Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 23. Okt. 2014 - 13 K 471/14.A
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben im April 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 26. April 2013 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3In der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. August 2013 gab er an, bereits am 5. Juli 2010 und 7. Mai 2012 in Belgien Asyl beantragt zu haben; der Antrag ist jeweils abgelehnt worden. Auch die Abfrage des Bundesamts in der Eurodac-Datenbank ergab einen Treffer für Belgien.
4Das Bundesamt richtete am 5. Dezember 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO.
5Mit Bescheid vom 15. Januar 2014, dem Kläger zugestellt am 18. Januar 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
6Am 27. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er habe in Belgien nicht bleiben können, da er von den belgischen Behörden nach Ablehnung seines Asylantrags keine Unterkunft und Verpflegung mehr erhalten habe. Er sei aufgefordert worden, unverzüglich das Land zu verlassen und ihm habe die Abschiebehaft gedroht. Auch eine Rückkehr nach Guinea sei nicht möglich. Der Vater des Mädchens, das er geschwängert habe, habe ihn durch die Armee verfolgen lassen. Ihm drohe bei einer Rückkehr in sein Heimatland der Tod.
8Der Kläger beantragt sinngemäß,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 15. Januar 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. Ergänzend trägt sie vor, dass die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Denn die Überstellungsfrist beginne mit Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses neu zu laufen. Überdies lägen keine Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren vor.
13Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 13. Mai und 24. September 2014 übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 35 und 47 der Gerichtsakte).
14Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit gemäß § 76 Absatz 1 AsylVfG durch Beschluss der Kammer vom 17. April 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist (Bl. 27 d. Gerichtsakte).
17Gemäß § 101 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) konnte die Einzelrichterin über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 15. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
20Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Belgien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
21Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die – wie vorliegend – vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Untererabsatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
22vgl. bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
23Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben, die er in der Anhörung beim Bundesamt am 21. August 2013 gemacht hat, sowie ausweislich der Abfrage in der Eurodac-Datenbank, am 5. Juli 2010 und 7. Mai 2012 in Belgien Asylanträge gestellt, die jeweils abgelehnt wurden. Das an das Königreich Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten vom 5. Dezember 2013 wurde am 18. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Kläger spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen.
24Der Überstellung nach Belgien steht weder entgegen, dass zwischen der Asylantragstellung in Deutschland am 26. April 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 etwas mehr als sieben Monate vergangen sind (vgl. dazu unter I.), noch dass die vorstehend genannte Frist zur Überstellung des Klägers nach Belgien zwischenzeitlich bereits abgelaufen ist (vgl. dazu unter II.). Schließlich sind in Belgien auch keine systemischen Mängel ersichtlich (vgl. dazu unter III.).
25I. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Artikel 17 Absatz 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Artikel 17 Dublin II-VO unterfällt,
26vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 1. Oktober 2014 – 13 K 1562/14.A –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; Verwaltungsgericht Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
27Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Klägers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Beklagten verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
28EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
29Dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorgabe des EuGH auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, noch dazu in Fällen, in denen sich der Asylbewerber ‑ wie vorliegend der Kläger – nach der durchgeführten Überprüfung seines Asylbegehrens durch den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat begibt, zu beachten ist. Denn jedenfalls lag vorliegend keine unangemessen lange Verfahrensdauer vor.
30Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann,
31vgl. i. E. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 1. Oktober 2014 – 13 K 1562/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
32Hier sind seit der Asylantragstellung am 26. April 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 erst etwas mehr als 7 Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
33II. Zwar endete die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1, 1. Alternative Dublin II-VO geregelte Frist zur Überstellung des Asylbewerbers, wonach diese innerhalb von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme zu erfolgen hat, mit Ablauf des 18. Juni 2014, da Belgien der Aufnahme bereits am 18. Dezember 2013 zugestimmt hat. Die sechsmonatige Frist zur Überstellung des Klägers nach Belgien wurde entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bzw. den ablehnenden Eilbeschluss vom 2. April 2014 (13 L 155/14.A) bis zur Entscheidung in der Hauptsache gehemmt,
34vgl. dazu Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. September 2014, – 13 A 1347/14.A –, juris Rn. 5 ff. m.w.N.
35Indes kann sich der Kläger auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfrist nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt das Gericht auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des EuGH,
36Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl. nachfolgend auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
37seine bisherige Rechtsprechung auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung von Fristen berufen kann.
38Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 13 des Urteilsabdrucks und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 7 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
39Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem Inhalt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Hoheitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Dublin II-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asylsystems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e) AEUV. Grundgedanke der Dublin II-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objektiven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
40EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
41Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
42EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.14 –, juris, Rn. 12; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
43Obschon der Abdullahi Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu entnehmen ist,
44vgl. hierzu auch schon Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
45gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Verordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
46Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn. 25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 – 14 A 1943/11.A –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 14 des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn. 6 f.; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; Verwaltungsgericht Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
47Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des anderen Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Insoweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
48Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
49Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
50OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
51Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat (s.o.).
52Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Kläger durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnahen Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechtsverletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen.
53Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 9 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
54Selbst wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt es indes schon an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann. Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
55Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 f. des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 9 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
56Diese Frist ist jedenfalls noch nicht abgelaufen.
57III. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Belgiens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Belgien abzuschieben. Die Beklagte ist insbesondere auch nicht gehindert, den Kläger nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
58EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
59der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
60EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
61Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Belgien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in Belgien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen.
62Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Klägers, wonach ihm nach Abschluss des Erstverfahrens weder Obdach, noch Nahrung gewährt worden seien und ihm die Abschiebungshaft gedroht habe. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Klägers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Klägers abgelehnt worden, folgt daraus für den Kläger auch die Ausreisepflicht,
63vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
64Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
65vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v., vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 37 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 8.
66Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Absatz 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
67vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
68Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
69Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Kläger ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar.
70Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 10. Oktober 2014 – 13 K 3253/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und Beschlüsse vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 42 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 29.
71Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll. Aus dem vorstehend zitierten Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in Belgien die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (S. 38).
72Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
73Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 10. Oktober 2014 – 13 K 3253/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
74Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersichtlich.
75Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
76Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Annotations
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.