Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 14. Dez. 2017 - Au 5 K 17.569

bei uns veröffentlicht am14.12.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Der Vorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 wird insoweit aufgehoben, als darin die mit Bauantrag vom 13. April 2016 gestellten Fragen hinsichtlich Haus B positiv beantwortet wurden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger Vorsicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wandte sich mit seiner Klage zunächst gegen einen der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid für den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...). Nach Zurücknahme der Klage gegen den Vorbescheid betreffend Haus A am 12. Oktober 2017 ist Gegenstand des Klageverfahrens nur mehr der erteilte Vorbescheid für den Neubau von Haus B.

Der Kläger ist Eigentümer des östlich an das vorgesehene Baugrundstück gelegenen Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (...).

Mit Formblatt vom 13. April 2016 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheides für den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung .... Das Bauvorhaben sieht dabei eine teilweise Beseitigung des auf dem Baugrundstück vorhandenen Gebäudebestandes (Garagenhof) vor.

Mit dem Bauvorbescheid wurden folgende Fragen gestellt:

1. Ist das Bauvorhaben grundsätzlich planungsrechtlich zulässig?

2. Ist die geplante Lage auf dem Baugrundstück zulässig?

3. Kann eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen mit Unterschriftsbeteiligung der Nachbarn in Aussicht gestellt werden?

4. Kann eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Abstandsflächen auch ohne Unterschriftsbeteiligung der Nachbarn in Aussicht gestellt werden?

Für die streitgegenständlichen Grundstücke besteht kein Bebauungsplan. Die Grundstücke sind innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles gelegen. Das Baugrundstück liegt darüber hinaus innerhalb des Altstadtensembles und innerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebietes „...“ der Beklagten.

Der Kläger hat die Baupläne der Beigeladenen nicht unterzeichnet.

Mit Bauvorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 (Gz.: ...) wurde festgestellt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben im Rahmen der Voranfrage nach Maßgabe des Bescheides baurechtlich möglich sei. Das Bauvorhaben sei gemäß Art. 55 Bayerische Bauordnung (BayBO) genehmigungspflichtig. Die von der Beigeladenen gestellten Fragen würden wie folgt beantwortet. Fragen 1 und 2 würden einer gemeinsamen Beantwortung zugeführt. Das Bauvorhaben sei mit der geplanten Lage auf dem Baugrundstück planungsrechtlich zulässig. Für das streitgegenständliche Anwesen bestünden keine Festsetzungen im Sinne des § 30 Baugesetzbuch (BauGB). Planungsrechtliche Beurteilungsgrundlage bilde § 34 BauGB. Die zur Bebauung anstehenden Flächen lägen im Inneren eines Quartiers, das von den Straßen,, ... und ... begrenzt werde. Die Flächen könnten ausschließlich über eine Durchfahrt im Vordergebäude ... erschlossen werden. Beabsichtigt seien zum einen ein profilgleicher Anbau an das grenzständige Nachbargebäude, sowie ein rückwärtiger Anbau an das Gebäude .... Im Umgriff des Vorhabens befänden sich drei- bis fünfgeschossige, teilweise sehr lange Baukörper. Hinterliegende Bebauung fände sich z.B. im, ... und .... Einem Anbau an das Gebäude ... könne planungsrechtlich zugestimmt werden, wenn der Anbau profilgleich erfolge. Der geplante Anbau an das Gebäude ... sei aufgrund des fehlenden Sockels zum Bestandsgebäude bezüglich der Geschossdecken versetzt. Zu Frage 3 könnten die erforderlichen Abweichungen von den Abstandsflächen mit Zustimmung der Nachbarn, durch Unterschrift auf den Plänen, in Aussicht gestellt werden. Derzeit lägen diese Zustimmungen jedoch nicht vor. Zu Frage 4 ist ausgeführt, dass die umliegende Bebauung geprägt von gewachsener dichter, typisch innenstädtischer Altstadtbebauung sei, die großteils die Abstandsflächen selbst nicht einhalte. Es würden durch die vorhandene Bebauung immer wieder freie, teils begrünte Innenhöfe ausgebildet. Der Innenhof des vorliegenden Grundstücks sei bebaut mit einem erdgeschossigen Garagenhof, welcher die Belichtung und Belüftung der umliegenden Gebäude aufgrund der geringen Höhe nicht beeinträchtigt habe. Bei einer nachträglichen Verdichtung der Innenhöfe sollten die Abstandsflächen analog zu einem Kerngebiet von mindestens ½ H zu der vorhandenen dichten, innerstädtischen Bebauung eingehalten werden, um Belichtung und Belüftung, sowie Wohnfrieden nicht zu beeinträchtigen. Zur Einhaltung der östlichen Abstandsfläche zum Grundstück des Klägers ist in Frage 4a ausgeführt, dass eine Abweichung ohne Zustimmung der betroffenen Nachbarn in Aussicht gestellt werden könne. Das Gebäude auf Fl.Nr. ... halte selbst die Abstandsfläche nicht ein. Die Mindestanforderung von ½ H, welche in Kerngebieten erforderlich wäre, werde seitens des Bauvorhabens zum Grundstück des Klägers annähernd eingehalten; es finde nur eine geringfügige Überschreitung dieser Mindestanforderung statt.

Im Übrigen wird auf den Inhalt des Bauvorbescheides vom 27. März 2017 verwiesen.

Mit Änderungsbescheid der Beklagten vom 20. April 2017 (Gz.: ...) wurde der Vorbescheid vom 27. März 2017 in Frage 4e wie folgt abgeändert. Eine Abweichung von der Abstandsfläche zu Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... wird auch ohne Zustimmung der betroffenen Nachbarn in Aussicht gestellt. Die Gebäude auf den Fl.Nrn. ... und ... hielten selbst die Abstandsfläche zum streitgegenständlichen Baugrundstück nicht ein. Das Baugrundstück werde durch die Bestandsbebauung auf den vorbezeichneten Grundstücken mehr beeinträchtigt als die vorhandenen Gebäude durch die beabsichtigte Bebauung der Beigeladenen. Auf den weiteren Inhalt des Änderungsbescheides der Beklagten vom 20. April 2017 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen den Bauvorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 mit Schriftsatz vom 19. April 2017 Klage erhoben.

Mit weiterem Schriftsatz vom 22. Mai 2017 wurde die Klage dahingehend erweitert, dass auch der Änderungsbescheid vom 20. April 2017 Gegenstand der Klage sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2017 hat der Kläger beantragt,

den Vorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 insoweit aufzuheben, als darin die im Bauantrag gestellten Fragen zu Haus B positiv beantwortet wurden.

Die Klage wurde mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2017, auf dessen Inhalt verwiesen wird, begründet.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 24. April 2017 wurde die Bauherrin zum Verfahren notwendig beigeladen. Eine Äußerung bzw. Antragstellung der Beigeladenen ist nicht erfolgt.

Die Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 30. Mai 2017 entgegengetreten und hat in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2017 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde zunächst auf die angegriffenen Bescheide Bezug genommen.

Am 12. Oktober 2017 fand die erste mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Der Kläger hat in der vorbezeichneten Verhandlung die Klage hinsichtlich des Vorbescheides für Haus A zurückgenommen. Daraufhin wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2017 das Verfahren betreffend den Vorbescheid von Haus A vom Verfahren Au 5 K 17.569 abgetrennt und zunächst unter dem Az. Au 5 K 17.1554 fortgeführt. Das abgetrennte Verfahren Au 5 K 17.1554 wurde eingestellt.

Hinsichtlich des verbliebenen Klagegegenstandes (Haus B) wurde vereinbart, dass die Beteiligten bis Ende November 2017 Gespräche mit dem Ziel führen sollten, ob es eine Variante gebe, mit der der Kläger sich einverstanden erklären könnte und die genehmigungsfähig sei.

Mit Schriftsatz der Beklagten vom 16. November 2017 wurde dem Gericht mitgeteilt, dass eine vergleichsweise Einigung der Beteiligten bezüglich der Ausgestaltung und Situierung von Haus B nicht gefunden werden konnte. Fortsetzung der mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Materiell-rechtlich wurde ausgeführt, dass die erteilte Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Vorschriften des Abstandsflächenrechts keinen rechtlichen Bedenken begegne. Nach Art. 63 Abs. 1 BayBO könnten Abweichungen von den Anforderungen des bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrechts zugelassen werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Zweckes der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Einigkeit bestehe insoweit, dass der Anbau nicht isoliert zu betrachten sei. Anbau und Altbestand bildeten einen einheitlichen Baukörper und seien ganzheitlich zu betrachten. Der Gesamtbaukörper einschließlich Neubauvorhaben überdecke das klägerische Grundstück unter Ansatz von 1 H formal betrachtet mit Ausnahme von nur ca. 22 m² nahezu vollständig. Der Neubaukörper selbst führe aber rechnerisch lediglich zu einer geringfügigen Zusatzbelastung von nur ca. 25 bis 30 m², welche insgesamt nicht ins Gewicht fallen würde. Die Abweichung setze einen von der Regel abweichenden Sonderfall voraus, der Einbußen an geschützten Nachbarrechtspositionen als vertretbar erscheinen ließe. Vorliegend halte das klägerische Wohngebäude zwar selbst nicht die Anforderungen des Abstandsflächenrechts ein. Lediglich ca. 80 bis 90 m² Abstandsfläche fielen auf das Vorhabensgrundstück der Beigeladenen. Dies sei jedoch unerheblich, da andere Gründe für das Vorliegen eines atypischen Sachverhaltes sprechen würden. Bereits die planungsrechtlich verfestigte, städtebauliche Situation spreche für das Erfordernis einer Abweichung. Entlang des Oberen Grabens bis in die ... finde sich entlang des Straßenverlaufs geschlossene Bauweise, welche sich erst ab dem Gebäude ... langsam auflockere. Der Straßenverlauf bilde eine Baulinie aus, auf welche nach den Vorgaben des Planungsrechts zwingend zu bauen sei. In diesem städtebaulichen Ordnungssystem bildeten lediglich das klägerische Grundstück ... und das Grundstück ... einen Fremdkörper. Die dortigen Gebäudebestände hielten die zwingende Baulinie nicht ein, seien zurückversetzt und würden die verfestigte Situation durch ihre deutlich von der umgebenden Bebauung abweichende geringere Höhenentwicklung durchbrechen. Für eine Atypik spreche auch, dass mit Blick auf die Gebäude ..., ... und ... unter Einbeziehung des klägerischen Grundstücks durchaus von einer einheitlich abweichenden Abstandsflächenbetrachtung gesprochen werden könne. Diese Grundstücke würden sich dadurch auszeichnen, dass über die vorhandene Straßenrandbebauung hinaus weitere Baukörper nach Norden in die jeweiligen Hinterhöfe zahnten. Das Baugrundstück weise zudem die Besonderheit auf, dass es sich um einen völlig atypischen Grundstückszuschnitt im historisch gewachsenen Innenstadtbereich handele. Nahezu kein Vorhaben halte die Vorgaben des Abstandsflächenrechts ein. Bei Forderung eines wechselseitigen gleichgewichtigen Austauschverhältnisses wäre die großzügige Innenhofsituation zum Zwecke der Nachverdichtung überhaupt nicht bebaubar. Die Abweichung habe daher ermessensfehlerfrei unter Würdigung der nachbarlichen Belange erteilt werden können. Die ohnehin schon vorhandene Abstandsflächenüberdeckung auf dem klägerischen Grundstück betrage lediglich ca. 25 bis 30 m² durch die angedachte Neubebauung.

Auf den weiteren Vortrag im Schriftsatz vom 16. November 2017 wird ergänzend verwiesen.

Am 14. Dezember 2017 fand weitere mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Vorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 ist insoweit rechtswidrig und geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen, als darin die planungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung von Haus B unter Erteilung einer Abweichung von den geltenden Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 BayBO) in Aussicht gestellt wurde (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

1. Für Rechtsbehelfe gegen den auf der Grundlage des Art. 71 BayBO erteilten Vorbescheid gelten dieselben Grundsätze wie für Rechtsbehelfe gegen die Baugenehmigung selbst (Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand: Mai 2017, Art. 71 Rn. 149).

Bei der Klage eines Dritten – hier eines baurechtlichen Nachbarn – hat dieser aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nicht schon dann einen Anspruch auf Aufhebung des an einen anderen – hier die Beigeladene – gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt, wenn dieser lediglich objektiv rechtswidrig ist; vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus solchen Normen ergeben, die zum behördlichen Prüfungsumfang gehören (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO; BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 15 ZB 11.1480 – juris Rn. 9) und zugleich auch dem Schutz dieses Dritten dienen (sogenannte Schutznormtheorie) (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Eine Rechtsverletzung des Klägers durch den streitgegenständlichen Vorbescheid kommt daher nur in Betracht, soweit die darin getroffenen Feststellungen zur bauplanungsrechtlichen bzw. bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gegen den nachbarschützenden Gehalt der im Verfahren geprüften Normen verstoßen. Dies ist vorliegend nach Auffassung der Kammer der Fall. Der Kläger wird durch die in Aussicht gestellte Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen (Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 6 BayBO) in seinen Rechten verletzt. Folge der aus Sicht der Kammer nicht vorliegenden Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung auf der Grundlage von Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist, dass das Bauvorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt und insoweit auch planungsrechtlich in der zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit gestellten Ausführung, wie sie den streitgegenständlichen Bauvorbescheid vom 27. März 2017 zugrunde liegt, gegen nachbarschützende Bestimmungen verstößt.

2. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des mit dem Vorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 für genehmigungsfähig erachteten Bauvorhabens der Beigeladenen richtet sich vorliegend nach § 34 Abs. 1 bzw. 2 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn es keine „städtebauliche Spannungen“ hervorruft (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 – 4 C 9.77 – BayVBl. 1979, 152 ff.).

a) Ein Erfolg der Klage ergibt sich nicht bereits aus der von der Beigeladenen beabsichtigten künftigen Wohnnutzung auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung .... Hinsichtlich der Art der künftigen baulichen Nutzung des Grundstücks ist dieses bauplanungsrechtlich zulässig. Es hält sich innerhalb der in der näheren Umgebung vorzufindenden Variationsbreite prägender Nutzungen. Der in § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB verwendete Begriff der näheren Umgebung stellt dabei auf die wechselseitige Prägung von Bauvorhaben und Umgebung ab. Maßgeblich ist insoweit das Straßengeviert, in welches das künftige Bauvorhaben eingebettet ist. Dieses wird vorliegend nach Auswertung der Luftbildaufnahmen und Katasterpläne gebildet aus,, ... und der Straße „...“. Hier findet sich zum weit überwiegenden Teil reine Wohnnutzung. Unabhängig von der Frage, ob sich die nähere Umgebung als (faktisches) allgemeines oder reines Wohngebiet darstellt, ist die von der Beigeladenen geplante Wohnnutzung jedenfalls allgemein zulässig (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 1 bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BaunutzungsverordnungBauNVO). Im Übrigen könnte nach § 34 Abs. 3a Satz 1 BauGB vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung unter anderem der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung einer zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden baulichen Anlage dient (Nr. 1), städtebaulich vertretbar (Nr. 2) und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist (Nr. 3). Bezüglich der Art der beabsichtigten künftigen Nutzung hat der Kläger aber auch bereits keine Einwände erhoben.

Ob im Hinblick auf die Höhenentwicklung des geplanten Haus B ein Verstoß des angegriffenen Bauvorbescheids hinsichtlich des Kriteriums des „Einfügens“ bezüglich des Maßes der baulichen Nutzung (§ 34 Abs. 1 BauGB, §§ 16 bis 21 BauNVO) gegeben ist, kann vorliegend dahinstehen. Die das Maß der baulichen Nutzung betreffenden Vorschriften vermitteln grundsätzlich keinen Nachbarschutz, weil sie in aller Regel den Gebietscharakter unberührt lassen und – anders als die Bestimmungen über die Art zulässiger Nutzungen – kein nachbarliches Austauschverhältnis betroffener Grundstücke begründen. Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung sind grundsätzlich ausschließlich im öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortentwicklung der städtebaulichen Ordnung erlassen und nicht (auch) dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt (vgl. BVerwGE, B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – BauR 1996,83 f.; BayVGH, B.v. 25.1.2013 – 15 ZB 13.68 – juris).

b) Die von der Beigeladenen geplante Erweiterung (Anbau) des vorhandenen Altbestandes auf Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... verstößt jedoch nach Auffassung der Kammer gegen das Gebot der Rücksichtnahme, da insbesondere die Voraussetzungen für die von der Beklagten in Aussicht gestellte Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) nicht gegeben sind.

Die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Auswirkungen eines Vorhabens auf das Nachbargrundstück sind unzumutbar, wenn unter Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit der Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung und der wechselseitigen Interessen das Maß dessen, was der Nachbar billigerweise hinnehmen muss, überschritten wird (vgl. BayVGH, B.v. 15.7.2011 – 14 CS 11.814 – juris Rn. 20). Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots kommt vor allem dann in Betracht, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten bzw. in Aussicht gestellten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird (BayVGH, B.v. 15.7.2011, a.a.O.). Eine solche „einmauernde“ oder „erdrückende“ Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwGE, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris). Ob der beabsichtigte Anbau von Haus B an den vorhandenen Altbestand mit einer Höhe von 11,705 (Oberkante Attika) bzw. 12,55 (OK Dachterrasse) eine „erdrückende“ Wirkung auf das Wohngebäude des Klägers hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn jedenfalls führt die von der Beklagten in Aussicht gestellte Abweichung von den einzuhaltenden Abstandsflächenvorschriften (Art. 6 BayBO) zu einer Verletzung des Klägers in eigenen Rechten. Die Voraussetzungen für eine nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderlich werdende Abweichung liegen nach Auffassung der Kammer nämlich nicht vor.

Im Hinblick auf die im Vorbescheidsverfahren erfolgte Fragestellung und die von der Beklagten hierauf in Aussicht gestellte Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO gehört das Abstandsflächenrecht des Art. 6 BayBO gemäß Art. 71 Satz 4 BayBO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO, Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfumfang des hier in Streit stehenden Bauvorbescheides der Beklagten. Dies gilt unabhängig davon, dass für das Bauvorhaben selbst (Haus B) ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO durchzuführen ist, da das beantragte Vorhaben keinen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO darstellt.

Bei der Zulassung einer Abweichung von einer dem Nachbarschutz dienenden Vorschrift des Bauordnungsrechts kann der Nachbar nicht nur eine ausreichende Berücksichtigung seiner Interessen beanspruchen, sondern ist er auch dann bereits in seinen Rechten verletzt, wenn die Abweichung aus einem anderen Grunde objektiv rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 17.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 17). Die Vorschriften des Abstandsflächenrechts dienen ihrer Gesamtheit dem Schutz der Nachbarn (BayVGH, U.v. 14.10.1985 – 14 B 85 A. 1224 – BayVBl. 1986, 143 ff.).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von bauaufsichtlichen Anforderungen zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Während bei bautechnischen Anforderungen der Zweck der Vorschriften vielfach auch durch eine andere als die gesetzlich vorgesehene Bauausführung gewahrt werden kann, wird der Zweck des Abstandsflächenrechts, der vor allem darin besteht, eine ausreichende Belichtung und Belüftung der Gebäude zu gewährleisten und die für Nebenanlagen erforderlichen Freiflächen zu sichern, regelmäßig nur dann erreicht, wenn die Abstandsflächen in dem gesetzlich festgelegten Umfang eingehalten werden. Da somit jede Abweichung von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zur Folge hat, dass die Ziele des Abstandflächenrechts nur unvollkommen verwirklicht werden, setzt die Zulassung einer Abweichung Gründe von ausreichendem Gewicht voraus, durch die sich das Vorhaben vom Regelfall unterscheidet und die die Einbuße an Belichtung und Belüftung im konkreten Fall als vertretbar erscheinen lassen. Es muss sich um eine atypische, von der gesetzlichen Regel nicht zureichend erfasste oder bedachte Fallgestaltung handeln (BayVGH, B.v. 13.2.2002 – 2 CS 01.1506 – juris Rn. 16; B.v. 15.11.2005 – 2 CS 05.2817 – juris Rn. 2; B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 23; U.v. 22.12.2011 – 2 B 11.2231 – BayVBl. 2012, 535). Diese kann sich etwa aus einem besonderen Grundstückszuschnitt, einer aus dem Rahmen fallenden Bebauung auf dem Bau- oder Nachbargrundstück oder einer besonderen städtebaulichen Situation, wie der Lage des Baugrundstücks in einem historischen Ortskern, ergeben (BayVGH, B.v. 17.7.2007 – 1 CS 07.1340 – juris Rn. 16; B.v. 22.9.2006 – 25 ZB 01.1004 – juris Rn. 4). In solchen Lagen kann im Einzelfall auch das Interesse des Grundstückseigentümers, vorhandene Bausubstanz zu erhalten und sinnvoll zu nutzen oder bestehenden Wohnraum zu modernisieren, eine Verkürzung der Abstandsflächen durch Zulassung einer Abweichung rechtfertigen.

Weitere Voraussetzung ist die Vereinbarkeit der Abweichung mit den öffentlichen Belangen unter Würdigung nachbarlicher Interessen. Mit der Verpflichtung zur Würdigung nachbarlicher Interessen verlangt das Gesetz – wie beim bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme – eine Abwägung zwischen den für das Vorhaben sprechenden Gründern und den Belangen des Nachbarn (BayVGH, B.v. 17.7.2007, a.a.O., juris Rn. 17). Ob eine Abweichung von den Abstandsflächenvorschriften zugelassen werden kann, beurteilt sich dabei nicht allein danach, wie stark die Interessen des betroffenen Nachbarn beeinträchtigt werden. Es ist stets auch zu prüfen, ob die Schmälerung der nachbarlichen Interessen durch überwiegende Interessen des Bauherrn oder überwiegende öffentliche Belange gerechtfertigt ist (BayVGH, B.v. 17.7.2007, a.a.O., juris Rn. 20).

Dies zugrunde gelegt ergibt sich vorliegend, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegeben sind. Dies insbesondere aufgrund der Tatsache, dass vorliegend zunächst eine abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung von Altbestand und geplantem Anbau (Haus B) geboten ist.

(1) Wenn bestehende Gebäude, die die nach geltendem Recht einzuhaltenden Abstandsflächen nicht wahren, baulich geändert werden, ist abstandsflächenrechtlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Gebäudes als Einheit vorzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung für sich genommen abstandsflächenneutral ist bzw. wäre (vgl. OVG LSA, U.v. 9.11.2016 – 2 L 10/15 – juris Rn. 41). Eine bauliche Änderung ist in einem solchen Fall regelmäßig nur dann zulässig, wenn auch der Altbestand nach geltendem Abstandsflächenrecht genehmigungsfähig ist. Da vorliegend nicht lediglich eine Nutzungsänderung des auf dem Grundstück Fl.Nr. ... vorhandenen Altbestandes in Frage steht, sondern vielmehr ein Anbau mit einer isoliert betrachteten Länge von 11,74 Metern ist die Frage der Einhaltung der Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) erneut zu prüfen.

Vorliegend ist eine abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung von Altbestand und geplantem Anbau (Haus B) vorzunehmen. Wird durch einen Anbau eine neue einheitliche Außenwand hergestellt, die auch horizontal oder vertikal versetzt sein kann, so ist eine abstandsflächenrechtliche Betrachtung der gesamten Außenwand erforderlich, d.h. auch der vorhandene Altbestand muss ebenso wie der hinzugekommene Wandteil die Anforderungen des Art. 6 BayBO erfüllen, selbst wenn der Altbestand im Zeitpunkt seiner Errichtung keinen vergleichbaren Anforderungen unterworfen war oder wenn er die zum damaligen Zeitpunkt geltenden Anforderungen erfüllt hat (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.1988 – 20 B 88.00137 – BayVBl. 1989, 721; U.v. 20.2.1990 – 14 B 8802464 – BayVBl. 1990, 500). Ob eine neue einheitliche Außenwand nach der Änderung vorliegt, ist unter Berücksichtigung technischer und funktioneller Gesichtspunkte aufgrund einer natürlichen Betrachtungsweise festzustellen. Entscheidend für die abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung ist dabei zunächst eine Veränderung der für die Ermittlung der Abstandsflächentiefe relevanten Merkmale; dazu gehören die Wandhöhe und die Wandlänge, insbesondere im Zusammenhang mit dem in Art. 6 Abs. 6 BayBO geregelten 16-Meter-Privileg. Es ist daher zu prüfen, ob die Änderung die durch das Abstandsflächenrecht geschützten Belange (Belichtung, Belüftung, Wohnfrieden) im Vergleich zum bisherigen Zustand negativ beeinflussen kann. Ist eine Verschlechterung der abstandsflächenrechtlichen Situation nicht erkennbar, so bedarf die Änderung keiner abstandsflächenrechtlichen Gesamtbeurteilung (vgl. BayBGH, B.v. 9.10.2003 – 25 CS 03.897 – BayVBl. 2004, 149).

Bei der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise entsteht hier auf der östlichen, dem Kläger zugewandten Seite des geplanten Baukörpers bestehend aus Altbestand und Anbau (Haus B) eine abstandsflächenrechtlich einheitlich zu beurteilende Außenwand. Dies gilt ungeachtet der unterschiedlichen Höhe von Altbestand und Neubau sowie dem zwischen Altbau und Anbau vorgesehenen Versatz im Umfang von 0,4 Meter.

Die abstandsflächenrechtlich gebotene Gesamtbetrachtung schließt die Anwendung des in Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO geregelten 16-Meter-Privilegs aus. Nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO genügt vor zwei Außenwänden von nicht mehr als 16 Meter Länge als Tiefe der Abstandsflächen die Hälfte der nach Art. 6 Abs. 5 BayBO erforderlichen Abstandsflächentiefe, mindestens jedoch drei Meter. Ist die abstandsflächenrelevante Außenwand – wie hier – bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung länger als 16 Meter, so müssen die einzelnen Wandteile jeweils die volle Abstandsflächentiefe (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) einhalten. Nicht möglich ist es hingegen, eine einheitliche Außenwand so aufzuteilen, dass auf einer Länge von 16 Meter nur die halbierte Abstandsflächentiefe aus Art. 6 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 BayBO eingehalten wird und für den übrigen Außenwandteil eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erteilt wird.

Ebenfalls ausgeschlossen ist es, für den geplanten Anbau an Haus B die Regelung in Art. 6 Abs. 5 Satz 2 BayBO heranzuziehen, wonach in Kerngebieten eine Tiefe von 0,5 H als Abstandsfläche genügt. Die maßgebliche nähere Umgebung stellt sich hier bereits nicht als Kerngebiet im Sinne von § 7 Abs. 1 BauNVO dar. Auch liegt keine abweichende Regelung der Beklagten gemäß Art. 6 Abs. 7 Nr. 2 BayBO vor, wonach die Tiefe der Abstandsfläche durch Satzung auf 0,4 H beschränkt werden kann. Damit verbleibt es für die aus Altbestand und Anbau Haus B entstehende einheitliche Außenwand des Baukörpers bei der grundsätzlich gebotenen Beachtung des Maßes von 1 H aus Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO.

(2) Vorliegend hält weder der auf dem Grundstück Fl.Nr. ... vorhandene Altbestand noch der geplante Anbau von Haus B die gesetzlich geforderte Abstandsfläche von 1 H zum Grundstück des Klägers ein. Dieser Umstand ist isoliert für sich betrachtet jedoch noch nicht geeignet, die für die Erteilung einer Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen erforderliche Atypik zu verneinen.

In Fällen, in denen wie hier auf dem klägerischen Grundstück selbst Gebäude stehen, die die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht einhalten, ist ein Nachbar nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert, die Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu rügen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht diesen Vorschriften entspricht und wenn die beiderseitigen Abweichungen von den gesetzlichen Abstandsflächen etwa gleichgewichtig sind und nicht – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – zu schlechthin untragbaren, als Misstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.531 – juris Rn. 37). Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd gleichgewichtig sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (vgl. VG Ansbach, U.v. 15.11.2017 – AN 9 K 16.00651 – juris Rn. 41). Ebenfalls ist für die zutreffende Entscheidung irrelevant, ob die baulichen Anlagen auf dem Grundstück des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden sind. Dieser Umstand ist nicht geeignet, dem Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung entfallen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn.10).

Dies zugrunde gelegt kann vorliegend bei Verwirklichung der streitgegenständlichen Variante von Haus B nicht von einer Gleichwertigkeit des Abstandsflächenverstoßes ausgegangen werden. Für den auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhandenen baulichen Altbestand fällt bei einer maßgeblichen Höhe der baulichen Anlage von 15,82 Metern die gesetzlich geforderte Abstandsfläche in einem Umfang von ca. 120 bis 125 m² auf das Grundstück des Klägers. Umgekehrt fällt für die für das Gebäude des Klägers erforderliche Abstandsfläche (abstandsflächenrelevante Höhe von ca. acht Meter) im Umfang von etwa 90 m² auf das Grundstück der Beigeladenen. Für den geplanten Anbau (Haus B) fallen nochmals ca. 25 bis 30 m² auf das Grundstück des Klägers.

Wenn man anstelle der Flächenbetrachtung vom jeweils gebotenen Maß H ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 26.9.2016 – 15 CS 16.1348 – juris Rn. 40), ergibt sich Folgendes. Der Altbestand der Beigeladenen, soweit er nicht als unmittelbarer Grenzanbau verwirklicht ist, liegt an der nördlichen Gebäudeabschlusskante mit 0,67 H auf dem Grundstück des Klägers. An der südlichen Gebäudeabschlusskante liegt das Maß H zu 0,87 auf dem Grundstück des Klägers. Umgekehrt betrachtet fällt die erforderliche Abstandsfläche für das Wohnhaus des Klägers an der nördlichen Gebäudeseite mit 0,75 H auf das Grundstück der Beigeladenen. An der südlichen Gebäudeabschlusskante befinden sich 0,63 H auf dem Grundstück der Beigeladenen. Die isoliert an Maß H ausgerichtete Betrachtung führt vorliegend allerdings nicht zu aussagekräftigen Ergebnissen in Bezug auf das Vorliegen einer Atypik, da die wechselseitige Überschreitungen des Maßes H wesentliche Folge des nichteinheitlichen Grenzverlaufes zwischen den betroffenen Grundstücken sowie der Anordnung des Altbestandes (nach Westen orientiert) auf Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... sind.

Unter Berücksichtigung des wechselseitig vorliegenden Abstandsflächenverstoßes liegt kein atypischer Fall vor, der eine Abweichung zulässt. Jedenfalls gilt dies für die von der Beigeladenen im streitgegenständlichen Bauvorbescheidsverfahren gewählte und als von der Beklagten als genehmigungsfähig beurteilte Variante des Anbaus von Haus B.

Von Bedeutung ist bei der Beurteilung des Vorliegens der erforderlichen Atypik insbesondere, ob eine sinnvolle Ausnutzung des Baugrundstücks unter Beachtung der Anforderungen des Art. 6 Abs. 5 BayBO unmöglich oder unzumutbar ist (BayVGH, B.v. 30.8.2011 – 15 CS 11.1640 – juris Rn. 16). Zu berücksichtigen ist weiter, dass tatsächlich vorhandene abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse, wie sie vorliegend festzustellen sind, nach Möglichkeit bereinigt und nicht verewigt werden sollen (vgl. BayVGH, U.v. 22.11.2006 – 25 B 05.1714 – BayVBl. 2007, 276), weshalb eine Abstandsflächenüberschreitung durch einen Altbestand als solche und für sich allein nicht geeignet ist, die nach Art. 63 Abs. 1 BayBO erforderliche Atypik zu begründen. Die erforderliche Atypik ist in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen des Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO nicht stets allein schon deshalb gegeben, weil das Vorhaben Außenwände eines Altbestandes einbezieht, der seinerseits die Abstandsflächenvorschrift nicht einhält (BayVGH, B. v. 23.5.2005 – 25 ZB 03.881 – juris Rn.8). Die gesetzlichen Ziele, ein bestimmtes Mindestmaß an Belichtung, Belüftung und Wohnfrieden sicherzustellen, gelten vielmehr für Neubauten und Umbauten / Anbauten gleichermaßen. Das der Bauherr dadurch vor die Wahl gestellt ist, entweder seinen vom Gesetz abweichenden Altbestand im bisherigen Umfang weiter zu nutzen oder bei einer neuen Genehmigung das geltende Recht einzuhalten, ist im Gesetz selbst angelegt und kann nicht als anormaler, nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden (BayVGH, B.v. 23.5.2005, a.a.O.). Das Vorhandensein eines Altbestandes stellt lediglich eine objektive Gegebenheit dar, die bei Hinzutreten weiterer objektiver Umstände – z.B. Anforderung der Stadtgestaltung – im Einzelfall eine Atypik begründen kann.

Gemessen an diesen Maßstäben liegt nach Auffassung der Kammer jedenfalls in der beabsichtigten Bauausführung von Haus B kein atypischer Fall vor, der eine Abweichung zulässt. Die Kammer vermag eine atypische Sondersituation nicht zu erkennen. Bereits der dem Gebäude des Klägers gegenüberliegende Altbestand mit einer abstandsflächenrechtlich relevanten Höhe von 15,82 m nutzt die in ihm angelegten wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten unter relevanter Verkürzung der Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers aus.

Entscheidend gegen das Vorliegen einer Atypik in der vorgeschlagenen Bauausführung spricht insbesondere, dass der Anbau unter Herstellung einer einheitlichen Außenwand auf der dem Wohngebäude des Klägers gegenüberliegenden Seite unter Vertiefung des bereits vorhandenen erheblichen Abstandsflächenverstoßes des Altbestandes zusätzliche Bausubstanz schaffen soll und der Anbau gerade nicht Folge einer durch den Altbestand vorgegebenen Zwangslage ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2005 – 25 ZB 03.881 – a.a.O.). Auch verhält es sich gerade nicht so, dass das Grundstück der Beigeladenen eine irgendwie geartete Bebauung nicht zuließe bzw. die Nutzung des vorhandenen Altbestandes nicht auch in einer abstandsflächenrechtlich verträglicheren baulichen Lösung durch weiteres Abrücken von Haus B am klägerischen Grundstück verwirklicht werden könnte. Insbesondere bleibt festzuhalten, dass das Grundstück Fl.Nr. ... der Beigeladenen durchaus, wenn auch in geringerem Umfang, bebaubar ist. Zum einen ist hier auf den bereits vorhandenen Altbestand als auch auf die nachbarrechtlich unproblematische Bebauung mit Haus A zu verweisen. Überdies wäre ein Anbau im Osten des Grundstücks baurechtlich denkbar, der den vorgegebenen Abstandsflächenverstoß nicht vertieft bzw. perpetuiert. Dies wäre durch ein weiteres Abrücken von Haus B von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Kläger erreichbar. Wenn Ziel der künftigen Bebauung – wie hier – die Schaffung zusätzlicher Bausubstanz und neuen Wohnraumes sein soll, hat dieser, um das Vorliegen einer Atypik zu begründen, nachbarverträglich zu erfolgen. Dies lässt der hier in Streit stehende Anbau von Haus B in der gewählten Ausführungsvariante vermissen. Das Erfordernis größtmöglicher Nachbarverträglichkeit folgt hier insbesondere aus der Tatsache, dass zwischen dem Altbestand auf dem Grundstück der Beigeladenen und dem Wohngebäude des Klägers eine deutliche, optisch wahrnehmbare Zäsur in der vorhandenen Baustruktur stattfindet. Es erfolgt gerade an der gemeinsamen Grundstücksgrenze der Übergang von sehr hohen, unmittelbar zur ... ausgerichteten Gebäuden zu zwei den Abschluss der Bebauung bildenden, deutlich niedrigeren und räumlich abgesetzten Wohngebäuden, wobei das Wohnhaus des Klägers am unmittelbaren Übergang der unterschiedlichen Baustrukturen gelegen ist. Verschärft wird dieser Eindruck noch dadurch, dass das Wohngebäude des Klägers geländetopografisch noch ca. einen Meter tiefer gelegen ist als der Altbestand auf dem Grundstück der Beigeladenen. Auch dieser letztgenannte Umstand begründet letztlich, dass die gewählte Bauausführung, wie sie dem Bauvorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 zugrunde liegt, keine atypische Grundstückssituation, wie sie für die Erteilung einer Abweichung erforderlich wäre, in Anspruch nehmen kann. In der gewählten Bauausführung kann der Anbau von Haus B nicht als anormaler, vom Gesetzgeber nicht bedachter Ausnahmefall angesehen werden. Hieraus folgt auch die Unzulässigkeit des im streitgegenständlichen Bauvorbescheid behandelten Vorhabens im Übrigen.

Nach allem war der streitgegenständliche Bauvorbescheid der Beklagten vom 27. März 2017 daher betreffend der in Aussicht gestellten Genehmigung in Haus B aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Nachdem die Beigeladene im Verfahren keinen Antrag auf Klageabweisung gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Aufwendungen selbst zu tragen hat (§ 162 Abs. 3 VwGO). Eine Kostenauferlegung gemäß § 154 Abs. 3 VwGO scheidet mangels Antragstellung im Verfahren aus.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 14. Dez. 2017 - Au 5 K 17.569 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 3 Reine Wohngebiete


(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen. (3) Ausnahmsweise können zugelassen werden 1. Läden und nicht störende Handwerksbe

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 16 Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung


(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen. (2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt w

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 7 Kerngebiete


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur. (2) Zulässig sind 1. Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,2. Einzelhandelsbetriebe, Sch

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Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung. 2 Sie ist Eigentümerin des Grundstücks K-Straße 4a in A-Stadt (Flurstück 58/3 der Flur A der Gemarkung A-Stadt), welches mit einer Doppelhaushälfte

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(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Anlagen zur Kinderbetreuung, die den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.

2

Sie ist Eigentümerin des Grundstücks K-Straße 4a in A-Stadt (Flurstück 58/3 der Flur A der Gemarkung A-Stadt), welches mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist. Westlich des Grundstücks unmittelbar angrenzend an das Grundstück der Klägerin liegt das Grundstück der Beigeladenen G-Straße 22 (Flurstück 57 der Flur A der Gemarkung A-Stadt).

3

Der ehemalige Rat des Stadtbezirks Süd der Stadt A. erteilte mit Datum vom 14.09.1979 für das seit dem Jahre 2010 nunmehr im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück die Zustimmung zur Errichtung eines "Bungalows" und einer Garage. Gemäß dem bautechnischen Erläuterungsbericht sollte "die Bebauung der Laube in einer Länge von 12,20 m und einer Breite von 5,60 m als Grenzbebauung erfolgen". Der "Bungalow" wurde im Jahre 1980 errichtet. Mitte der 1990er Jahre stand das Gebäude für 2 bis 3 Jahre leer. Danach wurde es vermietet und einige Zeit zu Dauerwohnzwecken genutzt. Bevor die Beigeladenen es erwarben, stand der "Bungalow" seit 2008 leer.

4

Mit Datum vom 27.03.2012 beantragten die Beigeladenen die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung eines Bungalows in ein Wohnhaus und zur Errichtung eines Anbaus für die Ergänzung der Wohnfläche. Die Vermessung des geplanten Baugrundstücks ergab, dass der in Rede stehende "Bungalow" abweichend von der mit Datum vom 14.09.1979 erteilten Zustimmung sich mit der östlichen Außenwand des bestehenden "Bungalows" mit 0,25 m auf dem benachbarten Grundstück der Klägerin befand. Gemäß den von den Beigeladenen eingereichten Bauvorlagen sollte die östliche Außenwand des bestehenden "Bungalows" daher so zurückgebaut werden, dass sie sich mit einem Abstand von 9 cm auf dem Grundstück der Beigeladenen befinde solle. Außerdem sollte das in der östlichen Außenwand vorhandene Fenster mit Mauerwerk verschlossen und als Brandwand ausgebildet werden. Mit Datum vom 06.06.2012 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die hier strittige Baugenehmigung. Nach den Bauvorlagen soll das vorhandene Gebäude zur Wohnung mittels eines Anbaus umgenutzt und vergrößert werden. Der Anbau an den bestehenden Altbestand (Grundfläche von 71,49 m²) umfasst eine Grundfläche von 48,51 m² und hält von der Grundstücksgrenze der Klägerin einen Abstand von 3 m ein. Das genehmigte Wohnhaus (Altbestand und Anbau) umfasst eine Grundfläche von 120 m² und einen Bruttorauminhalt von 423,62 m³. Für den Dachaufbau des vorhandenen Altbestands war eine Kunststoffabdichtung und Flachdachdämmung von ca. 16 cm Höhe in den Bauvorlagen vorgesehen.

5

Gegen die mit Datum vom 06.06.2012 erteilte Baugenehmigung legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein und hat am 13.12.2013 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben. Die Klägerin hat vorgetragen, die im Gesetz vorgesehenen Abstandsflächen seien einzuhalten, da das Gebäude als komplett neues Bauvorhaben zu bewerten sei. Der Bestandschutz für das Altgebäude sei mit der Nutzungsänderung von Wochenendnutzung zu Dauerwohnnutzung entfallen.

6

Die Klägerin hat beantragt,

7

den Bescheid der Beklagten vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2014 aufzuheben.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Der Bestandschutz für den zu DDR-Zeiten mit Zustimmung des Rates des Stadtbezirks Süd der Stadt A. errichteten "Bungalow" sei entgegen der Auffassung der Klägerin weder aufgrund der seit 1995 formell illegal geänderten Nutzung zum Dauerwohnen noch aufgrund des Auszugs der letzten Mieterin Ende Juli 2008 erloschen. Die Wohnnutzung des baulich unveränderten "Bungalows" wäre auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt geltenden Landesbauordnung genehmigungsfähig gewesen. Durch die geringfügige Änderung des Daches des Bestandsgebäudes seien die Belange der Klägerin an ausreichender Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Wohngebäudes bzw. der geschützten Wohnbereiche nicht nachteilig betroffen. Dies gelte auch für den Anbau, der die erforderliche Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin einhalte. Das Gebot der Rücksichtnahme sei ebenfalls nicht verletzt.

11

Die Beigeladenen haben beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie haben die Ansicht vertreten, der "Altbungalow" unterliege weiterhin dem Bestandschutz. Beide Teile fügten sich in die nähere Umgebung ein und verletzten nicht das Gebot der Rücksichtnahme.

14

Mit Urteil vom 05.12.2014 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

15

Dem Vorhaben der Beigeladenen ständen weder bauplanungsrechtliche noch bauordnungsrechtliche Vorschriften, die dem Schutz der klagenden Nachbarin dienten, entgegen. Die Klägerin könne nicht mit Erfolg einwenden, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen mit dem Teil des Gebäudes, welcher direkt an der Grenze zum Grundstück der Klägerin errichtet sei, gegen § 6 Abs. 5 BauO LSA verstoße. Gegenstand der Baugenehmigung sei eine Nutzungsänderung, welche die Genehmigungsfrage nicht neu aufwerfe. Eine Nutzungsänderung sei nur dann abstandsflächenbeachtlich, wenn die neue Nutzung vom Bestandschutz nicht mehr gedeckt sei und wenn sie im Verhältnis zur bisherigen Nutzung zu nachteiligen Auswirkungen auf die Nachbargrundstücke in einem der durch die bauordnungsrechtlichen Abstandsvorschriften geschützten Belange führen könne. Die nunmehr beabsichtigte Nutzungsänderung in eine Dauerwohnnutzung habe auf keinen der durch die Abstandsvorschriften geschützten Belange nachteiligere Auswirkungen als die bisherige Nutzung als Wochenendhaus. Im Hinblick auf das Gebäude im ursprünglichen Bestand ändere sich – auch unter Berücksichtigung der geringfügigen Dacherhöhung – weder im Hinblick auf die Belichtung noch die Belüftung noch die Besonnung noch den Brandschutz noch auf den Wohnfrieden etwas.

16

Selbst wenn man annehme, der Altbestand und der Anbau bildeten eine Einheit und beide Baumaßnahmen müssten als komplett neues Bauvorhaben gewertet werden, bliebe es hinsichtlich der Abstandsvorschriften dabei, dass Altbestand und Anbau als getrennte Bauvorhaben anzusehen seien.

17

Das Bauvorhaben der Beigeladenen halte sich zwar nicht in jeder Hinsicht innerhalb des vorgegebenen Umgebungsrahmens gleichwohl verstoße weder die geringfügige Dacherhöhung noch der Altbestand noch der genehmigte Anbau gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

18

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin rechtzeitig Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Mit Beschluss vom 27.04.2016 hat der Senat die Berufung zugelassen.

19

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin geltend: Die von der Beklagten genehmigte neue Grenzwand verletze die gem. § 6 Abs. 1 BauO LSA vor den Außenwänden von Gebäuden freizuhaltenden Abstandsflächen. Die Beigeladenen könnten sich insoweit nicht auf Bestandschutz berufen. Für das Gebäude sei im Jahre 1979 eine Zustimmung als "Bungalow" zur Wochenendnutzung erteilt worden. So sei das Gebäude auch ursprünglich genutzt worden. Mitte der 90er Jahre, nachdem die Klägerin das Nachbargrundstück erworben hatte, habe das Gebäude aber 2-3 Jahre leer gestanden und sei dann zu Dauerwohnzwecken genutzt worden. Mit diesem Übergang zur Dauerwohnnutzung sei der Bestandschutz für die Wochenendhausnutzung entfallen. Darüber hinaus habe das Gebäude bei der Erteilung der Genehmigung vier Jahre leer gestanden. Werde eine baurechtlich genehmigte Nutzung eines Gebäudes für mehr als ein Jahr nicht ausgeübt, sei nach Ablauf des zweiten Jahres die wiederaufgenommene Nutzung nicht mehr vom Bestandschutz gedeckt, wenn Umstände vorlägen, aus denen nach der Verkehrsauffassung geschlossen werden könnte, mit der Wiederaufnahme sei nicht mehr zu rechnen. Des Weiteren könne eine Änderung des Bausubstanz zum Verlust des Bestandschutzes führen. Werde ein bestehendes Gebäude, welches die geltenden Abstandsflächen nicht einhalte, baulich – wie hier – durch einen Anbau verändert, sei abstandflächenrechtlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Gebäudes vorzunehmen. Durch den Anschluss des Neubaus an die Dachkonstruktion des Altbestands und den Rückbau der Grenzwand sei es zu Eingriffen in die Statik des alten Gebäudes gekommen. Die bauliche Veränderung sei in einem solchen Fall nur dann zulässig, wenn auch der Altbestand nach geltendem Abstandsflächenrecht genehmigungsfähig sei. Dies sei offensichtlich nicht der Fall. Auch die "Altsubstanz" im Grenzbereich stelle ein neues Gebäude dar, das aufgrund von Dämmmaßnahmen auf beiden Seiten je ca. 24 cm breiter und insgesamt mindestens um 20 cm höher geworden sei.

20

Der Neubau füge sich auch nicht im Hinblick auf die überbaute Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Neubau sei in die Ruhezone im rückwärtigen Bereich der Grundstücke hineingebaut worden.

21

Die Klägerin beantragt,

22

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 05.12.2014 – 4 A 352/13 MD – abzuändern und die Baugenehmigung vom 06.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2014 aufzuheben.

23

Die Beklagte beantragt,

24

die Berufung zurückzuweisen.

25

Sie macht geltend: Der Bestandschutz für den zu "DDR-Zeiten" mit Zustimmung des Rates des Stadtbezirks Süd der Stadt A. errichteten "Bungalow" sei entgegen der Auffassung der Klägerin weder aufgrund der seit 1995 formell illegal geänderten Nutzung (Dauerwohnen) noch aufgrund des Auszuges der letzten Mieterin Ende Juli 2008 erloschen. Die Nutzung des zu "DDR-Zeiten" genehmigten und errichteten "Bungalows" sei gerade nicht für einen längeren Zeitraum unterbrochen worden. Nach der neueren obergerichtlichen Rechtsprechung finde das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Zeitmodell für Fälle, in denen es um die Frage der Beendigung materiellen Bestandschutzes einer baulichen Anlage durch Nutzungsunterbrechung gehe, jedenfalls in den Fällen keine Anwendung, in denen die bisherige Nutzung baurechtlich genehmigt worden sei. Die landesrechtlichen Vorschriften über die Geltungsdauer einer Baugenehmigung könnten auf den Fall einer Nutzungsunterbrechung nicht analog angewendet werden, insbesondere weil eine bereits ausgeführte Baugenehmigung einen weitergehenden Vertrauensschutz gewähre als eine Baugenehmigung, deren Ausführung sich verzögere. Danach komme nur ein Rückgriff auf die allgemeine Regelung des Verwaltungsverfahrensgesetzes in Frage. Nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG bleibe ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sei. Diese Regelung bestimme den Schutz, den das Vertrauen in den Fortbestand der durch die Baugenehmigung eingeräumten Rechtsposition genieße und damit den Inhalt des Eigentums. Die Tatbestands- und Feststellungswirkung der Baugenehmigung bleibe nach der Errichtung des Gebäudes erhalten und gewährleiste den rechtlichen Bestand des ausgeführten Vorhabens und seiner Nutzung. Dies gelte grundsätzlich auch für die Dauer der Nichtausübung der genehmigten Nutzung. Unstreitig wäre eine Wohnnutzung des baulich unveränderten "Bungalows" 1995 auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt geltenden Landesbauordnung unter Beachtung der Vorschriften zum baulichen Brandschutz (Schließen des Fensters in der östlichen Außenwand) genehmigungsfähig gewesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei ein eindeutiger und dauerhafter Verzichtswille des Grundstückseigentümers zum Zeitpunkt der Prüfung des Bauantrags durch die untere Bauaufsichtsbehörde und der Erteilung der Baugenehmigung für das streitige Bauvorhaben im Jahr 2012 nicht erkennbar.

26

Selbst wenn durch die baulichen Änderungen des "Bungalows" – geringfügige Änderung des Daches, des Rückbaus der Grenzwand zugunsten der Klägerin und der Errichtung eines Anbaus – die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen worden wäre und bei der Prüfung des Bauantrags eine Gesamtbetrachtung des neuen Gebäudes als Einheit vorzunehmen gewesen wäre, hätte dies keine Auswirkungen auf die einzuhaltenden Abstände. Durch die geringfügige Änderung des Daches des Bestandsgebäudes seien die Belange der Klägerin an ausreichender Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Wohngebäudes bzw. der geschützten Wohnbereiche nicht unzumutbar betroffen. Dies gelte auch für den Anbau, der die erforderliche Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin einhalte und sich nordwestlich des Grundstücks der Klägerin insbesondere auch nordwestlich ihres Wohngebäudes befinde. Die Belange des Brandschutzes seien durch das Schließen der Öffnung in der östlichen Außenwand des Bestandsgebäudes und das Rückversetzen dieser östlichen Außenwand auf das Baugrundstück der Beigeladenen sogar verbessert worden. Die östliche Außenwand entspreche nunmehr den Anforderungen an eine Brandwand.

27

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

28

die Berufung zurückzuweisen.

29

Sie verweisen auf die Gründe des verwaltungsgerichtliche Urteils und auf die Berufungserwiderung der Beklagten.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung ist zulässig und begründet.

32

Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 06.06.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren eigenen Rechten (§ 113 Abs.1 S. 1 VwGO).

33

Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens ist die Änderung einer baulichen Anlage im Sinne von § 58 Abs. 1 BauO LSA.

34

Der Bauherr hat hier zwar eine Baugenehmigung für eine Nutzungsänderung für einen Bungalow und die Errichtung eines Anbaus beantragt und die Beklagte hat auch eine entsprechende Baugenehmigung erteilt. Zuzugeben ist auch, dass der Bauherr "Herr" des Vorhabensbegriffs ist und prinzipiell frei bestimmen kann, was Gegenstand seines Bauantrags sein soll. Begrenzt wir diese Freiheit aber dort, wo ein nach natürlicher Betrachtungsweise einheitliches Vorhaben in selbständig – faktisch oder normativ – nicht "lebensfähige" Teile aufgespalten werden soll (Dirnberger: in Jäde/Dirnberger u.a. BauO LSA, Kom. Loseblatt, § 58 RdNr.18).

35

Das Vorhaben der Beigeladenen kann weder faktisch noch normativ in zwei Bauvorhaben, nämlich in eine Nutzungsänderung eines Bestandbungalows und in die Errichtung eines Anbaus, aufgeteilt werden. Nach § 2 Abs. 2 BauO LSA sind Gebäude selbständig nutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Der bauordnungsrechtliche Gebäudebegriff ist insoweit ein Unterfall, der vom allgemeinen Begriff der baulichen Anlage mitumfasst wird. Dies schließt es aus, unselbständige Teile einer baulichen Anlage als Gebäude zu qualifizieren. Als Abgrenzungskriterium eignet sich insoweit das Kriterium der selbständigen Benutzbarkeit (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.12.1995 – 4 B 345/95 –, Juris RdNr. 4).

36

Aufgrund der funktionalen Verbindung des Altbaus und des Anbaus kann hier nicht von zwei selbständigen Gebäuden, sondern nur von einem einheitlichen Gebäude ausgegangen werden. Nach den genehmigten Bauvorlagen sind Altbestand und Anbau nicht selbstständig nutzbar. Schon aufgrund der Integration zwischen dem Anbau und dem grenzständigen Gebäude in einen neuen Baukörper und aufgrund der inneren Raumaufteilung kann keine Rede davon sein, dass das Gebäude (Altbungalow) in seinen ursprünglichen Dimensionen und seiner Gestalt erhalten bleibt. Das einheitliche Gebäude besitzt nur einen Eingang. Im Altbestand befinden sich Wohn- und Schlafzimmer, Bad/WC sowie ein Hauswirtschaftsraum; im Anbau, der durch eine Tür vom Altbestand zu erreichen ist, liegt das Kinderzimmer und die Küche. Selbst wenn die Statik des Altbestandes durch den Anbau unverändert geblieben sein sollte, ändert dies nichts daran, dass wegen der übrigen baulichen Veränderungen ein Neubau errichtet werden soll, durch den die bauliche Substanz wesentlich verändert wird. Der genehmigte Anbau kann auch nicht als optisch selbständig bewertet werden. Allein der Umstand, dass er den Grenzabstand zum klägerischen Grundstück einhält, vermittelt nicht den Eindruck seiner Selbständigkeit von dem Bestandsbau.

37

Die baulichen Änderungen beschränken sich nicht lediglich auf unwesentliche Änderungen, Instandsetzungsarbeiten oder zu vernachlässigende Erweiterungen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 17.03.1999 – A 2 S 123/97 –, n. v.) liegt ein möglicherweise vorliegender Bestandschutz bei einer Veränderung der Bausubstanz eines Wochenendhauses bereits dann nicht mehr vor, wenn die Grundfläche eines Anbaus mehr als die Hälfte der Grundfläche des Altbestandes ausmacht. Nach den genehmigten Bauvorlagen beträgt hier die Grundfläche des Anbaus 48,51 m² und die des Altbestandes 71,49 m².

38

Mit den zur Genehmigung gestellten Baumaßnahmen wird die Genehmigung für die Änderung einer baulichen Anlage beantragt und damit ein mit dem früheren Vorhaben nicht mehr identischer Baukörper geschaffen, der auch äußerlich neu gestaltet wird. Dabei kommt es noch nicht einmal darauf an, dass auch die Grenzwand zur Klägerin hin neu errichtet worden ist.

39

Die Erteilung der Baugenehmigung verstößt gegen die gemäß § 62 BauO LSA zu prüfende Vorschrift des § 6 BauO LSA, wonach vor den Außenwänden von oberirdischen Gebäuden Abstandsflächen einzuhalten sind (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA). Die Tiefe der Abstandsflächen bemisst sich nach der Wandhöhe und beträgt in der Tiefe grundsätzlich 0,4 der Wandhöhe – 0,4 H –, mindestens 3 m (§ 6 Abs. 4 und 5 Satz 1 BauO LSA). Das Vorderhaus (ehemaliger "Bungalow") der Beigeladenen hält den sich hieraus zum klägerischen Grundstück ergebenden Abstand nicht ein.

40

Die Einhaltung des erforderlichen Abstandes ist auch nicht nach planungsrechtlichen Vorgaben (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO LSA) oder deshalb entbehrlich, weil im Sinne der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt rechtlich gesichert wäre, dass das Grundstück der Klägerin nicht überbaut wird.

41

Wenn bestehende Gebäude, die die nach geltendem Recht einzuhaltenden Abstandsflächen nicht wahren, baulich geändert werden, ist abstandsflächenrechtlich eine Gesamtbetrachtung des neuen Gebäudes als Einheit vorzunehmen. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung für sich genommen abstandsflächenneutral ist.

42

Eine bauliche Veränderung ist in einem solchen Fall nur dann zulässig, wenn auch der Altbestand nach geltendem Abstandsflächenrecht genehmigungsfähig ist (so auch Sächs.OVG, Beschl. v. 25.03.2009 – 1 B 250/08 –, Juris RdNr. 8; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 27.01.2012 – 2 S 50.10 –, Juris RdNr. 10, jeweils m.w.N.).

43

Entgegen der Rechtsauffassungen der Beklagten, des Verwaltungsgerichts und der Beigeladenen ist die Frage der Einhaltung der Abstandflächen erneut zu überprüfen, ohne dass es darauf ankommt, ob das Bauvorhaben in abstandflächenrechtlicher Hinsicht im Vergleich zum vorhandenen Baubestand nachteiligere Wirkungen für den Nachbarn mit sich bringt. Die dafür vom Verwaltungsgericht zur Begründung herangezogenen Rechtsgrundsätze gelten nicht für den vorliegenden Sachverhalt einer Änderung der baulichen Substanz. Sie beziehen sich vielmehr auf den Fall der Nutzungsänderung eines ursprünglich legalen Bauvorhabens. In einem solchen Fall wird die Abstandsfrage nur dann neu aufgeworfen, wenn die Nutzungsänderung vom Bestandsschutz nicht mehr gedeckt ist und auf wenigstens einen durch die Abstandvorschriften geschützten Belang nachteiligere Auswirkungen als die bisherige Nutzung hat (vgl. OVG NW, Urt. v. 15.05.1997 – 11 A 7224/95 –, Juris RdNr. 10).

44

Der Nachbar kann sich grundsätzlich gegen jede Unterschreitung der Mindestabstandsfläche zur Wehr setzen, ohne den Nachweis einer gerade dadurch hervorgerufenen tatsächlichen Beeinträchtigung führen zu müssen. Die Abstandsvorschriften nehmen den Ausgleich der nachbarlichen Interessen in abstrakt - genereller Weise vor und legen zentimeterscharf fest, was dem Nachbarn an heranrückender Bebauung zuzumuten ist, ohne auf die Verhältnisse im Einzelfall abzustellen, insbesondere ohne nach Lage und Zuschnitt der einzelnen Grundstücke zu differenzieren. Derartige Besonderheiten können nur bei der Erteilung einer Abweichung nach § 66 BauO LSA im Einzelfall eine Rolle spielen.

45

Die Beigeladenen können sich in diesem Verfahren nicht darauf berufen, dass ihnen hinsichtlich der Abstandsflächen des § 6 Abs. 1, 4 und 5 BauO LSA eine Abweichung nach § 66 BauO LSA zu erteilen sei. Im hier strittigen Baugenehmigungsverfahren wurde hinsichtlich der nachbarlichen Situation zum Grundstück der Klägerin hin weder eine Abweichungsentscheidung beantragt noch wurde eine solche von der Beklagten erteilt. Sowohl die Beigeladenen als auch die Beklagte sind bisher davon ausgegangen, dass eine Abweichungsentscheidung nicht erforderlich sei.

46

Bei dieser Rechtslage kommt es nicht darauf an, ob die strittige Baugenehmigung – wie von der Klägerin geltend gemacht – auch gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3; § 162 Abs. 3 VwGO.

48

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis folgen aus den § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

49

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit ihrer Nachbarklage wendet sich die Klägerin gegen einen der Beigeladenen erteilten Vorbescheid betreffend die planungsrechtliche Zulässigkeit einer Erweiterung der bestehenden Klinik und die Verkürzung der Abstandsflächen.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft auf Erbbaurechtsbasis im Anwesen … des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Das Anwesen der Klägerin ist mit zwei Mehrfamilienhäusern bebaut, die jeweils vier Vollgeschosse sowie ein ausgebautes Dachgeschoss mit Spitzboden aufweisen. Eines der beiden Mehrfamilienhäuser (…) ist auf der südlichen Grundstückshälfte entlang der südlich vorbeiführenden Straße … gelegen; das andere (…) befindet sich im nördlichen Grundstücksteil entlang der Grundstücksgrenze zu dem sich im Osten anschließenden Vorhabengrundstück der Beigeladenen. Das letztgenannte nördlich gelegene Wohngebäude wurde in den 1950er Jahren bauaufsichtlich genehmigt. Mit Bescheid vom 8. November 1991 (Az. …) genehmigte die Beklagte hierfür den Ausbau und die Umgestaltung des Dachgeschosses. Dabei wurde eine Ausnahme wegen Nichteinhaltung der Abstandsflächen gegenüber den Baugrundstücken der Beigeladenen (FlNr. … und …) erteilt.

Die Beigeladene ist Eigentümerin des im Osten unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Anwesens … (Grundstücke FlNr. …, und …, Gemarkung …). Sie betreibt dort eine Unfallklinik. Auf dem Anwesen der Beigeladenen sind bereits eine Reihe von Gebäuden und Nutzungsbereichen vorhanden. Im westlichen Bereich des Anwesens befindet sich das zentrale Bettenhaus mit sieben Vollgeschossen, wobei das oberste Geschoss vom klägerischen Grundstück nach Osten hin zurückspringt. Nördlich daran anschließend befinden sich drei weitere Gebäudeteile mit vier bzw. sechs Vollgeschossen, die teilweise als Staffelgeschosse ausgebildet sind. Südwestlich schließt sich an das zentrale Bettenhaus der Funktionstrakt mit drei Vollgeschossen an; zum Anwesen der Klägerin hin ist dieser Funktionstrakt jedoch – mit Ausnahme des südlich von den Klägern abgerückten Treppenhauses – nur eingeschossig. Nordwestlich des zentralen Bettenhauses (FlNrn. … und …) befindet sich der Wirtschaftshof der Klinik; über diesen werden die Notfallanfahrten für Krankenwagen sowie Fahrten des für die Klinik notwendigen Lieferverkehrs und die Müllentsorgung abgewickelt; die Zufahrt zum Wirtschaftshof verläuft auf dem Baugrundstück der Beigeladenen entlang der Grenze zum klägerischen Anwesens nach Süden zur Straße … hin. Im Südosten des Anwesens (FlNr. … und …) befindet sich noch ein Parkhaus mit 291 Stellplätzen. Den Angaben der Beigeladenen zufolge dient dieses der Abwicklung des Kunden- und Mitarbeiterparkverkehrs. Die Ein- und Ausfahrt des Parkhauses ist nach Süden unmittelbar auf die Straße … hin ausgerichtet. Östlich vom Parkhaus ist ein Verwaltungsgebäude gelegen. Soweit ersichtlich sind die vorhandenen Gebäude und Nutzungen bauaufsichtlich genehmigt.

Für das Klinikareal und das Grundstück der Klägerin existiert kein Bebauungsplan.

Mit Antrag vom 29. Oktober 2015 beantragte die Beigeladene die Erteilung eines Vorbescheids für das Vorhaben „Erweiterung und Strukturverbesserung OP, Aufwachraum und Zentralsterilisation“. Das Vorhaben besteht im Wesentlichen aus drei Teilen: Zum einen soll im Wirtschaftshof ein 3-geschossiger Anbau errichtet werden, wobei das oberste Geschoss (Ebene +2) gegenüber dem darunter liegenden Geschoss zurückversetzt errichtet werden soll. Aus den Bauvorlagen ist zu entnehmen, dass für das oberste Geschoss eine absolute Gebäudehöhe von + 310,57 m über N.N und für das diesem gegenüber vorspringende 1. OG eine Gebäudehöhe von + 305,62 m über N.N geplant ist. Ausweislich dieser seitens der Beigeladenen vorgelegten Pläne beträgt die Traufhöhe des klägerischen Wohngebäudes demgegenüber 307,12 m über N. N.; die Firsthöhe beträgt 313,71 m über N.N. Die Länge der westlichen Außenwand des Erweiterungsbaus im 1. OG beträgt 34 m. Der geringste Gebäudeabstand zwischen dem Erweiterungsbau und dem nördlich gelegenen klägerischen Wohngebäude beträgt 12 m. Im südlichen Bereich des Baugrundstücks an der westlichen Ecke des Funktionstrakts soll zum anderen eine zweigeschossige Teilaufstockung erfolgen. Überdies ist eine teilweise Nutzungsänderung bzw. Änderung der Bestandsgebäude beabsichtigt.

Mit Vorbescheid vom 9. März 2016, der im Amtsblatt Nr. 6 der Antragsgegnerin vom 23. März 2016 öffentlich bekanntgemacht wurde, stellte die Beklagte fest, dass das Vorhaben entsprechend der im Vorbescheidsantrag gestellten Fragen zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit und zur Zulassung von abstandsflächenrechtlichen Abweichungen zulässig sei. Hinsichtlich der nicht eingehaltenen Abstandsflächen des Erweiterungsbaus nach Westen zum Grundstück der Klägerin hin wurde eine Abweichung zugelassen. Die Abstandsflächen des Vorhabens lägen zwar zu etwa 12,7% auf dem benachbarten Grundstück der Klägerin. Die Abstandsflächen des klägerischen Gebäudes würden jedoch ihrerseits auch mit ca. 19% auf dem Baugrundstück liegen. Somit könne von einer gegenseitigen Beeinträchtigung durch nicht eingehaltenen Abstandsflächen ausgegangen werden. Ausreichende Belichtung und Belüftung seien weiterhin gegeben. Da für das Vorhaben ein Bebauungsplan nicht existiere, sei das Vorhaben planungsrechtlich auf Grundlage von § 34 BauGB zu beurteilen. Es füge sich in Bezug auf Art und Maß der baulichen Nutzung, bebaute Fläche und Bauweise in die relativ heterogene Bezugsumgebung ein.

Mit am 20. April 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen vortragen, der streitgegenständliche Vorbescheid sei rechtswidrig. Die seitens der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegte Abstandsflächenübersicht mit der Abstandsflächenberechnung vom 17. Februar 2016 sei unvollständig. In dieser seien lediglich die jetzt geplanten Anbauten an die bestehenden Gebäude dargestellt. Da jedoch durch die Anbauten auf dem Grundstück der Beigeladenen eine langgezogene einheitliche Außenwand entstehen werde, sei hier eine Gesamtbetrachtung der vom Anwesen der Beigeladenen insgesamt zum Grundstück der Klägerin ausgelösten Abstandsflächen vorzunehmen. Anlässlich einer solchen Gesamtbetrachtung sei auch das bereits im Bestand vorhandene Bettenhaus (etwa 22 m hoch) und das angebaute Treppenhaus (etwa 25 Meter hoch) mit in die Abstandsflächenberechnung einzubeziehen. Die seitens der Beklagten aufgrund Art. 63 Abs. 1 BayBO ausgesprochene Abweichung sei rechtswidrig. Zum einen liege schon keine atypische Fallgestaltung vor. Darüber hinaus habe die Beklagte die nachbarlichen Belange nicht in korrekter Weise gewürdigt. Da hier gerade keine Gesamtbetrachtung der Abstandsflächen erfolgt sei, sei die Ermessensentscheidung grob fehlerhaft und nicht haltbar. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei es der Klägerin nicht verwehrt, sich auf einen Verstoß gegen die drittschützenden Abstandsflächenvorschriften zu berufen, weil ihr nördlich gelegenes Gebäude (Hausnummer … und ...) selbst eine gewisse Abstandsflächenüberschreitung zum Grundstück der Beigeladenen hin auslöse. Die Beklagte übersehe hier, dass vorhandene abstandsflächenwidrige Bebauungsverhältnisse nicht verewigt oder verschärft werden dürften, sondern nach Möglichkeit zu bereinigen seien (unter Verweis auf BayVGH. U.v. 22.11.2006 – 25 B 05.1714 – juris Rn. 20). Auch könne die Abstandsflächenüberschreitung nicht „eins zu eins“ gegenübergestellt werden, da die klägerische Wohnbebauung wesentlich schutzwürdiger sei als die sich ausweitende gewerbliche Nutzung. Zu Gunsten der Klägerin sei auch zu berücksichtigen, dass deren Wohngebäude im Einklang mit dem damals geltenden Bebauungsplan errichtet worden seien. Dass dieser Bebauungsplan später aufgehoben wurde, könne nun nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Auch habe der damalige Grundstückseigentümer des Baugrundstücks seine Zustimmung zum klägerischen Bauvorhaben gegeben. Auch wenn diese Zustimmung nicht als Abstandsflächenübernahme zu werten sei, müsse dies bei der Würdigung der nachbarlichen Belange im Rahmen der Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO auch wegen Treu und Glauben mit einbezogen werden. Auch habe die Beigeladene hinsichtlich der der Klägerin am 8. November 1991 erteilten Baugenehmigung zum Ausbau des Dachgeschosses und Neubau des Dachstuhls ihre nachbarliche Zustimmung zum Bauvorhaben und zu der Abstandsflächenüberschreitung erteilt. Vor diesem Hintergrund sei es nicht möglich, der Klägerin wegen eigener Überschreitungen der Abstandsflächen nun das Berufen auf die für die Beigeladene geltenden Abstandflächenvorschriften zu verwehren. Überdies sei die Abstandsflächenüberschreitung der Klägerin aufgrund der Baumaßnahme von 1991 längst dadurch ausgeglichen, dass der Beigeladenen später die Aufstockung des Bettenhauses, mit der wiederum eine Abstandsflächenüberschreitung zum klägerischen Grundstück hin einherging, erteilt worden sei. Des Weiteren verstoße der Vorbescheid auch gegen nachbarschützendes Bauplanungsrecht, insbesondere das Gebot der Rücksichtnahme. Die Beklagte übersehe, dass durch die angestrebte Bebauung zum klägerischen Grundstück hin eine Wandfläche von 70 m Länge entstehen solle, die in Bezug auf das Grundstück der Klägerin eine Riegelwirkung zur Folge haben und aufgrund der Ausmaße und der Baumasse eine erdrückende Wirkung entfalten werde. Dies werde auch dadurch deutlich, dass die Grundflächenzahl selbst die für ein Mischgebiet geltende Obergrenze von 0,6 hier bei Weitem überschreite. Das Bauvorhaben führe zu einer Konfliktsituation durch die die Klägerin unzumutbar beeinträchtigt werde. Das gegenseitige Austauschverhältnis werde weiter belastet und massiv gestört. Auch seien Immissionen, insbesondere unzumutbare Lichtimmissionen, zu befürchten.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 3. August 2016 beantragt die Klägerin:

Der der Beigeladenen erteilte Bauvorbescheid der Beklagten vom 9. März 2016 – … – wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13. September 2016,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung lässt sie zur Sache vortragen, die Abstandsflächen der auf dem Anwesen der Beigeladenen bereits errichteten Gebäude bzw. Gebäudeteile lägen jeweils auf dem Baugrundstück selbst mit Ausnahme der des Bettenhauses. Dieses sei mit Bescheid vom 19. Mai 1964 genehmigt worden. Eine Befreiung wegen einer Abstandsflächenüberschreitung nach Westen sei nicht notwendig gewesen, da die damalige Eigentümerin (Bund) die Nachbarunterschrift für dieses Bauvorhaben geleistet habe. Mit Bescheid vom 23. April 1998 sei die Genehmigung zum Umbau einschließlich des Abbruchs und der Neuerrichtung des 6. OG erteilt worden. In diesem Bescheid sei eine Abweichung wegen Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück hin aufgrund des bereits vorhandenen Treppenraums erteilt worden. In rechtlicher Hinsicht habe die Anfechtungsklage keinen Erfolg, da die Klägerin durch den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde. Die von der Beklagten getroffene Abweichungsentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO sei rechtmäßig erteilt worden. Ein atypischer Fall sei gegeben. Da das materiell-rechtliche Abstandsflächengebot in nachbarschützender Hinsicht eine wechselseitige Pflicht zur Einhaltung der Abstandsflächen begründe, schlage das Interesse des Nachbarn an der Wahrung der Abstandsflächen mit umso geringem Gewicht zu Buche, als sein Gebäude die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen selbst nicht wahre (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 11.12.2014 – 15 CS 14.1710). Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in der Abwägung den Umstand berücksichtigt habe, dass das nördliche Wohngebäude der Klägerin die gesetzlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen ihrerseits nicht einhalte. In der vergleichenden Darstellung seien überdies noch nicht einmal die abstandsflächenrelevanten Gauben des klägerischen Gebäudes enthalten. Unabhängig davon würde sich das Vorhaben selbst bei einer abstandsflächenrechtlichen Gesamtbetrachtung als rechtmäßig erweisen, da dem Bettenhaus die Privilegierung des damals geltenden Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO in den Fassungen vom 18. April 1994 und vom 4. August 1997 zu Gute komme. Da der nordwestliche Erweiterungsbau mit seinem obersten Geschoss deutlich gegenüber der Grundstücksgrenze zurückspringe, könne auch eine erdrückende Wirkung gegenüber dem Grundstück der Klägerin nicht angenommen werden. Entscheidend für die Gebäudeproportion und deren Wirkung sei, dass die Höhe des bisherigen Bestands und die des Neubaus unterschiedlich seien. So sei der Neubau im Untergeschoss und Erdgeschoss zurückspringend, das Obergeschoss krage aus. Das Technikgeschoss springe wiederum zurück. Insofern sei auch in der Horizontalen eine starke Gliederung vorhanden. Insgesamt übersteige die Höhe des Anbaus nicht die Höhe des Wohngebäudes der Klägerin, nehme also Rücksicht auf diese Nachbarbebauung. Im Übrigen sei das Anwesen der Klägerin mit großen Bäumen bewachsen, so dass eine mögliche Verschattung durch die Klinikbauten ohnehin nicht wahrnehmbar sein dürfte. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Vorbescheid gegen das Gebot der Rücksichtnahme insbesondere wegen unzumutbarer Lichtimmissionen verstoße. Eine derartige Unzumutbarkeit von Lichtimmissionen könne nur bestehen, wenn sie zu einer „Raumaufhellung“ oder einer „psychologischen Blendung“ führe (unter Verweis auf OVG NRW, U.v. 3.3.2007 – 10 A 998/06). Beides sei nicht zu erwarten.

Die Beigeladene beantragt mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 12. September 2016 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, der streitgegenständliche Vorbescheid sei rechtmäßig. So sei eine nachteilige Auswirkung auf die klägerische Bebauung nicht zu erwarten. Mögliche optische Auswirkungen des Vorhabens habe die Beigeladene im Rahmen der Planung u.a. mit einem 3d-Rendering untersuchen lassen. Hierbei seien die Erweiterungen in ein Foto von der Bestandssituation „hinein“ gezeichnet worden. Das zugrunde liegende Foto sei im Winter aufgenommen worden, um ein „worst case“-Szenario abzubilden, da zu dieser Zeit die sonst auf dem klägerischen Grundstück vorhandene Vegetation mit großen Bäumen und Sträuchern in den Hintergrund trete. Auch bei dieser Betrachtung ergebe sich jedoch ohne Zweifel, dass die geplanten Anbauten weder für sich betrachtet noch bei einer Gesamtbetrachtung den klägerischen Wohngebäuden die „Luft zum Atmen“ nehmen werden. Durch den höhemäßigen Versatz und die Vor- und Rücksprünge der neu zu errichteten Gebäudeteile sowie der Bestandsgebäude komme es zu keiner erdrückenden Wirkung für das klägerische Anwesen. Auch sei eine mögliche wechselseitige unzumutbare Verschattung nach Umsetzung des Vorhabens im Rahmen einer Verschattungsanimation untersucht worden. Diese habe ergeben dass auch nach Durchführung des Bauvorhabens die Verschattung des klägerischen Anwesens in etwa der Verschattung des Anwesens der Beigeladenen durch die bereits jetzt auf dem klägerischen Anwesen bestehenden Gebäude entspreche. Des Weiteren seien auch keine unzumutbaren Lichtimmissionen zu erwarten. Das Vorhaben weise keine beweglichen Lichtquellen auf, die befürchten ließen, dass an den Wohngebäuden der Klägerin unzumutbare Lichtimmissionen auftreten würden. Auch werde es zu keiner signifikant erhöhten Raumaufhellung der klägerischen Anwesen kommen, da insbesondere der Erweiterungsbau im Wirtschaftshof auf seiner gesamten Länge nur wenige Fenster aufweise. Auch sonstige Gefahren, Nachteile oder Belästigungen seien nicht ersichtlich. Ferner sei die Klägerin auch nicht in ihren abstandsflächenrechtlichen Belangen verletzt. Hinsichtlich des Abstandsflächenrechts habe sich ohnehin eine nachträgliche Änderung zugunsten der Beigeladenen ergeben. Die Beklagte habe zwischenzeitlich eine Abstandsflächensatzung erlassen. Diese Rechtsänderung sei zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen. Nach Maßgabe dieser Satzung habe das Vorhaben nach Westen zu dem Anwesen der Klägerin nur eine Abstandsflächentiefe von 0,4 H einzuhalten. Sowohl die Erweiterungsbauten als auch die nicht geänderten Bauteile an der westlichen Außenwand hielten diese Maßgabe ein.

Mit Bescheid vom 14. September 2016 erließ die Beklagte einen Ergänzungsbescheid, mit dem sie insbesondere den Abstandsflächenplan mit 0,4 H vom 30. August 2016 sowie die Betriebsbeschreibung vom 15. Juni 2016 zum Bestandteil des Vorbescheids machte.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 20. September 2016 erweiterte die Klägerin ihre Klage auch auf diesen Ergänzungsbescheid und beantragte, auch diesen aufzuheben.

Mit Schriftsatz vom 8. November 2016 lässt die Klägerin ergänzend vortragen, dass die der Beigeladenen bzw. deren Rechtsvorgängerin bislang erteilten Baugenehmigungen insbesondere für das Bettenhaus aufgrund massiver Verstöße gegen die nachbarschützenden Abstandflächenvorschriften rechtswidrig seien und die Klägerin, wenn sie gewollt hätte, sich bereits gegen diese mit Erfolg hätte zur Wehr setzen können. Der geplante Erweiterungsbau würde nun zu einer derartig massiven baulichen Verdichtung mit entstehender Riegelwirkung in Richtung des klägerischen Grundstücks führen und damit endgültig die Grenze dessen überschreiten, was der Klägerin noch zumutbar sei. Hinsichtlich der Abstandsflächensatzung erscheine bereits die Auswahl der beplanten Gebiete, für die diese Satzung gelten solle, sachfremd. Überdies sei die Ermächtigungsgrundlage des Art. 6 Abs. 7 BayBO für den Erlass dieser Satzung verfassungswidrig. Auch wenn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen durch ein Bauvorhaben Indizwirkung dafür habe, dass dieses Bauvorhaben das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht verletze, könne dies jedoch nicht bei einer Reduzierung der Abstandsflächen von 1 H auf 0,4 H gelten. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall. Es müsse zumindest im Rahmen einer städtebaulichen Gesamtbetrachtung und Abwägung „nachjustiert“ und überprüft werden, ob das Rücksichtnahmegebot eingehalten sei. Dies gelte umso mehr als die Abstandsflächensatzung keine Ermessensabwägung vorsehe und den Einzelfall völlig außer Betracht lasse. Es sei nicht nachvollziehbar, dass bei Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 BayBO bzw. Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB ein umfangreiches Prüfprogramm unter Berücksichtigung nachbarlicher Belange durchgeführt werden müsse, dies aufgrund einer pauschalen eklatanten Abstandsflächenverkürzung durch Satzungsrecht jedoch nicht mehr gelten solle. Zur Beurteilung der Gesamtabstandsflächenüberschreitungen könne auf die Abstandsflächenberechnung der Architekten der Beigeladenen im Baugenehmigungsverfahren aus dem Jahre 1997 (…) Bezug genommen werden. In der dortigen Abstandsflächenberechnung sei hinsichtlich des Bettenhauses von einer Abstandsfläche von 21,25 m ausgegangen worden, wobei nur etwa 10 m der Abstandsfläche auf dem Grundstück der Beigeladenen liegen. Etwa 11 m der Abstandsfläche, die allein von Bettenhaus bei Zugrundelegung der regulären Abstandsfläche 1 H ausgelöst werde, erstreckten sich jedoch auf das klägerische Grundstück. Die seitens der Beigeladenen vorgelegte Verschattungsanimation könne im Prozess nicht verwertet werden, jedenfalls nicht soweit diese nicht zum Gegenstand der Verhandlung gemacht und dort vorgespielt werde. Diese Animation ersetze auch kein Sachverständigengutachten. Es bleibe schon unklar welche Jahreszeit und welcher Sonnenstand dieser Animation zu Grunde gelegt worden seien.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2016 erwiderte die Beklagte umfassend zur Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm wie auch zu deren rechtmäßiger Umsetzung durch die Abstandsflächensatzung. Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2017 vertiefte die Beigeladene ihre bisherigen Ausführungen und macht ebenfalls Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm.

Am 9. August 2017 nahm der Vorsitzende als beauftragter Richter die Grundstücke der Beigeladenen und der Klägerin sowie die nähere Umgebung in Augenschein.

Mit Schreiben vom 30. August 2017 legte die Beigeladene einen – von ihr im Rahmen des zwischenzeitlich eingeleiteten Baugenehmigungsverfahrens in Auftrag gegebenen – gutachterlichen Bericht des Ingenieurbüros für Bauphysik … vor. Dieser kommt zu dem Schluss, dass auch nach Inbetriebnahme des geplanten Erweiterungsbaus für die Bewohner der klägerischen Gebäude keine unzumutbaren Lärmbelästigungen zu erwarten seien. Mit Schriftsatz vom 19. September 2017 legte die Beklagte eine ebenfalls durch die Beigeladene in Auftrag gegebene Plausibilitätsprüfung des vorstehenden gutachterlichen Berichts vor. Das Ingenieurbüro … bestätigt in dieser Plausibilitätsprüfung vom 6. September 2017, dass der gutachterliche Bericht des Ingenieurbüros … aus fachlicher Sicht plausibel, richtig und hinsichtlich der zugrunde gelegten Regelwerke und Randbedingungen nachvollziehbar sei.

Mit Bescheid vom 19. September 2017 erteilte die Beklagte der Beigeladenen die Baugenehmigung für das Vorhaben „1. Anbau im Nordwesten an bestehende Klinik (Fahrradraum im EG, OP-Räume und Sterilisation im 1. OG, Technikzentrale im 2. OG); 2. Aufstockung im Westen um 2 Geschosse (Büros); 3. Umbauten in Teilbereichen des Bestandsgebäudes für eine Strukturverbesserung“. Der Bauantrag weicht u.a. in folgenden Punkten vom Vorbescheidsantrag ab: Die Höhe des gestuften Neubaus wurde gegenüber dem Vorbescheid geändert. Das 1. OG erhöht sich um 0,85 m auf 7,90 m. Das 2. OG erhöht sich um 0,77 m auf 12,77 m. Im Bauantrag in der „Ansicht Nord“ ist das Fensterband im 1. OG schmaler dargestellt als im streitgegenständlichen Vorbescheid. Überdies erhält auch die Technikzentrale im 2. OG eine neue Form. Statt der abgeschrägten „Kanten“ nach Norden und Süden soll die Technikzentrale nun als Längsriegel mit geradem Deckenabschluss hergestellt werden. Auch wurde die Raumaufteilung unwesentlich geändert.

Am 30. Oktober 2017 erging ein Ergänzungsbescheid, mit welchem die Lärmschutzauflagen unter Ziffer 15 der Baugenehmigung vom 19. September 2017 modifiziert wurden.

Die Baugenehmigung vom 19. September 2017 wurde im Amtsblatt der Beklagten vom 4. Oktober 2017 bekannt gemacht. Der Ergänzungsbescheid ist hingegen noch nicht öffentlich bekannt gemacht. Gegen die Baugenehmigung vom 19. September wurden bislang noch keine Rechtsmittel eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 9. November 2017 bringt die Klägerin umfangreiche Bedenken gegen den schalltechnischen gutachterlichen Bericht des Ingenieurbüros … vom 31. Juli 2017 vor. Es handele sich hierbei lediglich um ein Parteigutachten, welches auch teilweise in sich widersprüchlich, unschlüssig und nicht nachvollziehbar sei. Die den Lärmausbreitungs-Kartierungen in den Anlagen 39 und 45 zu entnehmenden Beurteilungspegel für das am stärksten betroffene Dachgeschoss des Gebäudes … lägen beispielsweise über den einzuhaltenden Richtwertvorgaben der Beklagten und ließen sich auch nicht mit denen, für die einzelnen Emissionsorte angegebenen Pegelwerten in Einklang bringen. Obwohl die Beklagte der Beigeladenen aufgegeben habe, einen schalltechnischen Vergleich zwischen der bestehenden Ist-Situation und der Situation bei Verwirklichung des Bauvorhabens durchzuführen und zu berechnen, werde eine vergleichende Betrachtung nicht vorgenommen. Es könne daher unterstellt werden, dass sich die auf das klägerische Anwesen einwirkende Lärmsituation nach Realisierung des Vorhabens erheblich verschlechtern würde. Das Bauvorhaben sei damit auch unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten nicht zulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen; hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung und des Augenscheins wird auf die jeweilige Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist. Die Klägerin hat nämlich kein schutzwürdiges Interesse (mehr) daran, gerichtlichen Rechtsschutz gegen den Bauvorbescheid in Anspruch zu nehmen, da für das Vorhaben, dessen bauplanungs- und abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit mit dem hier streitgegenständlichen Vorbescheid positiv beurteilt wurde, zwischenzeitlich eine der Klägerin gegenüber bestandskräftige Baugenehmigung vorliegt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass ein Bauvorbescheid durch eine spätere Baugenehmigung zwar grundsätzlich nicht konsumiert wird und er auch Grundlage für eine geänderte neue Baugenehmigung sein kann. Dadurch, dass die Regelungen des Bauvorbescheids jedoch vollständig in der Baugenehmigung vom 19. September 2017 umgesetzt sind, kann die Klägerin die Nachteile, die sie durch ihre Anfechtungsklage gegen den Vorbescheid gerade abwehren möchte, nicht mehr vermeiden. Die bestandskräftige Baugenehmigung berechtigt die Beigeladene dazu, die erstrebte Klinikerweiterung vorzunehmen. Selbst bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Vorbescheid könnte die Klägerin ihre Rechtsstellung gegenüber diesem Vorhaben damit nicht mehr verbessern, so dass ihre Klage wegen Entfallens des Rechtsschutzbedürfnisses (zwischenzeitlich) unzulässig geworden ist (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 u.a. – juris Rn. 26).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die der Beigeladenen am 19. September 2017 erteilte Baugenehmigung ihr gegenüber auch bereits bestandskräftig geworden. So war die gemäß Art. 66 Abs. 2 Satz 4 BayBO im Amtsblatt der Beklagten vom 4. Oktober 2017 vorgenommene öffentliche Bekanntmachung nicht fehlerhaft, sondern erfüllte die gesetzlichen Voraussetzungen und damit auch die Anstoßwirkung, so dass die Zustellungsfiktion des Art. 66 Abs. 2 Satz 6 BayBO ausgelöst und bedingt dadurch der Lauf der Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Gang gesetzt wurde.

Entgegen dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung lässt sich eine Notwendigkeit, in der Bekanntmachung auch die Identität des Bauherrn preiszugeben, aus dem Gesetz nicht herleiten und wäre mit bestehenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen auch nicht in Einklang zu bringen. Auch besteht keine Verpflichtung der Beklagten, neben der öffentlichen Bekanntmachung nach dem Maß der individuellen Betroffenheit einzelne Nachbarn zusätzlich noch gesondert zu unterrichten bzw. eine Zustellung der Baugenehmigung an diese zu bewirken. Eine derartige Verpflichtung wäre mit der mit Art. 66 Abs. 2 Satz 4 bis 6 BayBO verbundenen gesetzgeberischen Intention der Rechtssicherheit und Verfahrensvereinfachungen schon nicht vereinbar. Die Klagefrist wurde mithin mit Ablauf des 4. Oktober 2017 in Gang gesetzt und endete damit am 6. November 2017 (Montag). Die Baugenehmigung vom 19. September 2017 ist mithin bestandskräftig.

An dem Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses ändert sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nichts dadurch, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben letztlich mit dem Vorhaben des Baugenehmigungsbescheids, insbesondere im Hinblick auf die Veränderung der Wandhöhe, nicht mehr vergleichbar sei. Verkannt wird hierbei nämlich bereits, dass die Baugenehmigung diesbezüglich noch über den Vorbescheid hinausgeht, dem Vorbescheid also auch insoweit keine eigenständige Regelungswirkung mehr verbleibt. Auch wurde durch die Änderung des Vorhabens dieses weder in quantitativer noch in qualitativer Hinsicht derart modifiziert, dass es sich als ein völlig anderes (aliud) darstellen würde. Einzig in dieser Situation wäre denkbar, dass dem Vorbescheid auch nach Erteilung der zwischenzeitlich bestandskräftigen Baugenehmigung noch eine Regelungswirkung zukommt und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Vorbescheides (noch) anzuerkennen wäre.

II.

Selbst wenn man aber entgegen der Auffassung der Kammer das Rechtsschutzinteresse bejahen würde, hätte die Klage keinen Erfolg, da sie in jedem Fall (auch) unbegründet ist. Der Vorbescheid der Beklagten vom 9. März 2016 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 14. September 2016 verletzt die Klägerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, so dass ihr auch kein Anspruch auf dessen Aufhebung zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Bei der Klage eines Dritten – hier eines baurechtlichen Nachbarn – hat dieser aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nicht schon dann einen Anspruch auf Aufhebung des an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt, wenn dieser lediglich objektiv rechtswidrig ist; vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus solchen Normen ergeben, die zum behördlichen Prüfungsumfang gehören (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1; BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 15 ZB 11.1480 – juris Rn. 9) und zugleich auch dem Schutz dieses Dritten dienen (sog. Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Eine Rechtsverletzung der Klägerin durch den streitgegenständlichen Vorbescheid kommt daher nur in Betracht, soweit die darin getroffenen Feststellungen zur Zulässigkeit des Vorhabens gegen den nachbarschützenden Gehalt der im Verfahren geprüften Normen verstoßen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Klägerin wird weder durch die Feststellung der abstandsrechtlichen Zulässigkeit (dazu unter 1.) noch durch die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit (dazu unter 2.) in ihren Rechten verletzt.

1. Aufgrund der von der Beklagten am 11. Juli 2016 erlassenen und am 1. August 2016 in Kraft getretenen Abstandsflächensatzung (AFS) ist für die Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens die Erteilung einer Abweichung von den Abstandsflächen schon nicht mehr notwendig (dazu unter 1.1). Die von der Beklagten im Vorbescheid vom 9. März 2016 erteilte Abweichung wäre aber unabhängig davon im Ergebnis auch nicht als rechtsfehlerhaft zu beanstanden (§ 114 VwGO; dazu unter 1.2).

1.1 Durch den Erlass der AFS der Beklagten ist gegenüber der Sach- und Rechtslage bei Erteilung des Vorbescheids im März 2016 eine Änderung eingetreten, die sich insgesamt zugunsten des streitgegenständlichen Vorhabens auswirkt und schon deshalb im Verfahren zu berücksichtigen ist (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2017, Art. 66, Rn. 591). Unabhängig davon hat die Beklagte den Abstandsflächenplan der Beigeladenen vom 30. August 2016 mit einer Tiefe von 0,4 H zudem auch ausdrücklich in den Ergänzungsbescheid vom 14. September 2016 einbezogen und damit die Feststellung des Vorbescheides auch auf Grundlage der neuen Rechtslage bestätigt. Aufgrund der AFS beträgt die Tiefe der grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen auf dem streitgegenständlichen Areal der Beigeladenen statt 1 H nunmehr nur noch 0,4 H. Durch diese Verkürzung der Abstandsflächen werden die Abstandsflächen nach Westen zum Grundstück der Klägerin hin sowohl für den bisherigen Bestand wie auch für die geplanten Neubauten auf dem Baugrundstück selbst eingehalten, so dass das Vorhaben der Beigeladenen keiner Abweichung (mehr) bedarf.

Die AFS der Beklagten ist auch wirksam. Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Klägerin die Satzungsermächtigung nach Art. 6 Abs. 7 BayBO nicht als verfassungswidrig anzusehen. Bereits mit Entscheidung vom 15. Dezember 2008 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur Rechtmäßigkeit einer auf Grundlage des Art. 6 Abs. 7 BayBO erlassenen AFS Stellung genommen (22 B 07.143), ohne die Verfassungsmäßigkeit dieser Ermächtigung in Frage zu stellen. Auch für das hier entscheidende Gericht ergeben sich keine Hinweise, die geeignet erscheinen, hieran zu zweifeln. Der Charakter des Abstandsflächenrechts ist dadurch geprägt, dass es die bauliche Nutzung eines Grundstücks zum Schutze des jeweiligen Nachbargrundstücks einschränkt; Schutzgut ist hierbei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Besonnung und Belüftung (BayVGH, B.v. 17.8.2015 – 2 ZB 13.2522 – juris Rn. 4). Bei den Abstandsvorschriften handelt es sich mithin um Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Grundeigentums, die dem Grundsatz nach allein schon aufgrund ihrer Wechselseitigkeit gerechtfertigt sind. Ihre Grenze finden sie lediglich darin, dass nach den dem Gesetzgeber obliegenden Schutzpflichten ein gewisses Mindestmaß zu gewährleisten ist, um die Belichtung, Besonnung und Belüftung sicherzustellen.

Dies ist mit Blick auf das Abstandsflächensystem nach Art. 6 Abs. 7 BayBO allerdings gewahrt. So liegen dafür, dass bei 0,4 H vor allem keine ausreichende Belichtung mehr gewährleistet sei, keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere der Hinweis auf einen vermeintlichen Widerspruch zur DIN 5034 vermag hieran nichts zu ändern. Die DIN 5034 als bloßes technisches Regelwerk ist schon im Grundsatz nicht geeignet, verfassungs- und einfachrechtliche Maßstäbe zu ersetzen. Auch kann nicht allein aus der Unterschreitung des darin geforderten Maßes an Tageslicht auf eine unzumutbare Verschattung geschlossen werden (BayVGH, U.v. 18.7.2014 –1 N 13.2501 – juris Rn. 35). Darüber hinaus besteht der klägerseits vorgetragene Widerspruch zur DIN 5034 nach Überzeugung des Gerichtes ohnehin nicht. Dies wird in der Begründung zur Musterbauverordnung aus dem Jahre 2002, die für das landesrechtliche Abstandsflächenrecht generell einen Abstand von nur 0,4 H empfiehlt, ausführlich und in sich schlüssig dargelegt (vgl. MBO – Begründung in der Fassung November 2002, S. 19); diesen Ausführungen schließt sich das Gericht an. Ebenso wenig ergibt sich eine Verfassungswidrigkeit von Art. 6 Abs. 7 BayBO daraus, dass die Entscheidung für die Reduktion der Abstandsflächen der Gemeinde überlassen wird, der Gesetzgeber sich insoweit quasi seiner Entscheidungsobliegenheit entledigt habe. Der Gesetzgeber hat nämlich durch Art. 6 Abs. 7 BayBO alle notwendigen inhaltlichen Anforderungen für das darin enthaltene alternative Abstandsflächensystem bereits abschließend selbst geregelt. Art. 6 Abs. 7 BayBO bietet mithin nur noch die Möglichkeit, auf kommunaler Ebene für dieses alternative, aber eben schon konkret bestimmte Abstandsflächensystem zu optieren. Korrespondierend hierzu verbleibt der Gemeinde auch lediglich die Wahl in Bezug auf dessen Anwendung; im Übrigen hat sie, ausgenommen vom räumlichen Geltungsbereich, keine Entscheidungsbefugnis (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 15.12.2008 – 22 B 07.143 – juris Rn. 25; Jäde, BayBO, Stand Juli 2015, Art. 6 Rn. 211).

Schließlich ist die AFS auch als solche rechtmäßig, da sie von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Mit der AFS wiederholt die Beklagte lediglich den Wortlaut des Art. 6 Abs. 7 BayBO und übernimmt damit das vom Gesetzgeber bereitgestellte alternative Abstandsflächensystem für ihr Stadtgebiet. Von der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, die Regelungen nur auf Teile des Stadtgebietes zu begrenzen, wurde zulässigerweise kein Gebrauch gemacht. So soll die AFS nach ihrem § 1 Abs. 2 unbeplante Gebiete und Gebiete mit Bebauungsplänen betreffen, also das gesamte Gebiet der Beklagten. § 1 Abs. 2 Nr. 2 AFS ist auch nicht dahingehend zu verstehen, dass damit der räumliche Geltungsbereich einschränkt werden würde, indem beplante Gebiete nur teilweise erfasst würden, mit der Folge, dass die Beschränkung dann an den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu messen wäre. Vielmehr wird dort die Geltung des in § 1 Abs. 1 AFS enthaltenen Abstandsflächensystems auch in den beplanten Gebieten vollumfänglich vorausgesetzt und als Folge hieraus nur das Vorrangverhältnis von sich widersprechenden bauplanungsrechtlichen Abstandsanforderungen geregelt. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte das ihr in Art. 6 Abs. 7 BayBO eingeräumte Ermessen in unzulässiger Art und Weise ausgeübt hätte. Da das alternative Abstandsflächensystem hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Mindestansprüche bereits abschließend vom Gesetzgeber abgewogen wurde (vgl. BayVGH, U.v. 15.12.2008 – 22 B 07.143 – juris Rn. 25), war es zutreffend, dass diese Aspekte im Rahmen der von der Beklagten getroffenen Ermessenentscheidung keine Berücksichtigung mehr fanden. Der Beklagten oblag es nur die Ausübung ihrer Wahl für dieses Alternativsystem zu rechtfertigen. Dies zugrunde gelegt ist die von der Beklagten getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden. Insbesondere hat sie sich ausführlich mit dem Bedarf für die Wahl des reduzierten Abstandsflächensystems nach Art. 6 Abs. 7 BayBO im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Nachverdichtung auseinandergesetzt. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Entscheidungsvorlage an den Stadtplanungsausschuss am 9. Juni 2016 sind in sich schlüssig und wurden nicht in Frage gestellt.

1.2 Unabhängig davon, dass die erteilte Abweichung damit ins Leere geht, wäre diese rechtlich auch nicht zu beanstanden. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von Anforderungen der BayBO zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Auch diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die für eine solche Abweichung grundsätzlich erforderliche vom Regelfall abweichende Fallgestaltung (Atypik) hält das Gericht vorliegend für gegeben. Diese resultiert insbesondere aus der äußerst beengten städtebaulichen Situation, die von wechselseitigen Verstößen gegen Abstandsflächenvorschriften geprägt ist. So ist auch das nachbarliche Austauschverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen durch die beiderseitig dichte Bebauung gekennzeichnet. Beide haben unter Verzicht auf die Einhaltung von Gebäudeabständen eine enge Wechselbeziehung geschaffen, die jeden von ihnen zugleich begünstigt und belastet.

Überdies wäre die Erteilung einer Abweichung hinsichtlich der Einhaltung der vollen Abstandsflächen mit den nachbarlichen Belangen vorliegend schon deswegen vereinbar, weil auf dem klägerischen Grundstück selbst Gebäude stehen, die die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht einhalten. In solchen Fällen ist der Nachbar nämlich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darin gehindert, die Verletzung dieser nachbarschützender Vorschriften zu rügen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht diesen Vorschriften entspricht und wenn die beiderseitigen Abweichungen etwa gleich gewichtig sind und nicht – gemessen am Schutzzweck der Vorschrift – zu schlechthin untragbaren als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen (vgl. BayVGH, U.v. 4.2.2011 – 1 BV 08.131 – juris Rn. 37). Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandflächenvorschriften annähernd gleich gewichtig sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U.v. 11.2.2003 – 2 B 16.99 – juris Rn. 30). Auch ist für die zu treffende Entscheidung irrelevant, ob die baulichen Anlagen auf dem Grundstück des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden sind. Dies würde den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung nicht entfallen lassen (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2016 – 2 ZB 14.2605 – juris Rn.10), da die Versagung des Abwehranspruchs gerade darauf beruht, dass es unbillig wäre, einen Nachbarn den durch die grenznahen baulichen Anlagen des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die erteilte Abweichung unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Aus den Bauakten wird deutlich, dass der Anteil der vom nördlichen Wohnhaus der Klägerin auf das Baugrundstück entfallenden Abstandsflächen sogar größer ist als die Abstandsflächen, die von dem im Wirtschaftshof vorgesehenen 3-geschossigen Anbau auf das Grundstück der Klägerin fallen. Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass man hier, da die hinzukommenden Erweiterungsbauten sich nicht als selbstständige Gebäude, sondern als Teil des einheitlichen Klinikkomplexes darstellen, nicht lediglich das streitgegenständliche Vorhaben in den Blick nehmen kann (vgl. Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2017, Art. 6 Rn. 15 ff). Jedoch würde auch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung des baulichen Bestands der Beigeladenen zu keinem anderen Ergebnis führen. Von diesen auf dem Grundstück bereits vorhandenen baulichen Anlagen fallen zwar bei Zugrundelegung einer Tiefe von 1 H bereits die Abstandsflächen des jeweils über 20 m hohen und nur knapp über 10 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernten Betten- und Treppenhauses in nicht unerheblichen Umfang auf das Grundstück der Klägerin. Allerdings wären im Rahmen einer Gesamtbetrachtung neben dem nördlich gelegenen Wohnhaus (…) auch die übrigen auf dem klägerischen Grundstück befindlichen baulichen Anlagen mit in die Betrachtung einzubeziehen. Nicht außer Acht bleiben kann daher, dass insbesondere auch ein großer Teil der Abstandsflächen des südlich gelegenen – ca. 17 m hohen und ca. 7 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze entfernten – Wohnhauses (…) nicht auf dem eigenen, sondern auf dem Grundstück der Beigeladenen zum Liegen kommt. Auch wenn die abstandsflächenmäßige Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks durch die Beigeladene flächenmäßig insgesamt etwas größer sein mögen, ist zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen, dass mit der quantitativ am ausgeprägtesten Überschreitung (Bettenhaus und Treppenhaus) zugleich jedoch eine geringere qualitative Beeinträchtigung verbunden ist. Die Abstandsflächen kommen nämlich weitgehend zwischen den beiden klägerischen Gebäuden zum Liegen. Im Hinblick auf die geschützten Belange wie Belichtung, Besonnung und Belüftung sind damit weitgehend geringere Beeinträchtigungen verbunden, als dies der Fall wäre, wenn die Abstandsflächen unmittelbar vor einem anderen Gebäude enden würden. Vor diesem Hintergrund und mit Blick darauf, dass im Wohnhaus … ausweislich der Planunterlagen Bereiche wie Wohnzimmer und auch Balkone nach Westen zu der vom Klinikareal abgewandten Seite hin ausgerichtet sind, wäre die Erteilung der Abweichung für das Vorhaben im Wirtschaftshof auch unter Berücksichtigung der Belastung des klägerischen Grundstücks durch den bestehenden Bestand rechtmäßig. Auch eine unzumutbare Beeinträchtigung geschützter Nachbarbelange wie Belichtung, Belüftung und Besonnung ist nicht ersichtlich. Insbesondere wird im Hinblick auf die Belichtungssituation aus den Bauvorlagen sowie aufgrund der Erkenntnisse des Augenscheins deutlich, dass in Höhe der Fensterbrüstung der Aufenthaltsräume der klägerischen Gebäude jedenfalls ein Lichteinfallswinkel von 45° gewahrt ist, so dass eine ausreichende Belichtung sichergestellt ist (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.10.2014 – 2 ZB 13.530 – juris Rn. 8).

2. Hinsichtlich der im Vorbescheid enthaltenen Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit erscheint allenfalls eine Verletzung der §§ 29 ff. BauGB insbesondere des allgemeinen Rücksichtnahmegebots denkbar, wobei ein derartiger Verstoß hier aber letztlich nicht vorliegt.

Nach gefestigter Rechtsprechung ist das Maß der gebotenen Rücksichtnahme jeweils von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig. Gegeneinander abzuwägen sind Schutzwürdigkeit des Betroffenen, Intensität der Beeinträchtigung, Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist. Feste Regeln lassen sich dabei nicht aufstellen. Erforderlich ist eine Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen (vgl. BVerwG v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris Rn. 7 m.w.N.). Gemessen an diesen Vorgaben stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben weder im Hinblick auf die gerügte erdrückende Wirkung noch hinsichtlich anderer Gesichtspunkte als unzumutbar und damit rücksichtslos dar.

Eine optisch erdrückende Wirkung scheidet bereits mangels einer erheblichen Höhendifferenz zwischen dem Vorhaben der Beigeladenen und den Wohngebäuden der Klägerin aus. Eine erdrückende Wirkung kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung allenfalls in Ausnahmefällen bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BayVGH, B.v. 20.7.2010 – 15 CS 10.1151 – juris Rn. 18). Bejaht wurde eine solche Wirkung beispielsweise bei einem zwölfgeschossigen Gebäude in Entfernung von 15 m zum zweigeschossigen Nachbarwohnhaus (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 33 f.) oder bei einer 11,5 m hohen Siloanlage im Abstand von 6 m zu einem Wohnanwesen (BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 2 und 15). Allein anhand dieser Beispielsfälle wird deutlich, dass es für die Rüge einer erdrückenden Wirkung auf ein krasses Missverhältnis zwischen Höhe und Nähe der jeweils betroffenen Gebäude ankommt. Hier besteht zwischen den Gebäuden kaum eine Höhendifferenz. Zudem liegen die betroffenen Grundstücke wie bereits ausgeführt in einem von dichter und hoher Bebauung geprägten innerstädtischen Bereich, in dem die Belichtung und die Belüftung ohnehin bereits eingeschränkt sind.

Soweit die Klägerin eine riegelartige Bebauung befürchtet, ist ihr zwar einzuräumen, dass in ihrer Nachbarschaft bei Verwirklichung des Vorhabens ein massiver Bau entstehen wird. Dennoch erreicht dieser Bau nicht eine derartige Qualität, dass darin eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gesehen werden könnte. Auch wenn die parallel zu der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu errichteten baulichen Anlagen letztlich eine Länge von ca. 70 m aufweisen werden, wird durch die Baumaßnahmen in der Horizontalen eine starke Gliederung der Gebäude erreicht, die die massive Wirkung der baulichen Anlagen abmildert. So springt beispielsweise der nordwestliche Erweiterungsbau mit seinem obersten Geschoss deutlich gegenüber der Grundstücksgrenze zurück.

Bezogen auf mögliche Immissionen geht die Kammer davon aus, dass der Vorbescheid hierzu keine Feststellungen trifft, da die Bauvorlagen der Beigeladenen insoweit keine (konkreten) Angaben enthalten und soweit ersichtlich diesbezüglich auch keine Prüfung durch die Beklagte stattgefunden hat. Hinsichtlich einer mit dem Vorhaben möglicherweise einhergehenden Lärmbelastung ist das Gericht unabhängig davon aufgrund des im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erstellten gutachterlichen Berichts des Ingenieurbüros für Bauphysik … davon überzeugt, dass durch das geplante Vorhaben die zulässigen Lärmwerte am klägerischen Grundstück bei Weitem eingehalten werden, da die nach diesem Gutachten errechneten Werte nicht etwa im Grenzbereich des noch Zulässigen liegen, sondern mehr als 10 dB(A) unter den für ein allgemeines Wohngebiet zulässigen Immissionsrichtwerten bleiben, so dass keine Auswirkungen für die Klägerin zu erwarten sind, die über das zulässige Maß hinausgehen würden. Nicht zu beanstanden ist, dass der Gutachter unter Berücksichtigung der Vorgaben der Beklagten hier die technische Regel angewandt hat, wonach sich bei einer Unterschreitung der jeweiligen Immissionsrichtwerte um 10 dB(A) rechnerisch keine Erhöhung des Gesamtwertes ergeben kann (vgl. dazu auch Nr. 3.2.1 TA Lärm, wonach ein zusätzlicher Immissionsbeitrag regelmäßig schon nicht relevant ist, wenn die von der Anlage ausgehende Zusatzbelastung die jeweiligen Immissionsrichtwerte am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet). Die Schallimmissionsprognose ist für das Gericht plausibel und nachvollziehbar. Gegen die Objektivität des Berichts kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass es sich hierbei lediglich um ein von der Beigeladenen in Auftrag gegebenes Parteigutachten handele. Es ist gerade Aufgabe des Bauherrn, der Genehmigungsbehörde die zur Beurteilung des Vorhabens notwendigen Unterlagen vorzulegen. Dafür, dass durch das Vorhaben keine (relevante) Erhöhung der Lärmbelastung bewirkt wird, spricht auch, dass das Vorhaben den Angaben der Beigeladenen zufolge nicht einer Kapazitätserweiterung, sondern gerade „nur“ der Strukturverbesserung diene. Nach der Betriebsbeschreibung der Beigeladenen vom 15. Juni 2016 lösen die geplanten strukturellen Verbesserungsmaßnahmen und die Aufstockung der vorhandenen sieben OP-Säle auf neun OP-Säle keinen zusätzlichen Lieferverkehr aus. Auch ist nicht beabsichtigt, die Betten- oder Mitarbeiterzahl in relevanten Umfang aufzustocken. Überdies ist auch keine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin durch Lichteinwirkung anzunehmen, wie dies beispielsweise bei direkt auf das Gebäude der Klägerin gerichteten Strahlern oder Beleuchtungen der Fall sein könnte. Derartige Lichtquellen sind weder vorhanden noch im Rahmen des streitgegenständlichen Vorhabens beabsichtigt. Soweit die Klägerin Belästigungen durch die durch die Fenster wahrnehmbare Rauminnenbeleuchtung befürchtet, obliegt es ihr, sich hiergegen entsprechend zu schützen. Dass die Helligkeit so stark ist, dass ein solcher Schutz nicht gewährleistet werden könne, ist nicht anzunehmen. Im Übrigen ist auch die konkrete Ausstattung mit Medizintechnik und der Standort der Geräte nicht Gegenstand des Vorbescheids, so dass die Beurteilung der Frage, ob von den medizinischen Geräten eine relevante Strahlenbelastung zu Lasten der Klägerin ausgeht, im vorliegenden Verfahren nicht zu erörtern ist.

3. Nach allem ist der streitgegenständliche Vorbescheid vom 9. März 2016 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 14. September 2016 nicht geeignet, die Klägerin in drittschützenden Vorschriften zu verletzen. Die Klage ist mithin unbegründet und war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, die der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen für erstattungsfähig zu erklären, da die Beigeladene sich aufgrund eigener Antragstellung im Verfahren am Prozessrisiko beteiligt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragsteller tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragsteller sind Eigentümer des in die Denkmalliste eingetragenen, um 1900 entstandenen, viergeschossigen und mit einem mit zahlreichen Gauben versehenen Mansarddach gedeckten Mietshauses V.-straße 27 in Augsburg (FlNr. ... der Gemarkung Augsburg). Sie wenden sich gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 29. Januar 2016, die der Beigeladenen den Neubau eines - zum überwiegenden Teil gleichfalls aus vier Geschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss bestehenden - Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem östlich benachbarten, 1.940 m² großen Grundstück FlNr. ... erlaubt.

Die Antragsteller haben am 22. Februar 2016 Klage gegen die Baugenehmigung erhoben (Au 5 K 16.264). Den gleichzeitig gestellten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. Juni 2016 abgelehnt (Au 5 S 16.685). Gegen die am 13. Juni 2016 zugestellte Entscheidung haben die Antragsteller am 25. Juni 2016 Beschwerde eingelegt.

Sie beantragen,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 7. Juni 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Februar 2016 gegen die Baugenehmigung vom 29. Januar 2016 anzuordnen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Antragsgegnerin keine die gesetzlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller verkürzende Entscheidung getroffen habe, verletze die fehlerhafte Anwendung des Privilegs aus Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO ihre subjektivöffentlichen Nachbarrechte. Die Voraussetzungen für die Ausnahme von der Pflicht zur Einhaltung der Abstände nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 BayBO, dass sich einheitlich abweichende Abstandsflächentiefen aus der umgebenden Bebauung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergeben und die ausreichende Belichtung und Belüftung nicht beeinträchtigt wird, lägen nicht vor. Im maßgeblichen Bauquartier seien sowohl die Bauweise als auch die Gebäudehöhen und die tatsächlich vorhandenen Grenzabstände derart unterschiedlich, dass nicht mehr von einer Einheitlichkeit im Sinn der genannten Vorschrift gesprochen werden könne. Bei der genehmigten Situierung des Neubaus seien auch die ausreichende Belichtung und Belüftung des Anwesens der Antragsteller nicht mehr gewährleistet.

Den Antragstellern könne aufgrund besonderer Umstände auch nicht entgegengehalten werden, dass ihr eigenes Gebäude die Abstandsflächen zum Grundstück der Beigeladenen nicht einhalte. Ihr Denkmal präge spätestens seit 1900 in seiner heutigen Gestalt das Ensemble F.- und V.-straße. Seit 1911 laste auf dem Baugrundstück eine Baubeschränkung zugunsten der Stadt Augsburg.

In denkmalrechtlicher Hinsicht verneine das Erstgericht zu Unrecht eine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Einzelbaudenkmals der Antragsteller. In der Baugenehmigung seien namentlich die Empfehlungen des Baukunstbeirats der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt worden. Zusätzlich entstelle der Neubau das bisher nach den Maßstäben der Neurenaissance, des Neubarock und des Jugendstils geformte Gesicht des Ensembles. Das Verwaltungsgericht habe sich auch nicht mit dem Argument des Ermessensfehlers auseinandergesetzt; die Antragsgegnerin habe nicht erkannt, dass sie nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG eine Ermessensentscheidung über die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis zu treffen hatte.

Das Vorhaben sei auch rücksichtslos. Der Gebäuderiegel mit fünf Vollgeschossen auf 34 m Länge in einem Abstand von 4,85 m zu Nachbargrenze begründe eine erdrückende Wirkung. Die Lage der einzigen Zufahrt zu 31 geplanten Tiefgaragenstellplätzen direkt an der Westgrenze des Baugrundstücks werde unzumutbaren Verkehrslärm nach sich ziehen.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen der Beigeladenen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladene beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen und den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.

In dem allein maßgeblichen Bereich, der aus den Grundstücken FlNr. ..., ..., ... und ... bestehe, existiere eine hinreichend homogene Bebauung, die die Anwendung des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO rechtfertige. Durch den Verzicht auf die Einhaltung von Gebäudeabständen sei für die im fraglichen Bereich liegenden Grundstücke eine Wechselbeziehung entstanden, die die Betroffenen zugleich begünstige und belaste; das müsse auch für den Gesichtspunkt ausreichender Belichtung und Besonnung gelten. Die Berufung auf eine ausreichende Besonnung und Belichtung sei rechtsmissbräuchlich; die Antragsteller hätten die historisch bedingte Situation im Jahr 2014 durch den Anbau von Balkonen auf der Ostseite ihres Gebäudes, die bis auf knapp 2 m an die Grenze heranreichten, noch verschärft. Zur Einhaltung der erforderlichen Abstandsflächen fehlten auf dem eigenen Grundstück der Antragsteller rund 440 m²; beim streitigen Vorhaben liege der Fehlbetrag demgegenüber nur bei ca. 337 m². Abgesehen davon, dass die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet privater Rechte Dritter ergehe, liege eine Löschungsbewilligung der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2016 für die Baubeschränkung aus dem Jahr 1911 vor.

Die Vorschläge des zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts und seiner Beeinträchtigung berufenen Landesamts für Denkmalpflege habe die Beigeladene in die am 7. August und 18. September 2015 eingereichten Unterlagen vollständig eingearbeitet. Das Verwaltungsgericht habe zu Recht angenommen, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Denkmals der Antragsteller vorliege, die schutzwürdige Westfassade bleibe uneingeschränkt sichtbar, die Ostfassade sei jedenfalls durch den Anbau der Balkone in ihrem Wert erheblich reduziert und nicht mehr schutzwürdig. Ebenso wenig beeinträchtige das Vorhaben das Ensemble. Die Sichtachsen an der Kreuzung F.-/V.-straße blieben unverändert erhalten. Im Bescheid habe sich die Antragsgegnerin mit den von den Antragstellern vorgetragenen denkmalrechtlichen Belangen auseinandergesetzt und sei nach der Übernahme der fachlichen Vorschläge des Landesamts für Denkmalpflege zutreffend zu dem konkludenten Schluss gekommen, dass es keiner Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis bedürfe.

Von dem nur im Süden im First 17 m hohen, nach Norden jedoch auf 11,75 m und 8,50 m abgestuften Vorhaben gingen keine erdrückenden oder gar einmauernden Wirkungen zulasten des Antragstellergrundstücks aus. Die Antragsteller könnten nicht beanspruchen, dass zur Reparatur der von ihnen selbst verursachten Lage auf dem Nachbargrundstück die volle Abstandsflächentiefe von 1 H eingehalten wird.

Die Zufahrt zur Tiefgarage sei straßennah geplant, die Rampe werde eingehaust. Die Lärmentwicklung werde dadurch auf ein sozialadäquates Maß reduziert.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die Bauakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.Die zulässige Beschwerde führt nicht zur Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den Eilantrag gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat. Dem nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen Beschwerdevorbringen ist bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht zu entnehmen, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 29. Januar 2016 gegen im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende nachbarschützende Vorschriften verstößt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die gegen die Baugenehmigung anhängige Klage bleibt voraussichtlich ohne Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Antragsteller durch die Baugenehmigung nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 BayBO in ihren Rechten verletzt sind.

1.1 Der am 7. August 2015 bei der Antragsgegnerin eingegangene Bauantrag hat ein Vorhaben der Gebäudeklasse 5 (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BayBO) sowie eine Mittelgarage (§ 1 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 GaStellV) zum Gegenstand, weshalb es gemäß Art. 59 BayBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen und zu verbescheiden war (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO). Da die Beigeladene zusammen mit dem Bauantrag - neben zwei weiteren auf der Ost- bzw. Südseite des Vorhabens - auch einen Antrag auf Abweichung (Art. 63 Abs. 1 BayBO) von den nach Westen anfallenden Abstandsflächen gestellt hatte, war dieser Punkt nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO ebenfalls Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung.

Der Bescheid vom 29. Januar 2016 führt (unter der Überschrift „Gründe II. Abweichungen A. Bauordnungsrecht 3.“) dazu auszugsweise wörtlich aus:

„Bei der westlichen und östlichen Grundstücksgrenze fallen keine Abstandsflächen im Sinne von Art. 6 (5) Satz 1 und 2 BayBO an, wenn sich gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO aus der umgebenden Bebauung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einheitlich abweichende Abstandsflächentiefen ergeben.

In dem gesamten Areal des B.-viertels werden seitliche Abstandsflächentiefen in der Regel nicht auf dem eigenen Flurstück eingehalten. So verhält es sich auch in der unmittelbaren Nachbarschaft des antragsgegenständischen Grundstücks. Sowohl auf den Grundstücken FlNr. ..., ..., ... sowie ... werden die Abstandsflächentiefen unterschritten.

Zum Grundstück FlNr. ... und FlNr. ... ergibt sich ein Austauschverhältnis gegenseitig reduzierter bzw. sich überlagernder Abstandsflächen:

Die Abstandsflächen des beantragten Mehrfamilienwohnhauses würden zu der westlichen Grundstücksgrenze (Grundstück FlNr. ...) zudem auf eine kleinere Fläche des westlichen Nachbargrundstücks (336,87 m²) fallen als die Abstandsfläche der westlichen Bebauung auf das Baugrundstück (440,32 m²). Somit ist keine Abweichung zu der westlichen Grundstücksgrenze erforderlich. Das Gebot der Rücksichtnahme ist nicht verletzt.“

Zur Klarstellung ist zu ergänzen, dass das Grundstück FlNr. ... im Osten an das Baugrundstück anschließt, dessen Eigentümerin die Bauvorlagen unterschrieben hatte. Auch hier hielt die Antragsgegnerin aufgrund einer Vergleichsbetrachtung (183,90 m² theoretische Überschreitung durch das Vorhaben gegenüber 154,25 m² fiktiver Überschreitung durch die Nachbarbebauung) eine Abweichung für unnötig.

1.2 Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Antragsteller durch die Baugenehmigung schon deswegen nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt würden, weil in der Baugenehmigung keine die gesetzlichen Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller verkürzende Entscheidung getroffen worden sei (BA Seite 11 Rn. 31). Diese Ansicht teilt der Senat nicht.

Die - soweit ersichtlich, nur noch in Bayern - außerhalb von Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten einzuhaltende gesetzliche Regelabstandsfläche beträgt 1 H, mindestens 3 m (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO). Bejaht die Bauaufsichtsbehörde die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO, weil in der maßgeblichen Umgebung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einheitlich abweichende, geringere als die Regelabstandsflächentiefen vorhanden seien, entscheidet sie damit zugleich, dass dieser - gesetzliche - Abweichungstatbestand vorliegt. Die erteilte Baugenehmigung erlaubt die Errichtung eines Gebäudes mit verkürzten Abstandsflächen auf der den Antragstellern zugewandten Seite. Insoweit kommt eine Verletzung ihrer Rechte in Frage. Es gibt keinen Grund dafür, weshalb die betroffenen Nachbarn die Richtigkeit dieser Entscheidung nicht zur verwaltungsgerichtlichen Überprüfung stellen können sollten.

Aus den von der Beigeladenen als Stütze für die gegenteilige Auffassung herangezogenen Entscheidungen (BayVGH, B. v. 28.9.2010 - 2 CS 10.1760 - BayVBl 2011, 147 = juris Rn. 16 bis 23; U. v. 29.10.2015 - 2 B 15.1431 - BayVBl 2016, 414 = juris Rn. 33 bis 39) lässt sich für den vorliegenden Fall nichts ableiten. Im erstgenannten Fall geht aus den Entscheidungsgründen nicht hervor, ob eine Abweichung hinsichtlich der Abstandsflächen zum Grundstück des Antragstellers beantragt worden war (vgl. a. a. O. Rn. 16 und 17). Es wird lediglich festgestellt, dass insoweit keine Abweichung erteilt wurde und die streitige Zustimmungserklärung (Art. 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 Halbs. 1 BayBO) Erläuterungen darüber enthalte, weshalb keine Abweichung hinsichtlich des Antragstellers nötig gewesen sei. Die erteilten Abweichungen hätten (nur) die Einhaltung von Abstandsflächen zur südöstlichen Grundstücksgrenze und nicht das Grundstück des Antragstellers betroffen. Daraus lässt sich - anders als im vorliegenden Fall - nicht entnehmen, ob jene Bauerlaubnis davon ausgegangen ist, dass auf der Seite zum Antragsteller die vollen Abstandsflächen eingehalten waren oder dies aus anderen, aber nicht mitgeteilten Gründen nicht erforderlich schien. Abgesehen davon dürfte kaum zweifelhaft sein, dass eine ohne Antrag erfolgte Abweichung von der Einhaltung der gesetzlichen Regel-Abstandsflächen schon alleine kraft ihres Regelungsgehalts für den jeweils betroffenen Nachbarn anfechtbar ist. Das an zweiter Stelle zitierte Urteil geht davon aus, dass nur ausdrücklich beantragte Abweichungen zum Prüfumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO zählen. Unterlasse der Bauherr in Richtung auf einen bestimmten Nachbarn die Antragstellung, selbst wenn dies objektiv geboten wäre, und erteile die Bauaufsichtsbehörde auch nur die beantragten Abweichungen, folge daraus keine Verletzung der Rechte des nicht von diesen Abweichungen betroffenen Nachbarn. In dem hier zu entscheidenden Fall wurde jedoch auch eine Abweichung hinsichtlich des Grundstücks der Antragsteller („nach Westen“) beantragt und mit der Genehmigung eine Verkürzung der gesetzlichen Regelabstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO) in diese Richtung für zulässig erklärt, weil ein Ausnahmetatbestand (Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO) gegeben sei. Die Baugenehmigung beschränkt sich damit nicht auf die Aussage, es sei keine Abweichung erforderlich (vgl. den erstgenannten Beschluss), sondern trifft zugleich eine positive Aussage zum Vorliegen eines abstandsflächenverkürzenden Ausnahmetatbestands.

1.3 Die Überprüfung des Art. 6 BayBO ergibt, dass Abstandsflächenvorschriften zulasten der Antragssteller nicht verletzt sind.

Dabei muss die sich aus dem Vorstehenden ergebende Frage, ob die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO vorliegen, ob also in der Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB tatsächlich einheitlich von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO abweichende, geringere Abstandsflächentiefen vorhanden sind, anlässlich dieser Eilentscheidung nicht geklärt werden (dazu 1.3.3). Denn jedenfalls liegen in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO vor (dazu 1.3.1). Die Abweichungsentscheidung kann bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung nachgeholt werden, weshalb die Interessenabwägung über die Vollziehbarkeit der noch nicht rechtskräftigen Baugenehmigung zugunsten der Beigeladenen ausfällt (dazu 1.3.2).

1.3.1 Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind gegeben.

Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes zulassen, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlichrechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 BayBO vereinbar sind. Da bei den Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO dem Schutzzweck der Norm nicht auf andere Weise entsprochen werden kann, muss es im Einzelfall besondere Gründe geben, die es rechtfertigen, dass die Anforderung zwar berücksichtigt, ihrem Zweck aber nur unvollkommen entsprochen wird. Es müssen rechtlich erhebliche Umstände vorliegen, die das Vorhaben als einen atypischen Fall erscheinen lassen und die dadurch eine Abweichung rechtfertigen können (König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 12 m. w. N.).

Die Besonderheiten dieses Falles, die eine Abweichung von der Einhaltung der Regelabstandsflächen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller rechtfertigen, ergeben sich zunächst aus der Lage der betroffenen Grundstücke in einem seit über einem Jahrhundert dicht bebauten großstädtischen Innenstadtquartier („Beethovenviertel“). In diesem halten - wenn überhaupt - nur verschwindend wenige Gebäude die nach heutigen Maßstäben erforderlichen Abstände zu den jeweiligen Grundstückgrenzen ein (vgl. BayVGH, B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 23). Hinzu kommt, dass das Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller die Abstandsflächen zum Baugrundstück selbst nicht einhält. In dieser Situation können die Antragsteller billigerweise nicht verlangen, dass die Beigeladene auf dem Baugrundstück entsprechende Flächen freihält (vgl. BayVGH, B. v. 11.11.2014 - 15 B 12.2672 - NVwZ-RR 2015, 247 = juris Rn. 37 m. w. N.; VG München, B. v. 11.6.2015 - M 8 SN 15.1421 - juris Rn. 34 ff.: eine dennoch erhobene Rüge gegenüber einer „gleichgewichtigen“ Abweichung für das Neubauvorhaben verstieße gegen Treu und Glauben).

Die in den genehmigten Bauvorlagen (Pläne A-001 bis A-015, Zeichnungen vom 3.8. bzw. 3.12.2015) enthaltenen Angaben zugrunde gelegt, hält das rund 34 m lange und einschließlich des Dachs mit einer Neigung von etwa 80 Grad insgesamt knapp 18,60 m hohe Gebäude auf dem Grundstück der Antragsteller (FlNr. ...) auf seiner gesamten Länge im Osten nur einen Abstand von 3.91 m von der Grenze ein; das entspricht rund 0,21 H. Im Band 2/2 der nicht nummerierten Bauakten ist die Kopie einer Ansichtszeichnung der Ostwand des Baudenkmals abgeheftet, auf der unter anderem die (damals noch) geplanten Balkone dargestellt werden; auf der rechten Seite werden für die Gesamthöhe des Hauses 18,93 m angegeben. Das sich auf dieser Basis für H abzuleitende Ergebnis unterscheidet sich nur unwesentlich (auf der zweiten und dritten Stelle nach dem Komma: 0,207) von dem oben ermittelten Wert, darauf kommt es hier nicht an.

Auf dem Baugrundstück (FlNr. ...) stehen für die gegenüberliegenden Teile des insgesamt 33,20 m langen Neubauvorhabens Abstände im südlichen, 25,065 m langen und mit einem um 60 Grad geneigten Mansard-Dach versehenen ersten Teil 4,85 m zur Verfügung. Unter der vereinfachenden Annahme, dass das „Urgelände“ einheitlich 490,00 müNN gelegen ist, errechnet sich das Maß H (vgl. Art. 6 Abs. 4 BayBO) mit 17,19 m. Die drei nach Norden folgenden, insgesamt 8,135 m langen, flach gedeckten Abstufungen des Gebäudes sind gegenüber dem Südteil um zwischen vier bzw. einem Meter zurückgesetzt, die Grenzabstände betragen hier zwischen 8,85 m und 5,85 m.

Im Übrigen fällt bei einer Durchsicht der insgesamt 15 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärten Bauzeichnungen auf, dass für die erste nach Norden anschließende Stufe auf dem Plan A-008 (2. Tektur vom 3.12.2015, Dachgeschoss, M 1:100) im fraglichen Bereich nur ein 2,135 m tiefes und 5,98 m breites Dach dargestellt wird. Dieser Bauteil ist - wie oben schon angesprochen - 8,85 m von der Westgrenze des Baugrundstücks entfernt. In dem Plan A-013 (1. Tektur vom 3.8.2015, Nachbarbeteiligung, Grundrisse TG - DG, M 1:200) ist an dieser Stelle jedoch eine Dachterrasse enthalten. Diese findet sich einschließlich eines rund 1 m hohen Geländers auch auf den Ansichten Nord, West und Ost des Plans A-014, (1. Tektur vom 3.8.2015, Nachbarbeteiligung, Ansichten - Schnitte - Außenanlage, M 1:200) wieder. Auf den Plänen A-011 und A-012 (je 2. Tektur vom 3.12.2015, M 1.100, Ansicht Nord- und Ostseite bzw. Ansicht Westseite) fehlen die vorbeschriebenen Eintragungen. Der Plan A-015 (1. Tektur vom 3.8.2015, Barrierefreiheit der Wohnungen je Geschoss, M 1:200) zeigt demgegenüber im Dachgeschoss jene Terrasse in der Draufsicht. Eine Klarstellung, dass insoweit nur die 2. Tektur verwirklicht werden soll, fehlt bislang.

Aus den erwähnten Unterlagen errechnen sich für die Westseite des Bauvorhabens von Süd nach Nord entlang des rund 25,06 m langen Gebäudeteils 0,28 H. Da die genehmigten Pläne nach dem gegenwärtigen Stand auf der Dachgeschossebene auch die Anlage einer Dachterrasse auf dem nach Norden folgenden, 2,135 m langen ersten Teilstück der Abtreppungen erlauben, und das obere Ende dieses versetzten Wandteils auf der Höhe des oberen Abschlusses des Geländers anzusetzen wäre, würde das Maß dort H 15,90 m betragen (bei einem Fußpunkt von 490 müNN, vgl. oben). Auf dem Baugrundstück würden angesichts der Distanz von 8,85 m bis zur Grenze damit rund 0,56 H eingehalten. In die endgültige Berechnung, welchen Teil der vollen Abstandsflächen das Bauvorhaben hier auf dem eigenen Grundstück einhält, geht dieses Zwischenergebnis allerdings nicht ein. Denn für die im 2. Obergeschoss liegende, 5,13 m lange Terrasse fällt die Rechnung wegen der dort nur 5,85 m betragenden Entfernung zur Grenze ungünstiger aus. Der Quotient beträgt hier 0,46 H (H = 12,75 m, Fußpunkt wie zuvor). Auf dem letzten, 3,00 m langen Teilstück werden 0,62 H (H = 9,50 m) erreicht.

Nur am Rand sei bemerkt, dass der mit Genehmigungsstempel vom 29. Januar 2016 versehene Abstandsflächenplan (Bauvorlage A-001 vom 3.12.2015, 2. Tektur vom 3.12.2015, M 1:200) im Bereich der höchsten, 2,13 m langen Abstufung (ohne Terrasse in der 4. Obergeschossebene, H demnach 14,90 m) irrigerweise davon ausgeht, dass dieser Bauteil im fraglichen Bereich der für die Darstellung der tatsächlich benötigten Abstandsflächen maßgebende wäre. Wegen der um drei Meter geringeren Entfernung zur Grundstückgrenze fehlen allerdings für die Terrasse im 2. Obergeschoss 6,90 m bis zu den vollen Abstandsflächen auf dem Baugrundstück; beim Flachdach im 3. Obergeschoss sind das nur 6,05 m (14,90 m abzüglich 8,85 m). Auch diese Ungenauigkeit in den genehmigten Plänen hat auf den Vergleich, in welchem Umfang die Abstandsflächen vom Bestand auf dem Grundstück der Antragsteller einerseits und vom Vorhaben andererseits unterschritten werden, keinen Einfluss. Dabei geht es nur um eine pauschalierende und nicht um eine zentimetergenaue Gegenüberstellung.

Unabhängig von dem in der Begründung zur Baugenehmigung wiedergegebenen, aus der genehmigten Bauvorlage A-001 im Maßstab 1:200 übernommenen Vergleich von Flächen („Abstandsfläche der FlNr. ... auf FlNr. ...: 440,32 m²“ und „Fläche über FlNr. ...: 336,87 m²“) folgt jedoch auch aus der hier angestellten, vom gesetzlich definierten Maß H gemäß Art. 6 Abs. 4 BayBO) ausgehenden Betrachtung, dass das mit der Baugenehmigung zugelassene Heranrücken des streitigen Vorhabens im Grenzbereich zum Grundstück der Antragsteller unter dem Blickwinkel wechselseitig unterschrittener Abstandsflächen grundsätzlich vertretbar ist.

Gemessen am Schutzzweck der Abstandsvorschriften führen die beiderseitigen Abweichungen nicht zu schlechthin untragbaren Verhältnissen (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO, vgl. BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Ls und Rn. 45 bis 47). In dem von der F.-, der V.-, der M...- und der S.-straße begrenzten Geviert waren beispielweise der (niedrigere) Altbestand auf dem Baugrundstück und das Haus der Antragsteller und sind die Häuser M.-straße 5 ½ und 7 (jeweils drei- bis viergeschossig mit Mansarddächern bzw. verschiedenen Dachaufbauten) ebenfalls nur rund 8 m voneinander entfernt. Vergleichbares findet sich auf der dem Vorhaben gegenüberliegenden Seite der F.-straße jeweils zwischen den Gebäuden mit den Hausnummern 1, 3, 5/7 und 9 sowie V.-straße 29 (je mindestens dreigeschossiger älterer Baubestand mit variierenden Dachformen samt unterschiedlichen Neigungen). Nach den in den Akten enthaltenen Lageplänen betragen die Gebäudeabstände dort zwischen 5,50 m und rund 8 m. Dass bei diesen Größen- und Lageverhältnissen in den jeweils gegenüberliegenden unteren Geschossen der durch die Abstandsvorschriften grundsätzlich angestrebte Standard für die Belichtung bei Tag verfehlt wird, führt für sich gesehen nicht zu schlechthin untragbaren Verhältnissen.

Soweit sich in den südöstlichen Bereichen der beiden unteren Geschosse des Hauses der Antragsteller Lichteinfallswinkel ergeben, die von 45 Grad zur Waagerechten abweichen (vgl. zu dieser Anforderung Art. 6 Abs. 2 Satz 3, Abs. 7 BayBO in der bis 31.8.1982 geltenden Fassung), ist dies überwiegend auf die hier bis nahe an die Ostgrenze erfolgte bauliche Ausnutzung ihres Grundstücks und - wie zuvor dargestellt - nur in deutlich geringerem Maß auf das streitige Vorhaben zurückzuführen.

Angesichts eines Gebäudeabstands von mindestens 8,76 m im südlichen und 9,76 m im nördlichen Teil kann hier aber auch nicht von als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen gesprochen werden. Ein ähnlich nahes Aneinanderrücken benachbarter Häuser ist im näheren und weiteren Umgriff des Vorhabens häufig anzutreffen. Diese verbreitete bauliche Situation verleiht dem überwiegend historisch bebauten „Beethovenviertel“ - neben anderem - seine typische Prägung.

1.3.2 Die Abweichungsentscheidung ist bis zur Entscheidung in der Hauptsache nachholbar.

Die festgestellte „Nachbesserungsbedürftigkeit“ der Baugenehmigung wirkt sich im Rahmen der im Eilverfahren zu treffenden Interessenabwägung nicht zugunsten der Antragsteller aus. Durch eine entsprechende Ergänzung im Tenor der Baugenehmigung und der sachdienlichen Anpassung der erforderlichen Begründung (vgl. Art. 68 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BayBO) kann die aus der Sicht des Senats fehlende Abweichung ohne weiteres kurzfristig nachgeholt werden (vgl. BayVGH, B. v. 30.9.1993 - 26 CS 93.1646 - n. v: Ergänzung um zeitliche Nutzungsbeschränkungen; B. v. 17.6.1994 - 20 CS 94.1555 - BayVBl 1995, 246 = juris Ls und Rn. 15 f.: entweder tatsächliche Verkürzung von Balkonen oder Zulassung einer Abweichung hierfür nach Art. 77 Abs. 1 BayBO 1994; B. v. 24.10.2000 - 26 ZS 99.3637 - juris Rn. 14 und 23: durch nachträgliche Lärmschutzauflagen kann ein in Betracht kommender Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ausgeräumt werden; B. v. 8.8.2001 - 2 ZS 01.1331 - juris Rn. 8: nachträgliche Tektur der Umwehrung einer Dachterrasse; B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 21: Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO hinsichtlich der Abstandsflächen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens).

In der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids sind bereits wesentliche Teile der unter 1.2.1 erörterten rechtlichen Gesichtspunkte enthalten (so auf den Seiten 3 und 7: Nichteinhaltung der Abstandsflächen im Umgriff des Vorhabens, auch auf dem Antragstellergrundstück; Vergleich der wechselseitigen Unterschreitungen). Im Grunde genommen hat sich der Bescheid mit den diesbezüglichen Einwänden der Antragsteller auch schon „abwägend“ befasst. Rechtsirrig ist allerdings die Annahme, bei sich „wechselseitig überlagernden Abstandsflächen“ sei „somit keine Abweichung zu der westlichen Grundstücksgrenze erforderlich“.

1.3.3 Die Frage, ob in der Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB tatsächlich einheitlich von Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO abweichende, geringere Abstandsflächentiefen vorhanden sind, kann offen bleiben.

Die hier erwogene Lösung der abstandsrechtlichen Fragen verdient schon wegen der Vermeidung eines anderenfalls nötigen gerichtlichen Augenscheins zur Feststellung, ob „sich einheitlich abweichende Abstandsflächentiefen aus der umgebenden Bebauung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ergeben“, den Vorzug. Der in Reaktion auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U. v. 22.11.2006 - 25 B 05.1714 - VGHE 60, 32 = juris Ls und Rn. 13 bis 16: die Voraussetzung eines Baus „an der Grundstücksgrenze“ ist bei einem Abstand von 35 bis 60 cm nicht gegeben) mit Wirkung vom 1. August 2009 in Art. 6 Abs. 5 BayBO eingefügte Satz 4 soll die notwendige Harmonisierung der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Maßstäbe bewirken [vgl. LT-Drs. 16/375 Seite 11 Zu Nr. 5 a)]. Unzuträgliche Verhältnisse könnten schon deshalb nicht entstehen, weil § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauGB die Zulässigkeit auch von sich in die Umgebung einfügenden Vorhaben ausschließe, wenn die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht gewahrt bleiben.

Wegen des mit der Feststellung „einheitlich abweichender Abstandsflächentiefen“ zwangsläufig verbundenen Aufwands und der schwierigen Abgrenzung zu nicht ausreichender „diffuser Bebauung“ (LT-Drs. 16/375 S. 11) bleibt der Anwendungsbereich der Vorschrift begrenzt. In der Mehrzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen wird die Anwendbarkeit der Vorschrift verneint oder offen gelassen (vgl. neben zahlreichen weiteren Erkenntnissen z. B. BayVGH, B. v. 30.6.2011 - 2 CS 11.824 - juris Rn. 6 bis 8; B. v. 4.8.2011 - 2 CS 11.997 - juris Rn. 15 bis 20; B. v. 3.4.2014 - 1 ZB 13.2536 - BayVBl 2014, 634 = juris Rn. 12). Soweit ersichtlich wurden insoweit nur zwei Streitfälle auf der Grundlage dieser Vorschrift entschieden (BayVGH, U. v. 7.3.2013 - 2 BV 11.882 - BayVBl 2013, 634 = juris Ls und Rn. 26 bis 30: Pavillonabstände in der Landeshauptstadt München; VG Augsburg, U. v. 30.7.2015 - 5 K 14.1340 - juris Rn. 52 bis 54).

Im vorliegenden Fall reicht der Akteninhalt nicht aus, um ausreichend sicher beurteilen zu können, ob die vom Gesetz verlangte Einheitlichkeit abweichender Abstandsflächentiefen in der maßgeblichen Umgebung existiert. Die in der Beschwerdebegründung detailliert geäußerten Zweifel sind jedenfalls nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen.

2. Aus der im Grundbuch für das Baugrundstück zugunsten der Stadt Augsburg eingetragenen Baubeschränkung können die Antragsteller kein Abwehrrecht herleiten. Ein schlüssiger Vortrag dafür, inwiefern die im Jahr 1911 bestellte Dienstbarkeit Nachbarschutz vermitteln sollte, fehlt. Die darin enthaltenen Höhenbeschränkungen können - ohne ein Gegenseitigkeitsverhältnis der betroffenen Grundeigentümer zu begründen - auch aus rein städtebaulichen Gründen entworfen und dinglich gesichert worden sein. Ferner handelt es sich bei dieser Ausgestaltung um private Rechte Dritter, die anlässlich der Erteilung einer Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO „unbeschadet“ bleiben. Am 20. Juni 2016 hat die Berechtigte im Übrigen die Löschung der Baubeschränkung bewilligt.

3. Den von den Antragstellern geltend gemachten denkmalrechtlichen Abwehranspruch (Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG, grundlegend dazu BayVGH, U. v. 24.1.2013 - 2 BV 11.1631 - VGHE 66, 5 = juris Ls und Rn. 21 f.; B. v. 10.6.2014 - 15 CS 14.692 - juris 15: das Abwehrrecht des Denkmaleigentümers geht nicht über den Rahmen dessen hinaus, was Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Mindestschutz verlangt), hat das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Erwägungen als nicht gegeben angesehen. Hierauf wird Bezug genommen.

Von einer, wie die Beschwerde meint, „Verdrängung“ und „Übertönung“ des Baudenkmals durch das Vorhaben oder einer „Entstellung des Gesichts“ des Ensembles V.-/F.-straße durch dessen Hinzutreten kann auch nach Auffassung des Senats nicht die Rede sein. Der Neubau ist weder höher noch in seinen nach Westen bzw. zur Straße hin weisenden Teilfronten länger als das vorhandene Baudenkmal. Die Beigeladene weist in ihrer Erwiderung auf die Beschwerde zu Recht darauf hin, dass die äußere Erscheinung des Vorhabens im Rahmen zweier Tekturen an die Vorschläge des Landesamts für Denkmalpflege angepasst wurde und die Straßenfassaden des Eckhauses der Antragsteller keine Beeinträchtigung erfahren. Angesichts der Heterogenität der Stellung der Baukörper im Quartier und der dabei schon bisher erreichten Bautiefen durften die Antragsteller nicht davon ausgehen, dass ein Neubau auf dem Baugrundstück nur unmittelbar entlang der F.-straße errichtet wird. Insbesondere die erst kürzlich auf der zum Baugrundstück weisenden Rückseite des Denkmals angebauten sechs deutlich auskragenden Balkone bilden mit ihren dunklen, geschlossen wirkenden Stirnbrüstungen optisch eher Fremdkörper in der bisher einheitlichen, in hellen Farbtönen gehaltenen Fassade. Es ist plausibel, wenn die Beigeladene deshalb auf dieser Seite von einer geminderten Schutzwürdigkeit des Baudenkmals ausgeht.

4. Das sich in die maßgebliche nähere Umgebung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügende Vorhaben ist nicht rücksichtslos.

Das Verwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen das im Einfügungserfordernis des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme (grundlegend BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1.78 - DVBl 1981, 928 = juris Ls 2 und Rn. 32, 35) wegen der hier annähernd identischen Höhe und Geschossanzahl des Bauvorhabens und des Gebäudes der Antragsteller unter anderem mit der Erwägung verneint, eine erdrückende oder Riegelwirkung könne nicht angenommen werden (BA Seite 16, Rn. 45). Damit nimmt das Verwaltungsgericht auf eine in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vertretene Ansicht Bezug (vgl. B. v.11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5); in jenem Fall waren allerdings die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften offensichtlich eingehalten (a. a. O. Rn. 6).

Die Verweise auf die Länge des Vorhabens von 34 m und den Abstand von 4,85 m zur Grenze bei fünf Vollgeschossen verhelfen der Beschwerde dennoch nicht zum Erfolg. Denn neben dem eben genannten Argument hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme jedenfalls im Ergebnis zutreffend auch auf die bebauungsrechtliche Prägung und die damit verbundenen tatsächlichen Vorbelastungen abgestellt (vgl. BA Seite 13 Rn. 38).

Bei Wohnbauvorhaben ist eine Verletzung des in § 34 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen, wenn sich das Vorhaben nach seiner Art oder seinem Maß der baulichen Nutzung, nach seiner Bauweise oder nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - BayVBl 1999, 568 = juris Ls 2 und Rn. 6, zweigeschossiges Sechsfamilienhaus neben Flachdachbungalow). Ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, hängt nicht davon ab, ob die landesrechtlichen Abstandsflächen eingehalten sind (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 - a. a. O. Ls 1 und Rn. 3).

Das Verwaltungsgericht hat die danach allein nach den in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB enthaltenen bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten - Art und Maß der Nutzung, Bauweise und überbaubare Grundstücksfläche - vorzunehmende Beurteilung zwar unter dem Blickwinkel der Prüfung einheitlich abweichender Abstandsflächen (Art. 6 Abs. 5 Satz 4 BayBO) vorgenommen (vgl. BA Seiten 13 bis 16, Rn. 39 bis 43). In der Bebauung in der Umgebung hat die Kammer „eine städtebauliche Systematik im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB“ erkannt, „die eine Unterschreitung der nach Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO geforderten Tiefe der Abstandsflächen zulässt“ (a. a. O. Rn. 43). Gegen die darin zugleich enthaltene Feststellung, dass das Planungsrecht der genehmigten grenznahen Bebauung nicht entgegensteht, erhebt die Beschwerde weder ausdrücklich noch inzident Einwände. Letztere beschränken sich auf die Infragestellung „einheitlich abweichender Abstandsflächen“ mangels „hinreichend homogener Bebauung“. Wie unter 3. schon angesprochen, wird auch die Bebauungstiefe des Vorhabens innerhalb des Gevierts, in dem es verwirklicht werden soll, auf im Osten benachbarten Grundstücken deutlich überschritten. Eine vergleichbar grenznahe Bebauung „in die Tiefe“ des Gevierts zeichnet gerade die Rückseite des Anwesens der Antragsteller vor. Das genehmigte Wohngebäude fügt sich damit nach allen in Betracht kommenden Kriterien in seine Umgebung ein. Dass durch die Errichtung des Vorhabens die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BauGB) auf dem Grundstück der Antragsteller in Frage gestellt würden, hat keiner der am Rechtstreit Beteiligten behauptet. Die mit dem streitigen Vorhaben verbundenen Einschränkungen bei der Belichtung der nach Osten ausgerichteten Untergeschossbereiche sind von den Antragstellern hinzunehmen. Für die Annahme einer Rücksichtslosigkeit bleibt danach kein Raum.

5. Die Benutzung der Zufahrt zur Tiefgarage, die unmittelbar an der beiderseitigen Grundstücksgrenze beginnt, lässt keine unzumutbaren Beeinträchtigungen für das Grundstück der Antragsteller erwarten. Nach einem an die öffentlichen Verkehrsflächen - hier den nördlichen Fußweg entlang der F.-straße - anschließenden Stauraum von 5 m Länge beginnt eine vollständige, in das Baugrundstück führende Einhausung der Ein- und Ausfahrtsrampe. Bereits bevor die Nutzer der Tiefgarage mit ihren Fahrzeugen auf die Höhe des südöstlichen Ecks der Bebauung auf dem Grundstück der Antragsteller gelangen, befinden sie sich innerhalb eines baulich geschlossen Bereichs. Vergleichbares gilt beim Verlassen der Anlage; lediglich in dem kurzen Teilstück des Stauraums unmittelbar an der Straße können sich Fahrgeräusche ungehindert in Richtung Westen zum Grundstück der Antragsteller ausbreiten. Inwiefern es unter diesen Umständen zu unzumutbarem Verkehrslärm, einem „Schalltrichtereffekt“ soll kommen können, ist nicht ersichtlich. Zwischen den gegenüberliegenden Hauswänden findet kein oberirdischer Fahrverkehr statt.

6. Kosten: § 154 Abs. 2, Abs. 3 Halbs. 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Streitwert: § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 57 ff.) - wie Verwaltungsgericht.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.