteiligung auf die Zurruhesetzung des Klägers verzichtet hätte. Auch materiell sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft. Es habe sich nicht auf das erst im Gerichtsverfahren eingeholte Sachverständigengutachten stützen dürfen. Nach § 116 Abs. 2 LBG müsse das Gutachten vor der Zurruhesetzung eingeholt werden und von einem beamteten Polizeiarzt erstattet werden. Indem das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen sei, habe es zudem das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) verletzt. Es habe außerdem in unzulässiger Weise die Begründung des angefochtenen Bescheides ausgetauscht und durch eine eigene ersetzt. Damit habe es sowohl gegen Prozessrecht sowie das Gebot des effektiven Rechtsschutzes als auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen. Weder der angefochtene Bescheid noch das Verwaltungsgericht hätten zudem das Ermessen hinsichtlich der Weiterverwendung des Klägers ausgeübt.
35Zu seiner Dienstfähigkeit im Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung macht der Kläger geltend, dass diese im vollen Umfang gegeben gewesen sei. Dies entspreche der
36Einschätzung aller seiner behandelnden Ärzte. Der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. N. sowie das Verwaltungsgericht hätten sich mit deren Auffassung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Zudem hätte das Verwaltungsgericht ein ergänzendes Gutachten einholen müssen, da dasjenige des Dr. N. nicht aufgrund einer persönlichen Exploration erstellt worden sei. Ergänzend beruft sich der Kläger auf einen Bericht einer psychosomatischen Klinik in Bad Q2. , wo er sich vom 8. bis 29. Januar 2013 in stationärer Behandlung befunden hat.
37Der Kläger beantragt,
38das angefochtene Urteil zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
39Das beklagte Land beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Es trägt vor: Ein formeller Mangel bestehe nicht. Insbesondere die Gleichstellungsbeauftragte, die Zeugin G1. , sei rechtmäßig beteiligt worden. Sie sei durch den Leiter der ZA, Herrn P1. , im Rahmen der Personalratsvorlage zur beabsichtigten Zurruhesetzung des Klägers mündlich umfassend informiert worden. Danach habe sie Herrn P1. mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht keine Gründe dagegen sprächen. Unabhängig davon wäre eine fehlende Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Es könne ausgeschlossen werden, dass es im Falle ihrer Beteiligung zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Materiell sei die angefochtene Zurruhesetzung rechtmäßig. Der Landrat habe aus der Weigerung des Klägers, zu dem festgesetzten Untersuchungstermin zu erscheinen, entsprechend dem Rechtsgedanken des § 444 ZPO für diesen negative Schlüsse ziehen dürfen. Das Schreiben vom 23. April 2009, das kein Verwaltungsakt gewesen sei und gegen das somit auch nicht mit aufschiebender Wirkung Widerspruch habe eingelegt werden können, habe den Anforderungen der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt. Da der Kläger seit fünf Jahren krank gewesen sei, hätten weitere Gründe für die Untersuchung als alleine dieser Krankheitszeitraum nicht mitgeteilt werden können. Auch in der Berufungsinstanz müsse sich der Kläger den Rechtsgedanken des § 444 ZPO vorhalten lassen. Er habe sich in der ersten Instanz geweigert, sich von dem gerichtlich ausgewählten Sachverständigen untersuchen zu lassen.
42Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Gleichstellungsbeauftragten G1. als Zeugin sowie Erläuterung des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. N. .
43Wegen des weiteren Sachstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und Personalakten des beklagten Landes verwiesen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.
46Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Landrats vom 4. September 2009 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 28. September 2009 ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47I. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
481. Insbesondere ist die Gleichstellungsbeauftragte ordnungsgemäß beteiligt worden.
49Gemäß § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 des Landesgleichstellungsgesetzes NRW (LGG) wirkt die Gleichstellungsbeauftragte unter anderem bei personellen Maßnahmen mit. Sie ist gemäß § 18 Abs. 2 LGG frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören (Satz 1); ihr ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Satz 2). Zu den personellen Maßnahmen, die der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegen, zählt auch die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser weiblichen oder männlichen Geschlechts ist.
50Vgl. zur Geschlechterunabhängigkeit der Beteiligung zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2015 - 6 A 2234/13 -, juris, m.w.N.
51Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des Bescheides vom 4. September 2009 durch den Landrat war ordnungsgemäß.
52Der aus den Akten ersichtliche Schriftverkehr lässt allerdings keine Unterrichtung und Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten unter Beachtung ihrer Rechtsstellung erkennen. Der Landrat hat ihr danach lediglich das Schreiben an den Personalrat vom 1. September 2009 zur Kenntnis zugeleitet. In diesem wird der Personalrat im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 des Landespersonalvertretungsgesetzes NRW, im Folgenden: LPVG) um Kenntnisnahme von der geplanten Maßnahme gebeten. Weder hat der Landrat in diesem Schreiben auf das eigene Beteiligungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten Bezug genommen noch hat er ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
53Jedoch genügte die - erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene - mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten den Anforderungen.
54Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können auch durch eine mündliche Information gewahrt werden. Das Gesetz schreibt keine Schriftform vor.
55Die Information über die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers ist nicht zu spät erfolgt.
56§ 18 Abs. 2 Satz 1 LGG bestimmt, dass die Gleichstellungsbeauftragte „frühzeitig“ über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten und anzuhören ist. Aus dem darauffolgenden Satz 2 ergibt sich, dass sie im Regelfall mindestens eine Woche lang Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen muss. Wird diese Frist nicht gewährt, ist die beabsichtigte Maßnahme zunächst - für eine Woche - auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen (§ 18 Abs. 3 LGG).
57Mit dem Wort „frühzeitig“ hat der Gesetzgeber verdeutlichen wollen, dass die Gleichstellungsbeauftragte bereits im Planungsstadium zu beteiligen ist.
58Vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 12/3959, S. 60.
59Eine Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten ergibt nämlich nur dann Sinn, wenn ihr Zeit und Gelegenheit für Besprechungen und Diskussionen bleiben, um zu einem auch für sie akzeptablen Ergebnis zu kommen. Hierfür ist eine Unterrichtung zeitgleich mit der Einleitung einer konkreten Maßnahme in aller Regel zu spät.
60Vgl. Wankel/Horstkötter, in: Schiek u.a., Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 2002, Rn. 2567, 649.
61Nicht gefolgt werden kann dagegen der Auffassung, auch eine Information, die im Wesentlichen zeitgleich mit der Unterrichtung des Personalrats erfolgt, sei regelmäßig zu spät, da das Gesetz der Gleichstellungsbeauftragten andere und (teilweise) weitergehende Befugnisse als dem Personalrat gebe.
62Vgl. Eckertz-Höfer, PersR 1998, 189, 192 (zum FGG); Wankel/Horstkötter a.a.O., Rn. 649.
63Eine solche verallgemeinernde Betrachtungsweise wird der Vielfalt der in Frage kommenden Fallgestaltungen nicht gerecht. Entscheidend ist stattdessen der jeweils einschlägige Beteiligungstatbestand. Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten können weiter oder weniger weit gehen als diejenigen des Personalrats.
64So sieht z. B. das Gleichstellungsgesetz des Bundes die „aktive Teilnahme“ an allen Entscheidungsprozessen zu personellen Angelegenheiten vor (§ 20 Abs. 1 Satz 3 BGleiG). Hierin liegt aber eine Besonderheit des Bundesgleichstellungsgesetzes, die systematisch an das Recht der Gleichstellungsbeauftragten auf „frühestmögliche“ bzw. „frühzeitige“ Beteiligung sowie auf „unverzügliche und umfassende“ Unterrichtung anknüpft und ihre Einflussnahme im Verhältnis zur Mitwirkung zeitlich und sachlich vorverlagert.
65Vgl.BVerwG, Urteil vom 8. April 2010 - 6 C 3.09 -, BVerwGE 136, 263; VG Berlin, Urteil vom 8. Mai 2014 - 5 K 50.12 -, IÖD 2014, 163.
66Nach dem LGG ist es dagegen unbedenklich, wenn zum Zeitpunkt der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten der in Aussicht genommene Bescheid bereits schriftlich erstellt ist.
67Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2014 - 6 A 2486/13 -, juris, Rn. 5.
68Gemessen an den aufgezeigten Kriterien war die mündliche Unterrichtung der Gleichstellungsbeauftragten rechtzeitig. Auch angesichts der im Gesetz genannten Wochenfrist ist sie hinreichend „frühzeitig“ erfolgt.
69Nach der Darstellung der Gleichstellungsbeauftragten, der Zeugin G1. , in ihrer Erklärung vom 18. Juli 2014 wurde sie „im Rahmen der Personalratsvorlage zur beabsichtigten Zurruhesetzung“ des Klägers durch den Leiter ZA (Direktion Zentrale Aufgaben), Herrn P1. , „über den Vorgang vorab mündlich informiert“.
70Ausgehend davon hatte sie in der Zeitspanne spätestens vom 4. bis längstens 14. September 2009 Gelegenheit, die Angelegenheit mit dem Kläger zu erörtern, Einsicht in die betreffenden Akten zu nehmen (§ 18 Abs. 1 LGG) und sich klar darüber zu werden, ob sie ihr Widerspruchsrecht (§ 19 LGG) ausüben wollte. Dies ergibt sich aus den aktenkundigen Umständen: Die Personalratsvorlage und die Durchschriften für die Gleichstellungsbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung sind am 4. September 2009 abgesandt worden. Zu diesem Zeitpunkt war der Entscheidungsprozess beim Landrat noch nicht abgeschlossen. Zwar wurde unter diesem Datum bereits der Bescheid über die Zurruhesetzung des Klägers erstellt und die zugehörige Urkunde hierüber sogar mit dem Datum vom 3. September 2009 versehen. Beide Schriftstücke lagen aber erst im Entwurf vor. Sowohl der Bescheid als auch die Urkunde gingen am 9. September 2009 im Vorzimmer des Landrats ein und wurden anschließend durch diesen unterzeichnet. Dem Kläger wurden sie aber erst am 14. September 2009 zugestellt.
71Bei der Befragung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie ihre schriftliche Erklärung vom 18. Juli 2014 in der Weise präzisiert, dass sie von dem Verfahren des Klägers angesichts der ungewöhnlich langen Dauer ohnehin schon Kenntnis gehabt und „deutlich“ vor dem 1. September 2009 mit Herrn P1. über die Angelegenheit gesprochen und dabei auch in dessen Gegenwart Akteneinsicht genommen habe. Der Erhalt der mit diesem Datum erstellten und am 4. September 2009 abgesandten Personalratsvorlage sei für sie gewissermaßen nur die schriftliche Bestätigung dessen gewesen, was sie bereits mit Herrn P1. besprochen habe. Ausgehend von diesen Angaben, an denen der Senat zu zweifeln keinen Anlass hat, war die Zeitspanne, in der die Zeugin Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, gegenüber dem aus den Akten ersichtlichen Bild noch „deutlich“ länger.
72Ob die Zeugin sich während der nach alledem mehr als eine Woche umfassenden Zeitspanne tatsächlich eine Woche lang Zeit gelassen hat, um sich zu dem Vorgang zu äußern, ist nicht entscheidend. Denn nach ihrer Erklärung hat sie sich ausreichend informiert gesehen und Herrn P1. ihre Zustimmung zu der Maßnahme kundgetan. Damit hat sie jedenfalls auf die Ausschöpfung der Wochenfrist verzichtet. Ein solcher Verzicht ist wirksam. Es würde eine nutzlose Förmelei bedeuten, würde man der Gleichstellungsbeauftragten ansinnen, sie müsse in jedem Fall das Ende der Wochenfrist abwarten, bevor sie sich zu der Maßnahme erklären dürfe. Hält sie sich selbst schon vorher für ausreichend informiert, so steht es in ihrer Entscheidungsfreiheit, auf die Ausschöpfung der Wochenfrist zu verzichten und sich schon vor deren Ablauf abschließend zu äußern.
732. Auch im Übrigen ist der Bescheid formell rechtmäßig.
74Eine Beteiligung des Personalrats über das Schreiben vom 1. September 2009 hinaus, in dem er im Wege der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 LPVG) um Kenntnisnahme von der beabsichtigten Maßnahme gebeten wurde, war nicht erforderlich. § 72 LPVG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 21. April 2009 (GV. NRW. S. 224, mit Wirkung vom 1. April 2009) sah - anders als etwa die heutige, seit dem 16. Juli 2011 geltende Fassung (§ 72 Abs. 1 Nr. 9 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 5. Juli 2011, GV. NRW. S. 348) - eine Mitbestimmung bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand nicht vor. Eine Mitwirkung nach § 74 Abs. 3 LPVG in der Fassung des Gesetzes vom 9. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 394) setzte einen Antrag des Beamten voraus. Trotz entsprechender Belehrung in dem Anhörungsschreiben vom 22. Juli 2009 hat der Kläger einen solchen Antrag aber nicht gestellt.
75Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung war nicht erforderlich, da der Kläger mit einem GdB von 40 kein Schwerbehinderter war (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Zwar ist bei einem derartigen GdB die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten möglich (§ 2 Abs. 3 SGB IX).
76Zu den Rechtswirkungen siehe z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 55.07 -, NWVBl. 2009, 303.
77Dafür, dass im Falle des Klägers der dafür erforderliche Gleichstellungsbescheid des Arbeitsamtes nach § 68 Abs. 2 SGB IX ergangen wäre, ist aber nichts ersichtlich. Der Kläger selbst hat auf Befragen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, ihm sei ein solcher Gleichstellungsbescheid nicht bekannt.
78Im Übrigen wurde die Schwerbehindertenvertretung vorsorglich nach § 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt, indem sie eine Durchschrift des Schreibens an den Personalrat erhielt mit der ausdrücklichen Bitte um eine „Stellungnahme gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB IX“.
79Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schließlich ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine Verfügung, mit der ein Beamter wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt wird.
80Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014- 2 C 22.13 -, NVwZ 2014, 1319.
81II. Der Bescheid ist im Ergebnis auch materiell rechtmäßig.
82Für die Rechtmäßigkeit einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an.
83Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 2 C 68.11 -, BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 11.
84Maßgeblicher Zeitpunkt ist hier danach der 28. September 2009 als das Datum des Widerspruchsbescheides.
85Die Voraussetzungen für die Zurruhesetzung des Klägers nach § 26 Abs. 1 BeamtStG lagen zu diesem Zeitpunkt vor.
861. Seine Dienstunfähigkeit durfte allerdings nicht, wie in dem angefochtenen Bescheid geschehen, daraus hergeleitet werden, dass er sich ohne hinreichenden Grund geweigert habe, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen.
87a) Zwar folgt dies nicht daraus, dass der Kläger gegen die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 jeweils Widerspruch eingelegt hat und dieser aufschiebende Wirkung entfaltet hätte.
88Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs tritt nur ein, wenn die Anordnung, gegen die sich der Widerspruch richtet, ein Verwaltungsakt ist (§ 80 Abs. 1 VwGO, § 35 VwVfG). Dies ist bei einer Untersuchungsaufforderung im Allgemeinen nicht der Fall.
89Die gegenüber einem Beamten ergangene Aufforderung, sich zur Klärung seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Verwaltungsakt. Nach Auffassung des BVerwG ist sie ihrem objektiven Sinngehalt nach nicht dazu bestimmt, Außenwirkung zu entfalten, da ihr Schwerpunkt in der Frage der künftigen Dienstleistung und der Konkretisierung der darauf bezogenen Pflicht des Beamten liegt, bei der Klärung seiner Dienstfähigkeit mitzuwirken. Als gemischte dienstlich-persönliche Weisung regele sie einen einzelnen Schritt in dem gestuften Verfahren, das bei Feststellung seiner Dienstunfähigkeit mit seiner Zurruhesetzung ende.
90Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 -, NVwZ 2012, 1483 = juris, Rn. 14 f.
91Die mit dem Beamtenrecht befassten Senate des erkennenden Gerichts haben sich dieser Rechtsprechung zur Wahrung der Rechtseinheit angeschlossen, jedenfalls soweit die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung nicht in der Gestalt einer Entscheidung ergangen ist, die aus der Sicht eines verständigen Adressaten schon wegen ihrer äußeren Form als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2013 - 6 B 975/13 -, DÖD 2014, 73 = juris, Rn. 7; Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 B 550/12 -, OVGE 55, 194 = juris, Rn. 9; Urteil vom 4. April 2014 - 1 A 1707/11 -, juris, Rn. 61 f.
93Danach waren die Anordnungen vom 12. Dezember 2007, 23. April 2009 und 22. Juni 2009 keine Verwaltungsakte. Keines dieser Schreiben hatte seiner äußeren Form nach die Gestalt eines Verwaltungsakts. Insbesondere war keinem der Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
94Es bedarf daher auch keiner Erörterung, ob der in diesem Zusammenhang vom Bundesverwaltungsgericht geäußerten Rechtsansicht zu folgen ist, eine Maßnahme, die kein Verwaltungsakt sei, werde auch nicht dadurch zu einem solchen, dass über sie durch Widerspruchsbescheid entschieden oder sie von der Widerspruchsbehörde als solcher bezeichnet worden sei oder die Behörde ihren Sofortvollzug angeordnet habe.
95Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., BVerwGE 146, 347 = juris, Rn. 16.
96b) Gleichwohl durfte die Zurruhesetzung nicht darauf gestützt werden, dass der Kläger die angeordneten ärztlichen Untersuchungen ohne hinreichenden Grund verweigert habe.
97Sind die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung, die von der zuständigen Stelle im Verfahren zur Feststellung der Dienstunfähigkeit angeordnet worden ist, nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, kann die Verweigerung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des betroffenen Beamten gewertet werden. Danach kann im Rahmen freier Beweiswürdigung auf die Dienstunfähigkeit geschlossen werden, wenn der Beamte durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich zur Nachprüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderliche ärztliche Untersuchung erheblich zu erschweren oder zu vereiteln. Diese Grundsätze gelten auch für eine vom Amts- oder Polizeiarzt für erforderlich gehaltene und vom Dienstherrn daraufhin angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung. Diese für den Beamten nachteilige Schlussfolgerung setzt aber eine rechtmäßige Untersuchungsanordnung voraus.
98Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 12 f.
99Die an den Kläger gerichteten Untersuchungsaufforderungen waren rechtswidrig.
100Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung wegen ihrer erheblichen Folgen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Insbesondere darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Betroffene werde schon wissen, „worum es gehe“. Dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so umschrieben werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.
101Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2012, a.a.O., Rn. 16 ff.; Beschluss vom 10. April 2014 - 2 B 80.13 -, NVwZ 2014, 892; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - 6 B 1293/14 -, juris, Rn. 15.
102Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als rein medizinische Feststellungen. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.
103Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013, a.a.O., Rn. 22 f.
104Ausgehend hiervon gilt im Falle des Klägers Folgendes:
105Bei der Aufforderung vom 12. Dezember 2007 ist schon unklar, ob sie sich überhaupt auf eine Untersuchung zur Frage der Dienstunfähigkeit bezog. Die Überschrift des Schreibens lautet allgemein „Fürsorgepflicht – Verwendung von Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten“. Ein Anlass für die Untersuchung wird nicht genannt. Zu Recht ist die angefochtene Zurruhesetzungsverfügung nicht auf die Nichtbefolgung dieser Aufforderung gestützt.
106In der Aufforderung vom 23. April 2009 wird ausgeführt, der Kläger sei seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen erkrankt; auch seien bisher sämtliche Versuche der Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlgeschlagen. Deshalb und wegen seiner Weigerung, „an den jeweils geplanten notwendigen polizeiärztlichen Untersuchungen teilzunehmen“, sei die „Einleitung eines Polizeidienstunfähigkeits-Verfahrens gem. §§ 45, 194 Landesbeamtengesetz NRW (§§ 34, 116 LBG NRW in der Fassung vom 01.04.2009)“ beabsichtigt. Damit mag der Anlass für die ärztliche Untersuchung bezeichnet sein. Es fehlt jedoch an jeglichen Angaben zu Art und Umfang dieser Untersuchung. Der Vortrag des beklagten Landes im Berufungsverfahren, wegen der längeren Erkrankung des Klägers habe eben nur diese Erkrankung mitgeteilt werden können, betrifft nur den Anlass der Untersuchung. Er lässt unberücksichtigt, dass zum Zeitpunkt der Untersuchungsaufforderung bereits zahlreiche ärztliche Stellungnahmen vorlagen, anhand derer die angeordnete Untersuchung nach Art und Umfang hätte näher eingegrenzt werden können.
107Auch das Schreiben vom 22. Juni 2009 lässt Angaben über Art und Umfang der vorzunehmenden Untersuchung vermissen.
1082. Die im gerichtlichen Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme hat indessen ergeben, dass bei dem Kläger am 28. September 2009 Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG bestand.
109a) Nach der Legaldefinition dieser Vorschrift ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dieser Grundtatbestand wird in dem darauffolgenden Satz um eine Beweiserleichterung ergänzt. Danach kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist von sechs Monaten (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 3 LBG) die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Trotz Verwendung des Wortes „kann“ räumt die Vorschrift kein Handlungsermessen in dem Sinne ein, dass trotz bejahter Dienstunfähigkeit noch von einer Zurruhesetzung abgesehen werden könnte.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 6 A 1311/13 -, juris, Rn. 13 f., m.w.N.
111Von der allgemeinen Dienstunfähigkeit ist bei einem Polizeivollzugsbeamten dessen Polizeidienstunfähigkeit zu unterscheiden. Sie liegt schon dann vor, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wiedererlangt (§ 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG i.V.m. § 116 Abs. 1 Halbs. 1 LBG).
112Zwischen der Polizeidienstunfähigkeit und der allgemeinen Dienstunfähigkeit besteht ein Stufenverhältnis. Auf der ersten Stufe seiner Prüfung muss der Dienstherr feststellen, ob der Polizeivollzugsbeamte noch den besonderen gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes genügt, mithin polizeidienstfähig ist. Falls dies nicht mehr der Fall ist, hat er in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Beamte über die vorliegende Polizeidienstunfähigkeit hinaus auch allgemein dienstunfähig ist.
113Vgl. (zum niedersächsischen Landesrecht) OVG Lüneburg, Urteil vom 9. Juli 2013 - 5 LB 99/13 -, juris, Rn. 24 ff.
114Aus diesem Stufenverhältnis folgt, dass es einer gesonderten Prüfung der Polizeidienstunfähigkeit nicht bedarf, wenn (sogar) die allgemeine Dienstunfähigkeit des Polizeivollzugsbeamten feststeht.
115b) Das Verwaltungsgericht durfte zu der Frage der allgemeinen Dienstunfähigkeit des Klägers und seiner Polizeidienstunfähigkeit ein Sachverständigengutachten einholen; die von der Berufung gerügten Rechtverletzungen liegen nicht vor.
116Die Beurteilung der Dienstunfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der Dienstunfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Verwaltungsgericht zu klären, ob der betroffene Beamte im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war.
117Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014 - 2 B 24.12 -, IÖD 2014, 100 = juris, Rn. 11.
118Nach § 86 Abs. 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die hier entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters.
119Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2014, a.a.O., Rn. 10.
120Über Gegenstand und Umfang des ggf. einzuholenden Sachverständigengutachtens hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO).
121Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 - 2 B 57.12 -, juris, Rn. 5.
122Die danach gebotene Gestaltung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens führt notwendig zu dem von der Berufung gerügten „Austausch der Begründung“ für die Zurruhesetzung. Die nicht tragfähige Handhabung des § 444 ZPO wird in derartigen Fällen ersetzt durch eine objektive Feststellung der Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten. Eine Rechtswidrigkeit ergibt sich hieraus nicht; vielmehr wird der gesetzliche Auftrag der Verwaltungsgerichte zu einer eigenen Entscheidung in Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfüllt.
123Damit geht zugleich einher, dass die im Landesbeamtenrecht vorgesehene, im Streitfall aber unterbliebene Einholung eines polizeiärztlichen Gutachtens (§ 116 Abs. 2 LBG) ohne Bedeutung ist. Die insoweit an das Verwaltungsverfahren gestellte Anforderung wird durch die im gerichtlichen Verfahren geltenden Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung überholt. Es wäre nämlich ungereimt, wenn das Gericht in Ausübung seiner Amtsermittlung den Sachverhalt erforschen und eine eigene Bewertung der Dienstunfähigkeit des Beamten vornehmen müsste, diese seiner Entscheidung aber nicht zugrunde legen dürfte, weil dem der mit der rechtswidrigen Begründung der Behördenentscheidung untrennbar verbundene Mangel des Verwaltungsverfahrens entgegen stünde. Ob dies auch aus § 46 VwVfG NRW abzuleiten ist, kann deshalb dahinstehen.
124c) Der Sachverständige Dr. N. durfte sein Gutachten auf der Grundlage des mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 29. März 2011 geänderten Auftrags nach Aktenlage erstatten, nachdem ein Untersuchungstermin mit dem Kläger nicht zustande gekommen ist.
125Die zwingende Notwendigkeit einer persönlichen Exploration besteht auch bei einem medizinischen Gutachten zu psychiatrischen Fragen nicht. Regelmäßig bietet zwar die persönliche Exploration die bessere Grundlage für die Erstattung des psychiatrischen Gutachtens. Dies schließt aber nicht aus, dass sich die nach dem Gutachtenauftrag relevanten Fragen im Einzelfall auch alleine auf der Grundlage des umfangreichen Aktenmaterials hinreichend verlässlich beantworten lassen.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Juli 2014, a.a.O., Rn. 27.
127Allerdings darf von der persönlichen Exploration nicht schon deshalb abgesehen werden, weil diese nicht „automatisch“ Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des Beamten zu dem maßgeblichen früheren Zeitpunkt zulässt. Kein plausibler Grund ist es auch, dass der Beamte eine erbetene Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zwecks Einsichtnahme in die früheren ärztlichen Unterlagen nicht abgegeben hat.
128Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2014 - 2 B 105.12 -, juris, Rn. 46 f.
129So liegt der Fall hier indessen nicht. Vielmehr hat der Sachverständige Dr. N. dem Kläger mehrere Termine für eine persönliche Exploration angeboten. Der Kläger war aber nicht bereit, sich vorbehaltlos auf einen solchen Termin einzulassen, sondern sandte in kurzer Folge mehrere Schreiben an den Sachverständigen, in denen er immer neue, zum Teil nicht nachvollziehbare Einwände vorbrachte. Im Einzelnen hat der Sachverständige dies in seinem schriftlichen Gutachten dargestellt (S. 20 f., 25 f., 31 f.) und hierzu auch bereits im erstinstanzlichen Verfahren eine Erklärung abgegeben (Schreiben vom 19. Oktober 2011).
130d) Aus dem Gutachten vom 19. Juli 2011 ergibt sich nach der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch den Sachverständigen (§ 411 Abs. 3 ZPO) schlüssig, dass der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides (28. September 2009) allgemein dienstunfähig, also zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig war (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG).
131Die insoweit in den Blick zu nehmenden Dienstpflichten beziehen sich auf das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne, nicht hingegen auf seinen Dienstposten (sein Amt im konkret-funktionellen Sinne).
132Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, DÖD 2009, 312 = juris, Rn. 44 ff., m.w.N.
133Bei dem Kläger ist das maßgebliche Amt im abstrakt-funktionellen Sinne dasjenige eines Kriminalhauptkommissars (BesGr A11 BBesO). Aus dem Gutachten geht hervor, dass er dauernd unfähig war, die mit diesem Amt verbundenen Dienstpflichten zu erfüllen.
134Das Gutachten enthält mit einer etwa 25 Seiten umfassenden Auswertung der Aktenlage die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt und lässt damit die Entscheidungsgrundlage erkennen. Es legt in der darauf aufbauenden Bewertung (S. 26 ff.) nachvollziehbar dar, dass bei dem Kläger ein Beschwerdebild vorlag, das zu erheblichen Einschränkungen in der Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben führte. Diagnostisch nimmt der Gutachter eine Persönlichkeitsstörung mit vorwiegend paranoiden und zwanghaften Strukturmerkmalen an und führt dies anhand der Kriterien der International Classification of Diseases (ICD) aus (S. 33 ff.). Er beschreibt die sich daraus ergebenden hochgradigen Arbeitsstörungen einschließlich der eingeschränkten Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem zu unterscheiden, und deutlichen Einschränkungen der Teamfähigkeit (S. 36) sowie der Entscheidungsfähigkeit (S. 37) bei einem „zwanghaften Hin und Her“ zwischen dem Abstreiten der psychischen Erkrankung und der Verweigerung der Arbeitsleistung (S. 37). Der daraus gezogene Schluss auf die allgemeine Dienstunfähigkeit des Klägers (S. 37) liegt nicht nur nahe, sondern drängt sich geradezu auf. Eines näheren Eingehens auf die Anforderungen des von dem Kläger innegehabten Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bedurfte es nicht. Denn unabhängig hiervon liegt auf der Hand, dass eine für den Dienstherrn verwertbare Arbeitsleistung in einem Amt des Polizeivollzugsdienstes bei den beschriebenen Einschränkungen nicht erbracht werden kann.
135Der Gutachter hat in der Berufungsverhandlung auch erläutert, warum es sich gerade bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt Ende September 2009 bereits so verhielt. Er hat den schon in dem Gutachten (S. 36) beschriebenen Befund bestätigt, dass sich das Krankheitsbild des Klägers im Laufe der Zeit verschlechtert habe, und hierzu erläutert, dass wohl schon 2004 die allgemeine Dienstunfähigkeit eingetreten sei. Dies ist angesichts der langen Krankheitszeiten, die bereits 2002 begannen und seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen andauerten, nachvollziehbar. Zugleich ergibt sich daraus, dass etwaige bezogen auf das Jahr 2004 noch bestehende Zweifel daran, dass die Dienstunfähigkeit bereits vollständig eingetreten war, für den Zeitpunkt des 28. September 2009 nicht mehr berechtigt waren.
136Zudem hat der Sachverständige bekräftigt, dass er trotz der von ihm eingeräumten Einschränkungen bei der Diagnosestellung wegen der ausgebliebenen persönlichen Exploration (s. schon Gutachten, S. 32) seine Begutachtung weiterhin als fundiert ansieht. Hierzu hat er - ausgehend davon, dass die Treffsicherheit eines Gutachtens nach Aktenlage von der Qualität der in den Akten befindlichen Unterlagen abhängt - erläutert, dass zwar die in den Akten vorgefundenen ärztlichen Stellungnahmen nicht sehr aussagekräftig seien (so auch schon Gutachten, S. 32), er dafür aber gute Beschreibungen und Verhaltensbeobachtungen vorgefunden habe, auf denen er seine Schlussfolgerungen habe aufbauen können. Dass diese Beschreibungen nicht das Privatleben des Klägers, sondern fast ausschließlich seine dienstliche Tätigkeit betrafen, habe angesichts der Fragestellung seines Gutachtenauftrags, die sich auf die Dienstunfähigkeit des Klägers bezog, keine wesentliche Einschränkung bedeutet, zumal die Aussagen zur dienstlichen Tätigkeit besonders eindrücklich gewesen seien.
137Zusätzlich hat sich der Sachverständige in seiner Einschätzung durch den von dem Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Bericht der AHG Psychosomatischen Klinik Bad Q3. vom 5. Februar 2013 bestätigt gesehen. Er hat ausgeführt, dass diese auf einer Beobachtung des Klägers über einen Zeitraum von drei Wochen beruhende fachmedizinische Stellungnahme eine besonders aussagekräftige Grundlage für die Beurteilung des Beschwerdebilds des Klägers biete. Die dort gegebene Diagnose „Anpassungsstörung“ halte er allerdings nicht für richtig, da verharmlosend. Nachvollziehbar hat er anhand der auf S. 6 des Berichts dargestellten Vorkommnisse dargelegt, dass der Therapieverlauf in der Klinik gegen ein solches symptomarmes („blandes“) Krankheitsbild spreche. Dass die Diagnose nicht weit genug gehe, werde zudem durch die jahrelange Krankschreibung des Klägers bestätigt.
138Schließlich hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutern können, warum er den in einigen ärztlichen Stellungnahmen zum Ausdruck kommenden gegenteiligen Feststellungen nicht gefolgt ist. Insbesondere hat ihn der Senat zu denjenigen dieser Stellungnahmen befragt, die bei Erstattung des Gutachtens noch nicht vorlagen.
139Zu der fachärztlichen Stellungnahme des Psychiaters L2. vom 30. November 2011, die ausdrücklich auf das Gutachten des Sachverständigen eingeht, hat der Sachverständige bemerkt, dass sich die dort geübte Kritik hauptsächlich auf die Passage seines Gutachtens beziehe, in der er eine psychotische Entwicklung (ICD-10: F 20) für möglich gehalten habe. Diese Differentialdiagnose sei aber für die Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht ausschlaggebend. Dies trifft zweifelsfrei zu. Die psychotische Entwicklung wird in dem Gutachten lediglich als „Verdacht“ aufgeführt (S. 36).
140Zudem hat der Sachverständige zu den von ihm angenommenen Arbeitsstörungen des Klägers Stellung genommen und erläutert, warum er die Ansicht des Psychiaters L2. nicht teilen könne, dass die Denkweise des Klägers mit dem übereinstimme, was von der Polizei erwartet werde. Zwar sei ein gründliches und detailliertes Arbeiten bei der Kriminalpolizei durchaus von Vorteil, nicht aber die sich in endlosen Schleifen ergehenden Gedankenführungen, wie sie bei dem Kläger als Ausdruck seiner zwanghaften Persönlichkeitsstruktur anzutreffen seien. Diese Erläuterung ist einleuchtend.
141Zu der psychiatrischen Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Q. vom 29. September 2011 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die dortige Einschätzung einer „Restleistungsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt“ nicht in Widerspruch stehe zu seiner Annahme einer allgemeinen Dienstunfähigkeit. Hierzu und zu dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat verlesenen früheren Attest des Dr. Q. vom 15. Juli 2009 hat der Sachverständige dargelegt, dass dort die bloße Erwerbsunfähigkeit mit der allgemeinen Dienstunfähigkeit verwechselt werde.
142e) Die von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge konnte der Senat mit dem in der Sitzung verkündeten Beschluss und der dort gegebenen Begründung ablehnen.
143Der auf eine zeugenschaftliche Vernehmung des Dr. Q. gerichtete Beweisantrag zu 1. war als unzulässig abzulehnen, da es an der Angabe einer unter Beweis gestellten Tatsache fehlte. Gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 373 ZPO wird der Zeugenbeweis durch die Benennung der Zeugen und die Bezeichnung der Tatsache, über welche die Vernehmung der Zeugen stattfinden soll, angetreten. Der Beweisantrag zu 1. bezog sich allgemein auf den „Gesundheitszustand des Klägers zum Zeitpunkt seiner Zurruhesetzung und zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ und ließ damit die Angabe vermissen, welche Tatsachenbehauptung zu diesem Beweisthema unter Beweis gestellt werden sollte. An der Erforderlichkeit dieser Angabe ändert sich nichts dadurch, dass als Zeuge ein medizinischer Sachverständiger benannt worden ist. Auf einen solchen sachverständigen Zeugen finden gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 414 ZPO die Vorschriften über den Zeugenbeweis Anwendung.
144Die beiden auf einen Sachverständigenbeweis gerichteten Beweisanträge zu 2. und 3. hat der Senat angesichts der durch den Sachverständigen Dr. N. bereits vermittelten Sachkunde abgelehnt. Dabei hat er zugunsten des Klägers angenommen, dass die Anträge Beweis darüber erbringen sollten, dass er im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (28. September 2009) dienstfähig war, auch wenn dies in der wiederum recht allgemein gehaltenen Formulierung insbesondere des Antrages zu 3. nicht deutlich zum Ausdruck kommt.
145Für den Sachverständigenbeweis ist der im Strafverfahren geltende § 244 Abs. 1 StPO analog anzuwenden.
146Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2013- 10 B 34.12 -, NVwZ-RR 2013, 620 = juris,Rn. 4, m.w.N.
147Danach kann die Anhörung eines weiteren Sachverständigen auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist (Satz 2 Halbs. 1). Die Voraussetzungen, unter denen dies nicht gilt (Satz 2 Halbs. 2), lagen hier nicht vor. Das bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. N. erfüllte in Verbindung mit der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgten Erläuterung durch ihn den Zweck, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln und ihm dadurch die Bildung der für die Entscheidung notwendigen Überzeugung zu ermöglichen. Danach stand - wie ausgeführt - die Dienstunfähigkeit des Klägers zum maßgebenden Zeitpunkt und damit das Gegenteil der unter Beweis gestellten Tatsache fest.
148f) Die Feststellungen des Sachverständigen haben sich im Übrigen - ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme - durch den persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung von dem Kläger gewonnen hat, eindrucksvoll bestätigt. Bereits beim Vortrag des Sachberichts brachte dieser an mehreren Stellen deutlich seinen Unmut zum Ausdruck. Als er anschließend hierzu das Wort erhielt, konnte er aber keine Fehler in den vorgetragenen Sachverhaltsangaben aufzeigen. Es stellte sich vielmehr heraus, dass er in dem auf seinen Wunsch ausführlich gehaltenen Sachbericht vor allem eine detailliertere Wiedergabe seiner eigenen Eingaben vermisste. Die Beiträge des Klägers zur Beweiserhebung fielen in ähnlicher Weise aus; anstelle sachdienlicher Fragen ging er sowohl die als Zeugin vernommene Gleichstellungsbeauftragte als auch den Sachverständigen mit Vorwürfen an und bezichtigte sie der Parteilichkeit, ohne dass hierfür ein Anlass erkennbar gewesen wäre. Zu dem Sachverständigen äußerte er z. B., er sei angesichts des nunmehr von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks „heilfroh“, damals nicht bei ihm zur Exploration erschienen zu sein. Auch von dem Senat fühlte er sich bereits während der Verhandlung, als das Urteil noch nicht feststand, nicht „fair“ behandelt. Für diese Äußerung gab es keinen konkreten Anlass. Im Gegenteil hatte der Senat bereits durch die vormalige Berichterstatterin einen ausführlichen Erörterungstermin durchgeführt. Sowohl in dem Erörterungstermin als auch nochmals in der mündlichen Verhandlung war zudem eine den Interessen des Klägers entgegenkommende Möglichkeit eines Vergleichsabschlusses aufgezeigt worden. Der Kläger stellte den guten Sinn dieses Vergleichsvorschlages auch nicht in Abrede, gab aber an, sich spontan und ohne Rücksprache mit einem (weiteren) Fachanwalt nicht entscheiden zu können. Angesichts dessen, dass der Vergleichsvorschlag bereits im Juni 2014 - über ein halbes Jahr vor der mündlichen Verhandlung - unterbreitet worden war, gab es dafür keinen vernünftigen Grund. Insgesamt drängte sich vielmehr auf, dass der Kläger seiner „inneren Verwirrung Herr zu werden versucht, indem er die Umgebung und Abläufe kontrollieren will. Gelingt ihm dies, und werden seine Forderungen befolgt, ist er kurzzeitig beruhigt. Bald wächst jedoch wieder das Anspannungspotential“ (S. 32 des Gutachtens). Es ist daher für den Senat nachvollziehbar, dass der in der mündlichen Verhandlung durchgehend anwesende Sachverständige seinen in dem Gutachten wiedergegebenen Eindruck durch die während der Sitzung gemachten Beobachtungen nochmals bestätigt fand.
1493. Eine anderweitige Verwendung des Klägers war nicht möglich (§ 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BeamtStG). Auch eine geringerwertige Tätigkeit konnte ihm nicht übertragen werden (§ 26 Abs. 3 BeamtStG). Eine begrenzte Dienstfähigkeit kam ebenfalls nicht in Betracht (§ 27 BeamtStG). Dies alles ergibt sich ohne weiteres daraus, dass nach den vom Senat nachvollzogenen und geteilten Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. bei dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt (28. September 2009) von einem vollständigen Verlust der Dienstfähigkeit ausgegangen werden muss. Das Krankheitsbild des Klägers stand nicht nur den besonderen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes, sondern seiner Einsatzfähigkeit im öffentlichen Dienst überhaupt entgegen.
150Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
151Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO und des § 127 BRRG nicht gegeben sind.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung erster Instanz für beide Rechtszüge jeweils auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Aus den zu ihrer Begründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 2. April 2014 (19 K 1934/14 VG Köln) gegen die Anordnungen in Ziffern I. und III. der Verfügung des Antragsgegners vom 5. März 2014 hätte wiederherstellen müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, die für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen des Antragsgegners über die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit der Antragstellerin und die Anordnung des Laufbahnwechsels erwiesen sich bei der gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Der Personalrat habe bereits am 12. Dezember 2013 die erforderliche Zustimmung erklärt. Diese Zustimmung sei nicht deshalb verbraucht, weil sie zu einer früheren Verfügung des Antragsgegners erteilt worden sei, da seitdem eine maßgebliche Veränderung der Sachlage, die ein erneutes Zustimmungsbedürfnis ausgelöst hätte, nicht eingetreten sei. Die Anordnungen seien nach Aktenlage auch in materieller Hinsicht offensichtlich rechtmäßig. Die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit habe ihre Grundlage in § 116 Abs. 1 Halbs. 1 LBG, dessen Voraussetzungen im Hinblick auf die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin (Wirbelsäule) gegeben seien. Die Möglichkeit einer Verwendung in anderen Funktionen des Polizeivollzugsdienstes nach § 116 Abs. 1 Halbs. 2 LBG ändere an der Polizeidienstunfähigkeit nichts. Für die Antragstellerin habe auch nicht anstelle des angeordneten Laufbahnwechsels eine solche andere Verwendung vorgesehen werden müssen. Der Antragsgegner habe sein Organisationsermessen insoweit nicht überschritten.
5Diese Erwägungen werden von der Beschwerde nicht durchgreifend erschüttert.
61. Soweit das Beschwerdevorbringen die Einschätzung des Verwaltungsgerichts rügt, die am 12. Dezember 2013 erklärte Zustimmung des Personalrats reiche für die Verfügung vom 5. März 2014 aus, und meint, dem Personalrat stehe die „Beurteilungshoheit“ zu, ob sich der Sachverhalt geändert habe, kann dem nicht gefolgt werden.
7Gegenstand der Mitbestimmung des Personalrats ist gemäß § 66 Abs. 1 LPVG NRW eine „Maßnahme“ des Dienstherrn. Wie schon das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung ausgeführt hat, bezieht sich die Mitbestimmung daher nicht auf die verwaltungstechnische Verfügung, also den Bescheid. Somit bedarf es bei gleichbleibendem Sachverhalt keiner erneuten Zustimmung.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 1988 - 2 B 84.88 -, RiA 1988, 308 = PersR 1988, 290; OVG NRW, Beschluss vom 15. Februar 1993 - 6 A 1810/90 -, PersR 1993, 369; VGH Mannheim, Beschluss vom 21. September 2007 - 4 S 2131/07 -, juris, Rn. 8.
9Damit im Einklang steht, dass sich die Zustimmung stets auf eine „beabsichtigte“ Maßnahme bezieht (§ 66 Abs. 2 LPVG NRW). Solange die Maßnahme für die Zukunft noch regelbar ist, kann eine unterbliebene Zustimmung nachgeholt werden.
10Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, § 66 Rn. 25 (Stand: September 2012).
11Bei der Maßnahme, die Gegenstand des streitbefangenen Bescheides vom 5. März 2014 war, ist die Zustimmung des Personalrats vor dessen Erlass erteilt worden. Zu der früheren Verfügung vom 22. Oktober 2013 ist der Personalrat mit Vorlage vom 4. Dezember 2013 nachträglich um Zustimmung gebeten worden. Diese wurde erteilt, womit das Einverständnis mit der Maßnahme hergestellt war. Die Maßnahme wurde dann mit dem angefochtenen Bescheid (nochmals) getroffen. Im Vergleich zu der früheren Verfügung, auf die sich die Zustimmung des Personalrats bezog, hat sich der Sachverhalt nicht nachträglich geändert. Dies ergibt sich schon daraus, dass die jetzige Verfügung mit der früheren sowohl in der Tenorierung als auch im Aufbau und der Begründung im Wesentlichen übereinstimmt. Infolgedessen sind auch die Ausführungen in der genannten Vorlage unverändert gültig. Dem steht nicht entgegen, dass in der neuen Verfügung nunmehr auf die aktualisierte Auflistung der Verwendungseinschränkungen der Antragstellerin vom 19. Dezember 2013 Bezug genommen wird. Denn diese Auflistung beruht ihrerseits auf dem Gutachten des Amtsarztes vom 24. Juni 2013, das bei Erlass der früheren Verfügung vorlag und in die Vorlage an den Personalrat bereits Eingang fand.
12Auch das Beschwerdevorbringen zeigt eine geänderte Sachlage nicht auf, sondern hält es für ausreichend, dass „abstrakt“ die Möglichkeit bestanden habe, dass die in der Verfügung vom 19. Dezember 2013 genannten Erkenntnisse über die Verwendungseinschränkungen der Antragstellerin „eine erneute Entscheidung haben beeinflussen können oder sogar müssen“. Zumindest hätte der Personalrat, wäre er (erneut) beteiligt worden, „davon ausgehen können und müssen, dass hier eine erneute Entscheidung unter Mitberücksichtigung anderer, ergänzender Erkenntnisse getroffen wurde“. Dieses Vorbringen führt nicht auf einen anderen Sachverhalt, sondern allenfalls auf den Anschein eines solchen Sachverhalts.
13Soweit das Beschwerdevorbringen - wofür der dort verwendete Ausdruck „Beurteilungshoheit“ spricht - dahin verstanden werden sollte, dass es dem Dafürhalten des Personalrats anheimgestellt sei, ob dieser einen neuen Sachverhalt annehmen wolle, kann dem nicht gefolgt werden. Dies hätte zur Folge, dass der Personalrat eine einmal erteilte Zustimmung jederzeit unter Hinweis darauf, der Sachverhalt habe sich (nach seiner Einschätzung) geändert, wieder in Frage stellen könnte. Für eine solche Befugnis des Personalrats bietet das Gesetz keinen Anhalt. Es stellt vielmehr auf das objektive Vorliegen einer Maßnahme ab. Danach kommt es darauf an, ob der Dienstherr bei objektiver Betrachtung eine andere Maßnahme ergreifen will als diejenige, zu der der Personalrat seine Zustimmung erteilt hat. Dies ist hier - wie ausgeführt - nicht der Fall gewesen.
142. Ohne Erfolg beanstandet das Beschwerdevorbringen weiter, der Antragsgegner habe atypische „Begebenheiten“, die einen Laufbahnwechsel bei jüngeren Beamten (als denjenigen mit einem Lebensalter über 50 Jahre, denen er generell keinen Laufbahnwechsel mehr zumute) im Einzelfall unzumutbar machten, bei der Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt.
15a) Tritt bei einem Polizeivollzugsbeamten Polizeidienstunfähigkeit ein, so muss der Dienstherr zunächst prüfen, ob bei dem Beamten die Voraussetzungen für eine Weiterverwendung im Polizeivollzugsdienst vorliegen. Dies erfordert eine Prognose über dessen dienstliche Verwendung bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand. Entscheidend ist dabei, ob die von dem Beamten auszuübende Funktion dessen Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert. Der Dienstherr darf in die Prognose weitreichende organisatorische und personalpolitische Erwägungen einstellen. Prüfungsmaßstab für die Fähigkeit eines Polizeibeamten, seine Dienstpflichten zu erfüllen, ist dabei nur im Ausgangspunkt sein abstrakt-funktionelles Amt; ergänzend treten dienstliche Gegebenheiten und Erfordernisse der jeweiligen Dienstbehörde, die einzelfallbezogene Einschätzung der Verwendungsbreite des Beamten im polizeilichen Innendienst, grundsätzliche Erwägungen personalwirtschaftlicher Art für den gesamten Polizeidienst sowie personalpolitische Prioritäten hinzu, die der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens setzen kann.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2006 - 6 B 2086/06 -, juris, Rn. 12; Urteil vom 1. August 2003 ‑ 6 A 1579/02 ‑, IÖD 2003, 247 = juris, Rn. 13 (jeweils zur Vorgängerregelung des § 194 Abs. 3 LBG a.F.).
17Zulässig ist beispielsweise die Handhabung, dass von den Beamten mit Verwendungseinschränkungen in Bezug auf den Polizeivollzugsdienst nur solche auf den Innendienstposten eingesetzt werden, bei denen nur vorübergehende Verwendungseinschränkungen bestehen oder für die wegen der unmittelbaren zeitlichen Nähe zum Eintritt in den Ruhestand ein Laufbahnwechsel weder zweckmäßig noch zumutbar wäre.
18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. April 2012 - 6 B 196/12 -, juris, Rn. 13.
19Im vorliegenden Fall hat das Polizeipräsidium C. sein Organisationsermessen dahin ausgeübt, dass das Alter - nach dem Verständnis der Antragstellerin mit einer Altersgrenze von 50 Jahren - ausschlaggebend ist: Den älteren Polizeivollzugsbeamten wird der Laufbahnwechsel nicht mehr angesonnen, während er bei jüngeren Beamten angeordnet wird. Auch für eine solche Handhabung bestehen sachliche Gründe. Mit zunehmenden Lebensalter wird es zum einen für den Beamten schwieriger, sich auf eine Verwendung in einer anderen Laufbahn umzustellen, zum anderen ist der Laufbahnwechsel für den Dienstherrn weniger vorteilhaft, da dem Umschulungsaufwand eine immer kürzer werdende Dienstzeit, in der der Beamte in der neuen Laufbahn verwendet werden kann, gegenübersteht. Bliebe umgekehrt ein jüngerer Beamter trotz seiner Verwendungseinschränkungen auf einem Dienstposten des Polizeivollzugsdienstes, würde er diesen Dienstposten voraussichtlich für viele Jahre in Anspruch nehmen und damit für andere Beamte mit ähnlichen Einschränkungen „blockieren“. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht zu beanstanden, wenn das Polizeipräsidium - was die Antragstellerin behauptet, dem angefochtenen Bescheid jedoch so nicht zu entnehmen ist - seinem Organisationsermessen eine „Altersgrenze“ von 50 Jahren zugrunde legte. Die 1971 geborene Antragstellerin hat diese Altersgrenze noch nicht erreicht und wäre deshalb nach der von ihr angenommenen Handhabung für den Laufbahnwechsel vorzusehen.
20b) Soweit die Antragstellerin einwendet, ihr sei die für den Laufbahnwechsel erforderliche Umschulung (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 2 LBG) wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung und ihres Wohnsitzes in der F. fernab jeder Schulungseinrichtung nicht zuzumuten oder sogar unmöglich, hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage der Ausgestaltung des Laufbahnwechsels eine der Organisationsentscheidung (über den Laufbahnwechsel als solchen) nachgelagerte Fragestellung ist.
21Der angefochtene Laufbahnwechsel könnte allerdings gleichwohl rechtswidrig sein, wenn jetzt schon feststünde, dass er aus tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden kann. Indessen liegt eine solche Fallgestaltung nach den Darlegungen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren nicht vor. Das Polizeipräsidium C. hat ausgeführt, für die Antragstellerin käme ein dreijähriges Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW in L. in Frage, das frühestens am 1. September 2015 beginnen könnte. Während der drei Jahre seien zum einen fachwissenschaftliche Ausbildungsabschnitte zu durchlaufen, die aber in aller Regel zwischen 13.00 und 15.00 Uhr beendet seien. Hinzu kämen fachpraktische Ausbildungsabschnitte, die voraussichtlich beim Polizeipräsidium C. selbst stattfänden. Der erste dieser Ausbildungsabschnitte werde nach dem derzeit gültigen Studienverlaufsplan am 1. Juni 2016 beginnen. Das jüngste Kind der Antragstellerin wird dann fast 13 Jahre alt sein und hätte auch zum in Aussicht genommenen Studienbeginn schon das 12. Lebensjahr vollendet. Es erscheint vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich bis dahin eine angemessene Betreuung organisieren lässt. Eine nähere Prüfung dieser Frage, insbesondere mit Blick auf den von der Antragstellerin geltend gemachten, von dem Antragsgegner dagegen in Abrede gestellten Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (§ 66 LBG), muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Sollte sich dabei herausstellen, dass der Laufbahnwechsel der Antragstellerin in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst auf unüberwindliche Schwierigkeiten stößt, bliebe im Übrigen - worauf der Antragsgegner zutreffend hingewiesen hat - die durch die Formulierung in Ziffer III. der angefochtenen Verfügung nicht ausgeschlossene Möglichkeit, den Laufbahnwechsel statt in den gehobenen in den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst vorzunehmen.
223. Würde die vom Antragsgegner für möglich gehaltene Entwicklung eintreten, dass bei der Antragstellerin über ihre Polizeidienstunfähigkeit hinaus die allgemeine Dienstunfähigkeit festgestellt würde, so wären diese Überlegungen allerdings überholt; dies würde aber an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verfügung vom 5. März 2014 zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses nichts ändern.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
24Die Streitwertfestsetzung und -änderung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Entgegen dem Verwaltungsgericht war Grundlage der Streitwertbemessung nicht § 52 Abs. 6 (ehemals Abs. 5) Satz 1 Nr. 1 GKG, sondern Abs. 2 dieser Vorschrift. Die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zur Vorbereitung eines Laufbahnwechsels ist der den beamtenrechtlichen Status betreffenden Entscheidung vorgelagert. Der Streitwert bemisst sich daher in solchen Verfahren nach § 52 Abs. 2 GKG.
25Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. November 2012- 6 E 779/12 -, NVwZ-RR 2013, 624.
26Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war der Auffangwert - wie es das Verwaltungsgericht im Verhältnis zu dem im Klageverfahren vorläufig festgesetzten Streitwert ebenfalls getan hat - zu halbieren.
27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.