Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 07. Jan. 2015 - W 1 S 14.50193

bei uns veröffentlicht am07.01.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Antrag wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass die Antragsgegnerin vor der Überstellung der Antragsteller nach B. Kontakt mit den zuständigen belgischen Behörden aufnimmt und diese über den Gesundheitszustand der Antragsteller zu 1) und 4) sowie über deren besondere Bedürfnisse informiert.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind serbische Staatsangehörige und stammen aus dem K. Sie gehören dem Volk der Roma an. Nach Ablehnung ihrer Asylgesuche in B. sowie Asylantragstellung in Frankreich reisten sie nach eigenen Angaben am 26. September 2014 in das Bundesgebiet ein und beantragten hier am 14. Oktober 2014 Asyl.

Der Antragsteller zu 1) ist nach den Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) taubstumm (vgl. auch Bl. 49, 55, 79 der Bundesamtsakte).

Aufgrund der Angaben der Antragsteller zu ihrem Asylverfahren in B. und der von ihnen vorgelegten Unterlagen richtete das Bundesamt am 28. Oktober 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen an die belgischen Behörden, die mit Schreiben vom 6. November 2014 der Wiederaufnahme der Antragsteller zustimmten.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2014 wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1 des Bescheides) und die Abschiebung nach B. angeordnet (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass B. aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1d Dublin III VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Auch der Einwand im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 14. Oktober 2014, dass der Antragsteller zu 1) aufgrund seiner Erkrankung behandelt werden solle, könne nicht zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes führen. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren lägen nicht vor. Insbesondere sei die erforderliche medizinische Versorgung der Asylbewerber in B. gewährleistet und derjenigen im Bundesgebiet vergleichbar.

Hiergegen erhoben die Antragsteller mit am 18. Dezember 2014 eingegangenem Schriftsatz Klage (Az: W 1 K 14.50192), über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig beantragen sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Standards des Asylverfahrens in B. nicht den Vorgaben des Art. 3 EMRK entsprächen und daher bedenklich seien. Folglich sei eine vorrangige Zuständigkeit B.s nicht zu erkennen. Insbesondere im Hinblick auf die Familienstruktur der Antragsteller mit zwei kleinen Kindern sei eine aktuelle Abschiebung und Durchführung des Asylverfahrens in B. nicht zumutbar. Zur Glaubhaftmachung der Asylgründe werde auf die Anhörungen und den insoweit eindeutigen Akteninhalt verwiesen. Der Antragsteller zu 1) sei nach einer Prügelei am Kopf operiert worden und bedürfe weiterer Behandlung. Auch der Antragsteller zu 4) solle in Deutschland operiert werden und bedürfe weiterer, hochwertiger ärztlicher Betreuung. Unterlagen zur Operation des Antragstellers zu 4) wurden vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil die im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 9. Dezember 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1. Ein Verfahrensfehler, der zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung führen würde, liegt nicht deshalb vor, weil die Durchführung des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates nach Art. 5 Dublin III-VO mit dem Antragsteller zu 1) aufgrund dessen Taubstummheit (vgl. Bl. 49 der Bundesamtsakte) nicht möglich war. Denn dieses Gespräch wurde am 14. Oktober 2014 mit den Antragstellern gemeinsam geführt, so dass die Antragstellerin zu 2) die insoweit relevanten Umstände auch für den Antragsteller zu 1) vortragen konnte (Bl. 46 ff. der Bundesamtsakte). Die Zuständigkeit B.s zur Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller steht aufgrund der Angaben der Antragstellerin zu 2) sowie der vorgelegten Unterlagen fest. Des Weiteren hat die Antragstellerin zu 2) auch auf den Gesundheitszustand des Antragstellers zu 1) hingewiesen. Weitere im Rahmen des Dublin-Verfahrens relevante Umstände, die der Antragsteller zu 1) hätte vortragen können, wenn ein Dolmetscher für die Gebärdensprache zu dem Gespräch nach Art. 5 Dublin III-VO beigezogen worden wäre, sind nicht ersichtlich, so dass nicht auf die Frage einzugehen ist, ob und inwieweit diese Verfahrensvorschrift den Betroffenen überhaupt subjektive Rechte vermittelt.

2. Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung nicht davon auszugehen, dass das belgische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des zur Auslegung nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f., juris). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419, juris). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in B. vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, wonach das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in B. keine systemischen Mängel aufweisen (VG Würzburg, B. v. 11.1.2014 - W 1 S 14.30152 - UA S. 8 ff.; VG Düsseldorf, U. v. 23.10.2014 - 13 K 471/14.A - juris Rn. 55 ff.; U. v. 10.10.2014 - 13 K 3253/14.A - juris Rn. 36; VG Darmstadt, B. v. 25.9.2014 - 6 L 1488/14.DA.A - juris Rn. 28; VG Aachen, U. v. 22.8.2014 - 4 K 122/14.A - juris Rn. 35 ff.; VG Cottbus, B. v. 28.7.2014 - 3 K 1107/13.A - juris Rn. 4; VG München, B. v. 16.7.2014 - M 9 S 14.50233 - juris Rn. 17; B. v. 20.5.2014 - M 10 S 14.50141 - juris Rn. 15; VG Augsburg, B. v. 8.4.2014 - Au 7 S 14.30260 - juris Rn. 39 ff.).

Mit ihrer Befürchtung, dass ihnen in B. die Obdachlosigkeit drohe, machen die Antragsteller keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne geltend. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren der Antragsteller in B. bereits für sie negativ abgeschlossen. Daraus folgt für sie ggf. die Ausreisepflicht (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in B., 2010, S. 11). Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 24.2.2014 - 13 L 2685/13.A - juris; B. v. 8.5.2014 - 13 L 126/14.A - juris Rn. 37; B. v. 13.6.2014 - 13 L 1139/14.A - juris Rn. 8). Dies gilt mit Blick auf B. umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43). Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen B.s ergeben, sind von den Antragstellern nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S. Department Of State, Human Rights Report 2012: Belgium, S. 7 ff.) erwähnt keine Beanstandungen systemischer Art der Flüchtlingssituation in B. Amnesty International verweist in seinem „Amnesty Report 2013 - B.“ lediglich darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei. Dieser Zustand soll aber nach dem aida-Bericht (aida-Report B., a. a. O., S. 49) ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben. Auch der neuere aida-Bericht von 2014 (ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014,S. 59 ff.) enthält keine Hinweise auf eine Erschöpfung der Kapazitäten oder gar eine Überfüllung der Aufnahmezentren; vielmehr wird dort ein Absinken der Auslastung beschrieben. Aus diesem Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in B. die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (aida-Report a. a. O., S. 8).

3. Schließlich können die Antragsteller eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Erkrankungen beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgern aus der - insoweit auch auf die Rechtslage nach der Dublin III-VO übertragbaren - Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten könne und es nicht darauf ankomme, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 6; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40).

Ob angesichts dessen unterhalb der Schwelle der systemischen Mängel im Rahmen des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO überhaupt noch Raum für eine individuelle Prüfung einer Grundrechtsverletzung verbleibt, die nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta ausschließlich am Maßstab der europäischen Grundrechte - etwa anhand des Rechts auf Leben und Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GR-Charta - erfolgen könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen für den Fall ihrer Überstellung nach B. aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Denn nach den Feststellungen des erkennenden Gerichts in anderen Fällen (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30152 - UA S. 12) sowie nach den einschlägigen Erkenntnismitteln (vgl. aida-Report v. 1.6.2014, S. 67) umfassen die Asylbewerbern in B. gewährten Leistungen eine zur menschenwürdigen Existenz notwendige medizinische Grundversorgung. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass den Antragstellern wegen der geltend gemachten Erkrankungen der Antragsteller zu 1) und 4) insbesondere (Taubstummheit bzw. Hodenhochstand, Phimose) im Falle der Überstellung nach B. erhebliche und konkrete Gesundheitsgefahren drohen. Solche Gefahren gehen auch nicht aus den über die für den 23. Dezember 2014 terminierte Operation des Antragstellers zu 4) vorgelegten ärztlichen Unterlagen hervor. Im Übrigen dürfte die Taubstummheit des Antragstellers zu 1) den belgischen Behörden bekannt sein, denn er besitzt einen in B. ausgestellten „Dovenpas“, d. h. einen Auswies über seine Behinderung (Bl. 55 der Bundesamtsakte).

Sofern entsprechend der im Tenor (Ziffer I.) enthaltenen Maßgabe vor der Überstellung der Antragsteller Kontakt mit den belgischen Behörden aufgenommen wird und diese über die individuellen Bedürfnisse der Antragsteller - auch im Hinblick auf eine ggf. noch erforderliche Nachsorge des Antragstellers zu 4) nach durchgeführter Operation - informiert werden, ist daher eine ausreichende medizinische Versorgung in B. sichergestellt. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat auch grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen - etwa psychisch Kranken - nach B. keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. VG Würzburg, GB. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris Rn. 23 m. w. N.; B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 15 f., B. v. 10.12.2014 - W 1 S 14.50008, UA S. 13; B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30152 - UA S. 13).

4. Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen bzw. der für den 23. Dezember 2014 terminierten Operation des Antragstellers zu 4) an Hodenhochstand und Phimose lässt sich den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht entnehmen. Sollte dennoch aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes der Antragsteller, insbesondere im Hinblick auf die ggf. beim Antragsteller zu 4) erforderliche Nachsorge, - eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies - auch nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung - bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung des Familienverbandes der Antragsteller und zum Schutze der von einer Rückführung betroffenen Kleinkinder (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

5. Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Kläger sind serbische Staatsangehörige und stammen aus dem Kosovo. Sie gehören dem Volk der Roma an. Nach Ablehnung ihrer Asylgesuche in Belgien sowie Asylantragstellung in Frankreich reisten sie nach eigenen Angaben am 26. September 2014 in das Bundesgebiet ein und beantragten hier am 14. Oktober 2014 Asyl.

Der Kläger zu 1) ist nach den Feststellungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) taubstumm (vgl. auch Bl. 49, 55, 79 der Bundesamtsakte).

Aufgrund der Angaben der Kläger zu ihrem Asylverfahren in Belgien und der von ihnen vorgelegten Unterlagen richtete das Bundesamt am 28. Oktober 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen an die belgischen Behörden, die mit Schreiben vom 6. November 2014 der Wiederaufnahme der Kläger zustimmten.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 2014 wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1 des Bescheides) und die Abschiebung nach Belgien angeordnet (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Belgien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 18 Abs. 1d Dublin III VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Auch der Einwand im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 14. Oktober 2014, dass der Kläger zu 1) aufgrund seiner Erkrankung behandelt werden solle, könne nicht zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes führen. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren lägen nicht vor. Insbesondere sei die erforderliche medizinische Versorgung der Asylbewerber in Belgien gewährleistet und derjenigen im Bundesgebiet vergleichbar.

Hiergegen erhoben die Kläger mit am 18. Dezember 2014 eingegangenem Schriftsatz Klage. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Standards des Asylverfahrens in Belgien nicht den Vorgaben des Art. 3 EMRK entsprächen und daher bedenklich seien. Folglich sei eine vorrangige Zuständigkeit Belgiens nicht zu erkennen. Insbesondere im Hinblick auf die Familienstruktur der Kläger mit zwei kleinen Kindern sei eine aktuelle Abschiebung und Durchführung des Asylverfahrens in Belgien nicht zumutbar. Zur Glaubhaftmachung der Asylgründe werde auf die Anhörungen und den insoweit eindeutigen Akteninhalt verwiesen. Der Kläger zu 1) sei nach einer Prügelei am Kopf operiert worden und bedürfe weiterer Behandlung. Auch der Kläger zu 4) solle in Deutschland operiert werden und bedürfe weiterer, hochwertiger ärztlicher Betreuung. Unterlagen zur Operation des Klägers zu 4) wurden vorgelegt.

Die Kläger beantragen wörtlich:

1. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. Dezember 2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Asylverfahren der Kläger jeweils in Deutschland durchzuführen.

3. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger jeweils als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Flüchtlingseigenschaft) bei den Klägern vorliegen,

hilfsweise, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus und des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bei den Klägern vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit unanfechtbarem Beschluss vom 7. Januar 2015 ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt worden.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Februar 2015 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die trotz des Ausbleibens von ordnungsgemäß unter dem Hinweis auf die Folgen des Fernbleibens geladenen Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber nicht begründet.

1.

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig.

Gegenstand der Klage ist nach sachgerechter Auslegung des klägerischen Begehrens (§ 88 VwGO) die Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 9. Dezember 2014. Der dem Wortlaut des Klageantrags nach erhobenen Verpflichtungsklage bedarf es nicht. Gegen die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 27a AsylVfG (Ziffer 1 des Bescheides) sowie die damit verbundene Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG (Ziffer 2 des Bescheides) ist eine isolierte Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris; U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 22; jeweils m. w. N. zur obergerichtlichen Rspr.). Denn nach Sinn und Zweck des § 27a AsylVfG und des dahinter stehenden Gebotes, im Interesse der Verfahrensbeschleunigung schnellstmöglich Klarheit über den zuständigen Mitgliedstaat für die Prüfung eines im Geltungsbereich der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrags zu gewinnen (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 - juris Rn. 84, 98), ist die Zuständigkeitsprüfung durch das Bundesamt der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und von dem Verfahren zur (inhaltlichen) Prüfung des Asylantrags zu unterscheiden (BayVGH, B. v. 23.1.2015 - 13a ZB 14.50071 - juris Rn. 6). Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, die Sache insoweit spruchreif zu machen, besteht nicht (BayVGH, B. v. 23.1.2015 a. a. O.). Statthaft ist daher die Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig sowie die Abschiebungsanordnung aufzuheben, damit die Beklagte in eigener Zuständigkeit über den Asylantrag (inhaltlich) entscheiden muss. Einer auf ein weitergehendes Ziel gerichteten Verpflichtungsklage fehlt daher auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

Auf welcher Grundlage sich die Ablehnung des Asylantrags wegen internationaler Zuständigkeit eines anderen Staates möglicher Weise als rechtsfehlerhaft erweist - etwa nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO aufgrund der Annahme systemischer Mängel des Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen im ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat (hier Belgien) oder aufgrund einer etwaigen Verpflichtung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes der Beklagten nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl. Nr. L 180, S. 31) oder zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber - ist hingegen als Kriterium der gerichtlichen Nachprüfung des Bescheides eine Frage der Begründetheit der Klage.

2.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Denn der angegriffene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1

Das Bundesamt hat den Asylantrag der Kläger zu Recht nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, weil Belgien sich zur Rückübernahme der Kläger bereit erklärt hat. In diesem Falle ist vom Gericht nicht nachzuprüfen, ob der die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme erklärende Staat sich rechtsfehlerfrei für zuständig erklärt hat. Denn im System des Dublin-Verfahrens besteht kein Rechtsanspruch des Asylbewerbers auf Prüfung seines Asylantrags durch den zuständigen Mitgliedstaat; vielmehr hat er lediglich einen Anspruch auf inhaltliche Prüfung seines Asylantrags durch einen Mitgliedstaat (vgl. z. B. EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 15.4.2014 - 10 B 16/14 - juris Rn. 3; B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7 ff.; VGH BW, 19.1.2015 - A 11 S 2508/14 - juris Rn. 8; VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - juris Rn. 18; VG München, U. v. 12.5.2014 - M 21 K 14.30347 - juris Rn. 46). Im Übrigen kann ein Mitgliedstaat auch im Falle seiner Unzuständigkeit nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Zuständigkeit übernehmen (sog. Selbsteintrittsrecht).

2.2

Die Überstellung der Kläger nach Belgien ist auch nicht wegen systemischer Mängel des belgischen Asylverfahrens und /oder der Aufnahmebedingungen nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO rechtlich unmöglich.

Im Falle der (angenommenen) Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat - hier Belgien - aufgrund von systemischen Mängeln ist der eigentlich nicht zuständige Mitgliedstaat nicht verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Selbsteintritts nach Art. 17 Abs. 1 der Dublin III-VO selbst inhaltlich zu prüfen (vgl. zur Vorläufervorschrift des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 32 ff.; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 33). Vielmehr hat er nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO zunächst weiter zu prüfen, ob anhand der Dublin-Regelungen ein anderer Mitgliedstaat für eine Überstellung in Frage kommt. Kommt - auch nach weiteren Ermittlungen - keine Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates in Betracht, muss die Beklagte das Asylverfahren nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO selbst durchführen, ansonsten kann sie bei festgestellter Zuständigkeit eines anderen Dublin-Staates erneut einen Bescheid im Dublin-Verfahren erlassen, muss dann allerdings dem Recht des Betroffenen auf Durchführung des Verfahrens mit angemessener Dauer Rechnung tragen (vgl. zur Dublin II-VO EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - NVwZ 2014, 129/130 Rn. 35).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen, soweit und solange sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems sich das Vertrauen entgegenbringen, dass in jedem von ihnen Asylsuchende in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta der EU, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) behandelt werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 52 f.; U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff., juris). Eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat ist daher (nur) dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - juris Rn. 60; U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 30; U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f., juris). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder zufällig und im Einzelfall auftretende Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen - einschließlich der Grundrechte - zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - a. a. O.; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - a. a. O.). Vielmehr ist von der Überstellung in einen Mitgliedstaat mit Blick auf die Asyl- und Aufnahmebedingungen nur dann abzusehen, wenn dort aufgrund systemischer, d. h. regelhafter und daher vorhersehbarer Mängel die beachtliche Wahrscheinlichkeit („ernstzunehmende Gefahr“) besteht, dass die konkret betroffenen Asylbewerber einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 81 ff., insb. 86; BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris; B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris; VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 36). Unter diesen Voraussetzungen ist es gerechtfertigt, die Verantwortung des überstellenden Mitgliedstaates für Grund- bzw. Menschenrechtsverletzungen über die Überstellung hinaus auch auf Umstände im aufnehmenden Mitgliedstaat zu erstrecken, weil es sich um vorhersehbare Rechtsverletzungen handelt.

Dem gegenüber kann nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) die Vermutung, wonach der Aufnahme-staat seinen Pflichten aus Art. 3 EMRK nachkommt, wirksam widerlegt werden, wenn schwerwiegende Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass die Person, deren Rückführung angeordnet wird, einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) entgegensehen würde, im Zielstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 104; U. v. 21.1.2011 - M. S. S., 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 342). Die Ursache der Gefahr hat keine Auswirkung auf das Schutzniveau der EMRK und befreit den überstellenden Staat nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und im Falle der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Durchsetzung der Abschiebung auszusetzen (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - a. a. O.). Denn die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischen- oder überstaatliche Organisationen wie die EU entbindet die Konventionsstaaten nicht von ihrer Verantwortlichkeit für die Einhaltung der in der EMRK garantierten Rechte (st. Rspr., z. B. EGMR, U. v. 21.1.2011 - M. S. S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340; U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197). Staatliches Handeln in Erfüllung der Verpflichtungen im Rahmen einer solchen Organisation ist deshalb zwar solange gerechtfertigt, wie die jeweilige Organisation die Grundrechte schützt. Dies ist im Rahmen des unionsrechtlichen Grundrechtsschutzes grundsätzlich der Fall (EGMR, U. v. 30.6.2005 - Bosphorus, 45036/98 - NJW 2006, 197), zumal die in der EMRK garantierten Rechte nach Art. 6 Abs. 3 EUV und Art. 52 Abs. 3 GR-Charta in die unionsrechtlichen Grundrechtsgewährleistungen als Mindeststandard inkorporiert sind (Borowsky in Meyer-Ladewig, Charta der Grundrechte, vor Art. 51 Rn. 1a; Jarass, Charta der Grundrechte, Art. 52 Rn. 60 ff.). Soweit ein Staat aber über die Wahrnehmung der Befugnis zum Selbsteintritt nach den Dublin-Verordnungen entscheidet, handelt er nach der Auffassung des EGMR nicht in der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen, weshalb die Vermutung eines gleichwertigen Grundrechtsschutzes durch das Unionsrecht insoweit nicht gilt (EGMR, U. v. 21.1.2011 - M. S. S., 30696/09, NVwZ 2011, 413 Rn. 340). Insoweit bleiben daher die Mitgliedstaaten des Dublin-Systems im Falle einer Überstellung für die Einhaltung der Gewährleistungen der EMRK verantwortlich.

Die o. g. Entscheidungen des EuGH und des EGMR sind miteinander dadurch in Einklang zu bringen, dass der überstellende Mitgliedstaat auch dann, wenn keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im an sich zuständigen Mitgliedstaat angenommen werden, im Einzelfall prüfen muss, ob dennoch die tatsächliche Gefahr besteht, dass die betroffene Person dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S des Art. 4 GR-Charta i. V. mit Art. 3 EMRK ausgesetzt wird. Dies kann nach der o. g. Rechtsprechung des EGMR dann der Fall sein, wenn die betroffene Person zu einer „besonders verletzlichen Personengruppe“ unter den Asylbewerbern zu rechnen ist. In einem solchen Fall besonderer Schutzbedürftigkeit besteht trotz der Verneinung systemischer Mängel bzw. Schwachstellen für alle Asylbewerber im übernehmenden Staat noch Raum für die Annahme der tatsächlichen Gefahr einer individuellen Verletzung des Art. 3 EMRK. Dies steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH zu systemischen Mängeln, weil solche Mängel auch innerhalb des unionsrechtlichen Dublin-Systems nicht notwendig alle Asylbewerber oder eine besonders große Zahl von ihnen tatsächlich betreffen müssen; ein systemischer Mangel kann vielmehr auch dann vorliegen, wenn er von vornherein lediglich eine geringe Zahl von Asylbewerbern tatsächlich betrifft, sofern er sich nur vorhersehbar und regelhaft realisiert und nicht gewissermaßen dem Zufall, der Verkettung unglücklicher Umstände oder dem Versagen beteiligter Akteure geschuldet ist (VGH BW, U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - juris Rn. 33 mit Verweis auf Lübbe, ZAR 2014, 97 ff.). Im gerichtlichen Verfahren gegen eine Entscheidung zur Überstellung von Asylsuchenden in einen anderen Mitgliedstaat ist damit zu prüfen, ob der konkret betroffenen Person durch die Überstellung eine Verletzung von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK droht und damit die Vermutung der Beachtung der Grundrechte durch den jeweils anderen Mitgliedstaat widerlegt ist. Gehört die betroffene Person keiner besonders verletzlichen Gruppe an, kann dies jedoch nur angenommen werden, wenn generelle systemische Mängel festzustellen sind.

2.3

Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zur Überzeugung des erkennenden Gerichtes bereits an objektiven Anhaltspunkten für beachtliche Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Belgien. Das Gericht schließt sich insoweit aufgrund eigener Überprüfung der vorliegenden Erkenntnismittel und des Vorbringens der Kläger der weitaus überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte an (VG Berlin, B. v. 18.2.2015 - 33 L 63.15 A - juris Rn. 10 ff.; VG Minden, B. v. 27.1.2015 - 10 L 820/14.A - juris Rn. 32 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 23.12.2014 - 6a L 1906/14.A - juris Rn. 9 ff.; VG Würzburg, B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30152 - juris Rn. Rn. 19 ff.; VG Düsseldorf, U. v. 23.10.2014 - 13 K 471/14.A - juris Rn. 55 ff.; U. v. 10.10.2014 - 13 K 3253/14.A - juris Rn. 36; VG Darmstadt, B. v. 25.9.2014 - 6 L 1488/14.DA.A - juris Rn. 28; VG Aachen, U. v. 22.8.2014 - 4 K 122/14.A - juris Rn. 35 ff.; VG Cottbus, B. v. 28.7.2014 - 3 K 1107/13.A - juris Rn. 4; VG München, B. v. 16.7.2014 - M 9 S 14.50233 - juris Rn. 17; B. v. 20.5.2014 - M 10 S 14.50141 - juris Rn. 15; U. v. 12.5.2014 - M 21 K 14.30347 - juris Rn. 35 ff.; VG Augsburg, B. v. 8.4.2014 - Au 7 S 14.30260 - juris Rn. 39 ff.).

Der Vortrag der Kläger, dass ihnen in Belgien die Obdachlosigkeit drohe, führt nicht zu einer anderen Betrachtung der Asyl- und Aufnahmebedingungen anhand ihrer konkreten und individuellen Lage. Denn die Kläger haben in Belgien bereits ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen. Ihre Asylanträge wurden, wie aus den in der Bundesamtsakten befindlichen Schreiben und Bescheiden der belgischen Behörden deutlich wird, inhaltlich geprüft und als unbegründet abgelehnt. Daraus folgt für sie die Ausreisepflicht, die auch zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose - CGVS, Asyl in Belgien, 2010, S. 11). Die Kläger haben in Belgien allerdings die Möglichkeit, im Falle des Vorliegens von neuen Asylgründen, die sie im Erstverfahren nicht geltend machen konnten, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen (vgl. CGVS a. a. O. S. 6; European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43). Jeder Folgeantrag („subsequent application“) wird von der Ausländerbehörde daraufhin überprüft, ob neue Gründe („new elements“) vorgetragen wurden, die auf eine begründete Angst vor Verfolgung oder ein reelles Risiko bei Rückkehr in das Herkunftsland schließen lassen. In diesem Falle wird durch Vorlage des Antrags an das Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose (CGVS) ein weiteres Asylverfahren eingeleitet; liegen keine solchen Gründe vor, so wird kein weiteres Asylverfahren durchgeführt (CGVS a. a. O. S. 6; aida-Report a. a. O. S. 43). Der Folgeantrag hat in der „ersten Instanz“, d. h. im behördlichen Ausgangsverfahren, aufschiebende Wirkung; während der Prüfung des Folgeantrags ist damit eine bereits ergangene Ausreiseaufforderung nicht vollziehbar (aida-Report S. 43). Folgeanträge können - mit der beschriebenen Wirkung - mehrfach gestellt werden (aida-Report a. a. O.). Dafür, dass die tatsächliche Praxis des Asylverfahrens in Belgien von den vorliegenden Berichten zuungunsten der Asylbewerber abweichen würde, fehlt es sowohl an einem substantiierten Vortrag der Kläger als auch an anderweitigen Anhaltspunkten. Ebenso wenig fehlt es an Indizien für unfaire Verfahrenspraktiken. Damit haben die Kläger in Belgien die tatsächliche Möglichkeit, auch in einem Folgeverfahren neue bzw. bisher ohne Verschulden nicht geltend gemachte Asylgründe einschließlich neuer Beweismittel geltend zu machen.

Während der Dauer eines Asylverfahrens, d. h. für die Dauer der Prüfung eines Erst- oder Folgeantrags, wird Asylbewerbern in Belgien ein Platz in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt und es besteht ein Rechtsanspruch auf materielle, medizinische, soziale und rechtliche Begleitung (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose - CGVS, Asyl in Belgien, 2010, S. 7; European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 54); anstatt einen Platz in einer Aufnahmeeinrichtung anzunehmen, können Asylbewerber auch private Unterkünfte mieten, müssen dann allerdings auf einen Teil der materiellen Leistungen verzichten (aida-Report a. a. O.). Diese Aufnahmemodalitäten, insbesondere auch die Gewährung von Sach- anstatt Geldleistungen, stimmen mit den Anforderungen der Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2003/9/EG vom 27.1.2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten, ABl. L 31, S. 18) überein (vgl. dazu EuGH, U. v. 27.2.2014 - Saciri u. a., C-79/13 - juris Rn. 42 ff.). Soweit Amnesty International in seinem "Amnesty Report 2013 - Belgien" darauf verweist, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei, besteht dieser Zustand nach dem aida-Bericht (aida-Report Belgien, a. a. O., S. 49) seit Ende 2012 nicht mehr fort. Auch der neuere aida-Bericht von 2014 (ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014,S. 59 ff.) enthält keine Hinweise auf eine Erschöpfung der Kapazitäten oder gar eine Überfüllung der Aufnahmezentren; vielmehr wird dort eine Abnahme der Auslastung beschrieben. Daher besteht für die Kläger im Falle ihrer Überstellung nach Belgien auch keine tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Hinblick auf ihre besondere Verletzlichkeit als Familie mit Kleinkindern. Kinder bzw. Familien mit (minderjährigen) Kindern stellen unter den Asylbewerbern eine besonders verletzliche Personengruppe i. S. der o. g. Rechtsprechung des EGMR dar, weil Kinder aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse zum einen auf die Wahrung ihres Familienverbandes und zum anderen auf kindgerechte Unterbringungsverhältnisse angewiesen sind (EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127, Rn. 120 ff.). Die Kläger haben als Asylbewerber in Belgien, wie ausgeführt, Anspruch auf eine menschenwürdige Unterbringung während der Dauer des Asylverfahrens. Auf die Bedürfnisse besonders verletzlicher Personengruppen wird im belgischen Asylverfahren und bei der Unterbringung besondere Rücksicht genommen (Generalkonsulat für Flüchtlinge und Staatenlose - CGVS, Asyl in Belgien, 2010, S. 7; aida-Report 2013, a. a. O., S. 54). Dafür, dass diese Angaben nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen könnten, haben die Kläger nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich.

Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind von den Klägern nicht substantiiert geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar. Auch der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (U. S. Department Of State, Human Rights Report 2012: Belgium, S. 7 ff.) erwähnt keine Beanstandungen systemischer Art der Flüchtlingssituation in Belgien. Schließlich liegen darin, dass im Falle der rechtskräftigen Ablehnung eines Asylantrags bzw. der erstinstanzlichen Ablehnung eines Folgeantrags eine Ausreiseaufforderung ergeht, die zwangsweise durchgesetzt werden kann, und die Ansprüche auf materielle Unterstützung erlöschen, keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen. Denn es geht hierbei nicht mehr um die Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 24.2.2014 - 13 L 2685/13.A - juris; B. v. 8.5.2014 - 13 L 126/14.A - juris Rn. 37; B. v. 13.6.2014 - 13 L 1139/14.A - juris Rn. 8). Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43).

2.4

Die Beklagte trifft auch im Übrigen keine Verpflichtung, nach Maßgabe des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Zuständigkeit zu übernehmen (sog. Selbsteintritt) und den (weiteren) Asylantrag der Kläger selbst zu prüfen, über die Ausübung ihres Selbsteintrittsrechtes ermessensfehlerfrei zu entscheiden oder bestimmte Garantien der belgischen Regierung einzuholen (vgl. EGMR, U. v. 4.11.2014 - Tarakhel, 29217/12 - NVwZ 2014, 127 Rn. 122). Denn nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) bestehen im Hinblick auf die von den Klägern geltend gemachten Erkrankungen keine Anhaltspunkte für eine Grundrechtsverletzung im Falle ihrer Überstellung nach Belgien.

Da es sich bei der Entscheidung der Beklagten über die Ausübung des mitgliedstaatlichen Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO um die Durchführung von Unionsrecht i. S. d. Art. 51 Abs. 1 GR-Charta handelt (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N. S., C-411/10 u. a. - juris Rn. 68), ist diese Entscheidung am Maßstab der unionsrechtlichen Grundrechte - unter Beachtung des darin nach Art. 52 Abs. 3 GR-Charta enthaltenen menschenrechtlichen Mindeststandards - zu überprüfen. Offen bleiben kann im vorliegenden Falle, ob der Beklagten im Rahmen dieser Entscheidung ein Ermessen i. S. d. § 40 VwVfG, § 114 VwGO eingeräumt ist - woran im Hinblick auf das von der deutschen Rechtsterminologie abweichende Begriffsverständnis im europäischen Unionsrecht (vgl. Zuleeg/Kadelbach in Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010 § 8 Rn. 41; grundlegend Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, 1988, Band I, S. 280 ff.) gewisse Zweifel angebracht sind -, und welche Konsequenzen dies für den Umfang der gerichtlichen Nachprüfbarkeit (Kontrolldichte) sowie ggf. für eine subjektiv-öffentliche Berechtigung der betroffenen Asylbewerber hätte. Denn die Kläger haben nicht zur Überzeugung des Gerichtes glaubhaft gemacht und es ist auch sonst nichts dafür ersichtlich, dass ihnen für den Fall ihrer Überstellung nach Belgien aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Denn nach den einschlägigen Erkenntnismitteln (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014, S. 67; Generalkonsulat für Flüchtlinge und Staatenlose - CGVS, Asyl in Belgien, 2010, S. 7) sowie den auf diese Quellen gestützten Feststellungen des erkennenden Gerichts in anderen Fällen (vgl. VG Würzburg, B. v. 11.12.2014 - W 1 S 14.30152 - juris Rn. 24) umfassen die Asylbewerbern in Belgien gewährten Leistungen die zur menschenwürdigen Existenz notwendige medizinische Grundversorgung. Da der Kläger zu 1) einen belgischen Taubstummenausweis besitzt („Dovenpas“, Bl. der Bundesamtsakte), kann davon ausgegangen werden, dass seine Schwerbehinderung den belgischen Behörden bekannt ist. Dass ihm oder dem Kläger zu 4) im Hinblick auf die vorgetragenen weiteren Beschwerden bzw. bereits durchgeführten Operationen eventuell notwendige weitere ärztliche Behandlungen in Belgien nicht zugänglich wären, haben die Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen. Soweit die Kläger aufgrund der rechtskräftigen Ablehnung ihres Asylantrags sowie ggf. eines Folgeantrags zur Ausreise aus Belgien verpflichtet sind, besteht im Übrigen kein Anspruch auf über eine Notfallversorgung hinausgehende medizinische Leistungen mehr. Dafür, dass ihnen in Belgien eine ggf. erforderliche Notfallversorgung nicht gewährt würde und sie daher im Falle ihrer Überstellung dorthin sehenden Auges der Gefahr des Todes oder schwerster Verletzungen ausgeliefert würden, bestehen nicht die geringsten Anhaltspunkte.

2.5

Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der - bereits im Dezember 2014 durchgeführten - Operation des Klägers zu 4) bzw. des beim Kläger zu 1) bestehenden Zustandes nach einer Kopfverletzung lässt sich den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht zweifelsfrei entnehmen. Daraus geht lediglich hervor, dass eine weitere Beobachtung bzw. Abklärung notwendig sei. Sollte dennoch im Zeitpunkt der Überstellung eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung des Familienverbandes der Antragsteller und zum Schutze der von einer Rückführung betroffenen Kleinkinder bei der Abschiebung (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

3.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S., Schweinfurt, wird für das Antrags- und Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben mazedonische Staatsangehörige aus Tetovo und gehören dem Volk der Roma an. Die Antragstellerin zu 2) ist die Ehefrau des Antragstellers zu 1), die Antragstellerinnen zu 3) und 4) sind die gemeinsamen Kinder. Die Antragsteller verließen nach eigenen Angaben zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2011 ihr Herkunftsland und reisten zunächst nach Belgien, wo sie erfolglos ein Asylverfahren betrieben. Nach eigenen Angaben reisten sie dann von Belgien aus am 3. Juli 2013 auf dem Landweg nach Deutschland ein. Hier beantragten sie am 5. Juli 2013 Asyl, wobei sie angaben, bereits in Belgien ein Asylverfahren betrieben zu haben (Bl. 34, 37 der Bundesamtsakte).

Am 5. Dezember 2013 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) das Königreich Belgien, die Antragsteller wieder aufzunehmen (Bl. 91 ff. der Bundesamtsakte). Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 (Bl. 106, 117, 118 der Bundesamtsakte) erklärten die belgischen Behörden die Rückübernahme der Antragsteller nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 wurde festgestellt, dass die Asylanträge unzulässig sind (Ziffer 1 des Bescheides). Die Abschiebung nach Belgien wurde angeordnet (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Belgien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren lägen nicht vor. Dies werde auch von vielen deutschen Verwaltungsgerichten bestätigt. Die Antragsteller hätten keine Gründe vorgetragen, die gegen eine Überstellung nach Belgien sprächen.

Gegen diesen Bescheid, der ihnen ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 130/131 der Bundesamtsakte) am 5. Februar 2014 zugestellt wurde, ließen die Antragsteller mit am 12. Februar 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erheben (Az. W 1 K 14.30151). Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Gleichzeitig beantragen die Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, den Antragstellern drohe bei einer Rücküberstellung nach Belgien die Obdachlosigkeit, da sie als abgelehnte Asylbewerber ohne regulären Aufenthaltsstatus keine staatliche Unterstützung in Form von Unterbringung, Versorgung mit Lebensmitteln oder Gesundheitsversorgung erhielten. Auf den Amnesty International-Report 2013 zu Belgien wurde Bezug genommen. Die Antragstellerin zu 2) sei gesundheitlich schwer angeschlagen und leide u. a. an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Die Antragsteller hätten in Belgien keinen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung, so dass sie nicht die benötigte Behandlung erhalten würden. Gerade auch für die Antragsteller zu 3) und 4) als besonders schutzbedürftige Minderjährige stelle dieser Ausschluss von jeglicher staatlicher Unterstützung und die Obdachlosigkeit eine Verletzung elementarer Rechte und einen beachtlichen Verstoß gegen europäisches und internationales Recht dar. Zudem bestünden jedenfalls aus Gründen der langen Verfahrensdauer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Im Rahmen der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 5. Juli 2013 hätten die Antragsteller angegeben, dass sie in Belgien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hätten. Wie sich aus Blatt 59 der Akte ergebe, sei der Antragsgegnerin auch spätestens am 8. Juli 2013 der EURODAC-Treffer bezüglich Belgien bekannt gewesen. Aus welchen Gründen die Antragsgegnerin erst am 5. Dezember 2013, also fünf Monate nach der Befragung ein Übernahmeersuchen an Belgien gerichtet und den angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2014 erst sieben Monate nach dem Asylantrag erlassen habe, sei nicht erkennbar. Es seien keine Gründe erkennbar, dass die Antragsteller eine solche verzögerte Bearbeitung mitverursacht haben könnten. Demzufolge hätte das Bundesamt zumindest diese lange Zeitdauer bis zum Übernahmeersuchen und insbesondere bis zu dem Erlass sowie der Zustellung des Bescheides in seine Ermessensausübung bezüglich der Ablehnung des Selbsteintrittsrechts einstellen müssen. Der streitgegenständliche Bescheid leide daher an einem Ermessensausfall.

Von den Antragstellern wurden der Amnesty International-Report 2013 zu Belgien, eine nervenärztliche Bescheinigung vom 13. Februar 2014 betreffend die Antragstellerin zu 2) sowie ein gynäkologischer Befundbericht betreffend die Antragstellerin zu 2) vom 20. März 2014 vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. Februar 2014 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1.

Der Bescheid ist nicht wegen verzögerter Stellung des Wiederaufnahmegesuchs rechtswidrig. Da bereits keine rechtserhebliche Verzögerung vorliegt, kann offen bleiben, ob den Antragstellern ein subjektives Recht darauf zusteht, dass die Antragsgegnerin eine solche Verzögerung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts berücksichtigt.

Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist es das Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer EURODAC-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

Aus diesem Grund haben mehrere Kammern des erkennenden Gerichts Ermessensfehler aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten (VG Würzburg, B. v. 7.5.2014 - W 1 S 14.50049) bzw. von beinahe einem Jahr (VG Würzburg, B. v. 7.2.2014 - W 7 S 14.30097) bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs festgestellt, weil in diesen Fällen das Bundesamt die überlange Verfahrensdauer nicht in seine Ermessenserwägungen im Rahmen des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eingestellt hatte.

Anders liegen die Dinge jedoch im vorliegenden Fall.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Bundesamt bereits am 5. Juli 2013 allein aufgrund der Angaben der Antragsteller sichere Kenntnis davon hatte, dass diese ein Asylverfahren in Belgien betrieben haben, liegt keine überlange Verfahrensdauer vor. Aus dem vom Antragstellerbevollmächtigten genannten Schriftstück auf Blatt 59 der Bundesamtsakte folgt nichts anderes. Denn dabei handelt es sich um eine Ausreiseaufforderung der belgischen Behörden an die Antragsteller. Ein genaues Datum der Kenntnisnahme durch das Bundesamt geht daraus nicht hervor. Das Bundesamt hatte damit nicht vor dem 5. Juli 2013 sichere Kenntnis von dem Umstand, dass die Antragsteller bereits in Belgien ein Asylverfahren durchlaufen haben. Am 5. Dezember 2013 hat das Bundesamt das Wiederaufnahmegesuch an die belgischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (vgl. zur Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr: VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA S. 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Stellt man hinsichtlich der Verfahrensdauer auf den Zeitraum zwischen der Übernahmeerklärung des ersuchten Mitgliedstaates, hier der belgischen Behörden vom 16. Dezember 2013, und dem Erlass der Abschiebungsanordnung, hier am 3. Februar 2014 ab, so ergibt sich eine Verfahrensdauer von nur eineinhalb Monaten. Stellt man schließlich auf den gesamten Zeitraum zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und dem Erlass der Abschiebungsanordnung ab, so ergibt sich im vorliegenden Falle eine Verfahrensdauer von etwa sieben Monaten. Eine solche Verfahrensdauer kann in Anbetracht des Umstandes, dass die Antragsgegnerin es nicht in der Hand hatte, wann die belgischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen antworten würden, ebenfalls nicht als zu lange dar. Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 9).

2.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung nicht davon auszugehen, dass das belgische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des zur Auslegung nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Belgien vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, wonach das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Belgien keine systemischen Mängel aufweisen (VG Düsseldorf, U. v. 23.10.2014 - 13 K 471/14.A - juris Rn. 55 ff.; U. v. 10.10.2014 - 13 K 3253/14.A - juris Rn. 36; VG Darmstadt, B. v. 25.9.2014 - 6 L 1488/14.DA.A - juris Rn. 28; VG Aachen, U. v. 22.8.2014 - 4 K 122/14.A - juris Rn. 35 ff.; VG Cottbus, B. v. 28.7.2014 - 3 K 1107/13.A - juris Rn. 4; VG München, B. v. 16.7.2014 - M 9 S 14.50233 - juris Rn. 17; B. v. 20.5.2014 - M 10 S 14.50141 - juris Rn. 15; VG Augsburg, B. v. 8.4.2014 - Au 7 S 14.30260 - juris Rn. 39 ff.).

Mit ihrer Befürchtung, dass ihnen in Belgien die Obdachlosigkeit drohe, machen die Antragsteller keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne geltend. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren der Antragsteller in Belgien bereits für sie negativ abgeschlossen. Daraus folgt für sie die Ausreisepflicht (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11). Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 24.2.2014 - 13 L 2685/13.A - juris; B. v. 8.5.2014 - 13 L 126/14.A - juris Rn. 37; B. v. 13.6.2014 - 13 L 1139/14.A - juris Rn. 8). Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43). Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind von den Antragstellern nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S. Department Of State, Human Rights Report 2012: Belgium, S. 7 ff.) erwähnt keine Beanstandungen systemischer Art der Flüchtlingssituation in Belgien. Amnesty International verweist in seinem „Amnesty Report 2013 - Belgien“ lediglich darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei. Dieser Zustand soll aber nach dem aida-Bericht (aida-Report Belgien, a. a. O., S. 49) ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben. Auch der neuere aida-Bericht von 2014 (ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014,S. 59 ff.) enthält keine Hinweise auf eine Erschöpfung der Kapazitäten oder gar eine Überfüllung der Aufnahmezentren; vielmehr wird dort ein Absinken der Auslastung beschrieben. Aus diesem Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in Belgien die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (aida-Report a. a. O., S. 8).

3.

Schließlich können die Antragsteller eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Erkrankungen beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgern aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin II-VO für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen nur mit dem Einwand systemischer Mängel es Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten könne und es nicht darauf ankomme, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 6; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40).

Ob angesichts dessen unterhalb der Schwelle der systemischen Mängel im Rahmen des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO überhaupt noch Raum für eine individuelle Prüfung einer Grundrechtsverletzung verbleibt, die nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta ausschließlich am Maßstab der europäischen Grundrechte - etwa anhand des Rechts auf Leben und Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GR-Charta - erfolgen könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen für den Fall ihrer Überstellung nach Belgien aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Denn zum einen geht aus den in der Bundesamtsakte (Bl. 65 - 73) enthaltenen Schriftstücken hervor, dass die Antragstellerin zu 2) in Belgien wegen ihrer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung war. Auch nach den einschlägigen Erkenntnismitteln (vgl. aida-Report v. 1.6.2014, S. 67) umfassen die Asylbewerbern in Belgien gewährten Leistungen eine zur menschenwürdigen Existenz notwendige medizinische Grundversorgung. Zum anderen ergibt sich aus der vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme vom 13. Februar 2014 nicht, dass den Antragstellern im Falle der Überstellung nach Belgien erhebliche und konkrete Gesundheitsgefahren drohen. In dem Attest werden in Bezug auf die Antragstellerin zu 2) u. a. eine „eventuell reaktive Psychose“ sowie eine davon nicht trennbare „posttraumatische Stresserkrankung“ festgestellt. Die Antragstellerin habe sich, wie auch ihr Ehemann - der Antragsteller zu 1) - „in Deutschland (vorher Belgien) stabilisiert“. Trotz Besserung sei bei einer Rückkehr nach Mazedonien eine konkrete Gefahr für die Gesundheit zu erwarten, weil eine geeignete Behandlung im Heimatland kaum verfügbar sein dürfte. Insbesondere sei Suizidalität zu befürchten. Damit stellt der die Bescheinigung ausstellende Arzt erkennbar auf die Verhältnisse im Herkunftsland der Antragsteller (Mazedonien), nicht aber auf den Zielstaat der Überstellung (Belgien) ab. Diese Prüfung obliegt den belgischen Asylbehörden. Im Übrigen erscheint es dem Gericht - ohne dass es darauf für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich ankäme - nicht ohne Weiteres einleuchtend, dass der Arzt in dem o.g. Attest beim Antragsteller zu 1) ohne nähere Begründung eine „naturgemäß weithin ähnliche Situation“ mit „gleicher Diagnosefindung“ feststellt.

Sofern vor der Überstellung der Antragsteller Kontakt mit den belgischen Behörden aufgenommen wird und diese über die individuellen Bedürfnisse der Antragsteller informiert werden, ist eine ausreichende medizinische Versorgung in Belgien sichergestellt. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat auch grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen - etwa psychisch Kranken - nach Belgien keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. für Ungarn VG Würzburg, GB. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris Rn. 23 m. w. N.; B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 15 f., B. v. 10.12.2014 - W 1 S 14.50008, UA S. 13).

4.

Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen lässt sich den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht entnehmen. Hinsichtlich der Erkrankung der Antragstellerin zu 2) auf gynäkologischem Fachgebiet (vgl. Attest vom 20.3.2014 in der Gerichtsakte) ist in Anbetracht des Zeitablaufs ohnehin fraglich, ob überhaupt noch eine Reiseunfähigkeit bestehen könnte. Aktuelle ärztliche Stellungnahmen haben die Antragsteller trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vorgelegt.

Sollte dennoch aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes der Antragsteller eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies - auch nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung - bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung des Familienverbandes der Antragsteller und zum Schutze der minderjährigen Kinder (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

5.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

6.

Da nach den vorstehenden Ausführungen weder das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch voraussichtlich das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung nach § 166 VwGO i. V. mit §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, ohne dass es noch auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen ankommt.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C.      aus C1.    werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

Tenor

Der Antrag und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt X.         aus N.      werden abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 im Dorf Baba, Bezirk Jaghuri, Provinz Ghazni, geboren wurde, ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger. Er reiste am 25. April 2011 ins Bundesgebiet ein. Am 12. Mai 2011 stellte er Asylantrag. Bei der Vorprüfung stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF - Bundesamt) anhand von Eurodac-Daten (Nr. IT1BZ017F6) fest, dass der Kläger am 7. November 2008 bereits in Bozen (Italien) einen Asylantrag gestellt hatte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2011 gab der Kläger Folgendes an: Er sei Ende 2007 aus Afghanistan ausgereist und dann über Iran, Türkei und Griechenland nach Italien gelangt. Dort sei er Ende 2008 angekommen. Anfang 2011 sei er nach Griechenland abgeschoben worden. Im April 2011 sei er dann von Athen aus nach München geflogen. Während seines Aufenthalts in Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt. In Italien habe er zwar Asylantrag gestellt, es sei aber nicht zu einer Anhörung gekommen. Die italienischen Behörden hätten festgestellt, dass er bereits in Griechenland seine Fingerabdrücke abgegeben habe, weswegen er dann von Italien aus nach Griechenland abgeschoben worden sei. Er sei aus Angst vor Bedrohung aus Afghanistan geflüchtet. Ein Soldat der afghanischen Streitkräfte habe seine Schwester vergewaltigt. Diese habe später aufgrund der dadurch erlittenen Schande Selbstmord begangen. Danach sei er selbst in den Verdacht geraten, seine Schwester wegen der Familienehre umgebracht zu haben. Er sei dann von dem betreffenden Soldaten geschlagen und verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen sei er zunächst nach Kandahar ausgewichen. Dort habe er erfahren, dass ein Bruder von ihm den Vergewaltiger getötet habe. Da dieser ein Soldat gewesen sei, habe er Angst davor bekommen, staatlich verfolgt zu werden. Außerdem habe er auch Angst vor dessen Angehörigen gehabt.

Das Bundesamt erließ am 26. Juli 2011 folgenden Bescheid:

1. Der Asylantrag ist unzulässig.

2. Die Abschiebung nach Italien wird angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass Italien gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-Verordnung zuständig sei. Es sei am 29. April 2011 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-II-VO an Italien gerichtet worden; dieses sei von den italienischen Behörden aber nicht fristgerecht beantwortet worden. Infolge dessen sei Italien am 14. Mai 2011 durch Zustimmungsfiktion zuständig geworden. Deshalb sei der Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2011 übersandt.

Das Landratsamt F.-G. als Ausländerbehörde terminierte die zwangsweise Überstellung des Klägers nach Rom (Italien) auf den 8. September 2011.

Auf Antrag des Klägers erließ das Verwaltungsgericht Regensburg (RN 9 E 11.30436) am 7. September 2011 nach § 123 VwGO folgenden Beschluss:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung des Klägers nach Italien vorläufig auszusetzen und die zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu unterrichten.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die auf die Aufhebung des Bundesamtsbescheids und die Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ab (RN 9 K 11.30445). In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das hier als reine Anfechtungsklage auszulegende Rechtsschutzbegehren zwar zulässig, aber unbegründet sei. Nach Art. 10 VO (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) sei zwar eigentlich Griechenland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, aber eine Überstellung dorthin scheide angesichts der nach wie vor unzumutbaren Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aus. Somit sei nach Art. 13 Dublin-II-VO Italien als erster Mitgliedstaat zuständig, in dem der (bisher nicht geprüfte) Asylantrag gestellt worden sei. Nach Art. 20 Dublin-II-VO sei Italien zur Wiederaufnahme verpflichtet. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch mache. Nach der heutigen Auskunftslage sei nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Fall seiner Rücküberstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Verelendung drohen würde. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass die italienischen Behörden erneut eine Weiterverschiebung des Klägers nach Griechenland betreiben würden. Zuständig für den Kläger sei die Quästur in Bozen gewesen. Gerade in Norditalien seien aber die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht ausgeschöpft.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 30. September 2013, dem Kläger zugestellt am 8. Oktober 2013, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (13a ZB 13.30079).

In der am 8. November 2013 eingereichten Berufungsbegründung macht der Kläger folgendes geltend: Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Der Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin-II-VO sei hier nicht einschlägig, da Griechenland als zuständiger Mitgliedstaat feststehe, wenngleich eine Rückführung dorthin unzumutbar und derzeit undurchführbar sei. Außerdem sei das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 29. April 2011 nicht ordnungsgemäß ergangen. Nach Art. 18 und Art. 20 Dublin-II-VO sowie nach Art. 21 und Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) hätten neben den dort genannten Beweismitteln auch die Erklärungen des Klägers dem Ersuchen beigefügt werden müssen. Das vom Bundesamt verwendete kurze Standardformular sei für den vorliegenden Fall unzulänglich gewesen. Außerdem habe das Bundesamt die in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO normierten kurzen Fristen für ein Aufnahmeersuchen überschritten. Das hier bewusst fehlerhaft gestellte Ersuchen sei eine Täuschungshandlung und folglich unwirksam. Aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO und Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe sich ein subjektives Recht auf sachgerechte Zuständigkeitsprüfung. Im Übrigen müsse die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Asylsystem von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass in Italien ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährleistet sei. Darüber hinaus seien in Italien die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden nicht sichergestellt. Das Asylsystem Italiens sei völlig überlastet. Nach den Erkenntnissen von UNHCR liege die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Asylsuchenden im Durchschnitt bei ca. 5.000 Personen. Es sei davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien nur sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt worden sei, solange der Zeitraum von sechs Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten der Einrichtungen nicht überstiegen. Derzeit sei allerdings davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Verfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne. Außerdem gebe es Berichte darüber, dass von den im Dublin-System rückgeführten Personen nur etwa 12% im staatlichen Aufnahmesystem unterkämen, die Übrigen aber obdachlos seien. Die vielfach vorzufindenden Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge in besetzten Häusern, Slums und auf der Straße seien unwürdig. Die Wartezeit, um überhaupt einen Platz in einem kommunalen Unterbringungszentrum zu erhalten, betrage etwa drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit seien die Betroffenen faktisch obdachlos. Aufgrund dieser Umstände wäre bei einer Abschiebung eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta zu befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2011 unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - Rs. C-4/11) verleihe die Dublin-II-VO dem Asylbewerber keinen Anspruch darauf, dass er von einem Mitgliedstaat die Prüfung seines Antrags verlangen kann, wenn dieser Staat ihn aufgrund der Gefahr einer Verletzung seiner Grundrechte nicht an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat überstellen könne. Die Situation der Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers führe nicht zur Verpflichtung des Selbsteintritts auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Falls der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel ausscheide, stehe zunächst lediglich fest, dass die Beklagte dorthin nicht überstellen dürfe. Daher sei die Prüfung auf der Basis der Dublin-Kriterien in der vorgesehenen Reihenfolge fortzusetzen, d. h. auch Art. 13 Dublin-II-VO als Auffangtatbestand heranzuziehen. Das italienische Asylverfahren weise entgegen der Auffassung des Klägers keine systemischen Mängel auf. Im Übrigen sei nochmals klarzustellen, dass bei dem Kläger ein Kategorie 1-Treffer für Italien vorliege (Asylantrag am 7.11.2008) und die italienischen Behörden hinsichtlich des Klägers somit vom Bundesamt nicht getäuscht worden seien. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, den italienischen Behörden mitzuteilen, was in deren eigenen Akten stehe, wie z. B. hier die bereits erfolgte frühere Überstellung des Klägers nach Griechenland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg (§ 125 Abs. 1, § 128 Abs. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblichen Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 26. Juli 2011 ist statthaft.

Die Feststellung des Bundesamts, dass der Asylantrag unzulässig ist, und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG (zum Begriff der regelnden Feststellung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 35 Rn. 51). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Asylrechtsklagen in aller Regel davon auszugehen, dass der jeweilige Kläger das für ihn typischerweise weitestgehende Rechtsschutzziel mit den für ihn jeweils günstigsten Rechtsschutzformen anstrebt. Dies bedeutet, dass eine sog. isolierte Anfechtungsklage regelmäßig so auszulegen ist (§ 88 VwGO), dass ein solcher Antrag nur zusammen mit den Hilfsanträgen auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und/oder als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (a. F.) und auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz als gestellt anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist bei einem Bescheid, welcher eine negative Feststellung enthält, möglich, wenn der Kläger bewusst nur einen isolierten Anfechtungsantrag gestellt hat und dies auch in Ansehung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen ein sinnvolles Klageziel ist (BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - BVerwGE 127, 161). Im vorliegenden Fall wäre die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte sinnvoll, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 5). Außerdem ginge dem Kläger ansonsten eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = NVwZ 1996, 80). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier somit nicht in Betracht.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Der Kläger kann geltend machen, durch die vom Bundesamt getroffene Feststellung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Normen der Dublin-II-VO eigentlich organisatorische Vorschriften, welche die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln und u. a. den Zweck haben, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen; gleichwohl kann ein Asylbewerber im Rahmen des nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin-II-VO garantierten Rechtsschutzes geltend machen, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208 Rn. 56 ff.).

Die Klage ist aber unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Auch wenn mittlerweile die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) gemäß Art. 49 Abs. 1 dieser Verordnung am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist für sog. „Altanträge“ wie den vorliegenden nach wie vor die Dublin-II-VO anzuwenden (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 13). Für einen Antrag auf internationalen Schutz i. S. v. Art. 2 Buchst. d Dublin-II-VO, der vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO, also vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung.

Das Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung dient zuerst allein dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin-II-Verordnung ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 1, 2, 3, 4 und 16). Im Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung steht deshalb allein die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

Gemessen hieran ist der beim Bundesamt gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil der Mitgliedstaat Italien nach Art. 13 Dublin-II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin-II-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 Dublin-II-VO wieder aufzunehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-VO wird davon ausgegangen, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn - wie im vorliegenden Fall - innerhalb einer Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt worden ist. Entsprechend der Konzeption der Dublin-II-Verordnung hat das Bundesamt zu Recht den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet.

Für die Beklagte ergibt sich aus Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine Zuständigkeit. Die am 12. Mai 2011 erteilte Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründet die Zuständigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Dublin-II-VO nicht (Asylbewerber mit gültigem Aufenthaltstitel), weil diese Vorschrift nach Art. 2 Buchst. j Dublin-II-VO nicht für Aufenthaltstitel gilt, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist erteilt wurden. Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO ist nicht einschlägig. Zwar hatte der Kläger die Luftgrenze der Bundesrepublik Deutschland illegal überschritten, er kam hierbei aber nicht aus einem Drittstaat, sondern aus einem Mitgliedstaat (Griechenland).

Aus der Feststellung, dass der Kläger ursprünglich (2008) aus einem Drittstaat (Türkei) kommend die Grenze Griechenlands illegal überschritten hatte, ergibt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO die Erstzuständigkeit der Hellenischen Republik. Eine Abschiebung dorthin käme allerdings nicht in Betracht, weil die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre und Obdachlosigkeit drohen würde. Infolge dessen wäre eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK gegeben (EGMR, E. v. 21.1.2011 - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Da sich aus den übrigen Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, ist nach der Generalklausel des Art. 13 Dublin-II-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Dies ist hier die Italienische Republik (Italien). Ausweislich der Bundesamtsakte (Bl. 50) hat der Kläger dort im November 2008 den Asylantrag gestellt. Trotz der Erkenntnis, dass nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO eigentlich von der vorrangigen Zuständigkeit Griechenlands auszugehen wäre, scheidet der Ersteintritt als Anknüpfungskriterium hier aus, weil eine Abschiebung dorthin unzumutbar wäre, da das Asylwesen in Griechenland derzeit an sog. systemischen Mängeln leidet (vgl. EGMR, E. v. 21.1.2011 a. a. O.). Art. 13 Dublin-II-VO greift auch dann, wenn sich aus den Kriterien des Kapitels III zwar eine anderweitige Zuständigkeit ergibt, eine Überstellung des Antragstellers dorthin aber nicht möglich ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat hat als solche nicht zur Folge, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C- 4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 37).

Das vom Bundesamt an die italienische Dublin-Einheit (Unità Dublino) gerichtete Wiederaufnahmegesuch entspricht den Anforderungen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 (Durchführungsbestimmungen zur Dublin-II-VO). Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Übernahmegesuch i. S. v. Art. 17 Dublin-II-VO, sondern ein Wiederaufnahmegesuch i. S. v. Art. 20 Dublin-II-VO vor, da die Zuständigkeit nicht erst noch geklärt werden musste, sondern schon feststand (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 K4 und K5). Da der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte, geht es hier nicht um eine Aufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin-II-VO, sondern um eine Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c und d Dublin-II-VO (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 9). Das Bundesamt hat entsprechend Art. 2 der Durchführungsbestimmungen das vorgeschriebene Formblatt verwendet. Dieses umfasst auch das Ergebnis des Vergleichs der Fingerabdrücke (Hinweis auf die Eurodac-Nummer mit italienischer Kennung). Außerdem hat das Bundesamt unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ darauf hingewiesen, dass am 7.11.2008 in „Bolzano/Italy“ schon einmal Asyl beantragt worden sei (s. Bl. 5 der Bundesamtsakte). Die Rüge des Klägers, das Bundesamt habe die italienische Dublin-Behörde absichtlich getäuscht, geht fehl. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten könnten, falls der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthält (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, a. a. O. Art. 19 K11), hat sich hier nicht gestellt.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Alt. 2 Dublin-II-VO erst nach der (rechtskräftigen) Entscheidung über den Rechtsbehelf zu laufen, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F.). Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht Regensburg den Vollzug der Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. September 2011 vorläufig ausgesetzt hat. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Sechs-Monats-Frist erst zu laufen beginnen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass die Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO diese Frist nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird (EuGH, U. v. 21.9.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639). Die Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt hier folglich nicht zum Tragen (so auch OVG LSA, U. v. 2.10.2013 a. a. O.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO (sog. Selbsteintrittsrecht).

Wenn ein Mitgliedstaat der Aufnahme des betreffenden Asylbewerbers - wie im vorliegenden Fall - zugestimmt (bzw. nicht geantwortet hat), so kann der Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394.12 - NVwZ 2014, 208).

Ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) stützt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (grundlegend: U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 75 ff.) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Das gemeinsame europäische Asylsystem wurde dem Gerichtshof zufolge in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, das die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin-II-Verordnung genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte der Asylbewerber nachkommen können, obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK (s. neuerdings BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 Rn. 9 - darauf abstellend, dass sich solche Mängel wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen).

Gemäß diesen Grundsätzen besteht für die Beklagte keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann der Kläger allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, § 27a Rn. 52). Das Ermessen verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung zum Selbsteintritt, wenn der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel außer Betracht bleiben muss und keine anderweitige Zuständigkeit eines Mitgliedstaats besteht (ders., a. a. O. Rn. 68). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen, wenn ansonsten Grundrechte - hier: Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 und Recht auf Asyl nach Art. 18 GR-Charta - des Asylbewerbers verletzt wären (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11- NVwZ 2014, 129).

Der Senat ist auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-II-Rückkehrern in Italien zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nicht ernsthaft zu befürchten ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan- Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regionallokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ … has not shown that … future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E. v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn. 43 ff., 78; B. v. 18.6.2013 - Nr. 53852/11 - ZAR 2013, 338; E. v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc.echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).

Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).

Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderlineeurope e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderlineeurope (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in einer SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E. v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.

Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostatpressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.

Die Annahme von borderlineeurope (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderlineeurope zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen Roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in Rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderlineeurope beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.

Außerdem sprechen die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gegen die Annahme, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr der Obdachlosigkeit und des Hungerns ausgesetzt wäre. Da ursprünglich die Quästur Bozen für seinen Asylantrag zuständig war, ist anzunehmen, dass er im Fall der Rückkehr nach Italien dorthin weitergeleitet werden würde. Gemäß den bisherigen, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind in Norditalien die Unterbringungskapazitäten noch nicht ausgeschöpft, so dass dort ohnehin nicht mit einer Mangelsituation zu rechnen wäre.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Stellungnahme von UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig (24.4.2012) führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die darin geäußerten Bedenken, dass die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen häufig unzureichend sei (Buchstabe vii) und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Asylsuchende, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden und dort zuvor keinen formalen Asylantrag gestellt hatten, keinen sofortigen Zugang zur Aufnahmebedingungen erhielten (ix), treffen auf die Umstände des vorliegenden Falls nicht zu.

Für die Befürchtung des Klägers, er würde im Fall der Abschiebung nach Italien ohne Durchführung eines Asylverfahrens sogleich nach Griechenland weitergeschoben werden, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt (vgl. UNHCR v. 24.4.2012, a. a. O. zu 4.). Der Vortrag des Klägers, er sei etwa im Jahr 2010 von der Polizei in Bozen bei einer Vorsprache zwecks Erteilung eines Monatsausweises festgenommen und anschließend in einem versperrten Schiffsraum nach Griechenland verbracht worden, vermag die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht zu begründen.

Die hier vertretene Einschätzung, dass das italienische Asylwesen nicht an systemischen Mängeln leidet, wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG Rh-Pf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13. OVG - juris; NdsOVG, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris).

Die Befugnis zur Anordnung der Abschiebung ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S., Schweinfurt, wird für das Antrags- und Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben mazedonische Staatsangehörige aus Tetovo und gehören dem Volk der Roma an. Die Antragstellerin zu 2) ist die Ehefrau des Antragstellers zu 1), die Antragstellerinnen zu 3) und 4) sind die gemeinsamen Kinder. Die Antragsteller verließen nach eigenen Angaben zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2011 ihr Herkunftsland und reisten zunächst nach Belgien, wo sie erfolglos ein Asylverfahren betrieben. Nach eigenen Angaben reisten sie dann von Belgien aus am 3. Juli 2013 auf dem Landweg nach Deutschland ein. Hier beantragten sie am 5. Juli 2013 Asyl, wobei sie angaben, bereits in Belgien ein Asylverfahren betrieben zu haben (Bl. 34, 37 der Bundesamtsakte).

Am 5. Dezember 2013 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) das Königreich Belgien, die Antragsteller wieder aufzunehmen (Bl. 91 ff. der Bundesamtsakte). Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 (Bl. 106, 117, 118 der Bundesamtsakte) erklärten die belgischen Behörden die Rückübernahme der Antragsteller nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 wurde festgestellt, dass die Asylanträge unzulässig sind (Ziffer 1 des Bescheides). Die Abschiebung nach Belgien wurde angeordnet (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Belgien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren lägen nicht vor. Dies werde auch von vielen deutschen Verwaltungsgerichten bestätigt. Die Antragsteller hätten keine Gründe vorgetragen, die gegen eine Überstellung nach Belgien sprächen.

Gegen diesen Bescheid, der ihnen ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 130/131 der Bundesamtsakte) am 5. Februar 2014 zugestellt wurde, ließen die Antragsteller mit am 12. Februar 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erheben (Az. W 1 K 14.30151). Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Gleichzeitig beantragen die Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, den Antragstellern drohe bei einer Rücküberstellung nach Belgien die Obdachlosigkeit, da sie als abgelehnte Asylbewerber ohne regulären Aufenthaltsstatus keine staatliche Unterstützung in Form von Unterbringung, Versorgung mit Lebensmitteln oder Gesundheitsversorgung erhielten. Auf den Amnesty International-Report 2013 zu Belgien wurde Bezug genommen. Die Antragstellerin zu 2) sei gesundheitlich schwer angeschlagen und leide u. a. an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Die Antragsteller hätten in Belgien keinen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung, so dass sie nicht die benötigte Behandlung erhalten würden. Gerade auch für die Antragsteller zu 3) und 4) als besonders schutzbedürftige Minderjährige stelle dieser Ausschluss von jeglicher staatlicher Unterstützung und die Obdachlosigkeit eine Verletzung elementarer Rechte und einen beachtlichen Verstoß gegen europäisches und internationales Recht dar. Zudem bestünden jedenfalls aus Gründen der langen Verfahrensdauer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Im Rahmen der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 5. Juli 2013 hätten die Antragsteller angegeben, dass sie in Belgien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hätten. Wie sich aus Blatt 59 der Akte ergebe, sei der Antragsgegnerin auch spätestens am 8. Juli 2013 der EURODAC-Treffer bezüglich Belgien bekannt gewesen. Aus welchen Gründen die Antragsgegnerin erst am 5. Dezember 2013, also fünf Monate nach der Befragung ein Übernahmeersuchen an Belgien gerichtet und den angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2014 erst sieben Monate nach dem Asylantrag erlassen habe, sei nicht erkennbar. Es seien keine Gründe erkennbar, dass die Antragsteller eine solche verzögerte Bearbeitung mitverursacht haben könnten. Demzufolge hätte das Bundesamt zumindest diese lange Zeitdauer bis zum Übernahmeersuchen und insbesondere bis zu dem Erlass sowie der Zustellung des Bescheides in seine Ermessensausübung bezüglich der Ablehnung des Selbsteintrittsrechts einstellen müssen. Der streitgegenständliche Bescheid leide daher an einem Ermessensausfall.

Von den Antragstellern wurden der Amnesty International-Report 2013 zu Belgien, eine nervenärztliche Bescheinigung vom 13. Februar 2014 betreffend die Antragstellerin zu 2) sowie ein gynäkologischer Befundbericht betreffend die Antragstellerin zu 2) vom 20. März 2014 vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. Februar 2014 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1.

Der Bescheid ist nicht wegen verzögerter Stellung des Wiederaufnahmegesuchs rechtswidrig. Da bereits keine rechtserhebliche Verzögerung vorliegt, kann offen bleiben, ob den Antragstellern ein subjektives Recht darauf zusteht, dass die Antragsgegnerin eine solche Verzögerung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts berücksichtigt.

Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist es das Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer EURODAC-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

Aus diesem Grund haben mehrere Kammern des erkennenden Gerichts Ermessensfehler aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten (VG Würzburg, B. v. 7.5.2014 - W 1 S 14.50049) bzw. von beinahe einem Jahr (VG Würzburg, B. v. 7.2.2014 - W 7 S 14.30097) bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs festgestellt, weil in diesen Fällen das Bundesamt die überlange Verfahrensdauer nicht in seine Ermessenserwägungen im Rahmen des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eingestellt hatte.

Anders liegen die Dinge jedoch im vorliegenden Fall.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Bundesamt bereits am 5. Juli 2013 allein aufgrund der Angaben der Antragsteller sichere Kenntnis davon hatte, dass diese ein Asylverfahren in Belgien betrieben haben, liegt keine überlange Verfahrensdauer vor. Aus dem vom Antragstellerbevollmächtigten genannten Schriftstück auf Blatt 59 der Bundesamtsakte folgt nichts anderes. Denn dabei handelt es sich um eine Ausreiseaufforderung der belgischen Behörden an die Antragsteller. Ein genaues Datum der Kenntnisnahme durch das Bundesamt geht daraus nicht hervor. Das Bundesamt hatte damit nicht vor dem 5. Juli 2013 sichere Kenntnis von dem Umstand, dass die Antragsteller bereits in Belgien ein Asylverfahren durchlaufen haben. Am 5. Dezember 2013 hat das Bundesamt das Wiederaufnahmegesuch an die belgischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (vgl. zur Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr: VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA S. 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Stellt man hinsichtlich der Verfahrensdauer auf den Zeitraum zwischen der Übernahmeerklärung des ersuchten Mitgliedstaates, hier der belgischen Behörden vom 16. Dezember 2013, und dem Erlass der Abschiebungsanordnung, hier am 3. Februar 2014 ab, so ergibt sich eine Verfahrensdauer von nur eineinhalb Monaten. Stellt man schließlich auf den gesamten Zeitraum zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und dem Erlass der Abschiebungsanordnung ab, so ergibt sich im vorliegenden Falle eine Verfahrensdauer von etwa sieben Monaten. Eine solche Verfahrensdauer kann in Anbetracht des Umstandes, dass die Antragsgegnerin es nicht in der Hand hatte, wann die belgischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen antworten würden, ebenfalls nicht als zu lange dar. Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 9).

2.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung nicht davon auszugehen, dass das belgische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des zur Auslegung nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Belgien vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, wonach das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Belgien keine systemischen Mängel aufweisen (VG Düsseldorf, U. v. 23.10.2014 - 13 K 471/14.A - juris Rn. 55 ff.; U. v. 10.10.2014 - 13 K 3253/14.A - juris Rn. 36; VG Darmstadt, B. v. 25.9.2014 - 6 L 1488/14.DA.A - juris Rn. 28; VG Aachen, U. v. 22.8.2014 - 4 K 122/14.A - juris Rn. 35 ff.; VG Cottbus, B. v. 28.7.2014 - 3 K 1107/13.A - juris Rn. 4; VG München, B. v. 16.7.2014 - M 9 S 14.50233 - juris Rn. 17; B. v. 20.5.2014 - M 10 S 14.50141 - juris Rn. 15; VG Augsburg, B. v. 8.4.2014 - Au 7 S 14.30260 - juris Rn. 39 ff.).

Mit ihrer Befürchtung, dass ihnen in Belgien die Obdachlosigkeit drohe, machen die Antragsteller keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne geltend. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren der Antragsteller in Belgien bereits für sie negativ abgeschlossen. Daraus folgt für sie die Ausreisepflicht (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11). Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 24.2.2014 - 13 L 2685/13.A - juris; B. v. 8.5.2014 - 13 L 126/14.A - juris Rn. 37; B. v. 13.6.2014 - 13 L 1139/14.A - juris Rn. 8). Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43). Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind von den Antragstellern nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S. Department Of State, Human Rights Report 2012: Belgium, S. 7 ff.) erwähnt keine Beanstandungen systemischer Art der Flüchtlingssituation in Belgien. Amnesty International verweist in seinem „Amnesty Report 2013 - Belgien“ lediglich darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei. Dieser Zustand soll aber nach dem aida-Bericht (aida-Report Belgien, a. a. O., S. 49) ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben. Auch der neuere aida-Bericht von 2014 (ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014,S. 59 ff.) enthält keine Hinweise auf eine Erschöpfung der Kapazitäten oder gar eine Überfüllung der Aufnahmezentren; vielmehr wird dort ein Absinken der Auslastung beschrieben. Aus diesem Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in Belgien die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (aida-Report a. a. O., S. 8).

3.

Schließlich können die Antragsteller eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Erkrankungen beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgern aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin II-VO für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen nur mit dem Einwand systemischer Mängel es Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten könne und es nicht darauf ankomme, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 6; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40).

Ob angesichts dessen unterhalb der Schwelle der systemischen Mängel im Rahmen des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO überhaupt noch Raum für eine individuelle Prüfung einer Grundrechtsverletzung verbleibt, die nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta ausschließlich am Maßstab der europäischen Grundrechte - etwa anhand des Rechts auf Leben und Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GR-Charta - erfolgen könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen für den Fall ihrer Überstellung nach Belgien aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Denn zum einen geht aus den in der Bundesamtsakte (Bl. 65 - 73) enthaltenen Schriftstücken hervor, dass die Antragstellerin zu 2) in Belgien wegen ihrer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung war. Auch nach den einschlägigen Erkenntnismitteln (vgl. aida-Report v. 1.6.2014, S. 67) umfassen die Asylbewerbern in Belgien gewährten Leistungen eine zur menschenwürdigen Existenz notwendige medizinische Grundversorgung. Zum anderen ergibt sich aus der vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme vom 13. Februar 2014 nicht, dass den Antragstellern im Falle der Überstellung nach Belgien erhebliche und konkrete Gesundheitsgefahren drohen. In dem Attest werden in Bezug auf die Antragstellerin zu 2) u. a. eine „eventuell reaktive Psychose“ sowie eine davon nicht trennbare „posttraumatische Stresserkrankung“ festgestellt. Die Antragstellerin habe sich, wie auch ihr Ehemann - der Antragsteller zu 1) - „in Deutschland (vorher Belgien) stabilisiert“. Trotz Besserung sei bei einer Rückkehr nach Mazedonien eine konkrete Gefahr für die Gesundheit zu erwarten, weil eine geeignete Behandlung im Heimatland kaum verfügbar sein dürfte. Insbesondere sei Suizidalität zu befürchten. Damit stellt der die Bescheinigung ausstellende Arzt erkennbar auf die Verhältnisse im Herkunftsland der Antragsteller (Mazedonien), nicht aber auf den Zielstaat der Überstellung (Belgien) ab. Diese Prüfung obliegt den belgischen Asylbehörden. Im Übrigen erscheint es dem Gericht - ohne dass es darauf für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich ankäme - nicht ohne Weiteres einleuchtend, dass der Arzt in dem o.g. Attest beim Antragsteller zu 1) ohne nähere Begründung eine „naturgemäß weithin ähnliche Situation“ mit „gleicher Diagnosefindung“ feststellt.

Sofern vor der Überstellung der Antragsteller Kontakt mit den belgischen Behörden aufgenommen wird und diese über die individuellen Bedürfnisse der Antragsteller informiert werden, ist eine ausreichende medizinische Versorgung in Belgien sichergestellt. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat auch grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen - etwa psychisch Kranken - nach Belgien keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. für Ungarn VG Würzburg, GB. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris Rn. 23 m. w. N.; B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 15 f., B. v. 10.12.2014 - W 1 S 14.50008, UA S. 13).

4.

Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen lässt sich den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht entnehmen. Hinsichtlich der Erkrankung der Antragstellerin zu 2) auf gynäkologischem Fachgebiet (vgl. Attest vom 20.3.2014 in der Gerichtsakte) ist in Anbetracht des Zeitablaufs ohnehin fraglich, ob überhaupt noch eine Reiseunfähigkeit bestehen könnte. Aktuelle ärztliche Stellungnahmen haben die Antragsteller trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vorgelegt.

Sollte dennoch aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes der Antragsteller eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies - auch nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung - bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung des Familienverbandes der Antragsteller und zum Schutze der minderjährigen Kinder (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

5.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

6.

Da nach den vorstehenden Ausführungen weder das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch voraussichtlich das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung nach § 166 VwGO i. V. mit §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, ohne dass es noch auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen ankommt.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie für das Verfahren in der Hauptsache abgelehnt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde nach eigenen Angaben am ... in Kabul geboren und ist afghanischer Staatsangehöriger tadschikischer Volkszugehörigkeit. Er verließ nach eigenen Angaben etwa im August 2012 seinen langjährigen Aufenthaltsort im Iran und reiste über die Türkei und Griechenland auf dem Landweg nach Ungarn. Von dort aus reiste er am 21. Juli 2013 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein, wo er am 5. August 2013 ebenfalls Asyl beantragte.

Aufgrund eines EURODAC-Treffers wurde festgestellt, dass der Antragsteller am 5. Oktober 2012 in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte. Daraufhin ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die ungarischen Behörden am 27. November 2013 um die Wiederaufnahme des Antragstellers.

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 erklärten die ungarischen Behörden die Wiederaufnahme des Antragstellers.

In dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens vor dem Bundesamt am 5. Februar 2014 gab der Antragsteller an, dass seine Krankheit nur in Deutschland behandelt werden könne und dass er nur in Deutschland als Mensch behandelt werde. In Ungarn habe man sich nicht um ihn gekümmert, er sei in einen Raum gesperrt worden unter ständiger Polizeikontrolle. Die Bevölkerung in Ungarn sei gegenüber Asylbewerbern feindselig gesinnt. Er habe sich in Ungarn in der Asylbewerberunterkunft in Debrecen aufgehalten.

Vom Antragsteller vorgelegt wurden verschiedene Atteste, u. a. eines Arztes für Neurologie und Psychiatrie aus Bad Kissingen vom 25. September 2013, wonach beim Antragsteller ein Zustand nach Schädelhirntrauma vorliege sowie Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung. Als Differenzialdiagnosen wurden gestellt paranoide Schizophrenie, fokale Epilepsie. Der Antragsteller habe angegeben, im Iran von einer Gruppe von Personen verfolgt und mit einem Metallgegenstand auf den Kopf geschlagen worden zu sein. Nach dem Attest eines Facharztes für Nervenheilkunde aus München vom 8. August 2013 besteht beim Antragsteller ein Verdacht auf Psychose vor Traumahintergrund nach ICD-10 F 20/F 43.1. Der Antragsteller habe angegeben, aus Afghanistan zu stammen, aber wegen der Kriegswirren schon lange mit seiner Familie im Iran als Flüchtling gelebt zu haben. Vor etwas mehr als einem Jahr sei er zufälliges Opfer einer Hetzjagd von Iranern auf Flüchtlinge geworden und dabei mit einem eisernen Gegenstand auf den Kopf geschlagen worden.

Mit Bescheid vom 24. Februar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziffer 1), und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 3. Dezember 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 16 Abs. 1e Dublin II-VO erklärt hätten. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dem Attest vom 6. August 2013 sei zu entnehmen, dass der Antragsteller in Ungarn behandelt worden sei. Er habe Medikamente erhalten sowie ein einzelnes Zimmer, wodurch seine Krankheitssymptome gelindert worden seien. Nach dem Attest vom 25. September 2013 seien dem Antragsteller, ebenso wie in Ungarn, Medikamente verschrieben worden. Er sei ermutigt worden, Spaziergänge zu machen. Da der Antragsteller nicht nachweislich unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide, die die Ereignisse in Ungarn ausgelöst haben könnten, könne er ebenso in Ungarn weiterhin behandelt werden. In Ungarn lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vor. Es seien im ungarischen Asylgesetz Regelungen enthalten, wonach die Asylhaft unverzüglich zu beenden sei, u. a. wenn aufgrund des Gesundheitszustands des inhaftierten Antragstellers eine längere Krankenhausbehandlung erforderlich sei. Falls der Einzelentscheider in Ungarn während der Anhörung erkenne, dass der Asylsuchende an irgendeiner Art von psychischer Erkrankung leide, bediene er bzw. sie sich nach den einschlägigen ungarischen Vorschriften der Unterstützung eines medizinischen oder psychologischen Experten. Die Flüchtlingsbehörde untersuche, ob die Regeln für Personen mit besonderem Behandlungsbedarf anzuwenden seien. Dazu könne sie sich der Unterstützung eines medizinischen oder psychologischen Experten bedienen. Einige Psychiater seien auf die Behandlung psychischer Probleme, wie beispielsweise einer posttraumatischen Belastungsstörung von Asylsuchenden spezialisiert. Darüber hinaus gebe es Gesundheitseinrichtungen in Ungarn, in denen psychische Krankheiten mit der Unterstützung durch hochqualifizierte Ärzte behandelt würden. Ein Asylsuchender erhalte die gleiche medizinische Behandlung wie ein ungarischer Staatsangehöriger. Das umfasse sowohl die pharmakologische als auch die psychotherapeutische Behandlung, sowie dies notwendig sei. Sowohl in Aufnahmeeinrichtungen als auch in Haftanstalten befänden sich Gesundheitszentren, die mit allen notwendigen Medikamenten, auch für psychische Erkrankungen, ausgestattet seien. Bei ernsteren Fällen gebe es die Möglichkeit zur Behandlung in einer der psychiatrischen Kliniken. Falls die posttraumatische Belastungsstörung einhergehe mit anderen psychischen Krankheiten, wie z. B. einer bipolaren Störung, Schizophrenie oder Panikattacken, gebe es die Möglichkeit zur Behandlung durch einen medizinischen Spezialisten. Sollte die psychische Krankheit die Handlungsfähigkeit des Asylbewerbers beeinträchtigen, beziehe die Flüchtlingsbehörde den gesetzlichen Vertreter mit in das Flüchtlingsverfahren ein bzw. bestelle einen Vormund.

Gegen diesen ihm im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung am 1. März 2014 zugestellten Bescheid ließ der Antragsteller mit am 10. März 2014 eingegangenem Schriftsatz Klage erheben (W 1 K 14.30274), über die noch nicht entschieden ist.

Gleichzeitig beantragte er im vorliegenden Verfahren,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Bereits aufgrund der langen Verfahrensdauer bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Bereits im Rahmen der Befragung zur Registrierung der persönlichen Daten am 21. Juli 2013 als auch bei der Befragung durch die Regierung von Oberbayern am 8. August 2013 habe der Antragsteller angegeben, dass er über Ungarn eingereist sei und dort einen Asylantrag gestellt habe. Er habe auch Unterlagen aus Ungarn vorgelegt. Der EURODAC-Treffer bezüglich Ungarn sei der Antragsgegnerin spätestens seit Anfang August 2013 bekannt gewesen. Aus welchen Gründen aber erst am 27. November 2013, mehr als drei Monate nach Kenntnis von dem EURODAC-Treffer, ein Übernahmeersuchen an Ungarn gerichtet worden sei, sei nicht erkennbar. Der Antragsteller habe die verzögerte Bearbeitung nicht mitverursacht. Demzufolge hätte das Bundesamt zumindest diese lange Zeitdauer bis zum Übernahmeersuchen in seine Ermessensausübung einstellen müssen. Des Weiteren bestünden erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufwiesen und für den Antragsteller die europaweiten Mindeststandards nicht gewährleistet seien. Entsprechende Erkenntnismaterialien wurden zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Der angefochtene Bescheid berücksichtige auch nicht die vom Antragsteller bereits vorgebrachten Anhaltspunkte für systemische Mängel in Ungarn.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Mit Schriftsatz vom 6. August 2014 ließ der Antragsteller weitere aktuelle Erkenntnismittel zum Asylverfahren und zu den Aufnahmebedingungen in Ungarn vorlegen.

Die Antragsgegnerin nahm mit Schriftsatz vom 12. August 2014 Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 3. April (richtig wohl: Juli) 2014, wonach keine systemischen Mängel in Ungarn vorlägen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse des Antragstellers, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 24. Februar 2014 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt.

1.

Der Bescheid ist nicht wegen verzögerter Stellung des Wiederaufnahmegesuchs rechtswidrig. Da bereits keine rechtserhebliche Verzögerung vorliegt, kann offen bleiben, ob dem Antragsteller ein subjektives Recht darauf zusteht, dass die Antragsgegnerin eine solche Verzögerung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts zu berücksichtigen hätte.

Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puit, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch unangemessen langes Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puit, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer EURODAC-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

Aus diesem Grund haben mehrere Kammern des erkennenden Gerichts Ermessensfehler aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten (VG Würzburg, B. v. 7.5.2014 - W 1 S 14.50049) bzw. von beinahe einem Jahr (VG Würzburg, B. v. 7.2.2014 - W 7 S 14.30097) bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs festgestellt, weil in diesen Fällen das Bundesamt die überlange Verfahrensdauer nicht in seine Ermessenserwägungen im Rahmen des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eingestellt hatte.

Anders liegen die Dinge jedoch im vorliegenden Fall.

Ausweislich des Aktenvermerks vom 22. August 2013 (Bl. 53 der Bundesamtsakte) hatte das Bundesamt spätestens an diesem Tag Kenntnis vom Vorliegen eines EURODAC-Treffers der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarn. Am 27. November 2013 hat es das Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der nachweisbaren Kenntnis vom Vorliegen eines EURODAC-Treffers und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (für die Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA Seite 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht.

2.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des bei der Auslegung des Art. 4 GR-Charta nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Ungarn (derzeit) vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 10/2013, 342 ff.) sowie einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12; VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045 - UA S. 5 ff.; VG Augsburg, B. v. 11.6.2014 - Au 7 S 14.50134 - juris Rn. 25 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.), die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (entgegen SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.).

Weder das Vorbringen des Antragstellers unter Bezugnahme auf neuere Erkenntnismittel, insbesondere auf den Bericht des Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014, die Auskunft von UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 und den Bericht von PRO ASYL vom 11. Juli 2014 sowie auf die neuere Rechtsprechung führt nicht zu einer anderen Beurteilung.

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen der in den vorliegenden und auch von der Antragstellerseite zitierten Berichten dargestellten Missstände insbesondere der Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - Halaf, C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in Ungarn, insbesondere im Hinblick auf die regelmäßige Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, ist festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung, die das Vorliegen systemischer Mängel im Hinblick auf die Inhaftierungspraxis nunmehr für gegeben bzw. für überprüfungsbedürftig hält (so VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris), sondern schließt sich vielmehr der gegensätzlichen Auffassung an (VG Würzburg, U. v. 23.9.2014 - W 1 K 14.50050 - UA S. 12; VG Düsseldorf, B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Würzburg, B. v. 25.8.2014 - W 6 S 14.50100 - juris Rn. 17 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris; VG Würzburg, B. v. 19.5.2014 - W 3 S 14.50045). Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohamadi versus Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in Ungarn auszugehen. Auch nach der die Lage in Ungarn - ohne Auseinandersetzung mit der oben genannten Entscheidung des EGMR - anders bewertenden Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in Ungarn und die Anwendung dieser Vorschriften für sich noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt, und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber bereits einmal illegal Ungarn verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend der Auskunft des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt.

Des Weiteren ist in Ungarn im Rahmen der Haft ein Rechtsschutzsystem gesetzlich installiert. Aus der geringen Erfolgsquote der Rechtsbehelfe kann nicht ohne weiteres gefolgt werden, dass das ungarische Verfahren insoweit die europäischen Asylstandards generell nicht erfülle. Dass derartige Haftprüfungsanträge durch die Gerichte angeblich mit schematisierten Entscheidungen abgelehnt werden, muss nicht bedeuten, dass diese Rechtsbehelfe nicht individuell geprüft würden. Vielmehr kann in Haftsachen, die Massenverfahren darstellen, aus Gründen der Vereinfachung auch eine individuelle richterliche Überprüfung zu einer schematisierten Begründung führen. Dies dürfte grundlegende rechtsstaatliche Garantien - jedenfalls bei Nichtvorliegen besonderer Umstände des Einzelfalles - nicht verletzen.

Ebenso wenig kann das Gericht den aktuellen Auskünften entnehmen, dass die Haftbedingungen in Ungarn systemisch eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer bewirken. Anhaltspunkte für systematische Misshandlungen ergeben sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht, es wird lediglich über Einzelfälle berichtet. Beachtliche systemische Mängel des Asylverfahrens wären dagegen nur feststellbar, wenn diese Misshandlungen regelhaft von staatlicher Seite vorgenommen, geduldet oder gefördert würden. Denn nur dann wäre nach dem auch insoweit anzuwendenden Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit die Schwelle zur Widerlegung der Vermutung eines grundrechtskonformen Asylverfahrens im konkreten Einzelfall überschritten (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 5; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9). Davon ist jedoch auch nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) nicht auszugehen. Des Weiteren ist anzumerken, dass sich die ungarische Regierung auftretenden Problemen in der Vergangenheit nicht verschlossen hat, sondern durchaus konstruktiv an Verbesserungen gearbeitet hat und arbeitet. So weist auch der Bericht des UNHCR vom 9. Mai 2014 ausdrücklich darauf hin, dass in der ungarischen Asylgesetzgebung zum 1. Januar 2014 auf Druck der Europäischen Kommission erneut eine Rechtsänderung zugunsten der Asylsuchenden eingetreten ist (UNHCR, Auskunft vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf, S. 7).

Zum Einwand einer unverhältnismäßig langen Inhaftierung Asylsuchender in Ungarn ist ergänzend konkret in Bezug auf den Antragsteller anzumerken, dass dieser selbst angegeben hat, sich lediglich acht Monate lang in Ungarn aufgehalten zu haben. Er sei nach seiner Ankunft in Ungarn vor die Wahl gestellt worden, entweder in Haft genommen zu werden oder einen Asylantrag zu stellen. Da er nicht habe in Haft genommen werden wollen, habe er einen Asylantrag gestellt. Dies auch aus dem Grunde, weil er sehr krank gewesen sei. Eine Bestätigung für die Asylantragstellung habe er nicht mitgenommen. Hätte er noch einige Tage gewartet, so hätte die Polizei ihn inhaftiert (vgl. Seite 6 der Niederschrift über die Befragung zur Identitätsklärung am 8.8.2013, Blatt 42 der Bundesamtsakte). Diese Aussagen stehen zwar in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der Aussage des Antragstellers nach der Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 5. Februar 2014 vor dem Bundesamt (Blatt 79 der Bundesamtsakte), wonach man sich in Ungarn nicht um ihn gekümmert, sondern ihn in einen Raum unter ständiger Polizeikontrolle gesperrt habe. Dennoch geht das Gericht aufgrund der vorherigen Angaben des Antragstellers davon aus, dass dieser sich nicht in Gefängnishaft befunden hat.

3.

Schließlich kann der Antragsteller eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Erkrankungen beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgern aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin II-VO für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen nur mit dem Einwand systemischer Mängel es Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten könne und es nicht darauf ankomme, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 6; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40). Ob angesichts dessen unterhalb der Schwelle der systemischen Mängel im Rahmen des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO überhaupt noch Raum für eine individuelle Prüfung einer Grundrechtsverletzung verbleibt, die nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta ausschließlich am Maßstab der europäischen Grundrechte - etwa anhand des Rechts auf Leben und Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GR-Charta - erfolgen könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm für den Fall seiner Überstellung nach Ungarn aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Dem gegenüber hat das Bundesamt auf Seite 3/4 des streitgegenständlichen Bescheides ausgeführt, dass der Antragsteller als behandlungsbedürftiger Asylsuchender wie ein ungarischer Staatsangehöriger behandelt werde, der ärztlicher Betreuung bzw. Überwachung bedürfe. Es hat des Weiteren das Verfahren und den Zugang behandlungsbedürftiger Asylsuchender zur medizinischen Versorgung in Ungarn ausführlich dargestellt. Den diesbezüglichen Feststellungen des Bundesamtes, auf die das Gericht Bezug nimmt, ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Es liegen auch keine gesicherten gegenteiligen Erkenntnisse vor. Soweit im Bericht von UNHCR vom April 2012 (UNHCR, Ungarn als Asylland, April 2012, Seite 28) festgestellt wird, viele Flüchtlinge könnten sich in Ungarn mangels finanzieller Mittel keine medizinische Versorgung leisten, ist dies in Anbetracht des oben genannten Umstandes, dass Flüchtlinge wie subsidiär Schutzberechtigte durchaus Anspruch auf Sozialleistungen haben, nicht nachvollziehbar. In der Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 wird zwar verschiedentlich auf Aussagen Bezug genommen, wonach die medizinische Versorgung mangelhaft sei (Seite 3, Seite 5/6, Seite 9). Diese Angaben sind jedoch allein auf Berichte von Asylsuchenden aus Ungarn gestützt, ohne tatsächliche Anhaltspunkte für die Glaubhaftigkeit dieser Berichte zu benennen. Auch nach dem Bericht von bordermonitoring.eu (Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, Seite 20) sind Flüchtlinge in Ungarn nicht von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, wenngleich sie auf bürokratische Schwierigkeiten bei der Registrierung stoßen können (vgl. auch VG Würzburg, B. v. 28.3.2014 - W 1 S 14.30143 - juris Rn. 26). Sofern vor der Überstellung des Antragstellers Kontakt mit den ungarischen Behörden aufgenommen wird und diese über seine individuellen Bedürfnisse informiert werden, ist eine ausreichende medizinische Versorgung in Ungarn sichergestellt. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat auch grundsätzlich den Grundrechten, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen - etwa psychisch Kranken - nach Ungarn keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. VG Würzburg, GB. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris Rn. 23 m. w. N.).

4.

Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen lässt sich den vom Antragsteller vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht entnehmen.

5.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

6.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung war abzulehnen, weil die Klage und demzufolge auch das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine hinreichenden Erfolgsaussichten bieten (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt S., Schweinfurt, wird für das Antrags- und Klageverfahren abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben mazedonische Staatsangehörige aus Tetovo und gehören dem Volk der Roma an. Die Antragstellerin zu 2) ist die Ehefrau des Antragstellers zu 1), die Antragstellerinnen zu 3) und 4) sind die gemeinsamen Kinder. Die Antragsteller verließen nach eigenen Angaben zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Jahr 2011 ihr Herkunftsland und reisten zunächst nach Belgien, wo sie erfolglos ein Asylverfahren betrieben. Nach eigenen Angaben reisten sie dann von Belgien aus am 3. Juli 2013 auf dem Landweg nach Deutschland ein. Hier beantragten sie am 5. Juli 2013 Asyl, wobei sie angaben, bereits in Belgien ein Asylverfahren betrieben zu haben (Bl. 34, 37 der Bundesamtsakte).

Am 5. Dezember 2013 ersuchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) das Königreich Belgien, die Antragsteller wieder aufzunehmen (Bl. 91 ff. der Bundesamtsakte). Mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 (Bl. 106, 117, 118 der Bundesamtsakte) erklärten die belgischen Behörden die Rückübernahme der Antragsteller nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2014 wurde festgestellt, dass die Asylanträge unzulässig sind (Ziffer 1 des Bescheides). Die Abschiebung nach Belgien wurde angeordnet (Ziffer 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Belgien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge nach Art. 16 Abs. 1e Dublin II-Verordnung für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Gründe zur Annahme von systemischen Mängeln im belgischen Asylverfahren lägen nicht vor. Dies werde auch von vielen deutschen Verwaltungsgerichten bestätigt. Die Antragsteller hätten keine Gründe vorgetragen, die gegen eine Überstellung nach Belgien sprächen.

Gegen diesen Bescheid, der ihnen ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 130/131 der Bundesamtsakte) am 5. Februar 2014 zugestellt wurde, ließen die Antragsteller mit am 12. Februar 2014 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage erheben (Az. W 1 K 14.30151). Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Gleichzeitig beantragen die Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, den Antragstellern drohe bei einer Rücküberstellung nach Belgien die Obdachlosigkeit, da sie als abgelehnte Asylbewerber ohne regulären Aufenthaltsstatus keine staatliche Unterstützung in Form von Unterbringung, Versorgung mit Lebensmitteln oder Gesundheitsversorgung erhielten. Auf den Amnesty International-Report 2013 zu Belgien wurde Bezug genommen. Die Antragstellerin zu 2) sei gesundheitlich schwer angeschlagen und leide u. a. an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Die Antragsteller hätten in Belgien keinen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung, so dass sie nicht die benötigte Behandlung erhalten würden. Gerade auch für die Antragsteller zu 3) und 4) als besonders schutzbedürftige Minderjährige stelle dieser Ausschluss von jeglicher staatlicher Unterstützung und die Obdachlosigkeit eine Verletzung elementarer Rechte und einen beachtlichen Verstoß gegen europäisches und internationales Recht dar. Zudem bestünden jedenfalls aus Gründen der langen Verfahrensdauer Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Im Rahmen der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung am 5. Juli 2013 hätten die Antragsteller angegeben, dass sie in Belgien bereits ein Asylverfahren durchlaufen hätten. Wie sich aus Blatt 59 der Akte ergebe, sei der Antragsgegnerin auch spätestens am 8. Juli 2013 der EURODAC-Treffer bezüglich Belgien bekannt gewesen. Aus welchen Gründen die Antragsgegnerin erst am 5. Dezember 2013, also fünf Monate nach der Befragung ein Übernahmeersuchen an Belgien gerichtet und den angefochtenen Bescheid vom 3. Februar 2014 erst sieben Monate nach dem Asylantrag erlassen habe, sei nicht erkennbar. Es seien keine Gründe erkennbar, dass die Antragsteller eine solche verzögerte Bearbeitung mitverursacht haben könnten. Demzufolge hätte das Bundesamt zumindest diese lange Zeitdauer bis zum Übernahmeersuchen und insbesondere bis zu dem Erlass sowie der Zustellung des Bescheides in seine Ermessensausübung bezüglich der Ablehnung des Selbsteintrittsrechts einstellen müssen. Der streitgegenständliche Bescheid leide daher an einem Ermessensausfall.

Von den Antragstellern wurden der Amnesty International-Report 2013 zu Belgien, eine nervenärztliche Bescheinigung vom 13. Februar 2014 betreffend die Antragstellerin zu 2) sowie ein gynäkologischer Befundbericht betreffend die Antragstellerin zu 2) vom 20. März 2014 vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gestellte Antrag, die gemäß § 75 AsylVfG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist in der Sache nicht begründet. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache noch im Bundesgebiet verbleiben zu dürfen, weil der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 3. Februar 2014 bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) rechtmäßig ist und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.

1.

Der Bescheid ist nicht wegen verzögerter Stellung des Wiederaufnahmegesuchs rechtswidrig. Da bereits keine rechtserhebliche Verzögerung vorliegt, kann offen bleiben, ob den Antragstellern ein subjektives Recht darauf zusteht, dass die Antragsgegnerin eine solche Verzögerung im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung über die Ausübung des Selbsteintrittsrechts berücksichtigt.

Da der Asylantrag und auch das Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Satz 2 Dublin III-VO (Verordnung [EU] Nr. 604/2013 vom 26.6.2013, ABl Nr. L 180, S. 31) nach den Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (Verordnung [EG] Nr. 343/2003 vom 18.2.2003, ABl Nr. L 50, S. 1). Da die mit dem Wiederaufnahmegesuch zusammenhängenden Rechtsfragen, insbesondere die gegebenenfalls zu beachtenden Fristen, systematisch den Bestimmungen über die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten zuzuordnen sind (Zuständigkeitsregelungen im weiteren Sinne), sind damit auf das Wiederaufnahmegesuch im vorliegenden Fall die Vorschriften des Art. 20 Dublin II-VO anzuwenden. Im Unterschied zu Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO enthält aber Art. 20 Dublin II-VO keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Wiederaufnahmegesuchs. Dies bedeutet zwar nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes stand, wann es ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedstaat zu richten hatte. Dies folgt bereits aus dem vierten und dem 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO sowie aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 - juris Rn. 85 ff.). Danach ist es das Ziel der in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Zuständigkeitskriterien, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen im Geltungsgebiet der Dublin-Verordnungen gestellten Asylantrag zuständig ist. Ist die Überstellung eines Antragstellers in den nach diesen Kriterien als zuständiger Mitgliedstaat bestimmten Staat nicht möglich, so hat der Mitgliedstaat, der die Überstellung vornehmen müsste, vorbehaltlich der Befugnis, den Antrag nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst zu prüfen, die Prüfung der Kriterien des genannten Kapitels fortzuführen, um festzustellen, ob anhand eines der nachrangigen Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 33; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 96). Der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, hat jedoch darauf zu achten, dass eine Situation, in der dessen Grundrechte verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO selbst prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11 - juris Rn. 35; U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - juris Rn. 98). Die seit 1. Januar 2014 anwendbare Dublin III-VO sieht dementsprechend nunmehr ausdrücklich in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist vor, und zwar bei Vorliegen einer EURODAC-Treffermeldung eine solche von nur zwei Monaten, im Übrigen eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung.

Aus diesem Grund haben mehrere Kammern des erkennenden Gerichts Ermessensfehler aufgrund einer überlangen Verfahrensdauer von mehr als sechs Monaten (VG Würzburg, B. v. 7.5.2014 - W 1 S 14.50049) bzw. von beinahe einem Jahr (VG Würzburg, B. v. 7.2.2014 - W 7 S 14.30097) bis zur Stellung des Wiederaufnahmegesuchs festgestellt, weil in diesen Fällen das Bundesamt die überlange Verfahrensdauer nicht in seine Ermessenserwägungen im Rahmen des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO bzw. Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO eingestellt hatte.

Anders liegen die Dinge jedoch im vorliegenden Fall.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass das Bundesamt bereits am 5. Juli 2013 allein aufgrund der Angaben der Antragsteller sichere Kenntnis davon hatte, dass diese ein Asylverfahren in Belgien betrieben haben, liegt keine überlange Verfahrensdauer vor. Aus dem vom Antragstellerbevollmächtigten genannten Schriftstück auf Blatt 59 der Bundesamtsakte folgt nichts anderes. Denn dabei handelt es sich um eine Ausreiseaufforderung der belgischen Behörden an die Antragsteller. Ein genaues Datum der Kenntnisnahme durch das Bundesamt geht daraus nicht hervor. Das Bundesamt hatte damit nicht vor dem 5. Juli 2013 sichere Kenntnis von dem Umstand, dass die Antragsteller bereits in Belgien ein Asylverfahren durchlaufen haben. Am 5. Dezember 2013 hat das Bundesamt das Wiederaufnahmegesuch an die belgischen Behörden gestellt. Damit ist zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und der Stellung des Wiederaufnahmegesuchs ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten vergangen. In einem solchen Fall kann unter der Geltung der Dublin II-VO, die eine Frist für das Wiederaufnahmeersuchen nicht vorsieht, nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden (vgl. zur Annahme einer unangemessenen Verfahrensverzögerung erst ab einem Untätigbleiben von deutlich über einem Jahr: VG Würzburg, U. v. 27.8.2014 - W 7 K 14.30286 - UA S. 12; VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 23). Stellt man hinsichtlich der Verfahrensdauer auf den Zeitraum zwischen der Übernahmeerklärung des ersuchten Mitgliedstaates, hier der belgischen Behörden vom 16. Dezember 2013, und dem Erlass der Abschiebungsanordnung, hier am 3. Februar 2014 ab, so ergibt sich eine Verfahrensdauer von nur eineinhalb Monaten. Stellt man schließlich auf den gesamten Zeitraum zwischen der Kenntnis von der Möglichkeit der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates und dem Erlass der Abschiebungsanordnung ab, so ergibt sich im vorliegenden Falle eine Verfahrensdauer von etwa sieben Monaten. Eine solche Verfahrensdauer kann in Anbetracht des Umstandes, dass die Antragsgegnerin es nicht in der Hand hatte, wann die belgischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen antworten würden, ebenfalls nicht als zu lange dar. Die Frage eines Ermessensfehlers stellt sich daher im vorliegenden Fall insoweit nicht (vgl. VG Würzburg, B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 9).

2.

Außergewöhnliche Umstände, die möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) sprechen könnten, sind vorliegend nicht glaubhaft gemacht.

Insbesondere ist nach derzeitigem Erkenntnisstand und unter Berücksichtigung der hierzu einschlägigen Rechtsprechung nicht davon auszugehen, dass das belgische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) bzw. des zur Auslegung nach Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta heranzuziehenden Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist eine Überstellung eines Asylbewerbers an einen anderen Mitgliedstaat nur dann zu unterlassen, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der (rück-)überstellten Asylsuchenden i. S. v. Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419 f.). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Verstoß eines zuständigen Mitgliedstaates gegen einzelne unionsrechtliche Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein (weiterer) Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Asylsuchenden an den zuständigen Staat zu überstellen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417/419). Denn eine solche Sichtweise würde den Kern und die Verwirklichung des Ziels der Dublin-Verordnungen gefährden, rasch denjenigen Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist (EuGH a. a. O.).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass derartige systemische Mängel bezüglich der Asylpraxis in Belgien vorliegen. Das Gericht teilt vielmehr insoweit aufgrund im Folgenden noch darzulegender eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage die Einschätzung einiger anderer deutscher Verwaltungsgerichte, wonach das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Belgien keine systemischen Mängel aufweisen (VG Düsseldorf, U. v. 23.10.2014 - 13 K 471/14.A - juris Rn. 55 ff.; U. v. 10.10.2014 - 13 K 3253/14.A - juris Rn. 36; VG Darmstadt, B. v. 25.9.2014 - 6 L 1488/14.DA.A - juris Rn. 28; VG Aachen, U. v. 22.8.2014 - 4 K 122/14.A - juris Rn. 35 ff.; VG Cottbus, B. v. 28.7.2014 - 3 K 1107/13.A - juris Rn. 4; VG München, B. v. 16.7.2014 - M 9 S 14.50233 - juris Rn. 17; B. v. 20.5.2014 - M 10 S 14.50141 - juris Rn. 15; VG Augsburg, B. v. 8.4.2014 - Au 7 S 14.30260 - juris Rn. 39 ff.).

Mit ihrer Befürchtung, dass ihnen in Belgien die Obdachlosigkeit drohe, machen die Antragsteller keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben geschilderten Sinne geltend. Denn es geht hierbei nicht um Leistungen und Aufnahmebedingungen während der Durchführung des Asylverfahrens. Anders als vom hauptsächlichen Anwendungsbereich der Dublin-Verordnungen erfasst, ist das Asylverfahren der Antragsteller in Belgien bereits für sie negativ abgeschlossen. Daraus folgt für sie die Ausreisepflicht (vgl. Generalkommissariat für Flüchtlinge und Staatenlose, Asyl in Belgien, 2010, S. 11). Der Verlust des Anspruchs auf staatliche Leistungen stellt sich jedenfalls in einem solchen Fall nicht als eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 24.2.2014 - 13 L 2685/13.A - juris; B. v. 8.5.2014 - 13 L 126/14.A - juris Rn. 37; B. v. 13.6.2014 - 13 L 1139/14.A - juris Rn. 8). Dies gilt mit Blick auf Belgien umso mehr, als abgelehnten Asylbewerbern in der Regel nach der Ablehnung des Asylantrags eine Rückkehrbegleitung angeboten wird (vgl. European Council on Refugees and Exiles - ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 30.4.2013, S. 43). Weitere Umstände, aus denen sich systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen Belgiens ergeben, sind von den Antragstellern nicht überzeugend geltend gemacht worden und im Übrigen auch nicht erkennbar. Der Bericht des Auswärtigen Amtes der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S. Department Of State, Human Rights Report 2012: Belgium, S. 7 ff.) erwähnt keine Beanstandungen systemischer Art der Flüchtlingssituation in Belgien. Amnesty International verweist in seinem „Amnesty Report 2013 - Belgien“ lediglich darauf, dass die Kapazität der Aufnahmezentren für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten nicht ausreichend gewesen sei. Dieser Zustand soll aber nach dem aida-Bericht (aida-Report Belgien, a. a. O., S. 49) ab Ende 2012 nicht fortbestanden haben. Auch der neuere aida-Bericht von 2014 (ECRE, Asylum Information Database - aida, National Country Report Belgium, Stand 1.6.2014,S. 59 ff.) enthält keine Hinweise auf eine Erschöpfung der Kapazitäten oder gar eine Überfüllung der Aufnahmezentren; vielmehr wird dort ein Absinken der Auslastung beschrieben. Aus diesem Bericht ergibt sich zudem, dass Asylbewerber in Belgien die Möglichkeit haben, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zu beantragen (aida-Report a. a. O., S. 8).

3.

Schließlich können die Antragsteller eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Selbsteintritt bzw. zur ermessensfehlerfreien Entscheidung hierüber auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachten psychischen Erkrankungen beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht sowie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof folgern aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Dublin II-VO, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin II-VO für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen nur mit dem Einwand systemischer Mängel es Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten könne und es nicht darauf ankomme, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - juris Rn. 6; U. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 7; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 40).

Ob angesichts dessen unterhalb der Schwelle der systemischen Mängel im Rahmen des Selbsteintrittsrechtes nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO überhaupt noch Raum für eine individuelle Prüfung einer Grundrechtsverletzung verbleibt, die nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta ausschließlich am Maßstab der europäischen Grundrechte - etwa anhand des Rechts auf Leben und Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GR-Charta - erfolgen könnte, kann im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass ihnen für den Fall ihrer Überstellung nach Belgien aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen eine Grundrechtsverletzung droht, weil die erforderliche medizinische Versorgung nicht gewährleistet wäre. Denn zum einen geht aus den in der Bundesamtsakte (Bl. 65 - 73) enthaltenen Schriftstücken hervor, dass die Antragstellerin zu 2) in Belgien wegen ihrer psychischen Erkrankung in ärztlicher Behandlung war. Auch nach den einschlägigen Erkenntnismitteln (vgl. aida-Report v. 1.6.2014, S. 67) umfassen die Asylbewerbern in Belgien gewährten Leistungen eine zur menschenwürdigen Existenz notwendige medizinische Grundversorgung. Zum anderen ergibt sich aus der vorgelegten fachärztlichen Stellungnahme vom 13. Februar 2014 nicht, dass den Antragstellern im Falle der Überstellung nach Belgien erhebliche und konkrete Gesundheitsgefahren drohen. In dem Attest werden in Bezug auf die Antragstellerin zu 2) u. a. eine „eventuell reaktive Psychose“ sowie eine davon nicht trennbare „posttraumatische Stresserkrankung“ festgestellt. Die Antragstellerin habe sich, wie auch ihr Ehemann - der Antragsteller zu 1) - „in Deutschland (vorher Belgien) stabilisiert“. Trotz Besserung sei bei einer Rückkehr nach Mazedonien eine konkrete Gefahr für die Gesundheit zu erwarten, weil eine geeignete Behandlung im Heimatland kaum verfügbar sein dürfte. Insbesondere sei Suizidalität zu befürchten. Damit stellt der die Bescheinigung ausstellende Arzt erkennbar auf die Verhältnisse im Herkunftsland der Antragsteller (Mazedonien), nicht aber auf den Zielstaat der Überstellung (Belgien) ab. Diese Prüfung obliegt den belgischen Asylbehörden. Im Übrigen erscheint es dem Gericht - ohne dass es darauf für die gerichtliche Entscheidung maßgeblich ankäme - nicht ohne Weiteres einleuchtend, dass der Arzt in dem o.g. Attest beim Antragsteller zu 1) ohne nähere Begründung eine „naturgemäß weithin ähnliche Situation“ mit „gleicher Diagnosefindung“ feststellt.

Sofern vor der Überstellung der Antragsteller Kontakt mit den belgischen Behörden aufgenommen wird und diese über die individuellen Bedürfnisse der Antragsteller informiert werden, ist eine ausreichende medizinische Versorgung in Belgien sichergestellt. Soweit dieser Informationsaustausch erfolgt, genügt der überstellende Staat auch grundsätzlich den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, so dass selbst bei Überstellung von besonders schutzbedürftigen Personen - etwa psychisch Kranken - nach Belgien keine grundlegenden Einwände bestehen (vgl. für Ungarn VG Würzburg, GB. v. 30.4.2014 - W 6 K 13.30525 - juris Rn. 23 m. w. N.; B. v. 1.12.2014 - W 1 S 14.30275, UA S. 15 f., B. v. 10.12.2014 - W 1 S 14.50008, UA S. 13).

4.

Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in der Form einer Reiseunfähigkeit aufgrund der geltend gemachten Erkrankungen lässt sich den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen nicht entnehmen. Hinsichtlich der Erkrankung der Antragstellerin zu 2) auf gynäkologischem Fachgebiet (vgl. Attest vom 20.3.2014 in der Gerichtsakte) ist in Anbetracht des Zeitablaufs ohnehin fraglich, ob überhaupt noch eine Reiseunfähigkeit bestehen könnte. Aktuelle ärztliche Stellungnahmen haben die Antragsteller trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vorgelegt.

Sollte dennoch aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes der Antragsteller eine krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit vorliegen, so hätte das Bundesamt bzw. die für die Durchführung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde dies - auch nach dem Erlass der Abschiebungsanordnung - bei der Vorbereitung und Durchführung der Abschiebung bzw. im Rahmen der Entscheidung über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG zu berücksichtigen; das Bundesamt hat die Ausländerbehörde ggf. anzuweisen, von einer Abschiebung abzusehen (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 10 ff.; BayVGH, B. v. 29.7.2014 - 10 CE 14.1523 - juris Rn. 21). Dies gilt ebenso für die erforderlichen Vorkehrungen zur Wahrung des Familienverbandes der Antragsteller und zum Schutze der minderjährigen Kinder (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 732/14 - juris Rn. 7 ff.).

5.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

6.

Da nach den vorstehenden Ausführungen weder das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch voraussichtlich das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung nach § 166 VwGO i. V. mit §§ 114 ff. ZPO abzulehnen, ohne dass es noch auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen ankommt.

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige und Eltern eines am 12. Februar 2014 geborenen Sohnes. Sie reisten im März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wenden sich gegen einen am 3. März 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 3. Februar 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II) nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Maßgabe ab, dass die angeordnete Abschiebung unter Berücksichtigung einer zweimonatigen "Mutterschutzfrist" (in Anlehnung an § 6 MuSchG) nicht vor dem 1. Mai 2014 vollzogen werden dürfe. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung bestehe nicht. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 3. April 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführer befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihnen jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf ihr neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepublik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführer bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erlitten, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lassen müsse. Ihnen drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie verletze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des von der Rückführung betroffenen Kleinkindes der Beschwerdeführer zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügen, zeigen sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführer setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung der Eltern von ihrem neugeborenen Kind bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen haben und ihrem Sohn als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, seine Abschiebung für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen, weiter.

Der Antragsteller reiste ursprünglich als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er wurde zunächst als Asylberechtigter anerkannt. Mit Bescheid vom 17. Juni 2003 widerrief das Bundesamt jedoch seine Asylberechtigung und die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 51 Abs. 1 AuslG und stellte zugleich fest, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Mit Bescheid vom 25. Juni 2004 wurde der Antragsteller aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Der Antragsteller ist mehrfach straffällig geworden und verbrachte längere Zeiträume in Haft. Er ist drogen- und alkoholabhängig.

Nachdem der Antragsteller im April 2014 aus der Haft entlassen worden war, kündigte die Antragsgegnerin an, dass sie beabsichtige, ihn am 9. Juli 2014 nach P. abzuschieben. Sie erwirkte beim Amtsgericht München die Anordnung der Sicherungshaft für zwei Wochen (Beschluss vom 4. Juli 2014).

Am 7. Juli 2014 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht München, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Abschiebung des Antragstellers für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen. Zur Begründung berief er sich auf ein fachärztliches Attest vom 10. Juni 2014, das dem Antragsteller eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung bescheinigte. Der Antragsteller sei aus fachärztlicher Sicht nicht reisefähig.

Die Antragsgegnerin teilte dem Verwaltungsgericht am 8. Juli 2014 mit, dass der Antragsteller nicht habe festgenommen werden können, weil er unter der angegebenen Adresse nicht aufzufinden gewesen sei. Weder den Eltern noch dem Bruder sei bekannt, wo der Antragsteller sich derzeit aufhalte.

Mit Beschluss vom 9. Juli 2014 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag ab. Der Antrag sei unzulässig, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Er sei offensichtlich untergetaucht, um sich der Festnahme zu entziehen. Das Gericht habe auch an der behaupteten Reiseunfähigkeit des Antragstellers trotz des vorliegenden Attests erhebliche Zweifel.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Juli 2014 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers für einen Zeitraum von sechs Monaten auszusetzen.

Der Antragsteller sei nicht untergetaucht. Er habe nach seiner Haftentlassung im April 2014 erneut seine Anschrift unter der angegebenen Adresse bestätigt. Er sei auch tatsächlich unter dieser Adresse erreichbar. Zustellungen an ihn könnten unter dieser Adresse bewirkt werden. Eine Verpflichtung, sich durchgehend nur an einem Ort aufzuhalten, sei dagegen nicht ersichtlich. Der Antragsteller stehe in regelmäßigem Kontakt mit seinem Bevollmächtigten, auch nehme er die Termine bei seinem Bewährungshelfer wahr. Es könne nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass er kein Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung habe, wenn er an seiner Wohnanschrift nicht festgenommen werden könne. Die Feststellung, ob eine psychiatrische Behandlung im Kosovo praktisch und finanziell hinreichend gewährleistet sei, bleibe der Beurteilung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vorbehalten. Der Antragsteller habe einen entsprechenden Wiederaufnahmeantrag gestellt. Der Antragsteller habe sich auch nicht einer weiteren Untersuchung entzogen, vielmehr habe die Antragsgegnerin eine amtsärztliche Untersuchung abgelehnt.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Wiederaufnahmeantrag des Antragstellers zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. Ungeachtet der Nichtdarlegung einer nachvollziehbaren Rückkehrgefahrenprognose im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sowie der nicht nachvollziehbar dargelegten Diagnose einer Depression bleibe festzuhalten, dass sowohl in der Republik Serbien als auch in der Republik Kosovo psychische Erkrankungen hinreichend behandelt werden könnten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsteller sei untergetaucht. Mehrere Versuche, ihn an der Meldeadresse anzutreffen, seien erfolglos geblieben. Zu seinem Bewährungshelfer habe er seit Januar 2013 keinen persönlichen Kontakt. Sein Arbeitsverhältnis sei vom Arbeitgeber fristlos gekündigt worden. Es bestehe kein Anordnungsgrund mehr. Ein Anordnungsanspruch liege ebenfalls nicht vor.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Erteilung einer vorläufigen Duldung für die Dauer von sechs Monaten im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Sachvortrag im Beschwerdeverfahren, auf den sich die Prüfung des Senats zu beschränken hat, rechtfertigt weder eine Abänderung noch eine Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO durch sein „Untertauchen“ bereits wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist oder es an der Dringlichkeit für eine gerichtliche Entscheidung und damit an einem Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 VwGO fehlt, weil jedenfalls ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht glaubhaft gemacht ist.

Das Erstgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in Einklang mit Art. 19 Abs. 4 GG jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt. Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung. Fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen (BVerfG, B. v. 27.10.1998 - 2 BvR 2662/95 - juris Rn. 16 m. w. N.). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Verhalten eines rechtsschutzsuchenden Verfahrensbeteiligten Anlass zu der Annahme bietet, dass ihm an der Sachentscheidung des Gerichts nicht mehr gelegen ist (BayVGH, B. v. 20.12.1999 - 10 ZB 99.1418 - juris Rn. 3). Zwar ist der Antragsteller an seiner Meldeadresse derzeit nicht greifbar. Der Antragsteller macht jedoch geltend, dass er Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung habe, weil vor seiner Abschiebung zunächst geklärt werden müsse, ob wegen der ihm attestierten Erkrankung ein Abschiebungsverbot besteht. Auch wenn sich der Antragsteller derzeit seiner Festnahme entziehen will, lässt sich wohl alleine aus der Tatsache, dass er unter seiner Meldeadresse nicht aufgreifbar ist, nicht ohne weiteres auf sein fehlendes Rechtsschutzinteresse schließen. Mit seinem Bevollmächtigten und auch seinen Eltern steht er zumindest in telefonischem Kontakt.

Nicht abschließend geklärt ist derzeit auch, ob die Abschiebung des Antragstellers tatsächlich konkret bevorsteht und deshalb die für den Anordnungsgrund erforderliche besondere Dringlichkeit für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung besteht. Denn wenn der Antragsteller tatsächlich auf unabsehbare Zeit untergetaucht und für die Abschiebung zuständige Behörde nicht erreichbar sein sollte, fehlte es regelmäßig am Anordnungsgrund (BVerfG, B. v. 31.8.1999 - 2 BvR 1523/99 - juris Leitsatz). Gerichtlicher Eilrechtsschutz gegen die Abschiebung kann in diesen Fällen in Anspruch genommen werden, sobald der Antragsteller wieder auftaucht und der zuständigen Behörde den tatsächlichen Aufenthalts- und Wohnort mitteilt. Vorliegend geht die Antragsgegnerin aber wohl davon aus, dass es ihr noch gelingt, den Antragsteller tatsächlich abzuschieben. Denn sie hat dem Senat mitgeteilt, dass die Abschiebung für den 30. Juli 2014 geplant ist, obwohl sich der Antragsteller derzeit nicht an seiner Meldeadresse aufhält. Unter diesen Umständen muss es dem Antragsteller möglich sein, vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.

Die Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg, weil der Antragsteller die Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Das Vorbringen im Beschwerdeverfahren, wonach dem Antragsteller in seinem Heimatstaat nicht die benötigten Medikamente und die notwendige medizinische Betreuung zur Verfügung stünden, vermag kein beachtliches (zielstaatsbezogenes) Abschiebungshindernis im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG zu begründen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Antrag auf Abänderung des nach altem Recht ergangenen Bescheids vom 17. Juni 2003 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG abgelehnt. Damit steht fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen. Die Ausländerbehörde ist insoweit an die Feststellungen des Bundesamts gebunden (§ 42 Satz 1 AsylVfG). Im Übrigen sind Gründe dafür, dass die vom Bundesamt getroffenen Feststellungen nicht zutreffen, im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt worden.

Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG besteht aber auch nicht wegen der vom Antragsteller geltend gemachten Reiseunfähigkeit. Von einer Reiseunfähigkeit im engeren Sinne spricht man, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne liegt dann vor, wenn die Abschiebung als solche außerhalb des Transportvorgangs eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (BayVGH, B. v. 18.10.2013 - 10 CE 13.1890 - juris Rn. 20; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.10.2013 - OVG 7 S 11.13 - juris Rn. 12). Zur Reiseunfähigkeit des Antragstellers führt das im Antragsverfahren vorgelegte fachärztliche Attest vom 10. Juni 2014 aus: „Es muss nach gegenwärtiger Einschätzung davon ausgegangen werden, dass bei einer Trennung des Patienten von seinen Bezugspersonen eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eintreten wird. Es ist damit zu rechnen, dass der Patient in einem Affektzustand eine akute Suizidalität entwickeln kann bzw. die Notwendigkeit einer stationären psychiatrischen Behandlung entsteht. Der Patient ist deshalb aus meiner fachärztlichen Sicht nicht reisefähig.“ Durch diese fachärztlichen Angaben ist jedoch nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass beim Antragsteller während des eigentlichen Vorgangs der Abschiebung eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht oder das ernsthafte Risiko besteht, dass sich unmittelbar durch die Abschiebung als solche der Gesundheitszustand des Antragstellers wesentlich verschlechtert. Dem fachärztlichen Attest lässt sich entnehmen, dass offensichtlich bei Erstellung der ärztlichen Bescheinigung eine Suizidgefahr nicht bestand, sondern der Antragsteller sehr motiviert und sogar in der Lage war, einer Berufstätigkeit nachzugehen (die vom Arbeitgeber erst nach Bekanntwerden des Haftbefehls für die Sicherungshaft gekündigt worden ist). Attestiert wird ihm lediglich eine deutliche Depressivität. Eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinn ist damit nicht festzustellen. Die behauptete wesentliche oder lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Antragstellers (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne) wird durch das fachärztliche Attest ebenfalls nicht hinreichend belegt. Der Facharzt spricht zwar davon, dass der Antragsteller im Affektzustand eine akute Suizidalität entwickeln könne. Für diese prognostische Diagnose, die er ohnehin nur als Möglichkeit in Erwägung zieht, führt er jedoch keinerlei Befundtatsachen aus dem bisherigen Behandlungsverlauf oder der Krankheitsgeschichte des Antragstellers an, die als Beleg für eine Suizidgefahr dienen könnten. Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 8.2.2012 - 2 M 29/12 - juris Rn. 11 ff.). Hinzu kommt, dass selbst bei einer unterstellten ernsthaften Suizidgefahr nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt, sondern dass die Abschiebung von der zuständigen Ausländerbehörde dann so zu gestalten wäre, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BayVGH, B. v. 9.4.2003 - 10 CE 03.4844 - juris Rn. 9, BVerfG, B. v. 16.4.2002 - 2 BvR 553/02 - juris; B. v. 26.2.1998 - 2 BvR 1985/98 - juris Rn. 4). Die Antragsgegnerin müsste in diesem Fall klären, ob tatsächlich die konkrete Gefahr einer Selbsttötung besteht, und dieser Gefahr gegebenenfalls zusätzlich zur bereits beabsichtigten Sicherheitsbegleitung durch eine entsprechende ärztliche Versorgung begegnen.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. H. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die Beschwerdeführer sind äthiopische Staatsangehörige und Eltern eines am 12. Februar 2014 geborenen Sohnes. Sie reisten im März 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten einen Asylantrag; zuvor hatten sie bereits in Italien einen Asylantrag gestellt. Sie wenden sich gegen einen am 3. März 2014 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. Februar 2014, mit dem ihnen Eilrechtsschutz gegen die auf § 34a Abs. 1 Satz 1, § 27a AsylVfG gestützte Anordnung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 3. Februar 2014 versagt wurde, sie auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II) nach Italien abzuschieben.

2

1. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag der Beschwerdeführer mit der Maßgabe ab, dass die angeordnete Abschiebung unter Berücksichtigung einer zweimonatigen "Mutterschutzfrist" (in Anlehnung an § 6 MuSchG) nicht vor dem 1. Mai 2014 vollzogen werden dürfe. Eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zum Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-Verordnung bestehe nicht. Weder sei ein Ausnahmefall nach dem Konzept der normativen Vergewisserung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 ff.) gegeben, noch lägen systemische Mängel des italienischen Asyl- und Aufnahmesystems im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) vor, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass der Asylbewerber oder Flüchtling tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden. Systemische Mängel, die eine Aussetzung der Abschiebung in Anwendung von Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gebieten könnten, seien auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Falle von Italien aufgrund der Auskunftslage derzeit nicht erkennbar (vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336).

3

2. Die Beschwerdeführer rügen mit ihrer am 3. April 2014 erhobenen Verfassungsbeschwerde die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG, Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG.

4

a) Die Beschwerdeführer befürchten unter Bezugnahme insbesondere auf einen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zu den Aufnahmebedingungen in Italien vom Oktober 2013, bei einer Rückkehr nach Italien wie die große Mehrheit der Schutzbedürftigen obdachlos zu werden und keinen Zugang zu Gesundheitsvorsorge und Nahrungsmitteln zu erhalten. Schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer seien einem sehr hohen Risiko der Verelendung ausgesetzt; ihre Situation sei wesentlich prekärer als die eines Asylsuchenden, der sich noch im Verfahren befinde. Etwas anderes gelte allenfalls für besonders schutzbedürftige Personen. Allerdings gälten Familien mit beiden Elternteilen in Italien nicht als verletzlich. Auch wenn es zu einer staatlichen Unterbringung kommen sollte, bestehe die Gefahr, dass sie nicht als Familie untergebracht würden, sondern dass es zu einer Unterbringung von Mutter und Kind in der einen, des Vaters aber in einer anderen Einrichtung komme. Eine Trennung der Familie, um die Wahrscheinlichkeit der Unterbringung zu erhöhen, könne ihnen jedoch nach Art. 8 EMRK nicht zugemutet werden. Gerade im Hinblick auf ihr neugeborenes Kind erscheine die Vorenthaltung von Gesundheitsversorgung und Nahrung dramatisch.

5

b) Das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sei verletzt, weil das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgehe, die Berufung auf das Asyl-Grundrecht werde in Dublin-Fällen durch Art. 16a Abs. 2 GG ausgeschlossen. Die Dublin-Fälle richteten sich vielmehr allein nach der - spezielleren - Vorschrift des Art. 16a Abs. 5 GG und den Vorgaben des - zwischenzeitlich vergemeinschafteten - europäischen Asylsystems. Während Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG den materiell-rechtlichen Gewährleistungsinhalt des Grundrechts auf Asyl grundsätzlich einschränke und den Prüfungsmaßstab nach dem Konzept der normativen Vergewisserung festlege, liege der Kompetenzübertragung nach Art. 16a Abs. 5 in Verbindung mit Art. 23 GG die Idee zugrunde, dass die Bundesrepublik den Gewährleistungsinhalt von Art. 16a Abs. 1 GG einer europäischen Zuständigkeitsregelung unterwerfe und zugleich an ihr normsetzend mitwirke. Die Pflichten, die die Bundesrepublik sich mit Art. 16a Abs. 1 GG auferlegt habe, könne sie danach nur soweit delegieren, wie die Verheißung eines im Gebiet der Dublin-Verordnung geltenden Flüchtlingsschutzes im anderen Mitgliedstaat auch wirklich eingelöst werde. Sei dies nicht der Fall, treffe die Bundesrepublik kraft des wechselseitigen und auf Solidarität sowie Mindeststandards beruhenden Lastenausgleichssystems die Rolle eines "Ausfallbürgen". Europäische Asylstandards würden in Italien jedoch nicht gewahrt; nach allem, was über die dortige Situation von Asylbewerbern bekannt sei, würden dort entscheidende Bestimmungen aus der Verfahrens-, Aufnahme- und Qualifikationsrichtlinie ebenso verletzt wie Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK.

6

Aus der Pflicht der Bundesrepublik zu gewährleisten, dass die Beschwerdeführer bei Überstellung an einen Dublin-Zielstaat keine Rechtsverletzungen an anderen Rechtsgütern erlitten, folge, dass die Bundesrepublik sich derartige Rechtsverletzungen zurechnen lassen müsse. Ihnen drohe in Italien Obdachlosigkeit und eine defiziente Gesundheits- und Lebensmittelversorgung, die in die reale Gefahr der Verelendung führe; hierin liege eine Verletzung sowohl der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG als auch eine Gefahr für ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Das Verwaltungsgericht habe im Übrigen auch gegen das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die einfachgesetzlich geltenden Normen der EMRK verfehlt interpretiert habe. In ihrem Falle sei Art. 3 EMRK zu berücksichtigen gewesen, der mit dem Verbot "unmenschlicher" oder "erniedrigender" Behandlung nach allgemeiner Auffassung gerade die Situation der Verelendung umschreibe, die durch den Zielstaat der Überstellung zu unterbleiben habe. Die drohende Trennung der Familie verletze Art. 6 GG.

II.

7

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, und die Annahme ist nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>); sie ist unzulässig (dazu 1. und 2.). Hiervon unabhängig besteht allerdings Anlass zu dem Hinweis, dass die mit der Rückführung befassten deutschen Behörden in dem vorliegenden Einzelfall geeignete Vorkehrungen zum Schutz des von der Rückführung betroffenen Kleinkindes der Beschwerdeführer zu treffen haben (dazu 3.).

8

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 16a Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 GG und Art. 3 Abs. 1 GG wegen willkürlicher Verkennung der Vorgaben aus Art. 3 EMRK rügen, zeigen sie schon die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfGE 108, 370 <386 f.>). Die Beschwerdeführer setzen sich mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 94, 49 <95 ff.>), des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH , Urteil vom 21. Dezember 2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413; Beschluss vom 2. April 2013, Mohammed Hussein u.a. v. Niederlande und Italien, Nr. 27725/10, ZAR 2013, S. 336) nicht auseinander, die der angegriffenen Entscheidung zugrunde liegt.

9

2. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung in ihren Rechten aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Art. 23 GG sowie aus Art. 6 Abs. 1 GG aufgrund einer drohenden Obdachlosigkeit und einer Trennung der Eltern von ihrem neugeborenen Kind bei einer Abschiebung geltend machen, legen sie nicht hinreichend substantiiert dar, dass sie in Italien mit Obdachlosigkeit und Trennung der Familie zu rechnen haben und ihrem Sohn als Folge der Abschiebung mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Gesundheitsgefahren drohen. Es bedarf daher keiner Klärung, ob dahingehende systemische Mängel des italienischen Aufnahmesystems bestehen und ob solche strukturelle Defizite in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen im Konzept der normativen Vergewisserung nicht aufgefangenen Sonderfall darstellen können (vgl. dazu nur Moll/Pohl, ZAR 2012, S. 102 <104 ff.>; zu den Darlegungslasten für die Begründung eines solchen Sonderfalles vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Hierbei wäre ohnehin zu berücksichtigen, dass etwaige mit der Überforderung des Asylsystems eines Mitgliedstaats der Europäischen Union verbundene transnationale Probleme vornehmlich auf der Ebene der Europäischen Union zu bewältigen sind (vgl. BVerfGE 128, 224 <226>).

10

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann es allerdings - unbeschadet der Prüfung, ob einer Zurückweisung oder Rückverbringung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen - in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen (vgl. BVerfGE 94, 49 <100>). Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241 <242>).

11

a) Nach der - von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden - jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob "feststeht", dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. November 2004 - 2 M 299/04, juris; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 3. Dezember 2010 - 4 Bs 223/10 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311> auch m.w.N. zur a.A.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 4. Juli 2012 - 2 LB 163/10 -, InfAuslR 2012, S. 383; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1. Februar 2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris; zuletzt VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris).

12

Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen (vgl. OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 - 18 B 1060/11 -, juris, Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 12. März 2014 - 10 CE 14.427 -, juris, Rn. 4; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 - 2 B 215/14 -, juris, Rn. 7; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19. Mai 2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, Rn. 4).

13

b) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 6. Februar 2008 - 11 S 2439/07 -, InfAuslR 2008, S. 213 <214> unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, S. 241).

14

Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

15

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

16

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.

17

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

18

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.