Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 07. Juni 2017 - Au 8 K 16.31019

bei uns veröffentlicht am07.06.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der Kläger, nach eigenen Angaben am ... 1992 in ... (Afghanistan) geboren und afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit beantragte am 21. Januar 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asyl.

Im Rahmen des Datenabgleichs wurde als Einreisedatum der 19. Dezember 2012 erfasst. Er habe die Schule bis zur fünften Klasse besucht. Seine wirtschaftliche Situation sei gut. In seiner Heimat lebe noch die Großfamilie.

Bei der Anhörung nach § 25 AsylG am 21. Mai 2013 beim Bundesamt gab der Kläger an, eine Tazkira und Reisepass in Afghanistan zu haben. Er habe den Pass vor ca. sechs Jahren beantragt, weil er in den Iran gewollt habe. Seine Eltern, ein Bruder und eine Schwester befänden sich immer noch in seiner Heimat. Sein Bruder (...) sei acht Jahre alt und seine Schwester (...) etwas älter als er und bereits verheiratet. Weitere Geschwister habe er nicht. Ferner lebten noch mehrere Onkel und Tanten im Heimatland. Er habe mit seiner Familie auf dem landwirtschaftlichen Hof gearbeitet, die wirtschaftliche Situation sei durchschnittlich gewesen. Afghanistan habe er im Juli 2008 verlassen. Er sei über den Iran und die Türkei nach Griechenland gelangt, wo er sich von Ende 2008 bis Dezember 2012 aufgehalten habe. Für die Schleusung bis nach Griechenland habe er 7.000 US-Dollar bezahlt. Das Geld habe er von der Verpachtung eines Teils seines Landes erwirtschaftet.

Zum Verfolgungsschicksal befragt erklärte der Kläger im Wesentlichen, dass ein Onkel Mitglied der islamistischen Partei „Hezb-e-Islami“ gewesen sei und er von Gegnern vor ca. 20 Jahren bei einem Bombenanschlag, der eigentlich dem Anführer der Bewegung gegolten habe, getötet worden sei. Zwei Monate vor seiner Ausreise im Jahr 2012 habe es wegen der früheren Ereignisse Schüsse gegeben, rund eineinhalb Monate später sei er wiederum beschossen worden. Sein Vater habe ihm erklärt, dass dies mit den Ereignissen in der Vergangenheit zusammenhänge. Auf Nachfrage führte der Kläger aus, dass die Kinder der von seinem Onkel getöteten Personen nunmehr Rache an ihm nehmen würden. Sein Vater sei nicht bedroht worden, ältere Personen würde man in Ruhe lassen. Er persönlich habe mit den Taliban oder anderen öffentlichen Stellen keine Probleme gehabt, nur in der Schule, in die er gegangen sei, habe es eine Explosion gegeben. Dabei seien auch zwei seiner jüngeren Brüder getötet worden. Nach Afghanistan könne er nicht zurück. Er sei in den letzten beiden Monaten vor der Ausreise zweimal beschossen worden.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 3. Juni 2016, zugestellt am 2. Juli 2016, den Asylantrag ab (Nr. 2), erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft noch den subsidiären Schutzstatus zu (Nrn. 1 und 3) und stellte fest, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (Nr. 4). Die Abschiebung nach Afghanistan wurde angedroht (Nr. 5) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate befristet (Nr. 6). Der klägerische Vortrag sei unglaubhaft. Es sei nicht nachvollziehbar, dass 20 Jahre nach der Tötung seines Onkels und des Parteiführers gerade der Kläger für die Tat büßen solle. Der Kläger verfüge über familiäre Beziehungen und habe Land verpachtet, so dass seine wirtschaftliche Existenz gesichert erscheine.

Hiergegen ließ der Kläger am 11. Juli 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben. Für ihn ist zuletzt beantragt,

1. den Bescheid des Bundesamts in den Ziffern 4 bis 6 aufzuheben und 

2. die Beklagte zu verpflichten, das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Am 3. August 2016 legte das Bundesamt die dort geführten Akten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Mit Beschluss vom 8. September 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Telefax vom 31. Mai 2017 und 1. Juni 2017 legte die Prozessbevollmächtigte des Klägers diverse Atteste vor, wonach der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung und schweren depressiven Episode leide. Aufgrund der Suizidalität sei der Kläger nicht in der Lage, seine wirtschaftliche Existenz zu sichern.

Das Bezirkskrankenhaus ... diagnostizierte laut Bericht vom 9. Mai 2017 eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen und eine posttraumatische Belastungsstörung. Der Kläger habe sich vom 4. März bis 13. April 2017 in stationärer Behandlung befunden. Er habe Zukunftsängste geäußert und Probleme beim Einschlafen gehabt. Er habe Sehnsucht nach seiner Familie und zugleich Angst vor einer Abschiebung. Laut biographischer Anamnese habe der Kläger zwei Geschwister, vier seiner Brüder wären schon verstorben, zwei als Babys und zwei wären bei einem Bombenanschlag in der Schule ums Leben gekommen. Sein Clan habe eine Fehde mit einem anderen Familienverband, weil sein Onkel ein Mitglied des verfeindeten Clans ermordet hätte. Er rechne mit Vergeltung. Laut psychischem Befund bei der Aufnahme würden sich keine Hinweise auf Suizidalität ergeben. Zum Zeitpunkt der Entlassung bestünde ebenfalle keine akute Selbst- und Fremdgefährdung. Eine gewisse affektive Besserung sei erreicht worden.

Laut fachärztlichen Befundbericht von, Arzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie,, vom 26. Mai 2017 wurde beim Kläger eine schwere depressive Episode mit psychotischen Anteilen, eine somatisierte Depression sowie eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Zur Vorgeschichte wurde ausgeführt, dass der Kläger seine Heimat wegen zweier Mordanschläge aus Rache für zwei von seinem Onkel ermordete Personen verlassen habe. Nach Ablehnung im Asylverfahren habe sich sein Befinden verschlechtert. Nach dem Befund vom 7. Februar 2017 bestünde kein Hinweis für eine akute Suizidalität. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs werden u.a. eine Angst vor Blutrache im Heimatland und die Ungewissheit im Asylverfahren als destabilisierende Faktoren geschildert. Weiter werden Erinnerungen an die Tötung seiner acht- bzw. neun Jahre alten Brüder, Konflikte mit einem verfeindeten Clan und die andauernde Bedrohung durch diesen sowie die beiden Mordanschläge dargelegt. Eine Exposition des Klägers in seine Heimat sei mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben verbunden, eine neuerliche suizidale oder psychotische Dekompensation sei nicht auszuschließen.

..., Psychologin bei, diagnostizierte beim Kläger laut Befundbericht vom 1. Juni 2017 ebenfalls eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen, teilremittiert, und lehnte eine Rückführung wegen extremer Destabilisierung und damit zu erwartender deutlicher Verschlechterung der depressiven Symptomatik ab. Nach Angaben des Klägers seien drei weitere Brüder noch vor seiner Geburt bei einem Bombenanschlag auf eine Schule getötet worden. Er selber habe die weiterführende Schule wegen der räumlichen Nähe zur verfeindeten Großfamilie nicht besuchen können. Nach Entzug der Arbeitserlaubnis und wegen der Unsicherheiten hinsichtlich seines Aufenthalts in Deutschland habe er Anfang des Jahres stationär behandelt werden müssen. Der Kläger sei dringend und langfristig behandlungsbedürftig.

Am 7. Juni 2017 fand mündliche Verhandlung statt. Die Klage wurde in der mündlichen Verhandlung auf die Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten beschränkt. Das Gericht hat den von der Klagerücknahme erfassten Verfahrensteil per Beschluss abgetrennt, unter dem Az. Au 8 K 17.33331 fortgeführt und eingestellt. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beklagten verhandeln und über die Klage entscheiden, da die Ladung den Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO enthielt.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt, dass auch wegen der Erkrankungen des Klägers zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht angenommen werden können. Aus den vorgelegten Attesten gehen zwar die Diagnosen hervor, allerdings liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Hierzu verhalten sich die vorgelegten Atteste nicht hinreichend deutlich, da nur allgemein von einer „deutlichen Verschlechterung“ bzw. einer „nicht auszuschließenden Dekompensation“ die Rede ist, ohne dass dies näher quantifiziert wird, zumal das Bezirkskrankenhaus ... im Befundbericht vom 9. Mai 2017 keine Hinweise mehr auf akute Selbst- und Fremdgefährdung sieht. Nach dem Befund von ... vom 26. Mai 2017 besteht ebenfalls kein Hinweis für eine akute Suizidalität. Hinzu kommt, dass, wenn wie hier das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt wird und die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen werden, in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich ist, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 2.12.2013 – 11 ZB 13.30303 – juris Rn. 8; B.v. 17.10.2012 – 9 ZB 10.30390 – juris Rn. 7).

Diesen Anforderungen werden die vorgelegten Atteste nicht gerecht: Der Kläger ist vor fasst neun Jahren aus seiner Heimat aus- und nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Griechenland vor rund viereinhalb Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er hat aber erst im Zusammenhang mit der Ablehnungsentscheidung des Bundesamts und dem Entzug der Arbeitserlaubnis Erkrankungen auf dem psychiatrischen Gebiet geltend gemacht bzw. sich in Behandlung begeben. Eine tragfähige und schlüssige Begründung dafür, warum der Kläger seine auf (traumatisierende) Erlebnisse in seinem Heimatland zurückzuführende Erkrankungen nicht früher behandeln hat lassen und geltend gemacht hat, hat der Kläger nicht angegeben. Ferner entbehren die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen einer Abklärung, ob bzw. inwieweit die vom Kläger geschilderten Erlebnisse auf wirklich Erlebtem beruhen. Es fehlt an einer fundierten, ernsthaften und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Angaben des Klägers. Diese werden vielmehr als wahr unterstellt und zur Grundlage der Diagnose gemacht, ohne dass sich diese so aus dem Vortrag des Klägers im Asylverfahren ergeben hätten. Die Feststellung der behaupteten traumatisierenden Ereignisse aber ist Gegenstand der gerichtlichen Sachverhaltswürdigung und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 17.10.2012 – 9 ZB 10.30390 – juris Rn. 7).

Das Bundesamt hat im Asylerstverfahren das vom Kläger geltend gemachte Vorfluchtgeschehen insgesamt als unglaubhaft eingestuft. Auch für das Gericht ergeben sich aus den im streitgegenständlichen Bescheid dargelegten Gründen erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des klägerischen Vorbringens. So ist es für das Gericht schlichtweg nicht nachvollziehbar, weshalb erst nach einem Zeitraum von 20 Jahren wegen Handlungen eines Onkels am Kläger Rache verübt werden soll, zumal dieser Onkel seinerseits bei einem Anschlag ums Leben gekommen sei. Schließlich sind auch die Darstellungen zu den weiteren Fluchtgründen unstimmig. So gab der Kläger zu Beginn der Anhörung an, neben den beiden namentlich genannten Geschwistern keine weiteren Brüder und Schwestern zu haben. Später erklärte er dann, dass zwei jüngere Brüder bei einem Bombenanschlag auf die Schule getötet worden seien. Dies deckt sich aber wiederum nicht zu den eigenanamnestischen Angaben in den ärztlichen Befundberichten. Dort ist einmal von drei getöteten Brüdern die Rede (..., vom 1.6.2017 S.2), an anderer Stelle wird von vier mittlerweile verstorbenen Geschwistern gesprochen (Bezirkskrankenhaus, vom 9.5.2017 S. 2). Außerdem wird nicht klar, ob sein Onkel seinerzeit Partei- oder Familienfeinde getötet habe (siehe hierzu bspw. BA-Akte Bl. 47; Bezirkskrankenhaus, vom 9.5.2017 S. 2). Schließlich sind auch die Angaben in zeitlicher Hinsicht widersprüchlich, da der Kläger im Jahr 2012 Opfer des Anschlagsversuchs gewesen sein will, vorher aber erklärte bereits im Juli 2008 sein Heimatland verlassen zu haben (BA-Akte Bl. 46). Es bestehen angesichts dieser konträren Schilderungen Zweifel an dem Vorliegen der behaupteten traumatisierenden Ereignisse.

Hinzu kommt, dass die ärztlicherseits festgestellten Symptome ihre Ursache (auch) in der derzeitigen Aufenthaltssituation inklusive der Trennung von der Familie haben. Indes führt eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes für sich genommen regelmäßig nicht zu einem Abschiebungsverbot. Indem das Asylverfahrensgesetz ebenso wie etwa das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur beim Vorliegen besonderer Umstände, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten (vgl. zu inlandbezogenen Abschiebungsverboten: OVG NW, B.v. 15.9.2004 – 18 B 2014/04 – juris Rn. 8; B.v. 4.11.2005 – 18 B 94/05 – juris Rn. 7; B.v. 17.2.2006 – 18 B 52/06 – juris Rn. 6 m.w.N.).

Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger gesundheitlichen Einschränkungen unterliegt. Allerdings ist bei den den Stellungnahmen zugrunde gelegten Symptomen nicht zu erkennen, wie hierdurch auch bei einer fehlenden Behandlungsmöglichkeit wesentliche oder lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorgerufen werden können. Auch bei Depressionen treten nicht zwangsläufig erhebliche Gefahren für Leib oder Leben ein, wenn die Behandlung nicht durchgeführt wird. Gleiches gilt für eine posttraumatische Belastungsstörung; auch diese stellt im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG für sich gesehen keine lebensbedrohliche oder ähnlich schwerwiegende Erkrankung dar, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet (vgl. VG Stuttgart, U.v. 14.3.2017 – A 11 K 7407/16 – juris Rn. 69). Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern; eine abschiebungsschutzrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt deshalb nicht vor, wenn lediglich eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist (vgl. OVG NW, B.v. 14.6.2005 – 11 A 4518/02.A – AuAS 2005, 189; B.v. 27.1.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn 32 m.w.N.). Hinzu kommt, dass eine psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung nicht von vornherein ausgeschlossen ist (siehe Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, vom 5.4.2017). Angesichts der wirtschaftlichen Situation des Klägers (s.u.) steht nicht fest, dass der Kläger die erforderliche ärztliche und medikamentöse Behandlung in Afghanistan nicht erhalten wird.

Schließlich ergibt sich eine extreme allgemeine Gefahrenlage für den Kläger weder in seiner Heimatregion noch in Kabul als möglichem Zielort der Abschiebung im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage. Er ist volljährig, arbeitsfähig und mit den Lebensverhältnissen in Afghanistan vertraut. Die wirtschaftliche Situation der Familie wurde als gut geschildert. Der Kläger bzw. seine Eltern verfügen beispielsweise über Grundbesitz, welcher teilweise verpachtet wird. Zumindest Verwandte mütterlicherseits leben in Afghanistan. Das Gericht ist daher der Überzeugung, dass der Kläger jedenfalls in seiner Heimat ggf. mit Unterstützung seiner (Groß)Familie seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309; B.v. 14.12.2016 – 13a ZB 16.30139 – Rn. 4, 6 m.w.N.). Im Übrigen sind unter Berücksichtigung der Auskunftslage insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position, die durchaus auch Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts eröffnet (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.2013 – 13a B 12.30052 – juris Rn. 12). Schließlich stehen ihm auch Rückkehrhilfen zur Verfügung (vgl. VG Augsburg, U.v. 18.10.2016 – Au 3 K 16.30949 – juris Rn. 21 m.w.N.), die jedenfalls für die Anfangszeit einer Wiedereingliederung des Klägers in die afghanischen Verhältnisse sein Auskommen sichern, bis er aus eigener Kraft seinen Lebensunterhalt sichern kann (aus GARP-Mitteln 500 Euro je Erwachsener, aus ERIN-Mitteln ca. 700 Euro, näher dazu VG Augsburg, U.v. 18.10.2016 – Au 3 K 16.30949 – juris Rn. 21 m.w.N.).

Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34, § 38 Abs. 1 AsylG.

Nachdem sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als rechtmäßig erweist, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 108


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34 Abschiebungsandrohung


(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn 1. der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,2. dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wir

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über W

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

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(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der nach eigenen Angaben am ...1982 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 14.08.2010 in das Bundesgebiet ein. Am 26.08.2010 beantragte er die Gewährung von Asyl.
Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 06.09.2010 trug der Kläger vor, sein Personalausweis und sein Reisepass befänden sich noch im Iran. Dort hielten sich gegenwärtig sein Vater, vier Schwestern und drei Brüder auf. Die wirtschaftliche Situation seiner Familie im Iran sei gut gewesen. Den Militärdienst habe er nicht geleistet, er sei befreit gewesen. Unweit seines Wohnortes habe sich der Parteistab von Herrn Mussawi befunden. Dort sei er aktiv gewesen. Im Iran habe er an allen Demonstrationen teilgenommen. Am 27.03.1388 seien neun Freunde von ihm festgenommen worden. Diese Personen seien später wieder freigekommen. Daraufhin seien Bassijis zu ihm gekommen und hätten ihn bedroht. Am 30.03.1388 (20.06.2009) sei er nach Teheran gefahren. Dort habe er auf dem Platz Azadi an einer Demonstration teilgenommen. Am 6./7.10.1388 (27./28.12.2009) habe seine ganze Familie an einer Demonstration teilgenommen. Seine Schwester sei dabei zusammengeschlagen und sein Cousin festgenommen worden. Bei dieser Demonstration habe er Autos angezündet und sich an körperlichen Auseinandersetzungen beteiligt. Bei einer weiteren Demonstration am 22.11.1388 (11.02.2010) habe er mit anderen zusammen einen Polizeikiosk, Autos und Motorräder angezündet. Sein Freund H sei festgenommen worden, er habe fliehen können. Bei seinem Freund M habe er übernachtet. Auch dieser Freund habe an den Demonstrationen teilgenommen. Am nächsten Tag habe er von seiner Schwester erfahren, dass Sicherheitskräfte ihn zu Hause gesucht hätten. Am 26.11.1388 (15.02.2010) sei sein Vater festgenommen und einen Tag lang festgehalten worden. Am 29./30.11.1388 (21./22.02.2010) hätten Sicherheitskräfte den PC seiner Schwester beschlagnahmt und seinen jüngeren Bruder festgenommen, diesen aber am selben Tag wieder freigelassen. Er selbst sei zu seinem Onkel in das Dorf Khalal gefahren und habe sich dort vier Monate aufgehalten. Sein Onkel habe sich dann um seine Ausreise gekümmert. Die Ausreise sei es von seinem Vater und seinem Onkel finanziert worden.
Mit Bescheid vom 23.02.2011 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG nicht vorliegen und drohte dem Kläger mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung in den Iran an.
Am 04.03.2011 hat der Kläger Klage erhoben und in der mündlichen Verhandlung vom 26.01.2012 vorgetragen, im Iran habe er im Geschäft seines Vaters mitgearbeitet. Sein Vater habe einen Hühner-Schlachthof besessen sowie eine eigene Verkaufsstelle. Er selbst habe in Karaj einen Saftladen eröffnet, der finanziell gut gelaufen sei. Nach den Protesten an den Universitäten im Jahr 1999 habe er angefangen, sich für Politik zu interessieren, aber noch keine Aktivitäten unternommen. Erst nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2009 sei er aktiv geworden. Die erste Demonstration, an der er teilgenommen habe, sei unmittelbar am Tag nach der Wahl gewesen. Von diesem Zeitpunkt an habe er an sehr vielen Demonstrationen teilgenommen. Die ganze Familie habe an den Demonstrationen mitgemacht. Ein Freund von ihm sei gleich zu Beginn der Demonstrationen festgenommen worden, in den Folgetagen seien auch andere Freunde verhaftet worden. Ein Cousin sei einen Monat oder 40 Tage inhaftiert gewesen.
Mit Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11 wies das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage ab. Der hierauf eingelegte Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg (VGH Mannheim, Beschl. v. 27.02.2014 - A 3 S 654/12).
Mit Schriftsatz vom 11.07.2014 stellte der Kläger einen Asylfolgeantrag und brachte zur Begründung vor, Freunde hätten ihm positiv von der persischen christlichen Gemeinde in Stuttgart erzählt. Er sei dann schließlich in den Gottesdienst gegangen, der jeden Samstagabend zwischen 18:00 Uhr und 21:00 Uhr stattfinde. Beim Gottesdienst und in der Kirchengemeinde habe er sich sehr wohl gefühlt. Bei den Treffen werde gebetet und gesungen und es gebe eine Predigt des Pfarrers. Er habe eine Bibel in persischer Sprache erhalten und lese seitdem regelmäßig darin. Am 28.07.2012 sei er in der persischen Kirchengemeinde getauft worden. Vor der Taufe und zum Zeitpunkt der Taufe sei er zwar Mitglied in der Gemeinde, vom christlichen Glauben jedoch noch nicht absolut überzeugt gewesen. Nach der Taufe habe sich das Glaubensleben und die Glaubensüberzeugung intensiviert. Erst danach sei ihm so richtig klar geworden, was Jesus Christus und der christliche Glaube für ihn und sein Leben bedeuteten. Erst in den letzten Monaten habe er einige große Schritte im Glauben gemacht. In letzter Zeit seien auch einige neue Personen durch ihn zur christlichen persischen Gemeinde hinzugekommen. Seine Glaubensüberzeugung habe sich in den letzten Monaten stark intensiviert. Er lese in den letzten 2 Monaten viel mehr in der Bibel und habe auch in den letzten beiden Monaten noch mehr Kontakt zu den anderen Mitgliedern der Gemeinde. Der christliche Glaube sei der wichtigste Bestandteil seines Lebens. Er könne diesen Glauben nicht verleugnen. Aufgrund seines christlichen Glaubens habe er zu Personen im Iran keinen bzw. kaum noch Kontakt.
Pfarrer A H der persischen Gemeinde Ludwigsburg trug mit Schreiben vom 14.06.2014 vor, der Kläger sei Mitglied der persischen Gemeinde. Er besuche regelmäßig den Gottesdienst. Der Kläger sei ein entschiedener Christ und habe in den letzten Monaten einige große Schritte im Glauben gemacht. Er diene Gott so, wie er es könne. Durch ihn seien einige Leute zu der Gemeinde gekommen. Dies zeige, dass der Kläger mit Überzeugung glaube und diese Überzeugung auch Auswirkung auf andere Menschen habe.
Mit weiterem Schriftsatz vom 13.11.2014 trug der Kläger vor, er leide an einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung, an einer mittelschweren bis schweren Depression und an einem Alkoholabusus. Psychiatrisch müsse er mit Medikamenten sowie durch eine Gesprächstherapie behandelt werden. Sowohl die psychiatrische Therapie als auch die Alkoholentzugstherapie müssten stationär in einem Krankenhaus stattfinden.
In der vorgelegten ärztlichen Stellungnahme von Refugio Stuttgart vom 08.11.2014 führte Dr. F aus, der Kläger lebe in einer großen Asylunterkunft und leide unter dem Lärm, der Enge und den häufigen Polizeieinsätzen. Nach Unstimmigkeiten unter den Bewohnern, während derer er aggressiv gegen Landsleute geworden sei, habe er vielfach das Zimmer wechseln müssen. Eine gewisse Tagesstrukturierung bestehe nur, solange er an Sprachkursen teilnehme oder Sport im Fitness-Studio treibe. Um Schlafstörungen zu begegnen trinke er Wodka, gelegentlich auch im Exzess. Im Jahr 1993 sei die Mutter des Klägers nach einem Verkehrsunfall gestorben, als er 11 Jahre alt gewesen sei. Anschließend habe es langanhaltende, schwere Selbstanklagen gegeben. Während des gemeinsamen Militärdienstes seien zwei Freunde aus ungeklärten Umständen gestorben. Im Iran sei er zudem unfreiwillig Zeuge öffentlicher Hinrichtungen und Auspeitschungen geworden. Anlässlich der Teilnahme an Demonstrationen in den Jahren 2009 und 2010 habe er wiederholt Gewalt erlebt. Von Sicherheitskräften sei er geschlagen und Freunde seien festgenommen worden. Beim Kläger sei vom Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit mittelschwerer bis schwerer Depression auszugehen. Er sei latent suizidal gefährdet und unbedingt behandlungsbedürftig. Der plötzliche Tod seiner Mutter nach einem Verkehrsunfall habe bei dem damals 11-jährigen Kläger zu einem ersten schweren traumatischen Verlust mit Gefühlen von Verlassenheit, Angst und Ohnmacht geführt. Zudem habe er geglaubt, ihn selbst mit verschuldet zu haben. Der Tod von zwei nahestehenden Freunden während des Militärdienstes sei ein erneuter schwerer persönlicher Verlust gewesen. Die Ablehnung im Asylerstverfahren sei eine weitere traumatische Erfahrung gewesen. Beim Kläger bestehe ein massiver Stress und eine nicht mehr steuerbare innere Erregung. Diese ständige Übererregung finde Ausdruck in quälender Schlaflosigkeit, erhöhter Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit und führe zu Beeinträchtigungen in den Bereichen Wahrnehmung, Konzentration und Gedächtnis.
10 
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie A führte in ihrem fachärztlichen Attest vom 06.10.2015 aus, der Kläger befinde sich seit dem 04.08.2015 in ihrer ambulanten nervenärztlichen Behandlung. Bei ihm besteht eine mittelgradige Depression. Der Kläger werde medikamentös behandelt und habe psychotherapeutische Einzelgespräche bei Refugio in Stuttgart.
11 
Bei der Anhörung in Eningen am 20.10.2016 trug der Kläger vor, er habe psychische Beschwerden und sei auch in therapeutischer Behandlung. Sein Personalausweis und sein Reisepass befänden sich nach wie vor im Iran. Zwei Brüder, vier Schwestern, sein Vater und die übliche Großfamilie hielten sich noch im Iran auf. Im Jahr 2011 oder 2012 seien Personen in das Flüchtlingscamp gekommen und hätten mitgeteilt, dass es in Berlin eine Demonstration geben werde. Er habe sich dann entschlossen, dort teilzunehmen. Sie hätten vor dem iranischen Konsulat demonstriert. Das Konsulat habe Aufnahmen von der Demonstration angefertigt. Nach seiner Ankunft in Deutschland habe er eine iranische Kirche entdeckt. Aus Neugier habe er diese besucht. Dadurch sei sein Interesse geweckt worden und er habe sich mit dem Glauben auseinandergesetzt. In der iranischen Kirchengemeinde habe er an Unterrichtsstunden teilgenommen. Dies habe 2 Monate gedauert. Seit ca. einem Jahr besuche er die Citykirche in Stuttgart. Im Iran habe er kein Interesse am Islam gehabt. Die Bibel habe er mittlerweile komplett gelesen. Er gehe jede Woche zur Kirche. Die Dinge, die er in der Bibel gut gefunden habe, habe er weitererzählt. Hierdurch hätten sich drei andere Personen bei den Unterrichtsstunden angemeldet. Vor 2 Tagen sei eine dieser drei Personen getauft worden. Seine Familienangehörigen habe er von seiner Konversion erzählt. Sein Vater habe sich ein bisschen geärgert, der Rest der Familie habe dies akzeptiert. Bei einer Rückkehr in den Iran werde er Christ bleiben. Durch den Glaubenswechsel sei er ruhiger geworden. Aus ihm sei ein anderer Mensch geworden. Früher sei er ein schlechter Mensch gewesen. Er habe viele schlimme Dinge gemacht.
12 
Mit Schreiben vom 14.10.2016 teilte die Diakonin der Citykirche Stuttgart - Frau G - mit, der Kläger nehme regelmäßig am Wochenschlussgottesdienst in der Stiftskirche teil. Außerdem besuche der Kläger seit Mitte Juli 2016 den Taufunterricht. Fragen des christlichen Glaubens bewegten und beschäftigten den Kläger. Praktische Hilfe sei für ihn selbstverständlich und eine Freude.
13 
Mit Schreiben vom 30.07.2016 teilte Pfarrer V der Stiftskirche Stuttgart mit, mit großer Regelmäßigkeit nehme der Kläger an den Gottesdiensten teil. Seit einigen Wochen sei er auch beim Taufunterricht dabei, der im Anschluss an die Gottesdienste mit Menschen aus dem Iran und Afghanistan erfolge. Dort bringe er seine Erfahrungen für andere ein. Beim Gemeindefest habe der Kläger das ganze Wochenende mitgearbeitet.
14 
Mit Schreiben vom 09.08.2016 teilte die Sozialpädagogin S von Refugio Stuttgart mit, der Kläger mache einen stark hoffnungslosen und labilen Eindruck. Ohne eine therapeutische Begleitung, eine koordinierte psychiatrische Versorgung und ohne einen gesicherten Aufenthalt bestehe eine akute Suizidalität.
15 
Mit Bescheid vom 27.10.2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag als unzulässig ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen und drohte dem Kläger mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung in den Iran an. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 Abs. 1 AsylG seien nicht erfüllt. Der Kläger habe die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG versäumt. Auch sei eine Änderung der Sachlage nicht gegeben.
16 
Am 08.11.2016 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, am 28.07.2012 sei er in der persisch-christlichen Kirchengemeinde getauft worden. In dieser Gemeinde habe er sich später nicht mehr wohl gefühlt. Ende des letzten Jahres habe er die Evangelische Stiftskirchengemeinde in Stuttgart kennengelernt. Im biblischen Unterricht für Täuflinge bringe er sich mit seinen Kenntnissen und Glaubenserfahrungen positiv ein. Gespräche mit Menschen, die Gott suchten und kennen lernen möchten, seien ihm wichtig. Seit Ende November letzten Jahres sei er offiziell Mitarbeiter in der Stiftskirchengemeinde. Er sei als Kirchenwächter tätig und sorge dafür, dass die Kirche täglich für Gäste geöffnet sei. Außerdem sorge er im Außenbereich der Kirche für Sauberkeit und helfe tatkräftig beim Auf- und Umbau in der Kirche. Täglich bete er zu Gott und zu Jesus. Er habe im Raum Stuttgart mehrere Personen hinsichtlich seines christlichen Glaubens angesprochen und diese zum christlichen Glauben gebracht. Bei ihm bestehe eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung, eine rezidivierende depressive Störung mit aktuell schwerer Episode als Traumafolgestörung und ein Alkoholabhängigkeitssyndrom. Wegen dieser Erkrankungen werde er medikamentös behandelt und erhalte eine Traumatherapie bei Refugio Stuttgart.
17 
Der Kläger beantragt,
18 
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27.10.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
19 
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen;
20 
höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen;
21 
weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf Null ab dem Tag der Abschiebung zu befristen.
22 
Die Beklagte beantragt,
23 
die Klage abzuweisen.
24 
Sie verweist auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids.
25 
Mit Schreiben vom 08.12.2016 teilten Pfarrer V und die Diakonin G der Evangelischen Stiftskirche Stuttgart mit, der Kläger sei in der Stiftskirchengemeinde aktiv und sehr engagiert. Im biblischen Unterricht für Täuflinge bringe er sich mit seinen Kenntnissen und Glaubenserfahrungen positiv ein. Das persönliche Bibelstudium sei für ihn eine Quelle, die seinem Leben Halt und Fundament gebe. Der Kläger habe erfahren, was Vergebung und die Chance eines Neuanfangs bedeuteten. Das Gebot der Nächstenliebe sei ihm zur Handlungsgrundlage geworden. Der Kläger sei inzwischen offiziell als Mitarbeiter innerhalb der Stiftskirche ehrenamtlich tätig. Als Kirchenwächter sorge er dafür, dass die Kirche täglich für Gäste geöffnet sein könne. Im Außenbereich der Kirche sorge der Kläger für Sauberkeit und unterstütze Auf- und Umbauarbeiten in der Kirche zuverlässig und tatkräftig.
26 
Mit Schreiben vom 08.12.2016 trug der Kläger weiter vor, den islamischen Glauben habe er im Iran nicht wirklich praktiziert. Nach einer Verhandlung bei einem Strafgericht in Deutschland habe er angefangen, intensiv die Bibel zu lesen. Nachdem er vom iranischen Pfarrer wegen seiner intensiven Fragen gerügt worden sei, habe er sich eine deutsche Gemeinde gesucht. Ihn habe beschäftigt, was es bedeute, Gott wirklich vertrauen zu können. In der Kirche finde er Ruhe und komme zur Ruhe. Er habe erkannt, dass Gott Interesse an ihm habe. Dies sei der Grund gewesen, sich taufen zu lassen. Im Iran werde er bekennen, dass er Christ geworden sei. In Deutschland sei ihm jegliche Erwerbstätigkeit untersagt. Dies sei für ihn sehr ernie-drigend. Seine Depressionen hingen hiermit zusammen.
27 
In der vorgelegten psychologischen Stellungnahme von Refugio Stuttgart vom 29.11.2016 führte die Psychologische Psychotherapeutin B aus, der Kläger werde seit Juli 2016 mit wöchentlichen Terminen psychologisch/psychotherapeutisch von Refugio begleitet. Als Jugendlicher und junger Mann sei er wiederholt auf der Straße festgehalten und geschlagen worden. Zweimal sei er in Haft gewesen. Die zweite Inhaftierung sei im Jahr 2007 gewesen. Drei Tage habe man ihn festgehalten. Während der Haft sei er mit einem Holzstück geschlagen worden. Er habe im Iran öfter an Demonstrationen teilgenommen und habe Demonstrationen selbst mit organisiert. In seinem Viertel sei bekannt gewesen, dass er Demonstrationen unterstütze. Als immer mehr Freunde und Verwandte festgenommen worden seien, sei er geflohen. In einem Lastwagen sei er von der Türkei bis nach Deutschland gebracht worden. Bei einer Abschiebung befürchte er erneute Inhaftierung, da er in den Jahren 2011/2012 in Berlin bei einer Demonstration mitgewirkt habe. In der Stiftskirche in Stuttgart arbeite er 2 bis 3 Stunden wöchentlich ehrenamtlich und nehme an einem Sprachkurs teil, der über die Kirche organisiert sei. Der Kläger sei seit früher Kindheit Opfer andauernder, sequenzieller Traumatisierungen geworden. Er erfülle die Kriterien der Diagnose einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung und einer depressiven Störung im Sinne einer Traumafolgestörung mit aktuell schwerer Ausprägung/Episode. Mit sechs Jahren sei er Zeuge von Ermordung von Bekannten geworden. Als junger Erwachsener sei er wiederholt Opfer von körperlicher Gewalt (Inhaftierung mit Schlägen, Verfolgung, Schusswechsel) und chronischen Bedrohungen sowie Anfeindungen geworden. Der Tod seiner Mutter habe zu einer schweren seelischen Erschütterung geführt und müsse als traumatisches Ereignis vermutet werden. Zudem sei er als Kind und Jugendlicher, aber auch als junger Erwachsener wiederholt schwer in seiner physischen Integrität verletzt worden. Die Gewalterlebnisse und die Verletzungs- und Bedrohungssituationen sowie der Todesfall der Mutter führten beim Kläger täglich tagsüber zu einem unkontrollierbaren Wiedererinnern. Zudem bestünden häufige Albträume. Der Kläger habe von emotionaler Taubheit und Depersonalisation, Rückzugsverhalten und Interessensverlust im Alltag berichtet. Die autonome Übererregung bestehe in massiver, chronischer Anspannung, innerer Alarmiertheit/Schreckhaftigkeit und massiven Einschlaf- und Durchschlafstörungen sowie Gedächtnisschwierigkeiten im Alltag. Seit Sommer 2016 nehme der Kläger das Antidepressivum Doxepin. Durch erneute Konfrontation mit einer subjektiv als äußerst gefährlich eingeschätzten Situation im Iran käme es zu einer Retraumatisierung, verbunden mit einer massiven und lebensgefährlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes. Dies hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine irreparable und gravierende Schädigung der psychischen Restfunktionen zur Folge und führte zu einem Verlust der psychischen integrativen Fähigkeiten. Affektiv wäre mit weiteren Suizidversuchen, einer Verschlimmerung der Alkoholproblematik sowie mit einer weiter verminderten Selbstregulation/Kontrollverlust zu rechnen.
28 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, die Schule im Iran habe er bis zur zehnten Klasse besucht. Er habe sechs Geschwister, vier Schwestern und zwei Brüder. Drei Schwestern seien als Hausfrau tätig, alle anderen seien sonst erwerbstätig. Deren wirtschaftliche Lage sei normal. Seit fast zwei Jahren gehe er jede Woche einmal zu Refugio Stuttgart. Dort mache er bei der Psychotherapeutin B (mit Hilfe eines Dolmetschers) eine Gesprächstherapie. Außerdem sei er seit über einem Jahr bei einer Psychiaterin in Behandlung. Mit ihr spreche er über seine Schwindelanfälle, Stress, Schmerzen im Arm und Taubheitsgefühle. Von ihr erhalte er auch zwei Medikamente, die er zu sich nehme, wenn er sich sehr gestresst fühle. Auf Frage des Gerichts nach Festnahmen im Iran gab der Kläger an, er könne sich an eine Festnahme anlässlich der Wintervertreibung erinnern, als er ca. 24 Jahre alt gewesen sei. Damals sei er drei Tage lang auf einer Polizeizelle festgehalten und geschlagen worden. Man habe ihm Beleidigung oberster Führer und das Trinken von Alkohol vorgeworfen. Da er eine Sicherheitsleistung erbracht habe, sei er freigekommen. Ca. einen Monat später sei er vom Gericht freigesprochen worden. Zur eigenen wirtschaftlichen Situation im Iran trug der Kläger vor, dort habe er zusammen mit einem Cousin einen Laden betrieben, in dem sie zunächst Hähnchen, Fische und Eier verkauft hätten; später hätten sie den Laden in einen Saftladen umgewandelt. In dem Laden habe er bis zu seiner Ausreise gearbeitet. Auf Frage nach politischen Aktivitäten im Iran machte der Kläger geltend, seit der grünen Revolution im Jahr 1388 habe er an fast allen Demonstrationen teilgenommen. Seine erste Demonstrationsteilnahme sei direkt nach den Wahlen gewesen. Seine zweitälteste Schwester sei noch aktiver als er gewesen. Diese sei einmal verhaftet worden. Auch ein Cousin sei festgenommen worden. Er habe auch andere Leute bewegt, an Demonstrationen teilzunehmen; deshalb bezeichne er sich als Mitorganisator der Demonstrationen. Ein Mitglied des Wahlkomitees von Mussawi sei er nicht gewesen. Er habe nur dessen Wahlflyer verteilt. Nachdem Freunde festgenommen worden seien, sei er geflüchtet. Ca. 5 bis 7 Monate vor der Ausreise seien Leute in zivil an der Haustür erschienen und hätten seinem Vater ausgerichtet, er (der Kläger) solle sich bei Gericht melden. Er habe sich dann 3 bis 4 Monate an einem anderen Ort aufgehalten, bevor er den Iran verlassen habe.
29 
Zur Konversion trug der Kläger vor, im Jahr 2011 sei er in Kontakt mit dem Christentum gelangt; am Marienplatz habe es eine iranische Kirchengemeinde gegeben. Im Jahr 2010 sei er an einer Auseinandersetzung mit Afghanen beteiligt gewesen. Bei der Gerichtsverhandlung sei er von der Richterin gefragt worden, ob er Christ sei. Dies habe er verneint. Die Richterin habe ihm gegenüber den Wunsch geäußert, er möge zur Ruhe kommen. Aufgrund dieses Vorfalls habe er sich für die Konversion entschieden. Die Taufe habe in einer iranischen Gemeinde im Jahr 2012 stattgefunden. Im Taufunterricht seien die Bibel sowie die Taten und Wunder von Jesus Gegenstand gewesen. Auch jetzt nehme er noch am Taufunterricht für Menschen teil, die sich taufen lassen wollen. Er habe sich taufen lassen, da Jesus auf die Erde geschickt worden sei, um die Menschen zu retten. In der Gemeinde habe er Liebe, Ruhe und Frieden gefunden. Seine Geschwister habe er von seiner Konversion informiert, sein Vater wisse nicht Bescheid. Seine Schwestern seien aufgrund der Nachricht traurig gewesen, nicht jedoch seine Brüder, da diese nicht religiös seien. Auf Frage zu Unterschieden zwischen den verschiedenen christlichen Konfessionen gab der Kläger an, in der katholischen Kirche dürften Pfarrer nicht heiraten und dort dürfe man Worte der Bibel nicht deuten. Die protestantische Kirche sei von Martin Luther geschaffen worden. Dort obliege die Auslegung der Worte in der Bibel jedem selbst. Der hierarchische Aufbau der Evangelischen Landeskirche sei ihm nicht bekannt. Es gebe ein Altes Testament mit 39 Büchern sowie ein Neues Testament mit 27 Büchern. Die vier Evangelien seien von Markus, Matthäus, Lukas und Johannes geschrieben worden. Die Evangelien von Markus, Matthäus und Lukas ähnelten sich, stärkere Unterschiede enthalte das Johannesevangelium. Im Lukasevangelium sei die Apostelgeschichte enthalten und im Johannesevangelium die Offenbarungsgeschichte. Auf Frage zur Bergpredigt trug der Kläger vor, Jesus habe vor 5000 Anhängern gepredigt. Sie hätten jedoch nicht genug Verpflegung für die Menschen gehabt. Jesus habe dann die wenigen Brote und Fische vermehrt, so dass am Schluss noch zwölf Körbe übrig geblieben seien. Das Abendmahl und die Taufe seien ein Sakrament. Beim Abendmahl werde das Brot gebrochen und Wein getrunken; Wein als Sinnbild für Blut, das Jesus vergossen habe. Die Taufe versinnbildliche die Auferstehung und die Vergebung der Sünden. Christliche Feiertage seien Weihnachten (Geburt Jesu), Ostern (Auferstehung) und Pfingsten (Auffahrt Jesu in den Himmel). Auf Frage zu Unterschieden zwischen den Glaubensinhalten des Islam und des Christentum gab der Kläger an, im Islam gebe es Blutvergießen und Rache, während im Christentum eine direkte Beziehung des Menschen zu seinem Gott bestehe. Durch den Glaubenswechsel habe er neue Freunde gewonnen. Sein Glaube sei auf der Basis der Liebe aufgebaut. Er leiste Dienst in der Stiftkirchengemeinde, lese viel in der Bibel, schaue sich christliche Filme an und spreche mit anderen Menschen über seinen Glauben. Bei einer Rückkehr in den Iran würde er zu Jesus Christus stehen und ihn nicht verleugnen. Dort würden Konvertiten verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Samstag abends gehe er in den Gottesdienst. Danach gebe es ein Treffen in Anwesenheit eines Dolmetschers, wo über Jesus, sein Leben, seine Wunder und die Bibel gesprochen werde. Zum Ablauf des Gottesdienstes in seiner Gemeinde befragt gab der Kläger an, der Pfarrer spreche und am Ende finde das Abendmahl statt. Auf einer Tafel seien die Gebete notiert, die gebetet würden.
30 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
31 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
32 
Die auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 27.10.2016 gerichtete Klage ist zulässig. Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt, die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft und (hilfsweise) subsidiären Schutz zuzuerkennen, ist die Klage unzulässig. Denn statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist nur die Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - juris -). Einer Verpflichtungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Bundesamt nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch zur Durchführung eines Asylverfahrens verpflichtet ist.
33 
Soweit die Klage zulässig ist, ist diese nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Bundesamt hat den Asylfolgeantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt (1.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt (2.). Die dem Kläger angedrohte Abschiebung ist rechtlich nicht zu beanstanden (3.). Er hat auch keinen Anspruch auf Verkürzung der festgesetzten Frist im Hinblick auf das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (4.).
34 
1. Die Beklagte hat den Asylfolgeantrag des Klägers zu Recht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt, da ein weiteres Asylverfahren nach § 71 AsylG nicht durchzuführen ist.
35 
Nach § 71 Abs. 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegeben sind. Der Folgeantragsteller muss die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst und umfassend vortragen; d.h. das Gericht ist nicht befugt, bei der Prüfung des Folgeantrags andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359). Die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG müssen schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden (§ 71 Abs. 3 AsylG). So ist substantiiert auszuführen, inwiefern der Folgeantragsteller ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen schon im früheren Verfahren geltend zu machen und inwiefern er - es sei denn, dies wäre aktenkundig oder offensichtlich - die Drei-Monats-Frist (§ 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG) eingehalten hat (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 02.07.1998 - A 12 S 1006/97 - juris - und Urt. v. 23.03.2000 - A 12 S 423/00 - juris -). Einzelne neue Tatsachen, die zur Begründung nachgeschoben werden, brauchen jedoch - ausnahmsweise - nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG vorgetragen zu werden, wenn sie einen bereits rechtzeitig geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund bestätigen, wiederholen, erläutern oder konkretisieren, also nicht qualitativ neu sind, d. h. nicht aus dem Rahmen der bisher für das Wiederaufgreifen angeführten Umstände fallen und damit keinen neuen Wiederaufgreifensgrund darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.02.1998 - 9 C 28/97 - BVerwGE 106, 171). Die Frist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erlangt hat, zu laufen (§ 51 Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Das Erfordernis, die Drei-Monats-Frist nach § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG einzuhalten, gilt auch für sich prozesshaft entwickelnde Dauersachverhalte. Bei Dauersachverhalten ist die erstmalige Kenntnis von dem Dauersachverhalt maßgebend (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - NVwZ-Beilage I 2003, 19). Unbilligkeiten bei sich prozesshaft entwickelnden Dauersachverhalten werden dadurch vermieden, dass für die Gewährung von Abschiebungsschutz die Einhaltung der Drei-Monats-Frist unmaßgeblich ist. Hinreichende Darlegung im Sinne von § 71 Abs. 3 AsylG setzt zudem ein Mindestmaß an Klarheit, Überschaubarkeit und Verständlichkeit voraus, was ohne eine gewisse Strukturierung und inhaltliche Aufbereitung des Vorbringens nicht gelingen kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.06.1999 - A 6 S 2766/98 - juris -).
36 
Für die Bejahung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Asylverfahrens wegen nachträglicher Änderung der Sachlage nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist - neben dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG - notwendig, dass der Folgeantragsteller eine Änderung im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegten Sachlage glaubhaft und substantiiert vorträgt; er muss substantiiert die Umstände darlegen, die sich nach Abschluss des früheren Verfahrens geändert haben sollen. Außerdem ist die Geeignetheit der neuen Tatsachen für eine dem Asylbewerber günstigere Entscheidung schlüssig darzutun. Es genügt nicht, dass lediglich pauschale Behauptungen aufgestellt werden (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 02.07.1998 - A 12 S 1006/97 - juris -; OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - NVwZ-Beilage I 2003, 19). Die Darlegungen des Folgeantragstellers müssen eine ihm günstigere Entscheidung zumindest als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2000 - 2 BvR 39/98 - NVwZ-Beilage I 2000, 78; BVerwG, Urt. v. 07.03.1989 - 9 C 59/88 - Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG Nr. 9 und 10; OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 15.06.1999 - A 6 S 2766/98 - juris -). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vorliegt, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 - AuAS 2000, 152).
37 
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlt es im vorliegenden Fall an den Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.
38 
Der Kläger hat in seinem Asylfolgeantrag vom 11.07.2014 bereits die Geeignetheit des neuen Vorbringens für eine günstigere Entscheidung nicht dargetan. Dies braucht jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn er hat seinen Asylfolgeantrag auch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten (§ 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG) gestellt. Bei einer Konversion handelt es sich im Regelfall um einen sich prozesshaft entwickelnden Sachverhalt. In diesem Fall ist maßgeblich auf die förmliche Aufnahme als der nach außen erkennbaren Manifestation der Konversion abzustellen. Die Taufe des Klägers erfolgte am 28.07.2012. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 VwVfG Kenntnis von dem nunmehr in Anspruch genommenen Wiederaufgreifensgrund. Er hätte ihn demnach binnen drei Monaten geltend machen müssen. Tatsächlich ist der Asylfolgeantrag aber erst am 22.07.2014 gestellt worden. Zwar macht der Prozessbevollmächtigte des Klägers in seinem Schriftsatz vom 11.07.2014 geltend, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Taufe vom christlichen Glauben noch nicht absolut überzeugt gewesen und erst in den letzten Monaten habe sich das Glaubensleben und die Glaubensüberzeugung intensiviert. Der Kläger habe in den letzten zwei Monaten mehr in der Bibel gelesen und noch mehr Kontakt zu den anderen Mitgliedern der Gemeinde gehabt. Dieses Vorbringen genügt jedoch nicht für die Annahme einer entscheidungserheblichen Veränderung des Dauersachverhalts im Sinne eines Qualitätsumschlags. Um feststellen zu können, ob eine entscheidungserhebliche Veränderung des Dauersachverhalts eingetreten ist, hätte es eines substantiierten Vortrags bedurft. Der Kläger hätte ausführlich darlegen müssen, warum er zum Zeitpunkt der Taufe vom christlichen Glauben noch nicht absolut überzeugt war. Weiter ist sein Vorbringen, erst in den letzten Monaten habe er einige große Schritte im Glauben gemacht, unkonkret. Es bleibt auch offen, welche (weiteren) Erkenntnisse das geltend gemachte verstärkte Bibellesen und die vermehrten Kontakte zu anderen Mitgliedern der Gemeinde in den letzten zwei Monaten erbracht haben. Im Übrigen ist auch nicht glaubhaft, dass die am 28.07.2012 erfolgte Taufe des Klägers lediglich der Beginn auf dem Weg zu einer christlichen Glaubensüberzeugung war und ein Qualitätsumschlag erst viele Monate später (zur Wahrung der Dreimonatsfrist) in Folge des (intensiveren) Lesens der Bibel und des Kontakts zu anderen Mitgliedern der Gemeinde eingetreten ist. Dass der Übertritt zum christlichen Glauben erst ca. zwei Jahre nach der erfolgten Taufe abgeschlossen war, machte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend.
39 
Das Vorbringen des Klägers bei der Anhörung in Eningen am 20.10.2016, er habe im Jahr 2011 oder 2012 in Berlin an einer Demonstration vor dem iranischen Konsulat teilgenommen, stellt keinen beachtlichen Wiederaufgreifensgrund dar. Insoweit wurde nicht dargelegt, dass der Kläger außer Stande war, diesen Wiederaufgreifensgrund schon im früheren Verfahren geltend zu machen. Soweit der Kläger im Klageverfahren vortrug, seit Ende November letzten Jahres sei er offiziell Mitarbeiter in der Stiftkirchengemeinde, er sei als Kirchenwächter tätig und sorge dafür, dass die Kirche täglich für Gäste geöffnet sei, außerdem sorge er im Außenbereich der Kirche für Sauberkeit und helfe tatkräftig beim Auf- und Umbau in der Kirche, ist schon fraglich, ob es sich insoweit um einen eigenständigen Wiederaufgreifensgrund handelt. Selbst wenn dies bejaht würde, fehlt jegliche Darlegung, dass dieser Wiederaufgreifensgrund für eine günstigere Entscheidung geeignet ist.
40 
2. Auch die in Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 27.10.2016 auf der Grundlage des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG getroffene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
41 
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot besteht dann, wenn grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien im Falle einer Abschiebung in ihrem Kern bedroht sind, ein äußerster menschenrechtlicher Mindeststandard muss unterschritten sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.2000 - 9 C 34/99 - BVerwGE 111, 223).
42 
Dazu gehört auch ein unveräußerlicher Kern der Religionsfreiheit, der für die personale Würde und Entfaltung eines religiösen Menschen unverzichtbar ist. Demgemäß schützt § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK lediglich das religiöse Existenzminimum (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.2000 - 9 C 34/99 - BVerwGE 111, 223; Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 - BVerwGE 120, 16 und Urt. v. 07.12.2004 - 1 C 14/04 - BVerwGE 122, 271; OVG Münster, Urt. v. 09.06.2011 - 13 A 947/10.A - DVBl 2011, 1166).
43 
Das religiöse Existenzminimum umfasst den unverzichtbaren und unentziehbaren Kern der Privatsphäre des glaubenden Menschen und damit seine religiöse Überzeugung als solche und die Religionsausübung abseits der Öffentlichkeit und in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf. Ein Eingriff in dieses religiöse Existenzminimum ist etwa dann gegeben, wenn den Angehörigen einer religiösen Gruppe unter Androhung von Strafen an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit eine Verleugnung oder gar Preisgabe ihres Glaubens zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen. Öffentlichkeitswirksame Betätigungen der Religionsausübung sind hingegen nicht geschützt, unabhängig davon, wie stark der Ausländer sich selbst hierzu innerlich verpflichtet fühlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 - a.a.O.).
44 
Ob das religiöse Existenzminimum nach diesen Grundsätzen bei einer Rückkehr in den Iran gewährleistet ist (bejahend OVG Münster, Urt. v. 09.06.2011 - 13 A 947/10.A - DVBl 2011, 1166), kann dahingestellt bleiben. Denn das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Konversion des Klägers auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruht.
45 
Die religiöse Identität als innere Tatsache lässt sich nur aus dem Vorbringen des Antragstellers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678). Dafür ist das religiöse Selbstverständnis eines Antragstellers grundsätzlich sowohl vor als auch nach der Ausreise aus dem Herkunftsland von Bedeutung. Beruft sich der Antragsteller auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - a.a.O.). Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht etwa nur deshalb erfolgt, um die Anerkennung als Flüchtling zu erreichen, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Antragstellers prägt. In diesem Zusammenhang kann von einem Erwachsenen im Regelfall erwartet werden, dass dieser schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für die Konversion machen kann und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition mit den Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678). Der Ausländer muss zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass er die religiöse Betätigung seines neuen Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.12.2010 - 10 C 19/09 - BVerwGE 138, 270 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
46 
Nach diesen Grundsätzen führt der bloß formal vollzogene Übertritt vom islamischen zum christlichen Glauben nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Verfolgungsmaßnahmen im Falle einer Rückkehr in den Iran. Dies folgt schon daraus, dass ein Übertritt eines Iraners zum christlichen Glauben von iranischen Stellen als undenkbar angesehen und als im Zusammenhang mit der Aufenthaltsproblematik stehend beurteilt wird. Die Konversion eines Muslim zum Christentum stellt nach den Maßstäben der islamischen Religion einen absoluten Tabubruch dar, der jenseits des Vorstellbaren liegt. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Konvertit es mit dem Übertritt nicht ernst gemeint habe und dieser allein der Förderung des Asylverfahrens dienen sollte (vgl. Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen vom 22.11.2004 an VGH München, vom 06.12.2004 an OVG Bautzen und vom 09.05.2001 an VG Regensburg; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 12.04.2007 an BAMF; OVG Münster, Beschl. v. 27.08.2012 - 13 A 1703/12.A - juris -; VGH München, Beschl. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris - und Beschl. v. 07.11.2016 - 14 ZB 16.30380 - juris -).
47 
Es bedarf deshalb vorliegend einer Überprüfung, ob die Konversion des Klägers aufgrund einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im Sinne eines ernst gemeinten religiösen Einstellungswandels mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruht. Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung der Überzeugung, dass der Betreffende die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, allein nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 13 LA 93/14 - juris -; OVG Münster, Beschl. v. 27.04.2015 - 13 A 440/15.A - juris - und Beschl. v. 03.11.2014 - 13 A 1646/14.A - juris -; VGH München, Beschl. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris -; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.04.2014 - A 3 S 269/14 - juris -).
48 
Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht von einer ernsthaften und die religiöse Identität des Klägers bindend prägenden Hinwendung zur christlichen Religion überzeugt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
49 
Der im muslimischen Umfeld aufgewachsene Kläger konnte einen nachvollziehbaren inneren Prozess der Auseinandersetzung mit seinen Glaubensvorstellungen und der schlussendlichen Hinwendung zur christlichen Glaubenslehre nicht darlegen. Es war ihm nicht möglich, in substantieller Weise seine Beweggründe zum Religionswechsel aufzuzeigen. Danach gefragt antwortete der Kläger, im christlichen Glauben habe er Liebe, Ruhe und Frieden gefunden. Allein die Erkenntnis, dass der christlichen Religion Vergebung und Liebe innewohnt, reicht zum Beleg einer identitätsprägenden festen Überzeugung nicht aus. Auch soweit der Kläger auf die im Christentum gewonnene Ruhe abhebt, beschreibt dies keinen Grund, der die Wahl des Christentums als neue Religion rechtfertigt. Die vom Kläger benannten Motive ließen sich auch auf andere, friedlich orientierte Religionen übertragen. Eine intellektuelle oder auch nur spirituelle Auseinandersetzung, die für den Kläger ausschließlich zu dem Ergebnis führen konnte, den christlichen Glauben als seine neue Religion anzuerkennen, ist nicht erkennbar. Die Stellungnahmen von Pfarrer V vom 30.07.2016 und der Diakonin G vom 14.10.2016 sowie deren gemeinsame Stellungnahme vom 08.12.2016 zum regelmäßigen Gottesdienstbesuch des Klägers und zu seinem Engagement in der Gemeinde geben für die Aufklärung der inneren Beweggründe nichts her.
50 
Das Gericht übersieht nicht, dass der Kläger ein gewisses Grundwissen über die Bibel erworben hat. Er konnte die vier Evangelisten benennen und nannte von sich aus Unterschiede zwischen dem Lukasevangelium und dem Johannesevangelium. Weiter konnte er den Text des „Vater unser“ inhaltlich richtig wiedergeben und die Bedeutung der Taufe und des Abendmahls in Ansätzen erklären. Auch war ihm der Name Martin Luther ein Begriff. Allerdings zeigten sich auch deutliche Lücken bei den Kenntnissen über das Christentum. Mit dem Begriff „Bergpredigt“ konnte der Kläger nichts anfangen. Er kannte nicht den hierarchischen Aufbau der Evangelischen Landeskirche. Der katholischen Kirche unterstellt er zu Unrecht, dass dort die Worte der Bibel nicht gedeutet werden dürften. Mit Pfingsten verbindet der Kläger eine falsche Vorstellung (“Auffahrung von Jesu in den Himmel“). Zum Ablauf des evangelischen Gottesdienstes befragt wusste der Kläger nur wenige Einzelheiten zu benennen; die Verkündigung und das Bekenntnis (Lesung, Predigt, Glaubensbekenntnis, Vater unser, Friedensgruß und Segen) sind dem Kläger ersichtlich nicht geläufig. Diese aufgezeigten Defizite bei den Kenntnissen über das Christentum verwundern doch sehr angesichts des Vorbringens des Klägers, wonach er auch aktuell noch an einem Taufkurs teilnimmt, die Bibel studiert haben will und regelmäßig den Gottesdienst besucht. Schließlich fehlt bei der Darstellung der Glaubensgrundsätze des Islam durch den Kläger, wonach es in dieser Religion erlaubt sei, Blut zu vergießen und Rache zu nehmen, jegliche differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Weltreligion. Auch wenn der Kläger einige christliche Glaubensinhalte richtig wiedergeben konnte, lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, der Kläger habe den christlichen Glauben für sein weiteres Leben identitätsprägend verinnerlicht. Denn das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gezeigte abstrakte Wissen lässt sich auch ohne inneren Bezug zum Christentum erwerben. Sein Vorhandensein reicht allein nicht aus, um einen religiösen Einstellungswandel hinreichend zu belegen. Aufgrund der Mitteilung des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Frage nach den Auswirkungen des Glaubenswechsels auf sein alltägliches Leben, wonach er durch seinen Glauben Freunde gefunden habe, drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass sich das Interesse des Klägers an der Teilnahme am Gemeindeleben auf allgemeine soziale Zwecke (Sich Aufgenommen-Fühlen in einer Gemeinschaft) beschränkt, was zwar gut nachvollziehbar, jedoch kein Ausweis der inneren Hinwendung zum Christentum ist. Nach allem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger sich dem Christentum wegen einer tiefen innerlichen Überzeugung angeschlossen hat.
51 
Diese Einschätzung wird auch durch die Angaben des Klägers zu einer Rückkehr in den Iran bestätigt. Das Gericht hat den Kläger danach befragt, wie er seinen neuen Glauben bei einer Rückkehr in den Iran leben werde. Auf diese Frage gab der Kläger an, er würde zu Jesus Christus stehen und ihn nicht verleugnen, Konvertiten würden verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Konkretere Angaben zur Ausübung des christlichen Glaubens im Iran vermochte der Kläger nicht zu machen. Eine überzeugende Auseinandersetzung mit einem Leben als Christ im Iran hat ersichtlich nicht stattgefunden.
52 
Im Ergebnis vermag das Gericht in dem vorgetragenen Glaubenswechsel keinen in letzter Konsequenz ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel zu erkennen, der nunmehr die religiöse Identität des Klägers prägt. Aufgrund des Vorbringens des Klägers zu seiner Konversion in der mündlichen Verhandlung und des Eindrucks, den er in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, konnte das Gericht nicht die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendige Überzeugungsgewissheit gewinnen, dass er sich aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung dem Christentum zugewandt hat und dass er nach einer Rückkehr in den Iran eine innere Verpflichtung empfindet, den christlichen Glauben auch dort zu leben mit der Gefahr, einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt zu sein.
53 
Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK liegt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht vor.
54 
Allein die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
55 
Auch der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016).
56 
Der Kläger hat auch im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
57 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324).
58 
Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Ob die Gefahr der Verschlechterung der Gesundheit durch die individuelle Konstitution des Ausländers bedingt oder mitbedingt ist, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.07.1999 - 9 C 2/99 - juris -). Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Zielstaat zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - DVBl 2003, 463 und Beschl. v. 29.04.2002 - 1 B 59/02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; VGH Kassel, Urt. v. 24.06.2003 - 7 UE 3606/99.A - AuAS 2004, 20). Unerheblich ist indes, ob die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Die mögliche Unterstützung durch Angehörige im In- oder Ausland ist in die gerichtliche Prognose, ob bei Rückkehr eine Gefahr für Leib oder Leben besteht, mit einzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.10.2001 - 1 B 185/01 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51). Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern; eine abschiebungsschutzrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt deshalb nicht vor, wenn lediglich eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 14.06.2005 - 11 A 4518/02.A - AuAS 2005, 189 und Beschl. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A - juris -).
59 
Die von Dr. F und der Psychotherapeutin B diagnostizierten mittelschwere bis schwere Depression, rezidivierende depressive Störung und schwere Episode begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn diese Krankheiten können im Iran behandelt werden und eventuell erforderliche Medikamente sind im Iran erhältlich (vgl. Deutsche Botschaft, Auskunft vom 09.06.2001 an VG Leipzig, vom 13.02.2003 an BAMF, vom 19.08.2004 an VG Hannover und vom 24.05.2005 an VG Regensburg; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 31.03.2005 und vom 26.07.2005 an BAMF).
60 
Zwar dürfte der Kläger die erforderlichen Medikamente im Iran selbst bezahlen müssen (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 22.12.2003 an VG Aachen), außerdem muss er voraussichtlich Vorauszahlungen leisten, damit eine Behandlung in Angriff genommen wird (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 20.11.2008). Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Iran mit einer verlässlichen finanziellen Unterstützung seiner im Iran lebenden sechs Geschwister rechnen kann. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist die wirtschaftliche Lage seiner Geschwister normal. Es gibt einen Erfahrungssatz dahingehend, dass Familienmitglieder im arabischen Raum sich bei finanzieller Not unterstützen. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die erforderliche ärztliche und medikamentöse Behandlung im Iran nicht erhalten wird.
61 
Soweit Dr. F in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 und die Psychologische Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 zudem eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert haben, ist das Gericht nicht davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass diese Erkrankung beim Kläger vorliegt.
62 
Fraglich ist bereits, ob die Psychologische Psychotherapeutin B befähigt ist, eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren. Denn für eine sichere Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung ist eine umfangreiche klinische Erfahrung einschließlich spezieller Kenntnisse in Psychotraumatologie erforderlich (vgl. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl. S. 748; Gierlichs, Deutsches Ärzteblatt 2002, 403). Zwar müssen Psychologische Psychotherapeuten auf der Grundlage eines abgeschlossenen Studiums der Psychologie, das das Fach Klinische Psychologie einschließt, die mindestens dreijährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß § 5 PsychThG abgeleistet und die entsprechende Approbation (§ 2 PsychThG) erhalten haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie hierdurch regelmäßig die erforderliche klinische Erfahrung vermittelt erhalten haben. Selbst wenn aber Psychologischen Psychotherapeuten zugestanden wird, eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren (so VGH München, Beschl. v. 28.07.2015 - 13a ZB 15.30073 - juris - und Beschl. v. 11.08.2016 - 20 ZB 16.30110 - NVwZ-RR 2017, 75; OVG Münster, Beschl. v. 19.12.2008 - 8 A 3053/08.A - InfAuslR 2009, 173; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.09.2016 - OVG 3 N 24.15 - juris -), so kann der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 keine wesentliche Bedeutung zukommen, weil es sich um Äußerungen der Therapeutin des Klägers handelt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts vorgetragen, er sei seit über einem Jahr in einer Gesprächstherapie bei der Psychotherapeutin B (Refugio Stuttgart). Ein Therapeut muss aber grundsätzlich von dem vom Patienten geklagten Leiden nebst der Vorgeschichte als wahr ausgehen und will diesem auftragsgemäß helfen, möglichst ihn heilen. Demgemäß fehlt ihm die für eine Begutachtung notwendige Distanz zum Patienten; er tritt diesem nicht mit der erforderlichen notwendigen kritischen Betrachtung gegenüber (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.09.2006 - 13 A 1740/05.A - juris - und Beschl. v. 10.01.2007 - 13 A 1138/04.A - juris -). Im Übrigen muss die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 im Hinblick auf die diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung wegen schwerer Qualitätsmängel außer Betracht bleiben.
63 
Bei der PTBS handelt es sich um ein innerpsychisches Erlebnis, das sich einer Erhebung äußerlich objektiver Befundtatsachen weitgehend entzieht. Es kommt deshalb in besonderem Maße auf die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit eines geschilderten inneren Erlebnisses und der zugrunde liegende faktischen äußeren Erlebnistatsachen an, was wiederum angesichts der Komplexität und Schwierigkeit des Krankheitsbildes eine eingehende Befassung des Arztes mit dem Patienten erfordert. Regelmäßig sind tragfähige Aussagen zur Traumatisierung erst nach mehreren Sitzungen über eine längere Zeit möglich. Auch bedarf es unter anderem einer gründlichen Anamnese, einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Betreffenden hinsichtlich des das Trauma auslösenden Ereignisses, einer alternativen Hypothesenbildung sowie einer schlüssigen und nachvollziehbaren Herleitung des im Übrigen genau zu definierenden Krankheitsbildes (vgl. Treiber, ZAR 2002, 282 ff; Loesel/Bender, Asylpraxis Band 7 S. 175 ff). Nach der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10)“ entsteht die posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (traumatisierendes Ereignis, sog. A-Kriterium). Somit ist für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung der Nachweis eines traumatischen Ereignisses Voraussetzung. Es gibt keine posttraumatische Belastungsstörung ohne Trauma und auch beim Vorliegen aller Symptome einer PTBS kann eine solche nur diagnostiziert werden, wenn auch ein entsprechendes Trauma vorhanden war. Aus den Symptomen kann nicht rückgeschlossen werden, dass ein Trauma stattgefunden hat (vgl. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl., S. 752; Steller in: Sonderheft für Gerhard Schäfer, NJW-Beilage 2002, S. 69, 71; Ebert/Kindt, VBlBW 2004, 41; OVG Magdeburg, Beschl. v. 01.12.2014 - 2 M 119/14 - juris -; VGH München, Beschl. v. 28.09.2006 - 19 CE 06.2690 - juris -; VG Stuttgart, Urt. v. 14.01.2008 - A 11 K 4941/07 - InfAuslR 2008, 323). Da die fachärztlichen Gutachten auf den Angaben des Betroffenen beruhen, bedarf es insoweit der Prüfung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Betroffenen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 02.05.2000 - 11 S 1963/99 - InfAuslR 2000, 435; OVG Bautzen, Beschl. v. 21.01.2014 - 3 B 476/13 - juris -; OVG Magdeburg, Beschl. v. 01.12.2014 - 2 M 119/14 - juris -). Die Feststellung des behaupteten traumatisierenden Ereignisses ist Gegenstand der gerichtlichen Sachverhaltswürdigung und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. VGH München, Beschl. v. 17.10.2012 - 9 ZB 10.30390 - AuAS 2013, 9 und Beschl. v. 04.11.2016 - 9 ZB 16.30468 - juris -; OVG Münster, Beschl. v. 27.07.2007 - 13 A 2745/04.A - Inf-AuslR 2007, 408).
64 
Das Gericht hat im Asylerstverfahren das vom Kläger geltend gemachte Vorfluchtgeschehen insgesamt als unglaubhaft eingestuft (Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11). Unabhängig hiervon legen Dr. F in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 und die Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 ihren Beurteilungen je einen Sachverhalt über angebliche Geschehnisse im Iran unter unkritischer Übernahme der Angaben des Klägers zu Grunde, der vom bisherigen Vorbringen des Klägers im Asylerstverfahren deutlich abweicht. Dr. F ging in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 davon aus, dass der Kläger durch den Tod von zwei nahe stehenden Freunden während des gemeinsamen Militärdienstes traumatisiert sei. Dies steht im Widerspruch zu dem Vorbringen des Klägers im Asylerstverfahren, er habe keinen Wehrdienst geleistet, vielmehr sei er hiervon befreit gewesen. Weiter legte Dr. F ihrer Beurteilung zu Grunde, dass der Kläger im Iran wiederholt Gewalt erlebt und von Sicherheitskräften geschlagen worden sei, außerdem sei er unfreiwilliger Zeuge öffentlicher Hinrichtungen und Auspeitschungen geworden. Von all dem war im Asylerstverfahren jedoch mit keinem Wort die Rede. Die Psychotherapeutin B legte ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 wiederum einen völlig andersgearteten Sachverhalt zu Grunde. Danach soll der Kläger zweimal in Haft gewesen sein, während der Haft sei er mit einem Holzstück geschlagen worden, als Jugendlicher und junger Mann sei er wiederholt auf der Straße festgehalten und geschlagen worden, mit sechs Jahren sei er Zeuge von der Ermordung von Bekannten und als junger Erwachsener sei er wiederholt Opfer von körperlicher Gewalt (Inhaftierung mit Schlägen, Verfolgung, Schusswechsel) und chronischen Bedrohungen sowie Anfeindungen geworden. Von diesem angeblichen Geschehen im Iran, von dem Frau B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 berichtet, war im Asylerstverfahren gleichfalls mit keinem Wort die Rede.
65 
Sowohl die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 als auch die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 entbehren einer Abklärung, ob die vom Kläger geschilderten Erlebnisse auf wirklich Erlebtem beruhen. Auch fehlt es an einer fundierten, ernsthaften und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Angaben des Klägers. Diese werden vielmehr von Frau Dr. F und Frau B als wahr unterstellt und zur Grundlage der Diagnose gemacht, ohne dass sich diese aus dem Vortrag des Klägers im Asylerstverfahren ergeben hätten. Frau Dr. F und die Psychotherapeutin B haben auch nicht dargelegt, warum die von ihnen berücksichtigten Ereignisse im Iran vom Kläger nicht schon während des Asylerstverfahrens vorgetragen wurden. Erstaunlich ist zudem, dass sich weder Frau Dr. F noch Frau B mit den Ausführungen im Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11 auseinandersetzen, obwohl dieses Urteil ihnen vorgelegen hat. Soweit Frau Dr. F und Frau B in ihren Stellungnahmen den Tod der Mutter des Klägers bei einem Verkehrsunfall als (weiteres) traumatisches Erlebnis benennen, fehlen Ausführungen zu dem Umstand, dass der Kläger trotz dieses Todesfalles im Iran ein weitgehend normales Leben führte und einer selbständigen Tätigkeit bis zu seiner Ausreise nachging. Angesichts der vielfachen völlig konträren Schilderungen des Klägers zum Geschehen im Iran trifft die Aussage des Gerichts im Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11, wonach der Kläger unglaubwürdig und sein Vorbringen zu dem Geschehen im Iran insgesamt unglaubhaft ist, nach wie vor zu. Sind aber die verschiedenen Schilderungen des Klägers zu den Ereignissen im Iran insgesamt als unglaubhaft anzusehen, so entfällt gleichzeitig die Grundlage für die attestierte posttraumatische Belastungsstörung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2013 - OVG 7 S 11.13 - juris -). Denn fehlt es am Nachweis eines traumatisierenden Ereignisses, ist das Symptomspektrum einer PTBS nicht ausgefüllt. Damit geht auch die Aussage der Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 ins Leere, wonach es bei einer Rückkehr des Klägers in den Iran zu einer Retraumatisierung kommen werde.
66 
Im Übrigen genügen weder die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 noch die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 den Anforderungen, die an eine ärztliche oder psychotherapeutische Stellungnahme gestellt werden.
67 
Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes der PTBS sowie seiner vielfältigen Symptome muss ein fachärztliches Attest gewissen Mindestanforderungen genügen. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 - BVerwGE 129, 251 und Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21/12 - juris -). Genügen vorgelegte ärztliche oder psychologische Stellungnahmen den dargelegten Anforderungen nicht, sind sie nicht geeignet, eine gerichtliche Beweiserhebung zu veranlassen und erst recht nicht, das Bestehen der Erkrankung sowie daraus resultierende Folgen zu belegen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2014 - A 3 S 264/14, n.v.).
68 
Diesen Anforderungen werden die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 nicht gerecht. Der Kläger hat erst drei Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet um psychologische Hilfe nachgesucht. Trotz dieser erheblichen Zeitspanne fehlen in der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und in der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 Angaben darüber, weshalb der Kläger die Symptome nicht schon früher vorgetragen hat. Hinzu kommt, dass die geltend gemachten Erlebnisse des Klägers im Iran bereits viele Jahre zurückliegen. Die Latenz von Symptomen einer PTBS zu dem traumaauslösenden Ereignis beträgt aber nach den Kriterien der ICD-10 F 43.1 grundsätzlich wenige Wochen bis 6 Monate. Für eine qualifizierte Bescheinigung wäre ein Eingehen auch auf diesen Gesichtspunkt erforderlich gewesen. Weiter wird in der ärztlichen und psychologischen Stellungnahme nicht erörtert, ob die vom Kläger geltend gemachten Symptome nicht auch andere Ursachen als eine posttraumatische Belastungsstörung haben können (alternative Hypothesenbildung, z.B. Anpassungsstörung) und ob sie Ausdruck von Aggravation und Simulation sind. Denn vieles spricht dafür, dass die vom Kläger beklagten Symptome ihre Ursache in der derzeit schwierigen und unklaren Lebenssituation des Klägers haben. Schließlich ordnen Frau Dr. F und Frau B auch nicht konkrete traumaauslösende Ereignisse den festgestellten Symptomen zu, sondern zählen eine Vielzahl von belastenden Ereignissen auf ohne Abgrenzung, ob es sich um lediglich dekompensierende oder bereits die Schwelle einer Traumatisierung überschreitende Ereignisse handelt.
69 
Im Übrigen ist bei den in der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und in der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 zu Grunde gelegten Symptomen - massiver Stress, innere Erregung, Anspannung, verminderter Antrieb, Ohnmachterleben, Hoffnungslosigkeit, Sinnverlust, Taubheitserleben, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, gedrückte Stimmung, beeinträchtigtes Erinnerungsvermögen - nicht zu erkennen, wie hierdurch auch bei fehlender Behandlungsmöglichkeit wesentliche oder lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorgerufen werden können. Auch bei Depressionen treten nicht zwangsläufig erhebliche Gefahren für Leib oder Leben ein, wenn die Behandlung nicht durchgeführt wird. Gleiches gilt für eine posttraumatische Belastungsstörung; auch diese stellt im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG für sich gesehen keine lebensbedrohliche oder ähnlich schwerwiegende Erkrankung dar, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet.
70 
Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen war nicht zu entsprechen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben über die Tatsache, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland derart verschlimmern würde, so dass eine konkrete, erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehen würde, zum andern über die Tatsache, dass im Iran für seine Erkrankungen keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind sowie über die Tatsache, dass er bei einer Rückkehr in den Iran retraumatisiert wird und sog. Flashbacks erleiden würde.
71 
Die vorgelegte psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 gibt in Bezug auf die Frage nach einer möglichen Retraumatisierung des Klägers nach Rückkehr in den Iran keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Eine posttraumatische Belastungsstörung ist nach den obigen Ausführungen nicht dargetan, so dass auch eine hiermit in Verbindung stehende Retraumatisierung ausscheidet. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Tatsache, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran retraumatisiert wird und sog. Flashbacks erleiden würde, stellt sich demnach mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 19.01.2005 - A 3 S 1243/04, n.v.).
72 
Mit dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Tatsache, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland derart verschlimmern würde, so dass eine konkrete, erhebliche Gefahr für Leib und Leben des Klägers bestehen würde, stellt der Kläger keine Tatsachen unter Beweis, sondern teils prognostische, teils auch rein rechtliche Schlussfolgerungen, die dem Beweis nicht zugänglich sind, sondern der genuin richterlichen Beurteilung unterliegen. Soweit als Tatsache die Verschlimmerung des Gesundheitszustandes behauptet wird, ist diese Behauptung so allgemein gehalten, dass ein konkretes Beweisthema nicht erkennbar wird. Auch dieser Antrag stellt sich demnach als Ausforschungsantrag dar (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.04.2001 - A 9 S 1897/00 - juris -).
73 
Im Hinblick auf den Antrag, ein Sachverständigengutachten über die Tatsache einzuholen, dass im Iran für die Erkrankungen des Klägers keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind, verfügt das Gericht über einschlägige Erkenntnismittel, um die Behandlungsmöglichkeiten und deren Erreichbarkeit im Iran aus eigener Sachkunde würdigen zu können, weshalb das Gericht in Ausübung seines diesbezüglichen Ermessens keine Veranlassung für eine weitere Beweiserhebung zu dieser Frage sieht. Die einschlägigen Erkenntnismittel wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und sind auch im Urteil zitiert. Anhaltspunkte dafür, dass die herangezogenen Erkenntnisquellen erkennbare Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, so dass sich dem Gericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung nicht aufdrängt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2000 - 9 B 210/00 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 61). Weiter gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass mittlerweile relevante Änderungen eingetreten sind, die Anlass geben, aktuellere Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, so dass eine Neubewertung nicht notwendig war (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.02.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196 und Beschl. v. 18.06.1993 - 2 BvR 231/93 - NVwZ 1994, 62 ).
74 
Auch dem hilfsweise gestellten Antrag, die behandelnde Psychiaterin des Klägers, Frau S A, als sachverständige Zeugin zum Gesundheitszustand des Klägers zu hören, war nicht zu entsprechen, da weder vorgetragen noch erkennbar ist, welche konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen die benannte Zeugin bekunden soll. Ein Zeugenbeweis ist nur dann hinreichend substantiiert, wenn im Einzelnen angegeben wird, welche rechtlich erheblichen Bekundungen über konkrete Wahrnehmungen von diesem Zeugen zu erwarten gewesen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.03.2000 - 9 B 518/99 - InfAuslR 2000, 412). Die Pflicht zur Substantiierung von Beweisanträgen bezieht sich zum einen auf das Beweisthema, also die Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit, und zum anderen darauf, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf das Beweisthema (also in Bezug auf die Beweistatsachen oder auf die zu deren Ermittlung dienenden Hilfstatsachen oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll. Nur auf der Grundlage solcher Angaben kann das Gericht prüfen, ob die beantragte Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beitragen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.06.2001 - 1 B 131/00 - InfAuslR 2001, 466). Nach diesen Grundsätzen ist der Beweisantrag zur Vernehmung von Frau A unsubstantiiert, da er bereits keine Angaben dazu enthält, welchen Inhalt die Aussagen der Zeugin voraussichtlich hätten.
75 
3. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung entspricht den gesetzlichen Vorgaben (§ 71 Abs. 4, § 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG).
76 
4. Auch die verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots ist rechtmäßig. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG ist von Amts wegen zu befristen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die vom Bundesamt ausgesprochene Befristung des Verbots auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung hält sich innerhalb des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgegebenen Rahmens, wonach die Frist fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Anhaltspunkte dafür, dass die Frist ermessensfehlerhaft festgesetzt wurde, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
77 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Gründe

 
31 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
32 
Die auf Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes vom 27.10.2016 gerichtete Klage ist zulässig. Soweit der Kläger darüber hinaus begehrt, die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft und (hilfsweise) subsidiären Schutz zuzuerkennen, ist die Klage unzulässig. Denn statthafte Klageart gegen eine Feststellung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist nur die Anfechtungsklage (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.12.2016 - 1 C 4/16 - juris -). Einer Verpflichtungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Bundesamt nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch zur Durchführung eines Asylverfahrens verpflichtet ist.
33 
Soweit die Klage zulässig ist, ist diese nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Bundesamt hat den Asylfolgeantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt (1.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass bei ihm ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliegt (2.). Die dem Kläger angedrohte Abschiebung ist rechtlich nicht zu beanstanden (3.). Er hat auch keinen Anspruch auf Verkürzung der festgesetzten Frist im Hinblick auf das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot (4.).
34 
1. Die Beklagte hat den Asylfolgeantrag des Klägers zu Recht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt, da ein weiteres Asylverfahren nach § 71 AsylG nicht durchzuführen ist.
35 
Nach § 71 Abs. 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des Wiederaufgreifens des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegeben sind. Der Folgeantragsteller muss die seiner Ansicht nach vorliegenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens selbst und umfassend vortragen; d.h. das Gericht ist nicht befugt, bei der Prüfung des Folgeantrags andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.12.1989 - 9 B 320/89 - NVwZ 1990, 359). Die Voraussetzungen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG müssen schon im Antrag selbst abschließend und substantiiert dargetan werden (§ 71 Abs. 3 AsylG). So ist substantiiert auszuführen, inwiefern der Folgeantragsteller ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen schon im früheren Verfahren geltend zu machen und inwiefern er - es sei denn, dies wäre aktenkundig oder offensichtlich - die Drei-Monats-Frist (§ 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG) eingehalten hat (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 02.07.1998 - A 12 S 1006/97 - juris - und Urt. v. 23.03.2000 - A 12 S 423/00 - juris -). Einzelne neue Tatsachen, die zur Begründung nachgeschoben werden, brauchen jedoch - ausnahmsweise - nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG vorgetragen zu werden, wenn sie einen bereits rechtzeitig geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund bestätigen, wiederholen, erläutern oder konkretisieren, also nicht qualitativ neu sind, d. h. nicht aus dem Rahmen der bisher für das Wiederaufgreifen angeführten Umstände fallen und damit keinen neuen Wiederaufgreifensgrund darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.02.1998 - 9 C 28/97 - BVerwGE 106, 171). Die Frist des § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erlangt hat, zu laufen (§ 51 Abs. 3 Satz 2 VwVfG). Das Erfordernis, die Drei-Monats-Frist nach § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG einzuhalten, gilt auch für sich prozesshaft entwickelnde Dauersachverhalte. Bei Dauersachverhalten ist die erstmalige Kenntnis von dem Dauersachverhalt maßgebend (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - NVwZ-Beilage I 2003, 19). Unbilligkeiten bei sich prozesshaft entwickelnden Dauersachverhalten werden dadurch vermieden, dass für die Gewährung von Abschiebungsschutz die Einhaltung der Drei-Monats-Frist unmaßgeblich ist. Hinreichende Darlegung im Sinne von § 71 Abs. 3 AsylG setzt zudem ein Mindestmaß an Klarheit, Überschaubarkeit und Verständlichkeit voraus, was ohne eine gewisse Strukturierung und inhaltliche Aufbereitung des Vorbringens nicht gelingen kann (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.06.1999 - A 6 S 2766/98 - juris -).
36 
Für die Bejahung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Asylverfahrens wegen nachträglicher Änderung der Sachlage nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist - neben dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG - notwendig, dass der Folgeantragsteller eine Änderung im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrunde gelegten Sachlage glaubhaft und substantiiert vorträgt; er muss substantiiert die Umstände darlegen, die sich nach Abschluss des früheren Verfahrens geändert haben sollen. Außerdem ist die Geeignetheit der neuen Tatsachen für eine dem Asylbewerber günstigere Entscheidung schlüssig darzutun. Es genügt nicht, dass lediglich pauschale Behauptungen aufgestellt werden (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 02.07.1998 - A 12 S 1006/97 - juris -; OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - NVwZ-Beilage I 2003, 19). Die Darlegungen des Folgeantragstellers müssen eine ihm günstigere Entscheidung zumindest als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2000 - 2 BvR 39/98 - NVwZ-Beilage I 2000, 78; BVerwG, Urt. v. 07.03.1989 - 9 C 59/88 - Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG Nr. 9 und 10; OVG Weimar, Urt. v. 06.03.2002 - 3 KO 428/99 - a.a.O.; VGH Mannheim, Urt. v. 15.06.1999 - A 6 S 2766/98 - juris -). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vorliegt, ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 16.03.2000 - A 14 S 2443/98 - AuAS 2000, 152).
37 
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlt es im vorliegenden Fall an den Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.
38 
Der Kläger hat in seinem Asylfolgeantrag vom 11.07.2014 bereits die Geeignetheit des neuen Vorbringens für eine günstigere Entscheidung nicht dargetan. Dies braucht jedoch nicht weiter vertieft zu werden. Denn er hat seinen Asylfolgeantrag auch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten (§ 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG) gestellt. Bei einer Konversion handelt es sich im Regelfall um einen sich prozesshaft entwickelnden Sachverhalt. In diesem Fall ist maßgeblich auf die förmliche Aufnahme als der nach außen erkennbaren Manifestation der Konversion abzustellen. Die Taufe des Klägers erfolgte am 28.07.2012. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger im Sinne des § 51 Abs. 3 Satz 2 VwVfG Kenntnis von dem nunmehr in Anspruch genommenen Wiederaufgreifensgrund. Er hätte ihn demnach binnen drei Monaten geltend machen müssen. Tatsächlich ist der Asylfolgeantrag aber erst am 22.07.2014 gestellt worden. Zwar macht der Prozessbevollmächtigte des Klägers in seinem Schriftsatz vom 11.07.2014 geltend, der Kläger sei zum Zeitpunkt der Taufe vom christlichen Glauben noch nicht absolut überzeugt gewesen und erst in den letzten Monaten habe sich das Glaubensleben und die Glaubensüberzeugung intensiviert. Der Kläger habe in den letzten zwei Monaten mehr in der Bibel gelesen und noch mehr Kontakt zu den anderen Mitgliedern der Gemeinde gehabt. Dieses Vorbringen genügt jedoch nicht für die Annahme einer entscheidungserheblichen Veränderung des Dauersachverhalts im Sinne eines Qualitätsumschlags. Um feststellen zu können, ob eine entscheidungserhebliche Veränderung des Dauersachverhalts eingetreten ist, hätte es eines substantiierten Vortrags bedurft. Der Kläger hätte ausführlich darlegen müssen, warum er zum Zeitpunkt der Taufe vom christlichen Glauben noch nicht absolut überzeugt war. Weiter ist sein Vorbringen, erst in den letzten Monaten habe er einige große Schritte im Glauben gemacht, unkonkret. Es bleibt auch offen, welche (weiteren) Erkenntnisse das geltend gemachte verstärkte Bibellesen und die vermehrten Kontakte zu anderen Mitgliedern der Gemeinde in den letzten zwei Monaten erbracht haben. Im Übrigen ist auch nicht glaubhaft, dass die am 28.07.2012 erfolgte Taufe des Klägers lediglich der Beginn auf dem Weg zu einer christlichen Glaubensüberzeugung war und ein Qualitätsumschlag erst viele Monate später (zur Wahrung der Dreimonatsfrist) in Folge des (intensiveren) Lesens der Bibel und des Kontakts zu anderen Mitgliedern der Gemeinde eingetreten ist. Dass der Übertritt zum christlichen Glauben erst ca. zwei Jahre nach der erfolgten Taufe abgeschlossen war, machte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend.
39 
Das Vorbringen des Klägers bei der Anhörung in Eningen am 20.10.2016, er habe im Jahr 2011 oder 2012 in Berlin an einer Demonstration vor dem iranischen Konsulat teilgenommen, stellt keinen beachtlichen Wiederaufgreifensgrund dar. Insoweit wurde nicht dargelegt, dass der Kläger außer Stande war, diesen Wiederaufgreifensgrund schon im früheren Verfahren geltend zu machen. Soweit der Kläger im Klageverfahren vortrug, seit Ende November letzten Jahres sei er offiziell Mitarbeiter in der Stiftkirchengemeinde, er sei als Kirchenwächter tätig und sorge dafür, dass die Kirche täglich für Gäste geöffnet sei, außerdem sorge er im Außenbereich der Kirche für Sauberkeit und helfe tatkräftig beim Auf- und Umbau in der Kirche, ist schon fraglich, ob es sich insoweit um einen eigenständigen Wiederaufgreifensgrund handelt. Selbst wenn dies bejaht würde, fehlt jegliche Darlegung, dass dieser Wiederaufgreifensgrund für eine günstigere Entscheidung geeignet ist.
40 
2. Auch die in Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 27.10.2016 auf der Grundlage des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG getroffene Feststellung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt.
41 
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Ein Abschiebungsverbot besteht dann, wenn grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien im Falle einer Abschiebung in ihrem Kern bedroht sind, ein äußerster menschenrechtlicher Mindeststandard muss unterschritten sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.2000 - 9 C 34/99 - BVerwGE 111, 223).
42 
Dazu gehört auch ein unveräußerlicher Kern der Religionsfreiheit, der für die personale Würde und Entfaltung eines religiösen Menschen unverzichtbar ist. Demgemäß schützt § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 9 EMRK lediglich das religiöse Existenzminimum (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.2000 - 9 C 34/99 - BVerwGE 111, 223; Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 - BVerwGE 120, 16 und Urt. v. 07.12.2004 - 1 C 14/04 - BVerwGE 122, 271; OVG Münster, Urt. v. 09.06.2011 - 13 A 947/10.A - DVBl 2011, 1166).
43 
Das religiöse Existenzminimum umfasst den unverzichtbaren und unentziehbaren Kern der Privatsphäre des glaubenden Menschen und damit seine religiöse Überzeugung als solche und die Religionsausübung abseits der Öffentlichkeit und in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf. Ein Eingriff in dieses religiöse Existenzminimum ist etwa dann gegeben, wenn den Angehörigen einer religiösen Gruppe unter Androhung von Strafen an Leib, Leben oder persönlicher Freiheit eine Verleugnung oder gar Preisgabe ihres Glaubens zugemutet wird oder sie daran gehindert werden, ihren eigenen Glauben, so wie sie ihn verstehen, im privaten Bereich und unter sich zu bekennen. Öffentlichkeitswirksame Betätigungen der Religionsausübung sind hingegen nicht geschützt, unabhängig davon, wie stark der Ausländer sich selbst hierzu innerlich verpflichtet fühlt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.01.2004 - 1 C 9/03 - a.a.O.).
44 
Ob das religiöse Existenzminimum nach diesen Grundsätzen bei einer Rückkehr in den Iran gewährleistet ist (bejahend OVG Münster, Urt. v. 09.06.2011 - 13 A 947/10.A - DVBl 2011, 1166), kann dahingestellt bleiben. Denn das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass die Konversion des Klägers auf einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel beruht.
45 
Die religiöse Identität als innere Tatsache lässt sich nur aus dem Vorbringen des Antragstellers sowie im Wege des Rückschlusses von äußeren Anhaltspunkten auf die innere Einstellung des Betroffenen feststellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678). Dafür ist das religiöse Selbstverständnis eines Antragstellers grundsätzlich sowohl vor als auch nach der Ausreise aus dem Herkunftsland von Bedeutung. Beruft sich der Antragsteller auf eine Verfolgungsgefährdung mit der Begründung, er sei in Deutschland zu einer in seinem Herkunftsland bekämpften Religion übergetreten, muss er die inneren Beweggründe glaubhaft machen, die ihn zur Konversion veranlasst haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - a.a.O.). Es muss festgestellt werden können, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht etwa nur deshalb erfolgt, um die Anerkennung als Flüchtling zu erreichen, und der Glaubenswechsel nunmehr die religiöse Identität des Antragstellers prägt. In diesem Zusammenhang kann von einem Erwachsenen im Regelfall erwartet werden, dass dieser schlüssige und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für die Konversion machen kann und im Rahmen seiner Persönlichkeit und intellektuellen Disposition mit den Grundzügen seiner neuen Religion vertraut ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678). Der Ausländer muss zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass er die religiöse Betätigung seines neuen Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.12.2010 - 10 C 19/09 - BVerwGE 138, 270 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
46 
Nach diesen Grundsätzen führt der bloß formal vollzogene Übertritt vom islamischen zum christlichen Glauben nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erheblichen Verfolgungsmaßnahmen im Falle einer Rückkehr in den Iran. Dies folgt schon daraus, dass ein Übertritt eines Iraners zum christlichen Glauben von iranischen Stellen als undenkbar angesehen und als im Zusammenhang mit der Aufenthaltsproblematik stehend beurteilt wird. Die Konversion eines Muslim zum Christentum stellt nach den Maßstäben der islamischen Religion einen absoluten Tabubruch dar, der jenseits des Vorstellbaren liegt. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Konvertit es mit dem Übertritt nicht ernst gemeint habe und dieser allein der Förderung des Asylverfahrens dienen sollte (vgl. Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen vom 22.11.2004 an VGH München, vom 06.12.2004 an OVG Bautzen und vom 09.05.2001 an VG Regensburg; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 12.04.2007 an BAMF; OVG Münster, Beschl. v. 27.08.2012 - 13 A 1703/12.A - juris -; VGH München, Beschl. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris - und Beschl. v. 07.11.2016 - 14 ZB 16.30380 - juris -).
47 
Es bedarf deshalb vorliegend einer Überprüfung, ob die Konversion des Klägers aufgrund einer glaubhaften Zuwendung zum christlichen Glauben im Sinne eines ernst gemeinten religiösen Einstellungswandels mit einer identitätsprägenden festen Überzeugung und nicht lediglich auf bloßen Opportunitätsgründen beruht. Der formale, kirchenrechtlich wirksam vollzogene Übertritt zum Christentum in Gestalt der Taufe reicht für die Gewinnung der Überzeugung, dass der Betreffende die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, allein nicht aus (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.08.2015 - 1 B 40/15 - NVwZ 2015, 1678; OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.09.2014 - 13 LA 93/14 - juris -; OVG Münster, Beschl. v. 27.04.2015 - 13 A 440/15.A - juris - und Beschl. v. 03.11.2014 - 13 A 1646/14.A - juris -; VGH München, Beschl. v. 16.11.2015 - 14 ZB 13.30207 - juris -; VGH Mannheim, Beschl. v. 23.04.2014 - A 3 S 269/14 - juris -).
48 
Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht von einer ernsthaften und die religiöse Identität des Klägers bindend prägenden Hinwendung zur christlichen Religion überzeugt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
49 
Der im muslimischen Umfeld aufgewachsene Kläger konnte einen nachvollziehbaren inneren Prozess der Auseinandersetzung mit seinen Glaubensvorstellungen und der schlussendlichen Hinwendung zur christlichen Glaubenslehre nicht darlegen. Es war ihm nicht möglich, in substantieller Weise seine Beweggründe zum Religionswechsel aufzuzeigen. Danach gefragt antwortete der Kläger, im christlichen Glauben habe er Liebe, Ruhe und Frieden gefunden. Allein die Erkenntnis, dass der christlichen Religion Vergebung und Liebe innewohnt, reicht zum Beleg einer identitätsprägenden festen Überzeugung nicht aus. Auch soweit der Kläger auf die im Christentum gewonnene Ruhe abhebt, beschreibt dies keinen Grund, der die Wahl des Christentums als neue Religion rechtfertigt. Die vom Kläger benannten Motive ließen sich auch auf andere, friedlich orientierte Religionen übertragen. Eine intellektuelle oder auch nur spirituelle Auseinandersetzung, die für den Kläger ausschließlich zu dem Ergebnis führen konnte, den christlichen Glauben als seine neue Religion anzuerkennen, ist nicht erkennbar. Die Stellungnahmen von Pfarrer V vom 30.07.2016 und der Diakonin G vom 14.10.2016 sowie deren gemeinsame Stellungnahme vom 08.12.2016 zum regelmäßigen Gottesdienstbesuch des Klägers und zu seinem Engagement in der Gemeinde geben für die Aufklärung der inneren Beweggründe nichts her.
50 
Das Gericht übersieht nicht, dass der Kläger ein gewisses Grundwissen über die Bibel erworben hat. Er konnte die vier Evangelisten benennen und nannte von sich aus Unterschiede zwischen dem Lukasevangelium und dem Johannesevangelium. Weiter konnte er den Text des „Vater unser“ inhaltlich richtig wiedergeben und die Bedeutung der Taufe und des Abendmahls in Ansätzen erklären. Auch war ihm der Name Martin Luther ein Begriff. Allerdings zeigten sich auch deutliche Lücken bei den Kenntnissen über das Christentum. Mit dem Begriff „Bergpredigt“ konnte der Kläger nichts anfangen. Er kannte nicht den hierarchischen Aufbau der Evangelischen Landeskirche. Der katholischen Kirche unterstellt er zu Unrecht, dass dort die Worte der Bibel nicht gedeutet werden dürften. Mit Pfingsten verbindet der Kläger eine falsche Vorstellung (“Auffahrung von Jesu in den Himmel“). Zum Ablauf des evangelischen Gottesdienstes befragt wusste der Kläger nur wenige Einzelheiten zu benennen; die Verkündigung und das Bekenntnis (Lesung, Predigt, Glaubensbekenntnis, Vater unser, Friedensgruß und Segen) sind dem Kläger ersichtlich nicht geläufig. Diese aufgezeigten Defizite bei den Kenntnissen über das Christentum verwundern doch sehr angesichts des Vorbringens des Klägers, wonach er auch aktuell noch an einem Taufkurs teilnimmt, die Bibel studiert haben will und regelmäßig den Gottesdienst besucht. Schließlich fehlt bei der Darstellung der Glaubensgrundsätze des Islam durch den Kläger, wonach es in dieser Religion erlaubt sei, Blut zu vergießen und Rache zu nehmen, jegliche differenzierte Auseinandersetzung mit dieser Weltreligion. Auch wenn der Kläger einige christliche Glaubensinhalte richtig wiedergeben konnte, lässt sich daraus nicht der Schluss ziehen, der Kläger habe den christlichen Glauben für sein weiteres Leben identitätsprägend verinnerlicht. Denn das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gezeigte abstrakte Wissen lässt sich auch ohne inneren Bezug zum Christentum erwerben. Sein Vorhandensein reicht allein nicht aus, um einen religiösen Einstellungswandel hinreichend zu belegen. Aufgrund der Mitteilung des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf Frage nach den Auswirkungen des Glaubenswechsels auf sein alltägliches Leben, wonach er durch seinen Glauben Freunde gefunden habe, drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass sich das Interesse des Klägers an der Teilnahme am Gemeindeleben auf allgemeine soziale Zwecke (Sich Aufgenommen-Fühlen in einer Gemeinschaft) beschränkt, was zwar gut nachvollziehbar, jedoch kein Ausweis der inneren Hinwendung zum Christentum ist. Nach allem ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger sich dem Christentum wegen einer tiefen innerlichen Überzeugung angeschlossen hat.
51 
Diese Einschätzung wird auch durch die Angaben des Klägers zu einer Rückkehr in den Iran bestätigt. Das Gericht hat den Kläger danach befragt, wie er seinen neuen Glauben bei einer Rückkehr in den Iran leben werde. Auf diese Frage gab der Kläger an, er würde zu Jesus Christus stehen und ihn nicht verleugnen, Konvertiten würden verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Konkretere Angaben zur Ausübung des christlichen Glaubens im Iran vermochte der Kläger nicht zu machen. Eine überzeugende Auseinandersetzung mit einem Leben als Christ im Iran hat ersichtlich nicht stattgefunden.
52 
Im Ergebnis vermag das Gericht in dem vorgetragenen Glaubenswechsel keinen in letzter Konsequenz ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel zu erkennen, der nunmehr die religiöse Identität des Klägers prägt. Aufgrund des Vorbringens des Klägers zu seiner Konversion in der mündlichen Verhandlung und des Eindrucks, den er in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, konnte das Gericht nicht die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendige Überzeugungsgewissheit gewinnen, dass er sich aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung dem Christentum zugewandt hat und dass er nach einer Rückkehr in den Iran eine innere Verpflichtung empfindet, den christlichen Glauben auch dort zu leben mit der Gefahr, einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt zu sein.
53 
Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK liegt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG nicht vor.
54 
Allein die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
55 
Auch der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 08.12.2016).
56 
Der Kläger hat auch im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass in seiner Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
57 
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Bestimmung fragt nicht danach, von wem die Gefahr ausgeht oder wodurch sie hervorgerufen wird; die Regelung stellt vielmehr lediglich auf das Bestehen einer konkreten Gefahr ab ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Staat ausgeht oder ihm zumindest zuzurechnen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.10.1995 - 9 C 9/95 - BVerwGE 99, 324).
58 
Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Ob die Gefahr der Verschlechterung der Gesundheit durch die individuelle Konstitution des Ausländers bedingt oder mitbedingt ist, ist unerheblich (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.07.1999 - 9 C 2/99 - juris -). Eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation im Zielstaat zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002 - 1 C 1/02 - DVBl 2003, 463 und Beschl. v. 29.04.2002 - 1 B 59/02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60; VGH Kassel, Urt. v. 24.06.2003 - 7 UE 3606/99.A - AuAS 2004, 20). Unerheblich ist indes, ob die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Die mögliche Unterstützung durch Angehörige im In- oder Ausland ist in die gerichtliche Prognose, ob bei Rückkehr eine Gefahr für Leib oder Leben besteht, mit einzubeziehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.10.2001 - 1 B 185/01 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51). Die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern; eine abschiebungsschutzrelevante Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt deshalb nicht vor, wenn lediglich eine Heilung eines Krankheitszustandes des Ausländers im Abschiebungsfall nicht zu erwarten ist (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 14.06.2005 - 11 A 4518/02.A - AuAS 2005, 189 und Beschl. v. 27.01.2015 - 13 A 1201/12.A - juris -).
59 
Die von Dr. F und der Psychotherapeutin B diagnostizierten mittelschwere bis schwere Depression, rezidivierende depressive Störung und schwere Episode begründen kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn diese Krankheiten können im Iran behandelt werden und eventuell erforderliche Medikamente sind im Iran erhältlich (vgl. Deutsche Botschaft, Auskunft vom 09.06.2001 an VG Leipzig, vom 13.02.2003 an BAMF, vom 19.08.2004 an VG Hannover und vom 24.05.2005 an VG Regensburg; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 31.03.2005 und vom 26.07.2005 an BAMF).
60 
Zwar dürfte der Kläger die erforderlichen Medikamente im Iran selbst bezahlen müssen (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 22.12.2003 an VG Aachen), außerdem muss er voraussichtlich Vorauszahlungen leisten, damit eine Behandlung in Angriff genommen wird (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Auskunft vom 20.11.2008). Das Gericht geht jedoch davon aus, dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Iran mit einer verlässlichen finanziellen Unterstützung seiner im Iran lebenden sechs Geschwister rechnen kann. Nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung ist die wirtschaftliche Lage seiner Geschwister normal. Es gibt einen Erfahrungssatz dahingehend, dass Familienmitglieder im arabischen Raum sich bei finanzieller Not unterstützen. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die erforderliche ärztliche und medikamentöse Behandlung im Iran nicht erhalten wird.
61 
Soweit Dr. F in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 und die Psychologische Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 zudem eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert haben, ist das Gericht nicht davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass diese Erkrankung beim Kläger vorliegt.
62 
Fraglich ist bereits, ob die Psychologische Psychotherapeutin B befähigt ist, eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren. Denn für eine sichere Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung ist eine umfangreiche klinische Erfahrung einschließlich spezieller Kenntnisse in Psychotraumatologie erforderlich (vgl. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl. S. 748; Gierlichs, Deutsches Ärzteblatt 2002, 403). Zwar müssen Psychologische Psychotherapeuten auf der Grundlage eines abgeschlossenen Studiums der Psychologie, das das Fach Klinische Psychologie einschließt, die mindestens dreijährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß § 5 PsychThG abgeleistet und die entsprechende Approbation (§ 2 PsychThG) erhalten haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie hierdurch regelmäßig die erforderliche klinische Erfahrung vermittelt erhalten haben. Selbst wenn aber Psychologischen Psychotherapeuten zugestanden wird, eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren (so VGH München, Beschl. v. 28.07.2015 - 13a ZB 15.30073 - juris - und Beschl. v. 11.08.2016 - 20 ZB 16.30110 - NVwZ-RR 2017, 75; OVG Münster, Beschl. v. 19.12.2008 - 8 A 3053/08.A - InfAuslR 2009, 173; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.09.2016 - OVG 3 N 24.15 - juris -), so kann der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 keine wesentliche Bedeutung zukommen, weil es sich um Äußerungen der Therapeutin des Klägers handelt. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts vorgetragen, er sei seit über einem Jahr in einer Gesprächstherapie bei der Psychotherapeutin B (Refugio Stuttgart). Ein Therapeut muss aber grundsätzlich von dem vom Patienten geklagten Leiden nebst der Vorgeschichte als wahr ausgehen und will diesem auftragsgemäß helfen, möglichst ihn heilen. Demgemäß fehlt ihm die für eine Begutachtung notwendige Distanz zum Patienten; er tritt diesem nicht mit der erforderlichen notwendigen kritischen Betrachtung gegenüber (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.09.2006 - 13 A 1740/05.A - juris - und Beschl. v. 10.01.2007 - 13 A 1138/04.A - juris -). Im Übrigen muss die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 im Hinblick auf die diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung wegen schwerer Qualitätsmängel außer Betracht bleiben.
63 
Bei der PTBS handelt es sich um ein innerpsychisches Erlebnis, das sich einer Erhebung äußerlich objektiver Befundtatsachen weitgehend entzieht. Es kommt deshalb in besonderem Maße auf die Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit eines geschilderten inneren Erlebnisses und der zugrunde liegende faktischen äußeren Erlebnistatsachen an, was wiederum angesichts der Komplexität und Schwierigkeit des Krankheitsbildes eine eingehende Befassung des Arztes mit dem Patienten erfordert. Regelmäßig sind tragfähige Aussagen zur Traumatisierung erst nach mehreren Sitzungen über eine längere Zeit möglich. Auch bedarf es unter anderem einer gründlichen Anamnese, einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Betreffenden hinsichtlich des das Trauma auslösenden Ereignisses, einer alternativen Hypothesenbildung sowie einer schlüssigen und nachvollziehbaren Herleitung des im Übrigen genau zu definierenden Krankheitsbildes (vgl. Treiber, ZAR 2002, 282 ff; Loesel/Bender, Asylpraxis Band 7 S. 175 ff). Nach der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD 10)“ entsteht die posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (traumatisierendes Ereignis, sog. A-Kriterium). Somit ist für die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung der Nachweis eines traumatischen Ereignisses Voraussetzung. Es gibt keine posttraumatische Belastungsstörung ohne Trauma und auch beim Vorliegen aller Symptome einer PTBS kann eine solche nur diagnostiziert werden, wenn auch ein entsprechendes Trauma vorhanden war. Aus den Symptomen kann nicht rückgeschlossen werden, dass ein Trauma stattgefunden hat (vgl. Venzlaff/Foerster, Psychiatrische Begutachtung, 4. Aufl., S. 752; Steller in: Sonderheft für Gerhard Schäfer, NJW-Beilage 2002, S. 69, 71; Ebert/Kindt, VBlBW 2004, 41; OVG Magdeburg, Beschl. v. 01.12.2014 - 2 M 119/14 - juris -; VGH München, Beschl. v. 28.09.2006 - 19 CE 06.2690 - juris -; VG Stuttgart, Urt. v. 14.01.2008 - A 11 K 4941/07 - InfAuslR 2008, 323). Da die fachärztlichen Gutachten auf den Angaben des Betroffenen beruhen, bedarf es insoweit der Prüfung der Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Betroffenen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 02.05.2000 - 11 S 1963/99 - InfAuslR 2000, 435; OVG Bautzen, Beschl. v. 21.01.2014 - 3 B 476/13 - juris -; OVG Magdeburg, Beschl. v. 01.12.2014 - 2 M 119/14 - juris -). Die Feststellung des behaupteten traumatisierenden Ereignisses ist Gegenstand der gerichtlichen Sachverhaltswürdigung und unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. VGH München, Beschl. v. 17.10.2012 - 9 ZB 10.30390 - AuAS 2013, 9 und Beschl. v. 04.11.2016 - 9 ZB 16.30468 - juris -; OVG Münster, Beschl. v. 27.07.2007 - 13 A 2745/04.A - Inf-AuslR 2007, 408).
64 
Das Gericht hat im Asylerstverfahren das vom Kläger geltend gemachte Vorfluchtgeschehen insgesamt als unglaubhaft eingestuft (Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11). Unabhängig hiervon legen Dr. F in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 und die Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 ihren Beurteilungen je einen Sachverhalt über angebliche Geschehnisse im Iran unter unkritischer Übernahme der Angaben des Klägers zu Grunde, der vom bisherigen Vorbringen des Klägers im Asylerstverfahren deutlich abweicht. Dr. F ging in ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 08.11.2014 davon aus, dass der Kläger durch den Tod von zwei nahe stehenden Freunden während des gemeinsamen Militärdienstes traumatisiert sei. Dies steht im Widerspruch zu dem Vorbringen des Klägers im Asylerstverfahren, er habe keinen Wehrdienst geleistet, vielmehr sei er hiervon befreit gewesen. Weiter legte Dr. F ihrer Beurteilung zu Grunde, dass der Kläger im Iran wiederholt Gewalt erlebt und von Sicherheitskräften geschlagen worden sei, außerdem sei er unfreiwilliger Zeuge öffentlicher Hinrichtungen und Auspeitschungen geworden. Von all dem war im Asylerstverfahren jedoch mit keinem Wort die Rede. Die Psychotherapeutin B legte ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 wiederum einen völlig andersgearteten Sachverhalt zu Grunde. Danach soll der Kläger zweimal in Haft gewesen sein, während der Haft sei er mit einem Holzstück geschlagen worden, als Jugendlicher und junger Mann sei er wiederholt auf der Straße festgehalten und geschlagen worden, mit sechs Jahren sei er Zeuge von der Ermordung von Bekannten und als junger Erwachsener sei er wiederholt Opfer von körperlicher Gewalt (Inhaftierung mit Schlägen, Verfolgung, Schusswechsel) und chronischen Bedrohungen sowie Anfeindungen geworden. Von diesem angeblichen Geschehen im Iran, von dem Frau B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 berichtet, war im Asylerstverfahren gleichfalls mit keinem Wort die Rede.
65 
Sowohl die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 als auch die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 entbehren einer Abklärung, ob die vom Kläger geschilderten Erlebnisse auf wirklich Erlebtem beruhen. Auch fehlt es an einer fundierten, ernsthaften und nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit den Angaben des Klägers. Diese werden vielmehr von Frau Dr. F und Frau B als wahr unterstellt und zur Grundlage der Diagnose gemacht, ohne dass sich diese aus dem Vortrag des Klägers im Asylerstverfahren ergeben hätten. Frau Dr. F und die Psychotherapeutin B haben auch nicht dargelegt, warum die von ihnen berücksichtigten Ereignisse im Iran vom Kläger nicht schon während des Asylerstverfahrens vorgetragen wurden. Erstaunlich ist zudem, dass sich weder Frau Dr. F noch Frau B mit den Ausführungen im Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11 auseinandersetzen, obwohl dieses Urteil ihnen vorgelegen hat. Soweit Frau Dr. F und Frau B in ihren Stellungnahmen den Tod der Mutter des Klägers bei einem Verkehrsunfall als (weiteres) traumatisches Erlebnis benennen, fehlen Ausführungen zu dem Umstand, dass der Kläger trotz dieses Todesfalles im Iran ein weitgehend normales Leben führte und einer selbständigen Tätigkeit bis zu seiner Ausreise nachging. Angesichts der vielfachen völlig konträren Schilderungen des Klägers zum Geschehen im Iran trifft die Aussage des Gerichts im Urteil vom 26.01.2012 - A 11 K 751/11, wonach der Kläger unglaubwürdig und sein Vorbringen zu dem Geschehen im Iran insgesamt unglaubhaft ist, nach wie vor zu. Sind aber die verschiedenen Schilderungen des Klägers zu den Ereignissen im Iran insgesamt als unglaubhaft anzusehen, so entfällt gleichzeitig die Grundlage für die attestierte posttraumatische Belastungsstörung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 18.01.2013 - OVG 7 S 11.13 - juris -). Denn fehlt es am Nachweis eines traumatisierenden Ereignisses, ist das Symptomspektrum einer PTBS nicht ausgefüllt. Damit geht auch die Aussage der Psychotherapeutin B in ihrer psychologischen Stellungnahme vom 29.11.2016 ins Leere, wonach es bei einer Rückkehr des Klägers in den Iran zu einer Retraumatisierung kommen werde.
66 
Im Übrigen genügen weder die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 noch die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 den Anforderungen, die an eine ärztliche oder psychotherapeutische Stellungnahme gestellt werden.
67 
Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes der PTBS sowie seiner vielfältigen Symptome muss ein fachärztliches Attest gewissen Mindestanforderungen genügen. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.09.2007 - 10 C 8/07 - BVerwGE 129, 251 und Beschl. v. 26.07.2012 - 10 B 21/12 - juris -). Genügen vorgelegte ärztliche oder psychologische Stellungnahmen den dargelegten Anforderungen nicht, sind sie nicht geeignet, eine gerichtliche Beweiserhebung zu veranlassen und erst recht nicht, das Bestehen der Erkrankung sowie daraus resultierende Folgen zu belegen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2014 - A 3 S 264/14, n.v.).
68 
Diesen Anforderungen werden die ärztliche Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und die psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 nicht gerecht. Der Kläger hat erst drei Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet um psychologische Hilfe nachgesucht. Trotz dieser erheblichen Zeitspanne fehlen in der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und in der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 Angaben darüber, weshalb der Kläger die Symptome nicht schon früher vorgetragen hat. Hinzu kommt, dass die geltend gemachten Erlebnisse des Klägers im Iran bereits viele Jahre zurückliegen. Die Latenz von Symptomen einer PTBS zu dem traumaauslösenden Ereignis beträgt aber nach den Kriterien der ICD-10 F 43.1 grundsätzlich wenige Wochen bis 6 Monate. Für eine qualifizierte Bescheinigung wäre ein Eingehen auch auf diesen Gesichtspunkt erforderlich gewesen. Weiter wird in der ärztlichen und psychologischen Stellungnahme nicht erörtert, ob die vom Kläger geltend gemachten Symptome nicht auch andere Ursachen als eine posttraumatische Belastungsstörung haben können (alternative Hypothesenbildung, z.B. Anpassungsstörung) und ob sie Ausdruck von Aggravation und Simulation sind. Denn vieles spricht dafür, dass die vom Kläger beklagten Symptome ihre Ursache in der derzeit schwierigen und unklaren Lebenssituation des Klägers haben. Schließlich ordnen Frau Dr. F und Frau B auch nicht konkrete traumaauslösende Ereignisse den festgestellten Symptomen zu, sondern zählen eine Vielzahl von belastenden Ereignissen auf ohne Abgrenzung, ob es sich um lediglich dekompensierende oder bereits die Schwelle einer Traumatisierung überschreitende Ereignisse handelt.
69 
Im Übrigen ist bei den in der ärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. F vom 08.11.2014 und in der psychologischen Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 zu Grunde gelegten Symptomen - massiver Stress, innere Erregung, Anspannung, verminderter Antrieb, Ohnmachterleben, Hoffnungslosigkeit, Sinnverlust, Taubheitserleben, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, gedrückte Stimmung, beeinträchtigtes Erinnerungsvermögen - nicht zu erkennen, wie hierdurch auch bei fehlender Behandlungsmöglichkeit wesentliche oder lebensbedrohliche Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorgerufen werden können. Auch bei Depressionen treten nicht zwangsläufig erhebliche Gefahren für Leib oder Leben ein, wenn die Behandlung nicht durchgeführt wird. Gleiches gilt für eine posttraumatische Belastungsstörung; auch diese stellt im Hinblick auf die Regelungen in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG für sich gesehen keine lebensbedrohliche oder ähnlich schwerwiegende Erkrankung dar, die ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründet.
70 
Den hilfsweise gestellten Beweisanträgen war nicht zu entsprechen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis zu erheben über die Tatsache, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland derart verschlimmern würde, so dass eine konkrete, erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehen würde, zum andern über die Tatsache, dass im Iran für seine Erkrankungen keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind sowie über die Tatsache, dass er bei einer Rückkehr in den Iran retraumatisiert wird und sog. Flashbacks erleiden würde.
71 
Die vorgelegte psychologische Stellungnahme der Psychotherapeutin B vom 29.11.2016 gibt in Bezug auf die Frage nach einer möglichen Retraumatisierung des Klägers nach Rückkehr in den Iran keine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Eine posttraumatische Belastungsstörung ist nach den obigen Ausführungen nicht dargetan, so dass auch eine hiermit in Verbindung stehende Retraumatisierung ausscheidet. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Tatsache, dass der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran retraumatisiert wird und sog. Flashbacks erleiden würde, stellt sich demnach mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen als unzulässiger Ausforschungsbeweisantrag dar (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 19.01.2005 - A 3 S 1243/04, n.v.).
72 
Mit dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Tatsache, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung in der Bundesrepublik Deutschland derart verschlimmern würde, so dass eine konkrete, erhebliche Gefahr für Leib und Leben des Klägers bestehen würde, stellt der Kläger keine Tatsachen unter Beweis, sondern teils prognostische, teils auch rein rechtliche Schlussfolgerungen, die dem Beweis nicht zugänglich sind, sondern der genuin richterlichen Beurteilung unterliegen. Soweit als Tatsache die Verschlimmerung des Gesundheitszustandes behauptet wird, ist diese Behauptung so allgemein gehalten, dass ein konkretes Beweisthema nicht erkennbar wird. Auch dieser Antrag stellt sich demnach als Ausforschungsantrag dar (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 03.04.2001 - A 9 S 1897/00 - juris -).
73 
Im Hinblick auf den Antrag, ein Sachverständigengutachten über die Tatsache einzuholen, dass im Iran für die Erkrankungen des Klägers keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind, verfügt das Gericht über einschlägige Erkenntnismittel, um die Behandlungsmöglichkeiten und deren Erreichbarkeit im Iran aus eigener Sachkunde würdigen zu können, weshalb das Gericht in Ausübung seines diesbezüglichen Ermessens keine Veranlassung für eine weitere Beweiserhebung zu dieser Frage sieht. Die einschlägigen Erkenntnismittel wurden zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und sind auch im Urteil zitiert. Anhaltspunkte dafür, dass die herangezogenen Erkenntnisquellen erkennbare Mängel aufweisen, in sich widersprüchlich sind oder von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, so dass sich dem Gericht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung nicht aufdrängt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.08.2000 - 9 B 210/00 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 61). Weiter gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass mittlerweile relevante Änderungen eingetreten sind, die Anlass geben, aktuellere Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, so dass eine Neubewertung nicht notwendig war (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.02.1993 - 2 BvR 1294/92 - InfAuslR 1993, 196 und Beschl. v. 18.06.1993 - 2 BvR 231/93 - NVwZ 1994, 62 ).
74 
Auch dem hilfsweise gestellten Antrag, die behandelnde Psychiaterin des Klägers, Frau S A, als sachverständige Zeugin zum Gesundheitszustand des Klägers zu hören, war nicht zu entsprechen, da weder vorgetragen noch erkennbar ist, welche konkreten entscheidungserheblichen Tatsachen die benannte Zeugin bekunden soll. Ein Zeugenbeweis ist nur dann hinreichend substantiiert, wenn im Einzelnen angegeben wird, welche rechtlich erheblichen Bekundungen über konkrete Wahrnehmungen von diesem Zeugen zu erwarten gewesen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 27.03.2000 - 9 B 518/99 - InfAuslR 2000, 412). Die Pflicht zur Substantiierung von Beweisanträgen bezieht sich zum einen auf das Beweisthema, also die Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit, und zum anderen darauf, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf das Beweisthema (also in Bezug auf die Beweistatsachen oder auf die zu deren Ermittlung dienenden Hilfstatsachen oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll. Nur auf der Grundlage solcher Angaben kann das Gericht prüfen, ob die beantragte Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beitragen kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29.06.2001 - 1 B 131/00 - InfAuslR 2001, 466). Nach diesen Grundsätzen ist der Beweisantrag zur Vernehmung von Frau A unsubstantiiert, da er bereits keine Angaben dazu enthält, welchen Inhalt die Aussagen der Zeugin voraussichtlich hätten.
75 
3. Die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung entspricht den gesetzlichen Vorgaben (§ 71 Abs. 4, § 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG).
76 
4. Auch die verfügte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots ist rechtmäßig. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG ist von Amts wegen zu befristen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die vom Bundesamt ausgesprochene Befristung des Verbots auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung hält sich innerhalb des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgegebenen Rahmens, wonach die Frist fünf Jahre nur überschreiten darf, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Anhaltspunkte dafür, dass die Frist ermessensfehlerhaft festgesetzt wurde, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
77 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I.

Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der am 31. Dezember 1993 in Herat geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger schiitischen Glaubens und Hazara. Er reiste auf dem Landweg vom Iran über die Türkei, Griechenland, Italien und Österreich am 25. März 2012 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 11. April 2012 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 11. Juli 2012 gab der Kläger an, er spreche Dari, außerdem Farsi und ein wenig Englisch. Seit seinem zweiten Lebensjahr habe er mit seiner Familie im Iran gelebt. Die Familie stamme aus der Provinz Herat, Gebiet Guzara. Seine Eltern hätten sich zwar über Afghanistan unterhalten, aber er habe mit ihnen nicht darüber gesprochen. Sie seien wegen der schlechten Sicherheitslage, insbesondere für Hazara, geflohen. In Afghanistan habe er keine Verwandten. Er habe im Iran, in Bodjnord, fünf Jahre die Schule besucht und anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Er habe immer drei bis vier Monate in Teheran gearbeitet und sei dann wieder zur Familie zurückgekehrt. Wann er aus dem Iran ausgereist sei, wisse er nicht. Er sei seit über zweieinhalb Jahren unterwegs. Eineinhalb Jahre sei er in der Türkei gewesen, neun bis zehn Monate in Griechenland. Die Fahrt habe er mit seinem Verdienst in Teheran finanziert. In Griechenland habe er nicht gearbeitet, in der Türkei als Spüler in Restaurants. Den Iran habe er verlassen, weil die Afghanen dort unterdrückt würden. Die Familie habe auch keine offiziellen Dokumente und sei nicht einmal sozialversichert. Er habe eine Schwester mit elfeinhalb Jahren und einen Bruder mit ca. zehn Jahren.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 wurde der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter abgelehnt (1.), festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (2.) sowie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. (3.) nicht vorliegen und dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan angedroht (4.). Zur Begründung ist ausgeführt, wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara liege keine Verfolgung vor. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in Herat bestehe nicht. Auch die Voraussetzungen von nationalen Abschiebungsverboten lägen nicht vor, insbesondere bestehe keine extreme Gefahrenlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Da der Kläger nach seinen Angaben bereits nach Beendigung der Schule in Restaurants gearbeitet und Motorräder repariert habe, könne er auch ohne den Rückhalt seiner Familie das erforderliche Einkommen erzielen.

Mit der hiergegen gerichteten Klage an das Verwaltungsgericht München verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. In der mündlichen Verhandlung am 25. März 2014 erklärte der Kläger, Bodjnord sei etwa 17 bis 18 Stunden mit dem Bus von Teheran entfernt, wo er gearbeitet habe. In Deutschland habe er keine Schule besucht und keine Berufsausbildung gemacht. Derzeit arbeite er in einem Restaurant. Mit Urteil vom 25. März 2014 wurde der Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2013 antragsgemäß in Nr. 3 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG nicht vorliegt. Zudem wurde er in Nr. 4 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen. Die allgemeine Gefahr in Afghanistan habe sich in der Person des Klägers trotz seiner Volljährigkeit ausnahmsweise zu einer extremen Gefahr verdichtet. Aufgrund der besonderen Umstände kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass der Kläger, der bereits im Alter von zwei Jahren sein Herkunftsland dauerhaft mit seiner Familie verlassen habe, mit den Verhältnissen in Afghanistan nicht vertraut sei und zudem über keine Berufsausbildung verfüge, nicht dazu in der Lage wäre, die hohen Anforderungen so bewältigen zu können, dass er sich ohne die Hilfe eines aufnahmebereiten Familienverbands wenigstens ein Existenzminimum erwirtschaften könnte. Allein aufgrund seiner langjährigen Abwesenheit sei davon auszugehen, dass ihm die aktuellen Lebensumstände in Afghanistan fremd seien. Er sei mit den Gepflogenheiten der afghanischen Gesellschaft nicht vertraut, zumal dort während seiner Abwesenheit entscheidende Umbrüche und Veränderungen stattgefunden hätten. Erschwerend wirke sich die fehlende Berufsausbildung aus.

Auf Antrag der Beklagten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. August 2014 die Berufung zugelassen wegen Divergenz zur Rechtsprechung des Senats zur extremen Gefahrenlage in den Fällen, in denen der betreffende Ausländer Afghanistan bereits im Kleinkindalter verlassen hat (BayVGH, U. v. 24.10.2013 - 13a B 13.30031 - juris). Unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Zulassungsantrag und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs führt die Beklagte aus, dass bei alleinstehenden, arbeitsfähigen und gesunden männlichen afghanischen Rückkehrern in aller Regel kein Abschiebungsschutz in Betracht käme, zumal Mittel der Rückkehrförderung in Anspruch genommen werden könnten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2014 vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger geht davon aus, dass er gemessen an seiner persönlichen Situation ausnahmsweise alsbald nach der Rückkehr in eine extreme Gefahrenlage geraten würde. Er beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 128 Satz 1 VwGO). Das Bundesamt ist nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylVfG) nicht verpflichtet festzustellen, dass für den Kläger ein national begründetes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Beim national begründeten Abschiebungsverbot handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand, weshalb alle entsprechenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen sind (BVerwG, U. v. 8.9.2011 - 10 C 14.10 - BVerwGE 140, 319 Rn. 16 und 17). Allerdings sind weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 noch diejenigen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfüllt.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention unzulässig (EMRK) ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG(U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene“ Abschiebungshindernisse). Dabei sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat können jedoch nur in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK wäre (BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - NVwZ 2013, 1167 unter Verweis auf EGMR, U. v. 21.1.2011 - M.S.S./Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413; U. v. 28.6.2011 - Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, Nr. 8319/07 - NVwZ 2012, 681; U. v. 13.10.2011 - Husseini/Schweden, Nr. 10611/09 - NJOZ 2012, 952). Besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch nicht erkennbar.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird.

Auf eine individuelle erhebliche konkrete Gefahr i. S. v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hat sich der Kläger, der sich nach seinen Angaben ab seinem zweiten Lebensjahr nicht mehr in Afghanistan aufgehalten hat, nicht berufen. Vielmehr trägt er vor, dass seine Eltern Afghanistan wegen der damaligen schlechten Sicherheitslage - eine allgemeine Gefahr im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG - verlassen hätten. Diese kann auch dann nicht als Abschiebungshindernis unmittelbar nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berücksichtigt werden, wenn sie durch Umstände in der Person oder in den Lebensverhältnissen des Ausländers begründet oder verstärkt wird, aber nur eine typische Auswirkung der allgemeinen Gefahrenlage ist (BVerwG, U. v. 8.12.1998 - 9 C 4.98 - BVerwGE 108, 77). Dann greift grundsätzlich die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG. Eine Abschiebestoppanordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht (mehr). Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat durch die Verwaltungsvorschriften zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) mit Rundschreiben vom 3. März 2014, Az. IA2-2081.13-15 bezüglich der Rückführungen nach Afghanistan verfügt, dass nach wie vor alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die volljährig sind, vorrangig zurückzuführen sind (s. BayVVAuslR Nr. C.3.2).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch im Einzelfall Ausländern, die zwar einer gefährdeten Gruppe im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG angehören, für welche aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 AufenthG oder eine andere Regelung, die vergleichbaren Schutz gewährleistet, nicht besteht, ausnahmsweise Schutz vor der Durchführung der Abschiebung in verfassungskonformer Handhabung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zuzusprechen, wenn die Abschiebung wegen einer extremen Gefahrenlage im Zielstaat Verfassungsrecht verletzen würde. Das ist der Fall, wenn der Ausländer gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (st. Rspr. des BVerwG; vgl. nur BVerwGE 99, 324; 102, 249; 108, 77; 114, 379; 137, 226). Diese Grundsätze über die Sperrwirkung bei allgemeinen Gefahren und die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise verfassungskonforme Anwendung in den Fällen, in denen dem Betroffenen im Abschiebezielstaat eine extrem zugespitzte Gefahr droht, sind auch für die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes maßgeblich (BVerwG, B. v. 23.8.2006 - 1 B 60.06 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 19).

Im Hinblick auf die unzureichende Versorgungslage hat sich die allgemeine Gefahr in Afghanistan für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (Bergmann in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssen. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich aus den Erkenntnismitteln nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher afghanischer Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären (seit U. v. 3.2.2011 - 13a B 10.30394 - juris; zuletzt U. v. 30.1.2014 - 13a B 13.30279 - juris). Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Der Senat hat sich dabei im Urteil vom 30. Januar 2014 (a. a. O.) u. a. auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: 4. Juni 2013) gestützt sowie auf die Stellungnahmen von Dr. Danesch vom 7. Oktober 2010 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof, von Dr. Karin Lutze (stellvertretende Geschäftsführerin der AGEF - Arbeitsgruppe Entwicklung und Fachkräfte im Bereich der Migration und der Entwicklungszusammenarbeit i.L.) vom 8. Juni 2011 an das OVG Rheinland-Pfalz (zum dortigen Verfahren 6 A 11048/10.OVG) und von ACCORD (Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation) vom 1. Juni 2012. Nach den dortigen Erkenntnissen geht der Senat davon aus, dass trotz großer Schwierigkeiten grundsätzlich auch für Rückkehrer durchaus Perspektiven im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen und jedenfalls der Tod oder schwerste Gesundheitsgefährdungen alsbald nach der Rückkehr nicht zu befürchten sind.

Aus den aktuellen Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 31. März 2014 (Stand: Februar 2014, S. 19 ff. - Lagebericht 2014) stellt zum einen fest, dass sich Afghanistans Bewertung im Human Development Index kontinuierlich verbessert habe. Auch wenn Afghanistan weiterhin einen sehr niedrigen Rang belege und der Entwicklungsbedarf noch beträchtlich sei, habe es sich einerseits in fast allen Bereichen positiv entwickelt. Die afghanische Wirtschaft wachse, wenn auch nach einer starken Dekade vergleichsweise schwach. Andererseits würden Investitionen aufgrund der politischen Unsicherheit weitgehend zurückgehalten. Allerdings könne nach dem Wahljahr 2014 mit einer Normalisierung des durch die starke Präsenz internationaler Truppen aufgeblähten Preis- und Lohnniveaus zu rechnen sein. Eine weitere Abwertung der afghanischen Währung könnte zu einer gestärkten regionalen Wettbewerbsfähigkeit afghanischer Produkte führen. Negativ würde sich jedoch zum anderen eine zunehmende Unsicherheit und Destabilisierung des Landes auswirken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei auch bei einer stabilen Entwicklung der Wirtschaft eine zentrale Herausforderung. Für größere Impulse mangle es bisher an Infrastruktur und förderlichen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und einer umfassenden politischen Strategie. Da die Schaffung von Perspektiven auch zu Sicherheit und Stabilität beitrage, sei die Unterstützung der Privatwirtschaft einer der Schlüsselbereiche der bilateralen Zusammenarbeit. Im Übrigen greift der Lagebericht 2014 mit Ausnahme der medizinischen Versorgung keine Einzelaspekte auf, sondern stellt nur die generelle Situation für Rückkehrer und die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Es wird darauf verwiesen, dass es an grundlegender Infrastruktur fehle und die Grundversorgung - wie schon bisher - für große Teile der Bevölkerung eine große Herausforderung sei. Die medizinische Versorgung habe sich in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, falle allerdings im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück. Nach wie vor seien die Verfügbarkeit von Medikamenten und die Ausstattung von Kliniken landesweit unzureichend.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update, die aktuelle Sicherheitslage vom 5.10.2014, S. 18 ff. - SFH) führt aus, dass 36% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten. Besonders die ländliche Bevölkerung sei den starken klimatischen Schwankungen hilflos ausgeliefert. Die Zahl der Arbeitslosen werde weiter ansteigen. 73,6% aller Arbeitstätigen gehörten zu den working poor, die pro Tag zwei US$ oder weniger verdienten. Die Analphabetenrate sei weiterhin hoch und die Anzahl der gut qualifizierten Fachkräfte sehr tief.

Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 6.8.2013, S. 9 [UNHCR-Richtlinien] und Darstellung allgemeiner Aspekte hinsichtlich der Situation in Afghanistan - Erkenntnisse u. a. aus den UNHCR-Richtlinien 2013 vom August 2014 [UNHCR-2014]) geht davon aus, dass es für eine Neuansiedlung grundsätzlich bedeutender Unterstützung durch die (erweiterte) Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm bedarf. Die einzige Ausnahme seien alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten Schutzbedarf, die unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben könnten, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung böten, und die unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle ständen.

Zusammenfassend lassen sich damit aus diesen Berichten keine für die Beurteilung der Gefahrenlage relevanten Änderungen entnehmen. Aufgrund der in den Auskünften geschilderten Rahmenbedingungen sind insbesondere Rückkehrer aus dem Westen in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind, wesentlich höher. Hinzu kommt, dass eine extreme Gefahrenlage zwar auch dann besteht, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert werden würde (vgl. BVerwG, U. v. 29.6.2010 - 10 C 10.09 - BVerwGE 137, 226), jedoch Mangelernährung, unzureichende Wohnverhältnisse und eine schwierige Arbeitssuche nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit „alsbald“ zu einer extremen Gefahr führen. Diese muss zwar nicht sofort, also noch am Tag der Ankunft eintreten. Erforderlich ist allerdings eine hinreichende zeitliche Nähe zwischen Rückkehr und unausweichlichem lebensbedrohenden Zustand. Die Gefahr muss sich alsbald nach der Rückkehr realisieren. Dies ist aus den genannten Erkenntnismitteln nicht ersichtlich. Nach der Beurteilung des Auswärtigen Amts in der Auskunft vom 2. Juli 2013 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (um Verfahren 8 A 2344/11.A) dürfte es unwahrscheinlich sein, dass besonders in der Hauptstadt Kabul Personen verhungern oder verdursten. Im Urteil vom 4. September 2014 (8 A 2434/11.A - juris) teilt der Hessische Verwaltungsgerichtshof die vorliegende Einschätzung (ebenso OVG NW, U. v. 27.1.2015 - 13 A 1201/12.A - juris). Demgegenüber stellt der Kläger lediglich die Vermutung auf, dass sich die Situation für Rückkehrer verschlechtert habe. Konkrete Anzeichen, die auf eine Verschlechterung hinweisen würden, benennt er nicht. Er beschränkt sich vielmehr auf Annahmen, ohne dass sich diese auf signifikante Veränderungen stützen würden.

Bei dieser Ausgangslage bedurfte es auch nicht der Einholung einer neuen Auskunft.

Die vorhandenen Auskünfte ergeben einen ausreichenden Einblick in die tatsächliche Lage in Afghanistan. Im Hinblick auf den teilweisen Abzug der internationalen Truppen ergibt sich nichts anderes. Anhaltspunkte, dass sich bei der Versorgungs- und Sicherheitslage im jetzt maßgeblichen Zeitpunkt erhebliche Veränderungen ergeben hätten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Ob in Zukunft Verschlechterungen eintreten werden, lässt sich derzeit nicht beurteilen.

Es ist auch nicht anzunehmen, dass der Kläger als Angehöriger der Minderheit der Hazara keine Chance hätte, sich als Tagelöhner oder Gelegenheitsarbeiter zu verdingen. Die vorliegenden Gutachten und Berichte enthalten keine entsprechenden Hinweise. Der Umstand, dass der Kläger seit seinem zweiten Lebensjahr mit seiner Familie im Iran gelebt hat, steht der Annahme, er könne sich in Kabul auf sich allein gestellt notfalls „durchschlagen“, ebenfalls nicht entgegen. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Urteil vom 24. Oktober 2013 (13a B 13.30031 - juris) ausgeführt, dass eine Rückkehr nach Afghanistan grundsätzlich nicht am fehlenden vorherigen Aufenthalt im Heimatland scheitere. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht. Ein spezielles „Vertrautsein mit den afghanischen Verhältnissen“ mag die Sicherung des Lebensunterhalts vereinfachen. Anhaltspunkte, dass dies erforderlich sein könnte, sind jedoch nicht ersichtlich. Damit liegt die für eine verfassungskonforme Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderliche hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger alsbald existenzbedrohenden Mangellagen ausgesetzt wäre, nicht vor. Der Kläger ist im Iran, einer islamisch geprägten Umgebung, aufgewachsen und spricht Farsi sowie die hiermit sehr eng verwandte Landessprache Afghanistans Dari. Zudem hebt er sich bereits dadurch von der Masse der Arbeit suchenden Analphabeten ab, dass er im Iran fünf Jahre lang die Schule besucht hat. In Teheran hat er anschließend sowohl in Restaurants gearbeitet als auch Motorräder in Stand gesetzt. Damit konnte er nicht nur seinen Lebensunterhalt erwirtschaften, sondern auch die Ausreise sowie seinen neun- bis zehnmonatigen Aufenthalt in Griechenland, wo er nach seinen Angaben nicht gearbeitet hat, finanzieren. Während seines eineinhalb jährigen Aufenthalts in der Türkei hat er - ohne Kenntnis der Landessprache - als Spüler in Restaurants gearbeitet. Ebenso ist er derzeit in Deutschland in einem Gasthof als Küchenhilfe beschäftigt. In der mündlichen Verhandlung hat er zudem relativ gut Deutsch gesprochen. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer zwangsweisen Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten, etwa in Kabul, wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht komme (UNHCR-2014).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Kläger, eine dreiköpfige Familie ohne Ausweispapiere, gehören der Volksgruppe der Hazara an und sind Schiiten. Nach ihren Angaben sind sie am ... 1991, ... 1992 bzw. ... 2015 in dem Dorf ... im Distrikt ... in der afghanischen Provinz ... geboren und afghanische Staatsangehörige. Am 10. Februar 2016 meldeten sie sich bei der Aufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in ..., am 11. März 2016 stellten sie Asylanträge, wobei sie als erste Sprache Dari und als zweite Sprache Persisch angaben.

Zeitgleich stellten ein Bruder der Klägerin zu 2. und seine Ehefrau unter den Namen ... und ... Asylanträge. Sie gaben an, am ... 1995 bzw. ... 1997 in ... geboren und ebenfalls afghanische Staatsangehörige zu sein. Ausweispapiere wurden nicht vorgelegt.

Ein weiterer Bruder der Klägerin zu 2., seine Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder meldeten sich bereits am 10. Dezember 2015 unter dem Familiennamen ... als Asylbewerber in Bayern. Sie gaben an, am ... 1986, ... 1986, ... 2008, ... 2010 bzw. ... 2012 in ... geboren und afghanische Staatsangehörige zu sein. Auch sie legten keine Ausweispapiere vor.

Bei seiner Anhörung am 15. Juni 2016 trug der Kläger zu 1. vor, seine afghanische Tazkira habe er auf dem Meer zwischen der Türkei und Griechenland auf Anordnung des Bootsfahrers mit seiner Tasche wegwerfen müssen. Er habe sein Heimatland Afghanistan im Jahr 2016 verlassen und sei ca. 40 Tage unterwegs gewesen. Die Reise mit Hilfe eines Schleusers habe von Afghanistan bis in den Iran 1,2 Mio. Toman, bis Griechenland 2 Mio. Toman und dann 1.800 Euro bis nach Deutschland für die gesamte Familie gekostet. Nach Deutschland sei er im Januar 2016 eingereist. Seine Mutter sei derzeit im Iran. In Afghanistan lebten zwei Schwestern, im Iran zwei Brüder, in Deutschland ein Bruder. Er habe keine Schule besucht und sei Bauarbeiter gewesen. In Afghanistan gebe es keine Sicherheit. In der Nähe ihres Dorfes habe es immer Kämpfe gegeben, so dass sie nach ... hätten fliehen müssen. In der Stadt sei es auch unsicher gewesen. Es habe Selbstmordattentäter gegeben, die sich in die Luft gesprengt hätten, und Minen auf den Straßen. Er sei selbst nicht betroffen gewesen, habe aber schon Bombenexplosionen gesehen. Die Taliban hätten ihr Dorf besetzt. Sie hätten nicht mehr dort leben können. Die Taliban hätten ihm zweimal Ohrfeigen gegeben. Sie hätten wissen wollen, wer im Dorf Waffen habe und wer Kommandeur sei. Er habe geweint, er habe gebetet. Dann hätten sie ihn freigelassen. Als er noch ein Kind gewesen sei, sei sein Vater von den Taliban getötet worden. Er denke, dass sein Vater wegen seines Grundbesitzes getötet worden sei. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde er Angst vor den Taliban haben. Er würde getötet werden. Der Grund, warum er um sein Leben fürchten müsse, sei, dass sie ihm einmal Ohrfeigen gegeben hätten. Im rechten Bein sei ihm im Iran eine Stahlplatte eingesetzt worden. Die für den 6. Juni 2016 geplante Operation sei wegen des heutigen Anhörungstermins auf den 29. Juni 2016 verschoben worden.

Die Klägerin zu 2. trug bei ihrer Anhörung vor, sie habe in ihrem Heimatland keine Personalpapiere besessen. Da sie nie in die Schule gegangen sei, sei keine Tazkira notwendig gewesen. Sie sei in dem Dorf ... geboren, aufgewachsen, habe dort geheiratet und sei von dort ausgereist. Sie sei Analphabetin, so dass sie sich mit dem Datum der Ausreise nicht auskenne. Die Reise habe ca. 40 Tage gedauert. Sie habe von Afghanistan in den Iran 1,2 Mio. Toman, vom Iran in die Türkei 2 Mio. Toman und dann 900 Euro je Person gekostet. Ihr Schwiegervater sei ein Grundbesitzer gewesen. Nach seinem Tod hätten ihr Mann und sein Bruder das Land geerbt. Davon hätten sie gelebt und die Reise finanziert. Vor der Einreise nach Deutschland hätten sie sich nicht vorübergehend in einem anderen Land aufgehalten. Ihre Eltern lebten im Iran, ebenso vier Schwestern. Zwei Brüder lebten in Deutschland. Sie sei Hausfrau gewesen. Wegen den Taliban sei ihr Leben in Gefahr gewesen. Sie hätten ihr Haus nicht verlassen können. Es sei ihnen wirtschaftlich gut gegangen. Die Taliban hätten die Männer von zu Hause rausgeholt und mitgenommen. Einige würden umgebracht werden. Ihre Schwiegermutter habe beschlossen, dass ihre Familie nach Europa gehen solle. Ihr Mann sei von den Taliban geschlagen worden, er habe Ohrfeigen bekommen. Ihr selbst sei nichts zugestoßen, weil sie immer zu Hause gewesen sei. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan habe sie Angst vor dem IS und den Taliban. Die Taliban würden sie umbringen.

Mit Bescheid vom 21. Juni 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz ab, verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG und drohte den Klägern die Abschiebung nach Afghanistan oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Zudem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Die Kläger hätten keine Verfolgungsmaßnahmen vorgetragen, denen sie in Anknüpfung an ein asylrelevantes Merkmal - Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - vor ihrer Ausreise aus dem Heimatland ausgesetzt gewesen seien oder bei einer Rückkehr unterliegen würden. Auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes lägen nicht vor. Für keine der afghanischen Provinzen könne generell ein Gefährdungsgrad für Zivilpersonen angenommen werden, der die Feststellung einer erheblichen individuellen Gefahr allein aufgrund einer Rückkehr in das Herkunftsgebiet rechtfertige. Nach Angaben der United Nations Assistence Mission in Afghanistan (UNAMA) habe es im Jahr 2014 landesweit 10.548 zivile Opfer (3.699 Tote und 6.849 Verletzte) gegeben. Im Jahr 2015 sei die Anzahl der landesweit registrierten zivilen Opfer um 4% auf 11.002 (3.545 Tote und 7.457 Verletzte) gestiegen. Ein Blick auf die regionale Zuordnung der zivilen Opfer zeige, dass mit Ausnahme der zentralen Region und der Region Nordost in allen Regionen die Opferzahlen gesunken seien. Während in der zentralen Region die Zahl der zivilen Opfer von 1.488 im Jahr 2014 auf 1.753 im Jahr 2015 angestiegen sei, habe es in der nordöstlichen Region (Provinzen Kundus, Baghlan, Takhar, Badakhshan) einen deutlichen Anstieg von 929 im Jahr 2014 auf 1.978 im Jahr 2015 gegeben. Der landesweite Anstieg der Gesamtopferzahlen sei daher maßgeblich auf die Entwicklung in der Nordostregion zurückzuführen und hier insbesondere auf die Kämpfe in Kundus, das kurzzeitig von den Taliban erobert worden sei. Angesichts dieser Erkenntnisse bleibe das Risiko, Opfer willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes zu werden, weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Selbst wenn man von 20.000 Opfern ausgehe, habe bei einer Einwohnerzahl von rund 27 Mio. die Wahrscheinlichkeit, Opfer zu werden, im Jahr 2015 bei 0,074% gelegen. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) komme eine Verletzung des Art. 3 EMRK ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Kläger im Fall ihrer Abschiebung tatsächlich Gefahr liefen, im Aufnahmeland auf so schlechte humanitäre Bedingungen (allgemeine Gefahren) zu treffen, dass die Abschiebung dorthin eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstelle. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne danach nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gewertet werden. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Afghanistan führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Auch wenn hinsichtlich der wirtschaftlichen Existenzbedingungen wie Nahrungsversorgung, medizinischer Versorgung und Zugang zu Arbeit noch erhebliche Defizite bestünden und Afghanistan trotz eines gewissen wirtschaftlichen Aufschwungs nach wie vor eines der ärmsten Länder sei, seien die vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab nicht erfüllt. Die Umstände, die die Kläger geltend machten, gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in einer vergleichbaren Lage lebten. Den Klägern drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Eine bei allgemeinen Gefahren eventuell durch verfassungskonforme Auslegung zu schließende Schutzlücke bestehe nicht mehr, weil durch die schlechte humanitäre Situation bedingte allgemeine Gefahren im Rahmen der Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK Berücksichtigung fänden und die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe des EGMR einerseits und der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG andererseits identisch seien.

Am 1. Juli 2016 erhoben die Bevollmächtigten der Kläger Klage. Sie beantragen,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21. Juni 2016 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Am 25. Juli 2016 legten die Bevollmächtigten ein Attest der ...-klinik ... vom 30. Juni 2016 vor. Demnach wurde beim Kläger zu 1. bei Verdacht auf Knochenentzündung im Bereich der Oberschenkelfraktur das implantierte Osteosynthesematerial entfernt. Bei klinischem und laborchemischem Verdacht auf eine Infektion des Knochens sei postoperativ eine antibiotische Therapie mit Gabe über die Venen bis mindestens zum Erhalt der Abstrichergebnisse begonnen worden, so dass der Patient mindestens bis 4. Juli 2016 stationär behandelt werden müsse.

Das Gericht hat Auskünfte zu der Frage eingeholt, welche Starthilfen bzw. Hilfen zur Reintegration in das Heimatland ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige, deren Asylantrag abgelehnt wurde, nach dem REAG/GARP-Programm für das Jahr 2016 und ggf. weiteren Förderprogrammen erhalten können. Nach dem Government Assisted Repatriation Programme (GARP) können erfolglose Asylbewerber aus Afghanistan auf Antrag eine Starthilfe erhalten, die 500 Euro pro Erwachsenen und Jugendlichen und 250 Euro pro Kind unter 12 Jahren beträgt. Bei einer zwangsweisen Rückführung (Abschiebung) entfällt die Starthilfe. Zudem gibt es seit Juni 2016 das Europäische Reintegrationsprogramm „ERIN“ (European Reintegration Instrument Network). Die Reintegrationshilfen umfassen z. B. Service bei der Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei einer Geschäftsgründung. Die Unterstützung wird über den Vertragspartner weitgehend als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen beträgt für Einzelpersonen, die freiwillig zurückkehren, ca. 1.000 Euro bis 2.000 Euro, für rückgeführte Einzelpersonen ca. 700 Euro. Bei Familien kann der Leistungsumfang erhöht werden, wobei dies u. a. von der Größe der Familie und dem Bedarf im Rückkehrland abhängig ist.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt, insbesondere das Protokoll über die Anhörung der Kläger zu 1. und 2. beim Bundesamt und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung, sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisgrundlagen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, die gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG maßgeblich ist, haben die Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.

Sowohl das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch das Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind zielstaatsbezogen. Es handelt sich nicht um absolute, sondern relative, auf einen bestimmten Staat bezogene Abschiebungsverbote, die dem Erlass einer Abschiebungsandrohung nicht entgegenstehen, sondern lediglich zu deren Einschränkung führen (vgl. BT-Drucks. 12/2062, S. 44). Es geht jeweils (nur) um Gefahren, die dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen. Bezüglich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG folgt dies unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift („wenn dort für diesen Ausländer eine … Gefahr … besteht“). Hinsichtlich § 60 Abs. 5 AufenthG ergibt sich dies aus der systematischen Stellung der Vorschrift im Gesetz sowie ihrem Sinn und Zweck (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12/27 Rn. 35 f. unter Hinweis auf BVerwG, U. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322/324 ff. zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG). Insoweit ist bereits fraglich, ob sich die Kläger auf die Verhältnisse in Afghanistan berufen können, weil Afghanistan als Zielstaat einer Abschiebung nur für afghanische Staatsangehörige in Betracht kommt.

Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die Kläger, die ebenso wie ihre Verwandten, die zeitgleich oder zeitnah Asylanträge in Deutschland gestellt haben, keine Identitäts- bzw. Herkunftsnachweise vorgelegt haben, wie behauptet afghanische Staatsangehörige sind. So hat der Kläger zu 1., der angeblich aus dem Distrikt ... stammt, bei der Anhörung vor Gericht angegeben, um von ... nach ... zu kommen, müsse man nach Norden fahren, obwohl ... westlich von ... liegt. Auf die Frage, in welchen Staat man komme, wenn man von ... aus weiter nach Norden fahre, antwortete er „nach Pakistan“, obwohl Afghanistan hier an Tadschikistan grenzt. Auf die Frage, wie die Währung in Afghanistan heiße, meinte er zunächst „Toman“, obwohl es sich hierbei um eine iranische Währungseinheit handelt. Erst nach einigem Zögern und Überlegen und nachdem das Gericht angedeutete hatte, dass die Antwort falsch sei, korrigierte er sich und gab die richtige Antwort. Für eine Herkunft aus dem Iran, in dem mehr als 1,5 Mio. Hazara leben, und damit eine iranische Staatsangehörigkeit der Kläger spricht auch, dass sie als zweite Sprache „Persisch“ angegeben haben. Der Bruder ... der Klägerin zu 2., der ebenfalls aus der Provinz ... stammen will, hat bei der Meldung als Asylbewerber am 5. Januar 2016 unter der Rubrik „Sprachkenntnisse“ sogar nur „Farsi“ angegeben. Auf eine iranische Staatsangehörigkeit deutet auch die Aussage der Klägerin zu 2. hin, der Verkehrsunfall des Klägers zu 1. sei entweder in ... oder in dem gemeinsamen Heimatdorf passiert, obwohl der Kläger zu 1. als Unfallort ... angegeben hat und es wenig realistisch ist, dass er den Unfallort nie gegenüber seiner Ehefrau erwähnt hat.

Letztlich kann dies aber offenbleiben, weil sich die Kläger selbst dann, wenn sie afghanische Staatsangehörige seien sollten, nicht mit Erfolg auf ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Afghanistans berufen können.

1. Den Klägern droht bei einer Rückkehr nach Kabul, Bamiyan oder in einen anderen relativ sicheren Landesteil nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK aufgrund allgemeiner Gewalt oder schlechter humanitärer Bedingungen (vgl. VGH BW, U. v. 24.7.2013 - A 11 S 727/13 - juris; U. v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris; a.A. BayVGH, U. v. 21.11.2014 - 13a B 14.30284 - juris ohne Erwähnung der genannten gegensätzlichen Urteile des VGH BW im Hinblick auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung („derzeit“) in Afghanistan herrschenden Rahmenbedingungen).

a) Aus Art. 3 EMRK folgt, dass die Abschiebung eines Ausländers in einen Staat unzulässig ist, in dem ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen zu werden. Die Bestimmung zielt ebenso wie die gesamte Europäische Menschenrechtskonvention hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Ihre grundlegende Bedeutung macht nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 - 10 C 15.12 - BVerwGE 146, 12/22 f. Rn. 25). Dies gilt jedenfalls insoweit, als die schlechten humanitären Bedingungen nicht nur oder überwiegend auf Aktionen von Konfliktparteien, sondern überwiegend auf Armut oder Naturereignisse zurückzuführen sind (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 a. a. O.). Für die Beurteilung, ob ganz außergewöhnliche Umstände vorliegen, die nicht in die unmittelbare Verantwortung des Abschiebungszielstaats fallen und die dem abschiebenden Staat nach Art. 3 EMRK eine Abschiebung verbieten, ist grundsätzlich auf den gesamten Abschiebungszielstaat abzustellen und zunächst zu prüfen, ob solche Umstände an dem Ort vorliegen, an dem die Abschiebung endet (vgl. BVerwG, U. v. 31.1.2013 a. a. O. S. 23 Rn. 26).

b) Die allgemeinen Lebensbedingungen in Afghanistan sind zumindest nicht in allen Landesteilen so ernst/schlecht, dass die Abschiebung einer dreiköpfigen Familie wie die der Kläger, die keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände aufweisen, eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde. Die Sicherheitslage und damit auch die wirtschaftliche Situation in Afghanistan weisen starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Es gibt Regionen, z. B. in den Provinzen Kabul, Balkh, Herat, Bamiyan und Panjshir, die im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sind und wirtschaftlich moderat prosperieren (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 6.11.2015, Stand November 2015 - Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015 - Zusammenfassung S. 4). Dass jedenfalls die drei Provinzen Kabul, Bamiyan und Panjshir relativ sicher sind, hat auch der afghanische Minister für Flüchtlinge und Repatriierung Balkhi bestätigt, obwohl dieser im Gegensatz zur offiziellen Linie der afghanischen Regierung der Rückführung afghanischer Flüchtlinge aus den EU-Ländern grundsätzlich ablehnend gegenübersteht (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation für Rückkehrer und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen S. 24). Daran ändert auch der Anschlag zweier Selbstmordattentäter nichts, die sich am 23. Juli 2016 inmitten eines Demonstrationszugs der Hazara auf einem zentralen Platz in Kabul in die Luft sprengten und mindestens 80 Menschen töteten und 230 Menschen verletzten (vgl. www.tagesschau.de/ausland/kabul-explosion-105.html). Die Demonstration richtete sich gegen die geplante Trassenführung einer Hochspannungsleitung. Bei dem Anschlag, zu dem sich der sog. Islamische Staat bekannte und von dem sich die Taliban distanzierten, handelt es sich um ein singuläres Ereignis, das die allgemeine Sicherheitslage für die Bevölkerung Kabuls im allgemeinen und die Volksgruppe der Hazara im besonderem nicht wesentlich verändert hat. Weil bei der Niederlassung in einem bestimmten Landesteil ethnische Gesichtspunkte nicht außer Acht gelassen werden können (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, Zusammenfassung S. 4), ist es für Angehörige der Volksgruppe der Hazara, zu denen auch die Kläger gehören, von besonderer Bedeutung, dass gerade ihr Hauptsiedlungsgebiet, nämlich die Provinz Bamiyan zu den (relativ) sicheren Provinzen gehört. Wie das Beispiel der rund 100.000 pakistanischen Paschtunen zeigt, die wegen der Kämpfe mit der pakistanischen Armee allein im Juni 2014 laut UNHCR aus dem pakistanischen Nord-Waziristan nach Afghanistan gekommen sind und oft direkt von paschtunischen Familien in den afghanischen Nachbarprovinzen Paktika und Khost aufgenommen worden sind, gibt es in Afghanistan über den eigenen Familienverband hinaus eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft innerhalb des eigenen Stammesverbandes bzw. der eigenen Volksgruppe (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, III. 5. Lage ausländischer Flüchtlinge S. 22). Dementsprechend erachtet der UNHCR eine interne Schutzalternative dann als zumutbar, wenn die (erweiterte) Familie oder die ethnische Gemeinschaft der Person willens und in der Lage sind, diese in der Praxis tatsächlich zu unterstützen (vgl. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016, 3. f.).

c) Trotz kontinuierlicher Fortschritte, die z. B. zu einem Anstieg der Lebenserwartung bei Geburt um 22 Jahre und einem deutlichen Rückgang der Mütter- und Kindersterblichkeit über das letzte Jahrzehnt geführt haben, belegt Afghanistan aktuell nur Platz 169 von 187 im Human Development Index (im Jahr 2011 Platz 172). Der Anteil der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, beträgt im landesweiten Durchschnitt rund 36 Prozent. Dabei gibt es jedoch traditionell ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten. Anders als in der Hauptstadt Kabul und in den Provinzhauptstädten fehlt es vielerorts an grundlegender Infrastruktur für Energie, Trinkwasser und Transport (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation für Rückkehrer und allgemeine wirtschaftliche Rahmenbedingungen S. 23, 25). Dies hat zusammen mit bewaffneten Konflikten im Süden und Osten Afghanistans dazu geführt, dass dort ca. 1 Mio. oder fast ein Drittel aller Kinder als akut unterernährt gelten (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1.1 Grundversorgung S. 24). Dabei ist zu sehen, dass afghanische Asylbewerber mit oder ohne Familie vor ihrer Ausreise nicht zu dem Teil der Bevölkerung gehört haben, der unterhalb der Armutsgrenze lebt, weil sich diese Bevölkerungsgruppe eine Schleusung nach Europa nicht leisten kann. Vielmehr handelt es sich in der Regel um junge, verhältnismäßig gut ausgebildete und moderat wohlhabende Personen (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, Zusammenfassung S. 6), die schon aus diesem Grund bei einer Rückkehr jedenfalls gegenüber denjenigen im Vorteil sein dürften, die seit jeher unterhalb der Armutsgrenze leben und deren Kinder oft von Unterernährung akut bedroht sind. Obwohl Norwegen auch afghanische Familien mit minderjährigen Kindern abschiebt, sind diesbezüglich offenbar keine Bezugsfälle bekannt, in denen diesen Familien die Reintegration in Afghanistan nicht gelungen wäre (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 2.3.2015, Stand Oktober 2014, IV 2.1 Freiwillige Rückkehr und Rückführungen anderer EU-Staaten S. 24; Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 2.1 S. 26). Auch wurde die norwegische Abschiebungspraxis offenbar nie vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet. Zudem wurde anlässlich der letzten Geberkonferenz Anfang Oktober 2016, bei der die internationale Gemeinschaft Afghanistan für die kommenden vier Jahre Finanzhilfen in Höhe von 15,2 Milliarden Dollar (umgerechnet ca. 13,6 Milliarden Euro) zugesagt hat, ein Rückübernahmeabkommen zwischen der Europäischen Union und Afghanistan geschlossen (vgl. www.faz.net/aktuell/politik/ausland/geberkonferenz-afghanistan-erhaelt-15-mrd-dollar-finanzhilfen-14468268.html). Da Familien mit minderjährigen Kindern von diesem Rückübernahmeabkommen nicht ausgenommen sind, lässt dies den Schluss zu, dass es allgemeiner Konsens unter den EU-Staaten ist, dass auch diesem Personenkreis die Rückkehr nach Afghanistan zumutbar ist (vgl. Joint Way Forward on migration issues between Afghanistan and the EU).

d) Für eine reale, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bestehende Chance afghanischer Familien, nach einer Rückkehr eine ausreichende Existenzgrundlage für alle Familienmitglieder zu finden, sprechen vor allem die Start- und Reintegrationshilfen, die sie erhalten können. Für eine dreiköpfige Familie wie diejenige der Kläger beträgt die Starthilfe nach dem von Bund und Ländern finanzierten GARP-Programm insgesamt 1.250 Euro (500 Euro pro Erwachsener, 250 Euro pro Kind unter 12 Jahren). Hinzu kommen die kumulativ zur Verfügung stehenden Reintegrationsleistungen nach dem Europäischen Reintegrationsprogramm „ERIN“. Diese umfassen z. B. Service bei der Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen Einrichtungen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei einer Geschäftsgründung. Die Unterstützung wird über eine vor Ort tätige Partnerorganisation weitgehend als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen beträgt für Einzelpersonen, die freiwillig zurückkehren, ca. 1.000 Euro bis 2.000 Euro und für rückgeführte Einzelpersonen ca. 700 Euro (vgl. Auskunft des Bundesamts an VG Augsburg vom 12.8.2016). Bei Familien kann der Leistungsumfang erhöht werden, wobei dies u. a. von der Größe der Familie und dem konkreten Bedarf abhängig ist (vgl. E-Mail des Bundesamts an VG Augsburg vom 18.10.2016). Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Kläger als dreiköpfige Familie Reintegrationshilfen im Gesamtwert von 3.150 Euro in Anspruch nehmen können. Gerade vor dem Hintergrund, dass professionelle Hilfe bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche gewährt wird, erscheint dies ausreichend für die Prognose, dass es den Klägern zu 1. und 2. jedenfalls bis zum Ablauf der Zeitspanne, während der ihr Lebensunterhalt durch die Reintegrationshilfen gesichert ist, gelingt, sich und ihrem Kind zumindest mit Gelegenheitsarbeiten einschließlich Heimarbeit eine ausreichende Existenzgrundlage zu schaffen. Dabei ist mit zu berücksichtigen, dass die Familie im Notfall voraussichtlich aus dem Kreis der in Afghanistan im Allgemeinen und in Kabul im Besonderen tätigen internationalen Hilfsorganisationen langfristig die notwendige Unterstützung bekommen würde.

Wenn der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem zitierten Urteil vom 21. November 2014 (a. a. O. Rn. 29) ausführt, die Unterstützungsleistungen würden nur einen vorübergehenden Ausgleich schaffen, seien aber nicht geeignet, auf Dauer eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten, orientiert er sich nicht an dem allgemein anerkannten, auch dem Kindeswohl in dem gebotenen Maße Rechnung tragenden Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Demnach genügt es, dass die Reintegrationshilfen, die seit der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs durch das Europäische Reintegrationsprogramm „ERIN“ erheblich ausgeweitet und erheblich effektiver gestaltet wurden, der rückkehrenden Familie eine reale Chance geben, ebenso wie ein großer Teil der bereits ortsansässigen Familien zumindest mit Gelegenheitsarbeiten eine ausreichende Existenzgrundlage zu finden. Die Reintegrationshilfen sollen die Nachteile ausgleichen, die Rückkehrer in der Phase des Neustarts vorübergehend gegenüber der ortsansässigen Bevölkerung haben, sie aber nicht auf Dauer besser stellen. Dauerhafte Hilfen wären im Hinblick auf die für eine gelungene Reintegration erforderliche Eigeninitiative kontraproduktiv. Abgesehen davon zählt der UNCHR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19. April 2016 Kinder nicht generell zu den besonders schutzbedürftigen Personengruppen, sondern nur Kinder mit bestimmten Profilen oder in spezifischen Umständen oder Kinder im Kontext der (Zwangs-)Rekrutierung von Minderjährigen. (vgl. 3. b. Nr. 3, 10). Im Vergleich mit den zigtausenden Rückkehrerfamilien aus den Nachbarstaaten Pakistan und Iran haben die aus Deutschland zurückkehrenden Familien ohnehin einen großen Startvorteil (siehe unten f)).

Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für „freiwillige“ Rückkehrer gewährt werden, also (teilweise) nicht bei einer zwangsweisen Rückführung (Abschiebung). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte können schlechte humanitäre Verhältnisse ein Abschiebungsverbot nach Art. 3 EMRK nur begründen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind. Davon kann aber keine Rede sein, wenn der Betroffene seine individuelle Lage dadurch entscheidend verbessern kann, dass er seiner Ausreiseverpflichtung von sich aus nachkommt und es nicht auf eine Abschiebung ankommen lässt. Zudem kann nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten - wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr - im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, vom Bundesamt nicht die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U. v. 15.4.1997 - 9 C 38.96 - juris; VGH BW, U. v. 26.2.2014 - A 11 S 2519/12 - juris S. 40; a.A. VG Augsburg, U. v. 16.6.2011 - Au 6 K 11.30153 - juris Rn. 22). Abgesehen davon gibt die Internationale Organisation für Migration (IOM), die Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 2.1 Freiwillige Rückkehr und Rückführungen anderer EU-Staaten S. 26).

e) Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg auf individuelle gefahrerhöhende Umstände berufen. Der Kläger zu 1. hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es ihm gesundheitlich gut geht. Die vor einigen Jahren bei einem Verkehrsunfall erlittene Oberschenkelfraktur ist ausgeheilt. Die wegen des Verdachts auf Knochenentzündung Ende Juni 2016 durchgeführte Operation, bei der das implantierte Osteosynthesematerial entfernt wurde, ist erfolgreich verlaufen. Die Behauptung der Klägerin zu 2., ihr Mann könne wegen seiner Beinverletzung nicht arbeiten, überzeugt demnach nicht.

f) Die Richtigkeit der Prognose, dass sich die Kläger nach einer Rückkehr in Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine ausreichende Existenzgrundlage schaffen können, wird dadurch bestätigt, dass unter der Regie des UNHCR allein in den ersten zehn Monaten des letzten Jahres fast 56.000 afghanische Flüchtlinge aus den Nachbarländern zurückgekehrt sind, davon über 53.000 aus Pakistan (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 2. Behandlung von Rückkehrern S. 26). Diese Rückkehrer werden in der ersten Zeit vom UNHCR unterstützt, doch dürfte diese Unterstützung weitaus geringer sein als diejenige, die Rückkehrer aus Deutschland erhalten. Obwohl unter den Rückkehrern aus Pakistan und dem Iran offenkundig auch zahlreiche Familien mit minderjährigen Kindern sind, sind nennenswerte Probleme offenbar nicht aufgetreten. Vielmehr haben Afghanistan, Pakistan und der UNHCR im August 2015 die Rückführung weiterer afghanischer Flüchtlinge in vier Phasen bis Ende 2017 vereinbart (vgl. Lagebericht Pakistan vom 30.5.2016, III. 5. Lage ausländischer Flüchtlinge S. 26 f.).

g) Nach alledem kommt es nicht entscheidungserheblich auf den in der behördlichen und gerichtlichen Praxis kaum aufklärbaren Umstand an, ob nahe Verwandte der Kläger in Afghanistan leben, bei denen sie Aufnahme finden können, zumal die Aufnahme und die Chancen außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistisch sind (vgl. Lagebericht Afghanistan vom 6.11.2015, IV. 1. Situation der Rückkehrer S. 24).

2. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, besteht für sie in Afghanistan jedenfalls landesweit keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.