Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Genehmigung der Veranstaltung „…“, die der Beigeladene vom 21.07.2016 bis 24.07.2016 in … durchgeführt hat.

Mit Antrag vom 29.01.2016 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Erlaubnis für die Durchführung der Veranstaltung „…“ vom 21.07.2016 bis 24.07.2016. Ebenso wurde die Festsetzung eines Kunsthandwerkermarktes als Spezialmarkt beantragt. Der Antrag wurde wiederholt angepasst bzw. die Antragsunterlagen vervollständigt. Die von der Beklagten beteiligten Fachämter und Sicherheitsbehörden hatten Gelegenheit, ihre sicherheitsrelevanten Anforderungen zu benennen.

Bei „…“ sollte es um ein Kulturfest …handeln. Geplant war ein Straßenfest mit ca. 30 verschiedenen Ständen, die verschiedene gastronomische Angebote bieten sollten. Zusätzlich waren auf dem Festgelände zwei Bühnen mit Live-Musik und ein künstlerischer Bereich vorgesehen. Nach der Beschreibung des Beigeladenen sei das Fest in der Vergangenheit von einer Zielgruppe zwischen 30 und 55 Jahren besucht worden. Es wurden - abhängig von der Tageszeit - bis zu maximal 2.200 Besucher gleichzeitig erwartet (S. 3 und S. 7 des Sicherheitskonzepts des Beigeladenen). Aufgrund des rechnerischen Nachweises der Flucht- und Rettungswege wurde eine maximale Besucherzahl von 3.498 Personen angegeben. Im gesamten Festgebiet waren ca. 1.880 Sitzgelegenheiten geplant (S. 6 - 8 des Sicherheitskonzepts).

Der Aufbau sollte auf der Uferseite „…“ am Dienstag, 19.07.2016 um 8.00 Uhr beginnen, auf der Uferseite „…“ am Mittwoch, 20.07.2016 um 8.00 Uhr. Der Abbau war auf beiden Uferseiten ab Montag, 25.07.2016 um 8.00 Uhr vorgesehen (S. 3 des Sicherheitskonzepts).

Die Klägerin ließ der Erteilung einer Erlaubnis für die Veranstaltung „…“ durch ihren Bevollmächtigten im Verwaltungsverfahren entgegentreten.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.07.2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen eine Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung „…“ und setzte einen Spezialmarkt „Kunsthandwerkermarkt“ fest.

Der zeitliche Rahmen der Veranstaltung „…“ wurde wie folgt fixiert:

Donnerstag, den 21. Juli 2016: 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr,

Freitag, den 22. Juli 2016: 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr,

Samstag, den 23. Juli 2016: 14.00 Uhr bis 23.00 Uhr und

Sonntag, den 24. Juli 2016: 11.00 Uhr bis 22.00 Uhr.

Der räumliche Rahmen wurde wie folgt konkretisiert: Im Straßenabschnitt „…“ zwischen … und …, dem gegenüberliegenden Uferbereich von der Fischzucht … (inklusive dem Teichgrundstück der Fischzucht … ) bis zum … sowie der Fläche hinter dem Rathaus … und im Bereich um das Restaurant „…“. Ein dem Bescheid beigefügter Belegungsplan definierte das Veranstaltungsgelände und wurde zum Bestandteil des Bescheids erklärt. Unter Nr. 2 des Bescheids wurden zahlreiche Auflagen verfügt. Zum Immissionsschutz (Nr. 2.5) finden sich folgende Maßgaben:

„2.5.1 Die musikalischen Darbietungen sind so einzustellen und zu limitieren, dass 80 dB(A) in 20 m Entfernung nicht überschritten werden.

2.5.2 Die Einstellung und Ausrichtung der Musikanlagen hat mit Rücksichtnahme auf die umliegende Anwohnerschaft zu erfolgen. Eine dementsprechend geeignete Beschallungstechnik ist zu verwenden. Tieffrequente Geräuschanteile unter 125 Hz sind nicht zulässig.

2.5.3 Für Donnerstag, den 21.07.2016 und Sonntag, den 24.07.2016 wird das Musikende auf 21.30 Uhr, das Ausschankende auf 21.45 Uhr und das Veranstaltungsende auf 22.00 Uhr festgesetzt.

Für Freitag, den 22.07.2016 und Samstag, den 23.07.2016 wird das Musikende auf 22.00 Uhr (Ausnahme hiervon: Tenorgesang von der Gondel am Samstag, den 23.07.2016 von 22.00 Uhr bis 22.30 Uhr), das Ausschankende auf 22.45 Uhr und das Veranstaltungsende auf 23.00 Uhr festgesetzt.

2.5.4 Eine Auflistung, aus der die geplanten Musikdarbietungen entnommen werden können, ist dem Umweltamt spätestens zwei Wochen vor Veranstaltungsbeginn vorzulegen.

2.5.5 Spätestens eine Woche vor Veranstaltungsbeginn ist dem Umweltamt eine Darstellung der bei den Musikanlagen zum Einsatz kommenden Technik sowie der technischen Maßnahmen zur Einpegelung der Lautstärke vorzulegen.

2.5.6 Die für die musikalischen Darbietungen vorgenommenen Einpegelungen sind zu dokumentieren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.“

Unter Nr. 2.9 (Gastronomie) wurden das Ausschankende sowie das Ende für die Ausgabe von Speisen auf konkrete Zeiten festgelegt, die den in Nr. 2.5 des Bescheids festgelegten Zeiten entsprachen.

Unter Nr. 2.13.2 des Bescheids wurde ein Kunsthandwerkermarkt als Spezialmarkt nach § 68 Abs. 1, § 69 Abs. 1 Satz 1 GewO festgesetzt (Ort: Hof der Kreishandwerkerschaft … in …; Zeit: Samstag, den 23.07.2016 von 13.00 Uhr bis 22.30 Uhr und Sonntag, den 24.07.2016 von 11.00 Uhr bis 20.00 Uhr).

In Nr. 3 des Bescheids wurde für die unter Nr. 1 und 2 getroffenen Anordnungen die sofortige Vollziehung angeordnet.

In der Begründung der Erlaubnis für die Veranstaltung „…“, die auf Art. 19 LStVG gestützt wurde, wird zum Immissionsschutz unter Nr. 4 ausgeführt, die immissionsschutzrechtliche Ausnahme für die Veranstaltung erfolge trotz einer Überschreitung der in der Freizeitlärmrichtlinie genannten Immissionsrichtwerte aufgrund der hohen Standortgebundenheit und Akzeptanz der Veranstaltung. Zudem seien die Veranstaltungstage am dortigen Standort eng begrenzt. Die Veranstaltung „…“ finde in diesem Jahr das 11. Mal statt. Sie werde, wie die Besucherzahlen der vergangenen Jahre zeigten, von der Bevölkerung angenommen und sei auch an die umliegende Nachbarschaft gerichtet. Es seien deshalb unter Ausschöpfung der Möglichkeiten der Lärmreduktion die in der Freizeitlärmrichtlinie für seltene Ereignisse geltenden Grenzwerte als Erkenntnisquelle herangezogen worden. Unter Berücksichtigung der dem Bescheid beigefügten Auflagen könne aus Sicht des Immissionsschutzes die Veranstaltung, bezogen auf die beantragten Musik- und Veranstaltungszeiten, zugelassen werden. Der Tenorgesang von der Gondel erfolge ohne technische Verstärkung. Aufgrund des festgesetzten Musikendes sei während des nächtlichen Festbetriebes nach 22.00 Uhr jedenfalls mit keiner Überschreitung der Tagrichtwerte für seltene Ereignisse zu rechnen. Mittels eines vorverlegten Ausschankendes und des hierdurch ermöglichten rechtzeitigen Veranstaltungsendes um 23.00 Uhr werde die (um ca. eine Stunde verschobene) achtstündige Nachtruhe sichergestellt. Nach Veranstaltungsende sei keine Überschreitung der Nachtrichtwerte der Freizeitlärmrichtlinie für seltene Ereignisse zu erwarten.

Die Durchführung der geplanten Veranstaltung sei auf die Tagzeit beschränkt. Eine Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde werde auf die Veranstaltungstage Freitag und Samstag beschränkt, eine achtstündige Nachtruhe für die umliegenden Anwohner könne an diesen Tagen gewährleistet werden. In der Belegfläche der Veranstaltung finde in den frühen Morgenstunden kein Liefer- oder Geschäftsverkehr statt. Ebenso wenig seien entsprechende Gewerbe vorhanden, die um diese Uhrzeit Entsprechendes auslösen würden. Zudem sei nicht damit zu rechnen, dass die Beschicker der Veranstaltung bereits in den Morgenstunden Vorbereitungen für die zu später Stunde beginnenden Veranstaltungen träfen.

Die Ausrichtung und die Standorte der beiden Bühnen für musikalische Darbietungen hätten sich nach den Erfahrungen der vergangenen Veranstaltungsjahre bewährt. Vom Veranstalter sei eine Darstellung der bei den Musikanlagen zum Einsatz kommenden Technik sowie der technischen Maßnahmen der Einpegelung vorzulegen. Die für die musikalischen Darbietungen vorgenommen Einpegelungen seien vom Veranstalter oder seinem Beauftragten zu dokumentieren.

Mit weiterem Bescheid vom 05.07.2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen eine Erlaubnis für die Durchführung der Veranstaltung auf öffentlichem Grund nach der Straßenverkehrs-Ordnung.

Die Klägerin ließ am 08.07.2016 Klage gegen den Bescheid vom 05.07.2016 erheben, soweit darin die Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung „…“ erteilt wurde. Ferner wurde ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt, den das Gericht mit Beschluss vom 15.07.2016 ablehnte (Az. B 1 S 16.490).

Am 15.08.2016 wurde die Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt. Die Beklagte teilte mit, dass sich der Beigeladene so geäußert habe, dass er die Veranstaltung „…“ auch in Zukunft als verantwortlicher Veranstaltungsleiter durchführen wolle. Die Klägerseite wurde um zuverlässige Klagebegründung bis 15.10.2016 gebeten. Mit Beschluss vom 18.10.2016 erfolgte die Beiladung des Herrn … …, die Frist zur Vorlage der Klagebegründung wurde auf ein entsprechendes Schreiben der Klägerseite letztmalig bis 18.11.2016 verlängert.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2016 wurde sodann die Klage begründet und die Klageanträge wie folgt gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Stadt … vom 05.07.2016, Vollzug des LStVG und der GewO betreffend der Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung „…“ in der Zeit vom 21.07.2016 bis 24.07.2016 rechtswidrig war.

2. Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Stadt … vom 05.07.2016 betreffend der Erlaubnis für die Durchführung einer Veranstaltung auf öffentlichem Grund, hier „… 2016“ rechtswidrig war.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 3 vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin habe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ziffern 1 und 2 der genannten Bescheide. Die Klägerin sei Bewohnerin des Anwesens … in …, dieses stehe im Eigentum der …, Stiftung des bürgerlichen Rechts, Denkmalpflege - Förderung von Kunst und Kultur, deren Vorsitzende die Klägerin sei. Über die …werde der Hauptzugangs- und Hauptabgangsbereich der Veranstaltung mit dem … begangen. In der Vergangenheit habe die Veranstaltung bereits elfmalig stattgefunden. Das Anwesen …sei in der Vergangenheit bereits beschädigt worden, was der Beklagten entsprechend zur Regulierung angemeldet worden sei. Eine Regulierung der entstandenen Schäden sei jedoch von der Beklagten nicht erfolgt, es sei auf die Haftpflichtversicherung des Veranstalters verwiesen worden, die ihrerseits im August 2008 die Haftung abgelehnt habe mit dem Hinweis, dass der Versicherungsnehmer als Veranstalter des Festes nicht für Schäden von unbekannten Personen verantwortlich gemacht werden könne. Die Klägerin sei nicht die einzige Anwohnerin, die sich gegen die Durchführung der Veranstaltung gewandt habe, es gebe eine Anwohner-Interessengemeinschaft … die umfangreich an die Beklagte herangetreten sei. Das Sicherheitskonzept sei fehlerhaft gewesen, die dort angegebenen Flächenmaße nicht nachvollziehbar. Für die Fläche 1 von der … bis zur Hausnummer …werde in den Konzepten 4,00 m als Breite angegeben, tatsächlich ergebe sich ein deutlich größeres Breitenmaß am Kanal entlang zwischen 8,50 m und 5,10 m. Gleiches gelte auch für weitere Flächen, beispielhaft Fläche 2, die mit einer Breite von 6,50 m angegeben sei, das tatsächliche Breitenmaß, wie von der Klägerin ermittelt, zeige jedoch 10,50 Meter und geringfügig breiter. Dies führe dazu, dass die angegebene Gesamtfläche, die in Anspruch genommen werde, deutlich oberhalb dessen liege, was letztlich als Summe aller Flächen mit 2.332,15 m² berechnet worden sei. Bei dem angewandten Schlüssel von 1,5 Personen/m² führe dies zwangsläufig auch dazu, dass die maximale Besucherzahl deutlich oberhalb der angegebenen 3.498 Personen liege.

Richtig sei, dass das rechte Kanalufer bezüglich der Fläche 1 eine Länge von 110,50 m und bezüglich der Fläche 2 eine Länge von 124,70 m, gesamt somit am rechten Kanalufer 235,20 m aufweise. Diese Gesamtlänge multipliziert mit der realen Straßenbreite ergebe bereits eine Fläche rein für das rechte Ufer von 2.020 m². Dies zeige auch, dass die Berechnung des Beigeladenen nicht zutreffend sein könne, nachdem das linke Ufer von der … bis … bereits eine Länge von 263,00 m aufweise und ca. 4,00 bis 5,00 m Mindestbreite dort habe. Die gesamte Nutzfläche für beide Ufer betrage ca. 3.335 m², unter Anwendung des Schlüssels von 1,5 Personen/m² führe dies zu 5.002,5 Personen. Die im Antrag angegebene Summe der Nutzfläche habe nur die Stehfläche berechnet und sei auf den ersten Blick erkennbar falsch. Es sei auch nicht zutreffend, lediglich die Stehflächen heranzuziehen. Beziehe man die Sitzplätze mit ein, die nach Veranstalterangaben 1.880 Personen Platz gäben, so ergebe sich eine maximale Besucherzahl von 6.544. Dies habe nicht nur Auswirkungen auf die Anzahl der Rettungswege, sondern auch Auswirkung darauf, welche Beeinträchtigungen durch die Veranstaltung selbst, unabhängig von Musikdarbietungen, letztlich entstünden. Der Bescheid sei rechtswidrig, da er auf offensichtlich fehlerhaften Grundlagen aufgebaut habe.

Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass textlich zwar lediglich 30 Stände angegeben seien, zeichnerisch ermittelten sich jedoch 39 Stände. Es ergäben sich massive Auswirkungen auf die Gesamtbesucherzahl und die damit verbundenen Beeinträchtigungen durch Lärm- und Ruhestörung; die genannten Aspekte seien auch im Zusammenhang mit dem Anwohnerschutz zu berücksichtigen.

Weiter sei eine vorhandene Baustelle an der sog. …nicht berücksichtigt worden, obwohl dies der Genehmigungsbehörde bekannt gewesen sei. Die Sperrung habe vor und während der Veranstaltung angedauert, so dass die Genehmigung unter Berücksichtigung eines Rettungsweges mit dem Beschrieb „…“ erteilt worden sei, der jedoch in der Realität nicht zur Verfügung gestanden habe, so dass die Genehmigung alleine bereits deshalb nicht rechtmäßig habe erteilt werden können. Realistischerweise sei nicht mit 1,5 Personen/m² zu rechnen, sondern mit 2 Personen/m², was bei dicht gedrängtem Besucherverkehr noch wenig sei.

Der Schutz der Anwohner, insbesondere auch der Klägerin, sei durch die Genehmigung der Veranstaltung übergangen worden. Am Kanal lebten überwiegend ältere Menschen. Während auf der anderen Seite des Kanals das Seniorenheim … von der Veranstaltung verschont werde, werde den Anwohnern entlang der Straße „…“ eine viertägige Veranstaltung mit zwei Tagen Auf- und Abbau, gesamt somit sechs Tagen Belästigung zugemutet. Damit gingen Sicherheitsrisiken, nicht oder nicht ausreichend vorhandene Rettungswege, Lärm, Stress sowie Gerüche, Straßensperren, Parkplatzräumungen und erheblicher Zu- und Ablieferverkehr einher.

Der Charakter des Gebiets entlang der Straße „…“ sei als allgemeines Wohngebiet aufzufassen und nicht als Mischgebiet. Mit den Schutzauflagen seien die nachbarlichen Rechte nicht hinreichend gewahrt. Es seien zumindest die in der TA Lärm festgeschriebenen Lärmwerte Anhaltspunkt für die rechtliche Bewertung, wann unzumutbare Beeinträchtigungen der Nachbarschaft durch Lärmeinwirkungen vorlägen. Die Auflagen hierzu unter Ziffer 2.5 des Genehmigungsbescheids seien defizitär. Es sei ein schlicht und ergreifend nicht hinzunehmender Wert festgesetzt worden, selbst unter Berücksichtigung der Immissionsrichtwerte für seltene Ereignisse würden für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden 70 dB(A) gelten, wobei einzelne kurzfristige Geräuschspitzen diese Werte um nicht mehr als 15 dB(A) am Tag überschreiten dürften. Mit dem Wert der Auflage 2.5.1 würden nicht einzelne kurzfristige Geräuschspitzen angegeben, sondern die musikalische Darbietung sei so einzustellen, dass sie in 20 Meter Entfernung 80 dB(A) nicht übersteige. Dies bedeute, dass Lärmwerte als Auflage festgesetzt worden seien, die durch grundlegende Regelwerke klar als unzumutbare Beeinträchtigung der Anwohnerschaft festgelegt seien. Mit einer solchen Auflage werde eine unzumutbare Beeinträchtigung genehmigt, was rechtswidrig sei. Auch unter Berücksichtigung der Freizeitlärmrichtlinie, die lediglich eine Entscheidungshilfe für entsprechende Genehmigungsverfahren darstellen könne, gelte, dass für derartige Freizeitanlagen die allgemeine Grundpflicht des § 22 BImSchG gelte. Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hänge auch von der Lautstärke der Geräusche ab, wesentlich jedoch auch von der Nutzung des Gebiets, auf die sie einwirkten. Bei der Veranstaltung handele es sich, auch wenn dieses so angepriesen werde, nicht um ein Kulturfest. Eine viertägige Veranstaltung werde nicht deshalb zum Kulturfest, weil einmalig für wenige Minuten an einem Tag eine Gondelfahrt mit einem Tenor über den …stattfinde. Es handele sich um ein übliches Volksfest mit musikalischen Darbietungen, aber überwiegend mit Ständen für Essen und Trinken. Auch wenn das Ambiente … eine sehr schöne Lokalität für eine derartige Festivität darstelle, sei die Örtlichkeit für die Durchführung des Festes „…“ zwar Namensgeber, jedoch nicht zwingend an dieser Stelle gebunden. Zudem wäre es jederzeit möglich gewesen, die Veranstaltung nur einseitig am Kanal entlang stattfinden zu lassen, hier auf der von der Klägerin abgewandten Kanalseite, da dort mit Lokalitäten, Büro-/Ver-waltungsgebäuden sowie einem Hotel Räumlichkeiten bestünden, die weniger schutzbedürftig seien als die auf der Seite der Straße „…“ liegenden Anwesen.

Die sicherheitsrechtlichen Bedenken der Klägerin seien berechtigt (geschildert werden u.a. Aspekte, wie die Veranstaltung des Jahres 2016 tatsächlich verlaufen sei). Die hier vorliegende volksfestähnliche Veranstaltung hätte auch an jedem anderen Ort stattfinden können, so dass die Anforderungen auch unter Berücksichtigung der Freizeitlärmrichtlinie an die Verhältnismäßigkeit eines derartigen Genehmigungsbescheids anzulegen seien. Im Genehmigungsbescheid seien als Auflagen Lärmschutzwerte angesetzt worden, die als gesundheitsgefährdend einzustufen seien (80 dB(A)). Unter Berücksichtigung der Anwohnerinteressen hätte die Veranstaltung nicht genehmigt werden dürfen. Die entstehenden Lärmpegel der Personenansammlungen und die Musikbeschallung über täglich mindestens sechs Stunden an vier Tagen seien für die Bewohner und Anwohner unerträglich und unzumutbar. Die entsprechende Schutzbedürftigkeit der Örtlichkeit, die sich als allgemeines Wohngebiet darstelle, sei seitens der Genehmigungsbehörde verkannt worden. Die angegebenen Fluchtwege und Ausweichmöglichkeiten (selbst wenn alle Fluchtwege frei gewesen wären) seien bei der Größenordnung der Veranstaltung bei weitem nicht ausreichend, um eine Entfluchtung im Panikfall oder Notfall in ausreichendem Maße sicherzustellen. Soweit Rettungswege überhaupt vorhanden gewesen seien, sei deren Freihaltung nicht darstellbar gewesen.

Wesentlich sei auch, dass die Genehmigungen nicht hätten erteilt werden dürfen, da aus keinem der Bescheide eine Gesamtnutzfläche des Veranstaltungsgeländes zu entnehmen sei. Es werde lediglich auf den vom Veranstalter vorgelegten Belegungsplan verwiesen, welcher den Bescheiden selbst nicht beiliege und dem Maße nicht zu entnehmen seien. In beiden Bescheiden sei zum Veranstaltungsgelände lediglich pauschal dieses mit Straßenabschnitten festgelegt worden. Auch der Veranstalter selbst habe in seinem Antrag keine Gesamtnutzfläche angegeben, die angegebene Fläche beziehe sich nur auf einen Teil der gesamten Nutzfläche. Die Klägerin ließ diverse Unterlagen vorlegen, u.a. ein Schreiben der „Anwohner-Interessengemeinschaft …“ vom 16.03.2016.

Die Beklagte beantragt,

die Klage gegen die Bescheide der Stadt … vom 05.07.2016 abzuweisen.

Soweit wiederum Beschädigungen des Anwesens der Klägerin reklamiert würden, sei für die Beklagte nicht nachvollziehbar, ob diese mit der Veranstaltung kausal zusammenhingen. Die Sicherheitsbehörde sei für die Regulierung solcher Schäden nicht zuständig. Das Problem sei dem Veranstalter kommuniziert worden und es sei darauf hingewirkt worden, dass eine Lösung zustande gekommen sei. Mit dem Nachbarn, Herrn ., der ebenfalls mehrfach die Beschädigung seines Anwesens moniert gehabt habe, habe der Beigeladene eine Vorgehensweise vereinbart, die zu einer zügigen Behebung von Verschmutzungen der Fassade, die mit der Veranstaltung im Zusammenhang stünden, geführt habe. Soweit in einem vorgelegten Schreiben der …Versicherung vom 12.08.2008 der Name „…“ verwendet werde, sei dieser der Beklagten im Zusammenhang mit der Veranstaltung nicht geläufig. Er tauche auch nicht auf der Liste der Standbetreiber auf. Es sei unklar, warum sich die Klägerin wegen der Schäden an Herrn …, den Wirt einer Traditionsgaststätte in der … Straße, gewandt habe, vom Anwesen der Klägerin mehr als Luftlinie 150 m entfernt. Der Vorfall liege bereits auch mehrere Jahre zurück. Festzustellen bleibe, dass nicht nachvollziehbar sei, wieso hier eine Pflichtverletzung des Veranstalters oder gar der Beklagten vorliegen sollte. Bei allem Verständnis dafür, dass Beschädigungen des liebevoll und unter großem Einsatz gepflegten Hauses und die Suche nach zivilrechtlichem Ausgleich immer ein großes Ärgernis seien, erschließe sich doch nicht, inwieweit die Genehmigungsbescheide deswegen rechtswidrig sein sollten.

Zur Thematik der Nutzfläche und der Besucherzahlen wird ausgeführt, Mitarbeiter der Beklagten hätten, nachdem die Thematik bereits im Eilverfahren eine wesentliche Rolle gespielt habe, am 21.07.2016 ein Aufmaß des Veranstaltungsgeländes vorgenommen. Danach seien am Uferweg zur …straße 126 Biertischgarnituren gezählt worden, dies ergebe maximal 1.260 Besucher an Tischen und Bänken, wenn man maximal zehn Personen je Garnitur zugrunde lege. Die verbleibende Fläche (Gehwege bis Böschungskante, Grünflächen etc.) sei mit 928 m² gemessen worden. Am … seien 88 Biertischgarnituren gezählt worden, was maximal 880 Personen ergebe. Die verbleibende freie Fläche sei mit 1.445 m² gemessen worden. Die Fläche der „Fischzucht …“ sei ebenfalls mit erfasst worden. Bei einer Berechnung in Anlehnung an die Versammlungsstättenverordnung ergäben sich Gesamtbesucherzahlen von 2.325 bzw. 3.771 Personen für die Straße „…“. Für die Durchführung der Veranstaltung und den Aufenthalt von Besuchern hätten also ausreichend Nutzflächen zur Verfügung gestanden.

Im Sicherheitskonzept, das Bestandteil der Genehmigung sei, werde klar von 39 Ständen ausgegangen. Die Beklagte habe an allen vier Veranstaltungstagen eigene Kontrollen durchgeführt und sich ein Bild über die Besucherzahlen gemacht. Die Kontrolleure hätten an vier verschiedenen Zeitpunkten zwischen 1.000 und 2.500/3.000 Besucher festgestellt. Die Schätzungen seien eher konservativ erfolgt, es seien Kontrolleure eingesetzt worden, die Erfahrung mit dem „Rastern“ und der Einschätzung von Besuchermengen hätten. Der Veranstalter sei mit Auflage Nr. 2.12 des Bescheides außerdem verpflichtet worden, die angenommene Höchstbesucherzahl zu verifizieren. Dieser komme zwar zu einer deutlich niedrigeren maximalen Besucherzahl, doch könne dies außer Betracht bleiben, wenn ausreichend organisatorische und personelle Vorkehrungen getroffen würden, um mit der Situation umzugehen.

Die Gesamtnutzfläche der Veranstaltung spiele für die sicherheitsrechtliche Bewertung eine untergeordnete Rolle. Buden und Stände müssten so aufgebaut werden, dass Flucht- und Rettungswege nicht beeinträchtigt würden, diese Flächen stünden für Besucher nicht zur Verfügung, weshalb der Fokus auf die Ermittlung der frei zur Verfügung stehenden Flächen gelegt worden sei.

Das geforderte Sicherheitspersonal von einem Ordner pro 150 Besuchern sei fachlich nicht zu beanstanden und auch erfüllt worden (wird näher ausgeführt). Soweit teilweise eigenes Personal des Veranstalters in dieser Beziehung in Einsatz bzw. Vorhaltung gewesen sei, würden hieraus für das nächste Jahr entsprechende Schlüsse gezogen.

Die Flucht- und Rettungswege seien ausreichend dimensioniert gewesen (wird näher erläutert). Kritisch sei in diesem Zusammenhang zu betrachten, dass es „…“ mit den Ausgängen an der … sowie …auf einer Länge von 204 m nur zwei Ausgänge aus dem Festgebiet gebe. Bei einer Fortführung der Veranstaltung werde diesem Umstand im Sicherheitskonzept Rechnung zu tragen sein. Die zugrundeliegenden Rettungswege seien geeignet gewesen, selbst die Evakuierung einer größeren Personenzahl zu ermöglichen. Insoweit sei den Anforderungen des Sicherheitsrechts im Hinblick auf die Rettungsflächen ausreichend Rechnung getragen worden. Der Stadtbrandrat der Freiwilligen Feuerwehr … habe sich am 21.11.2016 noch einmal fachlich geäußert, danach sei der abwehrende Brandschutz der Gebäude bzw. die Rettung der Anwohner im Brandfall gesichert gewesen.

Zur Thematik des Immissionsschutzes wird ausgeführt, es handele sich um ein Kulturfest am …, das in der Bevölkerung sehr guten Anklang finde. So spielten nicht nur Musikbands vor Ort, sondern es fänden auch ein Kunsthandwerkermarkt, Gondelfahrten, ein Gottesdienst und eine Venezianische Nacht mit einem Tenor statt. Viele der beteiligten Standbetreiber stammten aus … und auch aus dem Umfeld der Veranstaltung. Diese habe im zurückliegenden Jahrzehnt einen zunehmenden Bekanntheitsgrad erlangt und finde großen Zuspruch insbesondere auch bei den … Bürgern. Eine Verlegung an einen Ersatzstandort sei aufgrund der Einbindung des Kanals und des umgebenden Ambientes undenkbar und würde das Ende der Veranstaltung bedeuten. Eine hohe Standortgebundenheit bzw. soziale Adäquanz und Akzeptanz sei gegeben. Die nach der Freizeitlärmrichtlinie zulässige Anzahl von 18 seltenen Ereignissen werde hier bei weitem nicht erreicht. Die Beklagte habe auf der Grundlage der Sächsischen Freizeitlärmstudie vor der Veranstaltung eine Lärmimmissionsprognose durchgeführt. Dabei sei auch die Topographie des Veranstaltungsgeländes berücksichtigt worden. Die Prognoseberechnung habe für den Tagzeitraum im Bereich der Klägerin ( … ) einen Beurteilungspegel von maximal 67 dB(A) erwarten lassen. Da die Veranstaltung nicht im gesamten Tagzeitraum stattgefunden habe, handele es sich um einen konservativen Ansatz. Die Veranstaltungszeiten, das Musikende und das Ausschankende seien so festgesetzt worden, dass dem Ruhebedürfnis der Anwohner Rechnung getragen werde und um trotz des darauffolgenden Werktages eine achtstündige Nachtruhe für die Anwohner sicherzustellen. Im vorliegenden Fall sei eine Verschiebung der Nachtzeit um nur eine Stunde vorgenommen worden, die Freizeitlärmrichtlinie gestatte in besonders gelagerten Fällen eine Verschiebung der Nachtzeit um bis zu zwei Stunden. Die Veranstaltung selbst sei somit insgesamt auf die Tagzeit beschränkt gewesen. Die Verschiebung der Nachtzeit sei zumutbar, da diese nur an den Abenden vor Samstag und Sonntag vorgenommen worden sei. Die geforderte Limitierung für die musikalischen Anlagen mit der Vorgabe der Einhaltung von 80 dB(A) in 20 m Entfernung stelle sicher, dass an allen po-tentiellen Immissionsorten die Richtwerte für seltene Ereignisse sicher eingehalten würden. Orientierende Lärmmessungen seitens des Umweltamtes der Beklagten am ersten Veranstaltungstag hätten ergeben, dass die technischen Anlagen beider Bühnen korrekt eingestellt gewesen seien.

Die Klägerin ließ den Ausführungen der Beklagten umfassend entgegentreten. U.a. wird ausgeführt, Herr … sei der ursprüngliche Mitveranstalter des „…“ gewesen und zwar im Jahr der Schadensentstehung am Gebäude. Mit der Erwähnung der Sachbeschädigung solle klar gestellt werden, welche Auswirkungen derartige Veranstaltungen für die Bewohner hätten. Dass eine Schadensregulierung von Verschmutzungen der Fassade mit anderen Beteiligten getroffen worden sei, müsse mit Nichtwissen bestritten werden; darauf komme es aber auch nicht an. Soweit die Beklagte am 21.07.2016 ein Aufmaß durchgeführt habe, wäre es schön gewesen, wenn die entsprechenden Aufmaßlisten zum Zwecke der Überprüfung beigefügt gewesen wären. Der Zeitpunkt der Abnahme eines Aufmaßes erscheine doch sehr spät, richtigerweise hätten die Maßangaben des Antrags im Vorfeld kritisch hinterfragt werden müssen. Die vorliegende Aufstellung sei in sich nicht nachvollziehbar. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte von 39 Ständen ausgegangen wäre, dies seien offensichtlich lediglich die Stände, die sich nicht im Innenhof des Handwerks befänden. Die genannten Besucherzahlen seien nicht aussagekräftig. Der Straßenzug von der … bis zur … habe eine Längsausdehnung von 235 m und nicht 204 m, wie von der Beklagten dargestellt. Auf der gesamten Distanz gebe es keine Entfluchtungsmöglichkeit nach links oder rechts. Es gebe nur zwei Öffnungen jeweils an den beiden Enden des Veranstaltungsbereiches. Eine zügige Evakuierung der Personenmassen in Paniksituationen sei unmöglich. Aufgrund der Überfüllung seien nicht nur die anwesenden Gäste im höchsten Maße gefährdet, sondern dies führe auch dazu, dass Rettungsfahrzeuge zu den Anwesen nicht mit hinreichender Geschwindigkeit hätten zufahren können (wird weiter ausgeführt).

Zum Immissionsschutz wird ausgeführt, für die Immissionsbelastung sei maßgebend, von welchen Besucherzahlen und welchem Aufkommen ausgegangen werde. Der Veranstalter habe 1.850 Personen angegeben, was falsch und irreführend gewesen sei. Die Beklagte habe selbst vorgetragen, dass sie zu nicht bezeichneten Uhrzeiten für einzelne Tage 3.000 Besucher festgestellt habe. Die tatsächlichen Besucherzahlen dürften jedoch zu Spitzenzeiten bei 5.000 bis 6.000 Besuchern (gesamt auf beiden Uferseiten) gelegen haben. Hierfür sei eine hinreichende Lärmprognose nicht gegeben gewesen. Zudem sei die Beklagte von einem Mischgebiet ausgegangen, doch handele es sich um ein Wohngebiet. Der zugrunde gelegte Beurteilungspegel von maximal 67 dB(A) sei völlig unzureichend und werde dem Besucheransturm nicht ansatzweise gerecht. Die Ausnahmeregelung der Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie scheitere hier bereits an der fehlenden Standortgebundenheit. Insgesamt sei die Veranstaltung auch unter immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht ansatzweise hinnehmbar gewesen, zumal sich die ergebenden Lärmwerte weit oberhalb derjenigen bewegt hätten, die in den fraglichen Bereich zulässig und akzeptabel seien. Es sei abschließend darauf hinzuweisen, dass behördliche Absichtserklärungen, in Zukunft höhere Sicherheitsstandards gelten lassen zu wollen, nicht ausreichend seien. Die Pflichtverletzungen in den Sicherheitsstandards und das grundsätzlich ungeeignete Areal für derartige Veranstaltungen veranlassten dazu, die Beklagte aufzufordern, die Veranstaltung „…“ nicht weiterhin auf dem Straßenabschnitt „…“ zu genehmigen. Vorgelegt wurde ferner eine von der Klägerin selbst verfasste Äußerung samt einem Lageplan.

Den Ausführungen der Klägerin trat die Beklagte am 24.03.2017 entgegen. Soweit bemängelt werde, dass die Veranstaltung nicht künstlerisch genug sei, Programmpunkte weggefallen seien, ein Wandel von einem ehemaligen Kulturfest zu einer Bier- und Bratwurstparty stattgefunden habe, könne der Eindruck entstehen, dass es das eigentliche Ziel sei, eine unliebsame Veranstaltung verhindern zu wollen und nicht angebliche eigene Rechtsverletzungen geltend zu machen (wird weiter ausgeführt). Das Sicherheitskonzept sei zum Bestandteil des Bescheides gemacht worden, in einem beigefügten Belegungsplan seien alle Stände enthalten gewesen. Bezüglich der vorgeschlagenen Verlegung der Veranstaltung an einen Ersatzstandort bleibe die Klägerin eine konkrete Benennung für gleichwertige Flächen schuldig. Entschieden entgegengetreten werden müsse der Behauptung, die Behörden und der Stadtbrandrat würden Probleme bei der Menschenrettung verharmlosen. Tragbare Leitern mögen der Klägerin antiquiert vorkommen, sie seien allerdings durchaus zielführende Optionen und probate Rettungsmittel, zumal besonders in der historischen Innenstadt die bestehende Bebauung deren Einsatz auch ohne Veranstaltungen erfordere. Es sei nicht zutreffend, dass sich die zuständigen Entscheidungsträger für die Sicherheitsbelange nicht interessierten. Der Sicherheit von Anwohnern und Festgästen sei im Rahmen der Abwägung der Vorrang gegeben worden.

Zur Thematik der Sachbeschädigungen wurde ausgeführt, im Jahr 2008 sei die Veranstaltung lediglich durch die Straßenverkehrsbehörde, nicht jedoch durch die Sicherheitsbehörde betreut worden. Eine sicherheitsrechtliche Begleitung der noch nicht gewachsenen Veranstaltung sei damals nicht erfolgt. Mit der Problematik der Rettungswege habe sich die Behörde kritisch auseinandergesetzt. Der Aufmaßplan diene nur als Nachweis der Richtigkeit der ausführlichen und unter Berücksichtigung der Anwohnerinteressen angestellten Überlegungen und sei nicht die Nachholung einer bisher versäumten Berechnung, da diese nicht erforderlich sei. Grundsätzlich würden Sicherheitskonzepte bei Antragstellung immer geprüft. Eine Flächenberechnung bzw. Überprüfung der angegebenen Zahlen sei nicht vorgenommen worden, da diese Berechnungen in Anlehnung an die nicht einschlägige Versammlungsstättenverordnung nur „Rechenbeispiele“ seien. Es handele sich hier um offene Flächen, die einen stets veränderbaren Zu- und Abstrom von Publikumsgästen mit sich bringen würden.

Die Distanz zwischen den Kreuzungspunkt …bis zur …sei tatsächlich falsch angegeben gewesen. Die Länge entsprechend dem Plan betrage sogar 254 m, offensichtlich habe hier ein Additionsfehler vorgelegen. Es sei jedoch unerheblich, ob von Längen von 204, 235 oder 254 m ausgegangen werde. Die angeführten Maße von 30 m Länge bezögen sich auf Fluchtweglängen aus Gebäuden. Für Veranstaltungen im Freien könnten diese nur in Anlehnung herangezogen werden.

Der Stadtbrandrat habe im Vorfeld anhand der Antragsunterlagen eine Stellungnahme abgegeben, die in Form von Auflagen in den Genehmigungsbescheid eingeflossen sei. Vertreter der Feuerwehr hätten auch an der Sicherheitsabnahme und den Kontrollen teilgenommen, so dass die Einhaltung besagter Auflagen gewährleistet gewesen sei. Der Stadtbrandrat als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr habe darauf hingewiesen, dass die Personenrettung über tragbare Leitern der Feuerwehr den seit langen Jahren unverändert bestehenden Forderungen der Bayerischen Bauordnung nicht widerspreche. Diese unterscheide dabei im Wohnungsregelbau nicht hinsichtlich des Nutzerklientels und evtl. Gebrechen der Bewohner. Erläuternd sei zu erwähnen, dass die Forderung nach einer Breite von 5 m für die Aufstellfläche der Drehleiter daraus resultiere, dass im Regelfall seitlich des 2,50 m breiten Fahrzeuges die Abstützungen der Drehleiter ausgefahren würden und dass ein Drehen des Drehkranzes möglich sein müsse. Bei den im vorliegenden Fall gegebenen Rettungshöhen von bis 10 m genüge das Ausfahren der Abstützung auf gebäudezugewandten Seite. Der Drehkranz könne aufgrund seiner Höhe über dem Boden beim Schwenken des Leiterparks problemlos über Biertische hinweggedreht werden. Für das Aufstellen einer Steckleiter werde lediglich eine freie Fläche mit einer Tiefe zwischen 2,10 m und 3,70 m (wird näher beleuchtet). Der zweite Rettungsweg für die Anwesen … und … sei über Drehleitern sicherzustellen (wird näher erläutert). Der Stadtbrandrat verfüge über große Erfahrungen im Bereich des Brandschutzes von Veranstaltungen. Mit seiner sorgfältigen und eher konservativ angesetzten Schätzung, vor Ort und in Kenntnis der Verhältnisse abgegeben, dass ausreichend Flächen für die Aufstellung von Rettungsmitteln vorhanden seien, könne und dürfe die Genehmigungsbehörde arbeiten.

Es treffe zwar zu, dass der vorgesehene Weg entlang des Kanals zwischen … und „…“ auf Höhe des Durchgangs der … aufgrund einer Baumaßnahme gesperrt gewesen sei. Jedoch sei diese Fläche zu keiner Zeit als Rettungsweg für die Veranstaltung berücksichtigt worden. Dennoch seien die Flächen zwischen … und … frei gewesen, so dass im Ernstfall diese Fläche von einem Teil der Besucher zumindest als Staufläche hätte genutzt werden können.

Auf die vertieften Ausführungen zum Immissionsschutz wird Bezug genommen. Insbesondere argumentiere die Klägerseite mit behaupteten Besucherzahlen, bleibe jedoch Nachweise ebenso schuldig wie detaillierte Darstellungen. Bei der Lärmimmissionsprognose sei ein Schallimmissionskennwert für Personen auf Freiflächen mit mehr als 300 Personen in Ansatz gebracht worden. Dabei sei die Topographie und die damit verbundene Verteilung der Besucher auf dem Veranstaltungsgelände berücksichtigt worden; nur Teilbereiche und somit eine begrenzte Anzahl der Besucher hätten Auswirkungen auf die jeweiligen Immissionsorte. Bei der Prognoseberechnung sei ein eher konservativer Ansatz gewählt worden.

Die Klägerin kritisiere aber zu Recht, dass die Einhaltung der Veranstaltungszeiten noch verbesserungsbedürftig gewesen sei (wird erläutert).

Nachdem die Klägerseite mitgeteilt hatte, dass die Angelegenheit ausgeschrieben sei und um eine zeitnahe Entscheidung gebeten werde (Schriftsätze vom 04.04.2017 und 20.04.2017), wurde mit weiterem Schriftsatz vom 25.04.2017 eine neuerliche Stellungnahme der Klägerin samt Fotos vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Zu den von der Klägerin erneut thematisierten Rettungswegen und Belegungsflächen führte die Beklagte unter dem 23.05.2017 u.a. aus, im Merkblatt „Flucht- und Rettungswege bei Veranstaltungen im Freien“ 13-04 Juni 2015 vom Technisch-Wissenschaftlichen Beirat der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. würden Aussagen über notwendige Flucht- und Rettungswegbreiten getroffen. Nach Berechnung in Anlehnung an die Versammlungsstättenverordnung seien die Rettungswegbreiten grundsätzlich ausreichend gewesen. Es sei jedoch schon damals auf die problematische Länge des Rettungsweges hingewiesen worden. Pflichtgemäß habe die Behörde dem Veranstalter in der Nachbesprechung von „…“ aufgegeben, hierzu geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die vorgelegten Vorschläge würden geprüft werden und, soweit sie nicht ausreichend sein sollten, gemeinsam mit dem Veranstalter nachgebessert werden. Überdies sei noch zu bemerken, dass die Standflächen für die Veranstaltung grundsätzlich an den Flächen, die zum Parken genutzt würden, ausgerichtet worden seien. Demnach ergäben sich aus der Sondernutzung zunächst einmal keine nennenswerten Einschränkungen gegenüber der alltäglichen Nutzung, wenn dort ein PKW stehe.

Die Rettungshöhe bemesse sich nach dem Ausstieg des zweiten Fluchtweges und nicht nach dem Dachfirst (Gebäudehöhe). Die Gesamthöhe von Gebäuden sei somit irrelevant, es komme bezüglich der Personenrettung auf die Höhe des als zweiten Fluchtweg zugelassenen Ausstiegs an. Zusammenfassend seien Verletzungen der Rechte der Klägerin nach wie vor nicht zu erkennen.

Am 12.06.2017 ließ die Klägerin mitteilen, dass keine Äußerung zum letzten Schriftsatz der Beklagtenseite mehr erfolgen werde. Zugleich wurde weiterer Schrift- bzw. E-Mail-Verkehr zwischen Herrn K. und der Beklagten vorgelegt. Mit Schriftsätzen vom 16.10.2017 und 07.11.2017 übermittelte der Bevollmächtigte der Klägerin weitere Anschreiben der Klägerin nebst Anlagen als weiteren Vortrag.

Im Jahr 2017 wurde die Veranstaltung … vom 20. bis 23.07.2017 durchgeführt. Ein Eilantrag der Klägerin, der darauf gerichtet war, die Beklagte zu verpflichten, die Veranstaltung am rechten Kanalufer nicht zu genehmigen, blieb ohne Erfolg (B.v. 14.07.2017 - Az. B 1 E 17.537 und BayVGH, B.v. 19.07.2017 - 10 CE 17.1351).

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten ergänzend Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Das Gericht kann ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Fortsetzungsfeststellungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 05.07.2016 verletzen keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Klägerin, so dass diese nicht die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Bescheide begehren kann (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).

1. Aus der Klagebegründung ergibt sich deutlich, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit der beiden Bescheide vom 05.07.2016 festgestellt wissen möchte, da aus ihrer Sicht die Erlaubnis zur Durchführung der Veranstaltung … (im Bereich des rechten Ufers „…“) überhaupt nicht - auch nicht unter etwaiger Beifügung weiterer drittschützender Auflagen - hätte erteilt werden dürften.

Legt man dies zugrunde, ergeben sich keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, denn der Klägerin steht insoweit ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung zu, nachdem die Veranstaltung … bereits auf eine mehrjährige Tradition zurückblicken kann und in den letzten Jahren regelmäßig stattgefunden hat. Es ist hinreichend wahrscheinlich, dass der Beigeladene (oder ggf. ein anderer Betreiber) auch in Zukunft Anträge auf Erteilung der erforderlichen Genehmigungen zur Durchführung dieser öffentliche Vergnügung stellen und die Beklagte diese unter jeweils aktualisierten Auflage genehmigen wird.

Die Klägerin konnte jedoch nicht beanspruchen, dass die Veranstaltung … im Jahr 2016 insgesamt nicht genehmigt wird. Die hier streitgegenständlichen Bescheide vom 05.07.2016 verletzen keine drittschützenden Rechte der Klägerin.

Nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG ist die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG u.a. zu versagen, wenn dies zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich erscheint. Mit der Nennung der Nachbarschaft räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch eine Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung im Verwaltungsrechtsweg vorgehen. Nachbarn sind diejenigen Personen, die qualifiziert betroffen sind, indem sie sich im Einwirkungsbereich der Emissionen aufhalten. Die qualifizierte Betroffenheit muss in einer besonderen Bindung der Person an den Immissionsort bestehen, indem sie sich dort nicht nur flüchtig und gelegentlich aufhält, sondern in einer Weise, die es ihr unmöglich macht, sich den Immissionen zu entziehen (z.B. Wohnung). Jedoch kann der Nachbar, wenn er sich gegen eine Vergnügungsveranstaltung wendet, nicht sämtliche möglicherweise gegen die Rechtmäßigkeit der Erlaubnis sprechenden Aspekte rügen, sondern lediglich die Verletzung seiner eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte; nur insoweit ist der jeweilige Nachbar auch klagebefugt (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19, Rn. 105, 135).

Die Klägerin wohnt in der … in … und damit in einem Hauptzugangs- und Hauptabgangsbereich der Veranstaltung; westlich des Anwesen der Klägerin entlang dem Kanal war die Aufstellung von Tischen bzw. Sitzgelegenheiten/Biergarnituren vorgesehen, die Stände Nr. 1 und 2 sollten sich in südwestliche Richtung anschließen. Damit ist die Klägerin ohne Weiteres als Nachbarin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 LStVG anzusehen.

Jedoch ging mit der Erteilung der streitgegenständlichen Erlaubnisse keine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte einher.

Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Az. B 1 S 16.490 angenommen, dass es sich bei der von der Beklagten erlaubten Veranstaltung „…“ um eine seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit sowie sozialer Adäquanz und Akzeptanz im Sinne der Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie handelt. Daran ist nach nochmaliger Überprüfung im Rahmen des Klageverfahrens festzuhalten.

Die vorliegende öffentliche Vergnügung erfüllt die Kriterien der Standortgebundenheit sowie der sozialen Adäquanz und Akzeptanz. „…“ ist auf die Verhältnisse am Kanal in …zugeschnitten und bezieht die örtlichen Gegebenheiten mit ein, was u.a. an dem geplanten Gesang eines Tenors von einer Gondel aus (ohne technische Verstärkung) plastisch erkennbar wurde. Auch eine soziale Adäquanz kann man dem erlaubten Kulturfest in einer … Stadt der Größe … nicht absprechen, weil derartige Vergnügungen in begrenztem Rahmen zum städtischen Leben gehören und von breiten Teilen der Bevölkerung angenommen, zumindest aber toleriert werden. Die zum Bestandteil des Genehmigungsbescheides gemachte Ständeliste und der Belegungsplan lassen erkennen, dass die vorgesehenen 39 Ständen der leiblichen Versorgung der Gäste dienen sollten (vgl. Bl. 323/324 d.A.), auf den beiden Bühnen „Hauptbühne“ und „Bermudabühne“ waren diverse musikalische/künstlerische Darbietungen vorgesehen (vgl. Bl. 243 d.A.) und der unmittelbar dem Veranstaltungsgelände angeschlossene Kunsthandwerkermarkt sollte unterschiedliche handwerkliche Bereiche abdecken (z.B. Drechselarbeiten, Glasperlen und Schmuck, Textile Accessoires, Keramik, Radierungen, etc. - vgl. Bl. 324/325 d.A.).

Das Gericht verkennt nicht, dass derartige Veranstaltungen im innerstädtischen Bereich nahezu immer mit Belastungen für die betroffenen Nachbarn verbunden sind, die sich - wie hier - ggf. auch schon im Vorfeld der Erlaubnis gegen die Veranstaltung aussprechen. Das Kriterium der Akzeptanz einer Veranstaltung kann jedoch nicht alleine auf der Grundlage kritischer Stimmen aus der Nachbarschaft beurteilt werden, sondern bedarf eine wertenden Betrachtung, die auch andere Gesichtspunkte einbezieht, etwa die kulturelle Belebung einer Innenstadt in Verbindung mit den Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren, in denen die Vergnügung bereits durchgeführt wurde, gesammelt werden konnten.

Sowohl nach der zivilgerichtlichen als auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird als erhebliche Belästigung alles angesehen, was einem verständigen Durchschnittsmenschen auch unter Würdigung anderer öffentlicher oder privater Belange billigerweise nicht mehr zuzumuten ist. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Geräuschimmissionen der genehmigten Veranstaltung kann die Freizeitlärmrichtlinie als Anhaltspunkt herangezogen werden. Die Bestimmungen dieser Richtlinie sind keine normativen Vorgaben oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften und dürfen nicht rein schematisch angewendet werden. Die Bestimmung der Erheblichkeit von Lärmimmissionen bleibt vielmehr der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten. Dementsprechend stellt die Richtlinie im Rahmen der gebotenen Einzelfallprüfung eine Orientierungshilfe oder einen „groben Anhalt“ dar. Die Zumutbarkeitsgrenze wird nach alledem nicht durch Anwendung fester Grenzwerte bestimmt, sondern auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets. Bei einer einmaligen Veranstaltung kann eine großzügigere Handhabung der Richtwerte geboten sein. Dabei ist das Ruhebedürfnis der Nachbarschaft umso weniger geschützt, je stärker das öffentliche Interesse an einer Veranstaltung ist.

Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der erlaubten Veranstaltung ist zu berücksichtigten, dass Open-Air-Konzerte, Musik-Festivals im Freien wie auch Kulturfestivitäten als herkömmliche und allgemein akzeptierte Formen städtischen Zusammenlebens angesehen werden können. Sie sind maßgeblicher Ausdruck der Lebendigkeit einer Stadt. Dabei liegt es bei solchen städtischen Kulturveranstaltungen in der Natur der Sache, dass sie in der Nähe von Wohnbebauung durchgeführt werden und zwangsläufig zu Beeinträchtigungen der Nachbarschaft führen. Auf Grund der Üblichkeit, der kulturellen Bedeutung und des hohen Stellenwerts der Veranstaltung für viele Bewohner der Stadt werden die mit einem solchen Kulturfest verbundenen Störungen von verständigen Durchschnittsmenschen in der Regel in höherem Maß akzeptiert als andere Immissionen (vgl. zum Ganzen VG Augsburg, B.v. 22.7.2013 - Au 1 S 13.1011; BayVGH, B.v. 26.7.2006 - 1 CE 06.1937; OVG NRW, B.v. 25.5.2015 - 4 B 581/16; VG Ansbach, B.v. 24.6.2015 - AN 4 S 15.00928; VGH Hessen, B.v. 28.8.2015 - 9 B 1586/15; VG Würzburg, B.v. 30.5.2016 - W 5 E 16.483 m.w.N.).

Gegen eine erhebliche Belästigung der Klägerin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sprach auch, dass der von der Veranstaltung „…“ betroffene Bereich der Stadt … bisher nur mit den genehmigten vier Veranstaltungstagen betroffen war, wohingegen die Freizeitlärmrichtlinie eine Begrenzung (erst) bei 18 Kalendertagen pro Jahr enthält, die eingehalten werden „soll“. Eine zahlenmäßig enge Begrenzung im Sinne der Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie liegt damit für den Bereich um das Anwesen der Klägerin vor. Vertretbar erscheint auch die Verschiebung der Nachtzeit an zwei Tagen, an denen jeweils ein Wochenendtag folgt, zumal die Beklagte zugleich Vorkehrungen dafür getroffen hat, dass eine achtstündige Nachtruhe für die Anwohner gewährleistet bleibt.

Weiter ist in der vorliegenden Sache festzustellen, dass die Beklagte im Vergleich zum ursprünglichen Antrag des Beigeladenen vom 29.01.2016, der für alle vier Veranstaltungstage ein Ausschankende von 23.15 Uhr vorsah und sich in diesem Zusammenhang auf die Öffnungszeiten des Jahrs 2015 bezog, bei der letztlich genehmigten Veranstaltung eine nicht unerhebliche zeitliche Einschränkung vorgenommen hat, insbesondere hinsichtlich der beiden Veranstaltungstage, auf die kein Wochenendtag folgte (21.07.2016 und 24.07.2016).

Der streitgegenständliche Bescheid enthält in Bezug auf die Begrenzung der Lautstärke musikalischer Darbietungen eine konkrete und auch überwachbare Auflage dahin, dass 80 dB(A) in 20 Meter Entfernung nicht überschritten werden. Darauf aufbauend hat die Beklagte prognostiziert, dass im Bereich der Klägerin ein Beurteilungspegel von maximal 67 dB(A) zu erwarten gewesen sei, wobei dies konservativ angesetzt wurde, da die Veranstaltung nicht im gesamten Tagzeitraum stattfinden sollte. Es sind keine durchgreifenden Mängel der Immissionsprognose zu Lasten der Klägerin ersichtlich. Die entsprechende planliche Darstellung (Bl. 361 d.A.) lässt namentlich erkennen, dass die zwei vorgesehenen Bühnen mit Live-Musik erfasst worden sind (Bl. 241, 122 d.A.). In diesem Bereich wird - wie zu erwarten - der höchste prognostizierte Lärmpegel auftreten, der bis zu 71 dB(A) erreicht und in Richtung des Anwesens der Klägerin bereits auf 66 bis 68 dB(A) abfällt.

Soweit die Klägerin rügen lässt, die zu erwartende Gesamtbesucheranzahl sei zu niedrig angesetzt worden, ist dies nicht geeignet, einen Mangel der Immissionsprognose zu begründen, der mit einer Rechtverletzung der Klägerin einherginge. Auch in dieser Beziehung ist wiederum maßgeblich zu berücksichtigten, dass die Klägerin nur eigene Belange geltend machen kann. Die gesamten Besucher der Veranstaltung verteilen sich bei realistischer Betrachtungsweise jedoch auf das gesamte langgezogene Gelände der Veranstaltung. Der Immissionsprognose lässt sich schlüssig entnehmen, dass über das gesamte Gelände eine eher gleichmäßige tagzeitliche Lärmbelastung zu erwarten ist (ca. 66 bis 68 dB(A)), wobei im Nahbereich der beiden Bühnen erhöhte Werte von 69 bis 71 dB(A) prognostiziert wurden. Die Beklagte hat - wie ausgeführt - überdies darauf hingewiesen, dass es sich um einen konservativen Ansatz gehandelt habe, da die Veranstaltung nicht im gesamten Tagzeitraum vorgesehen war, sondern mit eingeschränkten Öffnungs- bzw. Veranstaltungszeiten. Selbst wenn damit - der Klägerin einmal folgend - ein erhöhtes Aufkommen von Besuchern auch im Bereich ihres Anwesens zu erwarten gewesen sein sollte, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass damit unter Berücksichtigung der eingeschränkten Veranstaltungszeiten eine unzumutbare Lärmbelästigung einhergegangen wäre. Bei seltenen Veranstaltungen geht die Freizeitlärmrichtlinie in Nr. 4.4.2 davon aus, dass vor den Fenstern im Freien eine Lärmbelastung von 70 dB(A) tags grundsätzlich eingehalten werden sollen; (erst) bei Überschreitungen ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen.

Auch die hier vorgenommene Verschiebung der Nachtzeit um eine Stunde ist im vorliegenden Rahmen und der im Bereich des Anwesens der Klägerin insgesamt im Jahr 2016 angefallenen Tage mit seltenen Veranstaltungen (die von der Richtlinie genannte Zahl von 18 Tagen pro Kalenderjahr wurde erheblich unterschritten) nicht zu beanstanden, zumal die Beklagte mit Auflagen sichergestellt hat, dass eine ausreichend lange Nachtruhe gewährleistet blieb. Unter diesen Umständen erweist sich die Erlaubnis der Veranstaltung auch dann nicht als rechtsverletzend zu Lasten der Klägerin, wenn es sich bei dem Umgriff des Veranstaltungsgeländes und insbesondere im näheren Bereich der …um ein überwiegend durch Wohnbebauung geprägtes Gebiet handelt. Die Beklagte ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Einhaltung der Immissionsrichtwerte „Außen“ im Sinne der Nr. 4.1 der Freizeitlärmrichtlinie unvermeidbar war (vgl. Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie), und zwar unabhängig von der exakten Einordung des die Klägerin umgebenden Gebiets. Lokal geeignete Ausweichstandorte, die sich der Beklagten hätten aufdrängen müssen, waren nicht ersichtlich, zumal das Konzept der Veranstaltung auf die Nähe zum …ausgerichtet war.

In Bezug auf entstehende Lärmbelästigungen durch Auf-/Abbauarbeiten hat die Beklagte im Eilverfahren darauf hingewiesen, dass nach dem Veranstaltungskonzept Bänke und Mobiliar nicht täglich neu aufgebaut werden sollten, sondern während der Veranstaltungstage vor Ort stehen blieben. Der Abbau der Veranstaltung sei dann für Montag, 25.07.2016 vorgesehen gewesen, wobei Standbetreiber ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, dass am Sonntag keine die Anwohner beeinträchtigenden (Abbau-)Arbeiten durchgeführt werden dürften. Es gab im Zeitpunkt der Erteilung der streitgegenständlichen Erlaubnisse keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Veranstaltungskonzept mit den entsprechenden Schutzauflagen zugunsten der Nachbarschaft nicht umsetzbar wäre und erforderlichenfalls durch Eingriffe des Beigeladenen als Veranstalter wie auch der Genehmigungsbehörde im Rahmen der Überwachung nicht effektiv würde durchgesetzt werden können.

Soweit die Klägerin auf Schäden am Sockel ihres Anwesens hingewiesen hat, die anlässlich der Durchführung der Veranstaltung „…“ im Jahr 2008 entstanden seien, ist zu bemerken, dass dieser Schadenfall bereits mehrere Jahre zurück liegt und weitere (nennenswerte) Beschädigungen in den Folgejahren wohl nicht mehr aufgetreten sind. Nach der Darstellung der Klägerin im Eilverfahren sei dies maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sie die Fassade des Anwesens jeweils mit Planen verhängt habe. Ihr ist es demnach offenbar gelungen, sich bzw. ihr Eigentum durch relativ einfache Maßnahmen wirksam selbst zu schützen. Angesichts der Lage ihres Anwesens im Innenstadtbereich, wo immer ein gewisses Risiko - bei öffentlichen Vergnügungen auf der angrenzenden öffentlichen Straße freilich in erhöhtem Maße - besteht, dass es zu Beschmutzungen und Beschädigungen der Fassade kommt, erscheinen derartige, im eigenen Interesse ergriffene Maßnahmen keineswegs von vornherein unzumutbar. Die Klägerin hat weder behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass in Bezug auf ihre konkrete Situation die „Abplanung“ des Anwesens mit einem unzumutbaren Aufwand verbunden gewesen wäre. Aus diesen Gründen ist der genannte Aspekt nicht geeignet, der Klage zum Erfolg zu verhelfen.

Die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Aspekte, insbesondere zum Sicherheitskonzept, zu den Rettungswegen, zur Gesamtnutzfläche sind - wiederum mit Blick auf die Relevanz des Drittschutzes im vorliegenden Verfahren - nur insoweit von Bedeutung, als sie die Person der Klägerin selbst betreffen. Wie schon ausgeführt wurde, befindet sich das Anwesen der Klägerin jedoch nicht innerhalb des langgezogenen westlichen Teils des Veranstaltungsgeländes „…“, sondern in der …, gleichsam einem Eckhaus am Rande des von der öffentlichen Vergnügung in Anspruch genommenen Geländes. Damit sind beispielsweise Fragen für das hiesige Verfahren nicht relevant, die die Länge und Ausgestaltung der Rettungswege betreffen, etwa in Ansehung von Besuchern, die sich in einem zentralen Bereich des Veranstaltungsgeländes befunden haben. Prüfungsgegenstand ist hingegen, wie sich die eigene Sicherheitssituation der Klägerin in ihrem Anwesen während der Dauer der Veranstaltung dargestellt hat, z.B. im Falle eines Notfalls. In dieser Beziehung ist jedoch die Lage am Rande des Veranstaltungsgeländes zu berücksichtigen. Nördlich, westlich und südlich des Anwesens … waren ersichtlich ausreichende (Frei-) Flächen vorhanden, so dass zu erwarten war, dass ein etwaiger Einsatz von Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen o.Ä. nicht mit unzumutbaren Einschränkungen verbunden gewesen wäre. Über den Bereich des Veranstaltungsgeländes, in dem die Stände Nr. 1, 2, 3 usw. vorgesehen waren, war nach der Kreuzung der Straße „…“ mit der … in westlicher Richtung eine weitere Freifläche vorhanden, so dass auch während einer Hauptbetriebszeit der Vergnügung das Anwesen der Klägerin für Rettungskräfte usw. erreichbar gewesen wäre. Die Beklagte hat im Verfahren darauf hingewiesen, dass der zweite Rettungsweg für das Anwesen …über Drehleitern sicherzustellen sei und erläutert, dass eine Aufstellung derselben möglich gewesen wäre. Die Klägerin ist den schlüssigen Ausführungen der Beklagtenseite hierzu nicht substantiiert entgegengetreten.

2. Auch wenn einzelne weitergehende drittschützende Auflagen zu Lasten des Beigeladenen im Vorfeld des Erlasses der Genehmigungsbescheide nicht konkret zur Diskussion standen (und auch im Eilverfahren Az. B 1 S 16.490 nicht Gegenstand waren), geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass die beantragten Feststellungen auch vor dem Hintergrund begehrt werden, dass nach Auffassung der Klägerin - wenn schon eine Feststellung der Rechtswidrigkeit der Genehmigung von „…“ 2016 insgesamt nicht mit Erfolg begehrt werden kann - jedenfalls die Rechtswidrigkeit der Bescheide vor dem Hintergrund festgestellt werden soll, dass zu Gunsten der Klägerin weitere Schutzauflagen hätten verfügt werden müssen.

Legt man dieses Begehren zugrunde, so ist die Klage in Ansehung der geltend gemachten Lärmbelästigungen sowie weiteren Beeinträchtigungen der Klägerin und ihres Anwesens jedoch wiederum in der Sache nicht begründet (vgl. Nr. 1). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit vor dem Hintergrund, dass die insoweit verfügten Auflagen nicht ausreichend gewesen wären, um ihren eigenen Belangen hinreichend Rechnung zu tragen.

In Bezug auf andere Kritikpunkte der Klägerin, etwa die Länge der Rettungswege, ist über den Umstand hinaus, dass sie sich als Nachbarin im Sinne des Art. 19 Abs. 4 LStVG darauf mangels eigener möglicher Rechtsverletzung nicht stützen könnte, zu berücksichtigen, dass sich die Rahmenbedingungen der Veranstaltung „…“ mit dem angeschlossenen Kunsthandwerkermarkt seit der Durchführung im Jahr 2016 erheblich verändert haben. So hatte die Kreishandwerkerschaft im April 2017 mitgeteilt, dass der bisher genutzte Hof nicht mehr zur Verfügung gestellt werde (Bl. 8 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). In der Folge wurde der Kunsthandwerkermarkt in südliche Richtung verlagert und es wurde im Bereich des Anwesen … ein Behelfssteg über den Kanal als neuer Rettungsweg vorgesehen (Bl. 166 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). Die im Jahr 2016 während des Betriebs des Kunsthandwerkermarktes noch bestehende Entfluchtungsmöglichkeit in östliche Richtung war im Jahr 2017 mit der Verlegung des Marktes entfallen. Das Bauordnungsamt der Beklagten hatte im Rahmen einer Vorbesprechung von …2017 deutlich gemacht, dass es in diesem Jahr unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände einen zusätzlichen Flucht- und Rettungsweg für erforderlich halte (Bl. 90 d.A. der Beklagten zum Verfahren Az. B 1 E 17.537). Haben sich aber die Rahmenbedingungen der öffentlichen Vergnügung gegenüber dem Jahr 2016 erheblich verändert und ist - wie hier - nicht einigermaßen konkret ersichtlich, dass sich die Genehmigungssituation des Jahres 2016 noch einmal wiederholen könnte, so fehlt der Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der die Feststellung der Rechtwidrigkeit wegen des Erfordernisses weiterer drittschützender Auflagen begehrt wird, das Feststellungsinteresse. Mit anderen Worten: Wenn in keiner Weise erkennbar ist, dass sich die örtliche Situierung mit dem Kunsthandwerkermarkt im Hof der Kreishandwerkerschaft und dem Fehlen ein Behelfsstegs im Bereich des langgezogenen Veranstaltungsgeländes in der Zukunft noch einmal so ergeben wird wie im Jahr 2016, dann kann die Prüfung und ggf. Feststellung der Rechtswidrigkeit der entsprechenden Genehmigungen aus dem Jahr 2016 nicht zulässigerweise beansprucht werden. Eine materielle Prüfung durch das Verwaltungsgericht findet damit ungeachtet der weiteren Frage, inwieweit jeweils drittschützende Aspekte berührt sind, nicht statt. Über die Fallgruppe der sog. Wiederholungsgefahr hinaus, sind hier keine weiteren Aspekte ersichtlich, die die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage insoweit stützen könnten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 113, Rn. 136 ff.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, nachdem er keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Ein Spezialmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern bestimmte Waren feilbietet. (2) Ein Jahrmarkt ist eine im allgemeinen regelmäß

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Tenor I. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen: 1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspie

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 24. Juni 2015 - AN 4 S 15.00928

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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 Gaststättengesetz der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des

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Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert: Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2

Referenzen

(1) Ein Spezialmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern bestimmte Waren feilbietet.

(2) Ein Jahrmarkt ist eine im allgemeinen regelmäßig in größeren Zeitabständen wiederkehrende, zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von Anbietern Waren aller Art feilbietet.

(3) Auf einem Spezialmarkt oder Jahrmarkt können auch Tätigkeiten im Sinne des § 60b Abs. 1 ausgeübt werden; die §§ 55 bis 60a und 60c bis 61a bleiben unberührt.

(1) Die zuständige Behörde hat auf Antrag des Veranstalters eine Veranstaltung, die die Voraussetzungen der §§ 64, 65, 66, 67 oder 68 erfüllt, nach Gegenstand, Zeit, Öffnungszeiten und Platz für jeden Fall der Durchführung festzusetzen. Auf Antrag können, sofern Gründe des öffentlichen Interesses nicht entgegenstehen, Volksfeste, Großmärkte, Wochenmärkte, Spezialmärkte und Jahrmärkte für einen längeren Zeitraum oder auf Dauer, Messen und Ausstellungen für die innerhalb von zwei Jahren vorgesehenen Veranstaltungen festgesetzt werden.

(2) Die Festsetzung eines Wochenmarktes, eines Jahrmarktes oder eines Spezialmarktes verpflichtet den Veranstalter zur Durchführung der Veranstaltung.

(3) Wird eine festgesetzte Messe oder Ausstellung oder ein festgesetzter Großmarkt nicht oder nicht mehr durchgeführt, so hat der Veranstalter dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 23.5.2016 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 3 K 2431/16 erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13.5.2016 sowie des hiergegen vorsorglich eingelegten Widerspruchs wird unter den folgenden Auflagen nur insoweit wiederhergestellt, als die Genehmigung die Durchführung der Jugendtanzveranstaltung am Mittwoch/Donnerstag, den 25./26.5.2016, für die Zeit ab dem 26.5.2016, 2:00 Uhr, betrifft:

a)   Soweit es möglich ist, ist am 26.5.2016 ab 0:00 Uhr durch Reduzierung der Lautstärke an der Musikanlage sicherzustellen, dass ein Beurteilungspegel von 55 dB(A) – ermittelt nach den Vorgaben der Freizeitlärmrichtlinie der LAI vom 6.3.2015 – vor dem Wohnhaus der Antragsteller nicht überschritten wird; sofern hierfür erforderlich, ist der Verstärker so einzustellen, dass in einem Abstand von drei Metern vor den Lautsprechern ein äquivalenter Dauerschallpegel auch unter 80 dB(A) erzeugt wird.

b)   Die musikalischen Darbietungen sind ab 1:45 Uhr einzustellen, damit die Veranstaltung um 2:00 Uhr beendet werden kann.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsteller als Gesamtschuldner, die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Drittel der Kosten des nicht durch Vergleich erledigten Teils des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Kosten des Verfahrens zweiter Instanz tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und die Antragsgegnerin je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind im Beschwerdeverfahren nicht erstattungsfähig.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 500,00 EUR festgesetzt.


G r ü n d e :

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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klagen des Antragstellers gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015, in denen den Beigeladenen gemäß § 12 Gaststättengesetz der Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft aus Anlass des „Grafflmarktes“ für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 (16.00 Uhr) bis 27. Juni 2015 (1.00 Uhr) gestattet wird, wird insoweit wieder hergestellt, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.

2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.

3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die von den benachbarten Gaststätten der Beigeladenen zu erwartenden Lärmeinwirkungen ausgehend von bestehenden, verdichteten und zusätzlich zugewiesenen Gastro- und Freischankflächen (öffentliche Verkehrsflächen) anlässlich einer Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den „Grafflmarkt“ am 26./27. Juni 2015 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr im Innenstadtgebiet der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist zur Hälfte (Mit-)Eigentümer der Anwesen G...straße 42 und 44 in ..., in denen sich vermietete Wohn- und Gewerbeeinheiten befinden. Im Erdgeschoss befindet sich das „...“ mit Außenbestuhlung (Öffnungszeiten bis 19.00 Uhr).

Der Beigeladene zu 1) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G...straße 38 bis 40. Der Beigeladene zu 2) ist Betreiber der Gaststätte „...“ mit Freischankfläche in der G...straße 39. Die Beigeladene zu 3) ist Betreiberin der Gaststätte „Goldener Löwe“ mit Freischankfläche (42 Plätze) in der G...straße 41. Der Beigeladene zu 4) ist Betreiber der Gaststätte „Wein & Meer“ mit Freischankfläche in der G...straße 43. Die Freischankflächen aller Beigeladenen liegen jeweils zwischen Gaststätte und G...straße. Die Gaststätte „...“ liegt unmittelbar neben dem Grundstück des Antragstellers. Die Freischankfläche der „...“ ist durch eine etwa 10 m breite Hoffläche vom Anwesen des Antragstellers getrennt. Die Gaststätten der Beigeladenen zu 2) bis 4) liegen unmittelbar auf der dem Anwesen des Antragstellers gegenüberliegenden Straßenseite der G...straße.

Das Gebiet liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Antragsgegnerin, der hierfür ein Mischgebiet festsetzt. Nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist die in einem Mischgebiet allgemein zugelassene Nutzung „Schank- und Speisewirtschaften“ in der G...straße nicht zulässig, soweit es sich um nach dem Gaststättengesetz erlaubnispflichtige Betriebe handelt. Diese Einschränkung gilt wiederum nicht für Betriebe, die, ohne Sitzgelegenheiten bereitzustellen in räumlicher Verbindung mit ihrem Ladengeschäft des Lebensmitteleinzelhandels oder des Lebensmittelhandwerks während der Ladenöffnungszeiten alkoholfreie Getränke oder zubereitete Speisen verabreichen. Weiter genießen bestehende Betriebe „Bestandsschutz“. Ausnahmen können bei Erweiterungen (sowohl innerhalb von Gebäuden als auch auf Freischankflächen) unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden. Durch die Erweiterung darf u.a. die Schank- bzw. Gastraumfläche nur in geringem Umfang vergrößert und die Wohnnutzung im Gebäude selbst bzw. in der Nachbarschaft nicht gestört werden.

Die G...straße liegt weiter im Geltungsbereich der Verordnung der Antragsgegnerin über die Sperrzeit von Freischankflächen von Gaststätten (im Folgenden: SperrzeitVO/Freischank-flächen) vom 17. Juni 1996 (Amtsblatt der Antragsgegnerin Nr. 12 vom 21.6.1996) zuletzt geändert mit Verordnung vom 31. Januar 2012 (Amtsblatt Nr. 3 vom 15.2.2012). Danach wird die Sperrzeit für den Gaststättenbetrieb auf öffentlichen Verkehrsflächen (Sondernutzungen) und privaten Flächen im Freien mit Wirkung ab 16. Februar 2012 auf 23.00 Uhr bzw. 6.00 Uhr festgesetzt (§ 1 Abs. 1, wobei die Befugnis, nach § 11 GastVO, nämlich bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse für einzelne Betriebe die Sperrzeit abweichend von § 1 Abs. 1 zu verlängern, zu verkürzen oder aufzuheben gemäß § 1 Abs. 3 SperrzeitVO/Freischankflächen unberührt bleibt).

In den vergangenen Jahren führten verschiedene Veranstaltungen und Feste in der Fürther Innenstadt wegen erheblicher Lärmeinwirkungen zu Nachbarbeschwerden und Nachbarklagen, insbesondere im Bereich der G...straße. Der ... Grafflmarkt findet zweimal jährlich (jeweils im Frühjahr und Herbst eines Jahres) statt. Der Verkauf auf dem Grafflmarkt erfolgt jeweils freitags von 16.00 Uhr bis 22.00 Uhr und samstags von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Freitags findet im räumlichen Bereich des Grafflmarktes ab 16.00 Uhr – und auch über das Ende der Verkaufstätigkeit der „Graffler“ um 22.00 Uhr hinaus - bis 1.00 Uhr eine erheblich ausgeweitete Bewirtung v.a. auf den verdichteten und erweiterten Freischankflächen der anliegenden Gaststätten (ab 22.00 Uhr sog. „Nachtparty der Wirte“) statt. Aus Anlass des Herbstgrafflmarktes im September 2014 begehrten im Hinblick auf die von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr nachts stattfindende „Nachtparty der Wirte“ verschiedene Anwohner Eilrechtsschutz. Im Eilverfahren stellte das Verwaltungsgericht Ansbach die aufschiebende Wirkung einer noch zu erhebenden Klage gegen die den Gaststättenbetreibern erteilten Gestattungen insoweit wieder her, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr bezog (Beschluss vom 12.9.2014 – AN 4 S 14.01456 u.w.Az.). Die Beschwerde der Antragsgegnerin wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013) zurück.

Am 16. Juni 2015 erteilte das Straßenverkehrsamt der Antragsgegnerin, vertreten durch das Liegenschaftsamt, eine Erlaubnis gemäß § 29 Abs. 2 StVO für die Durchführung der Veranstaltung „Grafflmarkt“ vom 26. bis 27. Juni 2015. Anlässlich des Grafflmarkts erteilte die Antragsgegnerin den Beigeladenen jeweils mit Bescheid vom 11. Juni 2015 die Gestattung für einen vorübergehenden Gaststättenbetrieb als Schank- und Speisewirtschaft nach § 12 GastG für den Zeitraum vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr. Bei den Feldern „Fläche in Quadratmeter“ und „Anzahl der Sitze“ im Bescheidsvordruck wurden keine Eintragungen vorgenommen. Weiter heißt es im Bescheid, die Gestattung gilt für „… ..., G...straße (Eintragung der jeweiligen Hausnummer), verdichtete Freischankfläche vor der Gaststätte (Zusatz bei der „...“: „und im Hof“). Weiter enthält der Bescheid die Festlegung der auszuschenkenden Getränke, der abzugebenden zubereiteten Speisen sowie verschiedene Auflagen (Nrn. 1.1 bis 1.14). Dort ist u.a. ausgeführt:

„1.11 …. für die Freischankflächen wird der Beginn der Sperrzeit in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 auf 1.00 Uhr hinausgeschoben.

1.12 Das Verabreichen von Speisen und Getränken ist im gesamten Betrieb am 27. Juni 2015 um 0.30 Uhr einzustellen. Der Gaststättenbetrieb muss mit Eintritt der festgesetzten Sperrzeit vollständig beendet und abgewickelt sein. …..

1.14 Die Bewirtung von Stehgästen, Passanten sowie rauchenden Personen, die den Innenraum der Gaststätte verlassen, auf der Freischankfläche oder außerhalb der Freischankfläche ist vom 26. Juni 2015 16.00 Uhr bis 27. Juni 2015 0.30 Uhr zulässig.“

Unter Nr. 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Unter „Hinweise“ heißt es: „Die Ihnen vom Liegenschaftsamt der Stadt Fürth zugewiesene Gastrofläche und die Freischankfläche im Hof dürfen während der gesamten Betriebszeit (in der Nacht vom 26. auf 27.6.2015 bis 1.00 Uhr) über die genehmigte, unterjährig genutzte Freischankfläche hinaus, frei bestuhlt werden.“

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Grafflmarkt sei eine beliebte und im Bewusstsein der Bevölkerung tief verwurzelte Veranstaltung mit jahrzehntelanger Tradition. Der Grafflmarkt beginne freitags um 16.00 Uhr und ende um 22.00 Uhr. Samstags seien Beginn und Ende des Grafflmarkts um 7.00 Uhr bzw. 16.00 Uhr. Traditionell werde das Bewirtungsangebot erweitert, um damit dem Besucheransturm und den Erwartungen an ein ausreichendes Speisen- und Getränkeangebot gerecht zu werden. Zu diesem Zweck würden von der Veranstalterin, dem Markt- und Veranstaltungsservice der Antragsgegnerin, sogenannte „Gastroflächen“ ausgewiesen, auf denen die anliegenden Gaststätten bei Bedarf auch über ihre genehmigten unterjährig genutzten Freischankflächen hinaus bestuhlen und Getränkeausschankanlagen betreiben dürften. Der Beginn der Sperrzeit für die Gastroflächen sei zwischen 2003 und 2013 in den Nächten von Freitag auf Samstag auf 2.00 Uhr festgelegt gewesen. Traditionell hätten auf den Bühnen auf dem Marktplatz und auf dem ...platz Musikdarbietungen stattgefunden. Seit dem Inkrafttreten der Sperrzeitverordnung/ Innenräume im Jahr 2012 müssten sämtliche Gaststätten im Bereich des Veranstaltungsgeländes um 2.00 Uhr geschlossen sein (Ausnahme: Nachtbar des „...“ bis 4.00 Uhr). Nachdem seit dem Jahr 2010 einige Anwohner wegen unzumutbarer Lärmeinwirkungen bei einer Reihe von Veranstaltungen (Grafflmarkt, ...-Festival, Weinfest, Stadtfest, ...-Lauf, Metropol-Marathon) Klagen erhoben hatten, habe der Stadtrat in der Sitzung vom 10. Juni 2013 die Verwaltung beauftragt, für das nächste Jahr eine Neukonzeption der gesamten Veranstaltungen in der Altstadt unter Berücksichtigung des Lärmschutzes mit Beteiligung der Anwohner und Gastwirte zu erarbeiten. In der Sitzung vom 24. Juli 2013 habe der Stadtrat beschlossen, dass der Sperrzeitbeginn für den Betrieb der Freischankflächen zum Schutz der Anwohner anlässlich des Grafflmarktes in der Nacht von Freitag auf Samstag um eine Stunde auf 1.00 Uhr vorverlegt werden solle. In den gaststättenrechtlichen Gestattungen anlässlich des Grafflmarktes im September 2014 seien dieselben Bewirtungszeiträume festgelegt worden wie vorliegend. Auf die einstweiligen Rechtsschutz nachsuchenden Eilanträge von Anwohnern stellte das Verwaltungsgericht Ansbach (AN 4 S 14.01456 u.a.) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Gestattung her, soweit sich diese auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 19. September auf den 20. September 2014 bezog. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. September 2014 (22 CS 14.2013) zurückgewiesen. Dies habe zur Folge gehabt, dass die vier betroffenen Gaststättenbetreiber am Abend des 19. September 2014 die Bestuhlung der Freischankflächen nur bis 22.00 Uhr hätten verdichten dürfen. Bis 23.00 Uhr sei anschließend der reguläre Freischankflächenbetrieb zulässig gewesen. Die übrigen Gaststättenbetreiber hätten die Freischankflächen bis 1.00 Uhr betreiben dürfen. Rechtsgrundlage der Gestattung sei § 12 GastG.

Zur Beurteilung des Veranstaltungslärms ziehe die Antragsgegnerin die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI-Hinweise), Stand 6. März 2015, gemäß dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15. Mai 2015 heran. Mit Hilfe einer Prognoserechnung (worst case) der Antragsgegnerin seien folgende Beurteilungspegel für Freitag und Samstag errechnet worden:

Während der Veranstaltung komme es im Bereich der G...straße (keine Musikbeschallung, nur Kommunikationsgeräusche) zu Maximalpegeln an den nächstliegenden Immissionsorten von 72 dB(A) in der Tagzeit (8.00 Uhr bis 20.00 Uhr), 74 dB(A) in der Ruhezeit (20.00 Uhr bis 24.00 Uhr) und von ebenfalls 74 dB(A) in der Nachtzeit (24.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Da die Grenzwerte für „seltene Ereignisse“ von tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A) auf Grund der Menschenmenge auf dem Grafflmarktgelände möglicherweise nicht eingehalten werden können, werde eine Sonderfallbeurteilung nach Nr. 4.4 der LAI-Hinweise durchgeführt und der Beginn der Nachtzeit gemäß Nr. 4.4.2 der LAI-Hinweise um zwei Stunden auf 24.00 Uhr verschoben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Nachtzeitverschiebung an einem Freitag, also vor einem Wochenende, stattfinde und ein Großteil der Bevölkerung ausschlafen könne. Da es sich beim Grafflmarkt um eine ganz herausragende und bedeutsame Veranstaltung mit größter Wertschätzung und Akzeptanz in der Bevölkerung handele, könne gemäß Nr. 4.4 der LAI-Hinweise in diesem ganz besonderen Ausnahmefall von den Immissionsrichtwerten abgewichen werden. Die Überschreitung der Immissionsrichtwerte für „seltene Ereignisse“ erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Anwohnerschutzes gerade noch zumutbar, zumal es sich um eine, was die Häufigkeit und Dauer betrifft, kurze Veranstaltung (lediglich ein Tag im Sinne der LAI-Hinweise) ohne Musikdarbietungen, abgesehen von den Musikdarbietungen auf dem Marktplatz (Ende 22.00 Uhr) handele. Im Übrigen stehe für den Grafflmarkt als sehr seltenes Ereignis kein gleichwertiger Ersatzstandort zur Verfügung, da diese Veranstaltung nach ihrer Tradition und ihrem unverwechselbaren Flair in die Altstadt gehöre. Eine Verlegung auf einen Ersatzstandort sei undenkbar und würde das Ende dieser Veranstaltung bedeuten.

Die Sperrzeit für Freischankflächen habe trotz Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. September 2014 bezüglich des Grafflmarktes im Herbst 2014 auf 1.00 Uhr festgesetzt werden können. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass es sich bei der länger andauernden Bewirtung anlässlich des Grafflmarktes nicht um ein (sehr seltenes Ereignis) handele, da in der G...straße Veranstaltungen mit einer ähnlich hohen Lärmbelastung der Anwohner in großer Zahl und engen zeitlichen Abständen stattfänden. Im Jahr 2015 lägen die Voraussetzungen zur Einordnung des Grafflmarktes als „sehr seltenes Ereignis“ jedoch vor. Die Ausgangssituation habe sich dahingehend wesentlich geändert, dass im Gegensatz zum Vorjahr Veranstaltungen wie z.B. das Weinfest nicht mehr stattfänden und beispielsweise beim Fürth-Festival, dem Höfefest, den Stadtverführungen, dem Tag des Offenen Denkmals und den verkaufsoffenen Sonntagen in der G...straße nur noch Regelbetrieb zugelassen werde, also keine Erweiterung der Freischankflächen und keine Sperrzeitverkürzung. Im Jahr 2014 fänden in der G...straße somit nur an zwei Abenden (seltene Ereignisse) mit Sperrzeitbeginn für die Freischankflächen nach 23.00 Uhr statt: beim Grafflmarkt im Juni und im September jeweils in der Nacht von Freitag auf Samstag. Es werde somit deutlich, dass bei einem Grafflmarkt im Juni und einem im September keine große Zahl an Veranstaltungen in engem zeitlichen Abstand mehr vorliege und die Grafflmärkte als „sehr seltene Ereignisse“ einzuordnen seien. Insofern sei hier auch die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anzuwenden, wonach bei Veranstaltungen, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukomme - was auf den seit den 70er Jahren stattfindenden Grafflmarkt zuträfe - auch die Einhaltung der für seltene Ereignisse geltenden Lärmgrenz- oder –richtwerte nicht verlangt werden könne. Die Außenbewirtung bis 1.00 Uhr könne unter Beachtung der oben genannten Rahmenbedingungen zugelassen werden, zumal der Anwohnerschutz nicht nur beim Grafflmarkt, sondern bei allen Veranstaltungen im Umfeld der G...straße deutlich verbessert worden sei. Auch die Maßnahme der Verlegung des Sperrzeitbeginns für die Gaststätteninnenräume auf 1.00 Uhr stelle sicher, dass nicht erneut um 2.00 Uhr (dem Beginn der sonst wirksamen Sperrzeitregelung) mit Lärm von abwandernden Gaststättenbesuchern zu rechnen sei. Diese wichtige Maßnahme diene dem Schutz der Anwohner.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) erfolge im öffentlichen Interesse, um die von der Antragsgegnerin gewünschte und geplante Abwicklung des Grafflmarktes zu gewährleisten und die Planungen des Veranstalters sowie von Besuchern und Gastwirten nicht kurz vor Veranstaltungsbeginn noch zu gefährden. Insbesondere wäre eine kurzfristige Einschränkung oder Veränderung der Veranstaltung gegenüber ein auf die üblichen zeitlichen Abläufe eingestellte Besuchermenge dieser gegenüber nicht in einer Weise verständlich zu machen, dass gegenüber einer ungehinderten Durchführung der vorgesehenen Bewirtschaftung eine merkliche Lärmreduzierung zu erreichen wäre. Da die Veranstaltung in Kürze stattfinde, könne nicht bis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache zugewartet werden.

Mit einem am 15. Juni 2015 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz erhob der Antragsteller Klage gegen die den Beigeladenen erteilten gaststättenrechtlichen Gestattungen mit dem Ziel, die Durchführung der Veranstaltung nach dem Grafflmarkt – „Nachtparty der Wirte“ – für die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26./ 27. Juni 2015 wegen der „extremen Lärmimmissionen“ zu unterbinden.

Zugleich begehrte der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz und trug zur Begründung im Wesentlichen vor, die „Nachtparty der Wirte“ nach dem Grafflmarkt ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr biete der Gastronomie freie Bestuhlung in den zu den Kneipen angebundenen Freischankflächen, die neben der herkömmlichen Fläche auch massiv erweitert würden und unbegrenzten Ausschank in die Straße erlauben würden. Erst nach dem Schließen der Verkaufsstände erfolge verstärkt in der G...straße der Alkoholausschank. Die Antragsgegnerin räume in den Gründen ihres Bescheids selbst ein, dass der Grafflmarkt um 22.00 Uhr ende. Somit sei das Veranstaltungsende dieses „sehr seltenen Ereignisses“ um 22.00 Uhr. Diese Veranstaltung werde von den Anwohnern bis 22.00 Uhr trotz der erheblichen Immissionsbelastung über den Grenzwerten mitgetragen. Die „Nachtparty der Wirte“ sei keine Traditionsveranstaltung und erst seit wenigen Jahren (2003) überhaupt etabliert. Die „Nachtparty der Wirte“ mit einer von der Antragsgegnerin unter Nr. II des Bescheids prognostizierten Immissionsbelastung von 74 bis 82 dB(A) nachts sei rechtlich unzulässig. Es liege bis 1.00 Uhr eine massive Überschreitung der nachts zulässigen Immissionswerte vor. Weiter sei mit einem Lärmnachlauf bis mindestens 3.00 Uhr zu rechnen. Der Beginn des Grafflmarktes sei am darauffolgenden Samstag ab 6.00 Uhr genehmigt. Somit sei eine maximale Nachtruhe von drei Stunden zu erwarten. Die aktuelle Freizeitlärmrichtlinie könne für die „Nachtparty der Wirte“ keine Anwendung finden (vgl. Beschluss des BayVGH vom 17.9.2014, Az. 22 CS 14.2013). Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen unter Nr. 4.4.2 der Freizeitlärmrichtlinie nicht vor. Bei der „Nachtparty der Wirte“ handele es sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht um ein „sehr seltenes Ereignis“. Es fänden weiter eine Reihe von Veranstaltungen statt, die zu einer Überschreitung der Immissionsgrenzwerte in der Nachtzeit führen würden. Aus der als Anlage beigefügten Aufstellung sei ersichtlich, dass bei acht Tagen/Nächten seltene Ereignisse und neun Tagen/Nächten sehr seltene Ereignisse die maximal zulässigen Lärmgrenzen zum Teil massiv überschritten werden. Die Antragsgegnerin müsse im Übrigen Auflagen festsetzen, die geeignet seien, die auf die Nachbarschaft einwirkenden Lärmbelästigungen auf ein zumutbares Maß zu reduzieren.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung seiner Klagen gegen die Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 insoweit wieder herzustellen, als sich die Gestattung auf die Zeit ab 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr in der Nacht vom 26. Juni 2015 auf den 27. Juni 2015 bezieht.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, es werde darauf hingewiesen, dass der Grafflmarkt am 26. Juni 2015 nicht, wie vom Antragsteller behauptet, um 22.00 Uhr ende, sondern lediglich der Warenverkauf als Teil der Veranstaltung. Eine Bewirtung der Freischankflächen bis 1.00 Uhr sei entgegen der Auffassung des Antragstellers auch nicht mit Lärmimmissionen bis 3.00 Uhr verbunden (vgl. beiliegendes Datenblatt zur Lärmmessung 2013, wonach der Halbstundenmittelungspegel ab 2.00 Uhr (Sperrzeitbeginn) nachts rapide auf unter 50 dB(A) gesunken sei). Der Antragsteller verkenne weiter, dass die inzwischen in Bayern eingeführten LAI-Hinweise für „Freizeitveranstaltungen“ im vorliegenden Fall einschlägig seien. Die Verschiebung der Nachtzeit auf 24.00 Uhr sei somit möglich. Zum Kriterium der Unvermeidbarkeit des Lärms werde darauf hingewiesen, dass der Lärmpegel unvermeidbar sei, da kein technischer Lärm, sondern überwiegend verhaltensbezogener Lärm der Gäste vorliege und der Grafflmarkt untrennbar mit dem Altstadtflair verknüpft sei. Die unter dem Kriterium „Zumutbarkeit“ geforderten Punkte seien alle eingehalten. Es handele sich um eine Sollvorschrift, wonach Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr vermieden werden sollten. Da nur an einem einzigen Tag in einem Jahr und nur für eine einzige Stunde auf Grund einer Veranstaltung der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) überschritten werde, könne nach Abwägung aller Interessen von der Zumutbarkeit der Lärmimmissionen ausgegangen werden. Die Veranstaltungssituation in der G...straße habe sich in 2015 im Vergleich zu 2014 deutlich geändert. Als einzige Veranstaltung mit echtem „Nachtbetrieb“ bleibe demnach nur noch der „Juni-Grafflmarkt“ (Freitagabend bis 1.00 Uhr), da alle anderen Veranstaltungen (auch der Herbst-Grafflmarkt) spätestens um 24.00 Uhr beendet sein werden. Das Hinausschieben des Beginns der Nachtzeit um zwei Stunden (auf 24.00 Uhr) sei entsprechend der inzwischen in Bayern eingeführten Freizeitlärmrichtlinie im vorliegenden Fall zulässig und vertretbar. Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin weiter auf einen Schriftsatz an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 11. Juni 2015 (Az. 22 BV 13.1686), in dem u.a. zur geplanten Änderung des Bebauungsplans folgendes ausgeführt wurde:

Der Stadtrat habe in seiner Sitzung vom 24. September 2014 beschlossen, das Änderungsverfahren einzuleiten, die Zielsetzung des Bebauungsplans ... solle dahingehend konkretisiert werden, dass „die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt, die planungsrechtlichen Restriktionen gegenüber Vergnügungsstätten im Geltungsbereich erhalten bleiben sollen.“ Der Aufstellungsbeschluss sei am 22. Oktober 2014 im Amtsblatt bekanntgemacht worden. Das Verfahren sei nun – nachdem die Mediationsbemühungen gescheitert seien – wieder aufgenommen worden. Die im Bebauungsplan genannte Ausnahme, wonach „bestehende Betriebe Bestandsschutz genießen“ sei im hiesigen Verfahren von einigem Gewicht, denn fast alle Gaststätten, deren Inhaber beigeladen sind, fielen unter diesen Bestandsschutz. Die Bestandsschutzgaststätten hätten daher einen erheblichen, wenn nicht gar prägenden Anteil an der Nutzung, die der Bebauungsplan ... regeln wollte. Besonders in unmittelbarer Nähe des Anwesens des Antragstellers hätten die Gaststätten die Situation, in der sich das Grundeigentum des Antragstellers befinde, geprägt und diese Prägung bestehe trotz des Bebauungsplans ... heute fort. Der über die Regelungen der BauNVO „signifikant“ hinausgehende Anwohnerschutz, der dem Bebauungsplan ... zugeschrieben werde, könne sich daher nicht auf die Gaststätten der Beigeladenen (sog. Traditionsgaststätten) beziehen. Beide Elemente – Wohnbevölkerung und Traditionsgaststätten – hätten die G...straße in ihrer Entwicklung der letzten 20 Jahre geprägt.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klagen gerichteten Anträge des Antragstellers gemäß § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO gegen die sofort vollziehbar erklärten Bescheide der Antragsgegnerin vom 11. Juni 2015 sind zulässig und begründet.

1.

Ziel der Anträge ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes insoweit, als die Antragsgegnerin mit ihren Bescheiden vom 11. Juni 2015 in der Nacht vom 26. Juni 2015 über 22.00 Uhr hinaus bis 27. Juni 2015 1.00 Uhr eine Gestattung nach § 12 GastG sowie Sperrzeitverkürzungen für die Freischankflächen erteilt hat. Nicht Antragsgegenstand und auch nicht Gegenstand dieser Entscheidung ist der den beigeladenen Gaststättenbetreibern im Rahmen ihrer jeweiligen Gaststättenerlaubnis bzw. Baugenehmigung genehmigte Betrieb der dort festgelegten Freischankflächen (Umfang/Plätze und Öffnungszeiten).

2.

Die zulässigen Anträge sind auch begründet.

Bei den gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten gaststättenrechtlichen Gestattungen (§ 12 GastG) handelt es sich um Verwaltungsakte mit Doppelwirkung, durch die ein Dreiecksverhältnis entsteht: Von den Rechtswirkungen der Genehmigung werden die erlassende Behörde, die begünstigten Beigeladenen und die von der Genehmigung betroffenen Nachbarn erfasst. Da die Antragsgegnerin die Bescheide gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt hat, hat das Gericht zunächst die formelle und materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung zu überprüfen und bei einem entsprechenden Mangel die aufschiebende Wirkung herzustellen. Sofern die Überprüfung der Anordnung der sofortigen Vollziehung keine Fehler ergibt, hat das Gericht auf Grund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene – originäre – Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu treffen (Kopp, VwGO, 17. Aufl., 2011, § 80 Rn. 146). Es hat zu entscheiden, ob das Interesse an einem sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts oder das gegenläufige Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung höher zu bewerten ist. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ein wesentliches, aber nicht stets das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, so wird allerdings regelmäßig nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2011 - 14 CS 11.535 – juris).

3.

Die Begründung des Sofortvollzugs der streitgegenständlichen Gestattungen gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO war ordnungsgemäß. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts. Die Vollziehungsanordnung ist grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung zu versehen. Zweck der Begründung ist dabei, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, ihre Rechte wirksam wahrzunehmen und die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels abzuschätzen (Kopp, VwGO, § 80 Rn. 84). Aus der Eigenschaft als formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Erwägungen der Behörde auch inhaltlich im Sinne des objektiven Rechts und der Interessen der Beteiligten vollständig zutreffend sind. Dies ist erst bei der umfassenden vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO zu prüfen. Die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO dürfen nicht überspannt werden (OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 3.4.2012 - 1 B 10136712 – juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung v.a. damit begründet, dass die planmäßige Abwicklung des Grafflmarktes gewährleistet werden soll sowie die Planungen der Gastwirte, des Veranstalters und der Gäste nicht gefährdet werden sollen. Diese Begründung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.

4.

Nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung werden die Klagen des Antragstellers nach derzeitigem Sachstand voraussichtlich Erfolg haben. Die im Hauptsacheverfahren streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in nachbarschützenden Rechten.

Die Geräuschbelastung, die als Folge der verfahrensgegenständlichen Bescheide in der Nacht vom 26. auf 27. Juni 2015 von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwarten ist – Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) entsprechend der Prognose der Antragsgegnerin – ist unter Würdigung aller Umstände für den Antragsteller nicht zumutbar (4.1). Unabhängig davon sind die Bescheide in nachbarrechtlich relevanter Weise nicht hinreichend bestimmt, da für die Nachbarn aus der erteilten Gestattung Gegenstand und Umfang der zu erwartenden Geräuschbelastung nicht eindeutig festgestellt werden kann und zudem verbindliche Bestimmungen dazu fehlen, welche Werte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen (4.2).

4.1

Der den Beigeladenen gemäß § 12 GastG gestattete Betrieb von Freischankflächen mit prognostiziertem Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) nach 22.00 Uhr ist unzulässig und nachbarrechtsverletzend.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – hierzu gehören sowohl Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen als auch sonstige Flächen, auf denen durch eine Gestattung im Sinn von § 12 GastG eine von § 1 GastG erfasste Betätigung zugelassen wird – so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, verhindert werden. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG wiederholen und bekräftigen dieses Gebot. Wie sich u.a. aus der Erwähnung der „Nachbarschaft“ in § 3 Abs. 1 BImSchG ergibt, besteht das Erfordernis, schädliche Umwelteinwirkungen zu vermeiden nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, sondern auch betroffener Einzelpersonen. Die vorstehend aufgeführten Normen besitzen deshalb drittschützenden Charakter (BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 4).

4.1.1

Die Zumutbarkeit der vom Antragsteller als Grundstückseigentümer hinzunehmenden Immissionen bestimmt sich in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung. Vorliegend ist daher die Festsetzung im Bebauungsplan ... als Mischgebiet maßgeblich.

So führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2014 – Az. 22 CS 14.2013 (juris Rn. 5) - die aus Anlass der Bewirtungsveranstaltung im Anschluss an den Herbstgrafflmarkt 2014 erging, aus:

„Unter welchen Voraussetzungen Umwelteinwirkungen, die in § 3 Abs. 1 BImSchG vorausgesetzte Schwelle der „erheblichen“ Nachteile bzw. der „erheblichen“ Belästigungen erreichen, lässt sich – soweit andere Rechtsgüter als die menschliche Gesundheit in Frage stehen – nicht anhand eines generell – abstrakten Maßstabs beurteilen. Ausschlaggebend kommt es vielmehr darauf an, ob die fraglichen Immissionen dem Betroffenen unter Würdigung aller Umstände zumutbar sind (vgl. z.B. Jarras, BImSchG, 9. Aufl. 2012, § 3 Rn. 47 m.w.N.). Namentlich in den Fällen, in denen die Rechtsverletzung des Betroffenen nur aus dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) hergeleitet werden kann, bestimmt sich die Zumutbarkeit in wesentlicher Hinsicht nach der Lage des beeinträchtigten Objekts bzw. der dort ausgeübten Nutzung; die Art des Gebiets, in dem sich die Liegenschaft des Rechtsschutzsuchenden befindet bzw. eine grundstücksbezogene Nutzung ausgeübt wird, bestimmt maßgeblich den Grad der zuzubilligenden Schutzwürdigkeit (vgl. z.B. Jarras, a.a.O., Rn. 55 ff. m.w.N.).

Erhebliche Bedeutung kommt vor diesem Hintergrund der Tatsache zu, dass die Anwesen des Antragstellers im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen, der sich ausdrücklich dem Schutz der dort ausgeübten Wohnnutzungen zum Ziel setzt. Es handelt sich gerade nicht um ein Kerngebiet im Sinne von § 7 BauNVO. Der nach Lage der Akten seit dem 19. Februar 1988 rechtskräftige, mit Wirkung ab dem 8. Februar 1997 geänderte Bebauungsplan Nr. 001 der Antragsgegnerin setzt für das fragliche Gebiet grundsätzlich ein Mischgebiet fest. Solche Gebiete dienen nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung solcher Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Einen über dieses Maß signifikant hinausgehenden Schutz erfahren Wohnnutzungen durch den Bebauungsplan Nr. 001 dadurch, dass er – abweichend von § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO – Vergnügungsstätten generell für unzulässig erklärt und entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO auch erlaubnispflichtige Schank- und Speisewirtschaften (eingeschränkt nur durch eine Bestandsschutzklausel zu Gunsten vorhandener Betriebe) nicht zulässt. Erweiterungen bestandsgeschützter Gaststätten sind nach den textlichen Festsetzungen dieses Bebauungsplans nur ausnahmsweise u.a. nur dann zulässig, wenn die „Wohnnutzung …. in der Nachbarschaft nicht gestört wird“ (BayVGH, a.a.O., juris Rn. 6).

Die Antragsgegnerin hat zwar zum Bebauungsplan vorgetragen, zwischenzeitlich ein Änderungsverfahren mit der Konkretisierung der Zielsetzung des Bebauungsplans dahingehend eingeleitet zu haben (öffentlich bekanntgemachter Aufstellungsbeschluss am 22.10.2014), dass die planungsrechtlichen Restriktionen für Schank- und Speisewirtschaften im Geltungsbereich beseitigt werden sollen. In diesem frühen Verfahrensstadium kann eine geplante Änderung jedoch noch keinen Einfluss auf den Gebietscharakter, der für das Kriterium der Zumutbarkeit eine entscheidende Rolle spielt, nehmen. Die Antragsgegnerin wird vielmehr erst im Rahmen des Änderungsverfahrens des Bebauungsplans u.a. nach Öffentlichkeitsbeteiligung die öffentlichen und die privaten Belange von Gastwirten und Anwohnern gegeneinander abzuwägen haben.

Zum anderen kommt es im vorliegenden Fall nicht auf den Vortrag der Antragsgegnerin an, dass wegen der fast umfassend vom Bestandsschutz erfassten Gaststättennutzungen die Situation in der G...straße in den letzten 20 Jahren sowohl von Traditionsgaststätten als auch von Wohnbevölkerung geprägt sei, denn gerade die Zulässigkeit der Erweiterung bestandsgeschützter Gaststätten ist schon nach den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans nur zulässig, wenn die Wohnnutzungen der Nachbarschaft nicht gestört wird. Dass die geräuschbezogenen Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Gestattungen eine solche Störung darstellen, die zudem erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG und unzumutbar im Sinn der vorstehend dargestellten Kriterien ist, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die erst seit dem Jahr 2003 stattfindenden „Nachtparty der Wirte“ mit dem erheblich erweiterten Freischankflächenbetrieb ist jedenfalls keine unter Bestandsschutzkriterien zu beurteilende Veranstaltung.

Im Übrigen gilt als dem Antragsteller zustehendes Schutzniveau jedenfalls die Gebietsfestsetzung als Mischgebiet. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Für die Wohnnutzung sind Störungen und Belästigungen insbesondere dann nicht mischgebietsverträglich, wenn sie sich bis in die Freizeit, vor allem in die Zeit der Nachtruhe hinein erstrecken. Die Mindestanforderung an den Grad der Wohnruhe im Mischgebiet ist die Gewährleistung eines ungestörten Feierabends und einer auskömmlichen Nachtruhe (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB, 115. Erg.L. 2014, § 6 BauNVO Rn. 11).

4.1.2

Da die verschiedenen Regelwerke zum Schutz gegen Lärm auf die vorliegende Fallgestaltung keine direkte Anwendung finden können (vgl. 4.1.2.1 bis 4.1.2.3), ergibt eine im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Betrachtungsweise vorzunehmende Abwägung aller Umstände folgendes:

Die Lärmbelastung angesichts des von der Antragsgegnerin selbst prognostizierten Beurteilungspegels von bis zu 74 dB(A) während der Nachtzeit von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr ist derart hoch, dass sie das Maß dessen, was den Betroffenen in dem konkreten Gebiet (Mischgebiet) zugemutet werden darf, auch bei Gestattungen aus besonderem Anlass überschreitet. Bei Veranstaltungen nach § 12 GastG kann der davon ausgehende Lärm wegen der Seltenheit und ggf. Sozialverträglichkeit in größerem Maß zumutbar sein als sonstiger Gaststättenlärm. Die Schädlichkeitsgrenze ist nicht nach einem festen und einheitlichen Maßstab, sondern vielmehr auf Grund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall zu bestimmen. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets (BayVGH, B.v. 22.11.2005 - 22 ZB 05.2679 – juris).

Alle Regelwerke (siehe unten) gehen selbst innerhalb von Mischgebieten, in denen die Wohnnutzung nicht – wie hier - als besonders schutzbedürftig ausgestaltet wurde, davon aus, dass das Maß der während der Nachtzeit hinzunehmenden Lärmfracht auf einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) beschränkt ist, bei seltenen Ereignissen auf 55 dB(A). In einem Mischgebiet, in dem gaststättenrechtliche Nutzungen grundsätzlich nur noch in dem beim Inkrafttreten des einschlägigen Bebauungsplans bestehenden Umfang zulässig sind, und in dem Erweiterungen dieser Nutzungen von der Voraussetzung der unterbleibenden Störung der Wohnnutzung abhängig gemacht werden, sind nächtliche Beurteilungspegel von bis zu 74 dB(A) ab 22.00 Uhr auch bei besonderen Anlässen nicht mehr von der Duldungspflicht der Nachbarschaft umfasst. Insbesondere sind die Anlieger der G...straße auf Grund der dort vorhandenen Gaststätten einschließlich ihrer Freischankflächen fortwährend Geräuschbelastungen (auch in der Nachtzeit bis 23.00 Uhr – Sperrzeitverordnung/Freischankflächen) ausgesetzt, ebenso wie bei zahlreichen Veranstaltungen im Bereich der G...straße, so z.B. die erheblichen Geräuschbelastungen tagsüber an den Grafflmarkt-Tagen wie auch bei weiteren Veranstaltungen.

4.1.2.1

Zur Anwendbarkeit der TA-Lärm vom 26. August 1998 (GMBL S. 503) führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2014, a.a.O. (Rn. 8) folgendes aus:

„Eine unmodifizierte Anwendung der TA-Lärm verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil § 12 Abs. 1 GastG den Betrieb erlaubnisbedürftiger Gaststätten „unter erleichterten Voraussetzungen“ zulässt. Ob die hier von der Antragsgegnerin erteilte Gestattung nach § 12 GastG auch einer Person erteilt werden kann, die Inhaberin einer Erlaubnis nach § 2 GastG ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls haben die dann zu beachtenden „erleichterten Voraussetzungen“ zur Folge, dass bei der Bestimmung der Erheblichkeit- bzw. Zumutbarkeitsschwelle die Seltenheit des Anlasses und seine Besonderheit, d.h. seine Bewertung unter den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind (BayVGH, U.v. 22.10.1998 – 22 B 98.602 – juris; BGH; U.v. 26.9.2003

– VZR 41-03 – UPR 2004, 31/32). Hinzu kommt, dass die Nr. 1 Satz 2 Buchst. b der TA-Lärm Freiluftgaststätten ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich dieses Regelwerks ausnimmt (so auch BVerwG, B.v. 3.8.2010 – 4 B 9.10 – BRs 76 [2010] Nr. 188). Diese Bestimmung zielt gerade darauf ab, die Zumutbarkeitsschwelle unter dem Gesichtspunkt der sozialen Bedeutung von Freiluftgaststätten und der örtlichen bzw. regionalen Herkömmlichkeit solcher Anlagen gegebenenfalls anheben zu können (vgl. BR-Drs. 254/98, S. 47). Auf Grund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. August 2010 (a.a.O., Rn. 4) spricht viel dafür, dass der Nr. 1 Satz 2 Buchst. b der TA-Lärm nicht nur „reine“ Freiluftgaststätten (d.h. solche gastronomische Betätigungen, die ohne Anbindung an eine in geschlossenen Räumen betriebene Gaststätten stattfinden), sondern auch Freischankflächen unterfallen, die einen Annex zu einem in einem Gebäude liegenden Lokal bilden.“

Wenn die TA-Lärm nach alledem auch nicht unmittelbar kraft Gesetzes anwendbar ist, so lassen sich daraus doch folgende Anhaltspunkte gewinnen:

Der für ein Mischgebiet zu beachtende Richtwert (Nr. 6.1 TA-Lärm) beträgt in der Nachtzeit (nach Nr. 6.4 Satz 1 TA-Lärm: von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) 45 dB(A), zur Tagzeit (von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) 60 dB(A) und erhöht sich, wie noch auszuführen ist, in Fällen seltener Ereignisse.

Nach den Lärmprognosen der Antragsgegnerin ist bei einem Betrieb der Beigeladenen entsprechend der angegriffenen Bescheide an den nächstliegenden Immissionsorten von einem Beurteilungspegel in der Nachtzeit von 74 dB(A) auszugehen (22.00 Uhr bis 1.00 Uhr). Diese Werte sind, entsprechend den Ausführungen der Antragsgegnerin in den beigezogenen Akten – den Besuchern der Freischankflächen zuzurechnen, da sich im Bereich der G...straße nur wenige „Graffler“ befinden, soweit diese ohnehin nicht bereits wegen des Grafflmarktendes um 22.00 Uhr zu vernachlässigen sind. Für die TA-Lärm, die in Nr. 6.8 für die Ermittlung der Geräuschimmissionen auf den Anhang verweist, ergibt sich, dass sie eine Ermittlung nicht nur durch Messung (Abschnitt A3), sondern auch durch Prognose zulässt (Abschnitt A2; vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 11.9.2012 – 6 S 947/12 – juris). Jedenfalls geht auch die TA-Lärm davon aus, dass Erfahrungswerte grundsätzlich geeignet sind, eine Prognose der Geräuschimmissionen zu erstellen. Nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Antragsgegnerin wäre messtechnisch eine Unterscheidung nach Freischankflächenlärm bzw. sonstigem Lärm durch Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht möglich. Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte sind nicht ersichtlich.

Dass die Berechnungen der Antragsgegnerin die Realität hinreichend genau abbilden, ergibt sich auch daraus, dass nach der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 26. Juni 2014 (in den beigezogenen Verfahren AN 4 K 14.01059/01060/01061) kontinuierliche Messungen im vergangenen Jahr Beurteilungspegel nachts von bis zu 76 dB(A) ergeben haben. Zugleich zeigen diese Messungen, dass der Beurteilungspegel ab 3.00 Uhr, eine Stunde nach Beginn der Innensperrzeit, nur noch Werte von etwa 47 dB(A) bis 42 dB(A) aufweist, wobei sich nach Einschätzung der Antragsgegnerin vor allem um die Immissionsgrundbelastung handelt, die damit in etwa dem Richtwert der TA-Lärm von 45 dB(A) nachts für Mischgebiete entspricht. Die darüber hinausgehenden Beurteilungspegel werden daher im Wesentlichen durch den Lärm der Freischankflächen verursacht, von denen – wie die Antragsgegnerin dargelegt hat - messtechnisch der Lärm durch etwaige Menschenansammlungen außerhalb der Freischankflächen nicht zu trennen ist.

Auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach im Rahmen der erleichterten Voraussetzungen des § 12 GastG die für Lärmimmissionen geltenden Regelwerke nur Anhaltspunkte geben, folgt kein zweckentsprechender Gebrauch des Ermessens durch die Antragsgegnerin. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass anlässlich von Festen, die auf allgemeine Akzeptanz stoßen und von kommunaler Bedeutung sind, höhere Werte als die sonst geltenden Immissionsrichtwerte zulässig sind, hierfür können die für seltene Ereignisse geltenden Richtwerte Anhaltspunkte geben.

Die von der Antragsgegnerin prognostizierten Werte übertreffen aber mit einem Wert von nachts 74 dB(A) auch die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm für seltene Ereignisse (Nr. 7.2 TA-Lärm) für nachts (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, vgl. Nr. 6.4 TA-Lärm) von 55 dB(A) nach Nr. 6.3 TA-Lärm erheblich.

4.1.2.2

Nicht einschlägig ist weiter die Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV), da die Tatbestandsmerkmale des § 1 dieser Verordnung, aus denen sich ihr Anwendungsbereich ergibt, offensichtlich nicht erfüllt sind. Da der Verordnungsgeber den Lärm, der von sonstigen Freizeitbetätigungen ausgeht, nicht ebenso privilegiert hat, wie das hinsichtlich des Sports geschehen ist, ist für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Sportanlagenlärmschutzverordnung kein Raum (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a.a.O. – juris RdNr. 9).

4.1.2.3

Ebenfalls nicht einschlägig ist die vom Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) im Mai 1995 als Musterverwaltungsvorschrift verabschiedete sogenannte „Freizeitlärmrichtlinie“, da sie sich ausweislich ihres Abschnitts 1 für Gaststätten ausdrücklich keine Geltung beimisst (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014, a.a.O. – juris Rn. 10).

Die Freizeitlärmrichtlinie, auf die sich die Antragsgegnerin beruft, wurde mit Stand vom 6. März 2015 neu gefasst, insbesondere enthält die neue Fassung im Abschnitt 4.4 Empfehlungen zur „Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz“, die regelmäßig für Volksfeste einschlägig sind. Die Freizeitlärmrichtlinie enthält diesbezüglich Hinweise zur Prüfung der Unvermeidbarkeit und Zumutbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2).

Selbst wenn man vorliegend die Freizeitlärmrichtlinie als Orientierungshilfe im Sinne eines groben Anhalts unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles heranzieht, sind die von der Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ und der Freischanktätigkeit der Beigeladenen im Zeitraum von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr zu erwartenden Lärmimmissionen für die Nachbarschaft unzumutbar.

Nach Nr. 4.4 der Freizeitlärmrichtlinie kann bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz eine Sonderfallbeurteilung durchgeführt werden, die eine Abweichung von den in Nrn. 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerten erlaubt. Nr. 4.1Buchst. c geht in Mischgebieten von einem Immissionsrichtwert nachts von 45 dB(A) aus.

Die „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) ist weder eine seltene Veranstaltung in diesem Sinne, noch zeichnet sie sich durch eine besondere Standortgebundenheit, oder durch eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz aus.

In dieser Hinsicht ist zwischen der Veranstaltung „Grafflmarkt“ und der nach Ende des Grafflmarkts fortgesetzten „Nachtparty der Wirte“ (ab 22.00 Uhr) zu unterscheiden. Dem seit den 70er Jahren bestehenden Grafflmarkt mag zwar eine besondere soziale Adäquanz und Akzeptanz zukommen, er ist aber durch die typische Verkaufstätigkeit gekennzeichnet, die um 22.00 Uhr endet (siehe auch Bescheidsgründe unter I). Die seit dem Jahr 2003 stattfindende „Nachtparty der Wirte“, die insbesondere durch einen erheblich erweiterten Freiflächenausschank der im Bereich des Grafflmarktes liegenden Wirte gekennzeichnet ist, findet von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr statt und ist jedenfalls für den Zeitraum ab dem Ende der Verkaufstätigkeit des Grafflmarktes (also ab 22.00 Uhr) als eigenständige und einen vom Grafflmarkt unabhängigen Zweck verfolgende Veranstaltung zu bewerten. Einem typischen Floh- oder Trempelmarkt wie dem „Grafflmarkt“ ist es insbesondere nicht immanent, dass im Anschluss an die Verkaufstätigkeit ein umfangreiches Bewirtungsangebot für die Besucherströme zur Verfügung steht, so dass der Grafflmarkt selbst nicht unter den Gesichtspunkten Adäquanz und Akzeptanz in diesem Zusammenhang zu bewerten ist, sondern ausschließlich die anschließende Bewirtungsveranstaltung der „Nachtparty der Wirte“. In Anbetracht der unter Nr. 4.4.1 der Freizeitlärmrichtlinie aufgezählten Beispiele von Veranstaltungen mit erheblicher Bedeutung, ist ersichtlich, dass der ... „Wirteparty“ unter diesem Blickwinkel (Tradition, kommunale Bedeutung etc.) weder Standortgebundenheit noch eine besondere soziale Akzeptanz und Adäquanz kommt.

Wegen der Veranstaltungshäufigkeit von zweimal jährlich liegt bereits keine seltene Veranstaltung im Sinne der Nr. 4.4 der Richtlinie vor.

Darüber hinaus fehlt es vorliegend auch an den unter „Zumutbarkeit“(Nr. 4.4. der Richtlinie) geregelten Voraussetzungen:

Nach den dort genannten Kriterien unter „Zumutbarkeit“ ist für den Fall, dass bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, deren Zumutbarkeit explizit zu begründen (a). Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24.00 Uhr sollten vermieden werden (b). In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein (c).

Vorliegend wird der Beurteilungspegel nachts von 55 dB(A) mit einem zu erwartenden Immissionsrichtwert von 74 dB(A) erheblich überschritten. Bereits diese erhebliche Überschreitung wurde von der Antragsgegnerin nicht ihrem Gewicht und den erheblichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft im Mischgebiet entsprechend in die „Zumutbarkeitsprüfung“ einbezogen. Darüber hinaus wird die weitere zu beachtende Grenze für die Überschreitungen des Beurteilungspegels von 24.00 Uhr wegen der bis 1.00 Uhr genehmigten Ausschank- bzw. Aufräumtätigkeit ebenfalls nicht eingehalten. Schutzwürdige Gründe für eine Dauer der „Wirteparty“ über 24.00 Uhr hinaus hat die Antragsgegnerin ebenfalls nicht eingestellt. Die Verschiebung der Nachtzeit setzt besonders gelagerte Fälle voraus, an denen es vorliegend fehlt. Vielmehr spricht die massive Überschreitung der zulässigen Werte in einem auch von Wohnen geprägten Mischgebiet dafür, dass den Anwohnern diese nicht auch noch über einen Zeitraum von drei Nachtstunden zugemutet werden können. In Nr. 4.4 der Richtlinie heißt es weiter, in je größerem Umfang die Abweichungen der Immissionsrichtwerte nach den Ziffern 4.1 bis 4.3 in Anspruch genommen werden sollen und an je mehr Tagen seltene Veranstaltungen stattfinden sollen, desto intensiver hat die zuständige Behörde die in dieser Ziffer genannten Voraussetzungen zu prüfen, zu bewerten und zu begründen. Dementsprechend ist es nicht möglich bei einer derart massiven Lärmüberschreitung auch noch die übrigen Ausnahmevoraussetzungen, wie z.B. die Verschiebung der Nachtzeit zu Gunsten der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen anwenden zu wollen. Die Argumentation der Antragsgegnerin geht insoweit fehl, als sie nicht berücksichtigt, dass auch eine Verschiebung der Nachtzeit enge Grenzen hat und nicht alle Voraussetzungen kumuliert zu Gunsten der Antragsgegnerin angewendet und die Nachbarinteressen unberücksichtigt bleiben dürfen. Vorliegend hätte von der Antragsgegnerin vielmehr in die Beurteilung eingestellt werden müssen, dass selbst der Richtwert für seltene Ereignisse nachts von 55 dB(A) im Anschluss an den Grafflmarkt ab 22.00 Uhr um annähernd 20 dB(A) überschritten werden wird. Eine Erhöhung des Pegels im Einwirkungsbereich um 8 bis 10 dB(A) wird als Verdoppelung der Lautstärke empfunden (Tegeter, UPR 2000, 99, 100; VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.6.2002, NVwZ-RR 2003, 745, 751). Die zu erwartenden Werte übersteigen auch deutlich die zur Abwehr einer Gesundheitsgefährdung in der Rechtsprechung entwickelte Zumutbarkeitsschwelle von 60 dB(A) nachts und sogar für tags von 70 dB(A) (vgl. insoweit BVerwG, B.v. 30.7.2013 – 7 B 40/12, juris). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls bei ihren Ausführungen dieser massiven Lärmüberschreitung zur Nachtzeit nicht das ihrer Bedeutung zukommende Gewicht beigemessen. Zudem blieb völlig unberücksichtigt, dass es sich hier nicht um eine einmalige Veranstaltung, wie ein Vereinsfest an einem sonst ruhigen Festplatz o.ä. handelt, sondern um eine Veranstaltung von Wirten, die über ihre bereits großzügig genehmigten Betriebszeiten und Freischankflächen hinaus am ohnehin hoch belasteten Standort G...straße zusätzliche Betriebszeiten in der besonders empfindlichen Nachtzeit und eine erhebliche Verdichtung der Bewirtung erreichen möchten.

4.1.3

Die Antragsgegnerin kann sich im Hinblick auf die nach Ende des Grafflmarktes von 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung auch nicht auf eine Zumutbarkeit wegen Vorliegen eines „sehr seltenen Ereignisses“ berufen.

Zur Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. September 2004, a.a.O. (RdNr. 12) aus:

„Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsfigur der „sehr seltenen Ereignisse“ vermag die damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft ebenfalls nicht zu rechtfertigen…… Allerdings hat die Rechtsprechung – auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327 – BayVBl. 1997, 594) – anerkannt, dass es Veranstaltungen geben kann, denen für die örtliche Gemeinschaft eine derart herausragende Bedeutung zukommt, dass selbst die Einhaltung der für „seltene Ereignisse“ geltenden Lärmgrenz- oder –richtwerte nicht verlangt werden kann (ähnlich z.B. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 14.9.2004 – 6 A 10949/04 – juris). Vorliegend ist jedoch bereits die Voraussetzung nicht erfüllt, dass es sich bei der erweiterten und verlängerten Bewirtungsmöglichkeit, die die Antragsgegnerin aus Anlass des am 19. September 2014 beginnenden „Grafflmarktes“ eingeräumt hat, um ein „sehr seltenes“ Ereignis handelt.“

Wie bereits oben ausgeführt, ist vorliegend zwischen der Traditionsveranstaltung „Grafflmarkt“ mit typischer Verkaufstätigkeit (bis 22.00 Uhr) und der nach 22.00 Uhr bis 1.00 Uhr stattfindenden Bewirtungsveranstaltung („Nachtparty der Wirte“) zu unterscheiden. Es liegt auf der Hand, dass die ab 22.00 Uhr stattfindende Bewirtungsveranstaltung die von der Rechtsprechung aufgestellten sehr engen Voraussetzungen eines „sehr seltenen Ereignisses“ nicht erfüllt (bejaht z.B. für ein alle zwei Jahre stattfindendes Jubiläumsfest der Ortsvereine, BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327). Das Niedersächsische OVG verneint das „sehr seltene Ereignis“ bei jährlich stattfindenden und sich über mehrere Tage und Nächte erstreckenden Schützenfesten (U.v. 17.11.2005 – 1 KN 127/04 – juris, RdNr. 55).

Da die Bewirtungsveranstaltung ab 22.00 Uhr zweimal jährlich stattfindet, fehlt es bereits am Erfordernis des sehr seltenen Eintritts. Die Veranstaltung „Nachtparty der Wirte“ ab 22.00 Uhr kann auch nicht als für die Stadtgemeinschaft herausragendes Ereignis bewertet werden. Es fehlt an der Herkömmlichkeit dieser erst seit 2003 eingeführten Veranstaltung. Sie dient weder der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums, noch ist sie sonst von besonderer kommunaler Bedeutung. Weiter kann auch nicht zu Gunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt werden, dass es sich um eine Feier handelt, die kraft Herkommens zu den typischen Erscheinungen gemeindlichen Lebens gehört, so dass sie von der Nachbarschaft in hohem Maße als sozialadäquat akzeptiert werden würde. Mit der Durchführung eines Grafflmarktes ist vielmehr nicht üblicherweise verbunden, dass im Anschluss daran zur Nachtzeit erheblich erweiterte Bewirtungsmöglichkeiten bestehen. Gerade auch in dem vorliegend festgesetzten Mischgebiet in der G...straße, in dem der Schutz der Wohnnutzung vor allem in der Zeit der Nachtruhe eine wichtige Bedeutung zukommt, kann der Bewirtungsveranstaltung – zeitlich losgelöst vom Grafflmarkt – keine im hohen Maße sozialadäquate Akzeptanz in der Nachbarschaft beigemessen werden.

Nur erläuternd sei angeführt, dass den Ausführungen in der schalltechnischen Beurteilung der Antragsgegnerin vom 11. Januar 2013 zu entnehmen ist, dass diese Art der Bewirtschaftung („Nachtparty der Wirte“) auf Anregung der Wirte getroffen wurde, weil es nicht gelingen könne, die Freischankflächen zu räumen, wenn auf Grund des Grafflmarktes sich noch Menschenmassen in der G...straße aufhielten.

4.2

Die streitgegenständlichen Gestattungen sind im angefochtenen Umfang auch rechtswidrig, weil sie unbestimmt sind (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) und sich die Unbestimmtheit gerade auf die als Folge der Gestattung zu erwartenden Geräuschbelastung bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG dient bei einem Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gerade auch dem Interesse des – möglicherweise betroffenen – Nachbarn.

Bereits die Unbestimmtheit der erteilten Gestattungen begründet daher die Annahme der Rechtsverletzung des Antragstellers. So wurde weder geregelt, in welchem Ausmaß die vorhandene Freischankfläche verdichtet werden kann, noch ist für die Nachbarschaft ersichtlich, auf welche zusätzliche Flächen („von der Antragsgegnerin zugeteilte Gastrofläche“), welchen Ausmaßes und mit welcher Bestuhlungsdichte zu rechnen ist („freie Bestuhlung“) bzw. welche zusätzlichen Getränke- und Speiseverkaufsstände bzw. –wägen etc. aufgestellt werden dürfen, um etwa die Anzahl der insgesamt bewirteten Personen und den Gesamtumfang der Bewirtung im Hinblick auf die gesamte Lärmsituation festzustellen.

In den Gestattungen wurden keine verbindlichen Bestimmungen dazu getroffen, welche Immissionsrichtwerte die Beigeladenen nicht überschreiten dürfen. Angesichts der offenkundig zu erwartenden erheblichen Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner genügt dies nicht der Pflicht, durch die konkrete Festsetzung von Immissionsrichtwerten den Nachbarschutz effektiv und überprüfbar zu regeln (VG Gelsenkirchen, U.v. 27.1.2015 – 19 K 4431/14 – juris, Rn. 85). Die aus Anlass des Grafflmarktes bis 1.00 Uhr nachts dauernde Nachtparty der Wirte mit einem erheblichen Besucherzustrom hätte, um dem Bestimmtheitsgrundsatz im Hinblick auf einen effektiven Schutz der Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen genügen zu können, der verbindlichen Regelung der einzuhaltenden Lärmimmissionsrichtwerte, sowie geeigneter Maßnahmen/Beschränkungen zur Sicherstellung der Einhaltung der höchstzulässigen Werte im Rahmen der Gestattungen bedurft.

4.3

Auch § 11 GastV ergibt keine tragfähige Grundlage für den angegriffenen Bescheid (Sperrzeitregelungen). Die danach gebotene Prüfung erfordert auch die Einbeziehung des Schutzes gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 BImSchG und der in den §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG geregelten und schon für den regelmäßigen Betrieb geltenden Gesichtspunkte. Denn der Schutzzweck der Sperrzeitfestlegung im Einzelfall stimmt weitgehend mit demjenigen des § 5 GastG überein (vgl. BVerwG, U.v. 7.5.1996, DVBl. 1996 1192, 1194).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes stützt sich auf die §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Dabei war die Hälfte des Wertes der Hauptsache anzusetzen.

Tenor

I.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG folgende Regelungen zum Lärmschutz aufzunehmen:

1. Der von den Veranstaltungen der ...-Festspiele ausgehende Lärm darf am Anwesen ...-straße ... in ..., folgende Immissionsrichtwerte „Außen“ nicht überschreiten:

tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) und an Sonn- und Feiertagen 50 dB(A),

nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) 40 dB(A).

Einzelne Geräuschspitzen dürfen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Die Nachtzeit wird am 10., 11., 18., 25. und 27. Juni, am 2., 9., 11., 23. und 30. Juli sowie am 2. August 2016 auf 23:00 Uhr verschoben.

2. Die Messergebnisse der bei den ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) und Sparte C (Sonderveranstaltungen) sowie Sparte B („Schillers Räuber“, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) durchgeführten Schallimmissionsmessungen dürfen von den Antragstellern eingesehen werden.

II.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

III.

Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen des Beigeladenen haben die Antragsteller als Gesamtschuldner 2/3, die Antragsgegnerin und der Beigeladene je 1/6 zu tragen.

IV.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Festlegung von Regelungen des Lärmschutzes für die Veranstaltung der diesjährigen ...-Festspiele des Beigeladenen.

1.

Der Beigeladene betreibt seit 22 Jahren auf der Freilichtbühne der Ruine ... in der Stadt Klingenberg a. Main Festspiele, die jährlich von ca. 30.000 bis 40.000 Gästen besucht werden. Das jährliche Programm gliedert sich in ein Musical und ein Kinderstück (jeweils ca. 15.000 Besucher) sowie in ein Jugendstück (ca. 1.000 Besucher) und Gastspiele (ca. 800 Besucher pro Gastspiel). Im Jahr 2016 sollen im Zeitraum vom 10. Juni bis 2. August an 22 Abenden das Musical „Hair“, an acht Abenden das Schauspiel „Schillers Räuber“, an 26 Nachmittagen das Familienmusical „Peter Pan“, an drei Tagen die Eigenproduktion „Jesus Mohammed“ und an drei Abenden Gastspiele (sog. Rockevents) aufgeführt werden.

Das Wohnhaus der Antragsteller befindet sich ca. 200 m (Luftlinie) nördlich des Veranstaltungsortes auf dem gegenüberliegenden Berghang, von diesem durch ein Tal getrennt, in einem durch den qualifizierten Bebauungsplan „...-straße“ der Stadt Klingenberg a. Main ausgewiesenen allgemeinen Wohngebiet.

Mit Schreiben vom 17. März 2015 wandten sich die Antragsteller schriftlich an die Antragsgegnerin, beschwerten sich hinsichtlich der Störung der Nachtruhe durch die Aufführungen auf der ... und baten um Mitteilung zu treffender Maßnahmen. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juni 2015 wurde dem Beigeladenen die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG zur Durchführung der...-Festspiele im Zeitraum 11. Juni bis 2. August 2015 u. a. unter der „Auflage“ erteilt, dass hinsichtlich des Lärmschutzes auf die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI vom 6. März 2015 verwiesen wird und die dort genannten Werte vom Veranstalter zu beachten sind und ggfls. durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen ist, dass diese Werte eingehalten werden. Im Auftrag der Beigeladenen hat das Büro ..., ..., am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 während der Aufführung des Musicals „Dracula“ Schallimmissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen während der Freilichtveranstaltung vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 18. April 2016 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin, den diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der ...-Festspiele mit konkreten, genau festgelegten Auflagen zum Lärmschutz zu erteilen, da der Bescheid für das Vorjahr insoweit viel zu unbestimmt gewesen sei. Die Antragsgegnerin wurde um Stellungnahme bis 2. Mai 2016 gebeten, welche der beantragten Auflagen in den Bescheid übernommen würden und die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes angekündigt. Mit Schreiben vom 20. April 2016 teilte die Antragsgegnerin mit, dass die Angelegenheit geprüft werde.

2.

Daraufhin ließen die Antragsteller am 10. Mai 2016 durch ihren Bevollmächtigten beantragen, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele der Beigeladenen folgende Auflagen zu erteilen:

1. Die Durchführung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art werden untersagt.

2. Die Probezeiten mit Beschallung durch eingeschaltete Lautsprecher werden auf den Zeitraum von fünf Tagen vor der Premiere begrenzt. Bei den übrigen Probeterminen sind die Lautsprecher auszuschalten.

3. Sämtliche Veranstaltungen der ... Festspiele müssen zwingend spätestens um 22:00 Uhr beendet sein.

4. Die Beigeladene wird verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen. Die Messungen haben jeweils bei der ersten Aufführung der unterschiedlichen Veranstaltungen zu erfolgen. Die Messergebnisse sind bekannt zu geben.

5. Die Dauer der Festspiele darf sechs Wochen nicht überschreiten.

Zur Begründung ließen die Antragsteller vortragen, dass sie eine ständige Ausdehnung der Festspielzeit von ursprünglich vier Wochen auf nun acht Wochen beobachtet hätten. Außerdem liege der Schwerpunkt der Aufführung mittlerweile bei musikalischen Darbietungen, insbesondere bei Musicals, die zu einem großen Anteil aus sehr lauten Gesangseinlagen bestünden. Hinzu kämen in diesem Jahr drei extrem lautstarke Rockevents. Bei den Abendveranstaltungen, die um 20:00 Uhr beginnen würden, sei nicht vor 23:30 Uhr mit Ruhe zu rechnen. Insbesondere in der Woche vom 23. bis zum 26. Juni sei mit extremster Lärmbelästigung zu rechnen, da an diesen Tagen mittags das Familienmusical und abends das Musical „Hair“ gespielt würden. Es schließe sich dann noch ein Rockevent an. Die das Gymnasium besuchenden beiden Söhne der Antragsteller müssten an den folgenden Tagen Klausuren schreiben und wüssten schon heute, dass sie nach der Dauerbeschallung völlig unkonzentriert diese Prüfungen ablegen müssten. Beide Antragsteller hätten anstrengende Berufe. Die fehlenden Ruhezeiten am Abend und in der Nacht führten zu gesundheitlichen Problemen. Die musikalischen Veranstaltungen überschritten ständig die Grenzwerte der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie. Die Voraussetzungen für ein seltenes Störereignis seien hier ersichtlich nicht gegeben. Besonders störend sei die Dauerbeschallung durch Familienmusical und Abendmusical.

Der Anspruch auf die Anordnung der beantragten Auflagen ergebe sich unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG. Die Überschreitung der zulässigen Lärmwerte sei gesundheitsgefährdend. Im Übrigen sei nach Art. 19 Abs. 4 LStVG eine Veranstaltung zu versagen, wenn dies zur Verhütung von Gefahren für die Gesundheit oder zum Schutz vor erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft erforderlich sei. Darüber hinaus seien im vorliegenden Fall die beantragten Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft im Sinne von Art. 19 Abs. 5 LStVG dringend geboten. Zum Schutz der Anwohner sei es außerdem erforderlich, dass nachhaltige schalltechnische Untersuchungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchgeführt und die Lärmwerte veröffentlicht würden. Die Beigeladene habe den Nachweis zu führen, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässigen Grenzwerte nicht überschritten würden. Den Antragstellern könne in diesem Jahr nicht erneut zugemutet werden, nahezu acht Wochen permanent mit lauten Musikveranstaltungen beschallt zu werden. Bei den diesjährigen Veranstaltungen seien dringlich die Messwerte exakt zu ermitteln, damit künftig effektive Maßnahmen zur Lärmminderung durchgesetzt werden könnten. Die angesetzten Rockkonzerte seien auf Dauer zu untersagen, weil insoweit auch nicht ansatzweise die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden könnten. Die einstweilige Anordnung sei auch die statthafte Rechtsschutzform, denn im Hauptsacheverfahren wäre die Verpflichtungsklage die richtige Klageart. Trotz intensiver Bemühungen seitens der Antragsteller habe eine außergerichtliche Lösung nicht gefunden werden können.

Das vorgelegte Gutachten komme zu dem Ergebnis, dass die maßgeblichen Grenzwerte der Freizeitlärm-Richtlinie durch die Musicals und Rockkonzerte nicht eingehalten werden könnten. So werde der Richtwert für die Nachtzeit um 16 dB(A) und der für die Ruhezeit um 3 dB(A) überschritten. Durch den zu erwartenden Beurteilungspegel von 70 dB(A) für Rockkonzerte werde die Vorgabe der Freizeitlärm-Richtlinie nicht ansatzweise eingehalten. Es sei auch in keiner Weise ersichtlich, wie die Immissionsrichtwerte bei Rockkonzerten und Musicals eingehalten werden könnten. Es könne nicht davon die Rede sein, dass für Rockveranstaltungen und Musicals eine hohe Standortgebundenheit mit örtlichem oder regionalem Bezug gegeben sei. Ein Sonderfall im Sinne der Freizeitlärm-Richtlinie, um die Nachtzeit auf 23:00 Uhr zu verschieben, sei nicht gegeben. Dass hierdurch das halbe Theaterfestival als seltene Veranstaltung qualifiziert werde, entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Nr. 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie. Die Immissionen, die durch Rockkonzerte und Musicals verursacht würden, seien auch unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit und Sensibilität des Einwirkungsbereichs in keiner Weise zumutbar, zumal die Antragsgegnerin gegenüber der ... vor Jahrzehnten ein allgemeines Wohngebiet ausgewiesen habe, das es nun zu schützen gelte. Schließlich sei der Antragsgegnerin aufzugeben, die Schallimmissionsmessungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro durchführen zu lassen, die Messergebnisse bekannt zu geben und der Beigeladenen aufzugeben, dass auch bei allen Proben die zulässigen Grenzwerte in einem allgemeinen Wohngebiet nicht überschritten würden.

3.

Die Antragsgegnerin ließ mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. Mai 2016 beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Die Antragsteller schienen grundsätzlich die Rechtsgrundlage zu verkennen, denn eine Genehmigung der Veranstaltungen sei gemäß Art. 19 LStVG nicht erforderlich, insbesondere seien nicht mehr als 1.000 Besucher zu erwarten. Die erforderliche Anzeige nach Art. 19 Abs. 1 LStVG habe eine Woche vor Beginn der Veranstaltung zu erfolgen; dies sei zwischenzeitlich geschehen. Darüber hinaus werde von Antragstellerseite verkannt, dass der Erlass entsprechender Auflagen gemäß Art. 19 Abs. 5 LStVG im pflichtgemäßen Ermessen der Antragsgegnerin stehe. Den im vergangenen Jahr durchgeführten Schallmessungen lasse sich entnehmen, dass durch die Veranstaltungen Schauspiel, Kinderstück und Jugendstück in keiner Weise die Werte der Freizeitlärm-Richtlinie überschritten würden. Darüber hinaus habe das Institut ... in der Stellungnahme vom 15. September 2015 Maßnahmen zur Schallausbreitungsreduzierung ermittelt und vorgeschlagen. In einem entsprechenden Auflagenbescheid werde die Auflage aufgenommen, diese Empfehlungen umzusetzen und die Wirksamkeit der empfohlenen Schutzmaßnahmen durch eine Messung bei der ersten Aufführung nachzuweisen. Für den Fall, dass die empfohlenen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg brächten, habe sich die Antragsgegnerin weitergehende Auflagen vorbehalten. Es liege hier eine Gemengelage vor, so dass sich der Schutzanspruch im vorliegenden Fall gemäß Ziffer 4.1.c der Freizeitlärm-Richtlinie aus den für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete zugrunde zu legenden Werten ergebe. Nach den Feststellungen des Instituts ... seien diese Grenzwerte deutlich unterschritten, die für Wohngebiete jedenfalls eingehalten. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Veranstalter die Anfangszeiten von 20:30 Uhr auf 20:00 Uhr vorverlegt habe. Für die drei Sonderveranstaltungen nehme die Betreiberin die Sonderfallregelung unter Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie in Anspruch. Auch die weiteren Voraussetzungen der Freizeitlärm-Richtlinie seien eingehalten, eine Überschreitung des Beurteilungspegels von 55 dB(A) nach 24:00 Uhr ausgeschlossen. Der Antrag der Beigeladenen auf Verschiebung der Nachtzeit für das Musical „Hair“ sei nur hinsichtlich der Samstage, also an insgesamt sieben Tagen um eine Stunde bewilligt worden. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Veranstalterin weitere umfangreiche Maßnahmen vorgenommen habe, wie die Verlegung der Premiere auf einen Freitag (also ein Wochenende), die Unterbindung von Musikdarbietungen nach der Premiere, die Änderung der Pausenfanfare, den Wegfall des Feuerwerks, den Wegfall der Pausen an Wochenenden, die Durchführung umfangreicher Messungen, die Installation von Schutzwänden sowie die Beauftragung von Nachmessungen während der Festspiele. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Untersagung der begehrten Sonderveranstaltungen und Musicals das Ende der ...-Festspiele und die Insolvenz des Beigeladenen bedeuten würde. Da hinsichtlich der Proben die jeweils zulässigen Lärmwerte eingehalten würden, sei auch der Antrag zu 2) unbegründet. Gleiches gelte für den Antrag zu 3), da ein Verbot von Aufführungen nach 22:00 Uhr nur dann verlangt werden könne, wenn die entsprechenden Grenzwerte überschritten würden, was nicht zu erwarten sei. Der Antrag zu 4) entbehre einer Grundlage, denn die Veranstaltungen seien genehmigungsfrei. Die Antragsgegnerin erkläre sich aber - ohne dass eine rechtliche Verpflichtung gesehen werde - bereit, nach Eingang der entsprechenden Messergebnisse diese unaufgefordert den Antragstellern zur Verfügung zu stellen.

4.

Der Beigeladene ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde vorgebracht: Der Antrag zu 1) könne von den Antragstellern nicht verlangt werden. Allenfalls könne die Einhaltung der Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie beantragt werden. Das gleiche gelte für den Antrag zu 2). Die Festspiele wiesen eine hohe Standortgebundenheit auf. Alleine wegen der malerischen Ruine könnten diese Festspiele an keinem anderen Ort aufgeführt werden. Eine Befragung der gesamten betroffenen Nachbarschaft habe ergeben, dass sich alleine die Antragsteller durch die Festspiele belästigt und gestört fühlten. Die hohe Zahl von ehrenamtlichen Mitgliedern und weiteren mithelfenden Personen aus der Stadt Klingenberg zeige, dass die Veranstaltung eine hohe soziale Adäquanz und Akzeptanz genieße. Der Beigeladene sei auf das Musical dringend angewiesen, da dies der Besuchermagnet sei. Die vom Büro ... vorgeschlagenen Maßnahmen zur Lärmreduzierung seien bereits umgesetzt worden. So seien die Spielzeiten des Musicals auf maximal 120 Minuten gekürzt, auf Pausen verzichtet und Anfangszeiten vorverlegt worden. Nach der Anbringung einer Schallschutzwand und der Regulierung der elektroakustischen Verstärkeranlage um 2-3 dB(A) werde die Schallimmission von 50 dB(A) nicht überschritten. Eine weitere Schallreduzierung sei aus technischer Sicht nicht mehr möglich. Zur Überprüfung, dass die zulässigen Werte eingehalten würden, solle schon am Tag der Premiere ein Geräuschpegel gemessen und dokumentiert werden. Dem Gutachten der Firma ... sei zu entnehmen, dass die Werte bei den Rockkonzerten deutlich überschritten würden. Es handele sich um drei Gastspiele, die für das finanzielle Überleben des Vereins notwendig seien. Bei dem Kinderstück, dem Schauspiel und dem Jugendstück würden die zulässigen Grenzwerte nicht überschritten. Auch bei dem Musical werde der Grenzwert von 50 dB(A) nicht überschritten, es werde lediglich darum gebeten, an fünf Freitagen und sieben Samstagen die Nachtzeit um eine Stunde zu verlängern. Auch bei den Proben würden die Grenzwerte nicht überschritten.

5.

Bereits mit Schreiben vom 1. April 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 4. April 2016, hatte der Beigeladene einen Antrag auf Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs nach § 12 GastG für die...-Festspiele 2016 gestellt. Mit Formblattantrag vom 14. Mai 2016, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 17. Mai 2016, wurde die Veranstaltung „...-Festspiele 2016 vom 10.06.2016 bis 31.07.2016 gemäß § 19 Landesstraf- und Verordnungsgesetzes“ angezeigt.

In der vorgelegten Behördenakte befindet sich der Entwurf eines Bescheids mit Datum 17. Mai 2016, mit dem in Ziff. 1 tenoriert wird, dass zur Durchführung der „... Festspiele 2016“ vom 10. Juni bis 2. August 2016 durch den Verein ...-Festspiele e.V. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, zum Schutz von Leib und Leben und des Nachbarschutzes Auflagen veranlasst sind. In Ziff. 10 der „Auflagen“ finden sich folgende Regelungen zum Lärmschutz:

„Hinsichtlich des Lärmschutzes wird auf die Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015 verwiesen. Der Veranstalter hat die von dem Institut ... in der Schallimmissionsprognose vom 15.09.2015 empfohlene Maßnahme bereits umgesetzt in dem er die Lücken in den vorhandenen Schirmwänden geschlossen hat. Weiter wird er dafür Sorge tragen, dass die Schalleistung der elektroakustischen Verstärkeranlagen um bis zu 3 dB reduziert wird. Diese Maßnahmen sind für sämtliche Veranstaltungen bis zu deren Ende aufrecht zu erhalten. Diese Empfehlungen sind Bestandteil dieses Bescheides und als Anlage 2 beigefügt. Die Empfehlungen sind während aller Veranstaltungen zwingend einzuhalten.

Bei der Positionierung der Lautsprecher dürfen diese nicht zu hoch angebracht werden. Die auf der Burgmauer befindlichen Schirmwände dürfen durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Zu den jeweiligen Sparten werden weiter folgende Auflagen getroffen:

10.1 Sparte A „Musical Hair“ und Sparte C Sonderveranstaltungen:

Gemäß Ziffer 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie wird an Samstagen (siehe Anlage 1) der Beginn der Nachtzeit auf 23:00 Uhr verschoben. Gleiches gilt für die Tage mit Sonderveranstaltungen am 27.06., 11.07. und 02.08.2016 sowie die Premiere der ...-Festspiele am 10.06.2016.

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte A am 10.06.2016 und der Sparte C am 27.06.2016 eine Schallimmissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messungen weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.

10.2 Sparte B = Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und die Eigenproduktionen „Jesus Mohammed“:

Dem Veranstalter wird aufgegeben bei der ersten Veranstaltung der Sparte B am 18.06.2016 eine Schallimissionsmessung durchzuführen. Das Ergebnis ist unverzüglich der Stadt Klingenberg a. Main vorzulegen.

Sollten nach Auswertung der Messung weitere Auflagen notwendig werden, so behält sich die Stadt Klingenberg a. Main vor diese nachträglich noch anzuordnen.“

Des Weiteren enthält die Behördenakte den Entwurf eines Bescheids zur Erteilung einer gaststättenrechtlichen Genehmigung mit Datum 20. Mai 2016. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2016 erklärte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin verbindlich, dass die im Entwurf vorliegenden Bescheide so erlassen und nicht zulasten der Antragsteller abgeändert werden würden.

6.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftsätze samt Anlagen, auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

II.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO war im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war der Antrag bereits teilweise als unzulässig und im Übrigen als unbegründet abzulehnen.

1.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist hinsichtlich der Sätze 1 und 2 der Ziffer 4 des gestellten Antrags mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Denn die Antragsgegnerin hat im Entwurf ihres Bescheides vom 17. Mai 2016, dessen Erlass sie mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. Mai 2016 verbindlich zugesichert hat, dem Beigeladenen aufgegeben, bei den jeweils ersten Veranstaltungen der Sparte A (Musical „Hair“) am 10. Juni 2016 und der Sparte C (Sonderveranstaltungen) am 27. Juni 2016 sowie der Sparte B (Schillers Räuber, Familienmusical „Peter Pan“ und Eigenproduktion „Jesus Mohammed“) am 18. Juni 2016 Schallimmissionsmessungen durchzuführen und das Ergebnis ihr unverzüglich vorzulegen. Damit hat die Antragsgegnerin dem Begehren der Antragsteller, die im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen wollen, dass der Beigeladene verpflichtet wird, Messungen „jeweils bei der ersten Ausführung der unterschiedlichen Veranstaltungen durchzuführen“ und hierdurch die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie durch Messungen, die von einem qualifizierten Ingenieurbüro durchzuführen sind, nachzuweisen, insoweit in vollem Umfang entsprochen.

2.

Der wörtlich gestellte Antrag, die „Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele (dem Beigeladenen) folgende Auflagen zu erteilen“, ist selbst als nach sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) dahin zu verstehender Antrag, dass die von den Antragstellern verlangten Regelungen zum Lärmschutz in eine Anordnung nach Art. 19 Abs. 5 LStVG aufgenommen werden sollen, nicht begründet. Er ist vielmehr lediglich in dem tenorierten Umfang begründet.

Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vorliegen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Deren tatsächliche Voraussetzungen müssen zwar nicht zur Überzeugung des Gerichts feststehen, aber hinreichend wahrscheinlich („glaubhaft“) sein (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine vorläufige gerichtliche Entscheidung erforderlich ist, weil ein Verweis auf das Hauptsacheverfahren aus besonderen Gründen unzumutbar ist. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn der Antragsteller in der Hauptsache bei summarischer Prüfung voraussichtlich Erfolg haben wird. Welche Anforderungen an die Erfolgsaussichten zu stellen sind, hängt maßgeblich von der Schwere der dem Antragsteller drohenden Nachteile und ihrer Irreversibilität, aber auch davon ab, inwieweit durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung die Hauptsache vorweggenommen wird. Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass die einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden. Dieser besonders strenge Maßstab ist hingegen abzumildern, wenn die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung eingeräumt werden soll, weil sie faktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In diesem Fall können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen und die befürchteten wesentlichen Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden. Ist eine überwiegende Erfolgsaussicht hingegen nicht feststellbar, kann eine Regelungsanordnung nur ergehen, wenn dem Betroffenen andernfalls schwere und irreversible Nachteile, insbesondere existentielle Gefahren für Leben und Gesundheit drohen (vgl. zum Ganzen: VGH Mannheim, B. v. 5.2.2015 - 10 S 2471/14 - NVwZ-RR 2015, 650 und B. v. 5.5.2009 - 10 S 494/09 - juris - m. w. N.).

Das Gericht hat beim Erlass einer einstweiligen Anordnung einen weiten Ermessensspielraum (§ 123 Abs. 3 i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO). Dies bedeutet jedenfalls, dass es an die Fassung des Antrags nicht gebunden ist (§ 88 VwGO entsprechend; vgl. Happ in Eyermann, VwGO 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 33, 64; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28). Im Hinblick darauf, dass aufgrund der Bezugnahme auf § 938 Abs. 1 ZPO maßgeblich ist, welche Anordnungen zur Erreichung des Zwecks erforderlich sind, kann das Gericht nicht nur hinter dem Antrag zurückbleiben, sondern auch eine geeignete andere Regelung treffen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 123 Rn. 28).

2.1.

Vorliegend haben die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, weil die ...-Festspiele mit den einzelnen Veranstaltungen und hier insb. den Musicals und Rockevents unmittelbar bevorstehen und daher der Ausgang eines Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden kann. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass dadurch die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde, da andernfalls die Veranstaltung bereits vorbei wäre.

2.2.

Problematisch ist vorliegend aber die Frage der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs. Ein solcher ist nur im tenorierten Umfang gegeben, nicht aber hinsichtlich des gestellten Antrags bzw. hinsichtlich der geforderten konkreten Regelungen. Im Einzelnen:

2.2.1.

Soweit die Antragsteller begehren, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, im diesjährigen Erlaubnisbescheid zur Veranstaltung der...-Festspiele des Beigeladenen im Einzelnen bestimmte Auflagen festzulegen, geht ihr Antrag ins Leere.

Denn ein „Erlaubnisbescheid“ zur Veranstaltung der ...-Festspiele nach Art. 19 Abs. 3 LStVG wird mangels Erlaubnisbedürftigkeit nicht ergehen. Zwar hat die Antragsgegnerin im vergangenen Jahr einen solchen erteilt. Sie hat aber erkannt, wie sich den in der vorgelegten Behördenakte enthaltenen Entwürfen eines gaststättenrechtlichen Bescheids und eines „Auflagenbescheids“ nach Art. 19 Abs. 5 LStVG entnehmen lässt, dass jedenfalls für die diesjährige Veranstaltung eine Genehmigung der „...-Festspiele“ im vg. Sinne nicht erforderlich ist (Dafür, ob eine Genehmigung nach anderen Vorschriften, insbesondere des Bauordnungsrechts erforderlich ist, sind im Rahmen der hier nur durchzuführenden summarischen Prüfung nicht genügend Anhaltspunkte vorhanden). Nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1-3 LStVG ist die Erlaubnisbedürftigkeit nur dann zu bejahen, wenn die nach Art. 19 Abs. 1 LStVG erforderliche Anzeige nicht fristgemäß erstattet wird (Nr. 1), es sich um eine motorsportliche Veranstaltung (Nr. 2) oder um eine Veranstaltung handelt, die außerhalb dafür bestimmter Anlagen stattfinden soll und zu der mehr als 1.000 Besucher gleichzeitig zugelassen werden sollen.

Zwar handelt es sich bei der Veranstaltung der ...-Festspiele um eine anzeigepflichtige öffentliche Vergnügung i. S. d. Art. 19 Abs. 1 LStVG, jedoch weder um eine motorsportliche Veranstaltung i. S. d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG noch um eine Veranstaltung im Freien, zu der mehr als 1.000 Besucher zugleich zugelassen werden sollen (Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG). Denn nach den übereinstimmenden Angaben der Antragsgegnerin und des Beigeladenen, die auch von Antragstellerseite nicht bestritten wurden, sollen pro Veranstaltung max. 800 Besucher teilnehmen. Auch hat der Beigeladene die Veranstaltung fristgemäß mehr als eine Woche vorher bei der Antragsgegnerin angezeigt, da die Anzeige laut Eingangsstempel am 17. Mai 2016 bei dieser einging, so dass sich eine Erlaubnispflicht auch nicht aus Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LStVG ergibt.

2.2.2.

Die Antragsteller haben auch keinen Anspruch auf Untersagung von Rockkonzerten, Musicals und musikalischen Events jeder Art (Ziffer 1 des Antrags), auf Begrenzung der Zahl der Probetermine unter Beschallung von Lautsprechern (Ziffer 2 des Antrags), auf Beendigung der Veranstaltungen der ...-Festspiele um 22:00 Uhr (Ziffer 3 des Antrags) und auch nicht auf Beschränkung der Dauer der Festspiele auf sechs Wochen (Ziffer 5 des Antrags) durch die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist hier Art. 19 Abs. 5 LStVG. Nach dessen Satz 1 können die Gemeinden zum Schutz der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG bezeichneten Rechtsgüter, d. h. zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder zum Schutz vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft oder vor erheblichen Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft, Anordnungen für den Einzelfall für die Veranstaltung öffentlicher Vergnügungen und sonstiger Vergnügungen treffen. Reichen Anordnungen nach Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG nicht aus, so kann die Veranstaltung untersagt werden (Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG).

Ein Rechtsanspruch eines Dritten auf Erlass einer Untersagung besteht dabei grundsätzlich nicht. Der Dritte hat bei der Entscheidung über den Erlass einer Untersagung - soweit seine Interessen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 LStVG durch die Veranstaltung berührt sein können - vielmehr lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung durch die Gemeinde, d. h. der Dritte hat nur dann einen Anspruch auf Untersagung der fraglichen Veranstaltung, wenn diese gegen (auch) zu seinem Schutz bestehende Vorschriften verstößt und wenn zudem Umstände vorliegen, die dazu führen, dass sich das der Gemeinde durch Art. 19 Abs. 5 Satz 2 LStVG eröffnete Eingriffsermessen auf Null reduziert. Gleiches hat auch hinsichtlich der Anordnungen für den Einzelfall i. S. v. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG zu gelten. Diese Regelung räumt der Behörde Ermessen ein. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Entschließungsermessens, also der Entscheidung, ob die Behörde regelnd tätig wird. Das der Behörde eingeräumte Ermessen betrifft aber auch das sog. Auswahlermessen, das die Behörde im Rahmen des Art. 8 LStVG bei der Auswahl der Mittel, mit denen sie den prognostizierten Gefahren begegnen will, hat. So steht der Sicherheitsbehörde bei der Auswahl des Mittels, dessen sie sich zur Abwehr der drohenden erheblichen Nachteile für die Nachbarn bedienen will, ein im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich beschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu (vgl. BayVGH, U. v. 7.8.2013 - 10 B 13.1234 - juris; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 136).

Für eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragsteller in dem Sinn, dass nur die von ihnen begehrten Regelungen die einzig richtigen Maßnahmen darstellen würden, dass nur durch diese Maßnahmen ihre Rechte als Nachbarn gewahrt würden, ist hier aber weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Insbesondere können die Rechte der Antragsteller durch andere Regelungen wie die Festlegung von Immissionsrichtwerten und andere von der Antragsgegnerin angeordnete Maßnahmen gewahrt werden (siehe hierzu unten 2.2.3. bis 2.2.6.). Bereits aus diesem Grund können die Antragsteller konkrete Regelungen, wie von ihnen verlangt, nicht im Wege einer Verpflichtungsklage und schon gar nicht im Wege der einstweiligen Anordnung erfolgreich geltend machen.

2.2.3.

Den Antragstellern steht aber nach summarischer Prüfung ein Anspruch auf Festsetzung ihnen zumutbarer Immissionsrichtwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie - wie tenoriert - zu.

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist auch hier Art. 19 Abs. 5 Satz 1 LStVG. Hauptanwendungsfall der erheblichen Belästigungen i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG sind Immissionen. Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit des von der geplanten Veranstaltung ausgehenden Lärms ist mithin § 22 Abs. 1 BImSchG. Danach sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, worunter auch die Veranstaltung von Freilichttheater-Festspielen (mit Musicals und Rockevents) fällt, so zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG), verhindert werden, soweit sie nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Die Frage der Erheblichkeit wird dabei entscheidend durch die bebauungsrechtliche Situation bestimmt, in der sich die störende oder gestörte Nutzung befindet. Darüber hinaus sind für die Beurteilung der belästigenden Wirkung von Geräuschen aber nicht nur physikalische Eigenschaften wie Schalldruck und Frequenz, sondern auch wertende Elemente wie Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und der allgemeinen Akzeptanz in der Bevölkerung zu berücksichtigen (BayVGH, B. v. 17.10.1996 - 24 CS 96.3145 - NJW 1997, 1181; B. v. 12.5.2004 - 24 CE 04.1230 - NVwZ 2005, 719). Dabei bleibt es der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Schädlichkeit der von solchen Anlagen ausgehenden Lärmeinwirkungen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG zu beurteilen. Die Schädlichkeitsgrenze wird nicht so sehr nach einem festen und einheitlichen Maßstab bestimmt, sondern mehr aufgrund einer auf die konkrete Situation bezogenen Abwägung und eines Ausgleichs der widerstreitenden Interessen im Einzelfall. Notwendig ist eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere unter Berücksichtigung der Eigenart der einzelnen Immissionen (Art, Ausmaß, Dauer, Häufigkeit, Lästigkeit) und der speziellen Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets.

Anders als die Antragstellerseite wohl meint („verpflichtet, die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte nach der Freizeitlärm-Richtlinie“ nachzuweisen und „die musikalischen Veranstaltungen überschreiten diese Grenzwerte ständig“), kann die Beurteilung, wann Freizeitlärm zu erheblichen Belästigungen für die Nachbarschaft führt, nicht anhand allgemein gültiger Grenzwerte vorgenommen werden. Denn derzeit liegen rechtsverbindliche Vorschriften oder auch nur normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften darüber, ab welcher Erheblichkeitsgrenze Freizeitlärm zu einem erheblichen Nachteil bzw. einer erheblichen Belästigung für den Nachbarn führt, nicht vor (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 113). Die von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) empfohlene „Freizeitlärm-Richtlinie“, die in der überarbeiteten Version unter dem Stand 6. März 2015 vorliegt (abrufbar im Internet unter www.lai-immissionsschutz.de/servlet/is/20170/Freizeitl%C3%A4rmrichtline%20final. pdf?command=downloadContent&filename=Freizeitl%E4rmrichtline%20final.pdf), hat ebenfalls keinen normativen oder quasi-normativen Charakter und kann deshalb keine Allgemeinverbindlichkeit für sich beanspruchen (vgl. Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Dez. 2015, Nr. 1 TA Lärm, Rn. 10; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn.113).

Bei der gerichtlichen Beurteilung der Zumutbarkeit von Lichtimmissionen im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme kann die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie aber als sachverständige Beurteilungshilfe, als Orientierungshilfe herangezogen werden (vgl. BayVGH, B. v. 26.7.2006 - 1 CE 06.1937 - juris; B. v. 12.5.2004 - NVwZ 2005, 719). Die Freizeitlärm-Richtlinie des LAI - in der überarbeiteten Version des Jahres 2015 - findet Anwendung bei der Beurteilung der Wirkung von Lärmimmissionen auf Menschen durch Freizeitanlagen. Dies sind Einrichtungen im Sinne des § 3 Abs. 5 Nr. 1 oder 3 BImSchG, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genützt zu werden. Hierzu zählen auch Freilichtbühnen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 1 Absatz 2, Spiegelstrich 4). Die Erheblichkeit einer Lärmbelästigung hängt nicht nur von der Lautstärke der Geräusche ab, sondern auch wesentlich von der Nutzung des Gebiets, auf das sie einwirken, von der Art der Geräusche und der Geräuschquellen sowie dem Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen. Bei der Beurteilung ist nicht auf eine mehr oder weniger empfindliche individuelle Person, sondern auf die Einstellung eines verständigen, durchschnittlich empfindlichen Mitbürgers abzustellen. Von Bedeutung für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen ist die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten, wobei grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen ist. Liegen aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen, kann eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme bestehen. Sofern an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann diese Pflicht dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinzunehmen haben als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Gebiete liegen (s. Freizeitlärm-Richtlinie, Nr. 2).

Nummer 4 der Freizeitlärm-Richtlinie markiert die Schwelle des für erforderlich gehaltenen Lärmschutzniveaus differenzierend nach dem Gebietscharakter nach Tages-, Nacht- und Ruhezeiten sowie Sonn- und Feiertagen (Nr. 4.1) durch die Festlegung bestimmter Immissionsrichtwerte für die hierin genannten Immissionsorte. Diese gebietsbezogenen Werte sind Ausdruck einer typisierenden Betrachtungsweise des Hinweisgebers. Immissionsrichtwerte unterscheiden sich von Immissionsgrenzwerten durch ihre fehlende Verbindlichkeit. Während Grenzwerte absolute Beurteilungsschwellen darstellen, die unter keinen Umständen über- oder unterschritten werden dürfen, dienen Richtwerte nur als Orientierungshilfe für den Regelfall (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 2 der 18. BImschV Rn. 17).

Die Freizeitlärm-Richtlinie legt für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden („Außen“) in allgemeinen Wohngebieten tags an Werktagen außerhalb der Ruhezeit (8:00 bis 20:00 Uhr) einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A), tags an Werktagen innerhalb der Ruhezeit (6:00 bis 8:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00) Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A), sowie nachts (von 22:00 bis 6:00 Uhr) von 40 dB(A) fest (vgl. Nr. 4.1 Buchst. d) i. V. m. Nr. 3.4). Der Immissionsrichtwert für Kern-, Dorf- oder Mischgebiete liegt um jeweils 5 dB(A) höher (vgl. Nr. 4.1 Buchst. c)). Einzelne Geräuschspitzen sollen die vg. Immissionsrichtwerte tags um nicht mehr als 30 dB(A) sowie nachts um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (vgl. Nr. 4.3 Satz 1). Die Freizeitlärm-Richtlinie sieht unter Nr. 4.4.2 hinsichtlich der Zumutbarkeit bei seltenen Ereignissen Folgendes vor: a) Sofern bei seltenen Veranstaltungen Überschreitungen des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts zu erwarten sind, ist deren Zumutbarkeit explizit zu begründen. b) Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr sollten vermieden werden. c) In besonders gelagerten Fällen kann eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zumutbar sein. d) Die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen soll 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten. e) Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A) tags und 65 dB(A) nachts einhalten. Des Weiteren macht die Freizeitlärm-Richtlinie unter Nr. 3 konkrete Vorgaben für die Ermittlung des Beurteilungspegels (wie etwa Berücksichtigung von Impulshaftigkeit, auffälligen Pegeländerungen, Ton- und Informationshaltigkeit, Abstellen auf die ungünstigste volle Stunde usw.).

Die zuständige Behörde kann erhebliche Lärmbelästigungen für die Nachbarschaft i. S. d. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG auf verschiedene Weise verhüten. Nicht ausreichend ist die abstrakte Wiedergabe der für die bestimmten Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne konkrete Benennung des Gebietscharakters der Nachbarbebauung (VGH Mannheim, U. v. 29.1.2008 - 8 S 2748/06 - BauR 2008, 1573; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116). Bei der Lösung einer Immissions-Konfliktlage reicht es in der Regel aus, wenn die Behörde bei der Erlaubniserteilung durch Nebenbestimmungen oder sonst durch Einzelfallanordnungen die einzuhaltenden Grenzwerte festsetzt bzw. dem Emittenten aufgibt, näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116; siehe bereits BVerwG, U. v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15). Eine solche Festsetzung ist allerdings nicht geeignet, den schützenswerten Belangen des Nachbarn Rechnung zu tragen, wenn von vornherein dafür Anhaltspunkte bestehen, dass die festgesetzten Werte voraussichtlich nicht eingehalten werden. Denn in dem Fall, dass die Forderung der Einhaltung von Lärmwerten nicht realistisch ist, ist der Schutz der Nachbarschaft durch andere geeignete Maßnahmen, insbesondere Betriebszeitenbeschränkungen sicherzustellen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 116).

2.2.4.

Unter Zugrundelegung dieser allgemeinen Grundsätze und unter Berücksichtigung des von der Antragsgegnerin verbindlich zugesagten „Auflagenbescheids“ und unter Berücksichtigung der im Tenor dieser Entscheidung getroffenen Verpflichtung der Antragsgegnerin erweisen sich nach summarischer Prüfung die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Lärmimmissionen für die Antragsteller nicht als unzumutbar i. S. d. Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG.

Ausreichend, aber auch erforderlich, um die vorliegende Immissions-Konfliktlage zu lösen, ist die Festsetzung der im Tenor festgelegten, einzuhaltenden Immissionsrichtwerte. Denn einerseits lässt sich aus den vorgelegten Gutachten des Büros ..., ..., entnehmen, dass hierdurch der Schutz der Nachbarschaft, insbesondere der Antragsteller, sichergestellt werden kann. Es ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass eine solche Forderung realistischer Weise nicht eingehalten werden kann. Andererseits muss die Behörde dem Veranstalter konkrete Immissionsrichtwerte vorgeben, die dieser einzuhalten hat. Nicht ausreichend ist - wie bereits dargelegt - die abstrakte Wiedergabe der für bestimmte Gebietsarten einzuhaltenden Werte, ohne dass das Gebiet genau bezeichnet würde. Ein bloßer Verweis auf die „Freizeitlärm-Richtlinie der LAI v. 06.03.2015“ - wie in Ziffer 10 Satz 1 der „Auflagen“ des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 - erfüllt nämlich nicht die Anforderungen, die entsprechend Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG an die hinreichende Bestimmtheit einer Regelung zu stellen sind. Denn es ist weder für den Adressaten des Bescheids noch für den Nachbarn erkennbar, welche gebietsbezogenen Werte nach Nr. 4.1 Buchst. a) bis f) im konkreten Fall zugrunde zu legen sind.

Das Büro ... hat am 24. Juli 2015 von 20:30 bis 23:30 Uhr, während der Aufführung des Musicals „Dracula“, im Auftrag des Beigeladenen Schall-immissionsmessungen auf dem Grundstück der Antragsteller und zeitgleich im Zuschauerbereich auf der ... durchgeführt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht zu den Schallimmissionsmessungen vom 26. August 2015 zusammengefasst, wobei festgehalten wird, dass bei der untersuchten Veranstaltung Überschreitungen der zulässigen Immissionspegel aufgetreten sind. So wurde aus der durchgeführten Messung für den Zeitraum von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr am Grundstück der Antragsteller ein über zwei Stunden gemittelter Beurteilungspegel von 53 dB(A) errechnet, der mithin um 3 dB(A) über dem Richtwert für die Ruhezeit in einem allgemeinen Wohngebiet liegt. Für die beiden betroffenen Nachtstunden ergeben sich Beurteilungspegel von 56 dB(A) (Stunde von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr) bzw. 52 dB(A) (Stunde von 23:00 Uhr bis 24:00 Uhr), und damit Überschreitungen des Richtwerts für die Nachtzeit von 16 dB(A) bzw. 12 dB(A). Weitergehende Maßnahmen sind - so der Gutachter ausdrücklich - notwendig und würden auch untersucht.

In der Folge hat das Büro ... eine Schallimmissionsprognose erstellt und Maßnahmen zur Lärmminderung erarbeitet (Bericht Schallimmissionsprognose und Maßnahmen zur Minderung vom 15.9.2015). Dabei hat das Büro zusammenfassend ausgeführt, dass der ermittelte (hoch erscheinende) Beurteilungspegel von bis zu 56 dB(A), bezogen auf eine volle Stunde zum einen auf die relativ kurze Entfernung von 200 m und zum anderen auf die Zuschläge für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit zurückzuführen sei.

Dabei wurden von Gutachterseite folgende Empfehlungen gegeben: Da es aus fachtechnischer Sicht nicht realistisch erscheine, die nächtlichen Richtwerte bei der Durchführung der Musicals einhalten zu können, sei sicherzustellen, dass die Veranstaltungen auf der ... vollständig in der Tagzeit/Ruhezeit durchgeführt würden, wofür eine Vorverlegung des Veranstaltungsbeginns bzw. eine Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in Betracht komme. Es sei festgestellt worden, dass der bei der Musical-Veranstaltung ermittelte Beurteilungspegel um 6 dB(A) verringert werden müsse, um die Richtwerte der Freizeitlärm-Richtlinie zur Ruhezeit einzuhalten. Dabei dürfte aus fachtechnischer Sicht eine Minderung der Schallemission um 5 dB ausreichen, um den Beurteilungspegel von 50 dB(A) zur Ruhezeit einzuhalten. Hierfür werde es notwendig sein, die „Schallleistung der elektroakustischen Verstärkungsanlage um 2 … 3 dB zu reduzieren.“ Die vorhandenen Schirmwände müssten erweitert werden, so dass diese im Bereich der nordwestlichen und nordöstlichen Burgmauern möglichst lückenlos aneinander anschließen würden. Empfehlenswert sei, die Schirmwand auf dem niedrigen Mauerabschnitt so hoch zu planen, dass die Oberkante ebenso hoch wie die der vorhandenen Wände sei. Lücken zwischen den Wandelementen seien möglichst zu vermeiden. Insgesamt könne damit eine Minderung um 2,5 dB erwartet werden. Bezüglich der Rockkonzerte hätten die Berechnungen ergeben, dass diese auch bei der bestehenden Ausführung der Schirmwände als seltene Ereignisse durchführbar seien. Zur Tagzeit könne dabei maximal ein Schallleistungspegel von 124 dB(A) emittiert werden, um den Beurteilungspegel von 70 dB(A) am maßgebenden Immissionsort einzuhalten. Zur Nachtzeit müsse die Verstärkung auf einen Schallleistungspegel von 118 dB(A) reduziert werden. Bei der Positionierung der Lautsprecher müsse zusätzlich darauf geachtet werden, dass diese nicht zu hoch angebracht würden. Die Schirmwände dürften durch keinen Teil der Lautsprecher überragt werden.

Der Bescheidsentwurf mit Datum 17. Mai 2016, dessen Erlass von der Antragsgegnerin verbindlich zugesichert wurde, enthält eine Reihe von Regelungen, die einen ausreichenden Lärmschutz zugunsten der Nachbarn sicherstellen sollen. So wurden im Einzelnen in Ziffer 10 des Bescheidentwurfs in Verbindung mit den Empfehlungen des Büros ... eine Reihe von Maßnahmen getroffen, wie Schließung der Lücken mittels Schirmwänden, der Reduzierung der Schallleistung um bis zu 3 dB, genauer um 2 bis 3 dB (vgl. Schallimmissionsprognose des Büros ...), die Verschiebung der Nachtzeit für einzelne Veranstaltungen und die Durchführung von Schallimmissionsmessungen, wobei dies - was selbstverständlich sein dürfte - durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro zu erfolgen haben. Durch den Bescheidsentwurf wurde aber der Schutz der Nachbarschaft nicht (vollständig) sichergestellt, da insoweit keine Festsetzung von Lärmwerten erfolgt ist. Mithin war der Antragsgegnerin aufzugeben, in dem zu erlassenden „Auflagenbescheid“ die entsprechenden Immissionsrichtwerte noch festzusetzen.

2.2.5.

Nach summarischer Prüfung spricht einiges gegen die von Seiten der Antragsgegnerin erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgebrachte Auffassung, wonach hier nicht die Immissionsrichtwerte der Ziffer 4.1 Buchst d) für allgemeine Wohngebiete, sondern die der Ziffer 4.1 Buchst c) für Kern-, Dorf- und Mischgebiete zugrunde zu legen seien. Denn ausweislich Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist für die Beurteilung der Geräusche von Freizeitanlagen die Schutzbedürftigkeit der Nutzungen in den diesen Anlagen benachbarten Gebieten von Bedeutung. Hierbei ist für die Zuordnung der für die Beurteilung maßgebenden Immissionsrichtwerte (nach Nr. 4.1 Buchst a) - f)) zu den Gebieten im Einwirkungsbereich der Anlage grundsätzlich vom Bebauungsplan auszugehen. Dies ist hier der qualifizierte Bebauungsplan „Bergstraße“ der Stadt Klingenberg a. Main, in Kraft getreten am 23. April 1971, der hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und in dessen Geltungsbereich sich das Anwesen der Antragsteller befindet. Eine besondere Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme kann gemäß Absatz 3 der Ziffer 2 der Freizeitlärm-Richtlinie zwar dann bestehen, wie der Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt hat, wenn aufgrund baulicher Entwicklungen in der Vergangenheit Wohngebiet und Freizeitanlagen eng zusammen liegen. Unter der Voraussetzung, dass an störenden Anlagen alle verhältnismäßigen Emissionsminderungsmaßnahmen durchgeführt sind, kann dann die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme dazu führen, dass die Bewohner mehr an Geräuschen hinnehmen müssen als die Bewohner von gleichartig genutzten Gebieten, die fernab derartiger Anlagen liegen. Hierbei sollen die zu duldenden Geräuscheinwirkungen die Immissionsrichtwerte unterschreiten, die die für die Gebietsart mit dem nächst niedrigeren Schutzanspruch gelten. Allerdings ist hier angesichts des Umstands, dass zwischen der Freilichtbühne und dem Wohnhaus der Antragsteller ein Abstand von 200 m besteht, schon fraglich und nicht im Rahmen der summarischen Prüfung abschließend zu entscheiden, ob hier der Anwendungsbereich dieser Regelung überhaupt eröffnet ist, ob davon die Rede sein kann, dass Wohngebiete und Freizeitanlagen „eng zusammen“ liegen.

Darüber hinaus dürfte auch einiges dafür sprechen, die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten des Beigeladenen und der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht über den Weg einer generellen Abstufung der Schutzwürdigkeit des Anwesens der Antragsteller durch die Festlegung einer Gebietsart mit niedrigerem Schutzanspruch (Ziffer 2 Absatz 4 der Freizeitlärm-Richtlinie) zu lösen, sondern durch eine Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz (gemäß Ziffer 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie). Danach können Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten, die die unter Ziffer 4.1 bis 4.3. genannten Immissionsrichtwerte trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht einhalten, gleichwohl zulässig sein, wenn sie eine hohe Standortgebundenheit oder soziale Adäquanz und Akzeptanz aufweisen und zahlenmäßig eng begrenzt durchgeführt werden (vgl. Ziffer 4.4.1 der Freizeitlärm-Richtlinie).

Von sozialer Adäquanz und Akzeptanz ist auszugehen, wenn die Veranstaltung eine soziale Funktion und Bedeutung hat. Mit dem Begriff der „Sozialadäquanz“ werden die Verhaltensweisen oder Zustände beschrieben, die sich im sozialen Zusammenleben ergeben und sich möglicherweise für den Einzelnen sogar nachteilig auswirken, jedoch von der Bevölkerung insgesamt hingenommen werden, weil sich die Verhaltensweisen noch in den Grenzen des sozial Üblichen und damit Tolerierbaren halten (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG Art. 19 Rn. 114). Die vom Beigeladenen seit über 20 Jahren durchgeführten Freilichtspiele auf der ... mit Musicals und Sonderveranstaltungen stellen sich aus Sicht der Kammer als sozial adäquat in diesem Sinne dar. Der Beigeladene hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten insbesondere eindrucksvoll aufgezeigt, welche Akzeptanz die ...-Festspiele in der einheimischen Bevölkerung genießen.

Die Kammer kommt nach einer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich die zu erwartenden Lärmimmissionen als unvermeidbar und zumutbar i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie darstellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beigeladene eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt hat (wie die Vorverlegung des Beginns der Aufführungen auf 20:00 Uhr, den teilweisen Wegfall der Pausen, die Installation von Schutzwänden, usw.), dass aber trotz aller verhältnismäßigen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen eine Überschreitung der Werte nach Ziffer 4.1 Buchst. d) der Freizeitlärm-Richtlinie aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel unvermeidbar ist, wie sich auch der Schallimmissionsprognose des Büros ... entnehmen lässt.

Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Prüfung der Zumutbarkeit i. S. d. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie auch, dass die Antragsgegnerin die Verschiebung der Nachtzeit in Ziffer 10.1 Absatz 1 des Bescheidentwurfs vom 17. Mai 2016 (aus Gründen der Rechtsklarheit nochmals aufgenommen in Ziffer I.1 letzter Absatz des Tenors dieser Entscheidung) für insgesamt 11 Veranstaltungen um lediglich eine Stunde vorgenommen hat. Nach Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie ist eine Verschiebung der Nachtzeit von bis zu zwei Stunden zulässig, wobei die Anzahl der Tage (24 Stunden-Zeitraum) mit seltenen Veranstaltungen 18 pro Kalenderjahr nicht überschreiten soll. Eine Überschreitung des Beurteilungspegels vor den Fenstern im Freien von 70 dB(A) tags und/oder 55 dB(A) nachts (vgl. Ziffer 4.4.2 der Freizeitlärm-Richtlinie) können nach den Gutachten des Büros ... ausgeschlossen werden. Die Kammer verkennt bei ihrer Entscheidung auch nicht, dass die Verschiebung des Beginns der Nachtzeit in drei Fällen (Sonderveranstaltungen) nicht auf Abende vor Samstagen, sowie Sonn- und Feiertagen beschränkt wurde und sich die Veranstaltungen auch über mehrere Wochenenden erstrecken (vgl. Ziffer 4.4.3 Spiegelstriche 2 und 3 der Freizeitlärm-Richtlinie), hält dies aber insbesondere angesichts des Umstands, dass die Verschiebung nur um eine Stunde erfolgt, im konkreten Fall noch für zumutbar.

Nach allem begegnet die Entscheidung, für insgesamt elf Veranstaltungen die Regelungen der Freizeitlärm-Richtlinie für seltene Ereignisse heranzuziehen und die Nachtzeit jeweils um eine Stunde zu verschieben, nach summarischer Prüfung keinen Bedenken.

2.2.6.

Der Anspruch der Antragsteller auf Einsichtnahme in die Ergebnisse der gemäß „Auflage“ Ziffer 10.1 und 10.2 des Bescheidentwurfs durchgeführten Messungen durch ein qualifiziertes Ingenieurbüro ergibt sich bereits daraus, dass der betroffene Nachbar ansonsten keine Möglichkeit hätte zu prüfen, ob er in seinen Rechten verletzt wird. Ein solcher Anspruch wäre deshalb bereits aus Art. 19 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 LStVG herzuleiten. Denn mit der Nennung der Nachbarschaft in Abs. 4 Satz 1 räumt die Vorschrift dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz ein, der Nachbar kann eine Verletzung eigener Rechte durch die Veranstaltung rügen und gegen diese Veranstaltung auch im Verwaltungsrechtsweg vorgehen (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 19 Rn. 105). Darüber hinaus ergibt sich ein Anspruch auch aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Der Regelstreitwert von 5.000,00 EUR, der hiernach zugrunde zu legen war, war nach Satz 1 der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für das Eilverfahren zu halbieren, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.