Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 25. Apr. 2018 - B 5 K 16.31862

bei uns veröffentlicht am25.04.2018

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige, ukrainischer Volkszugehörigkeit und protestantische Christen. Sie reisten nach eigenen Angaben am 18. Dezember 2014 von der Türkei kommend auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 8. Dezember 2015 Asyl.

Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bundesamt) am 23. August 2016 gab die Klägerin zu 2) im Wesentlichen an, dass am 4. September 2014 die Kämpfe in den Vororten Mariupols begonnen hätten. Dann sei die Stadt auch selber betroffen gewesen. Ein Geschoss habe fast ihr Haus getroffen. Die Kinder hätten große Angst bekommen, weil die Bombardierungen oft auch nachts stattgefunden hätten. Sie habe einen Nervenzusammenbruch gehabt. In der Stadtmitte habe es am 9. Mai 2014 eine Friedensparade gegeben. Dort hätten die Kämpfe dann auch angefangen und viele seien dabei gestorben. Sie seien damals zu Hause gewesen. Ein Umzug in die Westukraine sei nicht realistisch gewesen. In einem anderen Teil der Ukraine würde sie als Separatistin bezeichnet. Es gebe nicht genügend Finanzen und keine Wohnmöglichkeiten. Es sei schwierig, Arbeit zu finden und es gebe keine finanzielle Unterstützung von der Stadt. Für ihre Kinder würden die gleichen Asylgründe gelten. Sie habe an der Fachhochschule Bankkauffrau studiert und danach auf der Universität Finanzen im Fernstudium. Sie sei Spezialistin für Finanzen und habe bis ca. 2012 gearbeitet. Sie hätten Kindergeld erhalten.

Der Kläger zu 1) machte im Wesentlichen die gleichen Angaben wie die Klägerin zu 2) und trug ergänzend vor, dass er am 9. Mai 2014 in der Stadtmitte von Mariupol gewesen sei. Es habe eine Friedensparade gegeben. Dann sei die ukrainische Armee angekommen und habe angefangen zu schießen. Viele seien gefallen. Die Polizeistation sei in Brand gesetzt worden und es habe viele Verletzte gegeben. Es habe eine Schlägerei gegeben und er sei geschubst worden, worauf er hingefallen sei. Irgendetwas sei explodiert und Splitter hätten seine Hand verletzt. Er habe industriellen Metallbau studiert. Bis etwa 2007 habe er zunächst als Arbeiter, später als Vorgesetzter einer Gruppe von Industriearbeitern gearbeitet und sich dann als Transportunternehmer selbstständig gemacht. Die wirtschaftliche Lage sei schlechter als im Durchschnitt gewesen. Die Verwandten hätten geholfen.

Mit Bescheid vom 30. November 2016 wurden die Anträge der Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus abgelehnt (Ziffern 1-3 des Bescheides). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 4 des Bescheides). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Ihnen wurde die Abschiebung in die Ukraine oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht (Ziffer 5 des Bescheides). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6 des Bescheides). Auf die Begründung des Bescheides wird Bezug genommen, § 77 Abs. 2 des Asylgesetzes (AsylG). Der Bescheid wurde den Klägern am 1. Dezember 2016 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2016, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am gleichen Tage, ließen die Kläger durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,

die Beklagte Bundesrepublik Deutschland wird unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Referat 261 AS Manching, vom 30. November 2016, Az. …, zugestellt am 1. Dezember 2016, verpflichtet, festzustellen, dass die Kläger Asylberechtigte sind und ihnen die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen;

hilfsweise, den Klägern subsidiären internationalen Schutz zu zuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf die Ukraine bestehen.

Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2017 begründete der Bevollmächtigte der Kläger die Klage dahingehend, dass die Kläger zu 1) und zu 2) ukrainisch nicht so fließend wie die Bevölkerung in der Zentral- und Westukraine sprächen, sie dort keine verwandtschaftlichen Beziehungen hätten, sie aus dem Osten der Ukraine kämen und sich daher bei der Arbeitssuche hinten anstellen müssten, was bedeute, dass sie keine Arbeit finden würden. An die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit sei mangels Kontakten zu potentiellen Kunden und des „Fremdseins“ sprachlich und menschlich, sowie mangels finanzieller Mittel nicht zu denken. Der Kläger zu 1) unterliege nach wie vor der Wehrpflicht. Er sei im wehrdienstfähigen Alter. Zwar sei er Anfang der 2000er Jahre, als die Frage bei ihm anstand, wegen damaliger Probleme mit der Wirbelsäule aus gesundheitlichen Gründen nicht eingezogen worden, die Ausgangssituation sei aber jetzt wegen der Krise im Osten eine andere. Die Ukraine brauche Soldaten, so dass dem Kläger grundsätzlich die Einberufung drohe. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) seien Mitglieder der Kirchengemeinde „der guten Veränderungen“ in der Stadt Mariupol. Sie hätten sich aktiv am Krankenhaus- und im Gefängnisdienst beteiligt. Die Kriegsdienstverweigerung sei in der Ukraine zwar verfassungsrechtlich anerkannt, allerdings sei die Wahrnehmung des sogenannten „Alternativdienstes“ auf Personen begrenzt, die Angehörige von registrierten religiösen Gemeinschaften seien, deren Lehre es verböte, Waffen zu benutzen und Dienst in der Armee zu leisten. Die Gemeinde „der guten Veränderungen“ sei wahrscheinlich registriert. Der Kläger zu 1) wisse, dass es einen Fall von Alternativdienst aus seiner Gemeinde gegeben habe. Der Kläger zu 1) sei aus Gewissensgründen und aufgrund seiner religiösen Überzeugung als praktizierender Christ nicht bereit, Kriegsdienst in der ukrainischen Armee zu leisten und werde den Dienst mit der Waffe auf jeden Fall verweigern. Der Kläger habe sich de facto bereits dem Kriegsdienst und der Mobilisierung entzogen. Ihm drohen daher strafrechtliche Verfolgung und Haft unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Eine finanzielle Unterstützung durch die in der Ukraine lebenden Verwandten sei nicht möglich. Die Lebenshaltungskosten beliefen sich vorbehaltlich aller regionalen und individuellen Unterschiede auf mindestens etwa 1500 UA H.

Die Kläger befürchten im Falle einer Rückkehr/Abschiebung in die Ukraine keine menschenwürdige Existenz führen zu können. Zudem sei die Zivilbevölkerung in Mariupol und Umgebung wegen permanenter Verstöße gegen die Waffenstillstandsvereinbarungen und Kampfhandlungen in diesem Bereich einem ernsthaften Risiko der Verletzung ihrer Rechte auf Leben, Freiheit, Sicherheit und körperliche Integrität ausgesetzt.

Für die Beklagte beantragte das Bundesamt mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2016,

die Klage abzuweisen.

Der Rechtsstreit wurde mit Kammerbeschluss vom 7. März 2018 auf die Berichterstatterin zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 12. März 2018 wurde unter Hinweis darauf, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, zur mündlichen Verhandlung am 12. April 2018, 11.00 Uhr geladen. Die Ladung ging dem Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich des zurückgesandten Empfangsbekenntnisses am 14. März 2018 zu.

Mit Schriftsatz vom 29. März 2018 trug der Prozessbevollmächtigte der Kläger weiter zur Sache vor und beantragte eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung und begründete dies mit dem errechneten Entbindungstermin der Klägerin zu 2) zwei Tage nach dem angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung. Hierzu legte er eine Kopie des Mutterpasses vor. Den Verlegungsantrag lehnte die Einzelrichterin mit Verfügung vom 6. April 2018 ab; die Verfügung wurde dem Klägerbevollmächtigten am gleichen Tage per Telefax vorab übermittelt.

Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung, in der fünf unbedingt gestellte Beweisanträge abgelehnt wurden, wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. April 2017 Bezug genommen. Ergänzend wird nach § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

1. Die zulässigen Klagen haben in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Bundesamts vom 30. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Sie haben im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte nach Art. 16a Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), noch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG oder die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die vom Bundesamt erlassene Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG sind nicht zu beanstanden.

Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Ergänzend wird hierzu Folgendes ausgeführt:

a) Die Kläger haben weder Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte i.S.d. Art. 16a GG noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Nach Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist politisch in diesem Sinne, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an bestimmte asylerhebliche Merkmale - nämlich seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen - gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, B.v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315). Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz im Sinne des § 3d AsylG vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG). Dabei ist sowohl bei der Prüfung des Flüchtlingsschutzes als auch des subsidiären Schutzes als Prognosemaßstab einheitlich der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG). Danach besteht bei vorverfolgt Ausgereisten die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (hierzu: BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377).

Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ihnen droht bei einer Rückkehr in die Ukraine nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung aufgrund einer der in § 3 AsylG genannten Verfolgungsgründe.

Weder aus ihrem Vorbringen gegenüber dem Bundesamt noch aus ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung der Kläger, die gerade an die genannten Merkmale der politischen Überzeugung, der religiösen Grundentscheidung oder anderer unverfügbarer, das Anderssein prägender Merkmale anknüpfen würde bzw. eine individuelle Verfolgung wegen eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale. Die Kläger litten - wie die gesamte dortige Zivilbevölkerung - unter dem Anfang 2014 ausgebrochenen bewaffneten Konflikt und der Gefahrenlage in der Ostukraine. Dies gilt insbesondere für die Schilderung des Klägers zu 1) in seiner Anhörung zu den Ereignissen am 9. Mai 2014. Auch erreichen die von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung geschilderten Fahrzeugkontrollen keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungshandlung, da diese allenfalls eine die gesamte Bevölkerung treffende Diskriminierungshandlung darstellen.

Auch aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft „der guten Veränderungen“ droht den Klägern bei ihrer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung. Weder aus ihrem Vorbringen gegenüber dem Bundesamt noch aus ihren Ausführungen in der mündlichen Verhandlung ergeben sich Anhaltspunkte für eine individuelle Verfolgung der Kläger aufgrund ihres Glaubens. Anhaltspunkte für eine kollektive Verfolgung sind ebenfalls nicht ersichtlich. Die Kläger trugen weder bei ihrer Anhörung beim Bundesamt, noch im gerichtlichen Verfahren eine Einschränkung ihrer religiösen Glaubensausübung noch Anhaltspunkte für eine individuelle Verfolgung vor. Einzig der Bevollmächtigte der Kläger trug in der Klagebegründung die aktive Beteiligung der Kläger am Krankenhaus- und im Gefängnisdienst vor. Jedoch lässt auch dieser Vortrag jegliche Form einer Einschränkung der Religionsausübung und -betätigung vermissen.

Im aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018 wird zudem unter Ziffer 1.4 ausgeführt, dass die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung von der Verfassung (Art. 35) garantiert und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert werde. Erkenntnisse darüber, dass von diesem grundsätzlichen Bekenntnis zur Religionsfreiheit bei der Kirchengemeinde „der Guten Veränderungen“ anders verfahren würde, liegen nicht vor. Die ukrainischen Gesetze verbieten jedenfalls Diskriminierung aufgrund des Glaubens und religiöse Gruppen haben auch Möglichkeiten, im Gesetzgebungsprozess gehört zu werden.

Hinsichtlich der von Klägerseite geäußerten Befürchtung, der Kläger zu 1) könne in der Ukraine zum Wehrdienst eingezogen werden und wegen Wehrdienstverweigerung aus Glaubensgründen erhebliche Probleme bekommen bzw. ihm letztere unmöglich sein, führt dies nicht zu einer Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Nach ständiger Rechtsprechung stellt die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen weder schlechthin eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar noch ist eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stets als unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG anzusehen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen nur dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, B.v. 10.9.1999 - 9 B 7.99, juris, Rn. 3; BayVGH, B.v. 13.1.2017 - 11 ZB 16.31051, BeckRS 2017, 101018, Rn. 4). Eine solche Anknüpfung an ein flüchtlingsrechtlich relevantes Merkmal ist mit Blick auf die Wehrdienst- bzw. die Mobilisierungserfassung in der Ukraine nicht zu erkennen. Ausweislich der eingeführten Erkenntnismittel spielen Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Überzeugung bei der Heranziehung keine Rolle (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 10).

Jeder souveräne Staat hat zudem grundsätzlich das Recht, seine Staatsangehörigen zum Wehr- und Militärdienst heranzuziehen. Nach § 3a Abs. 2 Nr. 5 AsylG kann damit (nur) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, als Verfolgungshandlung i.S. des Abs. 1 gelten. Dazu gehören Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit, schwere nichtpolitische Straftaten oder Zuwiderhandlungen gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen. Dabei obliegt es daher demjenigen, der die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen möchte, mit hinreichender Plausibilität darzulegen, dass die Einheit, der er angehört, die Einsätze, mit denen sie betraut wurde, unter Umständen durchführt oder in der Vergangenheit durchgeführt hat, unter denen Handlungen der in dieser Bestimmung genannten Art mit hoher Wahrscheinlichkeit begangen werden oder wurden (EuGH, U.v. 26.2.2015 - C-472/13, NVwZ 2015, 575, Rn. 43 - Shepherd). Dieser vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Plausibilitätstest dient daher der Prüfung, ob im Zeitpunkt der Entscheidung des Betroffenen, einem ergangenen Einsatzbefehl nicht nachzukommen, die Begehung von Kriegsverbrechen durch seine Einheit wahrscheinlich war. Vorliegend ist zwar mit den in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen davon auszugehen, dass es in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk ebenso zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen ist wie auch in Gebieten, in denen ukrainische “Freiwilligen-Bataillone“ gegen Separatisten vorgehen (vgl. nur Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 5 f., S. 12 ff.; VG Würzburg, U.v. 24.3.2017 - W 7 K 16.32389). Berichte, dass reguläre Einheiten der ukrainischen Armee an solchen Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren, liegen aber nicht vor.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Strafvorschriften der Ukraine wegen Wehrdienstentziehung eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung i.S. von § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG darstellen. Die Entziehung von Wehrdienst wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Eine Mobilisierungsentziehung kann mit bis zu fünf Jahren bestraft werden. Für Entziehung von der Wehrerfassung ist eine Geldstrafe bis zu 50 Mindestmonatslöhnen oder Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten vorgesehen, für die Entziehung von einer Wehrübung kann Geldstrafe bis zu 70 Mindestmonatslöhnen oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten verhängt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 11). Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung kann aber regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird. Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.2.2016 - 11 ZB 16.30012, juris Rn. 13 ff. unter Hinweis auf EuGH, U.v. 26.2.2015, C-472/13 - Shepherd; B.v. 13.1.2017, 11 ZB 16.31051, juris, Rn. 4).

Eine Gewissensentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jede ernste, sittliche, an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne schwere seelische Not bzw. nicht ohne ernstliche Gewissensnot handeln kann. Für eine verbindliche und unbedingte Gewissensentscheidung des Betroffenen müssen konkrete Anhaltspunkte anhand seiner persönlichen Entwicklung, seiner Lebensführung, seines bisherigen Verhaltens und der Einflüsse, denen er ausgesetzt war und ist, sowie der Motivation seiner Entscheidung festgestellt werden. Der Kläger zu 1) hat insoweit vorgetragen, dass er den Krieg nicht verstehen könne. Er sei Mitglied einer christlichen Gemeinde (was er durch Vorlage von Mitgliedsbescheinigungen dargelegt hat) und nicht bereit, eine Waffe in die Hände zu nehmen für einen Krieg, den er nicht verstehe. Auch aufgrund seines Glaubens sei er dazu nicht bereit. Damit bezieht sich der Kläger zu 1) in erster Linie auf allgemeine Gründe gegen die Einberufung zum Militärdienst, nicht aber legt er in substantiierter Weise pazifistische Gewissensgründe gegen das Töten von Menschen als solches dar.

Da es auf das Bestehen des Gewissenkonflikts bzw. seiner inneren Überzeugung jedoch im Ergebnis nicht ankommt, konnte in der mündlichen Verhandlung der Beweisantrag auf Zeugeneinvernahme zur Tatsache, dass der Kläger zu 1) sich dem Zeugen gegenüber in Gesprächen dahingehend geäußert hat, dass er den Kriegsdienst aufgrund seines christlichen Glaubens verweigern würde, als wahr unterstellt abgelehnt werden. Denn zum einen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger zu 1) (nochmals) zum Wehrdienst herangezogen werden sollte, nachdem er - wie der Bevollmächtige des Klägers zu 1) in der Klagebegründung ausführte - bereits Anfang der 2000 wegen damaliger Probleme mit der Wirbelsäule aus gesundheitlichen Gründen nicht eingezogen worden ist. Auch wenn nach den Angaben des Bevollmächtigten des Klägers zu 1) diese Probleme den Kläger zu 1) aktuell nicht (mehr) behinderten, so ergibt sich daraus nichts anderes. Insbesondere droht dem Kläger zu 1) aufgrund der „anderen Ausgangssituation“ nicht grundsätzlich die Einberufung. Denn der Kläger zu 1) ist nicht mehr in einem wehrpflichtigen Alter. Die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes besteht für physisch taugliche Männer im Alter zwischen 18 und 27 Jahren (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 31). Der am 16. Januar 1983 geborene Kläger zu 1) ist bereits 35 Jahre alt.

Nichts anderes ergibt sich hinsichtlich einer Einberufung im Rahmen einer allgemeinen Mobilmachung. Nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht am 1. Mai 2014 erfolgten insgesamt sechs Mobilisierungswellen, die hauptsächlich Reservisten, aber auch Grundwehrdienstleistende (letztere zu einer sechsmonatigen Ausbildung) erfassten. Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung spielten bei der Heranziehung keine Rolle. Ende Oktober 2016 wurde die Demobilisierung der sechsten Mobilisierungswelle abgeschlossen. Durch die Attraktivierung des Dienstes als Zeitsoldat verpflichteten sich derart viele Personen, dass nach der sechsten Mobilisierungswelle auf eine (bereits angekündigte) siebte Welle verzichtet werden konnte. Im November 2016 versicherte Präsident Poroschenko, dass es nach Abschluss der Demobilisierung der sechsten Welle keine Mobilisierten mehr an der Front der ATO-Zone geben würde. Weitere Mobilisierungswellen sind bislang nicht vorgesehen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 10; Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 38). Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger zu 1) bei einer Rückkehr in die Ukraine insoweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verpflichtung zum Wehrdienst oder die allgemeine Mobilmachung droht.

Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern sich der Kläger zu 1) - wie von seinem Bevollmächtigten angeführt - dem Kriegsdienst und der Mobilisierung entzogen habe und ihm aufgrund Militärdienst- bzw. Mobilisierungsentzug gem. Art. 335 und 336 des ukrainischen Strafgesetzbuches bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe drohten. Grundsätzlich ist es zwar auch möglich, dass Ukrainer bei Rückkehr aus dem Ausland strafverfolgt werden, weil sie sich der Mobilisierung entzogen haben, da diese Personen in ein einheitliches Staatsregister der Personen, die sich der Mobilisierung entziehen, eingetragen wurden. Zugriff auf dieses Register haben der Generalstab der Streitkräfte der Ukraine und auch das Innenministerium. In der Praxis gibt es trotz zahlreicher Fahndungen jedoch nur wenige Anklagen und kaum Verurteilungen (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 41 m.w.N.). Im Übrigen haben nach der Auskunftslage im März/April 2014 z.B. 70% der Reservisten in Kiew die Ladungen ignoriert und sind nicht bei den Rekrutierungsbüros erschienen. Um 1.000 Männer zu mobilisieren, waren bis zu 40.000 Ladungen notwendig (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 39 m.w.N.). Angesichts dieser Zahlen erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass über ein Jahr nach der Demobilisierung aller tatsächlich eingezogenen Soldaten im Oktober 2016 (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 10) nunmehr ein großer Teil der männlichen Bevölkerung mit Strafverfahren überzogen wird, weil sie die Ladungsschreiben nicht entgegen genommen haben (vgl. BayVGH, U.v. 24.8.2017 - 11 B 17.30392 - juris Rn. 29). Der Kläger zu 1) hat nichts dahingehend vorgetragen, dass ihm weitere Schreiben, Nachfragen oder Nachforschungen der Militär-, Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden bekannt seien. Grundsätzlich wird versucht, den Einberufungsbescheid dem Wehrpflichtigen persönlich zuzustellen. Bei Unzustellbarkeit wird der Bescheid an die Arbeitsstätte gesandt, ggf. der Einberufene direkt an der Arbeitsstätte abgeholt. Nach der stattfindenden Wehrüberwachung hat zudem der Wehrpflichtige einen Wohnortwechsel binnen einer Woche anzuzeigen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 10). Der Kläger zu 1) hat weder vorgetragen noch dargelegt, dass versucht worden wäre, ihm einen Einberufungsbescheid zuzustellen. Insofern kann mangels persönlicher Zustellung des Einberufungsbescheides auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits zum Wehrdienst einberufen worden wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.8.2017 - 11 B 17.30392 - juris Rn. 25). Auch befindet sich der Kläger zu 1) - wie erläutert - in keinem wehrpflichtigen Alter, so dass der Kläger keiner Wehrüberwachung unterfällt. Inwiefern eine Person wie der Kläger zu 1), die weder im wehrpflichtigen Alter ist, noch einen Einberufungsbescheid im Rahmen des Militärdienstes oder der allgemeinen Mobilmachung bekommen hat, sich des Militärdienstes bzw. der Mobilisierung entzogen haben können soll, ist nicht ersichtlich.

Selbst wenn sich der Kläger zu 1) einer Mobilisierungs- bzw. Wehrdienstentziehung schuldig gemacht haben sollte, wäre aber jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zu rechnen, in deren Vollzug eine menschenrechtswidrige Behandlung drohen würde. Zwar kann nach Art. 335 bzw. 336 des ukrainischen Strafgesetzbuches eine Wehrdienst- bzw. Mobilisierungsentziehung mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei bzw. fünf Jahren bestraft werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 11) und eine Strafverfolgung von Fahnenflüchtigen findet auch statt. Auch Verurteilungen zu Freiheitsstrafen wegen Mobilisierungsentziehung werden berichtet, die in einzelnen Fällen auch nicht zur Bewährung ausgesetzt werden (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 40 f. m.w.N.). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass in jedem konkreten Fall das Gericht die Schwere der Schuld des Betreffenden unter den aktuellen Gegebenheiten feststellt und bei Personen, die mit den Strafverfolgungsbehörden kooperieren, keine Freiheitsstrafen ohne Aussetzung zur Bewährung verhängt werden (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 40). Angesichts der Umstände, dass die Ausreise des Klägers zu 1) nicht durch die Vermeidung des Militärdienstes motiviert war und er nicht vorbestraft ist, erscheint es schon nicht hinreichend wahrscheinlich, dass er zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt werden würde. Darüber hinaus erscheint es auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass bei der Vollstreckung einer kurzen Freiheitsstrafe eine menschenrechtswidrige Behandlung droht (vgl. ausführlich BayVGH, U.v. 24.8.2017 - 11 B 17.30392 - juris Rn. 32 f.). Auch insoweit besteht also keine hinreichende Gefahr einer Verfolgung des Klägers.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund des von der Klägerseite vorgetragenen Falles des Ruslan Kotsaba. Dem Kläger zu 1) droht keine vergleichbare Behandlung, da der Kläger zu 1) sich auch nicht in vergleichbarer Weise medienwirksam gegen die Kriegführung der Ukraine im Osten des Landes eingesetzt und nicht öffentlich zur Wehrdienstverweigerung aufgerufen hat. Letztlich wurde jedoch auch mit Antrag vom 20. Februar 2018 dem Antrag der Verteidigung stattgegeben und die Anklage zurückgewiesen (BT-Drs. 19/1147 S. 4).

Jedenfalls aber hat das Bundesamt in rechtlich nicht zu beanstandender Weise im Bescheid vom 30. November 2016 angenommen, dass den Klägern in den unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Teilen ihres Herkunftsstaats eine innerstaatliche Fluchtalternative (sog. „interner Schutz“ i.S.v. § 3e AsylG) zur Verfügung steht. Auf den Bescheid wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt:

Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände der Kläger zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 20; U.v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris Rn. 35). Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 - juris Rn. 5). Entscheidend dafür, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicheren Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann (vgl. zum Ganzen VG Augsburg, U.v. 19.12.2016 - Au 5 K 16.31939 - juris Rn. 38 m.w.N.).

Zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) wird es den Klägern bei einer Rückkehr in die Ukraine möglich sein, sich am Ort des internen Schutzes - gegebenenfalls nach Anfangsschwierigkeiten - den Lebensunterhalt zu sichern. Hierbei ist auf die unter der Kontrolle der Ukraine befindlichen Gebiete abzustellen und nicht auf das unter der Kontrolle von Separatisten befindliche Gebiet Donezk (aus dem die Kläger stammen). Bei diesem Gebiet handelt es sich nicht um einen völkerrechtlich anerkannten Staat, sondern um ein Gebiet, das von Separatisten kontrolliert wird (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, S. 12). Nach ständiger Rechtsprechung ist für die inländische Fluchtalternative auf die von der Ukraine kontrollierten Gebiete abzustellen (BayVGH, B.v. 05.04.2017 - 11 ZB 17.30326 - und 11 ZB 17.30327 - juris).

Es ist den Klägern zwar zuzugeben, dass sich die Situation von Binnenflüchtlingen aus der Ostukraine in anderen Teilen des Landes wegen der Spannungen mit der dortigen Bevölkerung und geringer staatlicher Unterstützung nicht konfliktfrei und unproblematisch darstellt (hierzu insbesondere der Bericht der Special Monitoring Mission to Ukraine der OSZE vom Juli 2016; ebenso: ACCORD, Anfragebeantwortung zur Ukraine: Situation von ostukrainischen Binnenvertriebenen (Internally Displaced Persons, IDPs) in der Westukraine: Diskriminierung durch die westukrainische Bevölkerung, Wohn- und Arbeitssituation, aktuelle Hilfsprogramme durch die Regierung, a-9900-2 (9901), vom 29.11.2016). Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 18) sind die Existenzbedingungen im Landesdurchschnitt jedoch knapp ausreichend und die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert, auch wenn die Situation gerade der auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kinder karg ist (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2017 - 11 ZB 17.30602 - juris Rn. 4; B.v. 22.8.2016 - 11 ZB 16.30136 - juris Rn. 10; VG Augsburg, U.v. 19.5.2016 - Au 2 K 16.30426 - juris Rn. 21; VG München, U.v. 12.8.2015 - M 16 K 14.31091 - juris Rn. 20). Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2017 - 11 ZB 17.30326 - juris Rn. 11; B.v. 22.8.2016 - 11 ZB 16.30136 - juris Rn. 10; B.v. 16.3.2017 - 11 ZB 17.30218 - juris Rn. 9). Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Zum einen wird materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) gewährt, wobei die Höhe der finanziellen Unterstützung entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt ist. Zum anderen bietet der Staat soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.) an. In der Regel muss der Betroffene die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. den Verlust des Arbeitsplatzes, einen Arbeitsunfall bzw. Arbeitsunfähigkeit. Auch gibt es Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an sozial schwache Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein nicht unbeträchtlicher Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie eine Beihilfe für Alleinerziehende (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 64 f.). Mietkosten und Betriebskosten sind seit dem Ausbruch der Krise massiv gestiegen, was es sowohl den Binnenvertriebenen als auch den Ortsansässigen erschwert, geeignete Unterkünfte zu finden. Dies wiederum verstärkt die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen, zumal oftmals den Binnenflüchtlingen die Schuld für die schwierige Situation zugeschrieben wird. Viele Binnenflüchtlinge beklagen, dass man ihnen Wohnungen nicht vermieten möchte, oder dass die Vermieter hohe Kautionen verlangen, aus Angst, die Mieter könnten die Miete nicht regelmäßig begleichen. Es kommt auch immer wieder vor, dass sich Vermieter aus steuerlichen Gründen weigern, Verträge zu unterzeichnen. Ohne Vertrag und ohne offizielle Registrierung am Wohnsitz können manche Binnenflüchtlinge keine Wohnsubventionen in Anspruch nehmen. Es sind aber keine Fälle von Obdachlosigkeit unter Binnenflüchtlingen bekannt (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 62; OSZE, Special Monitoring Mission to Ukraine, Juli 2016, S. 11 ff.). Verschiedene Nichtregierungsorganisationen, kirchliche und andere religiöse Gemeinschaften unterstützen Binnenflüchtlinge und andere Menschen in sozialen Notlagen. Insbesondere helfen verschiedene Institutionen Obdachlosen, Migranten, Geflüchteten und Rückkehrern mit Übergangsunterkünften, Essen, Kleidung, Matratzen, Medikamenten, Spielzeug und Hygieneartikeln. Der UNHCR stellt Non-Food-Artikel und Notunterkünfte zur Verfügung. Partnerorganisationen des UNHCR bieten allgemeine, rechtliche, psychosoziale und berufliche Beratung an und unterstützen Personen mit spezifischen Bedürfnissen, Jugendliche, Binnenvertriebene und ältere Menschen und führen Reparaturen in Haushalten durch. Zudem unterhält der UNHCR zusammen mit der Organisation People in Need ein Programm zum Schutz vor dem Winter und stellt winterfeste Wohnungen zur Verfügung (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 58 ff.; ACCORD, Anfragebeantwortung zur Ukraine: Situation von ostukrainischen Binnenvertriebenen (Internally Displaced Persons, IDPs) in der Westukraine: Diskriminierung durch die westukrainische Bevölkerung, Wohn- und Arbeitssituation, aktuelle Hilfsprogramme durch die Regierung, a-9900-2 (9901), vom 29.11.2016).

In Bezug auf die Rechtsstellung von Binnenflüchtlingen („Internally Displaced Persons“ - IDP) hat der ukrainische Staat ein Gesetz erlassen. Hierbei ist festzustellen, dass die ukrainische Regierung versucht hat, die Situation der IDPs zu verbessern, dennoch bleibt der Zugang zu Wohnmöglichkeiten und sozialen Leistungen oft schwierig. 1,7 Millionen Menschen sind in der Ukraine offiziell als Binnenflüchtlinge (IDPs) registriert. Registrierte Personen können Unterstützung erhalten. Wenn IDPs arbeitsfähig sind, sind sie gehalten Arbeit zu suchen. Sie bekommen dann für sechs Monate Beihilfen: UAH 880 für die ersten zwei Monate, UAH 440 für die nächsten zwei Monate und UAH 220 für die letzten zwei Monate. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist problematisch, 38% der IDPs waren im September 2016 arbeitslos. In einigen Städten gibt es Pilotprojekte, um IDPs bei der Jobsuche und Integration zu unterstützen. Seit April 2016 ist ein Ministerium für die Belange der IDPs zuständig. Schulbesuch für Kinder der IDPs ist kein Problem, es wurden Lehrer eingestellt, um den erhöhten Bedarf zu decken. Für Schwierigkeiten der Studenten bei der Immatrikulation wurden spezielle rechtliche Voraussetzungen geschaffen. Die Solidarität der ukrainischen Gesellschaft ist noch stark, aber mit zunehmender Dauer tendenziell abnehmend. Die Haltung wird hierbei unterschiedlich beschrieben: in manchen Fällen wird von Hilfsbereitschaft, in anderen Fällen wird von Diskriminierung und Vorurteilen gesprochen. Je näher Menschen an der Konfliktzone leben, desto höher ist das Verständnis für die Binnenvertriebenen. Im Westen der Ukraine gibt es mehr negative Stereotypen gegen IDPs, auf der anderen Seite sind diese dort gut integriert. In der Stadt Kiew ist die Meinung über die IDPs am schlechtesten. Die Tatsache, dass IDPs meist Russisch sprechen ist kein Grund für Diskriminierung, da diese Diskriminierung ökonomische Gründe hat (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 58 ff.).

Zwar wird in aktuellen Auskünften ausgeführt, dass ohne zusätzliche Einkommensquellen bzw. private Netzwerke es Rentnern und anderen Transferleistungsempfängern kaum möglich ist, ein menschenwürdiges Leben zu führen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine vom 12. März 2018, Stand: Januar 2018, VS-NfD, S. 18) bzw. dass die gewährten sozialen Leistungen in der Regel unzureichend sind (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 64 f.). Es bestehen jedoch vorliegend keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die gesunden und arbeitsfähigen Kläger ihr Existenzminimum nicht auch - wie schon vor ihrer Flucht - durch einen eigenen Arbeitsverdienst sicherstellen könnten. Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) sind daher zum einen auf die Unterstützung der Binnenvertriebenen, zum anderen auf ihre Arbeitsfähigkeit zu verweisen. Die Klägerin zu 3) und der Kläger zu 4) sind auf die Unterstützung durch ihre Eltern (die Kläger zu 1) und zu 2)) zu verweisen. Nach den vom BVerwG entwickelten Grundsätzen bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (BVerwG, U. v. 1.2.2007 - 1 C 24.06 - juris Rn. 11 f.).

Der Kläger zu 1) als Ingenieur für Metallurgie und die Klägerin zu 2) als Spezialistin für Finanzen verfügen beide über Ausbildungen und Berufserfahrungen und damit über gute Möglichkeiten in den unter der staatlichen Kontrolle der Kiewer Regierung stehenden Landesteilen Arbeit zu finden und damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ohne Belang ist dabei, dass der Kläger zu 1) der Ansicht ist, dass eine Arbeit im Transportunternehmensbereich - wie er sie zuletzt selbstständig ausgeübt hat - bei fehlender Ortsansässigkeit aufgrund von dann notwendig zu zahlenden Bestechungsgeldern schwer ist. Es kommt jedoch nicht nur auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit an. Vielmehr ist es den Klägern zu 1) und zu 2) zumutbar, notfalls auch einer weniger attraktiven und ihrer Vorbildung nicht entsprechenden Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, nachzugehen. Das Gericht geht davon aus, dass es zudem nicht notwendig ist, dass die Klägerin zu 2) sofort zwingend einer Arbeit nachgeht. Für das nachgeborene Kind ist sie auf staatliche Unterstützung u.a. in Form des Kindergeldes zu verweisen. Ferner bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sobald das nachgeborene Kind in Kindergarten und Schule betreut ist, die gesunde und - angesichts ihres Alters von 34 Jahren - auch arbeitsfähige Klägerin zu 2), ihr Existenzminimum nicht auch durch einen eigenen Arbeitsverdienst sicherstellen könnte. Die Kläger sind des Weiteren auf die Hilfe ihrer Verwandten in der Ukraine zu verweisen. Dass dies nicht unmöglich ist, zeigt schon der Umstand, dass nach den Angaben des Klägers zu 1) beim Bundesamt sie bereits vor ihrer Ausreise von ihren Verwandten unterstützt wurden, auch wenn die Kläger in der mündlichen Verhandlung vortrugen, dass finanzielle Unterstützung durch die Eltern der Klägerin zu 2) bzw. den Vater des Klägers zu 1) ausscheide. Denn die Kläger haben weitere Verwandte, auf deren Hilfe sie zu verweisen sind. Das Gericht geht davon aus, dass ein Existenzminimum jedenfalls durch die ukrainischen Staatsbürgern zur Verfügung stehenden Unterstützungsleistungen sowie durch die von Nichtregierungsorganisationen bereitgestellten Hilfen sichergestellt werden kann.

Soweit der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung auf eine Diskriminierung der russischsprachigen Personen hingewiesen hat, so ist aus den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln eine systematische Diskriminierung der russisch sprechenden Bevölkerung nicht feststellbar, auch wenn es in Einzelfällen Probleme gibt. Das Sprachengesetz vom Februar 2014 ist nicht umgesetzt worden (ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation, Anfragebeantwortung zur Ukraine: Lage von ethnischen Russen, aktuelle Sicherheitslage [a-9237], 16. Juni 2015). Auch aus aktuellen Berichten ergibt sich nichts anderes. So weist ein Bericht des Deutschlandfunks vom 22. Juni 2017 darauf hin, dass 40% der ukrainischen Bevölkerung die russische Sprache sprechen. Es wird der Entwurf eines neuen Sprachgesetzes diskutiert, wonach der Unterricht an allen Schulen auf ukrainischer Sprache stattfinden muss und 75 Prozent der Nachrichten und Filme auf Ukrainisch gesendet werden müssen (22.6.2017: https://www.deutschlandfunk.de/westukraine-unmut-rund-um-russische-sprache.1773.de.html?dram:article_id=389282). Soweit ein neues Sprachgesetz beschlossen worden sein sollte (https://www.nzz.ch/international/die-ukraine-geht-an-den-schulen-gegen-das-russische-vor-ld.1318679), so betrifft dieses Problem nicht nur Binnenflüchtlinge, sondern die gesamte russisch sprechende ukrainische Bevölkerung. So heißt es im vorgenannten Bericht der Neuen Züricher Zeitung vom 27. September 2017, dass auch die russische Sprache zur nationalen Identität gehört und über weite Strecken friedlich mit dem Ukrainischen koexistiert. Im Übrigen wurde bei der Asylantragstellung für die Klägerin zu 2), wie auch für den Kläger zu 1), jeweils als zweite Sprache Ukrainisch aufgenommen.

Gegen den Verweis auf eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Ukraine kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Kläger dort einer Verfolgung durch die ukrainische Bevölkerung ausgesetzt wären. Zwar entspricht es der Auskunftslage, dass gerade in der Gegend rund um Kiew die Anfeindungen durch die heimische Bevölkerung am größten sind. Dies wurde von den Klägern auch so in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Dies kann aber nach den Erkenntnismitteln nicht auf die gesamte Westukraine übertragen werden. Zudem handelt es sich hier um Schwierigkeiten, die alle Binnenflüchtlinge betreffen. Die genannten Verhaltensweisen gegenüber Personen aus der Ostukraine erreichen nicht die Intensität, aufgrund derer die Kläger (auch) bezogen auf den Ort des internen Schutzes eine begründete Furcht vor Verfolgung geltend machen können (BayVGH, B.v. 01.06.2017 - 11 ZB 17.30602 - juris).

b) Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG sind nicht gegeben. Über das geschilderte Verfolgungsschicksal hinausgehende Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes wurden von den Klägern nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Gewährung subsidiären Schutzes steht folglich nach § 4 Abs. 3, § 3e AsylG zumindest ebenfalls die Möglichkeit internen Schutzes entgegen, so dass es auf die Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung, der Waffenstillstandsverletzungen durch Geschosse in Mariupol und Umgebung bzw. der Geeignetheit dieser, Zivilisten zu töten, nicht ankam.

c) Die Voraussetzungen der Asylanerkennung gemäß Art. 16a Abs. 1 GG und der Zuerkennung des internationalen Schutzes gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der Schutzbereich des internationalen Schutzes weiter gefasst ist. Die engeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte liegen somit nach Ablehnung des internationalen Schutzes ebenfalls nicht vor.

d) Die Kläger können sich auch nicht erfolgreich auf das Bestehen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen. Das Gericht schließt sich den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen in den Gründen des Bescheids vom 30. November 2016 insbesondere auch zu den humanitären Bedingungen in der Ukraine im Hinblick auf Art. 3 EMRK an, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, § 77 Abs. 2 AsylG.

Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch aus der notwendigen Zahnoperation der Klägerin zu 3) kein Anhaltspunkt für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche krankheitsbedingte Gefahr setzt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG voraus, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers in seiner Heimat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, wobei eine konkrete Gefahr besteht, wenn der Ausländer alsbald nach der Rückkehr in den Heimatstaat in diese Lage geriete, weil er auf die dortigen unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seines Leidens angewiesen wäre und auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (BVerwG, U.v. 25.11.1997 - 9 C 58/96 - BVerwGE 105, 383).

Aus dem zuletzt vorgelegten ärztlichen Behandlungsplan vom 23. Oktober 2017 sowie der Überweisung vom 29. März 2018 ergibt sich, dass eine Zahnoperation im Sinne einer Entfernung einer Doppelanlage des Zahnes 21 der Klägerin zu 3) mit länger angelegter Nachbehandlung aus zahnmedizinischen Gründen geplant ist. Eine medizinische Notwendigkeit hierfür in dem Sinne, dass der Klägerin zu 3) andernfalls eine erhebliche krankheitsbedingte Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG drohen würde, ergibt sich aus der ärztlichen Bescheinigung aber gerade nicht. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die medizinische Versorgung in der Ukraine in der Regel kostenlos und flächendeckend verfügbar ist; Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebenswichtige Maßnahmen durchgeführt und chronische, auch innere und psychische Krankheiten behandelt werden können, existieren sowohl in der Hauptstadt Kiew als auch in vielen Gebietszentren des Landes. Landesweit gibt es ausgebildetes und sachkundiges medizinisches Personal. Fast alle gebräuchlichen Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken führen teilweise auch importierte Arzneien (Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Ukraine, Gesamtaktualisierung am 26.07.2017; Stand: 20.12.2017, VS, S. 66 ff.). Die medizinische Versorgung in der Ukraine mag zwar nicht dem Standard in Deutschland entsprechen, hierauf besteht aber auch kein Anspruch. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass der Klägerin zu 3) bei einer Rückkehr in die Ukraine eine alsbaldige wesentliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im oben dargestellten Sinn drohen würde.

e) Der Bescheid des Bundesamtes gibt schließlich auch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Ziffer 5 des Bescheides keinen Anlass zu Bedenken. Diese entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und § 38 Abs. 1 AsylG.

f) Auch die nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen vorzunehmende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung begegnet - in Ermangelung anderweitigen Vorbringens seitens der Kläger - keinen rechtlichen Bedenken. Sie hält sich im Rahmen des § 11 Abs. 3 AufenthG. Ermessensfehler sind auch insoweit nicht erkennbar (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 11.3.2016 - 17 L 472/16.A - juris).

2. Die Kläger haben als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3e Interner Schutz


(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3c Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann


Die Verfolgung kann ausgehen von 1. dem Staat,2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 1 Geltungsbereich


(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen: 1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder2. internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vo

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Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 25. Apr. 2018 - B 5 K 16.31862 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 25. Apr. 2018 - B 5 K 16.31862 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 19. Dez. 2016 - Au 5 K 16.31939

bei uns veröffentlicht am 19.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Jan. 2017 - 11 ZB 16.31051

bei uns veröffentlicht am 13.01.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung der Berufu

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 15. Feb. 2016 - 11 ZB 16.30012

bei uns veröffentlicht am 15.02.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... 1989 gebor

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2016 - 11 ZB 16.30136

bei uns veröffentlicht am 22.08.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Kläger sind uk

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Juni 2017 - 11 ZB 17.30602

bei uns veröffentlicht am 01.06.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 05. Apr. 2017 - 11 ZB 17.30326

bei uns veröffentlicht am 05.04.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Der am ... 1970 ge

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. März 2017 - 11 ZB 17.30218

bei uns veröffentlicht am 16.03.2017

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag auf Zulassung der Beruf

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Apr. 2010 - 10 C 5/09

bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.

2

Der 1972 geborene Kläger wurde im November 2004 in M. aufgegriffen und beantragte daraufhin Asyl. Zur Begründung gab der Kläger an, er habe sich am bewaffneten Kampf der PKK beteiligt. Im Juni 1991 sei er festgenommen und einen Monat lang von türkischen Sicherheitskräften unter Folter verhört worden. Nach seiner Verurteilung zu zwölfeinhalb Jahren Haft sei er bis Dezember 2000 weiter im Gefängnis gewesen und dann vorzeitig aus der Haft entlassen worden. Anschließend habe er sich erneut der PKK angeschlossen. Später habe er an deren politischer Linie gezweifelt und sich im Juli 2004 von der PKK getrennt. In der Türkei sei sein Leben trotz des Reuegesetzes gefährdet gewesen, da er keinen Wehrdienst abgeleistet und deswegen gesucht worden sei. Zudem hätten die Sicherheitskräfte erfahren, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Haft wieder der PKK angeschlossen habe.

3

Der Kläger hat dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt) unter anderem die Kopie eines Urteils des Staatssicherheitsgerichts D. vom 24. Januar 1992 übergeben, wonach er u.a. wegen "Mitgliedschaft in der illegalen Organisation PKK" gemäß § 168/2 tStGB zu einer Haftstrafe von 12 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden ist. Das Auswärtige Amt bestätigte die Echtheit der Urkunden und teilte mit, dass nach dem Kläger in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK gefahndet werde. Sein Bruder habe ausgesagt, dass der Kläger sich nach der Entlassung aus der Strafhaft wieder der PKK angeschlossen habe. Außerdem sei bekannt, dass er sich in einem Ausbildungscamp im Iran aufgehalten habe. Würde er wegen Mitgliedschaft in der PKK zu einer Haftstrafe verurteilt, würde zusätzlich die auf Bewährung ausgesetzte Reststrafe vollstreckt werden.

4

Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht vorliegen, und drohte dem Kläger für den Fall nicht fristgerechter Ausreise die Abschiebung in die Türkei an. Der Asylantrag sei gemäß § 30 Abs. 4 AsylVfG offensichtlich unbegründet, da der Kläger eine schwere nichtpolitische Straftat begangen und den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt habe. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG lägen nicht vor.

5

Im Klageverfahren hat der Kläger seinen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht weiter verfolgt. Mit Urteil vom 22. November 2005 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Flüchtlingsanerkennung des Klägers verpflichtet. Im Berufungsverfahren hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt, der Kläger sei im Bundesgebiet für die Nachfolgeorganisation der PKK, den KONGRA-GEL aktiv und habe im Januar 2005 an einer Aktivistenversammlung in N. teilgenommen. Er habe im Jahr 2006 als Leiter des KONGRA-GEL in Offenbach fungiert und ab diesem Zeitpunkt eine Kontrollfunktion innerhalb des KONGRA-GEL in A. ausgeübt. Der Kläger hat das bestritten.

6

Mit Urteil vom 21. Oktober 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger nach Rückkehr in die Türkei gemäß § 314 Abs. 2 tStGB 2005 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und die Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests widerrufen würde. Auch wenn dies politische Verfolgung darstellen sollte, stünde § 3 Abs. 2 AsylVfG der Flüchtlingsanerkennung entgegen. Die terroristischen Taten der PKK seien als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzusehen, stellten schwere nichtpolitische Straftaten dar und stünden in Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Der Kläger habe sich daran zumindest "in sonstiger Weise" beteiligt. Selbst wenn für das Vorliegen von Ausschlussgründen gemäß § 3 Abs. 2 AsylVfG von dem Ausländer weiterhin eine Gefahr ausgehen müsse, sei das beim Kläger der Fall. Denn er habe sich weder äußerlich von der PKK abgewandt noch innerlich von seiner früheren Verstrickung in den Terror gelöst. Dahinstehen könne, ob § 3 Abs. 2 AsylVfG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussetze, denn der Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung bedeute keine unbillige Härte für den Kläger.

7

Abschiebungshindernisse lägen nicht vor. Die Todesstrafe sei in der Türkei vollständig abgeschafft. Wegen der dem Kläger in der Türkei drohenden langjährigen Haftstrafe sei ausgeschlossen, dass er im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG einer erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt sei. Ein Abschiebungsverbot ergebe sich auch nicht aus § 60 Abs. 2 AufenthG und § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK. Zwar greife zugunsten des Klägers, der im Anschluss an seine Festnahme im Juni 1991 Folter erlitten habe, die Beweiserleichterung des § 60 Abs. 11 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Dennoch sprächen aufgrund der Angaben des Auswärtigen Amtes sowie türkischer Menschenrechtsorganisationen stichhaltige Gründe dagegen, dass er bis zum Abschluss des Strafverfahrens Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten habe. Misshandlungen durch türkische Sicherheitskräfte lägen ganz überwiegend Fälle zugrunde, in denen sich der Betroffene nicht offiziell in Gewahrsam befunden habe; das wäre beim Kläger jedoch der Fall. Angesichts bereits vorhandener Beweise bestünde auch keine Notwendigkeit, durch Folter ein Geständnis zu erzwingen. Schließlich lebten in seiner Heimat zahlreiche Personen, die sich seiner annehmen und ihm bereits bei seiner Ankunft anwaltlichen Beistand verschaffen könnten. Zudem würden die PKK oder andere prokurdische Organisationen das Schicksal des Klägers verfolgen und etwaige Übergriffe auf seine Person publik machen. Ein Schutz durch "Herstellen von Öffentlichkeit" lasse sich zwar nicht während der gesamten Dauer der Strafhaft gewährleisten. Aber auch für diese Zeitspanne sprächen stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger, der in einem Gefängnis des Typs F untergebracht würde, Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein würde, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen könnten. Dahinstehen könne, ob das auch für unter dieser Schwelle liegende Maßnahmen gelte, denn derartige Umstände stünden einer Abschiebung des Klägers in die Türkei als Unterzeichnerstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 3 EMRK stehe bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat dessen eigene Verantwortung für die Einhaltung der Konventionsrechte im Vordergrund. Eine Mitverantwortung des abschiebenden Landes bestehe nur, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohten und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht rechtzeitig zu erreichen sei. Diese Voraussetzungen lägen angesichts der Verhältnisse in der Türkei nicht vor. Da sich Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG an Art. 3 EMRK orientiere, beanspruchten diese Grundsätze auch im Rahmen des § 60 Abs. 2 AufenthG Geltung. Stünden im Herkunftsland ausreichende und effektive Möglichkeiten zur Abwehr drohender Gefahren zur Verfügung, benötige der Betreffende keinen internationalen Schutz. Auch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG greife nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision - beschränkt auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 2 AufenthG - zugelassen.

8

Mit der Revision rügt der Kläger vor allem eine Verletzung des § 60 Abs. 2 AufenthG. Das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Beweiswürdigung die Quellen selektiv ausgewertet und zu Lasten des Klägers ohne Aufklärung unterstellt, dass seine Familie einen Rechtsanwalt besorgen könne und die Nachfolgeorganisationen der PKK für ihn Öffentlichkeitsarbeit machen würden. Angesichts der umfassenden Geltung des Art. 3 EMRK reiche die Erkenntnislage nicht aus, um ein Abschiebungshindernis auszuschließen. Insofern werde auch eine Gehörsverletzung gerügt, denn wenn das Gericht zu erkennen gegeben hätte, dass es aus tatsächlichen Gründen für den Kläger keine Gefahr einer Misshandlung sehe, hätte der Kläger dazu weiter vorgetragen und Beweisanträge gestellt. Schließlich sei die Auslegung der in Art. 17 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Ausschlussgründe ungeklärt.

9

Innerhalb der bis einschließlich 4. Juni 2009 verlängerten Revisionsbegründungsfrist ist der Begründungsschriftsatz nicht vollständig per Fax eingegangen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat Wiedereinsetzung beantragt und zur Begründung Probleme bei der Faxübertragung geltend gemacht.

10

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts seien einer Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Nicht ersichtlich sei, warum der Kläger angesichts der tatsächlichen Würdigung des Berufungsgerichts nicht den Schutz seines Heimatlandes durch Anrufung türkischer Gerichte bzw. eine Individualbeschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Anspruch nehmen könne.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision hat Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), da er bei der Prüfung des in § 60 Abs. 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbots diejenigen erniedrigenden Behandlungsmaßnahmen übergangen hat, die keine irreparablen oder sonst schweren körperlichen und seelischen Folgen hinterlassen. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder in positiver noch in negativer Hinsicht abschließend selbst entscheiden. Daher ist die Sache gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

12

1. Die Revision ist zulässig. Wegen der Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, da seine Prozessbevollmächtigte ohne Verschulden verhindert war, die Revisionsbegründungsfrist einzuhalten. Diese durfte nach mehreren nur teilweise erfolgreichen Versuchen einer Faxübertragung infolge der fernmündlich erteilten unrichtigen Auskunft des Gerichtspförtners, es seien alle Seiten angekommen, davon ausgehen, dass der Revisionsbegründungsschriftsatz innerhalb der Frist vollständig eingegangen sei.

13

2. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die unionsrechtlich vorgezeichneten Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Revisionszulassung auf das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG erweist sich als unwirksam. Denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG (entsprechend den Voraussetzungen für den subsidiären Schutz in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes - ABl EU Nr. L 304 S. 12; ber. ABl EU vom 5. August 2005 Nr. L 204 S. 24) bildet nach dem dafür maßgeblichen materiellen Recht einen einheitlichen Streitgegenstand bzw. selbständigen Streitgegenstandsteil (Urteil vom 24. Juni 2008 - BVerwG 10 C 43.07 - BVerwGE 131, 198 ). Die Revisionszulassung kann daher nicht wirksam auf einzelne materielle Anspruchsgrundlagen dieses einheitlichen prozessualen Anspruchs beschränkt werden (vgl. Urteil vom 1. April 1976 - BVerwG 2 C 39.73 - BVerwGE 50, 292 <295>; BGH, Urteil vom 21. September 2006 - I ZR 2/04 - NJW-RR 2007, 182 <183>).

14

Für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens, das auf Feststellung der Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG zielt, ist gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Berufungsinstanz am 15. Oktober 2008 abzustellen. Deshalb sind die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162) von Bedeutung, die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten und die Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) - Richtlinienumsetzungsgesetz - berücksichtigen.

15

3. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem für ihn die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Mit diesem durch das Richtlinienumsetzungsgesetz ergänzten Abschiebungsverbot, das bereits in § 53 Abs. 1 AuslG 1990 und § 53 Abs. 4 AuslG 1990 i.V.m. Art. 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S. 685 - EMRK) enthalten war, wird Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt. Die Europäische Kommission hat sich bei der Formulierung dieser Richtlinienbestimmung an Art. 3 EMRK orientiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Bezug genommen (Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen vom 12. September 2001 KOM(2001) 510 endgültig S. 6, 30).

16

Die Vorschriften zum subsidiären Schutz sind im Aufenthaltsgesetz insoweit "überschießend" umgesetzt worden, als die in Art. 15 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltenen Varianten des ernsthaften Schadens in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG als absolute Abschiebungsverbote ausgestaltet worden sind. Denn die in Art. 17 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausschlussgründe greifen nach nationalem Recht gemäß § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG erst auf einer nachgelagerten Ebene als Versagungsgründe für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Daher kommt es entgegen der Annahme der Revision auf die Interpretation der Ausschlussgründe gemäß Art. 17 der Richtlinie im vorliegenden Fall nicht an.

17

Bei der Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG ist der während des Revisionsverfahrens in Kraft getretene Art. 19 Abs. 2 der Grundrechte-Charta (ABl EU 2010 Nr. C 83 S. 389 - GR-Charta) als verbindlicher Teil des primären Unionsrechts (Art. 6 Abs. 1 EUV) zu berücksichtigen. Danach darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Die Vorschrift gilt nach Art. 51 Abs. 1 GR-Charta für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach den gemäß Art. 52 Abs. 7 GR-Charta bei ihrer Auslegung gebührend zu berücksichtigenden Erläuterungen (ABl EU 2007 Nr. C 303 S. 17 = EuGRZ 2008, 92) wird durch diese Bestimmung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK in Auslieferungs-, Ausweisungs- und Abschiebungsfällen übernommen.

18

a) Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Prüfung des § 60 Abs. 2 AufenthG in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Kläger vor seiner Ausreise in der Türkei gefoltert worden ist. Dennoch hat das Berufungsgericht seiner Prognose den Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und nicht den sog. herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab hinreichender Sicherheit zugrunde gelegt. Es hat aber zugunsten des Klägers die in Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG enthaltene Beweiserleichterung angewendet (UA Rn. 90). Das hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.

19

Gemäß § 60 Abs. 11 AufenthG gilt für die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG u.a. Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Danach ist die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.

20

Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Das ergibt sich neben dem Wortlaut auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG. Denn die Bundesrepublik Deutschland konnte sich mit ihrem Vorschlag, zwischen den unterschiedlichen Prognosemaßstäben der beachtlichen Wahrscheinlichkeit und der hinreichenden Sicherheit zu differenzieren, nicht durchsetzen (vgl. die Beratungsergebnisse der Gruppe "Asyl" vom 25. September 2002, Ratsdokument 12199/02 S. 8 f.). Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.

21

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147, 181, 182/80 - BVerfGE 54, 341 <360 f.>; dem folgend Urteil vom 31. März 1981 - BVerwG 9 C 237.80 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27; stRspr). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - BVerwGE 104, 97 <101 ff.>), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (Urteil vom 27. April 1982 - BVerwG 9 C 308.81 - BVerwGE 65, 250 <252>). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (Urteil vom 18. Februar 1997 - BVerwG 9 C 9.96 - a.a.O. S. 99). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend Urteile vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169 <170 f.> und vom 5. November 1991 - BVerwG 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162 <169 f.>) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (Urteil vom 3. November 1992 - BVerwG 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150 <154 f.>), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (vgl. Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 324 <330> zu § 53 Abs. 6 AuslG und vom 4. Juni 1996 - BVerwG 9 C 134.95 - InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).

22

Die Richtlinie 2004/83/EG modifiziert diese Nachweiserleichterung in Art. 4 Abs. 4: Zum einen wird ihr Anwendungsbereich über den Flüchtlingsschutz hinaus auf alle Tatbestände des unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutzes ausgeweitet. Sie erfasst demzufolge auch das im vorliegenden Fall zu prüfende Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG. Zum anderen bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Vorverfolgung oder einen ernsthaften Schaden im Sinne des Art. 15 der Richtlinie erlitten hat (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 84 ff. zum Widerruf der Flüchtlingsanerkennung). Der in dem Tatbestandsmerkmal "... tatsächlich Gefahr liefe ..." des Art. 2 Buchst. e der Richtlinie enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab ("real risk"; vgl. nur EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 ); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (Urteil vom 18. April 1996 - BVerwG 9 C 77.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; Beschluss vom 7. Februar 2008 - BVerwG 10 C 33.07 - ZAR 2008, 192 stRspr).

23

Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urteil vom 2. März 2010 - Rs. C-175/08 u.a., Abdulla - Rn. 92 ff.). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. Rn. 128 m.w.N.). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung (mehr).

24

b) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung, ob stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Kläger während der Strafhaft erniedrigenden Behandlungen ausgesetzt sein wird, den Maßstab des § 60 Abs. 2 AufenthG auf diejenigen tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen verengt, die irreparable körperliche oder seelische Folgen nach sich ziehen können, zur Verursachung bleibender Schäden geeignet oder aus sonstigen Gründen als gravierend anzusehen sind (UA Rn. 106). Erniedrigende Behandlungsmaßnahmen im Sinne des Art. 3 EMRK, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen, hat es bei der Prognoseerstellung ausdrücklich nicht geprüft (UA Rn. 111). Insoweit hat der Verwaltungsgerichtshof die eigene Verantwortung der Türkei als Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention betont und daraus gefolgert, dass sich der Kläger darauf verweisen lassen müsse, seine Rechte gegen diese Arten von Konventionsverletzungen in der Türkei und von der Türkei aus selbst zu verfolgen (UA Rn. 112). Diese Annahme verletzt Bundesrecht.

25

Die Auslegung des § 60 Abs. 2 AufenthG hat sich nach den unionsrechtlichen Vorgaben - wie oben bereits ausgeführt - an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK zu orientieren. Dieser betont in seinen Entscheidungen zur Verantwortlichkeit eines Vertragsstaates für die mittelbaren Folgen einer Abschiebung, wenn dem Betroffenen im Zielstaat Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, immer wieder den absoluten und ausnahmslosen Schutz des Art. 3 EMRK (EGMR, Urteile vom 7. Juli 1989 - Nr. 1/1989/161/217, Soering - NJW 1990, 2183 ; vom 15. November 1996 - Nr. 70/1995/576/662, Chahal - NVwZ 1997, 1093 und vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - a.a.O. ). Damit erweist es sich als unvereinbar, den Schutzbereich des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG zu verengen, und bei einer Abschiebung in einen Signatarstaat der Konvention erniedrigende Behandlungsmaßnahmen von vornherein auszunehmen, die keine irreparablen oder sonst schweren Folgen hinterlassen. Sonst käme Rechtsschutz durch türkische Gerichte oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu spät und könnte eine bereits eingetretene Rechtsverletzung nicht ungeschehen machen. Das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 2 AufenthG gilt mithin uneingeschränkt auch bei der Abschiebung in einen Signatarstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention.

26

Der Verwaltungsgerichtshof beruft sich für seine Auffassung zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 53 Abs. 4 AuslG 1990 (nunmehr: § 60 Abs. 5 AufenthG) i.V.m. Art. 3 EMRK. Der damals für die Feststellung von Abschiebungshindernissen durch das Bundesamt zuständige 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden, dass eine Mitverantwortung des abschiebenden Vertragsstaates, den menschenrechtlichen Mindeststandard in einem anderen Signatarstaat als Zielstaat der Abschiebung zu wahren, nur dann besteht, wenn dem Ausländer nach seiner Abschiebung Folter oder sonstige schwere und irreparable Misshandlungen drohen und effektiver Rechtsschutz - auch durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte - nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist (Urteil vom 7. Dezember 2004 - BVerwG 1 C 14.04 - BVerwGE 122, 271 <277>). Dieser Rechtssatz schränkt jedoch nicht den Schutzbereich des Art. 3 EMRK ein. Vielmehr werden - insbesondere mit Blick auf die von dem damaligen Kläger angeführten Haftbedingungen in der Türkei - nur Maßnahmen erfasst, die erst durch Zeitablauf oder Wiederholung in den Tatbestand einer erniedrigenden Behandlung und damit den Schutzbereich des Art. 3 EMRK hineinwachsen. Nur in derartigen Fällen kann der Betroffene auf Rechtsschutz im Abschiebezielstaat oder durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verwiesen werden.

27

4. Das Berufungsgericht hat die Abschiebungsverbote des § 60 Abs. 3 und Abs. 7 Satz 2 AufenthG geprüft und aus tatsächlichen Gründen abgelehnt (UA Rn. 86 f.). Dagegen bestehen aus revisionsgerichtlicher Sicht keine Bedenken.

28

5. Der Senat kann über das geltend gemachte Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die Gehörsrüge. Der Senat bemerkt aber dazu, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht gegen das Verbot einer Überraschungsentscheidung verstoßen hat. Denn grundsätzlich ist ein Gericht nicht verpflichtet, die abschließende Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern (Beschlüsse vom 21. Januar 2000 - BVerwG 9 B 614.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 46 und vom 26. November 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52; stRspr). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (vgl. Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235). Dafür ist im vorliegenden Fall nichts ersichtlich, da der Kläger selbst in der Berufungsbegründung zur Gefahr der Folter in der Türkei vorgetragen hatte.

29

Der Verwaltungsgerichtshof wird in dem neuen Berufungsverfahren die Prognose, ob die konkrete Gefahr besteht, dass der Kläger in der Türkei der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen wird, auf aktueller tatsächlicher Grundlage erneut stellen müssen. Dabei besteht auch Gelegenheit, dem Vorbringen des Klägers weiter nachzugehen, dass die ihn belastende Aussage seines Bruders die Gefahr von Folter nicht ausschließe. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände im Rahmen der tatsächlichen Feststellung, ob die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG widerlegt ist, kann das Berufungsgericht auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die Türkei als Abschiebezielstaat ein Vertragsstaat der Konvention ist, der sich verpflichtet hat, die darin garantierten Rechte und Grundsätze zu achten. Die Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen der Prognose entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK (Entscheidungen vom 7. Oktober 2004 - Nr. 33743/03, Dragan - NVwZ 2005, 1043 <1045> und vom 15. Dezember 2009 - Nr. 43212/05, Kaplan - ) und ist durch Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/83/EG mit dem darin enthaltenen Kriterium ausreichender Schutzgewährleistung abgedeckt.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Antragsbegründung legt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in ausreichender Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dar. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B. v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m. w. N.).

Zur Begründung seines Antrags lässt der Kläger ausführen, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob einem ukrainischen Staatsbürger im wehrpflichtigen Alter eine Rückkehr im Hinblick auf den Bürgerkrieg in der Ostukraine zuzumuten sei. Er habe wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine Schwierigkeiten gehabt und dort seine Existenz verloren. Er habe nicht gekämpft und gelte deshalb als Verräter. Bei einer Rückkehr in seine Heimat Lugansk fürchte er erhebliche Schwierigkeiten, weil es dort keine Gesetze gebe. Er müsse davon ausgehen, rekrutiert zu werden. Auf beiden Seiten der Konfliktparteien würden Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen. Das Recht auf Verweigerung sei stark beschränkt. Es sei immer davon die Rede, dass die Regierung plane, alle wehrpflichtigen Männer zwischen dem 18. und 45. Lebensjahr einzuziehen.

Damit genügt die Antragsbegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Nach ständiger Rechtsprechung stellen die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen weder schlechthin eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar noch ist eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stets als unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG anzusehen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen nur dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, B. v. 10.9.1999 - 9 B 7.99 - juris Rn. 3). Beruft sich der Betreffende auf eine Gewissensentscheidung, kann eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung regelmäßig nur angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird. Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2016 - 11 ZB 16.30012 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat einen hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikt und damit die Asylerheblichkeit einer etwaigen Einberufung oder Bestrafung des Klägers wegen Wehrdienstentziehung abgelehnt, weil seine Ausführungen keine rational mitteilbare und nachvollziehbare ausführliche Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit einer Gewissensentscheidung gegen den Dienst mit der Waffe an sich erkennen ließen.

Dem ist der Kläger auch in der Antragsbegründung nicht näher entgegengetreten. In der Anhörung beim Bundesamt am 23. März 2016 hatte er auf Frage angegeben, er habe im Jahr 1990 in Moskau Wehrdienst geleistet. Aus der Ukraine ausgereist und nach Deutschland gekommen sei er, weil er hier Bekannte habe und die Sprache kenne. Auf Frage nach Schwierigkeiten wegen des Kriegs gab er an, sein Name habe auf einer Liste gestanden. Er sei nicht zur ukrainischen Armee oder zur Armee, die es im Gebiet Luhansk gebe, einberufen worden. Er habe ja schon gedient. In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 7. November 2016 erklärte der Kläger, er sei nach Deutschland gekommen, weil er keine Menschen töten wolle. Beide Seiten würden Menschen zum Wehrdienst einberufen. Er sei zwar von 1990 bis 1992 Soldat bei der Sowjetarmee gewesen, sei allerdings zwischenzeitlich älter und reifer geworden. Wenn sein Land von außen angegriffen würde, würde er allerdings sehr wohl zur Waffe greifen.

Seinen Darlegungen im Zulassungsverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger den Dienst mit der Waffe aufgrund einer ernsthaften, tiefen und unabdingbaren Gewissensentscheidung ablehnen würde. Vielmehr wiederholt er lediglich kursorisch, es handele sich um einen Bürgerkrieg, in dem auf beiden Seiten Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen würden. Abgesehen davon benennt er nach wie vor keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass er trotz seiner ungehinderten Ausreise im Alter von knapp 45 Jahren überhaupt noch ernsthaft befürchten müsste, als Reservist einberufen zu werden, dass er jemals versucht hätte, sich dem unter Berufung auf eine Gewissensentscheidung zu widersetzen und dass ihm auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stünde. Er hat auch weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass sich das Ausgangsgericht bei der Verneinung eines hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikts in verfahrensfehlerhafter Weise über die von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte richterliche Überzeugungsgewissheit hinweggesetzt hätte, die auch bei der Prüfung der inneren Tatsache zugrunde zu legen ist, ob der Kläger die Ablehnung eines Dienstes mit der Waffe aufgrund einer Gewissensentscheidung für sich selbst als verpflichtend empfindet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1989 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Ukraine. Er begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Gewährung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote vorliegen.

Nach seinen Angaben reiste er am 1. Dezember 2011 in das Bundesgebiet ein und stellte am 17. Januar 2012 einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt). Bei seiner Anhörung am 22. März 2012 gab der Kläger an, Ende September 2011 von drei unbekannten Männern in Zivil zur Miliz nach S. mitgenommen und zehn Tage festgehalten worden zu sein. Man habe ihn befragt, ob ihm etwas aufgefallen sei, da sein Chef, der Chefjurist einer Firma, verschwunden sei. Geschlagen worden sei er nicht, aber in der Zelle sei fünf Tage das Licht nicht abgeschaltet worden. Dadurch sei er moralisch gebrochen gewesen und sein Bruder habe ihm nach seiner Entlassung Medikamente gegen psychische Probleme besorgt.

Drei Tage nach seiner Entlassung seien erneut unbekannte Männer zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn und seine im siebten Monat schwangere Freundin zusammengeschlagen. Dabei hätten sie ihm die Nase gebrochen. Ob sein Bruder zu Hause gewesen sei, könne er nicht sagen, da er sich wegen der Einnahme der Medikamente ständig in einer Art Halbschlaf befunden habe. Er sei dann im Oktober 2011 mit seinem Bruder ausgereist. Er bestätigte, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gab. Die auf Tonträger diktierte Niederschrift wurde ihm rückübersetzt. Am 29. März 2012 übersandte ihm das Bundesamt die Niederschrift über die Anhörung.

Mit Bescheid vom 24. September 2014 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab (Nr. 2 des Bescheids) und erkannte die Flüchtlingseigenschaft sowie subsidiären Schutz nicht zu (Nr. 1 und 3). Zugleich stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte die Abschiebung in die Ukraine an (Nr. 5). Die Angaben des Klägers seien oberflächlich, vage und detailarm. Er könne weder Räume, Personen oder Handlungsabläufe schildern. Er habe die Folgen des zehntägigen Verhörs nicht beschrieben. Seine Schilderung der Ereignisse stimme auch mit den diesbezüglichen Angaben seines Bruders nicht überein.

Mit seiner Klage gegen den Bescheid vom 24. September 2014 trug der Kläger vor, er sei nur acht Tage festgehalten worden. Dabei sei er geschlagen worden und habe zwei Platzwunden am Kopf davongetragen. Nach seiner Freilassung habe er sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben. Er habe dann die Medikamente Quetiapin und Citalopram eingenommen. Nach etwa drei Wochen sei er in seiner Wohnung überfallen und zusammengeschlagen worden. Er habe sich zur Erstversorgung erneut in ärztliche Behandlung begeben. Er legte dazu eine am 4. November 2014 ausgestellte Bescheinigung ohne Briefkopf oder Adresse in ukrainischer Sprache vor, mit der bestätigt wird, dass er sich am 12. und 26. Oktober 2011 beim Chirurgen des 5. Städtischen Krankenhauses S. wegen einer Platzwunde und einer Fraktur des Nasenbeins in Behandlung befunden habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2015 berichtete der Kläger, während seiner Inhaftierung sei er geschlagen worden. Er habe Kopfverletzungen, Blutergüsse und einen Nasenbeinbruch gehabt. Sein Bruder habe ihn dann ins Krankenhaus gefahren. Nach einer Woche seien die Leute nochmal gekommen und hätten ihn wieder stark geschlagen. Zum Beweis, dass er bis September 2011 bei der Firma S. als Fahrer des dortigen Chefjuristen beschäftigt gewesen sei, der Chefjurist Ende September 2011 die Firma mit unbekanntem Ziel verlassen habe bzw. verschwunden sei, der Kläger Ende September/Anfang Oktober 2011 für ca. 8 Tage von der Miliz in S. festgehalten worden sei, die Freundin des Klägers im siebten Monat schwanger gewesen sei und Ende Oktober 2011 infolge erlittener Misshandlungen behandelt wurde und ihr ungeborenes Kind verloren habe, sowie dass der Kläger am 12. und 26. Oktober 2011 im 5. Städtischen Krankenhaus S. wegen einer Fraktur des Nasenbeins behandelt wurde und bis zu seiner Flucht in der Straße des ... ... in S. gewohnt habe, das am 21. Januar 2012 abgebrannt sei, beantragte er die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes.

In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach die Beweisanträge ab, da es an der Schilderung eines zusammenhängenden und in sich stimmigen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Sachverhalts mit Angabe genauer Einzelheiten fehle. Das Klagevorbringen gäbe keinen Anlass dafür, einer daraus hergeleiteten Verfolgungsgefahr weiter nachzugehen. Darüber hinaus handele es sich um das Angebot eines Indizienbeweises. Die unter Beweis gestellten Hilfstatsachen reichten für den Nachweis der Haupttatsache nicht aus. Im Übrigen würden die Beweisanträge wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt.

Mit Urteil vom 13. Oktober 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Der Kläger sei weder als Asylberechtigter anzuerkennen noch habe er einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Auch Abschiebungshindernisse würden nicht vorliegen. Er unterliege nicht mehr der Wehrpflicht in der Ukraine, da er schon 26 Jahre alt sei. Darüber hinaus sei seinen Äußerungen keine überzeugende Gewissensentscheidung gegen den Dienst an der Waffe zu entnehmen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Entscheidung von der Frage abhänge, bis zu welchem Lebensalter ukrainische Staatsangehörige der dortigen Wehrpflicht unterliegen. Der Kläger unterliege noch der Wehrpflicht und werde bei einer Rückkehr mit Sicherheit eingezogen. Eine Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen bestehe für ihn nicht. Soweit das Verwaltungsgericht eine dahingehende Gewissensentscheidung des Klägers verneine, hielten die diesbezüglichen Ausführungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Darüber hinaus sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen bei fehlender Möglichkeit einer Kriegsdienstverweigerung im Herkunftsland i. S. v. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU eine bestimmte soziale Gruppe darstellen würden. Dazu hätte eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs eingeholt werden müssen. Schließlich sei die Berufung auch wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, da der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt sei. Die Ablehnung der Beweisanträge sei unzulässig gewesen, da der Vortrag des Klägers nicht unglaubhaft sei. Die Vielzahl der Indizien trage den geltend gemachten Anspruch.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten, auch im Verfahren des Bruders des Klägers, verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und ein in § 138 VwGO bezeichneter Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) sind nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt bzw. liegen nicht vor. Wird die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 124a Rn. 7).

1. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier.

1.1 Nach § 3 Abs. 1 des Asylgesetzes vom2. August 2008 (AsylG, BGBl I S. 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. November 2015 (BGBl I S. 2010), ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Als Verfolgung in diesem Sinn kann nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung gelten. Eine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG kann dabei auch in einer unverhältnismäßigen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung bestehen (vgl. EuGH, U. v. 26.2.2015 - C-472/13 - Shepherd - ABl EU 2015 C 138, S. 7 = juris Rn. 56; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie, 1. Aufl. 2009, § 9 Rn. 178). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass jeder Staat ein legitimes Recht hat, eine Streitkraft zu unterhalten, seine Staatsangehörigen zum Wehrdienst in dieser Streitkraft heranzuziehen und Personen, die sich dem Wehrdienst entziehen, angemessen zu bestrafen. Eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung kann regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung, in seinem Recht aus Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 (EMRK), zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 14 vom 13. Mai 2004, verletzt wird (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059). Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (Marx a. a. O. Rn. 192).

Der Kläger hält sinngemäß für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob er im Alter von derzeit 26 Jahren und 8 Monaten noch der Wehrpflicht in der Ukraine unterliegt, da ihm dort wegen der von ihm beabsichtigten Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen eine unverhältnismäßige Bestrafung drohe.

Diese Frage war im erstinstanzlichen Verfahren indes nicht entscheidungserheblich, denn das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Art. 9 EMRK auf den Kläger nicht anwendbar ist, da seinen Äußerungen keine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entnommen werden könne. Die Aussagen seien zu allgemein, pauschal und oberflächlich und seien daher nicht geeignet, auch nur Anhaltspunkte dafür zu liefern, dass die beabsichtigte Verweigerung von einem ernsthaften und unüberwindbaren Konflikt zwischen der Verpflichtung zum Wehrdienst und seinem Gewissen getragen werde.

Gegen diese (zusätzliche) Begründung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keinen in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgrund geltend gemacht. Er wendet dagegen nur ein, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts würden einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Das Verwaltungsgericht lege das Erfordernis einer generellen Ablehnung des Waffengebrauchs zugrunde, die von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte so nicht verlangt werde. Darüber hinaus hätte das Verwaltungsgericht den Kläger eingehend befragen können, wenn es die Aussagen für zu allgemein und oberflächlich gehalten habe. Damit wird im Stil einer Begründung des Zulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils die rechtliche und tatsächliche Bewertung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Gewissensentscheidung des Klägers angegriffen, aber keine grundsätzlich bedeutsame Frage herausgearbeitet. Die Frage, ob jemand, gestützt auf sein Gewissen oder tiefe und echte Glaubensüberzeugungen, den Wehrdienst verweigert, ist darüber hinaus auch eine Frage des Einzelfalls (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059 Leitsatz 4) und einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

Soweit der Kläger mit den Ausführungen, das Verwaltungsgericht hätte ihn weiter befragen und ggf. eine Parteieinvernahme durchführen müssen, einen Verfahrensfehler in Form eines Aufklärungsmangels nach § 86 Abs. 1 VwGO geltend machen möchte, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Zum einen wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht kein entsprechender Beweisantrag gestellt. Zum anderen ist ein Aufklärungsmangel kein absoluter Revisionsgrund i. S. d. § 138 Nr. 3 VwGO und kann im Asylverfahren nicht zur Zulassung der Berufung führen (vgl. BayVGH, B. v. 19.8.2015 - 11 ZB 15.30161 juris Rn. 9; B. v. 18.5.2015 - 11 ZB 15.30087 - juris Rn. 3). Im Übrigen ist es Sache des Klägers, der auch in erster Instanz schon anwaltlich vertreten war, die Tatsachen vorzutragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben dazu zu machen (§§ 25 Abs. 1 Satz 1, 74 Abs. 1 Satz 1 AsylG, Art. 4 RL 2011/95/EU).

Es kann deshalb offen bleiben, ob die Wehrpflicht in der Ukraine mit dem Tag des 26. oder 27. Geburtstag endet. Die Auskunftslage dazu ist nicht eindeutig (vgl. Lagebericht Stand März 2015, Auswärtiges Amt, Nr. II.1.6 „Wehrpflicht für Männer bis 25 Jahren“; UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update II, January 2015, Nr. 19 „Regular military conscription of 18-25 year-old men“; UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, September 2015, Nr. 34 „The large-scale mobilization of men aged 18 to 26 years old“; Alec Luhn, The Draft Dodgers of Ukraine, 18.2.2015, „... to conscript young men between the ages of 20 and 27.”). Das ukrainische Wehrpflichtgesetz besagt wohl, dass Männer unter 27 Jahren der Wehrpflicht unterliegen. Ob damit die Wehrpflicht mit der Vollendung des 26. oder des 27. Lebensjahrs endet, kann den derzeit verfügbaren Erkenntnismitteln nicht sicher entnommen werden.

Darüber hinaus muss auch nicht entschieden werden, ob in der Ukraine bei einer Verweigerung des Wehrdienstes aus berechtigten Gewissensgründen tatsächlich Strafen drohen, die eine Verfolgungshandlung i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG darstellen. Eine Verfolgung kann nur dann angenommen werden, wenn in das Recht aus Art. 9 EMRK in einer Weise eingegriffen wird, die in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist (vgl. EGMR, U. v. 7.7.2011 - 23459/03 - BeckRS 2012 80059, Rn. 128). Unstreitig ist die Verweigerung des Wehrdienstes in der Ukraine bei Zugehörigkeit zu bestimmten Religionsgemeinschaften möglich (vgl. Lagebericht Stand März 2015, Auswärtiges Amt, Nr. II.1.6). Diese Möglichkeit ergibt sich aus Art. 35 Abs. 4 der Verfassung der Ukraine (englische Übersetzung auf www.irf.in.ua) und dem Gesetz über einen Alternativdienst vom 12. Dezember 1991, No. 1975-XII (englische Zusammenfassung auf www.irf.in.ua).

Ob dadurch für Personen, die aus berechtigten Gewissengründen den Dienst an der Waffe verweigern, ohne Mitglied in einer der registrierten Religionsgemeinschaften zu sein, eine Verfolgung i. S. d. § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG resultiert, hängt davon ab, wie die Vorschriften zur Wehrdienstverweigerung in der Ukraine konkret angewendet werden und ob tatsächlich eine unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung droht (vgl. EuGH, U. v. 26.2.2015 - C-472/13 - juris Rn. 50f.). Den derzeit verfügbaren Erkenntnismitteln kann entnommen werden, dass das Desertieren aus den Streitkräften strafrechtlich verfolgt wird (Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights (OHCHR), Report on the human rights situation in Ukraine 16 August to 15 November 2015, Nr. 109 S. 22; Report on the human rights situation in Ukraine 16th February to 15th May 2015, Nr. 105 S. 22). Auch die Wehrdienstverweigerung führt wohl zu strafrechtlicher Verfolgung. In der Zeit vom 1. Juli 2014 bis 1. Juli 2015 wurden z. B. 661 Strafverfahren wegen Wehrdienstentziehung eröffnet, die in der überwiegenden Zahl der Fälle zu einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von ein bis zwei Jahren auf Bewährung führten (UNHCR, International Protection Considerations related to developments in Ukraine - Update III, September 2015, Nr. 34). Der Oberste Gerichtshof für Zivil- und Strafrecht der Ukraine hat aber entschieden, dass auch in Krisen- und Kriegszeiten Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen (im konkreten Fall ein Anhänger der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas) das Recht auf Zivildienst haben, selbst wenn die gesetzlichen Vorschriften dies nicht vorsehen (vgl. UNHCR a. a. O. Rn. 36 Fußnote 136). Die Herangehensweise der Behörden scheint stark unterschiedlich und teilweise sehr streng zu sein (vgl. UNHCR a. a. O. Rn. 36 Fußnote 136 mit Hinweis auf einen Bericht des Institute of Religious Freedom in russischer Sprache). Ob es sich bei den Verurteilten tatsächlich um Personen gehandelt hat, die berechtigte Gewissengründe glaubhaft machen konnten, lässt sich den Auskunftsmitteln nicht entnehmen.

1.2 Soweit der Kläger geltend macht, es sei grundsätzlich klärungsbedürftig, ob er als Kriegsdienstverweigerer einer sozialen Gruppe nach Art. 10 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (RL 2011/95/EU, ABl Nr. L 337 S. 9) angehöre, kann auch dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, den Ausführungen des Klägers könne keine Gewissenentscheidung entnommen werden, die den Dienst an der Waffe für ihn unzumutbar mache (s.o. 1.1). Für das Verwaltungsgericht stellte sich daher die Frage nicht, ob der Kläger einer solchen sozialen Gruppe i. S. d. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d RL 2011/95/EU angehören könnte. Bei denjenigen, die den Kriegsdienst nicht aus Gewissensgründen, sondern aus anderen Gründen verweigern, handelt es sich nicht um eine soziale Gruppe i. S. d. Art. 10 Abs. 1 Buchst. d RL 2011/95/EU.

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO ist nicht ausreichend dargelegt (vgl. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) und liegt jedenfalls nicht vor.

Die Ablehnung von Beweisanträgen i. S. v. § 86 Abs. 2 VwGO verstößt dann gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 10.8.2015 - 5 B 48.15 - juris Rn.10 m. w. N.). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, hat der Kläger nicht aufgezeigt.

2.1 Die Ablehnung eines Beweisantrags ist zulässig, wenn das Klagevorbringen keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Sachaufklärung bietet (vgl. BVerwG, B. v. 26.10.1989 - 9 B 405.89 - InfAuslR 1990, 38 = juris Rn. 8; Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 86 Rn. 38). Dies ist im Asylverfahren dann der Fall, wenn der Kläger unter Verletzung der ihn treffenden Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. VwGO seine guten Gründe für eine ihm drohende politische Verfolgung nicht in „schlüssiger“ Form vorträgt. Dazu ist erforderlich, dass er zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (BVerwG, U. v. 24.11.1981 - 9 C 251.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 31; U. v. 22.3.1983 - 9 C 68.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44). Dies hat der Kläger hier nicht getan. Die Schilderung der angeblichen Ereignisse durch den Kläger ist widersprüchlich. Z. B. hat er vor dem Bundesamt vorgetragen, er sei drei Tage nach seiner Entlassung aus der Haft zusammengeschlagen worden. Von einem Arztbesuch war keine Rede. Mit seiner Klageschrift hat er angegeben, es hätten drei Wochen zwischen der Entlassung aus der Haft und dem weiteren Vorfall gelegen. In der mündlichen Verhandlung behauptete er, es sei dazwischen nur eine Woche verstrichen. Die vorgelegte Bescheinigung über Arztbesuche bestätigt demgegenüber zwei Arztbesuche im Abstand von ca. zwei Wochen. Darüber hinaus weichen die Angaben des Klägers erheblich von denen seines Bruders ab und wurden kontinuierlich gesteigert. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung konnte er diese Widersprüchlichkeiten nicht aufklären, sondern behauptet, diese Unstimmigkeiten seien dadurch entstanden, dass sich der Kläger erstmals mit seiner Klageschrift mit dem Protokoll über die Anhörung beim Bundesamt auseinander gesetzt habe, das in weiten Teilen falsch sei. Dabei zeigt er aber nicht schlüssig auf, weshalb ihm diese angeblichen Fehler bei der Rückübersetzung der Niederschrift nicht aufgefallen sein sollten und weshalb er nach Klageerhebung weiterhin verschiedene Sachverhalte berichtet hat.

2.2 Darüber hinaus findet die Ablehnung eines Beweisantrags auch dann eine Stütze im Prozessrecht, wenn sich der behauptete Sachverhalt, als gegeben unterstellt, nicht auf die Entscheidung auswirken kann (§ 86 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO entspr.; Geiger in Eyermann, a. a. O. § 86 Rn. 42), weil es nach dem Rechtsstandpunkt des Tatsachengerichts für den Ausgang des Rechtsstreits darauf nicht ankommt (vgl. BVerwG, B. v. 10.8.2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 10). Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die unter Beweis gestellten Tatsachen als Indizien nicht für den Beweis dafür ausreichen, dass der Kläger vorverfolgt aus der Ukraine ausgereist ist und ihm bei seiner Rückkehr Verfolgung droht. Dagegen bringt der Kläger nur vor, angesichts der Vielzahl der unter Beweis gestellten Tatsachen und unter Berücksichtigung der ebenfalls unter Beweis gestellten Inhaftierung hätten diese Indizien ein solches Gewicht erlangt, dass der Kläger als glaubwürdig hätte erachtet werden müssen. Er zeigt aber nicht auf, aus welchen Gründen die unter Beweis gestellten Tatsachen, die jede für sich wohl auch nach Ansicht des Klägers eine politische Verfolgung nicht belegen können, in ihrer Gesamtheit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine politische Verfolgung beweisen sollen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Antragsbegründung legt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in ausreichender Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dar. Der Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B. v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m. w. N.).

Zur Begründung seines Antrags lässt der Kläger ausführen, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob einem ukrainischen Staatsbürger im wehrpflichtigen Alter eine Rückkehr im Hinblick auf den Bürgerkrieg in der Ostukraine zuzumuten sei. Er habe wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine Schwierigkeiten gehabt und dort seine Existenz verloren. Er habe nicht gekämpft und gelte deshalb als Verräter. Bei einer Rückkehr in seine Heimat Lugansk fürchte er erhebliche Schwierigkeiten, weil es dort keine Gesetze gebe. Er müsse davon ausgehen, rekrutiert zu werden. Auf beiden Seiten der Konfliktparteien würden Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen. Das Recht auf Verweigerung sei stark beschränkt. Es sei immer davon die Rede, dass die Regierung plane, alle wehrpflichtigen Männer zwischen dem 18. und 45. Lebensjahr einzuziehen.

Damit genügt die Antragsbegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Nach ständiger Rechtsprechung stellen die zwangsweise Heranziehung zum Wehrdienst und die damit zusammenhängenden Sanktionen weder schlechthin eine politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG dar noch ist eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung stets als unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 AsylG anzusehen. Dahin schlagen derartige Maßnahmen nur dann um, wenn sie zielgerichtet gegenüber bestimmten Personen eingesetzt werden, die dadurch gerade wegen ihrer Religion, ihrer politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen persönlichen Merkmals getroffen werden sollen (BVerwG, B. v. 10.9.1999 - 9 B 7.99 - juris Rn. 3). Beruft sich der Betreffende auf eine Gewissensentscheidung, kann eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen einer Wehrdienstentziehung regelmäßig nur angenommen werden, wenn der Betreffende durch die fehlende Möglichkeit der Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen und die daraus folgende Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung in seinem Recht aus Art. 9 EMRK verletzt wird. Dabei kommt es insbesondere auch darauf an, ob der Betreffende eine echte und aufrichtige Gewissensentscheidung gegen den Wehr- oder Kriegsdienst glaubhaft machen kann (vgl. BayVGH, B. v. 15.2.2016 - 11 ZB 16.30012 - juris Rn. 13 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat einen hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikt und damit die Asylerheblichkeit einer etwaigen Einberufung oder Bestrafung des Klägers wegen Wehrdienstentziehung abgelehnt, weil seine Ausführungen keine rational mitteilbare und nachvollziehbare ausführliche Darlegung der Ernsthaftigkeit, Tiefe und Unabdingbarkeit einer Gewissensentscheidung gegen den Dienst mit der Waffe an sich erkennen ließen.

Dem ist der Kläger auch in der Antragsbegründung nicht näher entgegengetreten. In der Anhörung beim Bundesamt am 23. März 2016 hatte er auf Frage angegeben, er habe im Jahr 1990 in Moskau Wehrdienst geleistet. Aus der Ukraine ausgereist und nach Deutschland gekommen sei er, weil er hier Bekannte habe und die Sprache kenne. Auf Frage nach Schwierigkeiten wegen des Kriegs gab er an, sein Name habe auf einer Liste gestanden. Er sei nicht zur ukrainischen Armee oder zur Armee, die es im Gebiet Luhansk gebe, einberufen worden. Er habe ja schon gedient. In der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 7. November 2016 erklärte der Kläger, er sei nach Deutschland gekommen, weil er keine Menschen töten wolle. Beide Seiten würden Menschen zum Wehrdienst einberufen. Er sei zwar von 1990 bis 1992 Soldat bei der Sowjetarmee gewesen, sei allerdings zwischenzeitlich älter und reifer geworden. Wenn sein Land von außen angegriffen würde, würde er allerdings sehr wohl zur Waffe greifen.

Seinen Darlegungen im Zulassungsverfahren lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger den Dienst mit der Waffe aufgrund einer ernsthaften, tiefen und unabdingbaren Gewissensentscheidung ablehnen würde. Vielmehr wiederholt er lediglich kursorisch, es handele sich um einen Bürgerkrieg, in dem auf beiden Seiten Freunde und Verwandte gegeneinander kämpfen würden. Abgesehen davon benennt er nach wie vor keinerlei greifbare Anhaltspunkte dafür, dass er trotz seiner ungehinderten Ausreise im Alter von knapp 45 Jahren überhaupt noch ernsthaft befürchten müsste, als Reservist einberufen zu werden, dass er jemals versucht hätte, sich dem unter Berufung auf eine Gewissensentscheidung zu widersetzen und dass ihm auch keine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stünde. Er hat auch weder vorgetragen noch ist ersichtlich, dass sich das Ausgangsgericht bei der Verneinung eines hinreichend glaubhaft gemachten Gewissenskonflikts in verfahrensfehlerhafter Weise über die von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO geforderte richterliche Überzeugungsgewissheit hinweggesetzt hätte, die auch bei der Prüfung der inneren Tatsache zugrunde zu legen ist, ob der Kläger die Ablehnung eines Dienstes mit der Waffe aufgrund einer Gewissensentscheidung für sich selbst als verpflichtend empfindet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes bzw. die Feststellung eines Abschiebeverbotes nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.

Der am ... 1998 in ... (Afghanistan) geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Tadschiken und sunnitischem Glauben.

Seinen Angaben zufolge reiste der Kläger am 8. August 2015 erstmalig auf den Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 1. August 2016 Asylerstantrag stellte.

Bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 22. August 2016 führte der Kläger u. a. aus, dass er sich vor seiner Ausreise in der Stadt ... aufgehalten habe. Die Reise habe er mit einem Schlepper vorgenommen. Vor ca. einem bis eineinhalb Jahren habe er Afghanistan verlassen. Sein Vater sei bereits verstorben, seine Mutter lebe nach wie vor in ... Er habe eine Schwester und zwei Brüder. Die Brüder seien sechs bzw. acht Jahre alt. Vor ca. fünf oder sechs Jahren sei sein Vater verstorben. Die Schule habe er bis zur 8. Klasse besucht. Die Eltern hätten in ... einen Laden, eine Konditorei besessen. Dort habe er mit seinem Onkel väterlicherseits gearbeitet. Die wirtschaftliche Situation sei gut gewesen. Er habe im eigenen Haus seiner Eltern gelebt. Ca. 6.500 US-Dollar habe er für die Ausreise nach Deutschland gezahlt. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der Kläger aus, dass die Konditorei an Behörden Kuchen ausgeliefert habe, der für das Militär vorgesehen gewesen sei. Aus diesen Gründen habe die Familie Ärger mit den Taliban bekommen. Die Familie sei unter Druck gesetzt worden und es sei ihm gesagt worden, nicht mehr an die afghanischen Behörden zu verkaufen. Ca. drei Jahre lang habe die Konditorei an die afghanischen Behörden geliefert. Dann hätten die Unterdrücker der Taliban hiervon erfahren. Diese seien aus ... und ... gekommen und hätten der Familie Probleme bereitet. Danach sei die Konditorei geschlossen worden. Die Taliban seien gekommen und hätten verlangt, dass die Lieferung an die Behörden einzustellen sei. Die Taliban hätten die Familie mit dem Tode bedroht und ihnen Probleme bereitet. Deshalb habe ihm seine Mutter geraten, dass er ausreisen solle. Die Taliban seien wiederholt gekommen und hätten die Familie bedroht. Überdies hätten sie die Stadt ... eingenommen. Die Kuchen seien an eine Bäckerei ausgeliefert worden und diese Bäckerei habe die Waren dann zum militärischen Stützpunkt gebracht. Einen Ortswechsel innerhalb Afghanistans habe er nicht in Erwägung gezogen. Sowie die Familie in ... gefunden worden sei, würde sie auch überall anders gefunden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde er möglicherweise nicht am Leben bleiben. Für den weiteren Inhalt der Anhörung des Klägers wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13. September 2016 wurden die Anträge des Klägers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt (Ziff. 1 und 2 des Bescheids). In Ziff.3 wurde dem Kläger der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt. Ziff. 4 des Bescheides bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen. In Ziff. 5 wird der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde ihm die Abschiebung nach Afghanistan bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Ziff. 6 setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter nicht vorliegen. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze (§ 3 Asylgesetz - AsylG). Der Kläger sei kein Flüchtling im Sinne dieser Definition. Zwar seien kriegerische Auseinandersetzungen in Afghanistan nach wie vor an der Tagesordnung. Jedoch stelle sich die Sicherheitslage regional sehr unterschiedlich dar. So gebe es verschiedene Gebiete in Afghanistan, wie beispielsweise in Kabul, Herat, Bamyan und Panjashir, in denen die Sicherheitslage konstant ausreichend sicher sei. Damit könne es dem Kläger jedenfalls zugemutet werden, sich in einem dieser sicheren Landesteile aufzuhalten. Bei gesunden und arbeitsfähigen jungen Männern sei grundsätzlich davon auszugehen, dass interne Schutzmöglichkeiten zumindest in größeren afghanischen Städten bestünden und dass sie dort das erforderliche Existenzminium erlangen könnten. Dies gelte auch, wenn sie bei einer Rückkehr nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen könnten. Dem Kläger sei es bis zu seiner Ausreise gelungen, für sich eine Lebensgrundlage zu schaffen. Auch die Voraussetzung für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus läge nicht vor. Es drohten dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keine erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt. Der vorliegend festzustellende Grad willkürlicher Gewalt erreiche nicht das für eine Schutzgewährung erforderliche hohe Niveau, demzufolge jedem Antragsteller allein wegen seiner Anwesenheit im Konfliktgebiet ohne Weiteres Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG gewährt werden müsse. Schließlich habe der Kläger auch keine persönlichen Umstände vorgetragen, die die Gefahr für ihn so erhöhten, dass von individuellen konfliktbedingten Gefahren gesprochen werden könne. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers sei die Wahrscheinlichkeit der Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Es drohten dem Antragsteller keine individuellen Gefahren für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würden. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG zu erlassen. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Diese Befristung sei vorliegend angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristfestsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange, seien weder vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamts vor.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 13. September 2016 wird ergänzend verwiesen.

Der Kläger hat gegen den vorbezeichneten Bescheid des Bundesamtes mit Schriftsatz vom 26. September 2016 Klage erhoben und zuletzt beantragt:

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Az: ...) vom 13. September 2016, zugestellt am 14. September 2016, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen.

Hilfsweise,

subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zu gewähren,

hilfsweise,

festzustellen, dass Abschiebeverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Begründung der Klage ist mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 ausgeführt, dass die Verfolgungssituation des Klägers bei dessen Anhörung heruntergespielt und nicht hinreichend gewürdigt worden sei. Tatsächliche Verfolgungsereignisse habe der Kläger in der Anhörung selbst gar nicht vortragen können. Die Voraussetzungen zur Gewährung internationalen Schutzes gemäß § 3 Abs. 1 AsylG seien im Falle des Klägers gegeben. Der Kläger sei mehreren Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 2 AsylG ausgesetzt gewesen. Er sei physischer und psychischer Gewalt durch die Taliban ausgesetzt gewesen. Der Kläger und dessen Familie seien seit Februar 2014 fortlaufend mit dem Tode bedroht worden. Anlass hierfür war, dass die Familie des Klägers für die afghanische Regierung gearbeitet habe, indem sie diese mit Torten aus der familieneigenen Konditorei beliefert hätten. Das Haus, indem die Familie des Klägers gewohnt habe, sei im September 2014 von den Taliban angegriffen und beschossen worden. Der Vater des Klägers sei dabei von den Taliban getötet worden. Aufgrund nach anhaltender Bedrohungen habe sich die Familie gezwungen gesehen, das Geschäft aufzugeben. Der Kläger sei einer ständigen Lebensbedrohung ausgesetzt gewesen, da er sich den Taliban nicht habe anschließen wollen. Es sei verkannt worden, dass der Kläger in der begründeten Furcht lebe, auch in anderen Landesteilen von den Taliban verfolgt zu werden. Der Verfolgungsgrund sei allein darin zu sehen, dass der Kläger und seine Familie im Rahmen der familieneigenen Konditorei das afghanische Militär beliefert zu haben und deshalb Bedrohungen durch die Taliban ausgesetzt gewesen zu sein. Die Taliban sähen darin eine verräterische, feindliche Handlung, die von ihnen sanktioniert werde. Bei den Taliban handele es sich um Verfolgungsakteure im Sinne des § 3c AsylG. Die Taliban seien insbesondere in ... aktiv vertreten und hätten im Oktober 2016 eine neue Offensive gestartet und dadurch ihre Präsenz und Bedrohung manifestiert. Da der Kläger und seine Familie individuell verfolgt worden seien, komme ihm die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG zugute. Dem Kläger stehe kein interner Schutz im Herkunftsland zur Verfügung. Insbesondere besitze der Kläger keine Möglichkeit, in einem anderen Teil seines Heimatlandes einschließlich des Großraumes Kabul Zuflucht zu suchen und dort zu überleben. Die Mutter und die Geschwister des Klägers lebten nach wie vor in ... Ein Kontakt zur Familie bestehe aufgrund der schwierigen Verhältnisse nicht mehr. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger in anderen Provinzen engere familiäre Kontakte habe. Er wäre bei einer Rückkehr nach Afghanistan wirtschaftlich komplett auf sich allein gestellt. Der erst 18jährige Kläger habe lediglich acht Jahre die Schule besucht, verfüge über keinen Schulabschluss. Er habe dann im familieneigenen Betrieb mitgearbeitet. Zu berücksichtigen sei weiter, dass der Lebensunterhalt in Städten wie Kabul, Herad oder Mazare Sharif, sehr teuer sei. Die Arbeitslosigkeitsrate unter den Jugendlichen betrage dort fast 60%. Es bestehe zudem die Gefahr für junge Menschen, die bereits einmal geflohen seien, im Falle ihrer Rückkehr allein mit den Taliban konfrontiert zu werden. Zu den individuellen Fluchtgründen des Klägers käme die sich aktuell verschlechternde Sicherheitslage in Afghanistan hinzu. Mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers sei davon auszugehen, dass dieser im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, einer Verletzung des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Die Bedrohung wachse auch in bislang ruhigeren Gebieten rasant an. Auch deshalb könne der Bescheid des Bundesamtes keinen Bestand haben.

Auf den weiteren Inhalt des Klagebegründungsschriftsatzes vom 10. Oktober 2016 wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 5. Oktober 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Mit weiterem Gerichtsbeschluss vom 5. Oktober 2016 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung bewilligt.

Der Kläger hat sein Vorbringen mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2016, auf den verwiesen wird, ergänzt und vertieft.

Am 19. Dezember 2016 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der der Kläger informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

Gründe

Der nach § 76 Abs. 1 AsylG zuständige Einzelrichter konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte in der Ladung auf die Tatsache, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, ausdrücklich hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13. September 2016 ist, soweit er mit der Klage angegriffen wurde, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG. Es ist ihm weder der subsidiäre Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen, noch liegen in seiner Person nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.

Rechtsgrundlage für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist § 3 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer Flüchtling i. S. d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wenn er sich aus begründeter Furcht wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Herkunftslandes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Der Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vormals nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG, nunmehr nach § 3 Abs. 1 AsylG) ist weitgehend deckungsgleich mit dem des Asylgrundrechts, für dessen Auslegung sich das Bundesverfassungsgericht schon bisher an der Genfer Flüchtlingskonvention orientiert hat (vgl. BVerwG, B. v. 10.7.1989 - 2 BvR 502/86 u. a. - BVerwGE 80, 315).

Teilweise geht der Internationale Flüchtlingsschutz im Ergebnis der Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU über den Schutz des Asylgrundrechts hinaus. So begründen nach Maßgabe des § 28 Abs. 1a AsylG auch selbstgeschaffene Nachfluchtgründe sowie gemäß § 3c Nr. 3 AsylG eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, etwa in Bürgerkriegssituationen, in denen es an staatlichen Strukturen fehlt, ein Abschiebungsverbot. Ferner stellt § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG klar, dass eine Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe auch dann vorliegen kann, wenn Anknüpfungspunkt allein das Geschlecht ist. Schließlich umfasst gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG der Schutz vor Verfolgung wegen der Religion im Ergebnis der Umsetzung von Art. 10 Abs. 1b der Richtlinie 2011/95/EU auch die Religionsausübung im öffentlichen Bereich sowie sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen, die sich auf eine religiöse Betätigung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind.

Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen vom Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft und der Voraussetzungen des subsidiären Schutzes der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Der herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Sicherheit hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 - 10 C 7/11 - juris). An dessen Stelle gilt nunmehr nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Hierdurch wird den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigemessen (vgl. EuGH, U. v. 2.3.2010 - Rs. V 175/08 u. a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich verfolgungsbegründende bzw. schadensstiftende Umständen bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.

Dessen ungeachtet ist es Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen, § 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU. Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u. a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.

Beruft sich der Ausländer indes zur Begründung seiner Verfolgungsfurcht auch auf Vorgänge und Geschehensabläufe nach dem Verlassen seines Herkunftsstaates, so gilt die das Maß der Darlegungsanforderungen bestimmende Beweiserleichterung nicht, weil nicht mehr davon auszugehen ist, dass die für Vorgänge in dem „Verfolgerstaat“ bestehenden Beweisschwierigkeiten außerhalb des Herkunftsstaates fortbestehen. Der Flüchtling hat vielmehr die Umstände, aus denen er seine begründete Furcht vor Verfolgung i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ableitet, zu beweisen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Nachfluchtgründe in einem Verhalten des Ausländers bestehen, das Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung und Ausrichtung ist, § 28 Abs. 1a AsylG. Durch die Verwendung des Wortes „insbesondere“ in § 28 Abs. 1a AsylG ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch Nachfluchttatbestände ohne eine entsprechende Vorprägung im Heimatland beachtlich sein können.

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist insoweit auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist gegenüber dem Kläger nicht festzustellen. Insoweit fehlt es bereits an einem glaubwürdigen, widerspruchsfreien Vortrag des Klägers. So hat der Kläger beispielsweise bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt ausgeführt, dass sein Vater bereits vor ca. fünf oder sechs Jahren verstorben sei. Im gerichtlichen Verfahren hat sich der Kläger jedoch dahingehend eingelassen, dass sein Vater beim Sturm auf das Haus der Familie durch die Taliban im Jahr 2014 zu Tode gekommen sei. In der mündlichen Verhandlung wiederum hat der Kläger behauptet, dass sein Vater in der familieneigenen Konditorei erschossen worden sei. Auch der übrige Vortrag einer Verfolgung seitens der Taliban ist im Wesentlichen inhaltsleer und detailarm. Unschlüssig ist der Vortrag dahingehend, warum das Haus seiner Eltern gestürmt worden sei, nachdem die Tätigkeit der Konditorei bereits eingestellt gewesen sei, sein Vater bereits erschossen und der Kläger und sein Onkel das Land bereits verlassen hatten. Unschlüssig ist auch, warum die elterliche Konditorei überhaupt Opfer der Taliban geworden sein soll, wenn die Backwaren letztlich über eine andere Bäckerei/Konditorei an den Militärstützpunkt ausgeliefert worden sind. Dass die Taliban über die exakten Vertragsbeziehungen Kenntnis erlangt hatten, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch hat sich die Tätigkeit des Klägers auf die bloße Erbringung von Hilfsdiensten erstreckt. Eine herausgehobene Stellung des Klägers, die dessen Tätigkeit in die Nähe der afghanischen Regierung rückt, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Auch wurden während der dreijährigen Tätigkeit des Klägers keine gezielten Angriffe auf dessen Transportfahrzeug verübt. Der Kläger ist nach seinen Angaben - diese auch erstmalig in der mündlichen Verhandlung - lediglich einmal Augenzeuge eines Angriffs auf ein Militärfahrzeug selbst geworden. Überdies fehlt es an einem asylrelevanten Merkmal im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Letztlich bedarf dies alles jedoch keiner vertiefenden Betrachtung, da für den Kläger jedenfalls zumutbar eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG besteht, wie im weiteren darzulegen sein wird.

2. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG.

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden geht dabei die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c - e AsylG entsprechend. Bei der Prüfung, ob dem Ausländer ein ernsthafter Schaden droht, ist - wie bei der Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft - der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen (BVerwG, U. v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377 ff.).

Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG hat der Kläger bereits nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG liegen nicht vor, weil der Kläger jedenfalls auf internen Schutz nach § 3e AsylG zurückgreifen kann.

Nach § 3e Abs. 1 AsylG i. V. m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und 2 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - juris Rn. 20; U. v. 29.5.2008 - 10 C 11/07 - juris Rn. 35). Die Beurteilung erfordert dabei eine Einzelfallprüfung (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30185 - juris Rn. 5). Dabei sind die individuellen Besonderheiten wie Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte des Klägers in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, Geschlecht, Alter, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen zu berücksichtigen. Entscheidend dafür, ob eine inländische Fluchtalternative als zumutbar angesehen werden kann, ist dabei insbesondere auch die Frage, ob an dem verfolgungssicher Ort das wirtschaftliche Existenzminimum des Asylsuchenden gewährleistet ist. Dies in der Regel anzunehmen, wenn der Asylsuchende durch eigene Arbeit oder Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen kann. Nicht mehr zumutbar ist die Fluchtalternative demgegenüber dann, wenn der Asylsuchende an dem verfolgungssicheren Ort bei der gebotenen grundsätzlich generalisierenden Betrachtungsweise auf Dauer ein Leben zu erwarten hat, das zu Hunger, Verelendung und schließlich zum Tode führt, oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten als ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums (vgl. VG Gelsenkirchen, U. v. 22.8.2013 - 5A K 156/11.A - juris Rn. 38).

Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht davon aus, dass für den Kläger eine inländische Fluchtalternative besteht.

Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger in Afghanistan für ihn zumutbar auch außerhalb seiner Heimatstadt an einem Ort niederlassen kann, an dem er verfolgungssicher ist. Für den Kläger als jungen gesunden Mann dürfte es in einer größeren afghanischen Stadt auch abseits seiner Herkunftsprovinz möglich sein, sich ein Existenzminimum zu sichern. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19.10.2016, Stand: September 2016 - im Folgenden: Lagebericht - S.18). Eine schützende Anonymität bieten nach Auffassung des Gerichts daher insbesondere die Städte Kabul, Herat oder Kandahar. Dort könnte sich der erwerbsfähige Kläger niederlassen, ohne der ernsthaften Gefahr einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt zu sein. Der Kläger ist gesund und mit einem Alter von 18 Jahren in der Lage, auf dem hart umkämpften afghanischen Arbeitsmarkt eine Arbeit zu finden, von der er leben kann. Für eine zumutbare Rückkehr in eine größere Stadt in Afghanistan spricht auch, dass der Kläger nach seinem eigenen Vortrag ledig ist und keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat. Beim Kläger kommt hinzu, dass er seit früher Kindheit im elterlichen Betrieb neben dem Besuch der Schule mitgeholfen hat und damit bereits Berufserfahrung vorweisen kann.

Dem Kläger ist nach Überzeugung des Gerichts eine Rückkehr insbesondere nach Kabul i. S. einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch zumutbar. Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative geeignet. Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (BayVGH, B. v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris). Auch aus den letzten Lageberichten des Auswärtigen Amtes ergibt sich nicht, dass sich die Sicherheitslage in Kabul im Vergleich zur Einschätzung in den vorangegangenen Lageberichten wesentlich verändert hätte (Lagebericht vom 6.11.2015, S. 4: Lagebericht vom 19.10.2016, S. 4). Zwar war teilweise ein Anstieg von zivilen Opfern im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen zu verzeichnen. Dass dieser Anstieg jedoch die Sicherheitslage in Kabul derart gravierend verschlechtert hat, dass die Kläger dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wären, ergibt sich aus den Auskünften nicht (s. auch BayVGH, B. v. 14.1.2015 - 13a ZB 14.30410 - juris Rn.5). Auch soweit die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem im Februar 2016 veröffentlichten Jahresbericht für 2015 anführt, dass sie im Jahr 2015 die höchste Zahl an zivilen Opfern seit 2009 dokumentiert hat, ändert dies obige Einschätzung nicht. Nachdem es bereits in den Jahren 2013 und 2014 einen Anstieg in der Zahl der zivilen Todesopfer und Verletzten gegeben hatte, stieg im Jahr 2015 die Zahl der durch konfliktbedingte Gewalt getöteten und verletzten Zivilisten im Vergleich zum Jahr 2014 um vier Prozent auf 11.002 zivile Opfer (3.545 Tote und 7.457 Verletzte). Wie UNAMA erläutert, ist der Anstieg in der Gesamtzahl der zivilen Opfer vor allem durch eine Zunahme an komplexen Anschlägen und Selbstmordanschlägen sowie gezielten Tötungen durch regierungsfeindliche Kräfte zu erklären. Darüber hinaus stieg auch die Zahl von Opfern, die durch Regierungskräfte im Zuge von Luft- und Bodengefechten verursacht wurden. Insbesondere in der Provinz Kunduz geriet zudem eine steigende Zahl von Zivilisten zwischen die Frontlinien der Konfliktparteien. UNAMA zu Folge führten komplexe Anschläge und Selbstmordanschläge in der Zentralregion, insbesondere in der Stadt Kabul, zu einem 18-prozentigen Anstieg in der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2015 (vgl. ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul, Stand: 5.7.2016, http://www.ecoi.net/news/188769::afghanistan/101.allgemeinesicherheitslageinafghanistanchronologiefuerkabul.htm).

Allerdings hat die Zunahme von Anschlägen nach Überzeugung des Gerichts nicht zu einer solchen Verschlechterung der Sicherheitslage in der Zentralregion und in Kabul geführt, dass vernünftigerweise nicht mehr erwartet werden könnte, dass ein Rückkehrer sich dort niederlässt. Die allgemeine Gefährdungslage dort erreicht nicht eine Intensität, dass ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG anzunehmen wäre. Soweit Organisationen wie UNHCR und Pro Asyl sowie Presseberichte auf die Zunahme von Anschlägen in Kabul verweisen, folgen sie eigenen Maßstäben, aber nicht den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen an die Annahme eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (vgl. BayVGH, B. v. 17.8.2016 - 13a ZB 16.30090 - Rn. 10 m. w. N.). Auch erreicht die allgemeine Gefährdungslage dort nicht eine Intensität, dass Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative nicht mehr geeignet wäre, denn das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist noch weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. bisher schon BayVGH, B. v.19.6.2013 - 13a ZB 12.30386 - juris). Dies gilt auch zum jetzt entscheidungserheblichen Zeitpunkt.

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG, wonach von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abzusehen ist, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor, weil dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen Situation keinen erheblichen individuellen Gefahren aufgrund willkürlicher Gewalt landesweit drohen. Insoweit folgt das Gericht den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bescheides (§ 77 Abs. 2 AsylG).

3. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sie aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. In Fällen, in denen gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15/12 - juris).

Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine solche Abschiebestoppanordnung besteht für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.

Auch ist das Gericht der Auffassung, dass die allgemeine Gefahr in Afghanistan sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet hat, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt (vgl. BayVGH, B. v. 11.12.2013 - 13A ZB 13.30119 u. a. - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 27.4.2012 - A 11 S 3079/11 - juris). Wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer reinen quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssten jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann. So besteht eine extreme Gefahrenlage dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen und sicheren Hungertod nach erfolgter Abschiebung ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z. B. B. v. 19.2.2014 - 13A ZB 14.30022 - juris) geht das Gericht davon aus, dass derzeit für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende, alleinstehende, männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige, zu denen auch der Kläger zu rechnen ist, in Afghanistan nicht von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 AufenthG führt. Gegen das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes spricht beim Kläger zudem, dass dieser seinem eigenen Vortrag über mehrere Familienangehörige in Afghanistan verfügt, die den Kläger bei einer Rückkehr erneut aufnehmen können. Damit droht dem Kläger keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben wegen der allgemeinen Versorgungslage in Afghanistan. Zwar gestaltet sich die allgemeine Versorgungslage nach wie vor schwierig. Trotz dieser kritischen Versorgungslage muss nicht jeder Rückkehrer aus Europa generell im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung erleiden. In der Gesamtschau der ins Verfahren eingeführten aktuellen Auskünfte ist nicht davon auszugehen, dass jeder Rückkehrer aus Europa generell in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit den Tod oder schwerste Gesundheitsschäden bei einer Rückführung nach Kabul erleiden müsste (vgl. BayVGH, U. v. 20.1.2012 - 13A B 11.30425 - juris Rn. 32 ff.). Nur für besonders schutzwürdige Rückkehrer wie Alte oder behandlungsbedürftig kranke Personen, alleinstehende Frauen mit und ohne Kinder, Familien und Personen, die aufgrund persönlicher Merkmale zusätzlicher Diskriminierung unterliegen oder die über keinen aufnahmebereiten Familienverbund verfügen, lässt sich eine extreme Gefahrenlage begründen. Für alleinstehende, junge und arbeitsfähige Männer aus der Bevölkerungsmehrheit ohne erhebliche gesundheitliche Einschränkungen, besteht die Möglichkeit, sich eine neue Existenz in Kabul oder einer anderen größeren Stadt aufzubauen (st. Rspr.. des BayVGH, beispielsweise U. v. 15.3.2012 - 13a B 11.30439 - juris Rn. 25).

Der Kläger ist mittlerweile volljährig und leidet, soweit ersichtlich, nicht unter gesundheitlichen Einschränkungen

Überdies verfügt der Kläger wohl noch über einen Familienverbund in Afghanistan, auf den er nach seiner Rückkehr zurückgreifen kann. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger sein Existenzminimum bei einer Rückkehr nach Afghanistan durchaus sichern kann. Im Übrigen verweist das Gericht auf mögliche Rückkehr- und Starthilfen für freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan nach dem REAG/GARP-Programm. Darüber hinaus werden Leistungen nach dem Reintegrationsprogramm „ERIN“ gewährt (vgl. Auskünfte der Regierung von Schwaben vom 17. August 2016 und des Bundesamtes vom 12. August 2016 an das Verwaltungsgericht Augsburg).

4. Das von der Beklagten verfügte Einreise- und Aufenthaltsverbot auf der Grundlage des § 11 Abs. 1 AufenthG sowie die Abschiebungsandrohung begegnen keinen rechtlichen Bedenken.

5. Nach allem erweist sich die Klage zwar als zulässig, aber unbegründet. Sie war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt ist.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B.v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung vom 12. Mai 2017 nicht. Die von den Klägern formulierte Frage, ob für eine Familie mit drei Kleinkindern, die aus den Gebieten in der Ostukraine stammt, in denen ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen der Ukraine besteht, rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Kläger haben vor ihrer Ausreise nicht in den von Separatisten beherrschten Gebieten in den Oblasten Lugansk oder Donezk gelebt, in denen ggf. ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, sondern waren im Oblast Kharkiv ansässig. Die gestellte Frage erfasst daher den hier vorliegenden Sachverhalt nicht.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR unterstützt (Auskunft des Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Die Kläger haben auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I. Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige tatarischer Volkszugehörigkeit. Sie lebten vor ihrer Ausreise in Feodosia auf der Krim.

Die Kläger reisten am 5. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 20. Oktober 2015 Asylanträge. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gaben sie an, der Kläger zu 1. habe an proukrainischen Demonstrationen teilgenommen. Er sei deshalb zwei Mal verhaftet worden. Danach seien sie geflohen.

Das Bundesamt lehnte die Asylanträge mit Bescheid vom 18. Dezember 2015 ab, erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz zu und stellte fest, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Sollten die Kläger nicht innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens ausreisen, werde die Abschiebung in die Ukraine angedroht. Die Kläger hätten eine politische Verfolgung nicht glaubhaft gemacht, da die Angaben des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. unglaubhaft und widersprüchlich seien. Unabhängig davon stehe ihnen eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen der Ukraine zu. Der Kläger zu 1. habe selbst eingeräumt, dass er auch dort Zuflucht suchen könne.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 11. April 2016 abgewiesen. Die Kläger hätten eine politische Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Es werde dazu nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid des Bundesamts Bezug genommen. Darüber hinaus könne offen bleiben, ob die Kläger als Angehörige der Volksgruppe der Tataren auf der Krim verfolgt würden, denn sie könnten auf internen Schutz in den übrigen Landesteilen der Ukraine verwiesen werden. Die allgemeine humanitäre Situation in der Ukraine begründe keine nationalen Abschiebungsverbote. Die Lage sei nicht mit der Lage in Afghanistan vergleichbar, wo keinerlei soziale Sicherungssysteme bestünden. In der Ukraine gebe es mit dem IDP-Gesetz vom 19. November 2014 inzwischen eine Rechtsgrundlage für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von Binnenflüchtlingen. Die Kläger hätten auch noch zahlreiche Verwandte in der Ukraine, die sie ggf. unterstützen könnten.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es stelle sich die Frage, ob die allgemeine humanitäre Situation in der Ukraine nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründe und ob die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Afghanistan auf die Ukraine zu übertragen sei. Den Klägern als Familie mit fünf Kindern, von denen eines schwer krank sei, drohe nach der Rückkehr ein Leben unter dem Existenzminimum. Entscheidungserheblich sei, ob die Kläger ohne staatliche Sicherungssysteme in der Lage sein würden, ihre Existenz zu sichern, denn es gäbe keinerlei rechtliche Grundlage, dass die Verwandten die Kläger unterstützen müssten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht hinreichend dargelegt ist.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und es ist regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts erforderlich (Happ a. a. O. § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier.

Das Verwaltungsgericht ist zum einen davon ausgegangen, dass mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) eine Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Kläger gewährleistet. Die Kläger setzen sich mit dieser Argumentation auch nicht ansatzweise auseinander und legen weder dar, dass die auf dieser Rechtsgrundlage gewährten Leistungen des ukrainischen Staates ihnen nicht zustehen oder zur Existenzsicherung nicht ausreichen könnten.

Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Lage in der Ukraine mit der Lage in Afghanistan nicht vergleichbar ist, da in der Ukraine soziale Sicherungssysteme bestehen. Nach der Auskunftslage haben ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des Staates (vgl. Länderinformationsblatt Ukraine, Hrsg.: Bundesamt für Migration und Flüchtlingen/Internationale Organisation für Migration/Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung, Stand: August 2013). Auch damit setzt sich die Antragsbegründung nicht auseinander, sondern die Kläger halten es für entscheidungserheblich, ob sie ohne staatliche Sicherungssysteme in der Lage sein würden, ihre Existenz zu sichern. Diese Frage stellte sich im erstinstanzlichen Verfahren so nicht, denn das Verwaltungsgericht legte zugrunde, dass soziale Sicherungssysteme bestehen, die auch für Rückkehrer eine knapp ausreichende Grundversorgung gewährleisten (vgl. Lagebericht, Auswärtiges Amt, Stand: Januar 2016, S. 5 und 14). Erkenntnismittel, denen entnommen werden könnte, dass die Grundversorgung für Rückkehrer nicht gewährleistet ist, nennen die Kläger nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1970 geborene Kläger begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Gewährung von subsidiärem Schutz oder die Feststellung von Abschiebungshindernissen.

Nach eigenen Angaben ist der Kläger armenischer Volkszugehöriger und lebte seit dem Jahr 1990 in der Ukraine, ohne einen ukrainischen Pass zu besitzen. Seit dem Jahr 1996 habe er mit den Klägern im Parallel-Verfahren 11 ZB 17.30327 zusammen gewohnt (Lebensgefährtin und vier gemeinsame Kinder). Am 16. Juli 2015 reiste die gesamte Familie in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18. November 2015 Asylanträge. Der Kläger gab bei seiner Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) an, er habe von 2011 bis 2014 mit seiner Familie in der Stadt Avdeevka in der Nähe von Donezk gelebt. Danach habe er bis zu seiner Ausreise bei Bekannten in Orlovka gewohnt. Den Lebensunterhalt für sich und seine Familie habe er stets durch eigene Berufstätigkeit in unterschiedlichen Bereichen verdient. Er habe auch etwas gespart gehabt und habe sich eigentlich ein Grundstück kaufen wollen. Der Grund für die Ausreise sei gewesen, dass sie keine Papiere gehabt und als Ausländer Schwierigkeiten bekommen hätten. Er habe mehrfach versucht, einen ukrainischen Pass zu erhalten, dies sei ihm aber nicht gelungen. Im Oktober 2014 seien sie von vermummten Personen überfallen worden. Es sei bei ihnen eingebrochen und er sei geschlagen worden. Er sei deshalb beim Arzt gewesen. Der habe gesagt, es sei psychosomatisch und habe ihm Arzneimittel gegeben. Die hätten aber nicht geholfen. In Orlovka sei ihnen nichts zugestoßen, es sei nur ständig geschossen worden.

Mit Bescheid vom 22. April 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Asylanerkennung ab, erkannte subsidiären Schutz nicht zu und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nicht vorliegen. Der Kläger wurde unter Androhung der Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Er habe zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine bzw. zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ukrainischen Staatsangehörigkeitsgesetzes im August und November 1991 seinen ständigen Wohnsitz in der Ukraine gehabt und sei daher wohl ukrainischer Staatsangehöriger. Weshalb er kein ukrainisches Ausweisdokument bekommen habe, sei nicht nachvollziehbar. Eine an ein asylrelevantes Merkmal geknüpfte Verfolgungshandlung habe der Kläger nicht vorgetragen. In der Ostukraine herrsche zwar ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt. Es könne aber kein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der eine erhebliche individuelle Gefahr darstelle. Das Risiko, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden, liege weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Darüber hinaus stehe ihm eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung. Er könne sich in den übrigen, von der ukrainischen Regierung kontrollierten Landesteilen niederlassen. Er habe vor seiner Ausreise auch schon eine Zeit in einem anderen Ort gelebt. Abschiebungsverbote seien ebenfalls nicht ersichtlich. Schlechte humanitäre Verhältnisse könnten nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anzusehen sein. Nach den Feststellungen des Auswärtigen Amts im Lagebericht sei die Grundversorgung für Rückkehrer knapp ausreichend. Binnenvertriebene aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten könnten auch Leistungen in den anderen Landesteilen erhalten. Zudem gebe es Hilfsorganisationen, die humanitäre Hilfe leisteten.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 12. Dezember 2016 abgewiesen. Der Kläger habe keine Verfolgungsgründe glaubhaft gemacht. Er sei entweder ukrainischer Staatsangehöriger oder habe als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine gehabt. Es sei ihm und seiner Familie zuzumuten, sich in einem anderen Teil der Ukraine niederzulassen. Mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) stehe eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung gewährleiste. Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, hätten auch Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des Staates. Darüber hinaus wurde nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid verwiesen.

Dagegen wendet der Kläger sich mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht geltend, die Berufung sei zuzulassen, da ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden. Es sei fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 auf ihn anwendbar sei, da er staatenlos sei. Er habe sich nicht rechtmäßig in der Ukraine aufgehalten und sich behördlich dort nie gemeldet. Er habe auch vor seiner Flucht keinen rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine gehabt. Deshalb könne er auch nicht in andere Landesteile ausweichen. Dort könne wegen der fehlenden Papiere auch nicht von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausgegangen werden. Ernstliche Zweifel ergäben sich auch daraus, dass das Urteil sich pauschal den Ausführungen des Bundesamts anschließe und sich mit den Gegenargumenten nicht näher beschäftigte.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils in § 78 Abs. 3 AsylG nicht vorgesehen und dessen Geltendmachung daher nicht beachtlich ist.

Mit der Begründung des Zulassungsantrags ist auch keiner der in § 78 Abs. 3 AsylG genannten Berufungszulassungsgründe hinreichend dargelegt.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Eine solche Frage lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.

Soweit der Kläger geltend macht, er sei staatenlos und es sei daher fraglich, ob das ukrainische Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) für ihn gelte und ob er in den Genuss von Sozialleistungen kommen könne, da er nicht registriert gewesen sei, kann diesem Vortrag keine grundsätzliche Fragestellung entnommen werden, sondern es geht um die persönliche Situation des Klägers. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt, dass der Kläger staatenlos ist, sondern hat diese Frage offen gelassen, da es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern auf den gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine ankam. Auch der Vortrag des Klägers, er sei in der Ukraine nicht registriert gewesen, erscheint widersprüchlich. Gemäß dem von ihm selbst in das Verfahren eingeführten „Länderinformationsblatt Ukraine“ des Bundesamts und der Internationalen Organisation für Migration vom August 2013 ist in der Ukraine sowohl für die Aufnahme einer Arbeit als auch für die medizinische Behandlung eine Registrierung erforderlich. Der Kläger ist nach eigenen Angaben in verschiedenen Berufen und an verschiedenen Arbeitsstellen berufstätig gewesen, hat sich auch ärztlich behandeln lassen und hatte ein Kraftfahrzeug zugelassen. Seine vier Kinder sind in der Ukraine geboren, in die Schule gegangen und dort teilweise auch ärztlich behandelt worden. Wie dies entgegen den Auskünften im Länderinformationsblatt ohne Registrierung möglich gewesen soll, hat der Kläger nicht näher dargelegt. Darüber hinaus ist der Kläger arbeitsfähig, hat bisher seinen Lebensunterhalt selbst verdient und konnte sogar noch Ersparnisse zum geplanten Kauf eines Grundstücks bilden. Es erscheint daher möglich, dass er auch bei einer Rückkehr in die Ukraine gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin den Lebensunterhalt für sich und seine Familie wieder selbst erwirtschaften kann.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es lässt sich zum einen nicht allgemein die Aussage treffen, dass alle Binnenflüchtlinge oder bestimmte Gruppen davon in der Ukraine von „Separatisten“ oder Nationalisten politisch verfolgt werden, ohne dass ihnen eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehen würde. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR und deren Unterorganisation OCHA unterstützt (Auskunft der Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Der Kläger hat auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern aus der Ostukraine in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe. Die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 16. März 2016 beschreibt nur die Aufstockung der humanitären Hilfe für bedürftige Menschen in der Ukraine, enthält aber keine Aussage dazu, ob dort trotz der humanitären Hilfe unmenschliche Bedingungen herrschen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I. Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige tatarischer Volkszugehörigkeit. Sie lebten vor ihrer Ausreise in Feodosia auf der Krim.

Die Kläger reisten am 5. Oktober 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 20. Oktober 2015 Asylanträge. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gaben sie an, der Kläger zu 1. habe an proukrainischen Demonstrationen teilgenommen. Er sei deshalb zwei Mal verhaftet worden. Danach seien sie geflohen.

Das Bundesamt lehnte die Asylanträge mit Bescheid vom 18. Dezember 2015 ab, erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch subsidiären Schutz zu und stellte fest, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Sollten die Kläger nicht innerhalb von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens ausreisen, werde die Abschiebung in die Ukraine angedroht. Die Kläger hätten eine politische Verfolgung nicht glaubhaft gemacht, da die Angaben des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. unglaubhaft und widersprüchlich seien. Unabhängig davon stehe ihnen eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen der Ukraine zu. Der Kläger zu 1. habe selbst eingeräumt, dass er auch dort Zuflucht suchen könne.

Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 11. April 2016 abgewiesen. Die Kläger hätten eine politische Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Es werde dazu nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid des Bundesamts Bezug genommen. Darüber hinaus könne offen bleiben, ob die Kläger als Angehörige der Volksgruppe der Tataren auf der Krim verfolgt würden, denn sie könnten auf internen Schutz in den übrigen Landesteilen der Ukraine verwiesen werden. Die allgemeine humanitäre Situation in der Ukraine begründe keine nationalen Abschiebungsverbote. Die Lage sei nicht mit der Lage in Afghanistan vergleichbar, wo keinerlei soziale Sicherungssysteme bestünden. In der Ukraine gebe es mit dem IDP-Gesetz vom 19. November 2014 inzwischen eine Rechtsgrundlage für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von Binnenflüchtlingen. Die Kläger hätten auch noch zahlreiche Verwandte in der Ukraine, die sie ggf. unterstützen könnten.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung machen die Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es stelle sich die Frage, ob die allgemeine humanitäre Situation in der Ukraine nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründe und ob die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Afghanistan auf die Ukraine zu übertragen sei. Den Klägern als Familie mit fünf Kindern, von denen eines schwer krank sei, drohe nach der Rückkehr ein Leben unter dem Existenzminimum. Entscheidungserheblich sei, ob die Kläger ohne staatliche Sicherungssysteme in der Lage sein würden, ihre Existenz zu sichern, denn es gäbe keinerlei rechtliche Grundlage, dass die Verwandten die Kläger unterstützen müssten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht hinreichend dargelegt ist.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Orientierungspunkt dieser Erfordernisse ist die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und es ist regelmäßig eine Durchdringung der Materie und in diesem Zusammenhang eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts erforderlich (Happ a. a. O. § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier.

Das Verwaltungsgericht ist zum einen davon ausgegangen, dass mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) eine Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Kläger gewährleistet. Die Kläger setzen sich mit dieser Argumentation auch nicht ansatzweise auseinander und legen weder dar, dass die auf dieser Rechtsgrundlage gewährten Leistungen des ukrainischen Staates ihnen nicht zustehen oder zur Existenzsicherung nicht ausreichen könnten.

Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Lage in der Ukraine mit der Lage in Afghanistan nicht vergleichbar ist, da in der Ukraine soziale Sicherungssysteme bestehen. Nach der Auskunftslage haben ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des Staates (vgl. Länderinformationsblatt Ukraine, Hrsg.: Bundesamt für Migration und Flüchtlingen/Internationale Organisation für Migration/Zentralstelle für Informationsvermittlung zur Rückkehrförderung, Stand: August 2013). Auch damit setzt sich die Antragsbegründung nicht auseinander, sondern die Kläger halten es für entscheidungserheblich, ob sie ohne staatliche Sicherungssysteme in der Lage sein würden, ihre Existenz zu sichern. Diese Frage stellte sich im erstinstanzlichen Verfahren so nicht, denn das Verwaltungsgericht legte zugrunde, dass soziale Sicherungssysteme bestehen, die auch für Rückkehrer eine knapp ausreichende Grundversorgung gewährleisten (vgl. Lagebericht, Auswärtiges Amt, Stand: Januar 2016, S. 5 und 14). Erkenntnismittel, denen entnommen werden könnte, dass die Grundversorgung für Rückkehrer nicht gewährleistet ist, nennen die Kläger nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegt.

Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass eine im Zulassungsantrag darzulegende konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Die Kläger halten die Tatsachenfrage für klärungsbedürftig, ob die allgemeine humanitäre Situation in der Ukraine nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründet und ob die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu Afghanistan auf die Ukraine zu übertragen ist.

Die in der Ukraine zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen und die daraus resultierenden Gefährdungen wiesen eine Intensität auf, dass auch ohne konkret drohende Maßnahmen von einer unmenschlichen Behandlung auszugehen sei. In der Ukraine sei die finanzielle Unterstützung von intern Vertriebenen auf 2.400 UAH pro Familie begrenzt. Laut UNHCR sei diese finanzielle Hilfe jedoch in den meisten Fällen zu gering, um die Ausgaben für Unterkunft, Ernährung, Kleidung, Medikamente und sonstige Aufwendungen für den Lebensunterhalt zu decken. Dies lasse befürchten, dass Familien, welche auf die finanzielle Unterstützung angewiesen seien, in der Ukraine unter so schlechten humanitären Bedingungen lebten, dass eine Anwendung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK in Betracht komme. Die Frage sei hier auch entscheidungserheblich, denn der Kläger zu 1 leide an Krankheiten, die eine künftige medizinische Behandlung notwendig erscheinen ließen und könne diese finanzielle Belastung mit seiner Rente in Höhe von 2.700 UAH nicht stemmen. Die Klägerin zu 2 habe trotz größter Bemühungen keine Arbeit in der Westukraine finden können.

Die im Zulassungsantrag gestellte Tatsachenfrage, der die Kläger im Zulassungsantrag grundsätzliche Bedeutung beimessen, kann hier schon deswegen nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil sie entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht entscheidungserheblich ist.

Das Verwaltungsgericht hat hierzu (UA S. 8) ausgeführt, für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK sei nichts ersichtlich. Diese Normenkette setze eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung voraus - vorliegend erhielten die Kläger als Binnenflüchtlinge jedoch staatliche Unterstützung. Auch sei nach der Erkenntnislage in der Ukraine eine zureichende medizinische Versorgung gegeben. In wirtschaftlicher Hinsicht seien die Kläger auf die ergänzende Unterstützung der Familie (vgl. zur Klägerin zu 2: Sohn mit Familie, Tochter, Bruder, Cousinen und Cousins) zu verweisen. Insbesondere die Tochter habe bereits in der Vergangenheit 1.500 Euro zur Bewältigung der Ausreisekosten bereitgestellt.

Diesen Ausführungen setzen die Kläger im Zulassungsantrag nur die Einschätzung des UNHCR vom September 2015 entgegen, dass die finanzielle staatliche Hilfe in Höhe von 2.400 UAH in den meisten Fällen zu gering sei, um die Ausgaben für Unterkunft, Ernährung, Kleidung, Medikamente und sonstige Aufwendungen für den Lebensunterhalt zu decken.

Der Kläger zu 1 verfügt hingegen über eine höhere Rente als die genannte staatliche Unterstützung, die Klägerin zu 2 ist erwerbsfähig. Zudem haben die Kläger zahlreiche Verwandte in der Westukraine, die sie in der Vergangenheit erheblich (1.500 Euro) unterstützt haben. Damit ist jedenfalls im Fall der Kläger keine Situation gegeben, die bei einer Rückkehr in die Ukraine eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK befürchten lässt.

Im Übrigen ist die Lage in der Ukraine mit der Lage in Afghanistan insoweit schon deswegen nicht vergleichbar, da in der Ukraine soziale Sicherungssysteme bestehen. Mit dem ukrainischen Gesetz zur Sicherung von Rechten und Freiheiten der Binnenflüchtlinge vom 19. November 2014 (IDP-Gesetz) steht eine Rechtsgrundlage zur Verfügung, die die Registrierung, Versorgung und Unterbringung der Kläger gewährleistet. Aber selbst wenn die Einschätzung des UNHCR vom September 2015 zuträfe, so läge darin noch keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt ist.

Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. OVG NW, B.v. 12.12.2016 - 4 A 2939/15.A - juris m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung vom 12. Mai 2017 nicht. Die von den Klägern formulierte Frage, ob für eine Familie mit drei Kleinkindern, die aus den Gebieten in der Ostukraine stammt, in denen ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, eine inländische Fluchtalternative in anderen Landesteilen der Ukraine besteht, rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Die Kläger haben vor ihrer Ausreise nicht in den von Separatisten beherrschten Gebieten in den Oblasten Lugansk oder Donezk gelebt, in denen ggf. ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, sondern waren im Oblast Kharkiv ansässig. Die gestellte Frage erfasst daher den hier vorliegenden Sachverhalt nicht.

Unabhängig davon kann die tatsächliche (und rechtliche) Situation von Familien, die aus dem Osten der Ukraine kommen, nicht „grundsätzlich“ geklärt werden, sondern es kommt auf den konkreten Einzelfall an. Es ist nicht ersichtlich, dass die allgemeine Situation der Binnenflüchtlinge in der Ukraine oder bestimmter Gruppen von Binnenflüchtlingen ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen könnte, weil ihnen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Nach dem „Länderinformationsblatt Ukraine“ stehen in der Ukraine neben dem IDP-Gesetz auch noch andere Sozialleistungen (Soziale Unterstützung, Kindergeld, Unterstützung für Senioren und alleinstehende Frauen, Alters-, Behinderten- und Hinterbliebenenrenten, Arbeitslosenunterstützung sowie Obdachlosenunterstützung) zur Verfügung. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 7. Februar 2017 (Lagebericht) ist die Grundversorgung für Rückkehrerinnen und Rückkehrer knapp ausreichend, die Versorgung mit Nahrungsmitteln ist gesichert (Lagebericht, S. 15). Zusätzlich werden Binnenflüchtlinge nach der Erkenntnislage auch von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen sowie dem UNHCR unterstützt (Auskunft des Auswärtigen Amts vom 21.1.2015 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Die Kläger haben auch keine Erkenntnismittel genannt, aus denen sich ergibt, dass Rückkehrern in die von der Regierung kontrollierten Gebiete eine unmenschliche Behandlung drohe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Mit der unanfechtbaren (§ 80 AsylG) Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:

1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.