Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 23. Okt. 2014 - 13 K 471/14.A
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben im April 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 26. April 2013 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3In der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. August 2013 gab er an, bereits am 5. Juli 2010 und 7. Mai 2012 in Belgien Asyl beantragt zu haben; der Antrag ist jeweils abgelehnt worden. Auch die Abfrage des Bundesamts in der Eurodac-Datenbank ergab einen Treffer für Belgien.
4Das Bundesamt richtete am 5. Dezember 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO.
5Mit Bescheid vom 15. Januar 2014, dem Kläger zugestellt am 18. Januar 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
6Am 27. Januar 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er habe in Belgien nicht bleiben können, da er von den belgischen Behörden nach Ablehnung seines Asylantrags keine Unterkunft und Verpflegung mehr erhalten habe. Er sei aufgefordert worden, unverzüglich das Land zu verlassen und ihm habe die Abschiebehaft gedroht. Auch eine Rückkehr nach Guinea sei nicht möglich. Der Vater des Mädchens, das er geschwängert habe, habe ihn durch die Armee verfolgen lassen. Ihm drohe bei einer Rückkehr in sein Heimatland der Tod.
8Der Kläger beantragt sinngemäß,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 15. Januar 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. Ergänzend trägt sie vor, dass die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen sei. Denn die Überstellungsfrist beginne mit Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses neu zu laufen. Überdies lägen keine Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren vor.
13Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 13. Mai und 24. September 2014 übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 35 und 47 der Gerichtsakte).
14Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsstreit gemäß § 76 Absatz 1 AsylVfG durch Beschluss der Kammer vom 17. April 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist (Bl. 27 d. Gerichtsakte).
17Gemäß § 101 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) konnte die Einzelrichterin über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 15. Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
20Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Belgien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
21Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die – wie vorliegend – vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Untererabsatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
22vgl. bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
23Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben, die er in der Anhörung beim Bundesamt am 21. August 2013 gemacht hat, sowie ausweislich der Abfrage in der Eurodac-Datenbank, am 5. Juli 2010 und 7. Mai 2012 in Belgien Asylanträge gestellt, die jeweils abgelehnt wurden. Das an das Königreich Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen der Beklagten vom 5. Dezember 2013 wurde am 18. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Kläger spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen.
24Der Überstellung nach Belgien steht weder entgegen, dass zwischen der Asylantragstellung in Deutschland am 26. April 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 etwas mehr als sieben Monate vergangen sind (vgl. dazu unter I.), noch dass die vorstehend genannte Frist zur Überstellung des Klägers nach Belgien zwischenzeitlich bereits abgelaufen ist (vgl. dazu unter II.). Schließlich sind in Belgien auch keine systemischen Mängel ersichtlich (vgl. dazu unter III.).
25I. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Artikel 17 Absatz 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Artikel 17 Dublin II-VO unterfällt,
26vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 1. Oktober 2014 – 13 K 1562/14.A –, S. 5 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; Verwaltungsgericht Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
27Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Klägers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Beklagten verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
28EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
29Dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorgabe des EuGH auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, noch dazu in Fällen, in denen sich der Asylbewerber ‑ wie vorliegend der Kläger – nach der durchgeführten Überprüfung seines Asylbegehrens durch den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat begibt, zu beachten ist. Denn jedenfalls lag vorliegend keine unangemessen lange Verfahrensdauer vor.
30Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann,
31vgl. i. E. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteile vom 1. Oktober 2014 – 13 K 1562/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
32Hier sind seit der Asylantragstellung am 26. April 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 erst etwas mehr als 7 Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
33II. Zwar endete die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1, 1. Alternative Dublin II-VO geregelte Frist zur Überstellung des Asylbewerbers, wonach diese innerhalb von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme zu erfolgen hat, mit Ablauf des 18. Juni 2014, da Belgien der Aufnahme bereits am 18. Dezember 2013 zugestimmt hat. Die sechsmonatige Frist zur Überstellung des Klägers nach Belgien wurde entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bzw. den ablehnenden Eilbeschluss vom 2. April 2014 (13 L 155/14.A) bis zur Entscheidung in der Hauptsache gehemmt,
34vgl. dazu Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 8. September 2014, – 13 A 1347/14.A –, juris Rn. 5 ff. m.w.N.
35Indes kann sich der Kläger auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfrist nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt das Gericht auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des EuGH,
36Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl. nachfolgend auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
37seine bisherige Rechtsprechung auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung von Fristen berufen kann.
38Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 13 des Urteilsabdrucks und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 7 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
39Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem Inhalt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Hoheitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Dublin II-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asylsystems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe e) AEUV. Grundgedanke der Dublin II-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objektiven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
40EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
41Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
42EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.14 –, juris, Rn. 12; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
43Obschon der Abdullahi Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu entnehmen ist,
44vgl. hierzu auch schon Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
45gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Verordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
46Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn. 25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 – 14 A 1943/11.A –, juris, Rn. 24; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 14 des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn. 6 f.; Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; Verwaltungsgericht Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; Verwaltungsgericht Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
47Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des anderen Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Insoweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
48Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
49Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
50OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
51Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat (s.o.).
52Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Kläger durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnahen Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechtsverletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen.
53Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 9 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
54Selbst wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt es indes schon an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann. Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
55Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 f. des Urteilsabdrucks, und Urteil vom 1. Oktober 2013 – 13 K 1562/14.A –, S. 9 des Urteilsabdrucks, jeweils zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
56Diese Frist ist jedenfalls noch nicht abgelaufen.
57III. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Belgiens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Belgien abzuschieben. Die Beklagte ist insbesondere auch nicht gehindert, den Kläger nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
58EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
59der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
60EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
61Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Belgien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in Belgien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen.
62Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Klägers, wonach ihm nach Abschluss des Erstverfahrens weder Obdach, noch Nahrung gewährt worden seien und ihm die Abschiebungshaft gedroht habe. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Klägers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Klägers abgelehnt worden, folgt daraus für den Kläger auch die Ausreisepflicht,
63vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
64Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
65vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v., vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 37 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 8.
66Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Absatz 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
67vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
68Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
69Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Kläger ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar.
70Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 10. Oktober 2014 – 13 K 3253/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen und Beschlüsse vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 42 und vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 29.
71Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll. Aus dem vorstehend zitierten Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in Belgien die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (S. 38).
72Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
73Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 10. Oktober 2014 – 13 K 3253/14.A –, S. 6 des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
74Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersichtlich.
75Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
76Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 23. Okt. 2014 - 13 K 471/14.A zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtkosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 26. November 2013 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 9043/13.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. November 2013 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
6Er ist nach § 80 Absatz 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, da nach § 34a Absatz 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nummer 27 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geänderten und nach § 77 Absatz 1 VwGO hier auch zu beachtenden Fassung vom 6. September 2013 solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG auch keine aufschiebende Wirkung zukommt. Der Antrag ist auch innerhalb von einer Woche nach Zustellung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) an den Antragsteller selbst gemäß § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG und mithin fristgerecht im Sinne von § 34a Absatz 2 Satz 1 AsylVfG gestellt worden.
7Der Antrag ist jedoch unbegründet.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Absatz 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Absatz 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Absatz 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Absatz 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris, Rn 5 ff., m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris, Rn 3; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2014 – 13 L 2168/13.A -, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich - nicht ausschließlich - an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.
12Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.
13Für die Prüfung des vom Antragsteller am 1. August 2013 in Deutschland gestellten Asylantrags ist gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin-II-VO), die französische Republik (im Folgenden: Frankreich) zuständig.
14Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Dublin-II-VO durch Artikel 48 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO), mit deren Inkrafttreten am 19. Juli 2013 aufgehoben worden ist. Gemäß Artikel 49 Satz 3 Dublin-III-VO erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für solche Anträge auf internationalen Schutz, die vor dem 1. Januar 2014 eingereicht wurden, weiterhin nach den Kriterien der außer Kraft getretenen Dublin-II-VO. Der am 1. August 2013 gestellte Asylantrag des Antragstellers umfasst mangels ausdrücklicher Beschränkung gemäß § 13 Absatz 2 AsylVfG zugleich den Antrag auf internationalen Schutz. Die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates ist vorliegend mithin weiterhin nach den Kriterien der Dublin-II-VO vorzunehmen. Dies gilt nach Artikel 49 Satz 2 Dublin-III-VO im Übrigen auch für die Verfahrensanforderungen, da auch das Aufnahmeersuchen an Frankreich noch vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurde.
15Nach Artikel 9 Absatz 2 Dublin-II-VO ist dann, wenn ein Asylbewerber ein gültiges Visum für einen Mitgliedstaat besitzt, der Mitgliedstaat, der dieses Visum erteilt hat, für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Die am Tag der Asylantragstellung am 1. August 2013 vom Bundesamt durchgeführte Abfrage in der VIS-Datenbank ergab, dass der Antragsteller am 19. Juni 2013 ein von Frankreich mit der Nr. FRA000000000 ausgestelltes Schengen-Visum für den Zeitraum vom 11. Juli 2013 bis zum 10. August 2013 erhalten hat. Der Antragsteller ist nach seinen Angaben auch am 23. Juli 2013, d.h. im Gültigkeitszeitraum des Visums, nach Deutschland und damit in den Schengen-Raum eingereist. Dass das Visum im Zeitpunkt des an Frankreich gerichteten Aufnahmeersuchens am 29. August 2013 bereits abgelaufen war, ist unbeachtlich, da für die Bestimmung des nach Kapitel III der Dublin-II-VO zuständigen Mitgliedstaates auf den Zeitpunkt der ersten Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat, mithin vorliegend auf den 1. August 2013 abzustellen ist, vgl. Artikel 5 Absatz 2 Dublin-II-VO. Frankreich hat mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 dementsprechend auch seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Antragstellers nach Artikel 9 Absatz 2 Dublin-II-VO erklärt.
16Dem kann der Antragsteller zunächst nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass er keinerlei Kontakt zu französischen Behörden gehabt habe, sondern die Einreise vielmehr durch einen Schlepper organisiert worden sei. Denn zum einen ergeben sich erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens schon daraus, dass in der VIS-Datenbank unter dem Namen des Antragstellers neben den Visa-Daten ersichtlich ein Foto des Antragstellers selbst gespeichert ist. Auch eine Ausweisnummer des Reisepasses ist dort hinterlegt. Selbst wenn aber das Visum ohne Mitwirkung des Antragstellers durch einen Schlepper oder sogar unter Vorlage falscher (Ausweis-)Dokumente beantragt worden wäre, würde dies nach Artikel 9 Absatz 5 Satz 1 Dublin-II-VO nicht zu einem Zuständigkeitsausschluss für den erteilenden Mitgliedstaat Frankreich führen.
17Offen bleiben kann auch, ob der Antragsteller – wie er vorträgt – ohne Aufenthalt in Frankreich unmittelbar auf dem Luftweg von Guinea nach Deutschland eingereist ist. Denn Artikel 9 Absatz 2 Satz 1 Dublin-II-VO setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut für die Begründung der Zuständigkeit lediglich die Erteilung eines gültigen Visums durch einen Mitgliedstaat voraus. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Asylbewerber sich aufgrund dieses Visums auch tatsächlich - zumindest vorübergehend – gerade in diesem Mitgliedstaat aufgehalten hat.
18Es ist schließlich auch nichts dafür ersichtlich oder vom Antragsteller vorgetragen, dass die Zuständigkeit Frankreichs nach Maßgabe der Artikel 16 ff. Dublin-II-VO wieder erloschen oder auf Deutschland übergegangen ist.
19Nachdem der Antragsteller am 1. August 2013 seinen Asylantrag gestellt hat, hat das Bundesamt bereits am 29. August 2013 und mithin innerhalb der 3-Monats-Frist nach Artikel 17 Absatz 1 Satz 1 Dublin-II-VO ein Aufnahmeersuchen an Frankreich gerichtet.
20Frankreich hat seinerseits am 21. Oktober 2013 und mithin innerhalb von zwei Monaten nach seiner Befassung mit dem Gesuch im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Dublin-II-VO entschieden und seine Zuständigkeit anerkannt.
21Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller das Gebiet der Mitgliedstaaten nach seiner Ersteinreise am 23. Juli 2013 für mindestens drei Monate verlassen hat (Artikel 16 Absatz 3 Dublin-II-VO).
22Schließlich ist auch die Frist zur Bewirkung der Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat nach Artikel 19 Absatz 4 Dublin-II-VO noch nicht abgelaufen, da seit der Aufnahmeerklärung Frankreichs vom 21. Oktober 2013 erst knapp dreieinhalb Monate vergangen sind.
23Anhaltspunkte dafür, dass sich das Selbsteintrittsrecht der Antragsgegnerin nach Artikel 3 Absatz 2 Dublin-II-VO vorliegend zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet haben könnte, sind weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich.
24Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 18. Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 21. Juni 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Anerkennung als Asylberechtigter.
3Ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 28. Juni 2013 hat der Kläger bereits am 29. Januar 2004 in Spanien und am 5. März 2013 in Norwegen Asyl beantragt.
4Das Bundesamt richtete zunächst am 21. November 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Norwegen. Die norwegischen Behörden lehnten mit Schreiben vom 26. November 2013 die Übernahme des Klägers ab, da er bereits am 4. Juni 2013 an Spanien überstellt worden sei. Daraufhin richtete das Bundesamt am 29. November 2013 ein weiteres Übernahmeersuchen an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
5Mit Bescheid vom 13. Februar 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an.
6Am 4. März 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, die Beklagte sei in Folge des verspäteten Wiederaufnahmeersuchens für die Prüfung seines Asylantrags zuständig. Zudem lägen außergewöhnliche humanitäre Gründe vor, die ein Selbsteintrittsrecht der Beklagten begründen würden. Er sei von den spanischen Behörden weggeschickt worden und sei daher mangels Unterkunft gezwungen gewesen, auf der Straße zu schlafen.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. Überdies ist sie der Ansicht, die Klage sei schon unzulässig.
13Die Beteiligten haben übereinstimmend am 30. Mai und 10. September 2014 auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 27 und Bl. 38 d. Gerichtsakte).
14Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Einzelrichterin ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihr der Rechtsreit gemäß § 76 Absatz 1 AsylVfG durch Beschluss der Kammer vom 17. April 2014 zur Entscheidung übertragen worden ist.
17Gemäß § 101 Absatz 2 VwGO konnte die Einzelrichterin über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
18Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig (vgl. unter I.) und unbegründet (vgl. unter II.).
19I. Die Klage ist unzulässig, da sie nicht rechtzeitig innerhalb der Klagefrist von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides des Bundesamtes vom 13. Februar 2014 gemäß § 74 Absatz 1 AsylVfG erhoben wurde. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes vom 13. Februar 2014, der gemäß § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG dem Kläger persönlich bekannt zu geben war, ist diesem ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Postzustellungsurkunde im Wege der Ersatzzustellung durch schriftliche Mitteilung über die Niederlegung des Schriftstücks gemäß § 3 Absatz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) i.V.m. § 181 Absatz 1 Satz 4 der Zivilprozessordnung (ZPO) bereits am Samstag, den 15. Februar 2014 zugestellt worden (Bl. 67 Heft 1 der Beiakten). Die zweiwöchige Klagefrist begann mithin am 16. Februar 2014 und endete, da das Fristende vorliegend auf Samstag, den 1. März 2014 fiel, gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 2 ZPO erst am nächsten Werktag, also am Montag, den 3. März 2014. Der Kläger hat die Klage aber erst am 4. März 2014 und damit nach Fristablauf erhoben.
20Einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die zweiwöchige Klagefrist nach § 60 Absatz 2 VwGO hat der Kläger nicht gestellt. Darüber hinaus sind auch keine Gründe ersichtlich, die eine Wiedereinsetzung von Amts wegen gemäß § 60 Absatz 2 Satz 4 VwGO rechtfertigen könnten. Eine Wiedereinsetzung von Amts wegen ist grundsätzlich nur dann geboten, wenn die einen Wiedereinsetzungsanspruch begründenden Tatsachen offensichtlich sind und daher von einem erkennbar berechtigten Wiedereinsetzungsanspruch ausgegangen werden muss.
21Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Mai 2007 – 3 C 25.06 –, juris, Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 – 3 B 41.00 –, juris, Rn. 8.
22Dies kommt jedoch regelmäßig nur dann in Betracht, wenn innerhalb der Klagefrist die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen erkennbar (gemacht worden) sind.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 – 3 B 41.00 –, juris, Rn. 8.
24Diese Voraussetzungen sind vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Denn aus der Antrags- und Klageschrift oder aus sonstigen Umständen lassen sich keine Tatsachen entnehmen, aus denen ein offenkundiger Wiedereinsetzungsanspruch hergeleitet werden könnte.
25II. Die Klage ist auch unbegründet. Der angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 13. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).
26Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
27Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
28vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
29Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 4. Oktober 2013 und ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank bereits am 29. Januar 2004 in Spanien einen Asylantrag gestellt; der Antrag ist abgelehnt worden. Spanien hat auf das am 29. November 2013 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Klägers nach Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO bereits am 12. Dezember 2013 seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Klägers erklärt. Spanien ist daher gemäß Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO grundsätzlich verpflichtet, den Kläger innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen.
30Der Überstellung nach Spanien steht weder entgegen, dass zwischen der Asylantragstellung in Deutschland am 21. Juni 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 29. November 2013 etwas mehr als fünf Monate vergangen sind (vgl. dazu unter 1.), noch dass die vorstehend genannte Frist zur Überstellung des Klägers nach Spanien zwischenzeitlich bereits abgelaufen ist (vgl. dazu unter 2.). Schließlich sind in Spanien auch keine systemischen Mängel ersichtlich (vgl. dazu unter 3.)
311. Die Dublin II-VO enthält Fristvorgaben allein für Aufnahmeersuchen (Artikel 17 Absatz 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (ausweislich des Eurodac-Treffers Nr. ES10451012900030 in Spanien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II‑VO, das nicht der Fristregelung des Artikel 17 Dublin II-VO unterfällt,
32vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
33Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Klägers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Beklagten verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
34EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
35Dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorgabe des EuGH auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, noch dazu in Fällen, in denen sich der Asylbewerber ‑ wie vorliegend der Kläger - nach der durchgeführten Überprüfung seines Asylbegehrens durch den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat begibt, zu beachten ist. Denn jedenfalls lag vorliegend keine unangemessen lange Verfahrensdauer vor.
36Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 17 Dublin II‑VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann,
37vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 47 und Beschluss vom 2. April 2014 – 13 L 155714.A – m.w.N.-, www.nrwe.de.
38Hier sind seit der Asylantragstellung am 21. Juni 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 29. November 2013 erst fünf Monate und eine Woche verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
392. Zwar endete die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1, 1. Alternative Dublin II-VO geregelte Frist zur Überstellung des Asylbewerbers, wonach diese innerhalb von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme zu erfolgen hat, mit Ablauf des 12. Juni 2014, da Spanien der Aufnahme bereits am 12. Dezember 2013 zugestimmt hat. Die sechsmonatige Frist zur Überstellung des Klägers nach Spanien wurde auch nicht durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bzw. den ablehnenden Eilbeschluss vom 3. April 2014 (13 L 523/14.A) bis zur Entscheidung in der Hauptsache gehemmt,
40vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014, – 13 A 1347/14.A –, juris Rn. 5 ff. m.w.N.;
41Indes kann sich der Kläger auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfrist nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt das Gericht auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH),
42Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl. nachfolgend auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
43seine bisherige Rechtsprechung auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung von Fristen berufen kann.
44Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 13 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
45Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem Inhalt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Hoheitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Dublin II-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asylsystems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der Dublin II-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objektiven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
46EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
47Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
48EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.14 –, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
49Obschon der Abdullahi Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu entnehmen ist,
50vgl. hierzu auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
51gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitgliedstaat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Verordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
52Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn. 25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 – 14 A 1943/11.A –, juris, Rn. 24; VG Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 14 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; VG Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn. 6 f.; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
53Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des anderen Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. Insoweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
54Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
55Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgt und dass sie überhaupt erfolgt, kann er mithin selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet schon der allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitete – Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschland zu berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
56OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
57Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat (s.o.).
58Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Antragsteller durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnahen Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechtsverletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen.
59Vgl. VG Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
60Selbst wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt es indes schon an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann. Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
61Vgl. VG Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, S. 15 f. des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
62Diese Frist ist jedenfalls noch nicht abgelaufen.
633. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Spanien abzuschieben. Die Beklagte ist insbesondere auch nicht gehindert, den Kläger nach Spanien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
64EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
65der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
66EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
67Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rücküberstellung nach Spanien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen,
68vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A –, Seite 16 des Urteilsabdrucks, zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen; Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris, Rn. 23 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris, Rn. 11; Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – Au 7 S 14.50094 –, juris, Rn. 50.
69Sie ergeben sich auch nicht aus der Schilderung des Klägers, wonach er nach der Überstellung nach Spanien keinen Anspruch auf staatliche Leistungen gehabt habe, und mittellos auf der Straße gelebt habe. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Klägers in Spanien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Klägers abgelehnt worden, folgt daraus für den Kläger auch die Ausreisepflicht,
70vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
71Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
72vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 13. Juni 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 24, vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v. und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, noch n.v.
73Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Artikel 41 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Absatz 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt.
74Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
75Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersichtlich.
76Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichtskosten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
77Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. I. aus L. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 27. Januar 2014 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 471/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 15. Januar 2014 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Abs. 4 AsylVfG berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 15. Januar 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde am 18. Januar 2014, einem Samstag, gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Die einwöchige Antragsfrist begann mithin am 19. Januar 2014 und endete, da das Fristende vorliegend auf Samstag, den 25. Januar 2014 fiel, gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 ZPO erst am nächsten Werktag, also am Montag, den 27. Januar 2014. Der Kläger hat am 27. Januar 2014 und mithin fristgerecht den vorliegenden Antrag gestellt.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris Rn 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris Rn 3 f.; siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A -, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich ‑ an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Die angegriffene Entscheidung ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere hat das Bundesamt den Sachverhalt in einer dem § 24 AsylVfG genügenden Weise aufgeklärt und den Antragsteller in einer dem § 25 AsylVfG genügenden Weise angehört. Allerdings unterliegt das Bundesamt in Verfahren, in denen es die Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates zu dessen Prüfung annimmt (§ 27a AsylVfG), nur einer beschränkten Anhörungspflicht. Es ist nur verpflichtet, die in § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AsylVfG beschriebenen Umstände zu ermitteln bzw. zu ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mit Kenntnis dieser Umstände kann das Bundesamt bereits die Entscheidung über den zuständigen Mitgliedstaat bzw. die ggf. zu unterbleibende Abschiebung dorthin treffen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Angaben zu Wohnsitzen, Reisewegen, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten sowie zu sonstigen Tatsachen und Umständen, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat – hier der nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO) zur Prüfung des Asylantrags zuständige Staat – entgegen stehen. Hingegen bedarf es in diesem Verfahrensstadium nicht der Kenntnis der von § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG genannten Tatsachen, die die Furcht des Asylbewerbers vor politischer Verfolgung begründen. Die nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO durchzuführende Prüfung des Asylantrags umfasst gemäß Art. 2 Buchstabe c Dublin II-VO auch die Prüfung des Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sodass diesbezüglich relevante Umstände erst von dem nach der Dublin II-VO zuständigen Staat zu prüfen sind.
13Vor diesem Hintergrund hatte der Antragsteller im Rahmen der am 21. August 2013 durchgeführten Anhörung ausreichend Gelegenheit, auf alle maßgeblichen Umstände hinzuweisen. Dies entspricht zunächst seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 25 Abs. 2 AsylVfG. Zudem wurde er bei der Anhörung ausdrücklich nach Visa, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten sowie danach gefragt, ob Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung in ein anderes europäisches Land und eine dortige Prüfung des Asylantrags bestehen.
14Die angegriffene Entscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
15vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A -, juris Rn. 13 = NRWE.
16Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben, die er in der Anhörung beim Bundesamt am 21. August 2013 gemacht hat, sowie ausweislich der Abfrage in der Eurodac-Datenbank, am 5. Juli 2010 und 7. Mai 2012 in Belgien Asylanträge gestellt, die jeweils abgelehnt wurden. Das an das Königreich Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2013 wurde am 18. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.
17Der Überstellung nach Belgien steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Asylantragstellung in Deutschland am 26. April 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 durch die Antragsgegnerin etwas mehr als 7 Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Antragsgegnerin daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt,
18vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
19Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Antragstellers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
20EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
21Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein,
22vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10. A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8.
23Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann,
24vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
25Hier sind seit der Asylantragstellung am 26. April 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens am 5. Dezember 2013 erst etwas mehr als 7 Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
26Die Antragsgegnerin ist auch nicht deswegen an der Überstellung des Antragstellers nach Belgien gehindert und zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichtet, weil das belgische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist,
27EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413.
28Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
29vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinen vom 18. April 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 57 f.
30Die Antragsgegnerin ist auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zugunsten des Antragstellers –gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der zitierten Rechtsprechung,
31EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
32der Fall wäre, liegen nicht vor. Danach ist die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta implizieren,
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86.
34Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
35EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 94.
36Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Abs. 2 UAbs 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
37Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
38Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, nach der er nach der Ablehnung seines zweiten Asylantrags zur Rückkehr in sein Heimatland aufgefordert worden sei und keine Unterkunft und keine Mittel für Verpflegung mehr erhalten habe.
39Zwar kann der Verlust von Unterkunft, medizinischer Versorgung, Zugang zu Nahrungsmitteln etc. eine unmenschliche Behandlung darstellen,
40vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413; OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 – 1 B 234/12.A –, NVwZ-RR 2012, 619 = juris Rn. 17,
41Allerdings handelt es sich hierbei nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das bzw. sind die Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem vom Antragsteller nicht erwünschten Ergebnis. Zwar kennt auch das Recht der Europäischen Union in Art. 32 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) die Möglichkeit, Folgeanträge zu stellen, wenn der Asylbewerber in der Lage ist, weitere Angaben vorzubringen, die sein Verfolgungsschicksal betreffen. Diese Möglichkeit dient allerdings nicht dazu, durch ständig wiederholende Asylanträge Versorgungsleistungen des Staates der Antragstellung zu erhalten. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers (mehrfach) abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht.
42Vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
43Die „Einstellung der Versorgung“ stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall mehrfacher Antragsablehnung nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
44Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A -, n.v.
45Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird.
46Vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
47Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerheblich neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
48Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller nicht vorgetragen worden. Sie liegen nach Auswertung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel auch nicht vor:
49So geht aus dem vorzitierten Bericht des für die Prüfung von Asylbewerbern zuständigen Generalkommissariats für Flüchtlinge und Staatenlose (S. 7) hervor, dass einem Asylbewerber während der Prüfung seines Asylantrags ein Platz in einer Betreuungseinrichtung zustehe. Der Asylbewerber habe dann Anspruch auf materielle, medizinische, soziale und rechtliche Begleitung. In ähnlicher Weise beschreibt der Final Report des Dublin Transnational Project für den Berichtszeitraum Dezember 2009 bis Mai 2011, dass jedem Asylbewerber von der Stellung des Asylantrags an bis zur Verfahrensbeendigung ein Recht auf Unterkunft, Mahlzeiten, soziale, medizinische und psychologische Betreuung sowie auf ein begrenztes Fortbildungsangebot hat (S. 38 des Berichts),
50vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43, mit Einzelheiten zu den gewährten Leistungen auf S. 45 f.
51Lediglich solange eine von der Behörde festgestellte Ausreiseverpflichtung vollziehbar ist, bestehen diese Rechte nicht. Der Asylbewerber hat aber die Möglichkeit, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs insoweit zu beantragen (S. 38). Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 44, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll. Hierauf ist die Annahme systemischer Mängel in der oben geschilderten Schwere jedoch nicht zu stützen.
52Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht kein innerstaatliches Abschiebungshindernis.
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
54Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
G r ü n d e :
1Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
2Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob mit Bekanntgabe des Beschlusses, mit dem der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist, die sechsmonatige Überstellungsfrist des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO neu zu laufen beginnt, da eine Abschiebung wegen der Regelung des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG während der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens unzulässig war, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
3Es kann offen bleiben, ob dies schon deshalb gilt, weil es sich um auslaufendes Recht handelt. Für alle ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz sowie Gesuche der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme ist nicht mehr die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (im Folgenden: Dublin II-VO), sondern nach ihrem Artikel 49 Abs. 2 die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) anwendbar.
4Die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage bedarf jedenfalls deshalb nicht der Klärung im Berufungsverfahren, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres – verneinend – beantworten lässt.
5Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Entscheidung über den Rechtsbehelf die (rechtskräftige) gerichtliche Entscheidung über die Klage gegen die Überstellungsentscheidung im Hauptsacheverfahren ist.
6Vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53, und Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A -, juris, Rn. 5; wie hier etwa auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 86/14 -, juris.
7Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung. Dem Rechtsbehelf selbst muss aufschiebende Wirkung zukommen. Dies trifft – auch nach dem Unionsrecht – nur auf einen Rechtsbehelf zu, mit dem über die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung und ihren Bestand (abschließend) entschieden wird. Mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann nicht die Aufhebung der behördlichen Entscheidung, sondern nur die Aussetzung des Vollzugs erreicht werden. Zudem vermag nicht die Antragstellung, sondern nur die stattgebende gerichtliche Entscheidung die aufschiebende Wirkung herbeizuführen, deren Endpunkt die Hauptsacheentscheidung ist.
8Diese Überlegungen werden durch die Systematik der Dublin II-VO bestätigt. Gegenstand des Rechtsbehelfs ist die Entscheidung des Beklagten nach Art. 19 Abs. 1 Dublin II-VO, den Asylantrag nicht zu prüfen und den Antragsteller an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin II-VO kann gegen diese Entscheidung ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Dass dies allein die Klage, nicht aber der Antrag auf Aussetzung sein kann, zeigt vor allem Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO. Danach hat der gegen die Überstellungsentscheidung eingelegte Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders. An diese Vorgaben, die der Sache nach zwischen dem Hauptsache- und dem Aussetzungsverfahren trennen, knüpft der folgende Absatz 3 des Art. 19 Dublin II-VO an, indem er die Frist nur dann erst mit der Entscheidung über den Rechtsbehelf beginnen lässt, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wenn er also – so lässt sich mit Blick auf Absatz 2 präzisieren – im Einzelfall aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen nach Maßgabe des mitgliedstaatlichen Rechts aufschiebende Wirkung hat. Dem entspricht das nationale Recht. Ein Rechtsbehelf, dem aufschiebende Wirkung zukommt, ist nach § 80 Abs. 1 VwGO – neben dem Widerspruch – nur die Klage. Die Klage gegen die Überstellungsentscheidung des Bundesamts hat – unionsrechtskonform – aber nach § 75 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung, es sei denn, diese wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet.
9Hielte man den vorläufigen Rechtsschutzantrag für den Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, führte dies überdies zu dem sinnwidrigen Ergebnis, dass auch bei einer Stattgabe die Überstellungsfrist zu laufen begänne und regelmäßig vor einer Entscheidung in der Hauptsache abliefe. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass bei Aussetzung der Vollziehung der Überstellung die Frist erst mit der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung im Hauptsachverfahren beginnt.
10Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495; OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 - 13 A 827/14.A -, juris (zu § 34a Abs. 2 AsylVfG a.F. und einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO); Nds. OVG, Beschluss vom 2. August 2012 - 4 MC 133/12 -, juris; VGH Bad-Württ., Urteil vom 19. Juni 2012 – A 2 S 1355/11 -, juris.
11Diese systematischen Überlegungen werden durch die Dublin III-VO bestätigt, in deren Art. 27 klar zwischen dem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung und dem Antrag, die Durchführung einer Überstellungsentscheidung auszusetzen, unterschieden wird.
12Hiervon ausgehend führen Sinn und Zweck der Überstellungsfrist, den Mitgliedstaaten Zeit zu geben, um die (technischen) Modalitäten der Durchführung der Überstellung zu regeln, wofür grundsätzlich die vollen sechs Monate zur Verfügung stehen sollen,
13vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 (Petrosian u.a.) -, Slg. 2009, I-495,
14zu keinem anderen Ergebnis. Die Frist berechnet sich in der Regel ab der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch den zuständigen Mitgliedstaat, da ein gegen die Überstellungsentscheidung eingereichter Rechtsbehelf nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO keine aufschiebende Wirkung hat. Nur wenn ausnahmsweise aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung im Einzelfall die Vollziehung ausgesetzt ist, ist die Entscheidung über den Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren – also die abschließende gerichtliche Entscheidung darüber, ob die Überstellung in Zukunft erfolgen wird – für den Fristbeginn maßgeblich.
15Hiervon ausgehend kann auch § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht dazu führen, dass die Überstellungsfrist erst oder erneut mit der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu laufen beginnt.
16So aber VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. April 2014 - 2 L 55/14.A -, juris, Rn. 21; VG Göttingen, Beschluss vom 28. November 2013 - 2 B 887/13 -, juris, Rn. 7 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 4. Juni 2014 - 10 AE 2414/14 -, juris, Rn. 20 ff.; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, November 2013, § 27a Rn. 227 f.
17Nach dieser Vorschrift ist die Abschiebung bei rechtzeitiger Stellung des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Dadurch wird, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht zu einem Rechtsbehelf im Sinne des Art. 19 Abs. 3 Dublin II-VO, der nach der obigen Auslegung allein die Klage ist. Die Anordnung eines Vollziehungshindernisses durch den nationalen Gesetzgeber kann ferner deshalb nicht mit der vorläufigen Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsanordnung durch gerichtlichen Eilbeschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO gleichgesetzt werden, weil dies den unmittelbar geltenden Vorgaben der Dublin II-VO zuwider liefe. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin II-VO steht die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes der Durchführung der Überstellung nicht entgegen, es sei denn, der Rechtsbehelf hat aufgrund einer Entscheidung der Gerichte oder zuständigen Stellen im Einzelfall aufschiebende Wirkung. Verankert ist damit zum einen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis, zum anderen das Erfordernis einer gerichtlichen oder behördlichen, konkret-individuellen Anordnung. Dem liegt der Beschleunigungsgedanke zugrunde, der auch Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Dublin II-VO ist, wonach die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat der Asylantragstellung übergeht, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Im öffentlichen Interesse soll eine zeitnahe Überstellung erfolgen, im Interesse des Asylbewerbers sein Antrag in angemessener Zeit geprüft werden.
18Dem Einwand der Beklagten, es stünden dann aber in Deutschland aufgrund des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG nicht die vollen sechs Monate für die Organisation der Überstellung zur Verfügung, eine Schlechterstellung als Folge eines zugunsten der Antragsteller geschaffenen gesetzlichen Abschiebungshindernisses sei aber unzulässig, ist nicht zu folgen. Die bloße Hemmung der Vollziehung hindert die zuständige Ausländerbehörde schon nicht, bis zur Entscheidung über den Eilantrag bereits mit der Vorbereitung der weiterhin zulässigen, nur noch nicht durchführbaren Überstellung zu beginnen.
19So auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A -, juris, Rn. 26.
20Abgesehen davon beruht die von der Beklagten bemängelte Verkürzung des sechsmonatigen Zeitraums um die Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auf einer Entscheidung des nationalen Gesetzgebers, die durch die Dublin II-VO nicht vorgegeben ist. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie II) vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474) ist § 34a Abs. 2 AsylVfG bereits mit Wirkung vom 6. September 2013 geändert worden, obwohl zu dem Zeitpunkt noch die Dublin II-VO anwendbar war. Die Vorgabe des Art. 27 Abs. 3 lit. c Satz 2 der Dublin III-VO, wonach die Überstellung auszusetzen ist, bis die Entscheidung über den ersten Antrag auf Aussetzung ihrer Durchführung ergangen ist, ist erst ab dem 1. Januar 2014 – und damit auch für eine Vielzahl von Altfällen noch nicht – anwendbar.
21Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Obergerichte, die eine bundeseinheitliche Klärung erforderte, ist nicht ersichtlich. Mit dem Hinweis auf abweichende Entscheidungen einzelner erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wird angesichts des Vorstehenden kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt.
22Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
23Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 nach Melilla, wo er am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Bereits am 14. Januar 2013 beantragte der Kläger unter dem Namen U. E. in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ord nete die Abschiebung nach Spanien an. Die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.
3Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und be antragte am 7. Juni 2013 – unter dem im Rubrum angegebenen Namen – Asyl. Ausweis lich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013 ist der Kläger zuvor in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden.
4Das Bundesamt richtete am 29. August 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
5Mit Bescheid vom 4. Oktober 2013, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Ein schreiben vom 17. Oktober 2013 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Der Kläger erhielt am 23. Oktober 2012 im Rahmen eines Besprechungstermins eine Kopie des Bescheides von seinem Prozessbevollmächtigten.
6Am 25. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, die Vermutung, dass in Spanien ein ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt werde, könne widerlegt werden. Dort sei ihm die Asylantragstellung verwei gert worden. Zudem sei die Überstellungsfrist abgelaufen. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen. Die Verfahrensverschleppung stelle einen Grundrechtseingriff dar und Grundrechte seien unstreitig subjektiv-rechtlicher Natur.Ihm werde sein Recht auf Durch führung eines Asylverfahrens abgesprochen, hielte sich Spanien im Zeitpunkt der gerichtli chen Entscheidung nicht mehr für zuständig. Ob die spanischen Behörden sich noch an ihre Zustimmung gebunden fühlen, sei völlig offen.
8Ursprünglich hat der Kläger sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Be scheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 zu verpflichten subsidiären Schutz ge mäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen und Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen,
;
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten,
,
das Asylverfahren durchzuführen.
Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts beantragt er nunmehr,
10den Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bun desamtes. Überdies ist sie der Ansicht, dass die Überstellungsfrist mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2014 (13 L 2168/13.A) neu zu laufen be ginne bzw. die Überstellungsfrist auf Grund des gemäß § 80 Absatz 7 Verwaltungsge richtsordnung (VwGO) erlassenen Eilbeschlusses vom 24. März 2014 bis zur Erledigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt sei.
14Der am 25. Oktober 2013 vom Kläger gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Be schluss vom 7. Januar 2014 abgelehnt (13 L 2168/13.A) .
15Auf den weiteren , unter dem 18. März 2014 gestellten Antrag des Klägers gemäß § 80 Ab s atz . 7 VwGO hat das Gericht mit Beschluss vom 24. März 2014 unter Abänderung des Beschlusses vom 7. Januar 2014 die angestrebte aufschiebende Wirkung angeordnet. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass bereits mehr als sechs Mo nate vergangen seien, seit Spanien seine Bereitschaft z ur Übernahme des Klägers erklärt habe (13 L 644/14.A) .
16Die Beteiligten haben übereinstimmend am 18. Juni und 23. Juni 2014 auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 50 und Bl. 51 d. Gerichtsakte).
17Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO über die Klage ohne mündliche Ver handlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
20Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags.
21Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (vgl. unter I.), aber unbegründet (vgl. unter II.).
23I. Die Klage ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. unter 1.) und auch fristgerecht erhoben wor den (vgl. unter 2.).
241. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage – gerichtet auf das Rechts schutzziel, dass die Beklagte das Asylverfahren durchführt – bedarf es nicht.
25Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 4. Oktober 2013, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2.
Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 ‑
–
13
K
654/14.A –, juris, Rn. 22, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15.
Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, –10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S.
5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, – 5 K 198/11.TR –, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3.
März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn.
21, § 34a Rn. 64 f.
Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen, die im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach den §§ 33, 32 AsylVfG entsteht. In letzterer Konstellation ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfech tungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft. Mit der Auf hebung des Einstellungsbescheids wird nämlich ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
28Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
29Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltgesetzes AufenthG)
gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebener Auslän der“ den Klageweg beschreitet.
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10.
31Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15.
33Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Ab satz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Er gebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre.
34VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 30, vom
26. April 2013 ‑
–
17
K
1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG
München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 ‑
–
RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 ‑
–
A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn.
16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde.
36VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 32; VG München, Gerichtsbe scheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16.
37Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
382. Der Kläger hat die Klage auch innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des an gegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 und damit fristgerecht im Sinne von § 74 Absatz 1 AsylVfG erhoben.
39Dabei ist die Bekanntgabe vorliegend allerdings noch nicht durch die mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 erfolgte Übersendung des Bescheides an den Prozess bevollmächtigten des Klägers bewirkt worden. Denn der Prozessbevollmächtigte war insoweit kein Empfangsberechtigter des Klägers im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszu stellungsgesetzes (VwZG). Wird ein Asylantrag – wie vorliegend – nur nach § 27a AsylVfG abgelehnt, ist nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG die Entschei dung zusammen mit der Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer persönlich zuzustellen und kommt mithin eine Empfangsvertretung durch den Prozessbe vollmächtigten nicht in Be tracht. Dementsprechend soll, wenn der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder er einen Empfangsberechtigten benannt hat, diesem nach § 31 Absatz 1 Satz 6 AsylVfG auch lediglich ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Dieser Mangel der förmlichen Zustellung wurde aber vorliegend gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt, oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Empfangsberechtigter ist dabei derjenige, an den die Zustel lung nach dem Gesetz zu richten war,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 301 und = juris, Rn. 27; Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. Oktober 1986 – VII R 58/83 –, juris, Rn. 24,
41vorliegend also nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG der Kläger selbst, der im Übri gen auch tatsächlich als Adressat in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 benannt ist.
42Der Empfangsberechtigte hat das Schriftstück im Sinne von § 8 VwZG erhalten, wenn es ihm vorgelegen hat und er die Möglichkeit hatte, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen; dass er es auch in Besitz genommen hat, ist nicht erforderlich,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O., m.w.N.
44Darüber hinaus setzt die Heilung von Zustellungsmängeln voraus, dass die Behörde den Willen hatte, den Bescheid bekannt zu geben,
45BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29 und Beschluss vom 31. Mai 2006 – 6 B 65.05 –, NVwZ 2006, 943 = juris, Rn. 7, m.w.N.
46Nach diesen Maßgaben gilt der Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 als dem Kläger am 23. Oktober 2013 mit heilender Wirkung im Sinne von § 8 VwZG zuge stellt. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers fand an diesem Tag ein Be sprechungstermin wegen des mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 an die Kanzlei über mittelten Bescheides statt, bei dem der Kläger vom Erlass des Bescheides Kenntnis er halten hat. Zwar reicht die bloße (mündliche) Übermittlung des In halts des Bescheides an den Empfangsberechtigten durch eine Ersatzperson nicht aus, um dem Empfangsberech tigten die nach § 8 VwZG erforderliche zuverlässige Kenntnis des zuzustellenden Schrift stücks zu verschaffen,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 27.
48Allerdings wurde dem Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2013 anlässlich des Besprechungstermins zugleich auch eine Kopie des Bescheides ausgehändigt. Die Aushändigung der Bescheidkopie war zur Vermittlung der erforderlichen Kenntnis aber geeignet, da sie das Original nach Inhalt und Fassung wiedergibt.
49Die Beklagte hatte schließlich hinsichtlich des Bescheides auch den erforderlichen Bekanntgabewillen. Der Bescheid ist mit Wissen und Wollen der Beklagten und in der Ab sicht, Rechtsfolgen gegenüber dem Kläger auszulösen, aus dem internen behördlichen Bereich herausgegeben worden. Dass Anschreiben und Bescheid willentlich den internen Bereich des Bundesamtes verlassen haben, folgt unzweifelhaft aus der be wussten Wahl des Übermittlungswegs per Einschreiben und dem Vorliegen eines hierüber gesondert gefertigten Aktenvermerks nach § 4 Absatz 2 Satz 4 VwZG (Bl. 67 der Beiakte Heft 1) so wie der zeitgleichen gesonderten Übermittlung des Bescheides auch noch an die zustän dige Ausländerbehörde (Bl. 64 der Beiakte Heft 1). Der Wille, hinsichtlich des Klägers Rechtsfolgen herbeizuführen, ergibt sich ohne weiteres aus dem an den Prozessbevoll mächtigten gerichteten Begleitschreiben vom 17. Oktober 2013, das in der Betreffzeile ausdrücklich den Namen des Klägers und den Bezug zu seinem Asyl verfahren und zudem die Mitteilung enthält, dass dem Prozessbevollmächtigten – der aus der Sicht des Bun desamtes der Empfangsberechtigte des Klägers war – der Be scheid vom 4. Oktober 2013 „zugestellt“ werde. Zur Heilung nicht erforderlich ist, dass ge rade auch die nachträgliche Kenntniserlangung durch den Adressaten vom Willen der Be hörde umfasst ist,
50vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29.
51Die zweiwöchige Klagefrist begann mithin am Tag nach der Bekanntgabe, also am Donnerstag, den 24. Oktober 2013, § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 187 Absatz 1 BGB und endete gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 188 Absatz 2 BGB am Mittwoch, den 6. November 2013. Die Klage ist bereits am Freitag, den 25. Oktober 2013 und damit fristgerecht bei Gericht eingegangen.
52II. D Indes ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 VwGO.
53Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Ab schiebung des Klägers nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylan trag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäi schen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchfüh rung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
54Maßgebliche Rechtsvor schrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verord nung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Dritt staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Ver handlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist. Zwar ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitglied staats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist ( Dublin III-VO) , bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist . Denn Gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO aber für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar . Anderes gilt allen falls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
55vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
561. Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien aus der EURODAC-Datei festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschrit ten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 23. August 2013 vor seiner Einreise in die Bundes republik in Spanien gewesen. Überdies folgt aus der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013, dass er bereits am 25. Oktober 2012 im spani schen Melilla erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Der Kläger hat die Grenze Spa niens auch illegal überschritten, da er nach seinen eigenen Angaben ohne Ausweispapiere und Aufenthaltsberechtigung eingereist ist und zudem die vom Bundesamt durchgeführte Visa-Abfrage für ihn keinen Treffer ergeben hat.
572. Die danach vorliegende Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO erloschen. Danach endet die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Offen bleiben kann insoweit, ob der Kläger erst am Tag der erkennungsdienstlichen Behandlung, also am 25. Oktober 2012 erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und von den Behörden aufgegriffen worden ist oder ob die Einreise – wie der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren vorträgt – bereits Anfang Oktober 2012 erfolgt ist. Denn der illegale Grenzübertritt lag in jedem Fall zum Zeitpunkt der für die Anwendung der Kriterien des Kapitels III maßgeblichen Zuständigkeitsbestim mung, die spätestens mit der Entscheidung Spaniens über das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 17. September 2013 ihren Abschluss fand (Artikel 19 Absatz 1Dublin II-VO ), noch keine zwölf Monate zurück.
58Dass diese Frist – unterstellt der Kläger sei wie behauptet bereits Anfang Oktober 2012 nach Spanien eingereist – im Zeitpunkt der nach obigen Ausführungen erst am 23. Oktober 2013 erfolgten Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes abgelaufen war, würde ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung führen.
59Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO finden die Regelungen des Kapitels III, zu de nen Artikel 10 gehört, ausschließlich im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zu ständigen Mitgliedstaates Anwendung. Daher berechtigt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO zwar einen Mitglied staat, ein an ihn gerichtetes Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen eines anderen Mitgliedstaates abzulehnen, sofern der illegale Grenzübertritt im Zeitpunkt des Ersuchens bereits mehr als zwölf Monate zurückliegt. Nach Abschluss des Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung ist der Anwendungsbe reich des Kapitels III dagegen nicht mehr eröffnet und führt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO daher nicht zu einem nachträglichen Wegfall der be reits nach der Dublin II-Verordnung bestimmten Zuständigkeit. Dementsprechend regelt Kapitel V, dass die nach den Kriterien des Kapitels III bestehende Zuständigkeit eines er suchten Mitgliedstaates nachträglich nur unter den Voraussetzungen von Artikel 16 Absatz 3 und 4 Dublin II-VO erlöschen oder wegen eines Fristversäumnisses des ersuchenden Mitgliedstaates nach Artikel 17 Absatz 1 Satz 2, Artikel 19 Absatz 4 oder Artikel 20 Absatz 2 Dublin II-VO auf den ersuchenden Mitgliedstaat selbst übergehen kann. Überdies sieht Artikel 5 Absatz 2 Dublin II-VO vor, dass bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mit gliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
603. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Maßgabe der Artikel 16 ff. Dublin II-VO wieder erloschen oder auf Deutschland übergegangen. Die Pflicht Spaniens, den Kläger aufzunehmen, folgt aus Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a) Dublin II-VO, wonach der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedsstaat gehalten ist, einen Asylbewerber, der einen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, nach Maß gabe der Artikel 17 bis 19 Dublin II-VO aufzunehmen.
61Nachdem die am 27. August 2013 erfolgte Recherche der Beklagten in der Eurodac-Da tenbank für den Kläger einen Treffer ergab und damit Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Klägers bestanden, hat die Beklagte bereits am 29. August 2013 via DubliNet rechtzeitig inner halb der Frist nach Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin II-VO von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags am 7. Juni 2013 das Aufnahmeersuchen an Spanien gerichtet. Spanien hat seinerseits am 17. September 2013 und mithin innerhalb von zwei Monaten nach seiner Befassung mit dem Gesuch im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Dublin II-VO entschieden.
62Der Kläger kann nicht geltend machen, dass die in Art . ikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Sechs-Monatsfrist zu einem Übergang der Zuständigkeit von Spanien auf die Beklagte geführt hat.
63a) Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt im vorliegenden Fall erst zu laufen, nachdem das Gericht in der Hauptsache über die Klage entschieden hat. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da nach erfolgt die Überstellung , sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wideraufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit dem in der zweiten Alternative dieser Vorschrift in Bezug genommenen Rechtsbehelf ist das gegen die Abschiebung gerichtete Hauptsacheverfah ren gemeint, nicht schon das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz, auch wenn bereits während dessen Anhängigkeit gemäß § 34a Abs atz . 2 Satz 2 AsylVfG eine Abschiebung zu unterbleiben hat.
64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53; Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, juris, Rn. 5 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss im Verfahren gleichen Rubrums vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A –, juris, Rn. 12 ff.
65Dieser Rechtsbehelf hatte aufgrund der gerichtlichen Anordnung vom 24. März 2014 im Verfahren nach § 80 Absatz 7 VwGO (13 L 644/14.A) aufschiebende Wirkung. Deshalb kann die Frist zur Überstellung und damit auch eine mögliche Frist, deren Ablauf zu einer unzumutbar langen Verfahrensdauer führen kann, erst mit der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf – mithin mit Rechtskraft dieses Urteils – zu laufen beginnen. Artikel 19 Ab s atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO benennt insoweit zwar nicht die Rechtskraft, sondern die „Entscheidung über den Rechtsbehelf“. Da diese Formulierung jedoch in unmittelbarem Zusammenhang zur der diesem Rechtsbehelf beizumessenden aufschiebenden Wirkung verwendet wird, kann dies nur im Sinne einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf verstanden werden.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 5.
67Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Kammer im vorgenannten Beschluss vom 24. März 2014 – anders als hier – zu der Annahme gelangt ist, die maßgebliche Frist sei bereits ab gelaufen. Denn Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ermöglicht jedenfalls auch eine Überstellung innerhalb der hier noch nicht laufenden Frist von sechs Monaten ab der Entscheidung über den Rechtsbehelf. Im Übrigen hält die Kammer an ihrer allein im sum marischen Verfahren nach § 80 Absatz 5 und 7 VwGO vertretenen Auffassung, wonach sich der Kläger auf den Ablauf dieser Frist beruf en kann, nicht länger fest (s. hierzu unten, b) ).
68Dasselbe Ergebnis ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Überstellungsfrist. Durch die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Überstellungsfrist soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden , die Überstellung mitsamt ihren technischen Prob leme n zu bewerkstelligen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Über stellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können und es somit dem Asylbewerber er möglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen. Andernfalls be fände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asyl bewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
69Vgl. Europäische r Gerichtshof ( EuGH ) , Urteil vom 29. Januar 2009, – C-19/08 –, juris, S . 11, Rn. 44 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, Rn. 12 ff., und Be schluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 3.
70Vor diesem Hintergrund geht auch die im klägerischen Schriftsatz vom 11. September 2014 geäußerte Ansicht fehl, es bedürfe zunächst einer aktuellen Bestätigung der Über nahmebereitschaft Spaniens. Denn bei der Fristberechnung ab der Rechtskraft dieser Ent scheidung handelt es sich um eine von zwei gleichwertig nebeneinander bestehenden Al ternativen innerhalb der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da ein Fristablauf objektiv nicht gegeben ist, kann auch Spanien sich nicht hierauf berufen. Im Übrigen würde auch die Möglichkeit, dass sich der übernehmende Staat auf den Ablauf der Frist beruft, dem Kläger nicht den entsprechenden Einwand in Form eines subjektiven Rechts an die Hand geben. Sollte der an sich übernehmende Staat die Aufnahme verwei gern, deckt sich dies mit dem vom Kläger verfolgten Interesse, im Bundesgebiet zu ver bleiben und – sollte kein anderer, dritter Staat zuständig sein – eine Prüfung seines An trags durch die Beklagte zu erreichen. Wäre der übernehmende Staat hingegen noch im mer zur Aufnahme bereit, würden hierdurch – wie nachstehend ausgeführt – keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt.
71Die Beklagte ist vorliegend bis zur Entscheidung über die Hauptsache auf Grund des stattgebenden Beschlusses vom 24. März 2014, worin die aufschiebende Wirkung der vor liegenden Klage angeordnet worden ist , an der Überstellung des Klägers nach Spanien rechtlich und daher nicht nur aufgrund der erforderlichen Modalitäten für eine Überstellung gehindert gewesen . Die Überstellungsfrist beginnt erst mit Rechtkraft dieses Urteils zu laufen.
72b) Selbst wenn es hier jedoch auf den Ablauf der Sechs-Monatsfrist in der ersten Altern
a
tive des Art
ikel
.
19 Abs
atz
.
3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ankäme, also beginnend mit der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch Spanien
,
am
17.
Septem
ber 2013, könnte sich der Kläger nicht auf den Ablauf dieser Frist berufen.
Zwar endete die Frist zur Überstellung des Klägers zunächst
,
mit Ablauf des 17. März 2014, da Spanien der Aufnahme bereits am 17. September 2013 zugestimmt hatte
.
Der Kläger kann sich auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfristjedoch nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenre gelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt die Kammer auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs,
74Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl.
,
nachfolgend
auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
ihre bisherige Rechtsprechungim Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A – auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung der Überstellun g s f rist berufen kann. Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem In halt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Ho heitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der DublinII-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeits weise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asyl systems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der DublinII-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objekti ven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
76EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
77Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Fest stellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen be stimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Über stellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnah mebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
78EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.
/
14 –, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 ‑
–
W
6
S
14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
Obschon der Abdullahi- Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu nehmen ist,
80vgl. hierzu auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N.,zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
81gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitglieds
staat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitglieds
staaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Ver ordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn.
25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 ‑
–
14
A
1943/11.A
–, juris, Rn. 24; VG Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn.
6 f.; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des ande ren Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. In soweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstel lung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
84Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
85Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgtund dass sie überhaupt erfolgt
,
kann er mithin
selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet
schon der
allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach §
242 BGB abgeleiteten
– Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich
auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschlandzu
berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ab zuwarten.
OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
874. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Spanien abzuschieben.
88a) Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat.
89EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris, Rn. 35 und Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑
–
C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 ‑
–
13
K
1117/14.A
– m.w.N.
Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Antragsteller durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnah en Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechts verletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen (s.o. , 3. b) ) .
91Selbst
wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt
e
es i
ndes schon
an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäi schen
Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO vor sieht, dass die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Annahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, erfolgt. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleich gesetzt werden mit der vom EuGH angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die inner staatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
Vgl. zur Stellung eines Aufnahmeantrags VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 22.
93Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
94Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.
95b) Die Beklagte ist schließlich auch nicht gehindert, den Kläger nach Spanien zu überstel len, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwach stellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behand lung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
96EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
97der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
98EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
99Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rück über stellung nach Spanien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung recht fertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen,
100vgl. Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris, Rn. 23 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris, Rn. 11; Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – Au 7 S 14.50094 –, juris, Rn. 50.
101Es ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Spanien das Asylgesuch des Klägers nicht in einem ordnungsgemäßen Asylverfahren prüfen wird. Denn Spanien hat unter Wahrung seiner aus der Dublin II-VO folgende Obliegenheiten bereits zweimal fristgerecht seine Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers an erkannt. Soweit der Kläger demgegenüber im gerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, ihm sei in Spanien sowohl bei seiner Ersteinreise im Oktober 2012 als auch nach der Über stellung aus Deutschland im April 2013 jeweils die Stellung eines Asylantrags tatsächlich verweigert worden, ist dieses unsubtsantiierte Vorbringen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht glaubhaft. Der Kläger hat hierzu schon selbst keine widerspruchsfreien Angaben gemacht. Im Rahmen der Anhörung beim Bun desamt am 23. Januar 2013 hat er ausdrücklich angegeben, noch in keinem europäischen Land einen Asylantrag gestellt zu haben (Bl. 39 Beiakte Heft 2). Anlässlich seiner erneuten Asylantragstellung in Deutschland am 7. Juni 2013 hat er zwar in der Anhörung am 23. August 2013 angegeben, er habe in Spanien gefragt, ob er Asyl beantragen könne, was aber abgelehnt worden sei. Allerdings schilderte er diese angebliche Verweigerung der Asylantragstellung als eine solche im Zusammenhang mit der Ersteinreise und damit im Widerspruch zu seinem Vorbringen vom 23. Januar 2013. Zudem legte er nicht offen, dass er unter einem Aliasnamen bereits zuvor in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte und nach Spanien zurückgeführt worden war. Da gerade die Verweigerung eines Asylverfahrens nach der Rücküberstellung nach Spanien nach den Angaben des Klägers im gerichtlichen Verfahren aber der wesentliche Anlass der erneuten Einreise nach Deutschland im Juni 2013 gewesen sein soll, wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen für ihn so ent scheidenden Umstand dann auch in der Anhörung am 23. August 2013 schildert. Dies umso mehr, als der Rücküberstellung vom 10. April 2013 eine ausdrückliche Aufnahmeer klärung Spaniens vom 7. März 2013 zugrunde lag. Die Einschätzung, dass dem diesbe züglichen Vorbringen des Klägers kein Glauben geschenkt werden kann, stützt das Ge richt ergänzend darauf, dass der Kläger auch zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal in beiden Anhö rungen vollkommen unterschiedliche und nicht miteinander in Einklang zu bringende An gaben gemacht hat und zudem seinen ersten Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt hat, sich mithin insgesamt nicht als glaubwürdig erweist.
102Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshin der nis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durch geführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersicht lich.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichts k osten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30Ab satz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
104Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 0. Oktober 1983 geborene Kläger zu 1. behauptet syrischer Staatsangehörigkeit kurdischer Volkszugehörigkeit zu sein. Er reiste nach eigenen Angaben zusammen mit seiner Ehefrau, der am 10. Oktober 1986 geborenen Klägerin zu 2., und dem gemeinsamen am 25. Februar 2010 geborenen Kind, dem Kläger zu 3., am 29. Juli 2011 auf dem Landweg über Italien in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte – wie auch die Klägerin zu 2. – am 3. August 2011 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
3Im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt am 4. August 2011 gab der Kläger zu 1. an, er fühle sich gesund, sei aber behandlungsbedürftig erkrankt. Er nehme Medikamente wegen einer Herzmuskelschwellung. Hier in Deutschland habe er noch keinen Arzt aufgesucht. Er kündigte an, sobald er in Deutschland ärztlich behandelt werde, dem Bundesamt ein Attest zukommen zu lassen, aus dem die genaue Diagnose und die notwendige Behandlung hervorgingen. Er habe bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Auf die Frage, ob Einwände dagegen bestünden, das Asylverfahren z.B. in Italien durchzuführen, antwortete der Kläger zu 1., in Deutschland sei die Sicherheit größer und man kümmere sich um die Asylbewerber. Persönliche Hinderungsgründe hätte er aber nicht. Die Klägerin zu 2. führte aus, sie fühle sich gesund und sei nicht behandlungsbedürftig erkrankt. Das gleiche gelte für ihr Kind. Sie habe bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wollten aber von Anfang an nicht in Italien, sondern in Deutschland bleiben. Im Übrigen machten die Kläger Ausführungen zu ihren Fluchtgründen aus Syrien.
4Das Bundesamt stellte am 13. März 2012 ein Wiederaufnahmegesuch an das italienische Innenministerium, worüber die Kläger mit Schreiben vom selben Tag in Kenntnis gesetzt wurden. Mit Schreiben vom 19. März 2012 erklärten sich die italienischen Behörden gestützt auf Art. 16 Abs. 1 c der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrages zuständig ist (Dublin II VO) für zuständig.
5Am 15. Mai 2012 suchten die Kläger gerichtlichen Eilrechtsschutz nach und beantragten den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss vom 23. Mai 2012 (Az.: 21 L 851/12.A) gab das VG Düsseldorf der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung auf, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung der Antragsteller nach Italien vorläufig für die Dauer von sechs Monaten auszusetzen.
6Am 26. Juni 2012 haben die Kläger zunächst Untätigkeitsklage erhoben mit dem Ziel, die Beklagte zu verpflichten, das ihr durch Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO eröffnete Selbsteintrittsrecht auszuüben und das Asylverfahren durchzuführen.
7Mit Bescheid vom 3. Juli 2012 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Italien an. Zur Begründung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, der Asylantrag sei gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig, weil die Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hätten und deshalb Italien nach den Vorschriften der Dublin II VO zuständig sei. Außergewöhnliche humänitäre Gründe, die die Beklagte zur Ausübung eines Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 der Dublin II VO veranlassen könnten, bestünden nicht.
8Zur Begründung der nach Bescheiderlass fortgeführten Klage verweisen die Kläger im Wesentlichen auf den Beschluss des VG Cottbus vom 8. März 2013 (Az.: VG 1 L 54/13), mit dem eine Abschiebung von Asylbewerbern nach Italien vorläufig ausgesetzt wurde. Im Übrigen sei der Kläger zu 1. herzkrank. Eine Reisefähigkeit des Klägers zu 1. sei nicht gegeben. Eine Abschiebung mit den damit verbundenen Aufregungen würde für den Kläger zu 1. eine große Gefahr darstellen, da er aufgrund seiner Erkrankung Infarkt gefährdet sei.
9Die Kläger beantragen sinngemäß,
10den Bescheid des Bundesamtes vom 3. Juli 2012 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes Bezug.
14Nachdem die Kläger unter dem 13. November 2012 erneut gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht hatten, ordnete das Gericht mit Beschluss vom 3. Dezember 2012 (Az.: 21 L 2103/12.A) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 3. Juli 2012 an.
15In der mündlichen Verhandlung sind die Kläger zu 1. und 2. ergänzend befragt worden. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs sowie den der Ausländerakten ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).
19A. Die Klage gegen den Bescheid vom 3. Juli 2012 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 27a AsylVfG, wonach ein in Deutschland gestellter Asylantrag als unzulässig abzulehnen ist, wenn die Zuständigkeit eines anderen Staates aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 27a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundesamt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der - einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorrangigen - Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens der Kläger zuständig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen. Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach §§ 33, 32 AsylVfG, in der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfechtungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft ist,
20vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris Rn 12, 14.
21Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutzbegehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Aufhebung des den begünstigenden Verwaltungsakt ablehnenden Bescheids beschränken darf, was im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme,
22vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 - 9 C 264/94 -, juris Rn. 15.
23Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung. Denn ist - wie dargelegt - das Asylbegehren in der Sache noch gar nicht geprüft worden und wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen und durchzuentscheiden, ginge den Asylbewerbern eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie zur Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorgesehen ist. Ungeachtet dessen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag sachlich auseinandersetzte und entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Art. 20 Abs. 2 Grundgesetz zumindest bedenklich wäre, da eine Entscheidung, die der Gesetzgeber mit dem Asylverfahrensgesetz der Exekutive zur Prüfung zugewiesen hat, übergangen würde,
24vgl. zum Vorstehenden auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 1506/12.A –, juris Rn. 18.
25Vor diesem Hintergrund war das im Klageantrag enthaltene Begehren, neben der Aufhebung des Bescheides vom 3. Juli 2012 ein Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, als bloßer Hinweis auf die (nach der begehrten Aufhebung des angefochtenen Bescheides) geltende Rechtslage zur verstehen, § 88 VwGO.
26B. Die Klage ist unbegründet.
27Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. Juli 2012 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
28Das Bundesamt hat den Asylantrag zu Recht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt (I.). Die auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig (II.).
29I. Zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens ist nicht die Beklagte, sondern die Republik Italien (1.). Die Beklagte ist auch nicht zur Ausübung des eigenen Prüfrechts (sog. Selbsteintrittsrecht) nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO verpflichtet (2.).
30Die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Neufassung, Dublin III VO), findet hier nach Art. 49 Abs. 2 (noch) keine Anwendung, weil der Antrag vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach dem Inkrafttreten der Dublin III VO am 19. Juli 2013 gestellt wurde.
311. Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens ist gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO begründet worden (a.). Ein Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte ist später weder über Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO (b.) noch gemäß Art. 20 Abs. 2 Dublin II VO erfolgt (c.).
32a. Die Zuständigkeit Italiens folgt, da die gemäß Art. 5 Abs. 1 Dublin II VO vorrangig zu prüfenden Zuständigkeitskriterien nach Art. 6 bis 9 dieser Verordnung nicht einschlägig sind, aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO, wonach ein Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, wenn ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat. Nach eigenen Angaben reisten die Kläger zunächst illegal nach Italien und stellten dort einen Asylantrag. Auf Grundlage dieser Feststellungen hat das Bundesamt mit Schreiben vom 13. März 2012 Italien um die Aufnahme der Asylbewerber ersucht. Italien hat sich sechs Tage später, am 19. März 2012 unter Verweis auf Art. 16 Abs. 1 lit. c) Dublin II VO für zuständig erklärt.
33b. Die Zuständigkeit ist nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO hat der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, der einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, diesen in jedem Fall innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags zu ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Bei Überschreitung der Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO geht nach Satz 2 die Zuständigkeit auf den ersuchenden Staat über. Zwar hat das Bundesamt hier erst am 13. März 2012 – also über sieben Monate nach Stellung des Asylantrages am 3. August 2011 in Deutschland – ein Übernahmegesuch an Italien gestellt. Die Fristüberschreitung führt aber deshalb nicht zur Zuständigkeit der Beklagten, weil die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO unmittelbar nur im Rahmen des Aufnahmeverfahrens, nicht aber in Fällen des – hier gegebenen – Wiederaufnahmeverfahrens Anwendung findet (aa.). Ungeachtet dessen führte die Klage aufgrund der Nichteinhaltung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO bzw. der Folge gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO aber auch deshalb nicht zum Klageerfolg, weil die Vorschrift den Klägern kein subjektives Recht vermittelt (bb.).
34aa. Die Dublin II VO unterscheidet gerade in Art. 16 Abs. 1 lit. a) einerseits und lit. c), d) und e) andererseits zwischen der Überstellung des Asylsuchenden in einem Aufnahmeverfahren gemäß den Art. 17 bis 19 der Dublin II VO und einer Überstellung des Asylsuchenden im Wiederaufnahmeverfahren gemäß Art. 20 Dublin II VO. Durch Art. 16 Dublin II VO wird der Anwendungsbereich der nachfolgenden Art. 17 bis 20 Dublin II VO bestimmt. Aus der Trennung zwischen Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren folgt, dass – weil Art. 20 Dublin II VO weder eine Frist nennt, noch auf die Regelung in Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO Bezug nimmt – für das Wiederaufnahmeverfahren eine Übernahmeersuchensfrist nicht vorgesehen ist. Es ist gerade nicht so, dass Art. 20 Dublin II VO nur spezielle Modalitäten für die Wiederaufnahme regelt und im Übrigen die Regelungen der Art. 17 bis Art. 19 Dublin II VO anwendbar wären,
35vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris; VG Potsdam, Urteil vom 5. Februar 2013 – 6 K 2512/12.A –, juris Rn. 21; VG Hamburg, Beschluss vom 22. September 2005 ‑ 13 AE 555/05 ‑, juris; VG Augsburg, Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2011 ‑ Au 3 K 10.3046 – , juris; so auch Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Auflage 2010, S. 138 K1; a.A. VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2012 – 22 L 1158/12.A – , juris Rn. 24.
36bb. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO vermittelt den Klägern kein subjektives Recht, weshalb es auf die Frage, ob die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO auf das Wiederaufnahmeverfahren analog anzuwenden ist,
37wofür insbesondere die Regelung in der Neufassung der Dublin II VO durch die Dublin III VO vom 26. Juni 2013 spräche, die in Art. 23 Abs. 2 ausdrücklich auch für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs eine Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht,
38im Ergebnis hier nicht entscheidungserheblich ankommt.
39Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem Inhalt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Hoheitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Dublin II VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Art. 78 Abs. 1 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asylsystems besteht, vgl. auch Art. 78 Abs. 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der Dublin II VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objektiven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten. Im Vordergrund steht daher das Interesse, einen Mitgliedstaat zeitnah für zuständig zu erklären, damit es zu einer Überprüfung des Asylantrags durch einen einzigen Mitgliedstaat kommt, nicht aber, dass ein ganz bestimmter Mitgliedstaat die Antragsprüfung durchführt – jedenfalls wenn es wie hier nicht um eine spezielle Zuständigkeit nach den Art. 6 bis 9 der Dublin II VO geht. Würde man außerhalb dieser besonderen Fallkonstellationen dem Einzelnen ein subjektives Recht auf Prüfung des Asylantrags in einem bestimmten ‑ nach der Dublin II VO (möglicherweise) zuständigen ‑ Mitgliedstaat zuerkennen, würde dies den Zweck der Verordnung konterkarieren, auch deshalb, weil die uneingeschränkte Klärung von Zuständigkeitsfragen im Rahmen eines (einstweiligen) Rechtsschutzverfahrens von nationalen Gerichten erhebliche Verfahrensverzögerungen zur Folge hätte,
40so auch VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris; VG Potsdam, Urteil vom 5. Februar 2013 – 6 K 2512/12.A –, juris Rn. 24; VG München, Beschluss vom 28. November 2012 - M 15 E 12.30871 –, juris Rn. 25 ff.; VG Regensburg, Beschluss vom 10. Oktober 2012 – RN 9 E 12.30323 –, juris Rn. 27.
41Allenfalls Italien könnte sich auf die Nichteinhaltung der Frist berufen, da es die materiellen Lasten einer Aufnahme der Kläger zu tragen hat.
42Im Einzelfall kann es bei beachtlicher Überschreitung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO dem ersuchenden Mitgliedstaat indes verwehrt sein, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu berufen,
43vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris.
44Insbesondere auch unter Berücksichtigung von Art. 18 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) wird daher nicht in jedem Fall der Verstoß gegen die Zuständigkeitsbestimmung des Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO und damit jegliche Außerachtlassung der Obliegenheit, ein Übernahmeersuchen binnen drei Monaten nach Asylantragstellung an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten, konsequenzlos bleiben.
45Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird,
46vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 – juris, Rn. 98, 108.
47Soweit die Überschreitung der in Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO vorgesehenen Frist zu einem unangemessen langen Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates führt, ist es demnach dem ersuchenden Mitgliedstaat verwehrt, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates zu berufen. Aus der Entscheidung selbst, den einschlägigen Normen und den dazugehörigen Materialien lassen sich Anhaltspunkte dafür, wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, nicht ausmachen.
48Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die wiedergegebene Aussage aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof im Anschluss an die Feststellung getroffen wurde, dass ein Mitgliedstaat - wenn die Überstellung in den nach der Dublin II VO primär zuständigen Mitgliedstaat wegen beachtlicher systemischer Mängel nicht möglich ist - anhand der Kriterien des Kapitels III der Dublin II VO zu prüfen hat, ob gemäß eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann und daher schon nicht unmittelbar auf die hiesige Fallkonstellation übertragbar ist.
49Indes führt nicht jede Fristüberschreitung zugleich zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer; vielmehr bedarf es des Hinzutretens eines weiteren Zeitmoments. Unter Berücksichtigung der für die Asylbewerber aus der Nichteinhaltung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO resultierenden Folgen einerseits, die nicht zuletzt in einem für den Einzelnen belastenden Zustand der Ungewissheit liegen, und dem Charakter der Zuständigkeitsbestimmungen als objektive, eine Obliegenheit begründende Verfahrensvorschriften andererseits, ist von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ohne hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls in aller Regel erst dann auszugehen, wenn eine Fristüberschreitung von mehr als sechs Monaten vorliegt, also zwischen Asylantragstellung und Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs mehr als neun Monate vergangen sind,
50anders vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. August 2012 – 22 L 1158/12.A – juris.
51Da die hier gegebene Überschreitung der Dreimonatsfrist gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO von etwa vier Monaten demgemäß nicht zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer führt, ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf die Zuständigkeit Italiens zu berufen.
52c. Die Zuständigkeit ist schließlich nicht gemäß Art. 20 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 lit. d) Satz 2 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 Dublin II VO erfolgt die Überstellung des Asylsuchenden von dem Mitgliedstaat, in dem der (zweite) Asylantrag gestellt wurde, in den Mitgliedstaat, der die Wiederaufnahme akzeptiert, gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO auf den Mitgliedstaat über, in dem der (zweite) Asylantrag eingereicht wurde.
53Hier hat Italien das Wiederaufnahmegesuch vom 13. März 2012 ausdrücklich am 19. März 2012 angenommen. Zwar sind seit Annahme des Gesuchs bis heute mehr als sechs Monate verstrichen. Dies ist jedoch unschädlich und führt nicht zu einer Zuständigkeit der Beklagten für die Durchführung des Asylverfahrens nach Art. 20 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 lit d) Dublin II VO. Denn die Überstellungsfrist beginnt frühestens mit der Entscheidung im Hauptsacheverfahren über den Rechtsbehelf des Asylsuchenden gegen die Entscheidung des Bundesamtes, den Asylantrag wegen der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nicht zu prüfen, sofern der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat,
54vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 –, juris; - zur vergleichbaren Norm des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II VO - Nds.OVG, Beschluss vom 2. August 2012 – 4 MC 133/12 –, juris Rn. 14 ff.
55Auf die vorläufige Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist nicht abzustellen. Die in Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 2. Alt. Dublin II VO normierte Sechsmonatsfrist verfolgt vom Sinn und Zweck der Regelung her in Anbetracht der praktischen Komplexität und der organisatorischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung einhergehen, das Ziel, es den beiden betroffenen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich im Hinblick auf die Durchführung abzustimmen und es insbesondere dem ersuchenden Mitgliedstaat zu erlauben, die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln, die nach den nationalen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaates erfolgen. Diese Zielsetzung liefe leer, wenn die Frist schon zu einem Zeitpunkt begönne, in dem noch nicht sicher ist, dass die Überstellung überhaupt in Zukunft erfolgen wird, weil lediglich vorläufig die Vollziehung der Überstellung ausgesetzt wurde und die Entscheidung in der Hauptsache noch aussteht,
56vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 – juris, UA Rn. 40, 45.
57Inwieweit es aus denselben Erwägungen nicht auf die Hauptsacheentscheidung, sondern erst auf deren Rechtskraft ankäme, kann für die hier zu treffende Entscheidung mangels Erheblichkeit dahinstehen.
58Der von den Klägern eingelegte Rechtsbehelf – die Klage – hatte schließlich aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 2. Alt. Dublin II VO. Denn das Gericht hat zunächst mit Beschluss vom 23. Mai 2012 der seinerzeitigen Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO aufgegeben, Maßnahmen zum Vollzug der Überstellung nach Italien für die Dauer von sechs Monaten vorläufig auszusetzen (Az.: 21 L 855/12.A). Mit Beschluss vom 3. Dezember 2012 (Az.: 21 L 2103/12.A) ordnete das Gericht sodann die aufschiebende Wirkung der hiesigen Klage gegen den Bescheid vom 3. Juli 2012 an. Darauf, ob das mitgliedstaatliche Recht die Aussetzung des Vollzugs der Abschiebungsanordnung grundsätzlich normativ vorsieht oder - wie der zum Zeitpunkt der Entscheidung (noch) geltende § 34a Abs. 2 AsylVfG - nicht, kommt es nicht an.
59Der mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 geänderte § 34 a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n.F., wonach Anträge gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen – und damit grundsätzlich zulässig – sind, ist zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht Inkraftgetreten.
60Art. 20 Abs. 1 lit. d) Satz 2 2. Alt. Dublin II VO stellt schon nach seinem Wortlaut ausdrücklich darauf ab, ob dem eingelegten Rechtsbehelf tatsächlich aufschiebende Wirkung zukommt („... aufschiebende Wirkung hat;“) und nicht darauf, ob es nach dem innerstaatlichen Recht zulässig ist, die aufschiebende Wirkung anzuordnen,
61vgl. - zur vergleichbaren Norm des Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Dublin II VO - Nds.OVG, Beschluss vom 2. August 2012 – 4 MC 133/12 –, juris Rn. 17 m.w.N.
62Im Übrigen ist es nach der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland nicht unzulässig, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine Überstellung anzuordnen. Denn der generelle legislative Ausschluss vorläufigen Rechtsschutzes wird in Fortführung des zu § 26a AsylVfG ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts und unter Beachtung der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für den Fall einer auf § 34a Abs. 1 in Verbindung mit § 27a AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung insoweit (verfassungs- und unionsrechtskonform) teleologisch dahingehend reduziert, dass in eng umgrenzten Ausnahmefällen ebensolcher in Betracht kommt,
63so auch OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 – 1 B 234/12.A –, juris Rn. 8 ff. mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94 und auf BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris.
64Insoweit macht es hier keinen Unterschied, ob die zu Gunsten der Kläger angeordnete Aussetzung der Abschiebung auf geschriebenem Gesetzesrecht oder auf einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Auslegung beruht,
65insoweit sind die Erwägungen des EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 – C-19/08 –, juris, zum Beginn der Überstellungsfrist jedenfalls ab Hauptsacheentscheidung auf die hiesige nationale Rechtslage übertragbar auch wenn, anders als in dem entschiedenen Fall offenbar in Schweden, das geschriebene Recht einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung hier nicht vorsieht.
66Einer Entscheidung, ob Art. 20 Abs. 1 lit. d), Abs. 2 Dublin II VO den Klägern überhaupt ein subjektives Recht vermittelt,
67verneinend etwa VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 - RN 9 K 11.30445 -, juris Rn. 18,
68bedarf es vor diesem Hintergrund nicht.
692. Die Beklagte ist nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO zur Ausübung des eigenen Prüfrechts (sog. Selbsteintrittsrecht) verpflichtet.
70Nach dieser Norm kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin II VO zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Verordnung. Ob der Mitgliedstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem hier sachgerecht ausgeübten Ermessen. Eine Reduzierung des Ermessens auf Null ist nicht gegeben.
71Der durch die Dublin II VO geschaffenen Zuständigkeitsregelung zwecks Verwirklichung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems, vgl. Art. 78 AEUV, liegt die Annahme zugrunde, in allen Mitgliedstaaten sei die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sichergestellt, sog. „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Eine Durchbrechung dieser Zuständigkeitsordnung aufgrund einer Reduzierung des Ermessens eines Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO auf Null kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass der Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem vorgenannten Konzept / Prinzip nicht aufgefangen wird.
72Von einem solchen Ausnahmefall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Im Hinblick auf die Ziele und das System der Dublin II VO genügt hierfür aber nicht jeder Verstoß gegen die GFK, die EMRK, die Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten einschließlich deren zum Teil bereits in Kraft getretener Neufassung, der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, ferner gegen die Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, einschließlich deren Neufassung, der bereits zum Teil in Kraft getretenen Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes. Erforderlich ist vielmehr, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta (vgl. zur Tragweite der garantierten Rechte der Charta Art. 52 Abs. 3 Satz 1 Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
73vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 – 1 B 234/12.A –, juris Rn. 17; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 1506/12.A –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 - 17 L 660/13.A und vom 6. Februar 2013 - 17 L 150/13.A –, juris; vgl. auch die vom BVerfG im Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 ‑, juris Rn. 189 herausgearbeiteten Fallgruppen der schlagartigen Veränderung der für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat bzw. der generellen Lösung von den Konventionsverpflichtungen.
74a. In Anbetracht dieser Rechtsprechung besteht derzeit keine Verpflichtung der Beklagten, den Asylantrag der Kläger in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Auf Grundlage des dem Gericht gegebenen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Italien ist aktuell nicht zu befürchten, dass systemische Mängel betreffend das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen vorliegen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat Italien ausgesetzt zu werden.
75Hinweise etwa dergestalt, dass dort Schutzgesuche zunächst schon überhaupt nicht geprüft würden, sind nicht ernstlich ersichtlich. Das Auswärtige Amt kommt in seiner im Rahmen eines Amtshilfeersuchens abgegebenen jüngsten ausführlichen Stellungnahme an das OVG Sachsen-Anhalt vom 21. Januar 2013 (Ziff. 1, 2) zu dem Ergebnis, dass keine neueren Fälle bekannt wären, in denen Flüchtlinge und Asylsuchende, die in Italien um Schutz nachsuchen wollen, bei ihrer Einreise auf dem Seeweg oder dem Landweg die Einreise bzw. der Aufenthalt in Italien verweigert worden sei. Es seien auch keine jüngeren Fälle ersichtlich, in denen sie nach ihrer Einreise in ihr Herkunftsland bzw. einen Drittstaat zurückgeführt bzw. abgeschoben worden seien, ohne dass sie in Italien – wie von ihnen beabsichtigt – einen Asylantrag hätten stellen können oder in denen sie nach ihrer Einreise trotz eines in Italien gestellten Asylantrags zurückgeführt bzw. abgeschoben worden seien. Bei sog. „Dublin-II-Rückkehrern“ - wie hier - sei gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihren bereits gestellten Asylantrag weiterverfolgen bzw. erstmals einen Asylantrag stellen könnten. Demnach wird Asylbewerbern ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährt,
76vgl. hierzu auch die früheren Feststellungen in der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg vom 11. Juli 2012, S. 5 sowie die Feststellungen im Urteil des VG Augsburg vom 11. Januar 2013 ‑ Au 6 K 12.30358 ‑, juris Rn. 25 unter Auswertung weiterer Erkenntnisse, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.
77Diese Annahme wird insbesondere durch das Gutachten der Flüchtlingsorganisation borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen e.V. aus Dezember 2012 zum Beweisbeschluss des VG Braunschweig vom 28. September 2012 nicht durchgreifend erschüttert, da sich dieses in erster Linie mit den Aufnahmebedingungen, der Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheitsfürsorge der Asylsuchenden in Italien beschäftigt.
78Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen, der Sicherung des Lebensunterhalts und der Gesundheitsfürsorge lassen sich in Italien zwar Mängel ausmachen. Insbesondere die durch überlastete Aufnahmeeinrichtungen bestehende Gefahr der Obdachlosigkeit, die etwa durch das vorzitierte Gutachten der Flüchtlingsorganisation borderline-europe oder die Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderung (ASGI) an das VG Darmstadt vom 20. November 2012 geschildert wird, ist vor dem Hintergrund der Art. 13 Abs. 2 und Art. 14 der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten bzw. Art. 17 Abs. 2 und Art. 18 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, durchaus zu beachten. Allerdings handelt es sich unter Würdigung weiterer Erkenntnisse derzeit nicht um einen systemischen Mangel charakterisierende strukturelle landesweite Missstände, die eine individuelle Gefährdung eines jeden Einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern im Falle der Abschiebung nach Italien begründeten und die von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen würden. Eine – unmenschliche oder erniedrigende Behandlung herbeiführende – beachtliche Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen kann vielmehr nicht ausgemacht werden.
79Das Auswärtige Amt stellt in der vorzitierten Auskunft vom 21. Januar 2013 unter Ziff. 4. denn auch fest, derzeit könnten alle Asylbewerber/Flüchtlinge in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Wie auch in der an das VG Freiburg vom 11. Juli 2012 ergangenen Stellungnahme wird erneut betont, es gebe gegebenenfalls lokale/regionale Überbelegungen (in Teilen Süditaliens), landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale (und karitative) Einrichtungen, so dass meist ein Unterbringungsplatz in der Nähe gefunden werden könne. Zudem würden Dublin-II Rückkehrer von der Polizei bei Ankunft auf dem Flughafen in Empfang genommen und es werde ihnen sodann eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt, sofern ein Asylantrag gestellt bzw. das Asylverfahren noch weitergeführt werde (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013, Ziff. 1.4).
80Auch der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) stellt in seiner gutachterlichen Stellungnahme an das VG Braunschweig vom 24. April 2012 auf Seite 3 ff. fest, dass in den letzten Jahren Verbesserungen des Aufnahmesystems stattgefunden hätten und davon auszugehen sei, dass Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt wurde, so lange der Zeitraum von 6 Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und soweit die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten nicht überstiegen.
81Der bereits ältere Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe über das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien vom Mai 2011 weist zwar auf seinerzeitige Schwierigkeiten bei der Unterbringung und der Information über den bestehenden Anspruch auf Gesundheitsversorgung hin, eine grundsätzliche Abkehr Italiens von seiner Völker- und europarechtlicher Verpflichtung gegenüber Flüchtlingen kann darin jedoch nicht gesehen werden,
82so auch Nds. OVG, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 13 MC 22/12 –, juris UA S. 8.
83Sollten kurzfristige Überlastungen der Aufnahmeeinrichtungen – etwa durch ein aufgrund aktueller politischer Ereignisse hervorgerufenes hohes Flüchtlingsaufkommen – vorkommen, stellte dies ebenso keinen systemischen Mangel dar, wie eine nur örtlich begrenzte Kapazitätenüberschreitung. Denn nicht jede partielle Unterschreitung des unionsrechtlich gebotenen Schutzniveaus rechtfertigt bereits die Annahme eines systemischen Mangels,
84vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 84 ff.
85Etwas anderes würde heißen, die betreffenden Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in der Dublin II VO in ihrem Kern auszuhöhlen und die Verwirklichung des Ziels zu gefährden, rasch den Mitgliedsstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Maßgeblich ist auch, dass die italienischen Behörden gegen die Beseitigung der Missstände Maßnahmen ergreifen. So wurde etwa die Notstandsgesetzgebung, durch die die Unterbringung einer erheblichen Anzahl aus den nordafrikanischen Ländern kommenden Asylsuchenden seinerzeit innerhalb kürzester Zeit erreicht werden sollte, bis Ende Februar 2013 verlängert,
86vgl. den unter www.proasyl.de abrufbaren Newsletter Italien Dezember 2012, Seite 1,
87und es wurden kurzfristig im Jahre 2011/2012 20.000 Aufnahmeplätze in kleinen bis mittleren Einrichtungen in Italien geschaffen,
88vgl. ASGI-Bericht an das VG Darmstadt vom 20. November 2012, S. 10.
89Anlässlich des Ende Februar 2013 ausgelaufenen Notstandes ist in einem internen Runderlass der Regierung vom 18. Februar 2013 festgelegt worden, die Präfekturen (Regierungspräsidien), die die Leitung des Notstandes vom Zivilschutz übernommen haben, müssten dafür Sorge tragen, dass besonders schutzbedürftige Personen nicht obdachlos würden, sondern in einem Schutzsystem für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR-Projekt) untergebracht würden,
90vgl. den unter www.proasyl.de abrufbaren Newsletter Italien März 2013, Seite 1.
91Angesichts dessen kann von einem Untätig bleiben oder gar einer Gleichgültigkeit der italienischen Behörde keine Rede sein.
92Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnislage und der gegenwärtig nicht ansteigenden Zuströme von Asylbewerbern nach Italien (Anlandungen im Süden Italiens nach vorzitierter Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013, Ziff. 9: 2011: 62.692; 2012: 13.267 Personen; Beruhigung der Lage in den nordafrikanischen Staaten) kann eine – die unmenschliche oder erniedrigende Behandlung „implizierende“ – beachtliche, systemische Unterschreitung der von dem Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt insgesamt nicht ausgemacht werden,
93vgl. auch VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 1506/12.A –; VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –; VG Düsseldorf, Urteil vom 19. März 2013 - 6 K 2643/12.A; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. Juni 2013 – OVG 7 S 33.13 –, juris Rn. 13 ff.; VG Regensburg, Gerichtsbescheide vom 26. Februar 2013 ‑ RN 9 K 11.30445 ‑ und vom 8. Januar 2013 – RN 7RN 7 K 12.30397 -; VG Augsburg, Urteil vom 11. Januar 2013 - Au 6 K 12.30358 -; VG Schwerin, Beschluss vom 27. September 2012 ‑ 8 B 434/12 As ‑, juris; VG Osnabrück, Urteil vom 23. Januar 2012 – 5 A 212/11 -, juris; siehe auch den Nichtannahmebeschluss, BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2012 – 2 BvR 285/12 –, juris; a.A. u.a. VG Cottbus, Beschluss vom 8. März 2013 ‑ VG 1 L 54/13.A ‑ n.v.; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A, juris.
94b. Auch unter Berücksichtigung der Situation der Kläger selbst ist keine andere Bewertung geboten. Ungeachtet der unter a. gemachten Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person des Asylsuchenden liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob die Kläger zu den in Art. 17 Abs. 1 Richtlinie 2003/9/EG bzw. Art. 21 Richtlinie 2013/33/EU aufgeführten - nach Einzelfallprüfung gem. Art. 17 Abs. 2 Richtlinie 2003/9/EG / Art. 22 Richtlinie 2013/33/EU entsprechend anerkannten - besonders schutzbedürftigen Personengruppen zählen (z.B. Minderjährige, unbegleitete Minderjährige, Behinderte, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern).
95Beachtliche, in der Person der Kläger liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor. Die von dem Kläger zu 1. behauptete Herzerkrankung stellt – selbst bei deren Wahrunterstellung – einen solchen beachtlichen Grund nicht dar.
96Hinsichtlich der behaupteten Erkrankung ist schon nicht vorgetragen, dass diese in Italien nicht behandelbar bzw. eine Medikamentation nicht möglich wäre. Entsprechendes ist nach der derzeitigen Erkenntnislage auch nicht ersichtlich. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Italien ist für Asylsuchende - trotz zuweilen auftretender praktischer Erschwernisse - grundsätzlich hinreichend gewährleistet. Ausweislich der Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das OVG Sachsen-Anhalt vom 21. Januar 2013 haben Asylbewerber während des Asylverfahrens Anspruch auf freie medizinische Versorgung, Ziff. 5.1; dies wird auch von dem vorzitierten Gutachten der Flüchtlingsorganisation borderline-europe aus Dezember 2012, S. 45, 58 im Wesentlichen bestätigt. Das Auswärtige Amt geht weiter davon aus, Asylbewerber seien in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt, Ziff. 6. Die Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale (Nationaler Gesundheitsdienst) sei obligatorisch und ermögliche die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtige. Für die Registrierung und den Erhalt des Gesundheitsausweises benötigten die Asylbewerber eine Aufenthaltserlaubnis (die sie in einer Aufnahmeeinrichtung erhielten), eine Steuernummer (die sie bei der Einreise-Agentur erhielten) sowie eine feste Adresse (Ziff. 6.2 des Gutachtens des Auswärtigen Amtes sowie S. 45f. des Gutachtens von borderline-europe). Da nach dem jüngsten Gutachten des Auswärtigen Amtes derzeit grundsätzlich alle Asylbewerber - wie dargelegt - untergebracht werden können und insbesondere Dublin-II Rückkehren eine Unterkunft zugewiesen wird, ist nicht ersichtlich, dass die Kläger keine Wohnsitznahme werden vorweisen können. Ungeachtet dessen können sie sich selbst bei fehlendem festen Wohnsitz um eine Sammeladresse bemühen. Denn die Caritas bietet solche Adressen für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch u.a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amtes, Ziff. 6.2). Eine solche „virtuelle Wohnsitznahme“ ist insbesondere in Rom recht umfangreich möglich (vgl. S. 46 Gutachten borderline-europe). Im Übrigen steht nach zitierter Auskunft des Auswärtigen Amtes (Ziff. 6.2) eine kostenfreie medizinische Versorgung selbst Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Die stets bestehende Notambulanz sei - ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen in Italien kostenfrei zugänglich. Aktuell sei die Not- und Grundversorgung (vgl. Art. 15 Richtlinie 2003/9/EG) selbst für illegal aufhältige Personen garantiert. Daneben sei u.a. für kranke Personen eine spezielle Versorgung und Betreuung vorgesehen (Ziff. 8). Für sie gebe es speziell zusammengesetzte Teams bestehend aus Sozialarbeitern, Erziehern, Psychologen und Psychotherapeuten.
97Es ist nach alledem nicht ersichtlich, dass der Kläger zu 1. in Italien nicht hinreichend medizinisch versorgt werden könnte oder keinen Zugang zu einer solchen Versorgung hätte; auch kann ihm zugemutet werden, sich beim Nationalen Gesundheitsdienst registrieren zu lassen. Einschränkungen oder sonstige Gebrechlichkeiten des Klägers zu 1., die ihm dies verwehrt sein ließen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies hat sich auch nach der Befragung des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Außer der Tatsache, dass er Atemnot bekomme, wenn er sich anstrenge, benannte er keine weiteren Symptome seiner Krankheit, die ihn im Alltag oder bei besonderen Situationen einschränken. Sein Gesundheitszustand wurde von den Klägern zu keinem Zeitpunkt als Grund angeführt, der einer Rückkehr nach Italien entgegenstehe. Vielmehr wurde von beiden Klägern sowohl in der Befragung vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung betont, es sei von Anfang ihr Ziel gewesen, nach Deutschland zu kommen, da hier Familie bzw. Angehörige lebten. Sonstige Umstände, die eine besondere Schutzbedürftigkeit – auch der Kläger zu 2. oder 3. – begründen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.
98Scheidet ein Anspruch der Kläger auf Ausübung des sog. Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Dublin II VO und schon damit eine Verletzung ihrer Rechte aus, kann dahin stehen, ob die Vorschrift über die Zuständigkeit für die Prüfung von Asylanträgen nach der Dublin II VO überhaupt subjektive Rechte begründet,
99vgl. dazu Nds.OVG, Beschluss vom 2. August 2012 – 4 MC 133/12 –, juris, m.w.N.; Vorlagebeschluss des Hessischen VGH vom 22. Dezember 2010 - 6 A 2717/09.A - an den Europäischen Gerichtshof, juris -, Rechtssache C-4/11 EuGH.
100II. Die Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
1011. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich Italiens bestehen nicht. Soweit eine Erkrankung des Klägers zu 1. geltend gemacht wird, handelt es sich jedenfalls nicht um eine solche die – wie ausgeführt – nicht in Italien behandelt werden könnte bzw. die zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führte.
1022. Soweit im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (nur) vom Bundesamt inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen sein sollten,
103vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
104stünden solche der Aufenthaltsbeendigung hier ebenfalls nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die behauptete Erkrankung des Klägers zu 1. Diese begründet – als wahr unterstellt – nicht dessen Reiseunfähigkeit. Ein inlandsbezogenes Ausreisehindernis in Form von Reiseunfähigkeit liegt nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern wird. Im Hinblick auf den Kläger zu 1. sind eine im vorgenannten Sinne beachtliche Erkrankung und das ernsthafte Risiko, dass sich sein Zustand bei einer Abschiebung wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern wird, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. In dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Attest des Dr. Simon vom 4. Mai 2012 werden dem Kläger eine familiäre HCM (Hypertrophe Kardiomyopathie – eine Erkrankung der Herzmuskulatur) und eine massive Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse) attestiert, die derzeit behandelt würden. Das – über ein Jahr alte – Attest vom 4. Mai 2012 belegt schon zum einen nicht den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers zu 1. Zum anderen benennt das Attest lediglich eine Diagnose (HCM) und verweist im Übrigen auf einen – dem Gericht nicht vorliegenden – Befundbericht. Dem Attest sind keine konkreten Angaben über den Grad der Erkrankung, die Symptome, bzw. über die Reise(un)fähigkeit des Klägers zu 1. zu entnehmen. Gleiches gilt für die gestellte Diagnose einer massiven Hyperthyreose. Auch während der Befragung des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung wurde eine Reiseunfähigkeit vom Kläger zu 1. selbst nicht thematisiert. Die Kläger bzw. ihr Prozessbevollmächtigter haben keine konkreten Umstände benannt, aus denen sich die Reiseunfähigkeit ergibt. Eine behandelte Erkrankung – auch des Herz- Kreislaufsystems – führt nicht zwingend zur Reiseunfähigkeit. Die – ohne nähere Begründung – behauptete Infarktgefahr ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.
105Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger, Beweis über die Tatsache zu erheben, dass bei dem Kläger zu 1. Reiseunfähigkeit vorliegt durch Einholung eines fachärztlichen kardiologischen Gutachters, unterlag bereits gemäß § 87b Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO der Präklusion. Demnach können nach Ablauf einer gesetzten Frist verspätet vorgebrachte Beweismittel zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (a.), der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt (b.) und er über die Folgen einer Fristversäumnis belehrt worden ist (c.).
106a. Mit der Ladung vom 31. Juli 2013 hat das Gericht die Kläger aufgefordert, bis zum 23. August 2013 (Eingang bei Gericht) etwaige neue Tatsachen und Beweismittel anzugeben, sowie Urkunden vorzulegen, auf die sie sich zur Begründung der Klage stützen wollen, insbesondere Nachweise über die Herzerkrankung des Klägers zu 1., die zur Reiseunfähigkeit des Klägers führen soll. Innerhalb der Frist reichten die Kläger keine Nachweise zu den Akten, bzw. kündigten keinen Beweisantrag an. Die Zulassung des erst in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags würde nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits auch verzögern, weil der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Da das Einholen eines Sachverständigengutachtens und die erneute Durchführung einer mündlichen Verhandlung voraussichtlich mehrere Monate in Anspruch nehmen dürften, ist von einer nicht unerheblichen Verzögerung auszugehen, die auch kausal durch den verspäteten Beweisantrag herbeigeführt worden wäre.
107b. Die Verspätung des Vorbringens wurde auch nicht genügend entschuldigt, § 87b Abs. 3 Nr. 2 VwGO. Ähnlich wie bei § 60 Abs. 1 VwGO ist darauf abzustellen, ob die Beteiligten diejenige Sorgfalt angewendet haben, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalls zuzumuten war. Die Kläger haben sich das Verhalten ihres Prozessbevollmächtigten nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen zu lassen. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat es ohne nachvollziehbaren Grund versäumt, ein aktuelles Attest über die Erkrankung des Klägers zu 1. zu den Akten zu reichen, aus denen sich Anhaltspunkte für die Reiseunfähigkeit des Klägers zu 1. ergeben, bzw. einen Beweisantrag anzukündigen. Zwischen Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch die Kläger Mitte Juni 2013 und der Ladung, mit der die Kläger zur Angabe von Tatsachen und Beweismittel zwecks Nachweis insbesondere der Reiseunfähigkeit des Klägers zu 1. bis zum 23. August 2013 aufgefordert wurden, lag ein angemessener Zeitraum, der ‑ selbst unter Berücksichtigung des Sommerurlaubs des Prozessbevollmächtigten ‑ ausreichend Zeit ließ, tätig zu werden.
108c. Die Kläger wurden auch bei Setzung der Frist gemäß § 87b Abs. 2 VwGO in der Ladung vom 31. Juli 2013 über die Möglichkeit des Zurückweisens von Vorbringen oder Beweismitteln nach Ablauf der hierfür gesetzten Frist entsprechend § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO belehrt.
109d. Es ist dem Gericht schließlich nicht möglich, ohne besonderen Aufwand den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung der Beteiligten zu ermitteln, § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Das Gericht hat deshalb unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles sein ihm zustehendes Ermessens dahingehend ausgeübt, von der Präklusionsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Die Folgen der Präklusion sind dabei nicht all zu gewichtig, weil der Beweisantrag ohnehin aus den nachfolgend ausgeführten Gründen als unsubstantiiert abzulehnen war.
110Es fehlt an hinreichenden Anhaltspunkten, aus denen die Reiseunfähigkeit des Klägers zu 1. folgen soll. Aus dem vorgelegten Attest vom 4. Mai 2012 – welches überdies keine Auskunft über den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers zu 1. gibt – geht lediglich die Diagnose von zwei Krankheiten hervor, die zum Zeitpunkt der Attestausstellung behandelt wurden. Auch aus der Befragung des Klägers zu 1. haben sich keine Anhaltspunkte für seine Reiseunfähigkeit ergeben. Es handelt sich um einen reinen Ausforschungsbeweis, der erst dazu dient, das Begehren schlüssig zu machen.
111Für sonstige Abschiebungshindernisse sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Entsprechendes wurde auch nicht vorgetragen.
112C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ergibt sich aus § 30 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Be klagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Voll streckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu voll streckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 15. November 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 4. Dezember 2012 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3Er hatt
t
e
nach eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 23. April 2013 und ausweislich der Abfrage des Bundesam tes in der Eurodac-Datenbank bereits am 13. Mai 2012 in Belgien Asyl beantragt; der An trag ist
war
abgelehnt worden.
Das Bundesamt richtete am 26. November 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe e Dublin II-VO.
5Mit Bescheid vom 30. Januar 2014, dem Kläger zugestellt am 5. Februar 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
6Am 18. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer vorliege, da seit der Antragstellung am 4. Dezember 2012 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 26. November 2013 knapp 12 Monate verstrichen seien.
8Ursprünglich hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerken nen und ihm die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylVfG zuzuerkennen.
9Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts,
beantragt er nunmehr,
den Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sie
sichdie Beklagte
auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes.
Die Beteiligten haben übereinstimmend am 22. Juli und 7. August 2014 auf mündliche Ver handlung verzichtet (Bl. 37 und Bl. 39 d. Gerichtsakte).
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge richtsakte sowie der beigezogenen VerwaltungsvorgängeBezug genommen.
16Entscheidungsgründe:
17Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf ver zichtet haben.
18Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags.
19Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9.
20Die Klage ist zulässig (vgl. unter I.) und begründet (vgl. unter II.).
21I. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage bedarf es nicht.
22Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 30. Januar 2014, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
23Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. März 2014 ‑
–
1
A
21/12.A
–, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2.
Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15. Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15.
März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S. 5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, –
5 K 198/11.TR–
, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn.
21, § 34a Rn. 64 f.
Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundes amt erfolglos gebliebener Ausländer“ den Klageweg beschreitet.
25Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10.
26Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15.
28Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwen dung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Absatz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Ergeb nis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, son dern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Ge waltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre.
29VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, Urteil vom 26. April 2013 ‑
–
17
K
1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 – A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, 10 A 227/11, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, A 4 K 4052/08, S 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn.
15 ff.
Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde.
31VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16.
32Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
33II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
34Anders als von der Beklagten angenommen ist nicht Belgien, sondern (inzwischen) die Beklagte zur Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Eu ropäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
35Eine Zuständigkeit Belgiens besteht indes nicht (mehr). Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Arti kel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylan träge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Ge suchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO).
36Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris, Rn. 27, sowie bereits VG Düsseldorf, Be schluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris Rn. 13 = NRWE.
37Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Das Übernahmeersuchen wurde am 26. November 2013 an Belgien gestellt. Der Überstellung an Belgien und damit seiner Zuständigkeit für die Durchführung des Asyl verfahrens steht entgegen, dass seit der Stellung des Asylantrags am 4. Dezember 2012 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens an Belgien am 26. November 2013 knapp zwölf Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit zwar allein für Aufnahmeersuchen (Artikel 17 Absatz 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat – vorliegend ausweislich des Eurodac-Treffers der Kategorie 1 und der eige nen Angaben des Antragstellers in der Anhörung beim Bundesamt am 23. April 2013 in Belgien – ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Beklagte daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asyl bewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Artikel 17 Dublin II-VO unterfällt.
38Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 13 und vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
39Es liegt aber ein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Klägers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Beklagten verwehrt ist, sich auf die Zu ständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Euro päischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständi gen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikel 3 Absatz 2 Dublin II-VO selbst prüfen.
40Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 108.
41Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Artikel 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein.
42Vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 17 und vom 24.
Februar 2014 – 13 L 2685/13.A – juris und www.nrwe.de; VG Göttingen, Beschluss vom 11.
Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10; A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 ‑
–
33
L 450.13 A –, juris Rn. 8.
Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Artikel 23 Absatz 2 Dublin III-VO für Wie deraufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichts hof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unange messen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeit raums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asyl antrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Mo naten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
44Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 3. April 2014 – 13 L 390/14.A –, juris, Rn. 19 sowie i. E. Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
45Hier sind zwischen der Stellung des Asylantrags und der Stellung des Übernahmeersuchens durch die Beklagte knapp zwölf Monate vergangen. Es sind auch keine Um stände erkennbar, die diese ungewöhnlich lange, nach der zitierten Rechtsprechung des Europäi schen Gerichtshofs die Grundrechte des Klägers verletzende Verfahrens dauer im Einzel fall rechtfertigen könnte. Die Beklagte ist daher verpflichtet, nach den Modalitäten des Arti kel 3 Absatz 2 Dublin II-VO den Asylantrag des Klägers selbst zu prüfen.
46Dem Kläger ist es auch nicht verwehrt sich hierauf zu berufen. Dahingestellt bleiben kann, ob und wann sich ein Asylbewerber auf die Nichtbeachtung der in der Dublin II-VO bzw. Dublin III-VO geregelten Fristen (vgl. Artikel 17 Absatz 1 und Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 Dublin II-VO) berufen kann.
47Vgl. zu dieser Problematik den Nachtrag des Vorsitzenden Richters am BVerwG, Prof. Dr. Uwe Berlit, zum Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.
/
14 –, juris.
Jedenfalls besteht bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer nach der vorzitierten Rechtsprechung des EuGH einunmittelbar aus den Grundrechten abzuleitendes subjekti ves Recht des Asylbewerbersauf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat . Auch unter Berücksichtigung von Artikel 18 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) und den der Dublin II-VO vorangestellten Erwägungen 4 und 15 kann nicht jegliche Außerachtlassung der Oblie genheit, ein Übernahmeersuchen in angemessener Zeit nach Asylantragstellung an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten, konsequenzlos bleiben.
49VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. April 2014 – 17 L 429/14.A –, juris, Rn. 30 m.w.N.
50Das BVerwG führt in der zitierten Entscheidung,
51Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7
52a us, dass der Asylbewerber nach der Zustimmung zur Aufnahme durch den aufnehmen den Mitgliedstaat der auf Art ikel 10 Dublin II-VO gegründeten Zuständigkeit (Zuständigkeit wegen illegalen Grenzübertritts) n ur entgegenhalten kann, dass in dem übernehmenden Staat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen bestehen. Hierbei geht es aber nur um Abwehrrechte gegen die Überstellung in den konkreten Staat. Die Frage einer grundrechtsrelevanten unangemessenen Verfahrensdauer war dort nicht Gegenstand des Verfahrens und ist konsequenterweise vom BVerwG von vornherein nicht beantwortet worden.
53Ein anderes Verständnisstünde auch der Rechtsprechung des EuGH entgegen, von der sich das BVerwG nicht abgegrenzt hat . Danach hat
54„der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, […] jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt wer den, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zustän digen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung Nr. 343/2003 selbst prüfen“
55EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108.
56Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des EuGH,
57vgl. Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris,
58auf die sich das BVerwG in seiner Entscheidung vom 19. März 2014 indes ausdrücklich stützt.
59Vgl. BVerwG, Beschluss 19. März 2014 – 10 B 6/14 –, juris, Rn. 7.
60Mit der Problematik einer unangemessenen Verfahrensdauer setzt sich der EuGH in die ser Entscheidung nicht auseinander. Zwar heißt es in den Entscheidungsgründen, dass Artikel 19 Absatz 2 Dublin II-VO dahin auszulegen sei, dass in einem Fall, in dem ein Mit gliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung niedergelegten Kriteriums zugestimmt hat, d. h. als der Mitgliedstaat der ersten Einreise des Asylbewerbers in das Unionsgebiet, der Asylbewerber der Heranzie hung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten könne, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 der EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden.
61EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris, Rn. 62.
62Indes ist diese Antwort in den Kontext des von dem vorlegenden Gericht zu entscheiden den Ausgangsverfahrens und der damit einhergehenden Vorlagenfrage zu setzen. Das von dem vorlegenden Gericht, dem österreichischen Asylgerichtshof, zu entscheidende Ausgangsverfahren betraf – vereinfacht dargestellt – die Situation, dass die Asylbewerbe rin, nachdem Ungarn einer Überstellung zugestimmt und das österreichische Bundesasyl amt daher ihren Asylantrag als unzulässig abgelehnt hatte, erstmals vorgetragen hat, dass nicht Ungarn sondern Griechenland der zuständige Mitgliedstaat sei. Dementsprechend hatte der vorlegende Asylgerichtshof im Ergebnis allein die Frage zu entscheiden, ob sich die Antragstellerin, nachdem Ungarn der Aufnahme der Asylbewerberin zugestimmt hat, noch darauf berufen konnte, dass die Voraussetzungen des Artikel 10 Absatz 1 Dublin II-VO im Hinblick auf den aufnahmebereiten Staat gar nicht erfüllt seien. Die vorliegend zu entscheidende Frage, ob eine unangemessen lange Verfahrensdauer ein subjektives Recht des Asylbewerbers begründet, lag dem Vorlageverfahren danach nicht zu Grunde. Insoweit ist auch nicht erkennbar, dass der EuGH diese Konstellation mitentscheiden und insofern von seiner vorherigen Rechtsprechung abweichen wollte. Dies schon deshalb nicht, weil es bei der Frage nach einer unangemessenen Verfahrensdauer nicht darum geht, welcher (andere) Mitgliedstaat nach der Dublin- Verordnung für die Prüfung eines Asylbegehrens zuständig ist. Es geht vielmehr um die Problematik, dass ein Mitgliedstaat bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer zum Schutz der Grundrechte des Asyl bewerbers von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen muss. Der Asylbewerber macht mit anderen Worten nicht geltend, dass ein anderer Mitgliedstaat zuständig (gewor den) ist, sondern dass sich ein Mitgliedstaat infolge einer unangemessenen Verfahrens dauer nicht mehr auf die Zuständigkeitsregeln berufen kann und selbst über das Asylbegeh ren zu befinden hat.
63Vgl. auch VG Cottbus, Beschluss vom 24. Juli 2014 – 1 L 174/14.A –, juris, Rn. 21; VG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 7. Juli 2014 – 3 A 416/14 –, juris, Rn. 39 ff.; VG Göttingen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 B 86/14 –, juris, Rn. 22; VG Münster, Beschluss vom 25. Juni 2014 – 9 L 465/14.A –, juris, Rn. 12 ff. m.w.N.
64Liegen die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG demnach nicht vor, ist die auf § 34a Ab satz 1 Satz 1 AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung ebenfalls rechtswidrig.
65Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegen stands wert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
66Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 nach Melilla, wo er am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Bereits am 14. Januar 2013 beantragte der Kläger unter dem Namen U. E. in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ord nete die Abschiebung nach Spanien an. Die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.
3Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und be antragte am 7. Juni 2013 – unter dem im Rubrum angegebenen Namen – Asyl. Ausweis lich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013 ist der Kläger zuvor in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden.
4Das Bundesamt richtete am 29. August 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
5Mit Bescheid vom 4. Oktober 2013, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Ein schreiben vom 17. Oktober 2013 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Der Kläger erhielt am 23. Oktober 2012 im Rahmen eines Besprechungstermins eine Kopie des Bescheides von seinem Prozessbevollmächtigten.
6Am 25. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, die Vermutung, dass in Spanien ein ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt werde, könne widerlegt werden. Dort sei ihm die Asylantragstellung verwei gert worden. Zudem sei die Überstellungsfrist abgelaufen. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen. Die Verfahrensverschleppung stelle einen Grundrechtseingriff dar und Grundrechte seien unstreitig subjektiv-rechtlicher Natur.Ihm werde sein Recht auf Durch führung eines Asylverfahrens abgesprochen, hielte sich Spanien im Zeitpunkt der gerichtli chen Entscheidung nicht mehr für zuständig. Ob die spanischen Behörden sich noch an ihre Zustimmung gebunden fühlen, sei völlig offen.
8Ursprünglich hat der Kläger sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Be scheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 zu verpflichten subsidiären Schutz ge mäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen und Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen,
;
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten,
,
das Asylverfahren durchzuführen.
Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts beantragt er nunmehr,
10den Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bun desamtes. Überdies ist sie der Ansicht, dass die Überstellungsfrist mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2014 (13 L 2168/13.A) neu zu laufen be ginne bzw. die Überstellungsfrist auf Grund des gemäß § 80 Absatz 7 Verwaltungsge richtsordnung (VwGO) erlassenen Eilbeschlusses vom 24. März 2014 bis zur Erledigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt sei.
14Der am 25. Oktober 2013 vom Kläger gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Be schluss vom 7. Januar 2014 abgelehnt (13 L 2168/13.A) .
15Auf den weiteren , unter dem 18. März 2014 gestellten Antrag des Klägers gemäß § 80 Ab s atz . 7 VwGO hat das Gericht mit Beschluss vom 24. März 2014 unter Abänderung des Beschlusses vom 7. Januar 2014 die angestrebte aufschiebende Wirkung angeordnet. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass bereits mehr als sechs Mo nate vergangen seien, seit Spanien seine Bereitschaft z ur Übernahme des Klägers erklärt habe (13 L 644/14.A) .
16Die Beteiligten haben übereinstimmend am 18. Juni und 23. Juni 2014 auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 50 und Bl. 51 d. Gerichtsakte).
17Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO über die Klage ohne mündliche Ver handlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
20Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags.
21Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (vgl. unter I.), aber unbegründet (vgl. unter II.).
23I. Die Klage ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. unter 1.) und auch fristgerecht erhoben wor den (vgl. unter 2.).
241. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage – gerichtet auf das Rechts schutzziel, dass die Beklagte das Asylverfahren durchführt – bedarf es nicht.
25Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 4. Oktober 2013, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2.
Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 ‑
–
13
K
654/14.A –, juris, Rn. 22, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15.
Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, –10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S.
5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, – 5 K 198/11.TR –, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3.
März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn.
21, § 34a Rn. 64 f.
Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen, die im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach den §§ 33, 32 AsylVfG entsteht. In letzterer Konstellation ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfech tungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft. Mit der Auf hebung des Einstellungsbescheids wird nämlich ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
28Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
29Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltgesetzes AufenthG)
gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebener Auslän der“ den Klageweg beschreitet.
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10.
31Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15.
33Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Ab satz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Er gebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre.
34VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 30, vom
26. April 2013 ‑
–
17
K
1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG
München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 ‑
–
RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 ‑
–
A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn.
16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde.
36VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 32; VG München, Gerichtsbe scheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16.
37Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
382. Der Kläger hat die Klage auch innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des an gegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 und damit fristgerecht im Sinne von § 74 Absatz 1 AsylVfG erhoben.
39Dabei ist die Bekanntgabe vorliegend allerdings noch nicht durch die mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 erfolgte Übersendung des Bescheides an den Prozess bevollmächtigten des Klägers bewirkt worden. Denn der Prozessbevollmächtigte war insoweit kein Empfangsberechtigter des Klägers im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszu stellungsgesetzes (VwZG). Wird ein Asylantrag – wie vorliegend – nur nach § 27a AsylVfG abgelehnt, ist nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG die Entschei dung zusammen mit der Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer persönlich zuzustellen und kommt mithin eine Empfangsvertretung durch den Prozessbe vollmächtigten nicht in Be tracht. Dementsprechend soll, wenn der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder er einen Empfangsberechtigten benannt hat, diesem nach § 31 Absatz 1 Satz 6 AsylVfG auch lediglich ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Dieser Mangel der förmlichen Zustellung wurde aber vorliegend gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt, oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Empfangsberechtigter ist dabei derjenige, an den die Zustel lung nach dem Gesetz zu richten war,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 301 und = juris, Rn. 27; Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. Oktober 1986 – VII R 58/83 –, juris, Rn. 24,
41vorliegend also nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG der Kläger selbst, der im Übri gen auch tatsächlich als Adressat in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 benannt ist.
42Der Empfangsberechtigte hat das Schriftstück im Sinne von § 8 VwZG erhalten, wenn es ihm vorgelegen hat und er die Möglichkeit hatte, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen; dass er es auch in Besitz genommen hat, ist nicht erforderlich,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O., m.w.N.
44Darüber hinaus setzt die Heilung von Zustellungsmängeln voraus, dass die Behörde den Willen hatte, den Bescheid bekannt zu geben,
45BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29 und Beschluss vom 31. Mai 2006 – 6 B 65.05 –, NVwZ 2006, 943 = juris, Rn. 7, m.w.N.
46Nach diesen Maßgaben gilt der Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 als dem Kläger am 23. Oktober 2013 mit heilender Wirkung im Sinne von § 8 VwZG zuge stellt. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers fand an diesem Tag ein Be sprechungstermin wegen des mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 an die Kanzlei über mittelten Bescheides statt, bei dem der Kläger vom Erlass des Bescheides Kenntnis er halten hat. Zwar reicht die bloße (mündliche) Übermittlung des In halts des Bescheides an den Empfangsberechtigten durch eine Ersatzperson nicht aus, um dem Empfangsberech tigten die nach § 8 VwZG erforderliche zuverlässige Kenntnis des zuzustellenden Schrift stücks zu verschaffen,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 27.
48Allerdings wurde dem Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2013 anlässlich des Besprechungstermins zugleich auch eine Kopie des Bescheides ausgehändigt. Die Aushändigung der Bescheidkopie war zur Vermittlung der erforderlichen Kenntnis aber geeignet, da sie das Original nach Inhalt und Fassung wiedergibt.
49Die Beklagte hatte schließlich hinsichtlich des Bescheides auch den erforderlichen Bekanntgabewillen. Der Bescheid ist mit Wissen und Wollen der Beklagten und in der Ab sicht, Rechtsfolgen gegenüber dem Kläger auszulösen, aus dem internen behördlichen Bereich herausgegeben worden. Dass Anschreiben und Bescheid willentlich den internen Bereich des Bundesamtes verlassen haben, folgt unzweifelhaft aus der be wussten Wahl des Übermittlungswegs per Einschreiben und dem Vorliegen eines hierüber gesondert gefertigten Aktenvermerks nach § 4 Absatz 2 Satz 4 VwZG (Bl. 67 der Beiakte Heft 1) so wie der zeitgleichen gesonderten Übermittlung des Bescheides auch noch an die zustän dige Ausländerbehörde (Bl. 64 der Beiakte Heft 1). Der Wille, hinsichtlich des Klägers Rechtsfolgen herbeizuführen, ergibt sich ohne weiteres aus dem an den Prozessbevoll mächtigten gerichteten Begleitschreiben vom 17. Oktober 2013, das in der Betreffzeile ausdrücklich den Namen des Klägers und den Bezug zu seinem Asyl verfahren und zudem die Mitteilung enthält, dass dem Prozessbevollmächtigten – der aus der Sicht des Bun desamtes der Empfangsberechtigte des Klägers war – der Be scheid vom 4. Oktober 2013 „zugestellt“ werde. Zur Heilung nicht erforderlich ist, dass ge rade auch die nachträgliche Kenntniserlangung durch den Adressaten vom Willen der Be hörde umfasst ist,
50vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29.
51Die zweiwöchige Klagefrist begann mithin am Tag nach der Bekanntgabe, also am Donnerstag, den 24. Oktober 2013, § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 187 Absatz 1 BGB und endete gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 188 Absatz 2 BGB am Mittwoch, den 6. November 2013. Die Klage ist bereits am Freitag, den 25. Oktober 2013 und damit fristgerecht bei Gericht eingegangen.
52II. D Indes ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 VwGO.
53Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Ab schiebung des Klägers nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylan trag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäi schen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchfüh rung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
54Maßgebliche Rechtsvor schrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verord nung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Dritt staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Ver handlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist. Zwar ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitglied staats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist ( Dublin III-VO) , bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist . Denn Gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO aber für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar . Anderes gilt allen falls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
55vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
561. Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien aus der EURODAC-Datei festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschrit ten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 23. August 2013 vor seiner Einreise in die Bundes republik in Spanien gewesen. Überdies folgt aus der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013, dass er bereits am 25. Oktober 2012 im spani schen Melilla erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Der Kläger hat die Grenze Spa niens auch illegal überschritten, da er nach seinen eigenen Angaben ohne Ausweispapiere und Aufenthaltsberechtigung eingereist ist und zudem die vom Bundesamt durchgeführte Visa-Abfrage für ihn keinen Treffer ergeben hat.
572. Die danach vorliegende Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO erloschen. Danach endet die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Offen bleiben kann insoweit, ob der Kläger erst am Tag der erkennungsdienstlichen Behandlung, also am 25. Oktober 2012 erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und von den Behörden aufgegriffen worden ist oder ob die Einreise – wie der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren vorträgt – bereits Anfang Oktober 2012 erfolgt ist. Denn der illegale Grenzübertritt lag in jedem Fall zum Zeitpunkt der für die Anwendung der Kriterien des Kapitels III maßgeblichen Zuständigkeitsbestim mung, die spätestens mit der Entscheidung Spaniens über das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 17. September 2013 ihren Abschluss fand (Artikel 19 Absatz 1Dublin II-VO ), noch keine zwölf Monate zurück.
58Dass diese Frist – unterstellt der Kläger sei wie behauptet bereits Anfang Oktober 2012 nach Spanien eingereist – im Zeitpunkt der nach obigen Ausführungen erst am 23. Oktober 2013 erfolgten Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes abgelaufen war, würde ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung führen.
59Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO finden die Regelungen des Kapitels III, zu de nen Artikel 10 gehört, ausschließlich im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zu ständigen Mitgliedstaates Anwendung. Daher berechtigt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO zwar einen Mitglied staat, ein an ihn gerichtetes Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen eines anderen Mitgliedstaates abzulehnen, sofern der illegale Grenzübertritt im Zeitpunkt des Ersuchens bereits mehr als zwölf Monate zurückliegt. Nach Abschluss des Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung ist der Anwendungsbe reich des Kapitels III dagegen nicht mehr eröffnet und führt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO daher nicht zu einem nachträglichen Wegfall der be reits nach der Dublin II-Verordnung bestimmten Zuständigkeit. Dementsprechend regelt Kapitel V, dass die nach den Kriterien des Kapitels III bestehende Zuständigkeit eines er suchten Mitgliedstaates nachträglich nur unter den Voraussetzungen von Artikel 16 Absatz 3 und 4 Dublin II-VO erlöschen oder wegen eines Fristversäumnisses des ersuchenden Mitgliedstaates nach Artikel 17 Absatz 1 Satz 2, Artikel 19 Absatz 4 oder Artikel 20 Absatz 2 Dublin II-VO auf den ersuchenden Mitgliedstaat selbst übergehen kann. Überdies sieht Artikel 5 Absatz 2 Dublin II-VO vor, dass bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mit gliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
603. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Maßgabe der Artikel 16 ff. Dublin II-VO wieder erloschen oder auf Deutschland übergegangen. Die Pflicht Spaniens, den Kläger aufzunehmen, folgt aus Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a) Dublin II-VO, wonach der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedsstaat gehalten ist, einen Asylbewerber, der einen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, nach Maß gabe der Artikel 17 bis 19 Dublin II-VO aufzunehmen.
61Nachdem die am 27. August 2013 erfolgte Recherche der Beklagten in der Eurodac-Da tenbank für den Kläger einen Treffer ergab und damit Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Klägers bestanden, hat die Beklagte bereits am 29. August 2013 via DubliNet rechtzeitig inner halb der Frist nach Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin II-VO von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags am 7. Juni 2013 das Aufnahmeersuchen an Spanien gerichtet. Spanien hat seinerseits am 17. September 2013 und mithin innerhalb von zwei Monaten nach seiner Befassung mit dem Gesuch im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Dublin II-VO entschieden.
62Der Kläger kann nicht geltend machen, dass die in Art . ikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Sechs-Monatsfrist zu einem Übergang der Zuständigkeit von Spanien auf die Beklagte geführt hat.
63a) Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt im vorliegenden Fall erst zu laufen, nachdem das Gericht in der Hauptsache über die Klage entschieden hat. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da nach erfolgt die Überstellung , sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wideraufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit dem in der zweiten Alternative dieser Vorschrift in Bezug genommenen Rechtsbehelf ist das gegen die Abschiebung gerichtete Hauptsacheverfah ren gemeint, nicht schon das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz, auch wenn bereits während dessen Anhängigkeit gemäß § 34a Abs atz . 2 Satz 2 AsylVfG eine Abschiebung zu unterbleiben hat.
64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53; Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, juris, Rn. 5 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss im Verfahren gleichen Rubrums vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A –, juris, Rn. 12 ff.
65Dieser Rechtsbehelf hatte aufgrund der gerichtlichen Anordnung vom 24. März 2014 im Verfahren nach § 80 Absatz 7 VwGO (13 L 644/14.A) aufschiebende Wirkung. Deshalb kann die Frist zur Überstellung und damit auch eine mögliche Frist, deren Ablauf zu einer unzumutbar langen Verfahrensdauer führen kann, erst mit der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf – mithin mit Rechtskraft dieses Urteils – zu laufen beginnen. Artikel 19 Ab s atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO benennt insoweit zwar nicht die Rechtskraft, sondern die „Entscheidung über den Rechtsbehelf“. Da diese Formulierung jedoch in unmittelbarem Zusammenhang zur der diesem Rechtsbehelf beizumessenden aufschiebenden Wirkung verwendet wird, kann dies nur im Sinne einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf verstanden werden.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 5.
67Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Kammer im vorgenannten Beschluss vom 24. März 2014 – anders als hier – zu der Annahme gelangt ist, die maßgebliche Frist sei bereits ab gelaufen. Denn Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ermöglicht jedenfalls auch eine Überstellung innerhalb der hier noch nicht laufenden Frist von sechs Monaten ab der Entscheidung über den Rechtsbehelf. Im Übrigen hält die Kammer an ihrer allein im sum marischen Verfahren nach § 80 Absatz 5 und 7 VwGO vertretenen Auffassung, wonach sich der Kläger auf den Ablauf dieser Frist beruf en kann, nicht länger fest (s. hierzu unten, b) ).
68Dasselbe Ergebnis ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Überstellungsfrist. Durch die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Überstellungsfrist soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden , die Überstellung mitsamt ihren technischen Prob leme n zu bewerkstelligen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Über stellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können und es somit dem Asylbewerber er möglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen. Andernfalls be fände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asyl bewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
69Vgl. Europäische r Gerichtshof ( EuGH ) , Urteil vom 29. Januar 2009, – C-19/08 –, juris, S . 11, Rn. 44 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, Rn. 12 ff., und Be schluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 3.
70Vor diesem Hintergrund geht auch die im klägerischen Schriftsatz vom 11. September 2014 geäußerte Ansicht fehl, es bedürfe zunächst einer aktuellen Bestätigung der Über nahmebereitschaft Spaniens. Denn bei der Fristberechnung ab der Rechtskraft dieser Ent scheidung handelt es sich um eine von zwei gleichwertig nebeneinander bestehenden Al ternativen innerhalb der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da ein Fristablauf objektiv nicht gegeben ist, kann auch Spanien sich nicht hierauf berufen. Im Übrigen würde auch die Möglichkeit, dass sich der übernehmende Staat auf den Ablauf der Frist beruft, dem Kläger nicht den entsprechenden Einwand in Form eines subjektiven Rechts an die Hand geben. Sollte der an sich übernehmende Staat die Aufnahme verwei gern, deckt sich dies mit dem vom Kläger verfolgten Interesse, im Bundesgebiet zu ver bleiben und – sollte kein anderer, dritter Staat zuständig sein – eine Prüfung seines An trags durch die Beklagte zu erreichen. Wäre der übernehmende Staat hingegen noch im mer zur Aufnahme bereit, würden hierdurch – wie nachstehend ausgeführt – keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt.
71Die Beklagte ist vorliegend bis zur Entscheidung über die Hauptsache auf Grund des stattgebenden Beschlusses vom 24. März 2014, worin die aufschiebende Wirkung der vor liegenden Klage angeordnet worden ist , an der Überstellung des Klägers nach Spanien rechtlich und daher nicht nur aufgrund der erforderlichen Modalitäten für eine Überstellung gehindert gewesen . Die Überstellungsfrist beginnt erst mit Rechtkraft dieses Urteils zu laufen.
72b) Selbst wenn es hier jedoch auf den Ablauf der Sechs-Monatsfrist in der ersten Altern
a
tive des Art
ikel
.
19 Abs
atz
.
3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ankäme, also beginnend mit der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch Spanien
,
am
17.
Septem
ber 2013, könnte sich der Kläger nicht auf den Ablauf dieser Frist berufen.
Zwar endete die Frist zur Überstellung des Klägers zunächst
,
mit Ablauf des 17. März 2014, da Spanien der Aufnahme bereits am 17. September 2013 zugestimmt hatte
.
Der Kläger kann sich auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfristjedoch nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenre gelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt die Kammer auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs,
74Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl.
,
nachfolgend
auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
ihre bisherige Rechtsprechungim Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A – auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung der Überstellun g s f rist berufen kann. Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem In halt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Ho heitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der DublinII-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeits weise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asyl systems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der DublinII-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objekti ven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
76EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
77Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Fest stellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen be stimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Über stellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnah mebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
78EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.
/
14 –, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 ‑
–
W
6
S
14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
Obschon der Abdullahi- Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu nehmen ist,
80vgl. hierzu auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N.,zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
81gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitglieds
staat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitglieds
staaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Ver ordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn.
25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 ‑
–
14
A
1943/11.A
–, juris, Rn. 24; VG Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn.
6 f.; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des ande ren Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. In soweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstel lung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
84Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
85Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgtund dass sie überhaupt erfolgt
,
kann er mithin
selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet
schon der
allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach §
242 BGB abgeleiteten
– Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich
auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschlandzu
berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ab zuwarten.
OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
874. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Spanien abzuschieben.
88a) Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat.
89EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris, Rn. 35 und Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑
–
C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 ‑
–
13
K
1117/14.A
– m.w.N.
Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Antragsteller durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnah en Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechts verletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen (s.o. , 3. b) ) .
91Selbst
wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt
e
es i
ndes schon
an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäi schen
Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO vor sieht, dass die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Annahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, erfolgt. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleich gesetzt werden mit der vom EuGH angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die inner staatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
Vgl. zur Stellung eines Aufnahmeantrags VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 22.
93Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
94Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.
95b) Die Beklagte ist schließlich auch nicht gehindert, den Kläger nach Spanien zu überstel len, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwach stellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behand lung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
96EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
97der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
98EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
99Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rück über stellung nach Spanien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung recht fertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen,
100vgl. Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris, Rn. 23 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris, Rn. 11; Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – Au 7 S 14.50094 –, juris, Rn. 50.
101Es ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Spanien das Asylgesuch des Klägers nicht in einem ordnungsgemäßen Asylverfahren prüfen wird. Denn Spanien hat unter Wahrung seiner aus der Dublin II-VO folgende Obliegenheiten bereits zweimal fristgerecht seine Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers an erkannt. Soweit der Kläger demgegenüber im gerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, ihm sei in Spanien sowohl bei seiner Ersteinreise im Oktober 2012 als auch nach der Über stellung aus Deutschland im April 2013 jeweils die Stellung eines Asylantrags tatsächlich verweigert worden, ist dieses unsubtsantiierte Vorbringen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht glaubhaft. Der Kläger hat hierzu schon selbst keine widerspruchsfreien Angaben gemacht. Im Rahmen der Anhörung beim Bun desamt am 23. Januar 2013 hat er ausdrücklich angegeben, noch in keinem europäischen Land einen Asylantrag gestellt zu haben (Bl. 39 Beiakte Heft 2). Anlässlich seiner erneuten Asylantragstellung in Deutschland am 7. Juni 2013 hat er zwar in der Anhörung am 23. August 2013 angegeben, er habe in Spanien gefragt, ob er Asyl beantragen könne, was aber abgelehnt worden sei. Allerdings schilderte er diese angebliche Verweigerung der Asylantragstellung als eine solche im Zusammenhang mit der Ersteinreise und damit im Widerspruch zu seinem Vorbringen vom 23. Januar 2013. Zudem legte er nicht offen, dass er unter einem Aliasnamen bereits zuvor in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte und nach Spanien zurückgeführt worden war. Da gerade die Verweigerung eines Asylverfahrens nach der Rücküberstellung nach Spanien nach den Angaben des Klägers im gerichtlichen Verfahren aber der wesentliche Anlass der erneuten Einreise nach Deutschland im Juni 2013 gewesen sein soll, wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen für ihn so ent scheidenden Umstand dann auch in der Anhörung am 23. August 2013 schildert. Dies umso mehr, als der Rücküberstellung vom 10. April 2013 eine ausdrückliche Aufnahmeer klärung Spaniens vom 7. März 2013 zugrunde lag. Die Einschätzung, dass dem diesbe züglichen Vorbringen des Klägers kein Glauben geschenkt werden kann, stützt das Ge richt ergänzend darauf, dass der Kläger auch zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal in beiden Anhö rungen vollkommen unterschiedliche und nicht miteinander in Einklang zu bringende An gaben gemacht hat und zudem seinen ersten Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt hat, sich mithin insgesamt nicht als glaubwürdig erweist.
102Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshin der nis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durch geführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersicht lich.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichts k osten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30Ab satz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
104Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Der Antrag des Antragstellers, in Abänderung des Beschlusses der Kammer 27. Februar 2014 – 5 L 233/14.TR die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage 5 K 232/14.TR anzuordnen, wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
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Der im Tenor des Beschlusses bezeichnete Antrag des Antragstellers ist nicht begründet.
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Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - können Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO zwar grundsätzlich jederzeit aufgehoben und geändert werden. Hierbei handelt es sich indessen um ein selbständiges Verfahren, das nicht dazu dient, die Richtigkeit eines nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses zu überprüfen. Vielmehr soll das Gericht lediglich in die Lage versetzt werden, den jeweiligen - veränderten - Erfordernissen der augenblicklichen Situation Rechnung zu tragen. Von daher kann ein Beteiligter gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO eine Abänderung eines auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen gerichtlichen Beschlusses nur dann mit Aussicht auf Erfolg beantragen, wenn veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände vorgetragen werden, die geeignet sind, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 1999 - 11 VR 13/98 -; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 8 ME 184/11 -, beide veröffentlicht bei juris). Vorliegend fehlt es indessen an einer dahingehenden Veränderung.
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Insoweit macht sich die Kammer die nachfolgend wiedergegebenen Gründe des Beschlusses des VG Würzburg vom 11. Juni 2014 - W 6 S 14.50065 -, juris, zu eigen, die auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar sind:
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Der Antrag gemäß § 80 Abs. 7 VwGO war nach diesen Vorgaben aus zwei sich selbständig tragenden Gründen abzulehnen. Die Regelungen zur Überstellungsfrist in der Dublin-II-VO berühren zum einen weder subjektive Rechte der zu überstellenden Antragsteller, noch vermögen sie solche zu begründen. Zum anderen begann die sechsmonatige Überstellungsfrist nicht schon mit der Wiederaufnahmeerklärung der norwegischen Behörden vom 28. November 2013, sondern mit den zurückweisenden Beschlusses vom 17. Dezember 2013, der der Antragsgegnerin laut Empfangsbekenntnis am 23. Dezember 2013 zugestellt wurde, zu laufen. Die Überstellungsfrist ist damit zum maßgeblichen Zeitpunkt der heutigen Entscheidung noch nicht abgelaufen.
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Eine mögliche Überschreitung der Überstellungsfrist wäre unerheblich, da allein ein Verstoß gegen die Fristenregelungen der Dublin-II-VO für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber verletzt, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 10.12.2013 – C-394/12 – NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich die Antragsteller nicht auf die Versäumung von Fristen berufen können. Denn die Dublin-II-VO gewährt den Antragstellern keinen subjektiv einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass ihr Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedsstaat geprüft wird, den sie für zuständig halten. Die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem nur insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung der Asylgewährung verpflichtet sein muss. Die Fristbestimmungen der Dublin-II-VO dienen indes einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der Europäische Gerichtshof hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Überstellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (vgl. allgemein BVerwG, B.v. 15.4.2014 – 10 B 16/14 – juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris; OVG RhPf, U.v. 21.2.2014 – 10 A 10656/13 – juris sowie VG Ansbach, U.v. 19.5.2014 – AN 1 K 14.30087 – juris; VG Augsburg, B.v. 21.2.2014 – AU 7 S 14.30093 – juris; VG Osnabrück, B.v. 19.2.2014 – 5 B 12/14 – juris).
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Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz der Antragsteller, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedsstaat. Die Dublin-II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme. Ansonsten würden selbst bei einer Überschreitung der Überstellungsfrist keine subjektiven Rechte der Antragsteller verletzt (a. A. VG Magdeburg, U.v. 28.2.2014 – 1 A 413/13 – juris). Das Gericht folgt damit der Rechtsauffassung, die konkret in Bezug auf die Überschreitung der Überstellungsfristen eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller verneint (so VG Hamburg, B.v. 8.4.2014 – 17 AE 1762/14 – juris; VG Berlin, B.v. 19.3.2014 – 33 L 90.14 A; offen gelassen von VG München, G.v. 28.4.2014 – M 21 K 13.31396 – juris; VG Düsseldorf, B.v 7.4.2014 – 2 L 55/14.A – juris; VG Regensburg, B.v. 13.12.2013 – RO 9 S 13.30618 – juris).
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Unabhängig von den vorstehenden Gründen ist festzustellen, dass die Überstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Zwar sind seit der Wiederaufnahmeerklärung der norwegischen Behörden mit Schreiben vom 28. November 2013 mehr als sechs Monate vergangen, jedoch ist für den Beginn der sechsmonatigen Überstellungsfrist auf die Entscheidung im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vom 17. Dezember 2013 (W 6 S 13.30520 – juris) abzustellen, die der Antragsgegnerin am 23. Dezember 2013 zugestellt wurde und ihr eine Abschiebung ermöglichte.
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Das Gericht teilt nicht die gegenteilige Auffassung, die mit Hinweis auf Wortlaut sowie Sinn und Zweck und Systematik der Dublin-Verordnungen von einer Reihe von Gerichten vertreten wird (siehe etwa VG Hannover, B.v. 13.5.2014 – 6 B 9277/14 – juris; B.v. 31.3.2014 – 1 B 6483/14 – juris; VG Karlsruhe, B.v. 15.4.2014 – A 1 K 25/14 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 24.3.2014 – 13 L 644/14.A; VG Magdeburg, U.v. 28.2.2014 – 1 A 413/13 – juris; VG Oldenburg, B.v. 21.1.2013 – 3 B 7136/13 – Asylmagazin 2014, 79 – juris).
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Denn nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO erfolgt die Überstellung, sobald es materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Entsprechend diesem Wortlaut ist mit der „Entscheidung über den Rechtsbehelf“ nicht nur die Entscheidung über die Klage in der Hauptsache zu verstehen, sondern auch die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO im Sofortverfahren. Der Rechtsbehelf (Sofortantrag) hat nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 AsylVfG kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Das Gericht trifft mit dem daraufhin ergehenden Beschluss im Sofortverfahren in der Sache (auch) eine individuelle Entscheidung über den Fortbestand der aufschiebenden Wirkung. Denn bei rechtzeitiger Antragstellung erklärt § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung einstweilen bis zu einer gerichtlichen Entscheidung für nicht zulässig. Der Sofortantrag hat so selbst „aufschiebende Wirkung“ im Sinne von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO hat, weil der Begriff der aufschiebenden Wirkung im Europarecht unabhängig von der differenzierenden nationalen Terminologie in einem weiten Sinn zu verstehen ist. Nach § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist die Antragsgegnerin ist gehindert, die Abschiebung des Betroffenen an den zuständigen Mitgliedsstaat zu organisieren und durchzuführen. Diese Wirkung erfüllt den unionsrechtlichen Begriff der aufschiebenden Wirkung. Vor diesem Hintergrund bedingt auch die Formulierung in Art. 27 Abs. 3 Buchst. c der Dublin-III-VO, die hier ohnehin nicht gilt, keine andere Auslegung (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, § 27a AsylVfG, 94. Ergänzungslieferung Juni 2012 Rn. 193 sowie 98. Ergänzungslieferung November 2013 Rn. 227 ff.; Hailbronner, Ausländerrecht, 83. Aktualisierung Dezember 2013, § 34a AsylVfG Rn. 47; Hoppe, Eilrechtsschutz gegen Dublin II-Überstellungen, 2013, S. 313 ff.).
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Weiter sprechen die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelungen zur Überstellungsfrist für einen Fristlauf in Abhängigkeit von der Entscheidung in der Sofortsache. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29. Januar 2009 (C-19/08 – Slg. 2009, I-495) betrifft zwar nicht die vorliegende Fallkonstellation, jedoch hat der Europäische Gerichtshof übergreifend ausdrücklich festgehalten, dass die Europäische Kommission gerade deshalb die sechsmonatige Frist vorgeschlagen hat, um den für die Mitgliedsstaaten bei der Durchführung der Überstellung bestehenden praktischen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen. Die zunächst auf einen Monat festgesetzte Überstellungsfrist wurde in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO ausdrücklich auf sechs Monate erhöht. Der Europäische Gerichtshof führt weiter aus, dass den betroffen Mitgliedsstaaten in jeder Konstellation die Frist von sechs Monaten in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung zur Verfügung stehen soll. Dieses explizite Ziel des Dublin-Verordnungsgebers würde verfehlt, wenn man missachten würde, dass die Antragsgegnerin mit der Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG für einen gewissen Zeitraum innerhalb der sechs Monate rechtlich gehindert wäre, die notwendigen Maßnahmen für die Überstellung zu treffen und die Überstellung (Abschiebung) durchzuführen. Das dagegen vereinzelt ins Feld geführte Argument, dass die Antragsgegnerin intern die Überstellung vorbereiten könnte (vgl etwa VG Hannover, B.v. 31.3.2014 – 1 B 6483/14 – juris), ändert nichts an der Tatsache, dass sie von Rechts wegen gehindert ist, in dieser Phase des anhängigen Sofortantrags außenwirksame Maßnahmen zur Abschiebung zu treffen oder eine Abschiebung gar durchzuführen. Bei einer gegenteiligen Auslegung könnte ein Antragsteller gerade durch die Einlegung von Rechtsbehelfen die vom Verordnungsgeber der Dublin-II-VO vorgesehene Überstellungsfrist von sechs Monaten verkürzen. Jedenfalls soweit der Aufnahmestaat weiterhin zur Aufnahme bereits ist, kann dem Antragsteller die Stellung eines erfolglosen Sofortantrages nicht zugute kommen.
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Das Gericht folgt demnach der Rechtsauffassung, die wegen § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG und Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 letzter Halbsatz Dublin-II-VO mit dem Erlass (Zustellung) des Beschlusses im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine neuen sechsmonatigen Überstellungsfrist ausgelöst sieht (VG München, G.v. 28.4.2014 – M 21 K 13.31396 – juris; VG Hamburg, B.v. 8.4.2014 – 17 AE 1762/14 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 7.4.2014 – 2 L 55/14.A – juris; VG Ansbach, B.v. 31.3.2014 – AN 9 S 13.31028 – AuAS 2014, 103; VG Regensburg, B.v. 13.12.2013 – RO 9 S 13.30618 – juris; VG Göttingen, B.v. 28.11.2013 – 2 B 887/13 – Asylmagazin 2014, 79 – juris; ebenso Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, § 27a, 94. Ergänzungslieferung Juni 2012 Rn. 192 ff. und 98. Ergänzungslieferung November 2013 Rn. 226 ff.; Marx, Änderungen im Dublin-Verfahren nach der Dublin III-VO, ZAR 2014, 5; offen gelassen von VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris; VG Berlin, B.v. 19.3.2014 – 33 L 90.14 A – juris).
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Am Rande wird angemerkt, ohne dies weiter zu vertiefen, dass bei der gegenteiligen Rechtsauffassung, die einer Klage im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nunmehr aufschiebende Wirkung zuerkennt, damit nun formal die Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Satz 2 letzter Halbsatz Dublin-II-VO erfüllt und die Überstellungsfrist bei wörtlicher Auslegung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verlängert würde. Dies wäre ein in sich widersprüchliches und nicht nachvollziehbares Ergebnis (und wird auch von der gegenteiligen Auffassung so nicht vertreten).“
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Von daher ist die Kammer der Auffassung, dass im Fall des Antragstellers die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen ist, da mit der Bekanntgabe des Beschlusses vom 27. Februar 2014 eine neue Frist in Lauf gesetzt wurde, die bislang noch nicht abgelaufen ist.
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Des Weiteren vermag die Kammer nicht zu erkennen, dass das nunmehr vorgelegte ärztliche Attest vom 2. Juli 2014 eine Abänderung des Beschlusses vom 27. Februar 2014 gebieten würde, denn der Antragsteller hat seine gesundheitlichen Probleme bereits im Verfahren 5 L 233/14.TR geltend gemacht, wobei das nunmehr vorgelegte Attest keine wesentliche Veränderung im Verhältnis zu dem in dem vorgenannten Verfahren vorgelegten Attest vom 6. Februar 2014 beinhaltet.
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Von daher kann der Abänderungsantrag mit der auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenentscheidung keinen Erfolg haben; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
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Der Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.
Tenor
1. Der Antrag vom 2. April 2014 wird abgelehnt.
2. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.
Gründe
I.
- 1
Die Antragsteller begehren die Abänderung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangener Beschlüsse wegen geltend gemachter veränderter Umstände.
- 2
Die Antragsteller, Mutter und Vater mit zweien ihrer drei Kinder, Staatsangehörige der Russischen Föderation tschetschenischer Volkszugehörigkeit, beantragten am 3. Mai 2013 in der Republik Polen Asyl. Sie reisten weiter in die Bundesrepublik Deutschland und stellten dort am 15. Mai 2013 ebenfalls Asylanträge. Daraufhin ersuchte die Antragsgegnerin die Republik Polen am 18. Juni 2013 um Wiederaufnahme der Antragsteller. Hiermit erklärte sich die Republik Polen mit Schreiben vom 21. Juni 2013 einverstanden.
- 3
Mit Bescheid vom 27. Juni 2013 erklärte die Antragsgegnerin die Asylanträge der Antragsteller für unzulässig und ordnete deren Abschiebung nach Polen an. Für die Behandlung der Asylanträge sei Polen aufgrund des dort anhängigen Asylverfahrens zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Polen als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der in der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (im Folgenden: Dublin II-VO) festgesetzten Fristen durchzuführen.
- 4
Am 22. Juli 2013 erhoben die Antragsteller gegen den Bescheid vom 27. Juni 2013 Klage (Az. 17 A 2892/13). Zudem beantragten sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (Az. 17 AE 2893/13). Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 13. August 2013, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ab.
- 5
Die Antragsgegnerin teilte der Republik Polen mit Schreiben vom 21.Oktober 2013 mit, dass eine Überstellung der Antragsteller derzeit nicht möglich sei, weil diese untergetaucht seien. Die Überstellung erfolge spätestens bis zum 21. Dezember 2014.
- 6
Am 19. November 2013 beantragten die Antragsteller die Abänderung des Beschlusses vom 13. August 2013 sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage (Az. 17 AE 4953/13). Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte diesen Antrag mit Beschluss vom 12. Dezember 2013 ab. Die dagegen erhobene Anhörungsrüge wies das Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 8. Januar 2014 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlüsse vom 12. Dezember 2013 und 8. Januar 2014 verwiesen.
- 7
Am 18. Februar 2014 ersuchte die Antragsgegnerin die Republik Polen unter Verweis auf das Verfahren der Antragsteller um Aufnahme des am 11. August 2013 geborenen jüngsten Kindes der Antragsteller zu 1. und 2., dessen Geburtsurkunde am 28. Januar 2014 ausgestellt worden war. Die Republik Polen nahm das Aufnahmeersuchen mit Schreiben vom 21. Februar 2014 an. Mit Bescheid vom 24. Februar 2014 erklärte die Antragsgegnerin den Asylantrag des jüngsten Kindes der Antragsteller zu 1. und 2. für unzulässig und ordnete dessen Abschiebung nach Polen an. Polen sei für die Behandlung des Asylantrages nach Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (im Folgenden: Dublin III-VO) zuständig.
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Am 3. März 2013 wurde für das jüngste Kind der Antragsteller zu 1. und 2. Klage gegen den Bescheid vom 24. Februar 2014 Klage erhoben (Az. 17 A 1003/14) und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage beantragt (Az. 17 AE 1004/14). Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die für die Antragsteller abgelaufene Überstellungsfrist verwiesen.
- 9
Am 2. April 2014 haben die Antragsteller erneut um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie beantragen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage unter Abänderung der Beschlüsse vom 13. August 2013, 12. Dezember 2013 und 8. Januar 2014, hilfsweise, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass ihre Überstellung nach Polen einstweilen nicht statthaft ist. Zur Begründung tragen sie vor, die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens sei auf Deutschland übergegangen, da die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei. Die Frist sei auch aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht verlängert worden. Die Behauptung der Antragsgegnerin, sie seien „untergetaucht“ bzw. „flüchtig“ sei ohne Halt und widerlegt.
- 10
Mit Beschluss vom 8. April 2014 hat der Einzelrichter die Rechtssache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen.
- 11
Die Sachakten der Antragsgegnerin, die Ausländerakten der Freien und Hansestadt Hamburg sowie die Gerichtsakten zu den Verfahren 17 A 2892/13, 17 AE 2893/13, 17 AE 4953/13, 17 A 1003/14, 17 AE 1004/14, 17 E 800/14 und 17 K 698/14 haben bei der Entscheidung vorgelegen.
II.
- 12
1. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entscheidet nach § 76 Abs. 4 Satz 2 AsylVfG die Kammer, weil der Einzelrichter die Rechtssache wegen grundsätzlicher Bedeutung mit Beschluss vom heutigen Tage auf die Kammer übertragen hat.
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2. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 2. April 2014 hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
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a) Der auf Abänderung der Beschlüsse vom 13. August 2013, 12. Dezember 2013 und 8. Januar 2014 gerichtete Hauptantrag ist nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO unbegründet. Es liegen keine veränderten Umstände vor, welche die Änderung der ergangenen Beschlüsse rechtfertigen könnten.
- 15
Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Zuständigkeit für die Durchführung ihres Asylverfahrens nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist von der Republik Polen auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d der Dublin II-VO erfolgt die Überstellung gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, so geht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 der Dublin II-VO die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde. Diese Frist kann nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Dublin II-VO höchstens auf 18 Monate verlängert werden, wenn der Asylbewerber flüchtig ist.
- 16
Im Verfahren der Antragsteller wurde nach Sachaktenlage die Überstellungsfrist wirksam bis zum 21. Dezember 2014 verlängert. Aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Dublin II-VO („kann […] verlängert werden“) ergibt sich, dass die Fristverlängerung nicht automatisch erfolgt. Erforderlich ist hierfür nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 (besser 3) der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 343/2003 (im Folgenden: Dublin II-DVO) vielmehr, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung aus einem der in Art. 20 Abs. 2 der Dublin II-VO genannten Gründe nicht innerhalb der in Art. 20 Abs. 1 lit. d. der Dublin II-VO vorgesehenen regulären Frist von sechs Monaten vornehmen kann, den zuständigen Mitgliedstaat darüber vor Ablauf dieser Frist unterrichtet. Eine derartige Unterrichtung hat die Antragsgegnerin der Republik Polen mit ihrem Schreiben vom 21.Oktober 2013 zukommen lassen, in dem sie ausgeführt hat, dass eine Überstellung der Antragsteller derzeit nicht möglich sei, weil diese untergetaucht seien, und die Überstellung spätestens bis zum 21. Dezember 2014 erfolge.
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Es kann dahinstehen, ob die Antragsteller „flüchtig“ im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Dublin II-VO waren. Die einschränkenden Voraussetzungen für die Verlängerung der Überstellungsfrist berühren nämlich weder subjektive Rechte der zu überstellenden Asylbewerber noch vermögen sie solche zu begründen. Sie bezwecken nicht den Schutz der Betroffenen, sondern dienen allein objektiven Zwecken, einer (sach)gerechten Verteilung der mit der Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um Wiederaufnahme ersuchten Mitgliedstaat.
- 18
Die Dublin II-VO, in der die Kriterien und das Verfahren zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrages zuständigen Mitgliedstaats festgelegt sind, beinhaltet vor allem Verpflichtungen der Mitgliedstaaten untereinander. Dies gilt auch für die Fristen in Kapitel V (Art. 17 Abs. 1, 18 Abs. 1, Abs. 6 und Abs. 7, 19 Abs. 3 und Abs. 4, 20 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 der Dublin II-VO), das das Aufnahme- und Wiederaufnahmeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten regelt.
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Zwar sind als Reflex des Zuständigkeitsübergangs nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1, 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO ausnahmsweise auch subjektive Rechte der Asylbewerber betroffen, wenn die Überstellungsfristen nach Art. 19 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1, 20 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 Dublin II-VO ohne Überstellung der Asylbewerber abgelaufen sind und der ersuchte Mitgliedstaat nunmehr nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit ist. Denn könnten Asylbewerber in einer solchen Situation die Aufhebung eines von der Antragsgegnerin erlassenen Dublin-Bescheides gerichtlich nicht durchsetzen, bestände die Gefahr, dass die Asylanträge in keinem Mitgliedstaat materiell geprüft würden. Dies wäre weder mit dem nach Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: GRCh) gewährleisteten Asylrecht noch mit dem Grundsatz in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Dublin II-VO, wonach die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag eines Drittstaatsangehörigen materiell prüfen, vereinbar und sollte mit den Regelungen zum Zuständigkeitsübergang – die im zuvor maßgeblichen Dubliner Übereinkommen nicht enthalten waren – ausdrücklich vermieden werden (s. Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat, KOM/2001/0447 endg., Nr. 4 zu Art. 20, juris: Vermeidung der Kategorie sog. „refugees in orbit“).
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Anders stellt es sich jedoch bei den hier in Rede stehenden Voraussetzungen für die Fristverlängerung nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Dublin II-VO dar. Diese einschränkenden Voraussetzungen dienen, wie eingangs festgestellt, nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht dem Schutz der zu überstellenden Asylbewerber, sondern den genannten öffentlichen Belangen. Bestreitet der Mitgliedstaat, der die Wiederaufnahme zugesagt hat, das Vorliegen eines zur Fristverlängerung berechtigenden Grundes – wie hier die Republik Polen – nicht, bleiben die Rechte der Asylbewerber gewahrt. Denn es ist im Einklang mit Art. 18 GRCh und Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Dublin II-VO gewährleistet, dass die materielle Prüfung ihrer Asylanträge erfolgen wird.
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Im Übrigen sprächen selbst bei Ablauf der Überstellungsfrist, die Bereitschaft der Republik Polens zur Wiederaufnahme der Antragsteller vorausgesetzt, der auch das Öffentliche Recht beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben gegen die Annahme einer Verletzung der Antragsteller in einer subjektiven Rechtsposition. Als positivrechtliche Ausprägung dieses Grundsatzes ist der in § 162 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke anzusehen. Nach § 162 Abs. 2 BGB gilt der Eintritt einer Bedingung als nicht erfolgt, wenn deren Eintritt von der Partei, zu deren Vorteil sie gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt wird. So dürfte es sich bei den Antragstellern im Hinblick auf die eine Einhaltung der regulären Überstellungsfrist verhindernden Umstände verhalten. Nach den Angaben in den Ausländerakten der Freien und Hansestadt Hamburg für die Antragsteller spricht vieles dafür, dass diese ihren Mitwirkungspflichten bei der Beantragung einer Geburtsurkunde für das am 11. August 2013 geborene Kind treuwidrig nicht nachgekommen sind. Ohne Geburtsurkunde konnte jedoch, wie den Antragstellern zu 1. und 2. offenbar bekannt war, eine Überstellung des neugeborenen Kindes und damit auch der übrigen Antragsteller nicht erfolgen. Die Antragsteller wurden seitens des Einwohnerzentralamts der Freien und Hansestadt Hamburg wiederholt – so sind Aufforderungen vom 17. Juli 2013, 19. August 2013, 23. September 2013, 1. Oktober 2013, 7. November 2013 und 19. November 2013 dokumentiert – aufgefordert, eine Geburtsurkunde zu beantragen. Diesen Aufforderungen sind sie indes nicht nachgekommen. Der Antragsteller zu 1. äußerte ausweislich eines Aktenvermerks vom 19. November 2013 gegenüber dem Dolmetscher Herrn G. sogar, dass er die Geburtsurkunde für das Kind nicht vorlegen werde, da die Familie sonst abgeschoben würde. Eine Geburtsurkunde wurde erst am 28. Januar 2014 auf Antrag des Einwohnerzentralamts der Freien und Hansestadt Hamburg ausgestellt, nachdem dieses die Pässe und Eheurkunde der Antragsteller zu 1. und 2. aus Polen angefordert und deren Übersetzung veranlasst hatte.
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b) Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gerichtete Hilfsantrag - Verpflichtung der Antragsgegnerin, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Überstellung der Antragsteller nach Polen einstweiligen nicht statthaft ist - ist bereits unzulässig. Dies ergibt sich aus § 123 Abs. 5 VwGO. Danach gelten die Vorschriften des § 123 Abs. 1 bis 3 VwGO nicht für die Fälle des § 80 VwGO. Hier aber liegt ein solcher Fall vor. Das Rechtsschutzbegehren der Antragsteller ist nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu beurteilen.
III.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle gung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils voll streckbaren Be trages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Si cherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 nach Melilla, wo er am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Bereits am 14. Januar 2013 beantragte der Kläger unter dem Namen U. E. in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Den Antrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ord nete die Abschiebung nach Spanien an. Die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.
3Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und be antragte am 7. Juni 2013 – unter dem im Rubrum angegebenen Namen – Asyl. Ausweis lich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013 ist der Kläger zuvor in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden.
4Das Bundesamt richtete am 29. August 2013 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin II-VO an Spanien. Die spanischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags.
5Mit Bescheid vom 4. Oktober 2013, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mittels Ein schreiben vom 17. Oktober 2013 zugestellt, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Spanien an. Der Kläger erhielt am 23. Oktober 2012 im Rahmen eines Besprechungstermins eine Kopie des Bescheides von seinem Prozessbevollmächtigten.
6Am 25. Oktober 2013 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht, die Vermutung, dass in Spanien ein ordnungsgemäßes Asylverfahren durchgeführt werde, könne widerlegt werden. Dort sei ihm die Asylantragstellung verwei gert worden. Zudem sei die Überstellungsfrist abgelaufen. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen. Die Verfahrensverschleppung stelle einen Grundrechtseingriff dar und Grundrechte seien unstreitig subjektiv-rechtlicher Natur.Ihm werde sein Recht auf Durch führung eines Asylverfahrens abgesprochen, hielte sich Spanien im Zeitpunkt der gerichtli chen Entscheidung nicht mehr für zuständig. Ob die spanischen Behörden sich noch an ihre Zustimmung gebunden fühlen, sei völlig offen.
8Ursprünglich hat der Kläger sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Be scheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 zu verpflichten subsidiären Schutz ge mäß § 4 AsylVfG zuzuerkennen und Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) festzustellen,
;
hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des vorgenannten Bescheides zu verpflichten,
,
das Asylverfahren durchzuführen.
Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts beantragt er nunmehr,
10den Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 aufzuheben.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bun desamtes. Überdies ist sie der Ansicht, dass die Überstellungsfrist mit der Bekanntgabe des ablehnenden Eilbeschlusses vom 7. Januar 2014 (13 L 2168/13.A) neu zu laufen be ginne bzw. die Überstellungsfrist auf Grund des gemäß § 80 Absatz 7 Verwaltungsge richtsordnung (VwGO) erlassenen Eilbeschlusses vom 24. März 2014 bis zur Erledigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt sei.
14Der am 25. Oktober 2013 vom Kläger gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung dieser Klage gegen Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides anzuordnen, wurde mit Be schluss vom 7. Januar 2014 abgelehnt (13 L 2168/13.A) .
15Auf den weiteren , unter dem 18. März 2014 gestellten Antrag des Klägers gemäß § 80 Ab s atz . 7 VwGO hat das Gericht mit Beschluss vom 24. März 2014 unter Abänderung des Beschlusses vom 7. Januar 2014 die angestrebte aufschiebende Wirkung angeordnet. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass bereits mehr als sechs Mo nate vergangen seien, seit Spanien seine Bereitschaft z ur Übernahme des Klägers erklärt habe (13 L 644/14.A) .
16Die Beteiligten haben übereinstimmend am 18. Juni und 23. Juni 2014 auf mündliche Verhandlung verzichtet (Bl. 50 und Bl. 51 d. Gerichtsakte).
17Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Kammer konnte gemäß § 101 Absatz 2 VwGO über die Klage ohne mündliche Ver handlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
20Der Kläger konnte sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren zu einer Anfechtungsklage umstellen, ohne dass es auf die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 91 VwGO ankommt. Es handelt sich um eine nach § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässige Beschränkung des Klageantrags.
21Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 91, Rn. 9.
22Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (vgl. unter I.), aber unbegründet (vgl. unter II.).
23I. Die Klage ist zulässig. Sie ist statthaft (vgl. unter 1.) und auch fristgerecht erhoben wor den (vgl. unter 2.).
241. Statthafte Klageart ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Absatz 1, 1. Variante VwGO. Der Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage – gerichtet auf das Rechts schutzziel, dass die Beklagte das Asylverfahren durchführt – bedarf es nicht.
25Der Kläger begehrt die Aufhebung des ihn belastenden Bescheides vom 4. Oktober 2013, in welchem die Beklagte seinen Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abge lehnt hat. Gegen eine solche Unzulässigkeitsentscheidung ist ein isoliertes Aufhebungs begehren statthaft. Die Entscheidungen nach § 27a und § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegeh rens – ausnahmsweise zulässig ist, weil schon ihre Beseitigung grundsätzlich zur formel len und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages und damit zu dem erstrebten Rechtschutzziel führt. Denn das Bundesamt ist nach Aufhebung des Bescheides bereits gesetzlich verpflichtet, das Asylverfahren durchzuführen, §§ 31, 24 AsylVfG. Das Bundes amt hat sich in den Fällen des § 27a AsylVfG lediglich mit der – einer materiellen Prüfung des Asylbegehrens vorgelagerten – Frage befasst, welcher Staat nach den Rechtsvor schriften der Europäischen Union für die Prüfung des Asylbegehrens des Klägers zustän dig ist; eine Prüfung des Asylbegehrens ist in der Sache nicht erfolgt. Mit der Aufhebung des Bescheides wird ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegeh rens beseitigt, und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris, Rn. 28 ff.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 2.
Oktober 2013 – 3 L 643/12 –, juris, Rn. 21 f.; VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 ‑
–
13
K
654/14.A –, juris, Rn. 22, Urteil vom 26. April 2013 – 17 K 1777/12.A –, juris, Rn. 14 und Urteil vom 15.
Januar 2010, – 11 K 8136/09.A –, S. 4; VG Köln, Urteil vom 27. Mai 2014 – 2 K 2273/13.A –, juris, Rn. 14; VG München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 15 m.w.N.; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, –10 A 227/11 –, juris, Rn. 16; VG Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 2. Februar 2012 – A 4 K 2203/11 –, juris, Rn. 2; VG Weimar, Urteil vom 23. November 2011 – 5 K 20196/10 –, juris, S.
5; VG Trier, Urteil vom 18. Mai 2011, – 5 K 198/11.TR –, juris, Rn. 16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3.
März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 4; VG Ansbach, Urteil vom 16. September 2009 – AN 11 K 09.30200 –, juris, Rn. 22; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: 101. Erg.lieferg. Juni 2014, § 27a Rn.
21, § 34a Rn. 64 f.
Diese Verfahrenssituation ist vergleichbar mit derjenigen, die im Falle der Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens nach den §§ 33, 32 AsylVfG entsteht. In letzterer Konstellation ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Anfech tungsklage allein gegen den Einstellungsbescheid des Bundesamtes statthaft. Mit der Auf hebung des Einstellungsbescheids wird nämlich ein Verfahrenshindernis für die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens beseitigt und das Asylverfahren ist in dem Stadium, in dem es zu Unrecht beendet worden ist, durch das Bundesamt weiterzuführen.
28Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
29Eine Verpflichtungsklage, die unmittelbar auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG oder aber – hilfsweise – die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG und die Feststellung von Abschie bungsverboten nach § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltgesetzes AufenthG)
gerichtet ist, scheidet ebenso aus. Denn eine Verpflichtung für das Gericht, die Sache selbst spruchreif zu machen, besteht nur dann, wenn ein „mit seinem Asylantrag beim Bundesamt erfolglos gebliebener Auslän der“ den Klageweg beschreitet.
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97 – BVerwGE 107, 128 ff. = juris, Rn. 10.
31Zwar ist bei fehlerhafter oder verweigerter sachlicher Entscheidung der Behörde im Falle eines gebundenen begünstigenden Verwaltungsakts regelmäßig die dem Rechtsschutz begehren des Klägers allein entsprechende Verpflichtungsklage die richtige Klageart mit der Konsequenz, dass das Gericht die Sache spruchreif zu machen hat und sich nicht auf eine Entscheidung über die Anfechtungsklage beschränken darf, die im Ergebnis einer Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde gleichkäme.
32Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15.
33Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz kann jedoch auf behördliche Entschei dungen, die – wie hier – auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung finden. Denn im Falle einer fehlerhaften Ablehnung des Asylantrags als un zulässig mangels Zuständigkeit ist der Antrag in der Sache von der zuständigen Behörde noch gar nicht geprüft worden. Wäre nunmehr das Gericht verpflichtet, die Sache spruch reif zu machen und durchzuentscheiden, ginge dem Kläger eine Tatsacheninstanz verlo ren, die mit umfassenderen Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Das gilt sowohl für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung (§ 24 Absatz 1 Satz 3 AsylVfG) als auch zur umfassenden Sachaufklärung sowie der Erhebung der erforderlichen Beweise von Amts wegen (§ 24 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Absatz 2 AsylVfG in Verbindung mit § 87b Ab satz 3 VwGO vorgesehen ist. Im Übrigen führte ein Durchentscheiden des Gerichts im Er gebnis dazu, dass das Gericht nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern anstelle der Behörde selbst entschiede, was im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung aus Artikel 20 Absatz 2 Grundgesetz (GG) zumindest bedenklich wäre.
34VG Düsseldorf, Urteile
vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 30, vom
26. April 2013 ‑
–
17
K
1777/12.A –, juris, Rn. 18 und Urteil vom 19. März 2013 – 6 K 2643/12.A –, juris, Rn. 16; VG
München, Gerichtsbescheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 17 f.; VG Hamburg, Urteil vom 23. April 2014 – 10 A 1242/12 –, juris, Rn. 19; VG Regensburg, Urteil vom 18. Juli 2013 ‑
–
RN 5 K 13.30027 –, juris, Rn. 20; VG Hannover, Urteil vom 7. November 2013 – 2 A 4696/12 –, juris, Rn. 20; VG Hamburg, Urteil vom 18. Juli 2013 – 10 A 581/13 –, juris, Rn. 18; VG Gießen, Urteil vom 24. Januar 2013 – 6 K 1329/12.GI.A –, juris, Rn. 16 f.; VG Stuttgart, Urteil vom 20. September 2012 ‑
–
A 11 K 2519/12 –, juris, Rn. 15; VG Hamburg, Urteil vom 15. März 2012, – 10 A 227/11 –, juris, Rn.
16; VG Karlsruhe, Urteil vom 3. März 2010, – A 4 K 4052/08 –, S. 5; vgl. zum vergleichbaren Fall der Verfahrenseinstellung nach § 33 AsylVfG: BVerwG, Urteil vom 7. März 1995 – 9 C 264.94 –, juris, Rn. 15 ff.
Überdies würden die vom Gesetzgeber im Bemühen um Verfahrensbeschleunigung dem Bundesamt zugewiesenen Gestaltungsmöglichkeiten unterlaufen, wenn eine Verpflichtung des Gerichts zur Spruchreifmachung und damit zum „Durchentscheiden“ bestünde. Ge langt das Bundesamt nämlich nach sachlicher Prüfung des Asylbegehrens zu dem Ergeb nis, das Begehren sei gemäß §§ 29a, 30 AsylVfG offensichtlich unbegründet, so bestimmt § 36 AsylVfG das weitere Verfahren und sieht eine starke Beschleunigung der gerichtli chen Kontrolle und ggf. eine kurzfristige Beendigung des Aufenthalts des Klägers vor. Eine vergleichbare Möglichkeit steht dem Gericht nicht zu. Stellt sich nämlich das Asylbegehren nach gerichtlicher Prüfung als schlicht unbegründet dar, bemisst § 38 Absatz 1 AsylVfG die Ausreisefrist auf 30 Tage. Allerdings müsste sie, da sie nicht vom Gericht ausgespro chen werden kann, nachträglich von der Behörde festgesetzt werden, was im Widerspruch zu dem Beschleunigungsgedanken des Asylverfahrensgesetzes stünde.
36VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2014 – 13 K 654/14.A –, juris, Rn. 32; VG München, Gerichtsbe scheid vom 21. Mai 2014 – M 21 K 14.30286 –, juris, Rn. 16.
37Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Beschei des ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren von ihr in der Sache zu prüfen.
382. Der Kläger hat die Klage auch innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des an gegriffenen Bescheides des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 und damit fristgerecht im Sinne von § 74 Absatz 1 AsylVfG erhoben.
39Dabei ist die Bekanntgabe vorliegend allerdings noch nicht durch die mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 erfolgte Übersendung des Bescheides an den Prozess bevollmächtigten des Klägers bewirkt worden. Denn der Prozessbevollmächtigte war insoweit kein Empfangsberechtigter des Klägers im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszu stellungsgesetzes (VwZG). Wird ein Asylantrag – wie vorliegend – nur nach § 27a AsylVfG abgelehnt, ist nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG die Entschei dung zusammen mit der Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG dem Ausländer persönlich zuzustellen und kommt mithin eine Empfangsvertretung durch den Prozessbe vollmächtigten nicht in Be tracht. Dementsprechend soll, wenn der Ausländer durch einen Bevollmächtigten vertreten wird oder er einen Empfangsberechtigten benannt hat, diesem nach § 31 Absatz 1 Satz 6 AsylVfG auch lediglich ein Abdruck der Entscheidung zugeleitet werden. Dieser Mangel der förmlichen Zustellung wurde aber vorliegend gemäß § 8 VwZG geheilt. Nach dieser Vorschrift gilt ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung sich nicht nachweisen lässt, oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Empfangsberechtigter ist dabei derjenige, an den die Zustel lung nach dem Gesetz zu richten war,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, BVerwGE 104, 301 und = juris, Rn. 27; Bundesfinanzhof, Urteil vom 2. Oktober 1986 – VII R 58/83 –, juris, Rn. 24,
41vorliegend also nach § 31 Absatz 1 Satz 4 AsylVfG der Kläger selbst, der im Übri gen auch tatsächlich als Adressat in dem angegriffenen Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 benannt ist.
42Der Empfangsberechtigte hat das Schriftstück im Sinne von § 8 VwZG erhalten, wenn es ihm vorgelegen hat und er die Möglichkeit hatte, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen; dass er es auch in Besitz genommen hat, ist nicht erforderlich,
43vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997, a.a.O., m.w.N.
44Darüber hinaus setzt die Heilung von Zustellungsmängeln voraus, dass die Behörde den Willen hatte, den Bescheid bekannt zu geben,
45BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29 und Beschluss vom 31. Mai 2006 – 6 B 65.05 –, NVwZ 2006, 943 = juris, Rn. 7, m.w.N.
46Nach diesen Maßgaben gilt der Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 als dem Kläger am 23. Oktober 2013 mit heilender Wirkung im Sinne von § 8 VwZG zuge stellt. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers fand an diesem Tag ein Be sprechungstermin wegen des mit Schreiben vom 17. Oktober 2013 an die Kanzlei über mittelten Bescheides statt, bei dem der Kläger vom Erlass des Bescheides Kenntnis er halten hat. Zwar reicht die bloße (mündliche) Übermittlung des In halts des Bescheides an den Empfangsberechtigten durch eine Ersatzperson nicht aus, um dem Empfangsberech tigten die nach § 8 VwZG erforderliche zuverlässige Kenntnis des zuzustellenden Schrift stücks zu verschaffen,
47vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 27.
48Allerdings wurde dem Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten am 23. Oktober 2013 anlässlich des Besprechungstermins zugleich auch eine Kopie des Bescheides ausgehändigt. Die Aushändigung der Bescheidkopie war zur Vermittlung der erforderlichen Kenntnis aber geeignet, da sie das Original nach Inhalt und Fassung wiedergibt.
49Die Beklagte hatte schließlich hinsichtlich des Bescheides auch den erforderlichen Bekanntgabewillen. Der Bescheid ist mit Wissen und Wollen der Beklagten und in der Ab sicht, Rechtsfolgen gegenüber dem Kläger auszulösen, aus dem internen behördlichen Bereich herausgegeben worden. Dass Anschreiben und Bescheid willentlich den internen Bereich des Bundesamtes verlassen haben, folgt unzweifelhaft aus der be wussten Wahl des Übermittlungswegs per Einschreiben und dem Vorliegen eines hierüber gesondert gefertigten Aktenvermerks nach § 4 Absatz 2 Satz 4 VwZG (Bl. 67 der Beiakte Heft 1) so wie der zeitgleichen gesonderten Übermittlung des Bescheides auch noch an die zustän dige Ausländerbehörde (Bl. 64 der Beiakte Heft 1). Der Wille, hinsichtlich des Klägers Rechtsfolgen herbeizuführen, ergibt sich ohne weiteres aus dem an den Prozessbevoll mächtigten gerichteten Begleitschreiben vom 17. Oktober 2013, das in der Betreffzeile ausdrücklich den Namen des Klägers und den Bezug zu seinem Asyl verfahren und zudem die Mitteilung enthält, dass dem Prozessbevollmächtigten – der aus der Sicht des Bun desamtes der Empfangsberechtigte des Klägers war – der Be scheid vom 4. Oktober 2013 „zugestellt“ werde. Zur Heilung nicht erforderlich ist, dass ge rade auch die nachträgliche Kenntniserlangung durch den Adressaten vom Willen der Be hörde umfasst ist,
50vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 – 8 C 43.95 –, a.a.O. und juris, Rn. 29.
51Die zweiwöchige Klagefrist begann mithin am Tag nach der Bekanntgabe, also am Donnerstag, den 24. Oktober 2013, § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 187 Absatz 1 BGB und endete gemäß § 57 Absatz 2 VwGO i.V.m. § 222 Absatz 1 ZPO, § 188 Absatz 2 BGB am Mittwoch, den 6. November 2013. Die Klage ist bereits am Freitag, den 25. Oktober 2013 und damit fristgerecht bei Gericht eingegangen.
52II. D Indes ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 4. Oktober 2013 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Absatz 1 VwGO.
53Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Ab schiebung des Klägers nach Spanien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylan trag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäi schen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchfüh rung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
54Maßgebliche Rechtsvor schrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verord nung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Dritt staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO). Diese findet auf den Asylantrag des Klägers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Absatz 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Ver handlung bzw. bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung – wie hier – auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist. Zwar ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitglied staats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist ( Dublin III-VO) , bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist . Denn Gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO aber für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar . Anderes gilt allen falls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Artikel 49 Absatz 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
55vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A –, juris, Rn. 13 und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 11.
561. Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Spanien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien aus der EURODAC-Datei festgestellt, dass ein Asylbewerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschrit ten hat, so ist dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 Absatz 1 Satz 1 Dublin II-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 23. August 2013 vor seiner Einreise in die Bundes republik in Spanien gewesen. Überdies folgt aus der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank vom 27. August 2013, dass er bereits am 25. Oktober 2012 im spani schen Melilla erkennungsdienstlich behandelt worden ist. Der Kläger hat die Grenze Spa niens auch illegal überschritten, da er nach seinen eigenen Angaben ohne Ausweispapiere und Aufenthaltsberechtigung eingereist ist und zudem die vom Bundesamt durchgeführte Visa-Abfrage für ihn keinen Treffer ergeben hat.
572. Die danach vorliegende Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO erloschen. Danach endet die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Offen bleiben kann insoweit, ob der Kläger erst am Tag der erkennungsdienstlichen Behandlung, also am 25. Oktober 2012 erstmals in das Gebiet der Mitgliedstaaten eingereist und von den Behörden aufgegriffen worden ist oder ob die Einreise – wie der Kläger erstmals im gerichtlichen Verfahren vorträgt – bereits Anfang Oktober 2012 erfolgt ist. Denn der illegale Grenzübertritt lag in jedem Fall zum Zeitpunkt der für die Anwendung der Kriterien des Kapitels III maßgeblichen Zuständigkeitsbestim mung, die spätestens mit der Entscheidung Spaniens über das Aufnahmegesuch mit Schreiben vom 17. September 2013 ihren Abschluss fand (Artikel 19 Absatz 1Dublin II-VO ), noch keine zwölf Monate zurück.
58Dass diese Frist – unterstellt der Kläger sei wie behauptet bereits Anfang Oktober 2012 nach Spanien eingereist – im Zeitpunkt der nach obigen Ausführungen erst am 23. Oktober 2013 erfolgten Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes abgelaufen war, würde ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung führen.
59Nach Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO finden die Regelungen des Kapitels III, zu de nen Artikel 10 gehört, ausschließlich im Rahmen des Verfahrens zur Bestimmung des zu ständigen Mitgliedstaates Anwendung. Daher berechtigt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO zwar einen Mitglied staat, ein an ihn gerichtetes Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchen eines anderen Mitgliedstaates abzulehnen, sofern der illegale Grenzübertritt im Zeitpunkt des Ersuchens bereits mehr als zwölf Monate zurückliegt. Nach Abschluss des Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung ist der Anwendungsbe reich des Kapitels III dagegen nicht mehr eröffnet und führt Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 Dublin II-VO daher nicht zu einem nachträglichen Wegfall der be reits nach der Dublin II-Verordnung bestimmten Zuständigkeit. Dementsprechend regelt Kapitel V, dass die nach den Kriterien des Kapitels III bestehende Zuständigkeit eines er suchten Mitgliedstaates nachträglich nur unter den Voraussetzungen von Artikel 16 Absatz 3 und 4 Dublin II-VO erlöschen oder wegen eines Fristversäumnisses des ersuchenden Mitgliedstaates nach Artikel 17 Absatz 1 Satz 2, Artikel 19 Absatz 4 oder Artikel 20 Absatz 2 Dublin II-VO auf den ersuchenden Mitgliedstaat selbst übergehen kann. Überdies sieht Artikel 5 Absatz 2 Dublin II-VO vor, dass bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mit gliedstaats von der Situation ausgegangen wird, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
603. Die Zuständigkeit Spaniens ist auch nicht nach Maßgabe der Artikel 16 ff. Dublin II-VO wieder erloschen oder auf Deutschland übergegangen. Die Pflicht Spaniens, den Kläger aufzunehmen, folgt aus Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a) Dublin II-VO, wonach der nach der Dublin II-VO zur Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedsstaat gehalten ist, einen Asylbewerber, der einen Antrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, nach Maß gabe der Artikel 17 bis 19 Dublin II-VO aufzunehmen.
61Nachdem die am 27. August 2013 erfolgte Recherche der Beklagten in der Eurodac-Da tenbank für den Kläger einen Treffer ergab und damit Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit Spaniens für die Prüfung des Asylantrags des Klägers bestanden, hat die Beklagte bereits am 29. August 2013 via DubliNet rechtzeitig inner halb der Frist nach Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin II-VO von drei Monaten nach Einreichung des Asylantrags am 7. Juni 2013 das Aufnahmeersuchen an Spanien gerichtet. Spanien hat seinerseits am 17. September 2013 und mithin innerhalb von zwei Monaten nach seiner Befassung mit dem Gesuch im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Dublin II-VO entschieden.
62Der Kläger kann nicht geltend machen, dass die in Art . ikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Sechs-Monatsfrist zu einem Übergang der Zuständigkeit von Spanien auf die Beklagte geführt hat.
63a) Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Sie beginnt im vorliegenden Fall erst zu laufen, nachdem das Gericht in der Hauptsache über die Klage entschieden hat. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da nach erfolgt die Überstellung , sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wideraufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Mit dem in der zweiten Alternative dieser Vorschrift in Bezug genommenen Rechtsbehelf ist das gegen die Abschiebung gerichtete Hauptsacheverfah ren gemeint, nicht schon das Verfahren im vorläufigen Rechtsschutz, auch wenn bereits während dessen Anhängigkeit gemäß § 34a Abs atz . 2 Satz 2 AsylVfG eine Abschiebung zu unterbleiben hat.
64Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, DVBl. 2014, 790 = juris, Rn. 53; Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, juris, Rn. 5 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss im Verfahren gleichen Rubrums vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A –, juris, Rn. 12 ff.
65Dieser Rechtsbehelf hatte aufgrund der gerichtlichen Anordnung vom 24. März 2014 im Verfahren nach § 80 Absatz 7 VwGO (13 L 644/14.A) aufschiebende Wirkung. Deshalb kann die Frist zur Überstellung und damit auch eine mögliche Frist, deren Ablauf zu einer unzumutbar langen Verfahrensdauer führen kann, erst mit der Entscheidung über diesen Rechtsbehelf – mithin mit Rechtskraft dieses Urteils – zu laufen beginnen. Artikel 19 Ab s atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO benennt insoweit zwar nicht die Rechtskraft, sondern die „Entscheidung über den Rechtsbehelf“. Da diese Formulierung jedoch in unmittelbarem Zusammenhang zur der diesem Rechtsbehelf beizumessenden aufschiebenden Wirkung verwendet wird, kann dies nur im Sinne einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsbehelf verstanden werden.
66Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 5.
67Ohne Bedeutung ist insoweit, dass die Kammer im vorgenannten Beschluss vom 24. März 2014 – anders als hier – zu der Annahme gelangt ist, die maßgebliche Frist sei bereits ab gelaufen. Denn Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ermöglicht jedenfalls auch eine Überstellung innerhalb der hier noch nicht laufenden Frist von sechs Monaten ab der Entscheidung über den Rechtsbehelf. Im Übrigen hält die Kammer an ihrer allein im sum marischen Verfahren nach § 80 Absatz 5 und 7 VwGO vertretenen Auffassung, wonach sich der Kläger auf den Ablauf dieser Frist beruf en kann, nicht länger fest (s. hierzu unten, b) ).
68Dasselbe Ergebnis ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Überstellungsfrist. Durch die in Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO geregelte Überstellungsfrist soll es den Mitgliedstaaten ermöglicht werden , die Überstellung mitsamt ihren technischen Prob leme n zu bewerkstelligen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Über stellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können und es somit dem Asylbewerber er möglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen. Andernfalls be fände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asyl bewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
69Vgl. Europäische r Gerichtshof ( EuGH ) , Urteil vom 29. Januar 2009, – C-19/08 –, juris, S . 11, Rn. 44 ff.; OVG NRW, Beschlüsse vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, Rn. 12 ff., und Be schluss vom 8. Mai 2014 – 13 A 827/14.A –, juris, Rn. 3.
70Vor diesem Hintergrund geht auch die im klägerischen Schriftsatz vom 11. September 2014 geäußerte Ansicht fehl, es bedürfe zunächst einer aktuellen Bestätigung der Über nahmebereitschaft Spaniens. Denn bei der Fristberechnung ab der Rechtskraft dieser Ent scheidung handelt es sich um eine von zwei gleichwertig nebeneinander bestehenden Al ternativen innerhalb der Vorschrift des Artikel 19 Abs atz . 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO. Da ein Fristablauf objektiv nicht gegeben ist, kann auch Spanien sich nicht hierauf berufen. Im Übrigen würde auch die Möglichkeit, dass sich der übernehmende Staat auf den Ablauf der Frist beruft, dem Kläger nicht den entsprechenden Einwand in Form eines subjektiven Rechts an die Hand geben. Sollte der an sich übernehmende Staat die Aufnahme verwei gern, deckt sich dies mit dem vom Kläger verfolgten Interesse, im Bundesgebiet zu ver bleiben und – sollte kein anderer, dritter Staat zuständig sein – eine Prüfung seines An trags durch die Beklagte zu erreichen. Wäre der übernehmende Staat hingegen noch im mer zur Aufnahme bereit, würden hierdurch – wie nachstehend ausgeführt – keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt.
71Die Beklagte ist vorliegend bis zur Entscheidung über die Hauptsache auf Grund des stattgebenden Beschlusses vom 24. März 2014, worin die aufschiebende Wirkung der vor liegenden Klage angeordnet worden ist , an der Überstellung des Klägers nach Spanien rechtlich und daher nicht nur aufgrund der erforderlichen Modalitäten für eine Überstellung gehindert gewesen . Die Überstellungsfrist beginnt erst mit Rechtkraft dieses Urteils zu laufen.
72b) Selbst wenn es hier jedoch auf den Ablauf der Sechs-Monatsfrist in der ersten Altern
a
tive des Art
ikel
.
19 Abs
atz
.
3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO ankäme, also beginnend mit der Annahme des Antrags auf Aufnahme durch Spanien
,
am
17.
Septem
ber 2013, könnte sich der Kläger nicht auf den Ablauf dieser Frist berufen.
Zwar endete die Frist zur Überstellung des Klägers zunächst
,
mit Ablauf des 17. März 2014, da Spanien der Aufnahme bereits am 17. September 2013 zugestimmt hatte
.
Der Kläger kann sich auf einen möglichen Verstoß gegen die Überstellungsfristjedoch nicht berufen. Allein ein Verstoß gegen die Fristenre gelungen der Dublin II-VO verletzt für sich keine subjektiven Rechte der Asylbewerber, sofern damit keine Grundrechtsverletzung einhergeht. Insoweit gibt die Kammer auf der Grundlage der sog. Abdullahi-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs,
74Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris; vgl.
,
nachfolgend
auch BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, juris, Rn. 7,
ihre bisherige Rechtsprechungim Beschluss vom 24. März 2014 – 13 L 644/14.A – auf und geht davon aus, dass sich der Kläger nicht auf die Versäumung der Überstellun g s f rist berufen kann. Ob eine Vorschrift dem Schutz subjektiver Interessen dient, folgt maßgeblich aus dem In halt und Regelungszweck der anzuwendenden Norm. Nach seinem Wortlaut regelt Artikel 19 Absatz 3 Unterabsatz 1 Dublin II-VO allein einen Verfahrensablauf zwischen zwei Ho heitssubjekten ohne Bezug zu nehmen auf den Asylbewerber selbst. Die dort konstituierte mitgliedstaatliche Obliegenheit steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck der DublinII-VO, der letztlich in der Verwirklichung des in Artikel 78 Absatz 1 Vertrag über die Arbeits weise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehenen gemeinsamen europäischen Asyl systems besteht, vgl. auch Artikel 78 Absatz 2 lit e) AEUV. Grundgedanke der DublinII-VO ist ausweislich den der Verordnung vorangestellten Erwägungen (3 und 16), eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu entwerfen. Eine solche Formel sollte nach den Erwägungen auf objekti ven und gerechten Kriterien basieren, die insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats ermöglichen, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten.
76EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 18. April 2013, – C-4/11 –, juris, Rn. 57 f.; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, juris, Rn. 37.
77Die Fristbestimmungen der Dublin II-VO dienen dementsprechend einer zeitnahen Fest stellung des zuständigen Mitgliedsstaats und einer zügigen Überstellung an diesen, ohne aber dem Kläger (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen be stimmten Mitgliedsstaat zu gewähren. Der EuGH hat für den Fall, dass der zuständige Mitgliedsstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber einer Über stellung nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnah mebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann.
78EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013, – C-394/12 –, juris, Rn. 60 und 62; BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 – 10 B 16.
/
14 –, juris, Rn. 12; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 ‑
–
W
6
S
14.50065 –, juris, Rn. 18 m.w.N.
Obschon der Abdullahi- Entscheidung keine generelle Aussage zur subjektiv-rechtlichen Dimension von (Überstellungs-)Fristen zu nehmen ist,
80vgl. hierzu auch schon VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 – 13 K 1117/14.A – Seite 9 und 10 des Urteilsabdrucks m.w.N.,zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen,
81gelten die vorstehenden Erwägungen auch für die hier relevante Überstellungsfrist im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens. Die Überstellungsfrist dient nicht dem Schutz des Klägers, sondern wie die sonstigen Fristbestimmungen allein den objektiven Zwecken einer sachgerechten Verteilung der mit Durchführung der Asylverfahren verbundenen Lasten in Abstimmung mit dem um (Wieder-)Aufnahme ersuchten Mitglieds
staat. Die Dublin II-VO enthält auch insoweit vor allem Verpflichtungen der Mitglieds
staaten untereinander. Etwas anderes mag – anders als hier – gelten, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen und der ersuchte Mitgliedsstaat nicht mehr zur Aufnahme bzw. Wiederaufnahme bereit wäre oder wenn es sonst zur unverhältnismäßigen weiteren Verzögerungen käme (s.u.). Denn die Rechtsstellung des Einzelnen wird durch das Zuständigkeitssystem der Dublin II-Ver ordnung lediglich insoweit geschützt, als jedenfalls ein zuständiger Vertragsstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss.
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 S 1721/13 –, juris; Rn.
25; Offen gelassen vom OVG NRW, Vorlagebeschluss vom 19. Dezember 2011 ‑
–
14
A
1943/11.A
–, juris, Rn. 24; VG Trier, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 5 L 1271/14.TR –, juris, Rn.
6 f.; VG Würzburg, Beschluss vom 11. Juni 2014 – W 6 S 14.50065 –, juris, Rn. 19; VG Hamburg, Beschluss vom 8. April 2014 – 17 AE 1762/14 –, juris, Rn. 18; VG Berlin, Beschluss vom 19. März 2014 – 33 L 90.14 A –, juris; VG Regensburg, Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 – RN 9 K 11.30445 –, juris, Rn. 18; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 234.
Dieses Ergebnis wird zudem durch folgende Überlegung bestätigt: Dem Asylbewerber bleibt es in jedem Fall unbenommen, sich freiwillig bei der ihm genannten Stelle des ande ren Mitgliedstaates zu melden und hierdurch selbst das Verfahren zu beschleunigen. In soweit regelt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe 1) der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (DVO Dublin II-VO), dass die Überstel lung in den zuständigen Mitgliedstaat auch auf Initiative des Asylbewerbers erfolgen kann.
84Vgl. hierzu Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand: 98. Ergänzungslieferung, November 2013, § 27a, Rn. 231 m.w.N.
85Hat es der Asylbewerber aber selbst in der Hand, wann die Überstellung erfolgtund dass sie überhaupt erfolgt
,
kann er mithin
selbst zu einer von ihm gewünschten Beschleunigung beitragen, verbietet
schon der
allgemeine – aus dem Gebot von Treu und Glauben nach §
242 BGB abgeleiteten
– Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) sich
auf eine verspätete Überstellung seitens der Bundesrepublik Deutschlandzu
berufen. Insoweit ist es ihm auch nicht unzumutbar, sich zunächst in den anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ab zuwarten.
OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2011 – 14 B 1011/11.A –, juris, Rn. 16.
874. Es liegen auch keine Gründe vor, die trotz der genannten Zuständigkeit Spaniens eine Verpflichtung der Beklagten begründen könnten, vom Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Dublin II-VO Gebrauch zu machen oder es ausschließen würden, den Kläger nach Spanien abzuschieben.
88a) Zwar besteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer ein aus den Grundrechten abzuleitendes subjektives Recht des Asylbewerbers auf Durchführung des Asylverfahrens in dem Mitgliedstaat, welcher die Verzögerung zu verantworten hat.
89EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris, Rn. 35 und Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑
–
C-411/10 et al. –, juris, Rn. 98 und 108; VG Düsseldorf, Urteil vom 15. August 2014 ‑
–
13
K
1117/14.A
– m.w.N.
Das kann aber ohnehin nur dann gelten, wenn der Antragsteller durch zu langes Zuwarten des Bundesamtes um den zeitnah en Fortgang des Verfahrens auf Feststellung seiner Asylberechtigung bzw. seiner internationalen Schutzberechtigung gebracht wird. Hat der Kläger es jedoch selbst in der Hand, die Prüfung seines Antrags dadurch voranzutreiben, dass er sich freiwillig in den hierfür zuständigen Mitgliedstaat begibt, ist eine Grundrechts verletzung wegen zu langer Verfahrensdauer ausgeschlossen (s.o. , 3. b) ) .
91Selbst
wenn der Grund für die verzögerte Einreise bzw. Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat allein in die Sphäre der Beklagten fiele, wofür vorliegend nichts spricht, fehlt
e
es i
ndes schon
an einer solch unangemessen langen Verfahrensdauer. Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäi schen
Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO vor sieht, dass die Überstellung spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Annahme oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, erfolgt. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleich gesetzt werden mit der vom EuGH angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Absatz 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Artikel 19 Absatz 3 Dublin II-VO von sechs Monaten zuzüglich der durch § 24 Absatz 4 AsylVfG für die inner staatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von zwölf Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
Vgl. zur Stellung eines Aufnahmeantrags VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 13 L 2685/13.A –, juris, Rn. 22.
93Damit einhergehend sieht auch Artikel 19 Absatz 4 Satz 2, 1. Alternative Dublin II-VO vor, dass die Frist zur Überstellung höchstens auf ein Jahr verlängert werden kann, wenn diese aufgrund der Inhaftierung des Asylbewerbers nicht erfolgen konnte.
94Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen.
95b) Die Beklagte ist schließlich auch nicht gehindert, den Kläger nach Spanien zu überstel len, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwach stellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behand lung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
96EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
97der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
98EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
99Gemessen hieran ist nicht ersichtlich, dass der Kläger Gefahr liefe, nach der Rück über stellung nach Spanien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. im Sinne von Artikel 3 EMRK zu unterfallen. Es liegen dem erkennenden Gericht keinerlei Erkenntnismittel vor, die die Befürchtung recht fertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im oben genannten Sinne bestehen,
100vgl. Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 30. Juni 2014 – 4 L 398/14.A –, juris, Rn. 23 f. m.w.N.; Verwaltungsgericht Potsdam, Beschluss vom 23. Juni 2014 – 6 L 551/14.A –, juris, Rn. 11; Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2014 – Au 7 S 14.50094 –, juris, Rn. 50.
101Es ergeben sich auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Spanien das Asylgesuch des Klägers nicht in einem ordnungsgemäßen Asylverfahren prüfen wird. Denn Spanien hat unter Wahrung seiner aus der Dublin II-VO folgende Obliegenheiten bereits zweimal fristgerecht seine Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrags des Klägers an erkannt. Soweit der Kläger demgegenüber im gerichtlichen Verfahren vorgebracht hat, ihm sei in Spanien sowohl bei seiner Ersteinreise im Oktober 2012 als auch nach der Über stellung aus Deutschland im April 2013 jeweils die Stellung eines Asylantrags tatsächlich verweigert worden, ist dieses unsubtsantiierte Vorbringen nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht glaubhaft. Der Kläger hat hierzu schon selbst keine widerspruchsfreien Angaben gemacht. Im Rahmen der Anhörung beim Bun desamt am 23. Januar 2013 hat er ausdrücklich angegeben, noch in keinem europäischen Land einen Asylantrag gestellt zu haben (Bl. 39 Beiakte Heft 2). Anlässlich seiner erneuten Asylantragstellung in Deutschland am 7. Juni 2013 hat er zwar in der Anhörung am 23. August 2013 angegeben, er habe in Spanien gefragt, ob er Asyl beantragen könne, was aber abgelehnt worden sei. Allerdings schilderte er diese angebliche Verweigerung der Asylantragstellung als eine solche im Zusammenhang mit der Ersteinreise und damit im Widerspruch zu seinem Vorbringen vom 23. Januar 2013. Zudem legte er nicht offen, dass er unter einem Aliasnamen bereits zuvor in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte und nach Spanien zurückgeführt worden war. Da gerade die Verweigerung eines Asylverfahrens nach der Rücküberstellung nach Spanien nach den Angaben des Klägers im gerichtlichen Verfahren aber der wesentliche Anlass der erneuten Einreise nach Deutschland im Juni 2013 gewesen sein soll, wäre zu erwarten gewesen, dass er diesen für ihn so ent scheidenden Umstand dann auch in der Anhörung am 23. August 2013 schildert. Dies umso mehr, als der Rücküberstellung vom 10. April 2013 eine ausdrückliche Aufnahmeer klärung Spaniens vom 7. März 2013 zugrunde lag. Die Einschätzung, dass dem diesbe züglichen Vorbringen des Klägers kein Glauben geschenkt werden kann, stützt das Ge richt ergänzend darauf, dass der Kläger auch zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal in beiden Anhö rungen vollkommen unterschiedliche und nicht miteinander in Einklang zu bringende An gaben gemacht hat und zudem seinen ersten Asylantrag unter einem falschen Namen gestellt hat, sich mithin insgesamt nicht als glaubwürdig erweist.
102Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht auch kein Abschiebungshin der nis. Gemäß § 34a Absatz 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durch geführt werden kann. Es sind weder zielstaatsbezogene, noch in der Person des Klägers bestehende, also inlandsbezogene, Abschiebungshindernisse ersicht lich.
103Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Nichterhebung von Gerichts k osten ergibt sich aus § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert folgt aus § 30Ab satz 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
104Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus C1. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 25. November 2013 sinngemäß anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 9852/13.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. November 2013 anzuordnen,
4zu deren Entscheidung der Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 AsylVfG berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 18. November 2013 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde am 20. November 2013 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Am 25. November 2013 hat er am Verwaltungsgericht Köln Klage erhoben, die mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen worden ist.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris Rn 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris Rn 3 f. Siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A -.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich ‑ an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Die angegriffene Entscheidung ist formell rechtmäßig ergangen. Insbesondere hat das Bundesamt den Sachverhalt in einer dem § 24 AsylVfG genügenden Weise aufgeklärt und den Antragsteller in einer dem § 25 AsylVfG genügenden Weise angehört. Allerdings unterliegt das Bundesamt in Verfahren, in denen es die Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates zu dessen Prüfung annimmt (§ 27a AsylVfG), nur einer beschränkten Anhörungspflicht. Es ist nur verpflichtet, die in § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AsylVfG beschriebenen Umstände zu ermitteln bzw. zu ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Mit Kenntnis dieser Umstände kann das Bundesamt bereits die Entscheidung über den zuständigen Mitgliedstaat bzw. die ggf. zu unterbleibende Abschiebung dorthin treffen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Angaben zu Wohnsitzen, Reisewegen, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten sowie zu sonstigen Tatsachen und Umständen, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat – hier der nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO) zur Prüfung des Asylantrags zuständige Staat – entgegen stehen. Hingegen bedarf es in diesem Verfahrensstadium nicht der Kenntnis der von § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG genannten Tatsachen, die die Furcht des Asylbewerbers vor politischer Verfolgung begründen. Die nach Art. 3 Abs. 1 Dublin II-VO durchzuführende Prüfung des Asylantrags umfasst gemäß Art. 2 Buchstabe c Dublin II-VO auch die Prüfung des Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sodass diesbezüglich relevante Umstände erst von dem nach der Dublin II-VO zuständigen Staat zu prüfen sind.
13Vor diesem Hintergrund hatte der Antragsteller im Rahmen der am 2. September 2013 durchgeführten Anhörung ausreichend Gelegenheit, auf alle maßgeblichen Umstände hinzuweisen. Dies entspricht zunächst seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 25 Abs. 2 AsylVfG. Zudem wurde er bei der Anhörung ausdrücklich nach Visa, Aufenthalten und Asylantragstellungen in anderen Staaten sowie danach gefragt, ob er Einwände dagegen habe, dass sein Asylantrag in Belgien geprüft werde.
14Die angegriffene Entscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung – bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist.
15Vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A, juris Rn. 13 = NRWE.
16Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Der Antragsteller hat sich nach eigenen Angaben vom 26. August 2008 bis März 2013 in Belgien aufgehalten und dort drei Asylanträge gestellt, die jeweils abgelehnt wurden. Das an das Königreich Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 22. Oktober 2013 wurde unter dem 30. Oktober 2013 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen. Da der von dem Antragsteller erhobene Rechtsbehelf gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG aufschiebende Wirkung hat, ist sie auch weiterhin gehemmt.
17Der Überstellung nach Belgien steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Antragstellung am 14. März 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 22. Oktober 2013 gut sieben Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Antragsgegenerin daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt.
18Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
19Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Antragstellers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen.
20EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
21Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein.
22Vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10. A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8.
23Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäischen Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann.
24Vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.
25Hier sind seit der Asylantragstellung im März 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 22. Oktober 2013 erst gut sieben Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
26Die Antragsgegnerin ist auch nicht deswegen an der Überstellung des Antragstellers nach Belgien gehindert und zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichtet, weil das belgische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist.
27EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413.
28Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin.
29Vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinen vom 18. April 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 57 f.
30Die Antragsgegnerin ist auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zugunsten des Antragstellers –gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der zitierten Rechtsprechung,
31EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
32der Fall wäre, liegen nicht vor. Danach ist die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta implizieren.
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86.
34Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können.
35EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 94.
36Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Abs. 2 UAbs 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
37Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
38Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, nach der nach der Ablehnung seines dritten Asylantrags nunmehr „die Versorgung eingestellt“ worden sei. Der Antragsteller macht schon keine überprüfbaren Angaben darüber, was die „Einstellung der Versorgung“ im Einzelnen bedeutet, sodass überhaupt nicht nachzuvollziehen ist, ob sich hieraus Umstände ergeben können, die die Gravität einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im oben geschilderten Sinne begründen.
39Aber selbst unterstellt, die „Einstellung der Versorgung“ bedeute den vollständigen Verlust von Unterkunft, medizinischer Versorgung, Zugang zu Nahrungsmitteln etc., was eine unmenschliche Behandlung darstellen kann,
40vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413; OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 – 1 B 234/12.A –, NVwZ-RR 2012, 619 = juris Rn. 17,
41handelt es sich hierbei nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das bzw. sind die Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem vom Antragsteller nicht erwünschten Ergebnis. Zwar kennt auch das Recht der Europäischen Union in Art. 32 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie) die Möglichkeit, Folgeanträge zu stellen, wenn der Asylbewerber in der Lage ist, weitere Angaben vorzubringen, die sein Verfolgungsschicksal betreffen. Diese Möglichkeit dient allerdings nicht dazu, durch ständig wiederholende Asylanträge Versorgungsleistungen des Staates der Antragstellung zu erhalten. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers (mehrfach) abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht.
42Vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
43Die „Einstellung der Versorgung“ stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall mehrfacher Antragsablehnung nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar.
44Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A -, n.v.
45Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird.
46Vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
47Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerheblich neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
48Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller nicht vorgetragen worden. Sie liegen nach Auswertung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel auch nicht vor:
49So geht aus dem vorzitierten Bericht des für die Prüfung von Asylbewerbern zuständigen Generalkommissariats für Flüchtlinge und Staatenlose (S. 7) hervor, dass einem Asylbewerber während der Prüfung seines Asylantrags ein Platz in einer Betreuungseinrichtung zustehe. Der Asylbewerber habe dann Anspruch auf materielle, medizinische, soziale und rechtliche Begleitung. In ähnlicher Weise beschreibt der Final Report des Dublin Transnational Project für den Berichtszeitraum Dezember 2009 bis Mai 2011, dass jedem Asylbewerber von der Stellung des Asylantrags an bis zur Verfahrensbeendigung ein Recht auf Unterkunft, Mahlzeiten, soziale, medizinische und psychologische Betreuung sowie auf ein begrenztes Fortbildungsangebot hat (S. 38 des Berichts).
50Vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43, mit Einzelheiten zu den gewährten Leistungen auf S. 45 f.
51Lediglich solange eine von der Behörde festgestellte Ausreiseverpflichtung vollziehbar ist, bestehen diese Rechte nicht. Der Asylbewerber hat aber die Möglichkeit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs insoweit zu beantragen (S. 38). Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 44, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll. Hierauf ist die Annahme systemischer Mängel in der oben geschilderten Schwere jedoch nicht zu stützen.
52Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen keine Bedenken. Insbesondere besteht kein innerstaatliches Abschiebungshindernis.
53Ebenso ist der weiter gestellte Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 166 VwGO, 114 ZPO.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
55Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X. aus N. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 22. Januar 2014 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 399/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Januar 2014 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Abs. 4 AsylVfG berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10. Januar 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Postzustellungsurkunde am 15. Januar 2014 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Er hat am 22. Januar 2014 innerhalb der Wochenfrist den Eilantrag gestellt und Klage erhoben.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris Rn 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris Rn 3 f.; siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A – und 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A -, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich ‑ an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Dublin III-VO, bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
13vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A, juris Rn. 13 = NRWE.
14Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Nach einem Eurodac-Treffer unter dem 29. Mai 2013 und einem an das Königreich Belgien gerichteten Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2013 wurde die Übernahme unter dem 30. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
15Der Überstellung nach Belgien steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Antragstellung am 24. Mai 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 19. Dezember 2013 knapp sieben Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Antragsgegnerin daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt,
16vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
17Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Antragstellers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
18EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
19Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein,
20vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10. A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8.
21Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann ,
22vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.; Beschlüsse vom 26. Februar 2014 – 13 L 396/14.A – und vom 31. März 2014 – 13 L 119/14 – beide juris und NRWE.
23Hier sind seit der Asylantragstellung am 24. Mai 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens am 19. Dezember 2013 noch keine sieben Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
24Die Antragsgegnerin ist auch nicht deswegen an der Überstellung des Antragstellers nach Belgien gehindert und zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichtet, weil das belgische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist,
25EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413.
26Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
27vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinen vom 18. April 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 57 f.
28Die Antragsgegnerin ist auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zugunsten des Antragstellers – gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der zitierten Rechtsprechung,
29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
30der Fall wäre, liegen nicht vor. Danach ist die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta implizieren,
31EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86.
32Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 94.
34Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Abs. 2 UAbs 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
35Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
36Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, nach der Ablehnung seines Asylantrags in Belgien keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr zu haben und nach der letzten Ablehnung einen Monat lang obdachlos am Bahnhof gelebt zu haben. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht,
37vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
38Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
39vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, und vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A -, n.v.
40Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
41vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
42Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
43Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden.
44Soweit der Antragsteller auf eine Entscheidung des European Council of Social Rights (ECSR) vom 23. Oktober 2012 verweist, die sich mit der Lage, insbesondere der Versorgung und Unterbringung, von unbegleitet eingereisten Minderjährigen und auch von Familien mit Kindern befasst, gehört der Antragsteller schon nicht zu dem insoweit betroffenen Personenkreis. Im Übrigen bezieht sich die Entscheidung auf die Situation in Belgien in den Jahren 2011 und 2012 und hat auch aus diesem Grund für die Rückkehrsituation des Antragstellers im Jahr 2014 wegen der dem Gericht vorliegenden aktuelleren Erkenntnisse keine Aussagekraft mehr.
45Soweit der Antragsteller sich auf die systemische Verletzung des Refoulement-Verbotes bezieht, führt er zunächst einige Einzelfälle an, die ihrem Charakter als Einzelfall entsprechend nicht herangezogen werden können, um Fehler im Asylverfahren mit systemischem Ausmaß zu begründen. Soweit der Antragsteller geltend macht, Belgien könnte ihn im Wege der Kettenabschiebung nach Guinea abschieben, wo ihm Verfolgung drohe, kann dieser Einwand keine systemischen Mängel im Asylverfahren Belgiens begründen. Dort ist bereits eine Prüfung seines Asylbegehrens durchgeführt worden. Die belgischen Behörden sind dabei offenbar zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Furcht vor Verfolgung nicht begründet ist. In dieser Situation eine Abschiebung nach Guinea vorzusehen, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt, zumal es dem Antragsteller grundsätzlich freisteht, auch in Belgien um Rechtsschutz nachzusuchen oder ggf. einen Folgeantrag zu stellen (vgl. hierzu unten). Der Antragsteller beruft sich insoweit auch auf einen Brief des Jesuiten Flüchtlingsdienstes vom 16. September 2013. Dieser befasst sich jedoch mit den Einzelschicksalen von Asylbewerbern, denen eine Abschiebung nach Inguschetien drohte. Der Autor des Briefes führte diesbezüglich u.a. aus, dass „die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Beweismittel“ in einem erneuten Asylverfahren wohl nicht zum Erfolg führen würden. Dies macht deutlich, dass es grundsätzlich möglich ist, auch in Belgien Folgeanträge zu stellen,
46vgl. hierzu auch ausführlich, aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 38 f.
47Außerdem ist erkennbar, dass sich die Auskunft allein auf die konkrete Beweissituation in Einzelfällen bezog. Eine Aussagekraft für das hiesige Antragsverfahren oder das Asylverfahren in Belgien im Allgemeinen haben diese Ausführungen daher nicht.
48Auch die Einlassung, dass Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung unzumutbar erschwert werde, lässt systemische Mängel im Sinne der genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes im Asylverfahren in Belgien nicht offensichtlich werden. Denn die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers (Asylbewerber würden grundsätzlich in Abschiebehaft genommen, dort bestünde kein Zugang zu einem Rechtsbeistand) stehen in Widerspruch zu anderen Erkenntnissen. So weist etwa der vorzitierte aida-Bericht vom 24. Dezember 2013 auf S. 63 darauf hin, dass der Zugang zu einem Rechtsbeistand während der Abschiebehaft nicht nur dem Gesetz nach zu gewähren sei, sondern dass effektiver Zugang zu einem Rechtsbeistand auch in der Praxis bestehe. Die in dem Bericht genannten aktuellen Zahlen zur Verhaftung von Asylbewerbern (S. 57) sprechen im Übrigen dagegen, dass flächendeckend mit Inhaftierung zu rechnen ist und zeigen, dass die Anzahl der Verhaftungen – insbesondere bei der Stellung von Folgeanträgen – im Gegenteil sogar deutlich rückläufig ist,
49vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 57, wonach in 2012 nur noch 111 Asylantragsteller (2011: 509) bei der Antragstellung im Gebiet des Königreichs Belgien und lediglich 27 Folgeantragsteller (2011: 99) in Haft genommen worden sind.
50Dem Final Report des Dublin Transnational Project für den Berichtszeitraum Dezember 2009 bis Mai 2011 ist zu entnehmen, dass jeder Asylbewerber die Möglichkeit hat, gegen eine ablehnende Asylentscheidung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (S. 38).
51Auch im Übrigen sind keine systemischen Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
52Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
53Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken.
54Das Gericht teilt zunächst nicht die Auffassung des Antragstellers, dass über die Frage, ob abgeschoben oder eine andere Form der Überstellung gewählt wird, zunächst eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr sieht Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO vor, dass die Überstellung nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgt. Diese sehen hier gemäß § 34 Abs. 1 AsylVfG zwingend den Erlass einer Abschiebungsandrohung vor. Soweit der Antragsteller auf Art. 20 Abs. 1 Buchstabe e Satz 2 (gemeint ist wohl Satz 3) Dublin II-VO Bezug nimmt, folgt hieraus nichts anderes. Diese Vorschrift befasst sich zwar mit dem Fall, dass der Asylbewerber sich auf eigene Initiative in den zuständigen Staat begeben soll. Sie schreibt diese Möglichkeit den Mitgliedstaaten jedoch nicht vor, sondern enthält nur Regelungen für den Fall, dass das einzelstaatliche Recht eine solche Möglichkeit vorsieht. Vorrang genießt insoweit die bereits genannte Regelung des Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO, die die Umstände der Überstellung der einzelstaatlichen Regelung überlässt,
55vgl. hierzu bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 13 L 171/14.A -, juris.
56Es besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass keine zielstaatsbezogenen oder in der Person des Ausländers bestehenden, also inlandsbezogenen, Abschiebungshindernisse bestehen.
57Den vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen der Frau Dr. S. , M. -Klinik E. vom 22. Juli 2013 und der Diplom-Psychologin Frau L. -C. vom 12. August 2013 lässt sich nichts dafür entnehmen, dass der Antragsteller wegen einer ‑ hier allein in Betracht kommenden ‑ psychischen Erkrankung zurzeit transportunfähig oder reiseunfähig ist, mithin für ihn ein Abschiebungshindernis i.S.v. § 60a AufenthG bestehen könnte. Dies folgt zum einen schon daraus, dass die ärztlichen Atteste aufgrund des Zeitpunktes ihrer Ausstellung - sie waren im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrags bereits ein halbes Jahr alt – nicht geeignet sind, eine Aussage zum aktuellen Gesundheitszustand des Antragstellers zu treffen. Der Bericht von Frau Dr. S. vom 22. Juli 2013, der zudem nur auf einer einmaligen Vorstellung des Antragstellers aus Anlass einer akuten suizidalen Symptomatik am 29. Mai 2013 beruht, endet zudem mit der ausdrücklichen Feststellung der behandelnden Ärztin, dass aufgrund der nur einmaligen Konsultation am 29. Mai 2013 von ihrer Seite aus keine ausreichende Stellung zu der Frage genommen werden könne, ob eine Ausreise des Antragstellers nach Afrika möglich sei oder mit gravierenden gesundheitlichen Gefährdungen zu rechnen sei. Zu einer Reisefähigkeit in Bezug auf Belgien enthält der Arztbericht gar keine Aussage. Auch der Bericht der Dipl.-Psych. Frau L. -C. vom 12. August 2013 verhält sich nicht zur Frage der Reisefähigkeit des Antragstellers.
58Den ärztlichen Attesten lässt sich auch nichts für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG entnehmen.
59Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
60BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris Rn. 15.
61Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
63Die Gefahr einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich.
64Der Arztbericht der Frau Dr. S. von der Traumaambulanz des M. -Klinikums vom 22. Juli 2013 enthält weder eine konkrete Diagnose noch eine Therapieempfehlung und stellte lediglich eine Beschreibung der zum damaligen Zeitpunkt aufgetretenen suizidalen Symptomatik dar. Der Antragsteller wurde in der Folge dieses Gesprächs weder stationär aufgenommen, noch sprach die behandelnde Ärztin eine konkrete Behandlungsempfehlung aus. Der ärztliche Bericht endet vielmehr mit dem Hinweis, dass man zunächst eine ausreichende Sicherheit hinsichtlich der Abwendung von Suizidplänen habe herstellen können. Eine Wiedervorstellung zur weiteren Stabilisierung des Gesundheitszustandes sei angeboten worden. Über den Gesprächszeitpunkt hinausweisende allgemeine Aussagen zum Gesundheitszustand des Antragstellers enthält der Bericht dagegen gerade nicht. Im Gegenteil fügt Frau Dr. S. – wie oben ausgeführt - ausdrücklich an, dass sich von ihrer Seite aus aufgrund der nur einmaligen Konsultation am 29. Mai 2013 zu den weiterführenden Fragen, also ob eine Abschiebung des Antragstellers möglich wäre, gerade keine abschließende Aussage treffen lasse. Dem Attest lassen sich mithin keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbots im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung entnehmen.
65Der Bericht der Diplom-Psychologin Frau L. -C. vom 12. August 2013 enthält zwar die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Allerdings wird diese Feststellung schon nicht in nachvollziehbarer und substantiierter Weise dargelegt. Die Diagnose beruht ersichtlich allein auf den von der Diplom-Psychologin nicht weiter überprüften und hinterfragten Angaben des Antragstellers zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal, die dieser in einem Lebenslauf und in einer eidesstattlichen Versicherung anlässlich des Gesprächstermins am 7. August 2013 schriftlich gemacht hat. Eine eigenständige Befragung des Antragstellers zu seinen Verfolgungserlebnissen hat die Psychologin ersichtlich nicht vorgenommen. Sie hat sich ausweislich der Angaben im Bericht vom 12. August 2013 auf die Erfragung der gegenwärtigen Symptomatik und Bewältigungsstrategien konzentriert und den schriftlichen Angaben des Antragstellers ohne weiteres Glauben geschenkt. Der Psychologin lagen weder das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes vom 9. September 2013 noch das Vernehmungsprotokoll der Polizei E. vom 5. Juli 2013 vor. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ihr die Ablehnung der Asylanträge des Antragstellers in Belgien bekannt war oder dass sie jedenfalls die dahinter stehende behördliche Einschätzung der Unglaubhaftigkeit des Verfolgungsvorbringens des Antragstellers in ihre Bewertung einbezogen hat. Hinzu kommt, dass sie ihre Diagnose ausschließlich auf der Grundlage eines einzigen Gesprächstermins am 7. August 2013 getroffen hat. Damit erfolgte die Diagnoseerstellung aber schon nicht auf der Grundlage einer ausreichenden Exploration. Eine solche Herangehensweise ist vom Ansatz her untauglich, das Vorliegen einer Krankheit objektiv festzustellen,
66vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2003 – 15 A 5193/00.A -, juris.
67Aber selbst wenn der Antragsteller unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden würde, ergäbe sich hieraus nicht ohne weiteres das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses. Es ist nämlich auch nicht näher nachvollziehbar dargelegt, welcher Behandlungsbedarf hierdurch beim Antragsteller tatsächlich ausgelöst wird und dass eine – gegebenenfalls erforderliche – Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Belgien möglich ist. Soweit Frau L. -C. hierzu ausführt, dass der Antragsteller in Deutschland positive Kontakte zu professionellen Helfern aufgebaut habe, was für einen Verbleib des Antragstellers in Deutschland und gegen eine Rückführung nach Belgien spräche, hat sie jedenfalls nichts dafür dargelegt, dass eine Rückführung nach Belgien ausgeschlossen ist, erst recht nicht, dass diese im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG für den Antragsteller mit der Gefahr einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden wäre. In Belgien bestehen grundsätzlich auch Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen. Soweit eine ggfs. erforderliche Behandlung unter Umständen nicht unmittelbar nach der Einreise, sondern erst nach einer gewissen Wartezeit erfolgen kann,
68vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 56, wonach solche Einrichtungen, die sich auf die Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Asylbewerbern spezialisiert haben, mit Wartelisten arbeiten,
69ergibt sich daraus nichts anderes. Denn der Antragsteller hat selbst nicht vorgetragen, dass er auf eine kontinuierliche und ununterbrochene ärztliche bzw. psychologische Behandlung angewiesen ist. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass der Antragsteller sich seit dem Untersuchungsgespräch bei Frau L. -C. am 7. August 2013, das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fast ein Dreivierteljahr zurückliegt, überhaupt wegen einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung befand.
70Ebenso ist der weiter gestellte Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 166 VwGO, 114 ZPO.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 RVG.
72Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 15. Februar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 20. Februar 2014 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3In der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Februar 2014 gab er an, bereits am 13. Mai 2013 in Belgien Asyl beantragt zu haben. Auch die Abfrage des Bundesamts in der Eurodac-Datenbank vom 21. März 2014 ergab einen Treffer für Belgien.
4Das Bundesamt richtete am 14. April 2014 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. April 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Dublin III-VO.
5Mit Bescheid vom 2. Mai 2014, dem Kläger zugestellt am 7. Mai 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
6Am 13. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht ihm sei eine Rückkehr nach Belgien nicht zumutbar. Er habe dort keine Leistungen mehr erhalten und sei obdachlos gewesen.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. Überdies lägen keine Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren vor.
13Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
17Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Belgien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
18Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), da sowohl der Asylantrag vom 20. Februar 2014 als auch das an Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen Deutschlands vom 14. April 2014 nach dem 1. Januar 2014, dem gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 1 für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dublin‑III VO maßgeblichen Zeitpunkt, gestellt worden ist.
19Nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 20. Februar 2014 und ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank bereits am 13. Mai 2012 in Belgien einen Asylantrag gestellt. Belgien hat auf das am 14. April 2014 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Klägers nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Dublin III-VO bereits am 17. April 2014, und damit innerhalb der nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von 2 Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Klägers erklärt.
20Belgien ist daher gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO grundsätzlich verpflichtet, den Kläger innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht abgelaufen. Im Übrigen könnte sich der Kläger nach Ablauf der Überstellungsfrist ohnehin nicht hierauf berufen.
21Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A – S. 13 ff. des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
22Die Beklagte hat auch die Zwei-Monatsfrist zwischen der EURODAC‑Treffermeldung vom 21. März 2014 und der Stellung des Wiederaufnahmeersuchens eingehalten (Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 1 Dublin III-VO).
23Soweit der Kläger unter Berufung auf systemische Mängel des Asylsystems in Belgien eine Zuständigkeit Deutschlands bzw. aufgrund einer Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Selbsteintritt Deutschlands geltend macht, kann sich das erkennende Gericht dem unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse nicht anschließen.
24Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin‑Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Artikel 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der bisherigen Dublin II‑VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Beklagten,
25vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 57 f.
26Die Beklagte ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO zugunsten des Klägers – nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
27EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
28der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
30Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
31Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Klägers, wonach er in Belgien das Asylbewerberwohnheim habe verlassen müssen und keinen Anspruch auf staatliche Leistungen gehabt habe, mithin mittellos auf der Straße gelebt habe.
32Dahingestellt bleiben kann, ob der Asylantrag des Klägers bereits abgelehnt worden war und er aufgrund dessen das Asylbewerberwohnheim verlassen musste und keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr gehabt hat.
33Vgl. hierzu Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v., vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 37 und vom 13. Mai 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 24.
34Das Gericht weist in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass die Zustimmung der belgischen Behörden zur Wiederaufnahme des Klägers vom 17. April 2014 indiziert, dass der Asylantrag des Klägers bereits abgelehnt worden ist, da sie ihre Zuständigkeit ausdrücklich auf Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d) Dublin III-VO stützen. Auch die eidesstaatliche Versicherung des Klägers vom 12. Mai 2014, wonach er erst nach zehn Monaten sein Asylbewerberwohnheim habe verlassen müssen und keine Sozialleistungen mehr erhalten habe, spricht dafür, dass er erst nach Ablehnung seines Asylantrags keinen Anspruch mehr auf staatliche Leistungen hatte.
35Aber auch dann, wenn der Kläger von Anfang an keine Obhut und staatlichen Leistungen erhalten haben sollte, lägen keine Umstände vor, die die Beklagte zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts zwängen.
36Ein Asylbewerber kann der Überstellung in den nach der Dublin III-VO für ihn zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten. Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, kommt es dagegen nicht an.
37Vgl. Verwaltungsgericht Cottbus, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 3 K 1107/13.A –, juris, Rn. 4 m.w.N.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 42 ff.
38Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im belgischen Asylsystem. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
39Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insbesondere besteht kein innerstaatliches oder zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
41Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X. aus N. werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 22. Januar 2014 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 399/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Januar 2014 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung die Einzelrichterin gemäß § 76 Abs. 4 AsylVfG berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in seiner durch Artikel 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Satz 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10. Januar 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Postzustellungsurkunde am 15. Januar 2014 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Er hat am 22. Januar 2014 innerhalb der Wochenfrist den Eilantrag gestellt und Klage erhoben.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR -, juris Rn 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 -, juris Rn 3 f.; siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. Januar 2014 - 13 L 2168/13.A – und 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A -, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich ‑ an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Dublin II-VO. Diese findet auf den Asylantrag des Antragstellers Anwendung, obwohl gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. in Eilverfahren auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen ist und die Nachfolgevorschrift der Dublin II-VO, die Dublin III-VO, bereits am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Denn gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bleibt die Dublin II-VO anwendbar für Asylanträge, die vor dem 1. Januar 2014 gestellt werden. Anderes gilt allenfalls im Falle von Gesuchen um Aufnahme oder Wiederaufnahme, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO), was hier jedoch nicht der Fall ist,
13vgl. bereits VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 13 L 2428/13.A, juris Rn. 13 = NRWE.
14Nach den Vorschriften der Dublin II-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Nach einem Eurodac-Treffer unter dem 29. Mai 2013 und einem an das Königreich Belgien gerichteten Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 2013 wurde die Übernahme unter dem 30. Dezember 2013 unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 1 Buchstabe e Dublin II-VO akzeptiert. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Dublin II-VO ist Belgien damit verpflichtet, den Antragsteller spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
15Der Überstellung nach Belgien steht auch nicht entgegen, dass zwischen der Antragstellung am 24. Mai 2013 und der Stellung des Übernahmeersuchens am 19. Dezember 2013 knapp sieben Monate vergangen sind. Fristvorgaben enthält die Dublin II-VO insoweit allein für Aufnahmeersuchen (Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO), also Ersuchen, die darauf gerichtet sind, dass der erstmalige Asylantrag von einem anderen Mitgliedstaat geprüft werde. Wird wie hier nach der Stellung eines Asylantrags in einem anderen Mitgliedstaat (Belgien) ein weiterer Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und ersucht die Antragsgegnerin daraufhin den Staat der ersten Asylantragstellung um Übernahme des Asylbewerbers, handelt es sich um ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO, das nicht der Fristregelung des Art. 17 Dublin II-VO unterfällt,
16vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A –, juris Rn. 40; VG Regensburg, Beschluss vom 5. Juli 2013 – RN 5 S 13.30273 –, juris Rn. 24; VG Berlin, Beschluss vom 7. Oktober 2013 – 33 L 403.13 A –, juris Rn. 8.
17Es liegt auch kein Fall vor, in dem es zum Schutz der Grundrechte des Antragstellers aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer der Antragsgegnerin verwehrt ist, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich nach der Dublin II-VO unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen,
18EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 108.
19Diese Vorgabe ist nach Auffassung des Gerichts auch bei Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 20 Dublin II-VO zu beachten, auch wenn sich der Europäische Gerichtshof im konkreten Verfahren allein auf ein Aufnahmeersuchen nach Erstantragstellung im unzuständigen Mitgliedstaat bezog. Denn die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, dürfte in beiden Fällen vergleichbar sein,
20vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – 2 B 806/13 –, juris Rn. 10. A. A. VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A –, juris Rn. 8.
21Anhaltspunkte, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichts ist insoweit aber zunächst zu berücksichtigen, dass schon die Regelung des Art. 17 Dublin II-VO für Aufnahmeersuchen und nunmehr auch Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für Wiederaufnahmeersuchen eine regelmäßige Frist von zwei bzw. drei Monaten vorsieht. Deren Überschreiten kann dabei nicht gleichgesetzt werden mit der vom Europäischen Gerichtshof angesprochenen, die Grundrechte des Asylbewerbers beeinträchtigenden unangemessen langen Verfahrensdauer. Der gesetzlichen Wertung des § 24 Abs. 4 AsylVfG folgend geht das Gericht davon aus, dass frühestens nach dem Verstreichen eines Zeitraums, der der regelmäßigen Frist des Art. 17 Dublin II-VO von drei Monaten zuzüglich der durch § 24 Abs. 4 AsylVfG für die innerstaatlich für die Entscheidung über den Asylantrag im Regelfall vorgesehenen Frist von sechs Monaten, also insgesamt von neun Monaten, entspricht, von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ausgegangen werden kann ,
22vgl. i. E. VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 – 17 K 4737/12.A –, S. 8 des Urteilsabdrucks, n. v.; Beschlüsse vom 26. Februar 2014 – 13 L 396/14.A – und vom 31. März 2014 – 13 L 119/14 – beide juris und NRWE.
23Hier sind seit der Asylantragstellung am 24. Mai 2013 bis zur Stellung des Übernahmeersuchens am 19. Dezember 2013 noch keine sieben Monate verstrichen, sodass unter keinen Umständen eine unangemessen lange Verfahrensdauer gegeben ist.
24Die Antragsgegnerin ist auch nicht deswegen an der Überstellung des Antragstellers nach Belgien gehindert und zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichtet, weil das belgische Asylsystem systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs aufweist,
25EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413.
26Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin-Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung des Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 7 Dublin II-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin II-VO begründen zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
27vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinen vom 18. April 2013 – C-4/11 –, juris Rn. 57 f.
28Die Antragsgegnerin ist auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO zugunsten des Antragstellers – gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der zitierten Rechtsprechung,
29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, 413,
30der Fall wäre, liegen nicht vor. Danach ist die im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem grundsätzlich bestehende Vermutung, dass jeder Mitgliedstaat ein sicherer Drittstaat ist und die Grundrechte von Asylbewerbern einschließlich des Refoulement-Verbots hinreichend achtet, nicht unwiderleglich. Vielmehr hat eine Überstellung in einen Mitgliedstaat zu unterbleiben, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Grundrechtecharta implizieren,
31EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 86.
32Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 GrCH bzw. Art. 3 EMRK entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
33EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris Rn. 94.
34Der hier noch nicht anzuwendende Art. 3 Abs. 2 UAbs 2 Dublin III-VO hat diese Rechtsprechung normativ übernommen, indem er die Überstellung an den an sich zuständigen Mitgliedstaat für unmöglich erklärt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.
35Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
36Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, nach der Ablehnung seines Asylantrags in Belgien keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr zu haben und nach der letzten Ablehnung einen Monat lang obdachlos am Bahnhof gelebt zu haben. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht,
37vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
38Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
39vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, und vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A -, n.v.
40Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Artikel 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
41vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
42Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
43Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden.
44Soweit der Antragsteller auf eine Entscheidung des European Council of Social Rights (ECSR) vom 23. Oktober 2012 verweist, die sich mit der Lage, insbesondere der Versorgung und Unterbringung, von unbegleitet eingereisten Minderjährigen und auch von Familien mit Kindern befasst, gehört der Antragsteller schon nicht zu dem insoweit betroffenen Personenkreis. Im Übrigen bezieht sich die Entscheidung auf die Situation in Belgien in den Jahren 2011 und 2012 und hat auch aus diesem Grund für die Rückkehrsituation des Antragstellers im Jahr 2014 wegen der dem Gericht vorliegenden aktuelleren Erkenntnisse keine Aussagekraft mehr.
45Soweit der Antragsteller sich auf die systemische Verletzung des Refoulement-Verbotes bezieht, führt er zunächst einige Einzelfälle an, die ihrem Charakter als Einzelfall entsprechend nicht herangezogen werden können, um Fehler im Asylverfahren mit systemischem Ausmaß zu begründen. Soweit der Antragsteller geltend macht, Belgien könnte ihn im Wege der Kettenabschiebung nach Guinea abschieben, wo ihm Verfolgung drohe, kann dieser Einwand keine systemischen Mängel im Asylverfahren Belgiens begründen. Dort ist bereits eine Prüfung seines Asylbegehrens durchgeführt worden. Die belgischen Behörden sind dabei offenbar zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Furcht vor Verfolgung nicht begründet ist. In dieser Situation eine Abschiebung nach Guinea vorzusehen, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt, zumal es dem Antragsteller grundsätzlich freisteht, auch in Belgien um Rechtsschutz nachzusuchen oder ggf. einen Folgeantrag zu stellen (vgl. hierzu unten). Der Antragsteller beruft sich insoweit auch auf einen Brief des Jesuiten Flüchtlingsdienstes vom 16. September 2013. Dieser befasst sich jedoch mit den Einzelschicksalen von Asylbewerbern, denen eine Abschiebung nach Inguschetien drohte. Der Autor des Briefes führte diesbezüglich u.a. aus, dass „die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Beweismittel“ in einem erneuten Asylverfahren wohl nicht zum Erfolg führen würden. Dies macht deutlich, dass es grundsätzlich möglich ist, auch in Belgien Folgeanträge zu stellen,
46vgl. hierzu auch ausführlich, aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 38 f.
47Außerdem ist erkennbar, dass sich die Auskunft allein auf die konkrete Beweissituation in Einzelfällen bezog. Eine Aussagekraft für das hiesige Antragsverfahren oder das Asylverfahren in Belgien im Allgemeinen haben diese Ausführungen daher nicht.
48Auch die Einlassung, dass Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung unzumutbar erschwert werde, lässt systemische Mängel im Sinne der genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes im Asylverfahren in Belgien nicht offensichtlich werden. Denn die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers (Asylbewerber würden grundsätzlich in Abschiebehaft genommen, dort bestünde kein Zugang zu einem Rechtsbeistand) stehen in Widerspruch zu anderen Erkenntnissen. So weist etwa der vorzitierte aida-Bericht vom 24. Dezember 2013 auf S. 63 darauf hin, dass der Zugang zu einem Rechtsbeistand während der Abschiebehaft nicht nur dem Gesetz nach zu gewähren sei, sondern dass effektiver Zugang zu einem Rechtsbeistand auch in der Praxis bestehe. Die in dem Bericht genannten aktuellen Zahlen zur Verhaftung von Asylbewerbern (S. 57) sprechen im Übrigen dagegen, dass flächendeckend mit Inhaftierung zu rechnen ist und zeigen, dass die Anzahl der Verhaftungen – insbesondere bei der Stellung von Folgeanträgen – im Gegenteil sogar deutlich rückläufig ist,
49vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 57, wonach in 2012 nur noch 111 Asylantragsteller (2011: 509) bei der Antragstellung im Gebiet des Königreichs Belgien und lediglich 27 Folgeantragsteller (2011: 99) in Haft genommen worden sind.
50Dem Final Report des Dublin Transnational Project für den Berichtszeitraum Dezember 2009 bis Mai 2011 ist zu entnehmen, dass jeder Asylbewerber die Möglichkeit hat, gegen eine ablehnende Asylentscheidung die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (S. 38).
51Auch im Übrigen sind keine systemischen Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
52Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
53Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken.
54Das Gericht teilt zunächst nicht die Auffassung des Antragstellers, dass über die Frage, ob abgeschoben oder eine andere Form der Überstellung gewählt wird, zunächst eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Vielmehr sieht Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO vor, dass die Überstellung nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgt. Diese sehen hier gemäß § 34 Abs. 1 AsylVfG zwingend den Erlass einer Abschiebungsandrohung vor. Soweit der Antragsteller auf Art. 20 Abs. 1 Buchstabe e Satz 2 (gemeint ist wohl Satz 3) Dublin II-VO Bezug nimmt, folgt hieraus nichts anderes. Diese Vorschrift befasst sich zwar mit dem Fall, dass der Asylbewerber sich auf eigene Initiative in den zuständigen Staat begeben soll. Sie schreibt diese Möglichkeit den Mitgliedstaaten jedoch nicht vor, sondern enthält nur Regelungen für den Fall, dass das einzelstaatliche Recht eine solche Möglichkeit vorsieht. Vorrang genießt insoweit die bereits genannte Regelung des Art. 20 Abs. 1 Buchstabe d Satz 2 Dublin II-VO, die die Umstände der Überstellung der einzelstaatlichen Regelung überlässt,
55vgl. hierzu bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 26. Februar 2014 – 13 L 171/14.A -, juris.
56Es besteht auch kein Abschiebungshindernis. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 a. E. AsylVfG setzt die Anordnung der Abschiebung neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 27a AsylVfG voraus, dass sie auch durchgeführt werden kann. Das bedeutet, dass keine zielstaatsbezogenen oder in der Person des Ausländers bestehenden, also inlandsbezogenen, Abschiebungshindernisse bestehen.
57Den vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen der Frau Dr. S. , M. -Klinik E. vom 22. Juli 2013 und der Diplom-Psychologin Frau L. -C. vom 12. August 2013 lässt sich nichts dafür entnehmen, dass der Antragsteller wegen einer ‑ hier allein in Betracht kommenden ‑ psychischen Erkrankung zurzeit transportunfähig oder reiseunfähig ist, mithin für ihn ein Abschiebungshindernis i.S.v. § 60a AufenthG bestehen könnte. Dies folgt zum einen schon daraus, dass die ärztlichen Atteste aufgrund des Zeitpunktes ihrer Ausstellung - sie waren im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrags bereits ein halbes Jahr alt – nicht geeignet sind, eine Aussage zum aktuellen Gesundheitszustand des Antragstellers zu treffen. Der Bericht von Frau Dr. S. vom 22. Juli 2013, der zudem nur auf einer einmaligen Vorstellung des Antragstellers aus Anlass einer akuten suizidalen Symptomatik am 29. Mai 2013 beruht, endet zudem mit der ausdrücklichen Feststellung der behandelnden Ärztin, dass aufgrund der nur einmaligen Konsultation am 29. Mai 2013 von ihrer Seite aus keine ausreichende Stellung zu der Frage genommen werden könne, ob eine Ausreise des Antragstellers nach Afrika möglich sei oder mit gravierenden gesundheitlichen Gefährdungen zu rechnen sei. Zu einer Reisefähigkeit in Bezug auf Belgien enthält der Arztbericht gar keine Aussage. Auch der Bericht der Dipl.-Psych. Frau L. -C. vom 12. August 2013 verhält sich nicht zur Frage der Reisefähigkeit des Antragstellers.
58Den ärztlichen Attesten lässt sich auch nichts für das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG entnehmen.
59Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AsylVfG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit besteht. Leidet der Ausländer bereits vor der Abschiebung unter einer Erkrankung, ist von einer solchen Gefahr auszugehen, wenn sich die Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände nach der Abschiebung voraussichtlich in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht,
60BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.05 –, BVerwGE 127,33 = juris Rn. 15.
61Dies ist der Fall, wenn die befürchtete Verschlimmerung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen etwa als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Zielland der Abschiebung zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führt, das heißt eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität erwarten lässt,
62vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. April 2007 – 13 A 4611/04.A –, juris Rn. 32 = NRWE.
63Die Gefahr einer solchen Gesundheitsbeeinträchtigung besonderer Intensität ist hier nicht ersichtlich.
64Der Arztbericht der Frau Dr. S. von der Traumaambulanz des M. -Klinikums vom 22. Juli 2013 enthält weder eine konkrete Diagnose noch eine Therapieempfehlung und stellte lediglich eine Beschreibung der zum damaligen Zeitpunkt aufgetretenen suizidalen Symptomatik dar. Der Antragsteller wurde in der Folge dieses Gesprächs weder stationär aufgenommen, noch sprach die behandelnde Ärztin eine konkrete Behandlungsempfehlung aus. Der ärztliche Bericht endet vielmehr mit dem Hinweis, dass man zunächst eine ausreichende Sicherheit hinsichtlich der Abwendung von Suizidplänen habe herstellen können. Eine Wiedervorstellung zur weiteren Stabilisierung des Gesundheitszustandes sei angeboten worden. Über den Gesprächszeitpunkt hinausweisende allgemeine Aussagen zum Gesundheitszustand des Antragstellers enthält der Bericht dagegen gerade nicht. Im Gegenteil fügt Frau Dr. S. – wie oben ausgeführt - ausdrücklich an, dass sich von ihrer Seite aus aufgrund der nur einmaligen Konsultation am 29. Mai 2013 zu den weiterführenden Fragen, also ob eine Abschiebung des Antragstellers möglich wäre, gerade keine abschließende Aussage treffen lasse. Dem Attest lassen sich mithin keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines Abschiebungsverbots im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung entnehmen.
65Der Bericht der Diplom-Psychologin Frau L. -C. vom 12. August 2013 enthält zwar die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung. Allerdings wird diese Feststellung schon nicht in nachvollziehbarer und substantiierter Weise dargelegt. Die Diagnose beruht ersichtlich allein auf den von der Diplom-Psychologin nicht weiter überprüften und hinterfragten Angaben des Antragstellers zu seinem angeblichen Verfolgungsschicksal, die dieser in einem Lebenslauf und in einer eidesstattlichen Versicherung anlässlich des Gesprächstermins am 7. August 2013 schriftlich gemacht hat. Eine eigenständige Befragung des Antragstellers zu seinen Verfolgungserlebnissen hat die Psychologin ersichtlich nicht vorgenommen. Sie hat sich ausweislich der Angaben im Bericht vom 12. August 2013 auf die Erfragung der gegenwärtigen Symptomatik und Bewältigungsstrategien konzentriert und den schriftlichen Angaben des Antragstellers ohne weiteres Glauben geschenkt. Der Psychologin lagen weder das Anhörungsprotokoll des Bundesamtes vom 9. September 2013 noch das Vernehmungsprotokoll der Polizei E. vom 5. Juli 2013 vor. Zudem ist nicht ersichtlich, dass ihr die Ablehnung der Asylanträge des Antragstellers in Belgien bekannt war oder dass sie jedenfalls die dahinter stehende behördliche Einschätzung der Unglaubhaftigkeit des Verfolgungsvorbringens des Antragstellers in ihre Bewertung einbezogen hat. Hinzu kommt, dass sie ihre Diagnose ausschließlich auf der Grundlage eines einzigen Gesprächstermins am 7. August 2013 getroffen hat. Damit erfolgte die Diagnoseerstellung aber schon nicht auf der Grundlage einer ausreichenden Exploration. Eine solche Herangehensweise ist vom Ansatz her untauglich, das Vorliegen einer Krankheit objektiv festzustellen,
66vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. November 2003 – 15 A 5193/00.A -, juris.
67Aber selbst wenn der Antragsteller unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden würde, ergäbe sich hieraus nicht ohne weiteres das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses. Es ist nämlich auch nicht näher nachvollziehbar dargelegt, welcher Behandlungsbedarf hierdurch beim Antragsteller tatsächlich ausgelöst wird und dass eine – gegebenenfalls erforderliche – Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Belgien möglich ist. Soweit Frau L. -C. hierzu ausführt, dass der Antragsteller in Deutschland positive Kontakte zu professionellen Helfern aufgebaut habe, was für einen Verbleib des Antragstellers in Deutschland und gegen eine Rückführung nach Belgien spräche, hat sie jedenfalls nichts dafür dargelegt, dass eine Rückführung nach Belgien ausgeschlossen ist, erst recht nicht, dass diese im Sinne von § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG für den Antragsteller mit der Gefahr einer erheblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden wäre. In Belgien bestehen grundsätzlich auch Behandlungsmöglichkeiten für psychische Erkrankungen. Soweit eine ggfs. erforderliche Behandlung unter Umständen nicht unmittelbar nach der Einreise, sondern erst nach einer gewissen Wartezeit erfolgen kann,
68vgl. aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 24. Dezember 2013, S. 56, wonach solche Einrichtungen, die sich auf die Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Asylbewerbern spezialisiert haben, mit Wartelisten arbeiten,
69ergibt sich daraus nichts anderes. Denn der Antragsteller hat selbst nicht vorgetragen, dass er auf eine kontinuierliche und ununterbrochene ärztliche bzw. psychologische Behandlung angewiesen ist. Es ist nicht einmal ersichtlich, dass der Antragsteller sich seit dem Untersuchungsgespräch bei Frau L. -C. am 7. August 2013, das im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fast ein Dreivierteljahr zurückliegt, überhaupt wegen einer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung befand.
70Ebenso ist der weiter gestellte Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 166 VwGO, 114 ZPO.
71Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 RVG.
72Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 13. Mai 2014 sinngemäß bei Gericht anhängig gemachte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 3253/14.A gegen Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Mai 2014 anzuordnen,
4zu dessen Entscheidung der Einzelrichter gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) berufen ist, hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
5Der hier gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft, da nach § 34a Abs. 2 Satz 1 des AsylVfG in seiner durch Art. 1 Nr. 27 b) des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3474, geänderten und nach § 77 Abs. 1 AsylVfG hier auch zu beachtenden Fassung solche Eilanträge gegen die Abschiebungsandrohung nunmehr zugelassen sind und der in der Hauptsache erhobenen Klage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylVfG keine aufschiebende Wirkung zukommt.
6Der Antragsteller hat den Eilantrag auch innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des angegriffenen Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 2. Mai 2014 und damit fristgerecht im Sinne von § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellt. Der auf die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG gestützte Bescheid wurde ausweislich der im Verwaltungsvorgang enthaltenen Postzustellungsurkunde am 7. Mai 2014 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG dem Antragsteller persönlich zugestellt. Er hat am 13. Mai 2014 innerhalb der Wochenfrist den Eilantrag gestellt und Klage erhoben.
7Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
8Das Gericht folgt der bislang zu § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes erfolgen darf, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig oder unbegründet gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG vom Gesetzgeber vorgegeben ist. Eine derartige Einschränkung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis hat der Gesetzgeber für die Fälle des § 34a Abs. 2 AsylVfG gerade nicht geregelt. Eine solche Gesetzesauslegung entspräche auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des § 34a Abs. 2 AsylVfG n.F. fand im Bundesrat keine Mehrheit;
9vgl. hierzu bereits mit ausführlicher Darstellung des Gesetzgebungsverfahrens Verwaltungsgericht Trier, Beschluss vom 18. September 2013 – 5 L 1234/13.TR –, juris. Rn. 5 ff. m.w.N.; Verwaltungsgericht Göttingen, Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 2 B 844/13 –, juris. Rn. 3 f.; siehe auch bereits Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 7. Januar 2014 – 13 L 2168/13.A – und 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris.
10Die danach vorzunehmende Abwägung des öffentlichen Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin mit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers hat sich maßgeblich ‑ nicht ausschließlich – an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu orientieren, wie diese sich bei summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren abschätzen lassen. Diese Interessenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes begegnet nach diesen Maßstäben keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
11Das Bundesamt hat den Asylantrag des Antragstellers zu Recht als unzulässig abgelehnt und geht von der Zuständigkeit Belgiens für dessen Prüfung aus. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Antragsgegnerin den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).
12Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), da sowohl der Asylantrag vom 20. Februar 2014 als auch das an Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen Deutschlands vom 14. April 2014 nach dem 1. Januar 2014, dem gemäß Art. 49 UAbs. 1 Satz 1 für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dublin‑III VO maßgeblichen Zeitpunkt, gestellt worden ist.
13Nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Antragsteller gestellten Asylantrags. Der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 20. Februar 2014 und ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank bereits am 13. Mai 2012 in Belgien einen Asylantrag gestellt. Belgien hat auf das am 14. April 2014 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1 Bst. b Dublin III-VO bereits am 17. April 2014, und damit innerhalb der nach Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von 2 Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Antragstellers erklärt. Belgien ist daher gemäß Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin III-VO grundsätzlich verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist noch nicht abgelaufen.
14Die Antragsgegnerin hat auch die Zwei-Monatsfrist zwischen der EURODAC‑Treffermeldung vom 21. März 2014 und der Stellung des Wiederaufnahmeersuchens eingehalten (Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 Dublin III-VO).
15Soweit der Antragsteller unter Berufung auf systemische Mängel des Asylsystems in Belgien eine Zuständigkeit Deutschlands bzw. aufgrund einer Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Selbsteintritt Deutschlands geltend macht, kann sich das erkennende Gericht dem unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse nicht anschließen.
16Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin‑Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Art. 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der bisherigen Dublin II‑VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Antragsgegnerin,
17vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 57 f.
18Die Antragsgegnerin ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO zugunsten des Antragstellers – nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin III-VO gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofs,
19EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
20der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sine können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
21EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
22Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
23Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Antragstellers, wonach er nach der Ablehnung seines Asylantrags in Belgien das Asylbewerberwohnheim habe verlassen müssen und keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr gehabt habe, mithin mittellos auf der Straße gelebt habe. Hierbei handelt es sich nicht um systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren des Antragstellers in Belgien bereits abgeschlossen, wenn auch erkennbar mit einem von ihm nicht erwünschten Ergebnis. Ist wie hier der Asylantrag des Antragstellers abgelehnt worden, folgt daraus für den Antragsteller auch die Ausreisepflicht,
24vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11.
25Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar,
26vgl. VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v. und vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, noch n.v.
27Das zeigt auch schon die Wertung, welche in Art. 41 Abs. 1 Bst. b der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (im Folgenden: Verfahrensrichtlinie n.F.) zum Ausdruck kommt. Danach können die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet machen, wenn eine Person nach einer bestandskräftigen Entscheidung, einen ersten Folgeantrag gemäß Art. 40 Abs. 5 als unzulässig zu betrachten oder als unbegründet abzulehnen, in demselben Mitgliedstaat einen weiteren Folgeantrag stellt. Ist es demnach möglich, einer beständigen Wiederholung von Folgeanträgen durch die Ausweisung des Asylbewerbers zu begegnen, so begegnet es keinen Bedenken, die „Versorgung einzustellen“, wenn der Ausreisepflichtige dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird,
28vgl. auch aida, Asylum Information Database, National Country Report Belgium, Stand 30. April 2013, S. 43.
29Ob dies in einem Fall, in dem nach der letzten Ablehnung eines Asylantrags asylerhebliche neue Umstände eintreten oder der Asylbewerber in der Lage ist – erst jetzt – weitere asylerhebliche Angaben vorzubringen, anders zu sehen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, da solche Umstände vom Antragsteller nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich sind.
30Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind vom Antragsteller ebenfalls nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar.
31Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, noch n.v.
32Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
33Ohne dass es hier darauf ankommt, weist das Gericht in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht jeglicher Unzulänglichkeit im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen automatisch eine Schwere zuzumessen ist, die für die hier erforderliche Annahme einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährten Rechte (Verbot der Folter und der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe) ausreicht.
34Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insbesondere besteht kein innerstaatliches Abschiebungshindernis.
35Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.
36Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der Kläger ist guineischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 15. Februar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 20. Februar 2014 die Anerkennung als Asylberechtigter.
3In der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 20. Februar 2014 gab er an, bereits am 13. Mai 2013 in Belgien Asyl beantragt zu haben. Auch die Abfrage des Bundesamts in der Eurodac-Datenbank vom 21. März 2014 ergab einen Treffer für Belgien.
4Das Bundesamt richtete am 14. April 2014 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Belgien. Die belgischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17. April 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Dublin III-VO.
5Mit Bescheid vom 2. Mai 2014, dem Kläger zugestellt am 7. Mai 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Belgien an.
6Am 13. Mai 2014 hat der Kläger Klage erhoben.
7Er ist der Ansicht ihm sei eine Rückkehr nach Belgien nicht zumutbar. Er habe dort keine Leistungen mehr erhalten und sei obdachlos gewesen.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die angefochtene Entscheidung des Bundesamtes. Überdies lägen keine Gründe für die Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren vor.
13Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die zulässige Klage ist unbegründet.
16Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 2. Mai 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Absatz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
17Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach Belgien angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG).
18Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), da sowohl der Asylantrag vom 20. Februar 2014 als auch das an Belgien gerichtete Wiederaufnahmeersuchen Deutschlands vom 14. April 2014 nach dem 1. Januar 2014, dem gemäß Artikel 49 Unterabsatz 2 Satz 1 für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dublin‑III VO maßgeblichen Zeitpunkt, gestellt worden ist.
19Nach den Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO ist Belgien der zuständige Staat für die Prüfung des durch den Kläger gestellten Asylantrags. Der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben in der Befragung durch das Bundesamt vom 20. Februar 2014 und ausweislich der Abfrage des Bundesamtes in der Eurodac-Datenbank bereits am 13. Mai 2012 in Belgien einen Asylantrag gestellt. Belgien hat auf das am 14. April 2014 vom Bundesamt gestellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Klägers nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d Dublin III-VO bereits am 17. April 2014, und damit innerhalb der nach Artikel 25 Absatz 1 Satz 2 Dublin III-VO im Falle eines Eurodac-Treffers maßgeblichen Frist von 2 Wochen nach Stellung des Wiederaufnahmeersuchens, seine Zuständigkeit für den Asylantrag des Klägers erklärt.
20Belgien ist daher gemäß Artikel 29 Absatz 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO grundsätzlich verpflichtet, den Kläger innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht abgelaufen. Im Übrigen könnte sich der Kläger nach Ablauf der Überstellungsfrist ohnehin nicht hierauf berufen.
21Vgl. Verwaltungsgericht Düsseldorf, Kammerurteil vom 12. September 2014 – 13 K 8286/13.A – S. 13 ff. des Urteilsabdrucks m.w.N., zur Veröffentlichung bei juris und www.nrwe.de vorgesehen.
22Die Beklagte hat auch die Zwei-Monatsfrist zwischen der EURODAC‑Treffermeldung vom 21. März 2014 und der Stellung des Wiederaufnahmeersuchens eingehalten (Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 1 Dublin III-VO).
23Soweit der Kläger unter Berufung auf systemische Mängel des Asylsystems in Belgien eine Zuständigkeit Deutschlands bzw. aufgrund einer Ermessensreduzierung einen Anspruch auf Selbsteintritt Deutschlands geltend macht, kann sich das erkennende Gericht dem unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnisse nicht anschließen.
24Ein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland besteht ohnehin nicht. Die Dublin‑Verordnungen sehen ein nach objektiven Kriterien ausgerichtetes Verfahren der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Sie sind im Grundsatz nicht darauf ausgerichtet, Ansprüche von Asylbewerbern gegen einen Mitgliedstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens durch ihn zu begründen. Ausnahmen bestehen allenfalls bei einzelnen, eindeutig subjektiv-rechtlich ausgestalteten Zuständigkeitstatbeständen (vgl. etwa Artikel 9 Dublin III-VO zugunsten von Familienangehörigen). Die Zuständigkeitsvorschriften der Dublin III-VO begründen – wie die der bisherigen Dublin II‑VO – zum Zwecke der sachgerechten Verteilung der Asylbewerber vor allem subjektive Rechte der Mitgliedstaaten untereinander. Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an einen bestimmten Staat hindert daher nur die Überstellung dorthin; sie begründet kein subjektives Recht auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gegenüber der Beklagten,
25vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 14. November 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 37; Schlussanträge des GA Jääskinnen vom 18. April 2013 – C 4/11 –, juris, Rn. 57 f.
26Die Beklagte ist aber auch nicht – unabhängig von der Frage der Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Artikel 17 Absatz 1 Dublin III-VO zugunsten des Klägers – nach Artikel 3 Absatz 2 Unterabsatz 2 Dublin III-VO gehindert, diesen nach Belgien zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GR-Charta) mit sich bringen. Die Voraussetzungen, unter denen das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs,
27EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 83 ff., 99; EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 –, NVwZ 2011, S. 413,
28der Fall wäre, liegen nicht vor. Systemische Mängel in diesem Sinne können erst angenommen werden, wenn Grundrechtsverletzungen einer Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) entsprechenden Gravität nicht nur in Einzelfällen, sondern strukturell bedingt, eben systemisch vorliegen. Diese müssen dabei aus Sicht des überstellenden Staates offensichtlich sein. In der Diktion des Europäischen Gerichtshofs dürfen diese systemischen Mängel dem überstellenden Mitgliedstaat nicht unbekannt sein können,
29EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 et al. –, juris, Rn. 94.
30Diese Voraussetzungen sind für Belgien nicht erfüllt.
31Sie ergeben sich zunächst nicht aus der Schilderung des Klägers, wonach er in Belgien das Asylbewerberwohnheim habe verlassen müssen und keinen Anspruch auf staatliche Leistungen gehabt habe, mithin mittellos auf der Straße gelebt habe.
32Dahingestellt bleiben kann, ob der Asylantrag des Klägers bereits abgelehnt worden war und er aufgrund dessen das Asylbewerberwohnheim verlassen musste und keinen Anspruch auf staatliche Leistungen mehr gehabt hat.
33Vgl. hierzu Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschlüsse vom 24. Februar 2014 – 13 L 2685/13.A –, juris und NRWE, vom 23. Juli 2013 – 25 L 1342/13.A –, n.v., vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 37 und vom 13. Mai 2014 – 13 L 1139/14.A –, juris, Rn. 24.
34Das Gericht weist in diesem Zusammenhang aber darauf hin, dass die Zustimmung der belgischen Behörden zur Wiederaufnahme des Klägers vom 17. April 2014 indiziert, dass der Asylantrag des Klägers bereits abgelehnt worden ist, da sie ihre Zuständigkeit ausdrücklich auf Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d) Dublin III-VO stützen. Auch die eidesstaatliche Versicherung des Klägers vom 12. Mai 2014, wonach er erst nach zehn Monaten sein Asylbewerberwohnheim habe verlassen müssen und keine Sozialleistungen mehr erhalten habe, spricht dafür, dass er erst nach Ablehnung seines Asylantrags keinen Anspruch mehr auf staatliche Leistungen hatte.
35Aber auch dann, wenn der Kläger von Anfang an keine Obhut und staatlichen Leistungen erhalten haben sollte, lägen keine Umstände vor, die die Beklagte zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts zwängen.
36Ein Asylbewerber kann der Überstellung in den nach der Dublin III-VO für ihn zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten. Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-GR-Charta bzw. Artikel 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, kommt es dagegen nicht an.
37Vgl. Verwaltungsgericht Cottbus, Beschluss vom 28. Juli 2014 – 3 K 1107/13.A –, juris, Rn. 4 m.w.N.; Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 13 L 126/14.A –, juris, Rn. 42 ff.
38Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Mängel im belgischen Asylsystem. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (Belgium 2012 Human Rights Report) beschreibt auf S. 7 ff. die Flüchtlingssituation in Belgien, ohne Beanstandungen systemischer Art auch nur im Ansatz zu erwähnen. Amnesty International enthält in seinem „Amnesty Report 2013 – Belgien“ lediglich den Hinweis darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, ein Zustand der nach dem vorzitierten aida-Report, S. 49, ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben soll.
39Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung nach § 34a Absatz 1 AsylVfG bestehen ebenfalls keine Bedenken. Insbesondere besteht kein innerstaatliches oder zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Absatz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
41Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.