Verwaltungsgericht Berlin Urteil, 17. Apr. 2018 - VG 13 K 294. 17
Gericht
Richter
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VERWALTUNGSGERICHT BERLIN
IM NAMEN DES VOLKES
In der Verwaltungsstreitsache
1. der Frau A,
2. des Herrn B,
Kläger,
Verfahrensbevollmächtigte zu 1 und 2: Rechtsanwälte Bierbach, Streifler & Partner, Wilhelmstraße 46, 10117 Berlin,
gegen
das Land Berlin,
Beklagter,
hat das Verwaltungsgericht Berlin, 13. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2018 durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Mueller-Thuns als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung einer Garage in ein Bürogebäude und wenden sich gegen eine entsprechende Nutzungsuntersagung.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks C-Straße und D-Straße in Berlin-Kreuzberg. Für dieses setzt der Bebauungsplan Vl-12 vom 23. September 1959 (GVBI. 1166) eine hintere Baugrenze entlang der straßenseitigen Gebäude und eine nicht überbaubare Grünfläche im Blockinneren mit Flächen für Mülltonen und Einstellplätze für Pkw festgesetzt; nach Nr. 4 der Planergänzungsbestimmung können innerhalb der nicht überbaubaren Flächen der Baugrund stücke ausnahmsweise feste Garagenbauten für den Eigenbedarf der Bewohner und baulichen Nebenanlagen wie Müllhäuschen usw. zugelassen werden. Der Kläger zu 2. (Kläger) betreibt auf dem Grundstück eine Sanitärfirma.
Mit bestandskräftigem Bescheid des Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin vom 23. Juli 2012 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers, die Änderung der Nutzung der hinter dem Gebäude in der D-Straße gelegenen Garagen in ein Bürogebäude zu genehmigen, ab.
Mit Bescheiden derselben Behörde vom 2. November 2016 und Widerspruchsbescheid vom 5. April 2017 untersagte der Beklagte den Klägern die Nutzung des ehemaligen Garagengebäudes als Betriebsstätte mit Büro, Werkstatt und Lagerräumen und eine andere Nutzung als die Unterstellung von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und Müllbehältern; zugleich drohte er ein Zwangsgeld von 10 000 Euro an. Zur Begründung führte er aus, die Umnutzung der Garage zu anderen Nutzung außerhalb der festgesetzten Baugrenzen sei nicht zulässig. Eine Befreiung komme wegen der Berührung der Grundzüge der Bauleitplanung nicht in Betracht, denn die nicht bebauten Flächen sollten freigehalten werden. Der Bebauungsplan sei nicht funktionslos geworden.
Mit Bescheid derselben Behörde vom 4. September 2017 und Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 11. Dezember 2017 lehnt der Beklagte einen erneuten Atrag auf Nutzungsänderung mit derselben Begründung ab.
Am 12. Mai 2017 und 2018 haben die Kläger die verbundenen Klagen erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, der Bebauungsplan sei funktionslos geworden, jedenfalls sei eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB mangels Berührung der Grundzüge der Planung zu erteilen, denn hinsichtlich des Baugrundstücks liege eine atypische Sondersituation vor; der Anteil des Gewerbes habe sich durch Vergrößerung der Tankstelle gegenüber den Festsetzungen des Bebauungsplanes erheblich erhöht und diese Nutzungsart strahle auf die im selben Baugebiet festgesetzte Wohnnutzung aus.
Die Kläger beantragen,
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin vom 4. September 2017 und des Widerspruchbescheids derselben Behörde vom 11. Dezember 2017 zu verpflichten, dem Kläger zu 2. die beantragte Baugenehmigung zu erteilen,
2. die Bescheide des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin vom 2. November 2016 und den Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 5. April 2017 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss der Kammer vom 13. Dezember 2017 und 19. Februar 2018 hat die Kammer die Sache dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheineinnahme der Örtlichkeiten; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminprotokoll verwiesen. Wegen der Einzelheiten des. Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Verwaltungsstreitakte auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgrüde
Die Klage, über die gemäß § 6 Abs. 1 VwGO der Einzelrichter entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Kläger zu 2. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Umnutzung der Garage in ein Bürogebäude begehrt, ist die Verpflichtungsklage unbegründet, denn er hat keinen dahingehenden Anspruch gegen den Beklagten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGÖ).en §§ 29 bis 38 BauGB entgegenstehen.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn die geplante Nutzung der ehemaligen Garage als Bürogebäude widerspricht gemäß § 30 BauGB i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 BauNVO den Festsetzungen über die hintere Baugrenze entlang der straßenseitigen Wohnbebauung. Eine Ausnahme ist in dem Bebauungsplan gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 Satz 3 BauNVO lediglich für Garagen und Nebenanlagen im Blockinneren jenseits der hinteren Baugrenze vorgesehen.
Diese Voraussetzungen erfüllt die Nutzung der Garage als Bürogebäude nicht, denn sie findet auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche statt und es handelt sich nicht um die Nutzung einer baulichen Nebenanlage im weiteren Sinne, sondern um eine kleingewerbliche Hauptnutzung i.S.d. § 7 Nr. 8 Satz 1 b) BO 58.
Die Festsetzung des Bebauungsplans über die überbaubare Grundstücksfläche ist auch nicht funktionslos geworden, denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Verhältnisse, auf die sich die Festsetzung bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und die zur Funktionslosigkeit führende Abweichung der planerischen Festsetzung von der tatsächlichen Situation für jedermann offenkundig ist sowie in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht haben, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt. Eine tatsächliche Übung entgegen den Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche ist bei „Briefmarkenbebauungsplänen" wie hier nicht bereits dann gegeben, wenn in einem überplanten Baugebiet zwei konkurrierende Nutzungen wie einerseits Wohnnutzung (§ 7 Nr. 8 BO 58 - Allgemeines Wohngebiet) und andererseits eine Nutzung als Beschränktes Arbeitsgebiet - Tankstelle (§ 7 Nr. 10 BO 58) festgesetzt werden und eine der beiden Nutzungsarten sich entgegen den Festsetzungen räumlich vergrößert, denn diese beiden Nutzungsarten sind im Gebiet des Bebauungsplans Vl-12 räumlich gerade voneinander getrennt worden und eine lärmintensivere gewerbliche Nutzung mitten in der Wohnnutzung liegt erkennbar außerhalb des Festsetzungswillens des Verordnungsgebers. Es kommt hier hinzu, dass die Baubehörde bei der Erweiterung der Tankstelle seinerzeit darauf bestanden hat, dass zwischen der Tankstelle und der Wohnnutzung eine Lärmschutzwand zum Schutz der Anwohner errichtet wird und damit eine Ausstrahlung der gewerblichen auf die Wohnnutzung gerade verhindert hat.
Es kommt auch keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB, wonach von den Festsetzungen des Bebauungsplans u.a. dann befreit werden kann, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, in Betracht. Unter Grundzügen der Planung ist dabei der planerische Grundgedanke, d.h. das zugrundeliegende Leitbild zu verstehen, das auch bei Zulassung des Vorhabens erhalten bleiben muss (vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Auflage 2016, § 31 Rn. 29 m.w.N.). Danach darf durch die Zulassung baulicher Anlagen nur eine Änderung von minderem Gewicht vorliegen, die noch von dem im jeweiligen Plan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde umfasst ist (Reidt ebd.). Zu den Grundzügen kann dabei auch eine Baugrenze im Innenhofbereich einer aufeinander bezogenen Wohnanlage, die wie hier, gezielt festgesetzt wurde, um den Innenhofbereich von Bebauungen freizuhalten, gehören. Eine atypische Sondersituation liegt aus den oben genannten Gründen nicht vor. Es ist im Hinblick auf die genannten Festsetzungen des Bebauungsplanes auch nicht ersichtlich oder dargetan, dass die Behörde ihr Ermessen aus § 31 Abs. 2 BauGB fehlerhaft ausgeübt hätte.
II.
Soweit die Kläger sich gegen die Nutzungsuntersagungen, Zwangsgeldandrohungen und die Widerspruchsgebühr wenden, ist die Anfechtungsklage unbegründet, denn diese Regelungen sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.
Ermächtigungsgrundlage für die Nutzungsuntersagung ist § 79 Satz 2 BauO Bin a.F. i.V.m. § 89 Satz 1 Hs. 1 BauO Bin n.F.. Danach kann eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgende Nutzung von baulichen Anlagen untersagt werden. Diese Voraussetzungen liegen vor.
a.
Die Nutzung der ehemaligen Garage als Bürogebäude ist formell illegal, da sie ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt. Die Nutzungsänderung ist nach § 59 Abs. 1 BauO Bin genehmigungsbedürftig, denn sie ist insbesondere nicht gemäß § 61 BauO Bin verfahrens- oder nach § 62 BauO -Bin genehmigungsfrei gestellt und die Nutzung als Bürogebäude übersteigt das mögliche Nutzungsspektrum als Garage. Die Kläger besitzen auch nicht die erforderliche Baugenehmigung oder Genehmigungsfiktion. Eine Befreiung kommt, wie ausgeführt, nicht in Betracht.
b.
Die angegriffene Verfügung ist nicht ermessensfehlerhaft. In den Fällen einer ungenehmigten Nutzung baulicher Anlagen ist in der Regel allein der Erlass einer Nutzungsuntersagung ermessensgerecht; der Bauaufsichtsbehörde ist insoweit nur ein intendiertes Ermessen eingeräumt. Anhaltspunkte für einen atypischen Ausnahmefall haben die Kläger nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.
2.
Die Zwangsgeldandrohung entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1, 11 und 13 VwVG i.V.m. § Sa VwVfG Bln.
3.
Die Widerspruchsgebühr ergibt sich aus § 16 Abs. 2 und 3 GebG Bin.Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung war nicht gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4,124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen.
Dr. Mueller-Thuns
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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.
(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.
(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.
(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.