Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 25. Juli 2018 - Au 4 K 18.495

bei uns veröffentlicht am25.07.2018

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Standortgemeinde gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine Werbeanlage.

Mit Datum 3. Februar 2017 beantragte die Beigeladene beim Landratsamt ... die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer City Star-Werbeanlage auf Monofuß auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung ... (...). Für das Grundstück besteht kein Bebauungsplan.

Am 21. Februar 2017 verweigerte der Bau- und Umweltausschuss der Klägerin die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens. Durch die Vielzahl der in diesem Bereich beantragten oder genehmigten Werbeanlagen werde das Ortsbild erheblich beeinträchtigt.

Im weiteren Verlauf monierte die Beigeladene, insbesondere mit anwaltlichem Schreiben vom 7. November 2017, die Dauer des Genehmigungsverfahrens.

Mit Schreiben vom 15. November 2017 wies das Landratsamt ... die Klägerin darauf hin, dass sich das Vorhaben als bauplanungsrechtlich zulässig erweise. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Mischgebiet. Hier seien Werbeanlagen der Art nach allgemein zulässig. Auch bezüglich der übrigen Einfügensmerkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestünden keine rechtlichen Bedenken. Eine Beeinträchtigung des Ortsbildes im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BauGB sei ebenfalls nicht gegeben. Insbesondere liege keine unzulässige Häufung von Werbeanlagen vor. Daher werde Gelegenheit gegeben, bis Ende 2017 die Entscheidung bezüglich des Einvernehmens nochmals zu überdenken bzw. abzuändern oder zu der vorgesehenen Ersetzung des Einvernehmens eine Stellungnahme abzugeben.

In der Sitzung vom 30. Januar 2018 beschloss der Bau- und Umweltausschuss der Klägerin, den ablehnenden Beschluss vom 21. Februar 2017 aufrecht zu erhalten und das gemeindliche Einvernehmen nicht zu erteilen. Die beantragte Werbeanlage werde außerhalb der vorhandenen faktischen Baugrenze errichtet und füge sich demnach nicht in die nähere Umgebung ein (Art. 8 Satz 2 BayBO).

Mit Bescheid vom 5. März 2018 erteilte das Landratsamt ... der Beigeladenen die begehrte Baugenehmigung zur Errichtung einer City-Star-Werbeanlage auf Monofuß auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung .... Das gemeindliche Einvernehmen der Klägerin wurde ersetzt. Die Klägerin habe die Verweigerung des Einvernehmens damit begründet, dass die Werbeanlage außerhalb einer faktischen Baugrenze errichtet würde. Dies falle nicht unter die Einfügenskriterien des § 34 Abs. 1 BauGB. Da die Verweigerung zu Unrecht erfolgt sei, habe das Landratsamt das Einvernehmen ersetzen können. Gründe, die gegen die Ersetzung des Einvernehmens sprächen, seien nicht ersichtlich.

Die Klägerin ließ am 28. März 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

den Bescheid des Beklagten vom 5. März 2018 aufzuheben.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 1. Juni 2018 ausgeführt: Der Beklagte habe das gemeindliche Einvernehmen zu Unrecht ersetzt, weil die Klägerin das Einvernehmen für die beantragte Baugenehmigung zu Recht verweigert habe. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit richte sich unstreitig nach § 34 BauGB. Jedoch habe der Beklagte hierbei die faktische Baugrenze bzw. Baulinie auf der Ostseite der ... Straße, insbesondere auf dem Baugrundstück, die bereits bei einer Betrachtung des Lageplans ins Auge steche, übersehen. Ein Einfügen der Werbeanlage im Sinne des § 34 BauGB sei daher an der vorgesehenen Stelle nicht gegeben. Entgegen der im streitgegenständlichen Bescheid vertretenen Auffassung sei eine faktische Baugrenze ein für die Frage des Einfügens maßgebliches Kriterium (§ 23 Abs. 1 BauNVO). Auf der Ostseite der ... Straße sei ein Ordnungsprinzip dahingehend zu erkennen, dass nicht direkt an die Straßengrenze gebaut worden sei. Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer, Hausnummer ... und Hausnummer ... hielten alle einen Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche ein. Nur das Haus mit der Nr. ... halte keinen Abstand ein und sei insoweit als Ausreißer zu bezeichnen, wenn es denn überhaupt zum prägenden Bereich gezählt werden könne. Entgegen dieser städtebaulichen Ordnung solle das streitgegenständliche Vorhaben unmittelbar an der Grundstücksgrenze zur öffentlichen Verkehrsfläche errichtet werden und füge sich deswegen nicht ein.

Auch wenn die Prüfung der Abstandsflächen oder die Frage der störenden Häufung (Art. 8 Satz 3 BayBO) nicht vom Pflichtprüfprogramm des Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO erfasst seien, sei von dem Beklagten vor der Ersetzung des Einvernehmens auch die Prüfung des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO zu erwarten. Anders als bei einer Nachbarklage könne sich die Gemeinde auf die Prüfung des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO berufen. Zumindest stehe ihr ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zur Seite. Das Vorhaben verstoße hier gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die nicht im Pflichtprüfprogramm enthalten seien. Bezüglich der Werbeanlage mit einer Breite von insgesamt 3,80 m und einer Höhe von 5,50 m liege eine gebäudeähnliche Wirkung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayBO vor. So habe die Werbeanlage nicht ohne die Einhaltung von Abstandsflächen errichtet werden dürfen. Es sei erkennbar, dass die Abstandsflächen zur öffentlichen Verkehrsfläche nicht eingehalten seien. Auch quer zur Grenze stehende Werbeanlagen lösten Abstandsflächen aus. Zudem sei eine störende Häufung im Sinne von Art. 8 Satz 3 BayBO anzunehmen. Es fänden sich auf einer kurzen Distanz mehr als drei Werbeanlagen. An der ... Straße seien mittlerweile fünf Werbeanlage in einer kurzen Distanz genehmigt worden oder stünden vor der Genehmigung durch den Beklagten.

Der Beklagte legte mit Schreiben vom 2. Mai 2018 die Akten vor; in der Sache äußerte er sich schriftlich nicht.

Die Beigeladene ließ mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 30. Juni 2018 Stellung nehmen. Der Bereich am Vorhabenstandort stelle ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO dar. Fremdwerbeanlagen seien hinsichtlich der Art der Nutzung dort allgemein zulässig. Unzutreffend sei, dass das genehmigte Vorhaben eine faktisch festzustellende Baugrenze entlang der ...straße / ... Straße nicht einhalte. Die Klägerin konstatiere selbst, dass die Bebauung an der ...straße ... bis an die straßenseitige Grundstücksgrenze heranreiche. Diese Bebauung gebe daher in diesem Bereich die Bebaubarkeit der dort gelegenen Grundstücke vor. Im Übrigen rücke die Bebauung im prägenden Bereich auch nördlich des Vorhabenstandorts und südlich des Vorhabenstandorts diffus in die Grundstückstiefen teilweise ein, teilweise rückten die Baukörper auch bis an die straßenseitige Grundstücksgrenze sehr nahe heranreichend heran, so dass von einer beidseitig der ...straße/... Straße gegebenen Bebauungsdiffusität hinsichtlich der Bebauungstiefen auf den einzelnen Grundstücken auszugehen sei. Schon aufgrund dieser Diffusität könne keine faktische Baugrenze gebildet werden. Jedenfalls komme es auf die am weitesten vorspringende Bebauung an, die auch nicht als Ausreißer betrachtet werden könne.

Ein abstandsflächenrechtliches Problem sei ebenfalls nicht erkennbar, da die schmalseitigen Abstandsflächen der Werbeanlage auf die öffentlichen Verkehrsflächen fielen. Ferner greife der Einwand einer störenden Häufung von Werbeanlagen nicht. Der Klägerin obliege es im Rahmen der Verweigerung oder Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nicht, über bauordnungsrechtliche Fragen zu befinden. Zudem könnten die von der Klägerin angeführten weiteren Verfahren in südlich gelegenen Nachbargrundstücken nicht Grundlage einer jetzigen Entscheidung sein, da hier offenbar noch keine Entscheidungen ergangen seien. Es möge sein, dass in anderen Verfahren, in denen noch keine Genehmigung erteilt sei, irgendwann der Einwand einer störenden Häufung durchgreifend sein könnte. Das vorliegende Verfahren sei jedoch ohne die Parallelverfahren zu würdigen. Die Bestandswerbeanlage südlich der einmündenden ...straße sei zu weit weg, als dass sie noch bei der Fragestellung einer störenden Häufung von Werbeanlagen zu betrachten sei. Die maßgebliche Überladung eines engen räumlichen Bereichs mit Werbeanlagen liege nicht vor.

Am 6. Juli 2018 führte der Berichterstatter im Beisein von Vertretern der Beteiligten einen Augenscheinstermin durch.

Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2018 wiederholte und vertiefte die Beigeladene ihr Vorbringen. Der Augenscheinstermin habe ergeben, dass sich die Örtlichkeit als faktische Mischgebietslage darstelle. Auch sei in der Umgebung bereits eine weitere gleichartige Fremdwerbeanlage vorhanden. Ferner sei eine faktisch zu bildende Baugrenze nicht ersichtlich. Die Stadtstraße sei durch die Diffusität der jeweiligen Bebauungstiefen beidseits der Straße vorgeprägt. Auch eine störende Häufung von Werbeanlagen liege nicht vor. Die vorhandenen Werbeanlagen seien zu weit entfernt, als dass eine Überladung eines engen räumlichen Bereichs mit Werbung eintreten würde. Daher werde beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen anderweitiger verwaltungsgerichtlicher Termine würden die Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen. Es möge auch ohne ihr Beisein eine Entscheidung ergehen.

In der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2018 wurde für die Klägerin der schriftsätzlich angekündigte Aufhebungsantrag gestellt. Für den Beklagten wurde

Klageabweisung

beantragt. Für die Beigeladene nahm – wie im Schriftsatz vom 21. Juli 2018 angekündigt – niemand an der mündlichen Verhandlung teil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung entschieden werden. Die Ladung erfolgte rechtzeitig und enthielt den entsprechenden Hinweis nach § 102 Abs. 2 VwGO. Zudem hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 21. Juli 2018 ihr Ausbleiben angekündigt und sich mit einer Entscheidung ohne ihr Beisein einverstanden erklärt.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die mit Datum 5. März 2018 erteilte Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat das Einvernehmen der Klägerin zu Recht gem. § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, Art. 67 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, Satz 2 BayBO ersetzt, weil es gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB zu Unrecht verweigert wurde. Die von der Beigeladenen beantragte Baugenehmigung war gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO zu erteilen, weil das Vorhaben (Werbeanlage) bauplanungsrechtlich gem. § 34 BauGB zulässig ist.

Hinsichtlich der Einfügenskriterien des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB rügt die Klägerin allein die Nichteinhaltung einer faktischen Baugrenze durch die streitgegenständliche Werbeanlage. Dieser Einwand steht hier einem Einfügen i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB jedoch nicht entgegen.

Zwar kann (entgegen den Ausführungen im Baugenehmigungsbescheid) in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche zur Konkretisierung der Anforderungen des § 34 Abs. 1 BauGB auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO – und damit auf die Regelungen zu Baugrenzen gem. § 23 Abs. 3 BauNVO – zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 7.7.2004 - 26 B 03.2798 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 25.4.2005 – 1 CS 04.3461 – juris Rn. 15 ff.). Jedoch kann vom Vorliegen einer faktischen Baugrenze hier nicht ausgegangen werden. Jedenfalls würde die Werbeanlage eine solche Grenze nicht entgegen § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO überschreiten.

Für die Annahme einer faktischen Baugrenze müssen wegen der einschränkenden Wirkung auf das Grundeigentum hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation bestehen; die tatsächlich vorhandene Bebauung darf kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein. Auch kann bei einer höchst unterschiedlichen Bebauung ohne gemeinsame vordere oder hintere Gebäudeflucht von einer faktischen vorderen bzw. rückwärtigen Baugrenze nicht gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 12 m.w.N.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 24.5.2018 – OVG 2 B 3.17 – juris Rn. 30; VG Augsburg, U.v. 10.2.2017 – Au 4 K 16.1452 – juris Rn. 31; VG München, U.v. 29.11.2016 – M 1 K 16.3789 – juris Rn. 21). Nach diesen Maßstäben liegt hier keine faktische Baugrenze vor, die die Werbeanlage einhalten müsste.

Die Klägerin geht – zu Recht – davon aus, dass hinsichtlich des Vorliegens einer faktischen Baugrenze (allein) die Ostseite der Stadt- bzw. ... Straße in den Blick zu nehmen ist. Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, B.v. 13.5.2014 – 4 B 38/13 – juris Rn. 7). Steht – wie hier – das Vorliegen einer faktischen Baugrenze entlang öffentlicher Verkehrsflächen im Raume, so ist zuvorderst die Bebauung entlang der entsprechenden Seite der öffentlichen Verkehrsfläche zu betrachten, da nur insoweit beurteilt werden kann, ob bzw. inwieweit sich durch eine Abrückung der bestehenden Gebäude von der Verkehrsfläche nicht überbaubare Grundstücksflächen ergeben. Eine Baugrenze bzw. die hierfür erforderliche Gebäudeflucht setzt schon begrifflich einen Verlauf voraus, der notwendiger Weise unter Würdigung der entlang der in Betracht kommenden Seite der öffentlichen Verkehrsflächen zu ermitteln ist. Jedenfalls muss vorliegend der Stadt- bzw. ... Straße – zumindest in Bezug auf die überbaubaren Grundstücksflächen – trennende und damit eine die nähere Umgebung gem. § 34 Abs. 1 BauGB begrenzende Wirkung zugemessen werden. Bei diesem Straßenzug handelt es sich um die Hauptzufahrt zum Innenstadtbereich der Klägerin aus Richtung Süden, insbesondere von der Bundesautobahn A 8. Angesichts dieser überörtlichen, auch tatsächlich feststellbaren Verkehrsbedeutung der Straße ist dieser eine deutliche städtebauliche Zäsurwirkung zuzumessen.

Es kann offen bleiben, ob die maßgebliche nähere Umgebung entlang der Ostseite der ... Straße Richtung Süden derart weit (bis zum Anwesen ... Straße ...) reicht wie von der Klägerin angeführt. Die Bebauung entlang der Ostseite der ... Straße bzw. ...straße folgt jedenfalls auch dann hinsichtlich des Abstands von der öffentlichen Verkehrsfläche keinem erkennbaren städtebaulichen Prinzip. So befinden sich in diesem Bereich Gebäude, welche entweder unmittelbar (...straße ...) an die öffentlichen Verkehrsflächen angrenzen oder zu diesen nur einen unbedeutenden Abstand halten (... Straße ...). Andererseits bestehen Gebäude mit einem deutlichen Abstand zu den öffentlichen Verkehrsflächen (...straße, ... Straße ... und ...). Auffällig ist dabei, dass die Gebäude mit derart unterschiedlichem Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche teilweise direkt aufeinander folgen (...straße ... zu ...straße ...; ... Straße ... zu ... Straße ... und ...), so dass sich unmittelbare, aber auch unregelmäßige und gleichsam ordnungslose Vor- und Rücksprünge ergeben. Wieder andere Gebäude verfügen über Abstände zur öffentlichen Verkehrsfläche, die zwischen diesen beiden „Extremen“ liegen (... Straße,...,...,...,...), wobei auch insoweit kein Strukturprinzip auszumachen ist, sondern sich weitere erhebliche Vor- und Rücksprünge im Bebauungsverlauf ergeben. Zwar ist für eine Baugrenze kennzeichnend, dass diese nicht überschritten werden darf, während ein Zurücktreten erlaubt ist (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rn. 16). Ist jedoch – wie hier – ein Ordnungsprinzip hinsichtlich des Abstandes zur öffentlichen Verkehrsfläche nicht erkennbar, insbesondere deshalb, weil zum einen sich widersprechende Kriterien feststellbar sind (Bebauung unmittelbar an oder nur in unbedeutendem Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche gegenüber klar abgerückter Bebauung) und zum anderen der Fall vorliegt, dass ein Kriterium sogleich vom nächsten abgelöst wird, kann von der für eine Baugrenze der erforderlichen Verfestigung einer städtebaulichen Situation nicht gesprochen werden.

Dabei stellt das Gebäude ...straße ... („...“) auch keinen so genannten Ausreißer bzw. Fremdkörper dar, der nicht mehr zur i.S.d. § 34 BauGB maßgeblichen näheren Umgebung zählt oder diese nicht zu prägen im Stande ist (vgl. dazu etwa BVerwG, U.v. 22.9.2016 – 4 B 23/16 – juris Rn. 6). Die Eigenart der näheren Umgebung wird nicht nur durch dasjenige bestimmt, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist, sondern auch durch das – wie hier – auf dem Baugrundstück selbst bereits Vorhandene (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2017 – 9 ZB 15.1590 – juris Rn. 4). Ferner beträgt die Entfernung zwischen der genehmigten Werbeanlage und dem Gebäude ...straße ... ausweislich des genehmigten Lageplans (Bl. 81 Behördenakt) lediglich knapp 35m. Insofern erschließt sich nicht, weshalb dieses Gebäude nicht mehr zur „näheren“ Umgebung gerechnet werden sollte, zumal – abgesehen vom Gebäude ...straße ... – die weiteren von der Klägerin angeführten und damit von ihr selbst offenbar zur näherem Umgebung gerechneten Gebäude entlang der ... Straße deutlich weiter von dem genehmigten Standort der Werbeanlage entfernt liegen als das Gebäude ...straße .... Soweit die Klägerin auf die unterschiedliche Straßenbezeichnung (...straße / ... Straße) abstellt, führt dies ebenfalls nicht weiter. Auf ein solches Kriterium kann es allenfalls dann ankommen, wenn die insoweit geltend gemachte Zäsur – anders als hier – einen Niederschlag in der Eigenart der näheren Umgebung findet. Daneben findet der Wechsel der Straßenbezeichnung (...straße zu ... Straße) erst südlich des Vorhabengrundstücks statt; nach den von der Klägerin selbst zu Grunde gelegten Kriterien wäre demnach das Gebäude ...straße ... zur näheren Umgebung zu rechnen. Auch sonst ist das Gebäude ...straße ... hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht als Fremdkörper aus der maßgeblichen Bebauung der näheren Umgebung auszuscheiden. Nachdem in der Umgebungsbebauung entlang der Ostseite der Straße – wie ausgeführt – kein hinsichtlich des Abstands zur öffentlichen Verkehrsfläche durchgängiges Prinzip vorliegt, sondern insoweit ein ständiger, sprunghafter Wechsel festzustellen ist, erscheint es vielmehr konsequent, dass sich in der näheren Umgebung auch ein Gebäude befindet, welches – wie das Anwesen ...straße ... – unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche angrenzt. Die im Verlauf der ... Straße bzw. ...straße anzutreffende Zufälligkeit, was den Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche angeht, findet im Gebäude ...straße ... damit ihre Fortsetzung und ihren Abschluss. Vor diesem Hintergrund ist beim Gebäude ...straße ... auch keine Zugehörigkeit zu einer deutlich differierenden Bebauungs- oder Siedlungsstruktur erkennbar, so dass es auch nicht auf Grund einer Zugehörigkeit zur „Altstadt“ der Klägerin nicht mehr zur näheren Umgebung zu rechnen wäre. Vielmehr erscheint es gekünstelt, die nähere Umgebung i.S.d. § 34 BauGB unmittelbar vor dem Gebäude...straße ... enden zu lassen, zumal das Gebäude ...straße, welches die Klägerin zur näheren Umgebung rechnet, mit dem Gebäude ...straße ... zusammengebaut ist.

Selbst wenn jedoch vom Vorliegen einer faktischen Baugrenze auszugehen wäre, wäre insoweit – wie ausgeführt – maßgeblich auch das Gebäude ...straße ... zu berücksichtigen. In dessen Flucht wird sich die genehmigte, ebenfalls unmittelbar an die öffentliche Verkehrsfläche grenzende Werbeanlage befinden, so dass eine gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO unzulässige Überschreitung einer faktischen Baugrenze nicht vorliegt. Angesichts der leichten Linkskurve der ...straße im Bereich des Vorhabengrundstücks wird vielmehr das Gebäude ...straße ... stärker als die Werbeanlage Richtung Westen vorspringen, so dass sich die Werbeanlage selbst dann, wenn sie sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des aus ihrer Umgebung hervorgehenden Rahmens bewegen würde, in die Umgebungsbebauung einfügt; es nicht erkennbar, dass die Werbeanlage selbst oder in Folge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 30).

Weitere wehrfähige Rechte der Klägerin hinsichtlich der erteilten Baugenehmigung bestehen nicht. Die Gemeinde kann im Anfechtungsrechtsstreit gegen eine einvernehmensersetzende Genehmigung nur solche Mängel geltend machen, welche der „Ersetzungskomponente“ der Genehmigung anhaften, nicht aber sonstige objektive Rechtsfehler der Genehmigung (vgl. VG Augsburg, U.v. 11.5.2011 – Au 4 K 10.1953 – juris Rn. 34). Namentlich hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte zur „Stützung“ des von ihr verweigerten Einvernehmens von der Ablehnungsmöglichkeit aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO Gebrauch macht. Schon aus dem Wortlaut der Vorschrift („darf“) folgt, dass die Genehmigungsbehörde nicht verpflichtet ist, von dieser Ablehnungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Eine solche Verpflichtung besteht erst recht nicht gegenüber Dritten (vgl. VGH BW, B.v. 21.2.2017 – 3 S 1748/14 – juris Rn. 40). Dementsprechend enthält der Wortlaut des Art. 67 BayBO keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Baugenehmigungsbehörde vor einer Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens zunächst Ablehnungsgründe gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO zu prüfen hätte; vielmehr ist gem. Art. 67 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, Satz 2 BayBO ein – wie hier – gem. § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig verweigertes Einvernehmen zu ersetzen.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin gem. § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Diese hat sich durch die Stellung eines eigenen Klageabweisungsantrags in das Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO begeben. Hieran ändert nichts, dass dieser Antrag mangels Teilnahme der Beigeladenen nicht in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Ist ein Beteiligter nicht erschienen, gilt sein Antrag aus den Schriftsätzen – hier: Schriftsatz der Beigeladenen-Vertreter vom 21. Juli 2018 – auch für die mündliche Verhandlung als gestellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 103 Rn. 8). Dies gilt jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem die Bevollmächtigten der Beigeladenen angesichts der angekündigten Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung noch einen Klageabweisungsantrag gestellt haben (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 21.7.2018). Nachdem vor der mündlichen Verhandlung für die Beigeladene auch nicht absehbar war, wie das Gericht entscheiden würde, liegt gerade hier die Konstellation vor, dass die Beigeladene ein Kostenrisiko auf sich genommen hat. Es liegt auch kein bloß der Form halber gestellter Klageabweisungsantrag vor; vielmehr hat sich die Beigeladene im Laufe des Verfahrens zwei Mal schriftsätzlich geäußert und dabei näher zu den hier maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen Stellung genommen. Auch am Augenscheinstermin hat ein Vertreter der Beigeladenen teilgenommen. Insofern hat sich die Beigeladene nicht auf eine Antragstellung beschränkt, sondern sie hat das Verfahren aktiv und wesentlich gefördert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 162 Rn. 23).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.Vm. §§ 708 ff. ZPO.

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(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 wird geändert. Die Klage gegen den Bescheid der Stadt Augsburg vom 1. Juli 2010 wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 16. Februar 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer beleuchteten Werbetafel („TopLux“) an der straßenseitigen Außenwand einer flach überdachten Tiefgarageneinfahrt auf dem Grundstück FlNr. .../... der Gemarkung O. im Ortsteil K. der Beklagten. Die Wand, an der das Vorhaben rund 0,20 m oberhalb des unmittelbar vorbeiführenden Gehwegs angebracht werden soll, ist circa 7,00 m lang und 2,63 m hoch. Die aus drei Aluminiumblech-Segmenten bestehende Werbetafel selbst ist knapp 2,84 m hoch und etwas über 3,86 m breit; der auf allen vier Seiten zu öffnende, an den Ecken abgerundete Aluminiumrahmen ist circa 0,12 m tief; diese Konstruktion kann nach den Bauvorlagen mit oben und unten angebrachten Wandhaltern, zu deren Bautiefe keine konkreten Angaben gemacht wurden, an einer Mauer oder Wand befestigt werden. Auf der Oberseite soll die Tafel mit einer 3,46 m langen und insgesamt ab deren (wohl auf der Rückseite der Tafel angebrachten) Befestigungslaschen an zwei Auslegern rund 0,55 m auskragenden Beleuchtungsleiste (insgesamt 72 Watt Lampenleistung) versehen werden.

Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 1. Juli 2010 ab. Die Plakatanschlagtafel sei in der als faktisches allgemeines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO) einzustufenden näheren Umgebung bauplanungsrechtlich grundsätzlich unzulässig und könne auch nicht ausnahmsweise als nicht störender Gewerbebetrieb zugelassen werden. Am Aufstellungsort würde sie direkt auf die auf der anderen Seite der N. Straße befindliche Wohnbebauung wirken, in gewerblicher Hinsicht sei das Umfeld durch dem Pietätsbereich zuzuordnende Nutzungen geprägt, die durch ein zurückhaltendes Auftreten im Straßenraum und fehlende Betriebsamkeit gekennzeichnet seien. Daneben stehe die Tafel im Widerspruch zu Art. 18 BayStrWG und zu der gemäß Art. 22a BayStrWG erlassenen Satzung über Straßensondernutzungen in der Stadt Augsburg (SNS) i. d. F. v. 1. Januar 2002. Das Vorhaben werde um die 0,16 m in den Straßenraum hineinragen. Eine Sondernutzungserlaubnis könne nicht erteilt werden, da die Anbringung der Werbetafel zu einer Verunstaltung des Aufstellungsortes selbst und des Orts- bzw. Straßenbildes in der näheren Umgebung i. S. v. Art. 8 BayBO führen würde. Dieses Bild werde vom benachbarten Friedhofsgelände, dessen straßenseitige, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohe Einfriedungsmauer circa 1,60 m südlich vom Vorhaben beginne, sowie von Wohnbebauung bestimmt. Die Garageneinfahrtswand, an der sie angebracht werden solle, würde das Vorhaben um 0,67 m überragen.

Mit Urteil vom 4. August 2011 hob das Verwaltungsgericht Augsburg den ablehnenden Bescheid auf und verpflichtete die Beklagte, den Bauantrag unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu verbescheiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten entspreche das maßgebliche Quartier auf der Ostseite der N. Straße zwischen der Dr. D... Straße im Norden und der U. Straße im Süden einem Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO, in dem die geplante Werbeanlage als nicht störender Gewerbebetrieb nach § 34 Abs. 2 Halbs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig sei. Das Vorhaben wirke auch wegen seiner Größe nicht besonders aufdringlich und dominiere seine Umgebung städtebaulich nicht so sehr, dass es als eine das Wohnen wesentlich störende Anlage angesehen werden könne. Von den auf der Ostseite der N. Straße gelegenen Häusern aus könne die Werbetafel gar nicht eingesehen werden, sie wirke allein auf Betrachter, die sich im Straßenraum bewegten. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO, Art. 21 Satz 1 BayStrWG sei über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, die hier - unabhängig von einer in der städtischen Satzung mit 0,15 m angesetzten Bagatellgrenze - jedenfalls wegen des um mindestens 0,55 m in den Straßenraum hineinragenden Beleuchtungselements erforderlich sei, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu entscheiden. Dabei habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Bei der Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen sei die Ermessensbetätigung auf solche Kriterien beschränkt, die in sachlichem Zusammenhang mit der Straße, ihrer Funktion und ihrem Widmungszweck stehen; übergeordneter Gesichtspunkt sei die Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, nur vereinzelt könne auch auf städtebauliche, baupflegerische oder denkmalschützerische Belange abgestellt werden. Rein bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte ohne jeden straßenrechtlichen Bezug dürften bei der Interessenabwägung nicht in den Blick genommen werden. Im Übrigen sei die Kammer der Auffassung, dass sich die Plakatanschlagtafel nicht zuletzt deswegen, weil in der näheren Umgebung keine vergleichbaren Objekte vorzufinden seien, nicht als verunstaltend darstellen würde. Der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung (BayVGH, U. v. 24.5.2011 - 1 B 1.369 - juris) letztlich ohne weitere Begründung vertretenen Auffassung, eine Baugenehmigung könne schon deswegen nicht erteilt werden, weil eine Sondernutzung nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG nur auf Zeit oder auf Widerruf erlaubt werden dürfe, könne die Kammer nicht folgen. Denn dann könnte nach der Einführung der Verfahrenskonzentration zum 1. Januar 2008 in derartigen Fällen praktisch nie eine Bauerlaubnis erteilt werden. Bei der Neubescheidung werde die Beklagte ihre Entscheidung über die Erlaubnis einer Sondernutzung in erster Linie an den Auswirkungen des Vorhabens auf die widmungsgemäße Nutzung der N. Straße, insbesondere auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, dem Ausgleich zeitlicher und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger sowie an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren haben.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte (sinngemäß),

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 zu ändern und die Klage gegen den Bescheid vom 1. Juli 2010 abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung außer Acht gelassen, dass der mit einer steinernen Mauer von 65 m Länge eingefriedete, 2,13 ha große Friedhof den Bebauungszusammenhang auf der Ostseite der N. Straße unterbreche und in den nördlich und südlich davon gelegenen Bereichen jeweils Nutzungen vorhanden seien, die nur in unterschiedlichen Baugebieten zulässig seien. Der Betrieb des an der Kreuzung mit der U. Straße ansässigen Clubs sei wegen seiner überregionalen Besucherstruktur und der vom Parkplatzsuchverkehr ausgelösten Störungen nur in einem Mischgebiet möglich. Die nördlich des Friedhofs in der Nähe des Standorts der streitgegenständlichen beleuchteten Werbeanlage vorhandenen Nutzungen (Bestattungsunternehmen, Blumengeschäft, Friseurladen, Gaststätte, Tankstelle, Versicherungsbüro) seien in einem allgemeinen Wohngebiet entweder regelhaft (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder ausnahmsweise (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 und 5 BauNVO) bzw. als freiberufliche Nutzung (§ 13 BauNVO) zulässig; ansonsten befinde sich dort nur Wohnbebauung. Seitens der Beklagten würden Baugenehmigungen für Werbeanlagen im öffentlichen Straßengrund widerruflich und/oder auf Zeit sowie unter Bedingungen und Auflagen erteilt. Die vom Verwaltungsgericht geübte Kritik an dem Kriterienkatalog, auf den die Beklagte dabei zurückgegriffen habe, gehe vor dem Hintergrund der den Bauaufsichtsbehörden von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumten Ablehnungsbefugnis im Ergebnis ins Leere. Auch für Werbeanlagen auf öffentlichen Verkehrsflächen gälten die allgemeinen baugestalterischen Anforderungen des Verunstaltungsverbots, dessen Verletzung im Bescheid vom 1. Juli 2010 bereits festgestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt keinen Antrag. Sie hält abweichend vom Urteil des 1. Senats vom 24. Mai 2011 (Az. 1 B 11.369 - juris) eine gänzliche Versagung der Baugenehmigung unter Verweis auf Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG für unverhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Juli 2010 zur Neubescheidung verpflichten dürfen. Die Beklagte hat den Bauantrag für die Errichtung der beleuchteten Werbetafel im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 BayBO). Das Vorhaben ist aus bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Gründen nicht zulassungsfähig.

1. Die streitgegenständliche Werbetafel für Außen-Fremdwerbung ist eine eigenständige Hauptnutzung im Sinn des Bauplanungsrechts (BVerwG, U. v. 3.12.1992 -4 C 27/91 - BVerwGE 91, 234 = juris Rn. 13 bis 18 und 24 bis 27). Dessen Anwendung auf den vorliegenden Bauantrag wird nicht dadurch ausgeschlossen oder eingeschränkt, dass die Anlage, von Befestigungsteilen in der Wand, an der sie angebracht werden soll, abgesehen, zur Gänze im öffentlichen Straßenraum verwirklicht werden soll, der für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16). Einerseits zeigt nicht nur der vorliegende Fall, dass der vom Bundesverwaltungsgericht - in anderem Zusammenhang - apodiktisch formulierte Satz gerade bei Werbeanlagen, aber beispielsweise auch bei Freischankflächen oder Werbevitrinen auf Gehsteigen oder in Fußgängerzonen zahlreiche Ausnahmen erfährt. Die zitierte Aussage stellte daneben aber auch nicht die Geltung des Bauplanungsrechts für einen bestimmten Fall in Frage, sondern zog - und insoweit offenkundig in Anwendung materiellen Planungsrechts -aus der prinzipiellen Unbebaubarkeit von Verkehrsflächen nur den Schluss, dass diese zur Klärung der Frage, welche Prägung die nähere Umgebung besitzt, nichts beitragen können und deshalb grundsätzlich nicht zur näheren Umgebung im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB gehören. Die Bayerische Bauordnung macht ihre grundsätzliche Geltung auch für ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung im Übrigen ebenfalls nicht von deren Aufstellungsort abhängig, vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO.

2. In einem Bauleitplan festgesetzte Baugrenzen sind von allen baulichen Anlagen, damit auch von Werbeanlagen, einzuhalten (BVerwG, U. v. 7.6.2001 - 4 C 1/01 -NVwZ 2002, 90 = juris Ls 2 und Rn. 11 bis 17). In einem, hier unstreitig gegebenen, unbeplanten Innenbereich muss sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, zur Konkretisierung dieser Anforderungen kann auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 15 ff.). Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Ls 1 und Rn. 7). Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstückfläche maßgebliche Bereich ist in der Regel enger zu ziehen als derjenige für die Ermittlung der zulässigen Art der Nutzung (BayVGH, B. v. 25.4.2005 a. a. O. Rn. 18; BVerwG, B. v. 13.5.2014 a. a. O. Rn. 8).

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt im vorliegenden Fall, dass der von der Klägerin für ihr Vorhaben gewählte Standort bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist. Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche entscheidende Bereich beschränkt sich auf den geplanten Anbringungsort der Werbetafel und die in nordnordwestlicher Richtung auf der Ostseite der N. Straße bis zu deren Kreuzung mit der Dr. D... Straße befindlichen Grundstücke. Dieser Bereich ist etwas über 160 m lang und umfasst sechs verschiedene, jeweils mit Hauptgebäuden bzw. Zapfsäulenanlagen entlang der Straße bebaute Grundstücke. Den Lageplänen und Farbfotos in den Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ist zu entnehmen, dass das Erscheinungsbild des südlich hieran anschließenden Teiles der straßenbegleitenden Bebauung auf einer Länge von rund 67 m von der grenzständigen, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohen steinernen Mauer des katholischen Friedhofs K. bestimmt wird. Auf den letzten circa 55 m bis zur Kreuzung mit der U. Straße folgt - nur noch - das in Nord-Süd-Richtung angeordnete und damit in spitzem Winkel zur N. Straße stehende und mit seiner Südwestecke bis an die Straße heranreichende Gebäude des „S.-Club“. Die wertende Betrachtung der gesamten Straßenfront ergibt, dass es für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche mit der verfahrensgegenständlichen Hauptnutzung lediglich auf den eingangs beschriebenen, nördlich des Friedhofs gelegenen Teil entlang der N. Straße ankommt, schon weil der Friedhof insoweit eine optisch markante Zäsur im baulichen Erscheinungsbild darstellt. In dem danach maßgeblichen Abschnitt bleibt die maßstabsbildende (vgl. BVerwG, B. v.2.8.2001 -4 B 26/01 - BauR 2002, 277 = juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 23.4.2002 - 20 B 03.3002 -NVwZ-RR 2005, 391 = juris Rn. 13/14) Bebauung mit Hauptgebäuden durchgängig um mindestens rund 3 m vom Straßengrundstück zurück. Unmittelbar an der Grenze zum Gehweg befinden sich hier unter anderem Pflanzbeete (FlNr. .../...), eine dichte Hecke (FlNr. .../...) und eine baumbestandene Wiese (FlNr. .../...). Auch wenn es im vorliegenden Zusammenhang hierauf nicht ankommt, lässt sich feststellen, dass selbst die rechtwinklig zur Straße stehenden Hinweisschilder (Preise/Shop/Wäsche/Reifen) auf dem Gelände der Tankstelle (FlNr. .../... und /11)) erst deutlich hinter dem Gehsteigrand beginnen. Daraus folgt, dass sich aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung eine vordere Baugrenze (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO) ablesen lässt. Für die Unzulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB reicht es aus, dass dieses sich hinsichtlich eines der Maßstäbe - hier: nach der überbaubaren Grundstücksfläche - nicht einfügt (BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29/98 - BauR 1999, 233 = juris Ls 2 und Rn. 10 zu einem Zurückspringen hinter eine faktische vordere Baulinie). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Zulassung des in der Umgebung vorbildlosen Vorhabens einen Ansatz für nachfolgende vergleichbare Bauwünsche, etwa auf dem Gelände der Tankstelle oder am straßennahen Rand der Wiese auf der FlNr. .../... bieten und deshalb zu „städtebaulichen Spannungen“ führen würde (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9/77 - BVerwGE 55, 369 = juris Ls 9 und Rn. 45 bis 47). Nur zur Klarstellung sei angemerkt, dass dieses Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass es für den Standort einer Werbetafel im öffentlichen Verkehrsraum, weil dieser Bereich als solcher für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v.11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16, siehe bereits oben) regelmäßig auch keine faktischen Bauraumbegrenzungen geben kann. Es liegt auf der Hand, dass das im vorliegenden Fall als entscheidungserheblich festgestellte Herausfallen des Vorhabens aus den auf den Baugrundstücken entlang der Straße von maßstabsbildender Bebauung eingenommenen Flächen nicht dadurch relativiert oder beseitigt werden kann, dass die Anlage darüber hinaus auch noch jenseits der Grenze eines anliegenden privaten Grundstücks in den Luftraum einer öffentlichen Verkehrsfläche hineinreichend geplant ist. Dieser Umstand mag in diesem und in vergleichbaren Fällen - wenn überhaupt - allenfalls zusätzlich zulasten des Vorhabens ins Gewicht fallen.

3. Das Vorhaben verstößt auch gegen das Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 BayBO. Danach müssen bauliche Anlage nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Verunstaltung ist erfüllt, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2014, Art. 8 Rn. 1; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 8 Rn. 2; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 8 Rn. 54; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1. Juli 2014, Art. 8 Rn. 22 bis 25). In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2002 - 14 ZB 02.1849 - juris Rn. 2) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. OVG Berlin, B. v. 7.1.2002 - 2 SN 30.01 - NVwZ 2002, 489 = juris Ls 3 und Rn. 16; HessVGH, B. v. 5.10.1995 - 3 TG 2900/95 - BRS 57 Nr. 179 = juris Rn. 8).

Nach diesen Maßstäben würde die an der 7 m breiten und 2,63 m hohen, unaufdringlicheinheitlich gestalteten Außenwand der Tiefgarageneinfahrt anzubringende, annähernd 3,90 m breite und samt ihrer Beleuchtungsleiste etwa 3,30 m hohe Werbetafel für wechselnde Fremdwerbung gegen die Gebote der Maßstäblichkeit und des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile zueinander verstoßen und einen unästhetischen Fremdkörper darstellen. Die Anlage ließe die Wand, an der sie angebracht werden soll, als reinen Werbeträger erscheinen. Dieser Eindruck wird - wie die in der Bauakte enthaltene farbige Lichtbildmontage (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BauVorlV) verdeutlicht - durch den mehr als 60 cm messenden senkrechten Überstand über das Flachdach des „Trägerbauwerks“ noch verstärkt.

Diesen Gesichtspunkt hat der streitgegenständliche Bescheid zwar (unter anderem) lediglich als Ablehnungsgrund für die für das Vorhaben gleichzeitig erforderliche Sondernutzungserlaubnis genannt (Bescheid vom 1.7.2010 s. 12 bis 14 unter Gründe II. 3.). Dies war rechtsfehlerhaft. Denn materieller Maßstab für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, ob und inwieweit die Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Zu prüfen ist dabei grundsätzlich nur, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist. Die abzuwägenden Belange finden sich dabei vor allem in den Vorschriften des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (namentlich, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten), vereinzelt aber auch in Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und - ebenso vereinzelt - auch in städtebaulichen, baupflegerischen oder denkmalschützerischen Vorschriften, soweit diese einen eindeutigen Bezug zur Straße haben (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn. 13 m. w. N.). Die von Art. 8 Satz 1 BayBO an die Gestaltung baulicher Anlagen gestellten Anforderungen weisen einen solchen eindeutigen (Aussen-)Bezug zur Straße und deren Nutzung nicht auf; ihr rechtlicher Wirkungskreis beschränkt sich unmittelbar nur auf die jeweilige Anlage selbst.

Das ist für die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung indes ohne Bedeutung. Denn im Berufungsverfahren hat die Beklagte sich hierfür ausdrücklich auf die von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumte Ablehnungsbefugnis berufen (Schrs. vom 8.2.2013 S. 5/6). Danach kann die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige, im Einzelfall nicht zum Prüfungsumfang (vgl. Art. 59 Satz 1 BayBO) gehörende, öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt. Das ist, wie oben ausgeführt, im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 8 Satz 1 BayBO, der Fall. Die bauordnungsrechtlichen Gestaltungsanforderungen sind zwar nicht Gegenstand des vorliegenden vereinfachten Genehmigungsverfahrens (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), in dem Bauordnungsrecht grundsätzlich nicht (mehr) geprüft wird. Die materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen gelten, ebenso wie die bauplanungsrechtlichen Vorgaben, ohne jeden Zweifel aber auch für in den öffentlichen Straßenraum hineinragende oder dort angebrachte Werbeanlagen (vgl. zur Anwendung der Abstandsflächenvorschriften: BayVGH, U. v. 15.5.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83 = juris Rn. 2/3 und 18 ff., erfolgreiche Nachbarklage gegen die Genehmigung einer Doppelwerbetafel auf dem benachbarten Gehweg wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998).

Die Beklagte konnte sich auf die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit, die Ablehnung des Bauantrags auf außerhalb des Prüfungsumfangs stehende Gesichtspunkte zu stützen, hier auch noch berufen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage der Klägerin nach § 113 Abs. 5 VwGO derjenige der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war.

Aus den vorstehenden Gründen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4. Auf die im Verfahren erörterten Frage, ob die Erteilung einer Baugenehmigung ausscheidet, wenn im bauaufsichtlichen Verfahren zugleich (vgl. Art. 21 Satz 1 BayStrWG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) über die Erlaubnis einer Sondernutzung zu entscheiden ist und letztere nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf (Art. 18 Abs. 2 Satz 1, Art. 21 Satz 3 BayStrWG), kommt es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht an. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und anderer Gesetze (LT-Drs. 15/7161 vom 15.1.2007) mit dem die Konzentration bisher paralleler Genehmigungsverfahren bei der Bauaufsichtsbehörde eingeführt wurde, enthält dazu - auszugsweise - folgende Aussagen (LT-Drs. a. a. O. S. 74, zu § 2 Nr. 2, Art. 21):

„Art. 21 BayStrWG regelt bereits in der geltenden Fassung den Fall des Zusammentreffens einer straßenverkehrsrechtlichen Erlaubnis bzw. Ausnahmegenehmigung für eine übermäßige, d. h. über den Gemeingebrauch hinausgehende Straßenbenutzung mit einer öffentlichrechtlichen Sondernutzungserlaubnis.

Zweck der Neuregelung ist eine Verfahrenskonzentration auch in den Fällen, in denen nach den baurechtlichen Vorschriften eine Baugenehmigung erforderlich ist und zugleich eine nach Straßenrecht erlaubnispflichtige Sondernutzung vorliegt, weil mit dem Vorhaben eine öffentliche Straße über den Gemeingebrauch hinaus in Anspruch genommen wird (z. B. Freischankflächen, ortsfeste Verkaufsstände). Die Vorschrift (erg.: Art. 21 Satz 1 n. F.) will auch in diesen Fällen parallele Verwaltungsverfahren vermeiden und im Außenverhältnis zum Bürger die Entscheidungskompetenz über beide Bereiche bei der Bauaufsichtsbehörde konzentrieren. Sie dient damit der Verwaltungsvereinfachung. Die Belange der sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständigen Behörde (im Regelfall die Gemeinde, ggf. unter Einbeziehung der Straßenbaubehörde, vgl. Art. 18 Abs. 1 BayStrWG) werden durch die vorgeschriebene Beteiligung gewahrt. ….

Der Wegfall der Sondernutzungserlaubnis in diesen Fällen dient nur der Verfahrenskonzentration, materiellrechtlich liegt eine straßenrechtliche Sondernutzung vor, die sich nach den Bestimmungen des Art. 18 Abs. 2 bis 6 BayStrWG richtet. Insbesondere darf die Sondernutzungserlaubnis (im Gegensatz zu Baugenehmigung) nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG).

Einer Sondernutzungserlaubnis bedarf es demnach nicht, wenn für den Benutzungstatbestand eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde zugleich die Sondernutzung erlaubt.“

Auf der Grundlage dieser Ausführungen dürfte es nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass die Baugenehmigung in den Fällen der hier zu vorliegenden Art (Werbetafel) mit einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt versehen werden darf und muss. Ob Gleiches für einen Überbau mit einem Gebäude gilt, dessen Fortbestand auf unabsehbare Dauer angelegt ist, oder ob dann die Erteilung einer, regelmäßig für die „Lebenszeit“ der jeweiligen Anlage bestimmten, Baugenehmigung grundsätzlich ausscheidet, ist in Anbetracht der hier zu entscheidenden Sach- und Rechtslage nicht näher zu erörtern.

5. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Balkonerweiterung mit Treppe in den rückwärtigen Teil seines Grundstücks FlNr. .../6 Gemarkung ..., das innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt. Mit Bescheid vom 21. Juni 2013 lehnte die Beklagte den Bauantrag des Klägers ab.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat seine Klage mit Urteil vom 4. Juni 2014 mit der Begründung abgewiesen, der geplante Anbau sei bauplanungsrechtlich nicht zulässig, weil er eine in der maßgeblichen näheren Umgebung des Baugrundstücks vorhandene faktische Baugrenze überschreite. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

II.

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht die Verpflichtungsklage des Klägers auf Erteilung der Baugenehmigung zu Recht abgewiesen hat. Zutreffend hat es angenommen, dass der Kläger keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung hat, weil die geplante Balkonerweiterung im Widerspruch zum Bauplanungsrecht steht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 59 Satz 1 Nr. 1, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO, §§ 29 ff. BauGB).

Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nur zulässig, wenn es sich (auch) hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Ausnahmsweise kann auch ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben zulässig sein, wenn es trotz der Überschreitung keine bodenrechtlich beachtlichen, städtebaulichen Spannungen hervorruft (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/386 f.). Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Bauvorhaben diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil es sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Die Ausführungen des Klägers im Zulassungsantrag sind nicht geeignet, diese Bewertung ernstlich infrage zu stellen.

a) Es ist nicht fraglich, dass sich der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche Bereich hier allein auf die Bebauung westlich der ...-straße beschränkt und, anders als der Kläger meint, nicht auch der Bereich östlich dieser Straße zur prägenden Umgebungsbebauung zählt.

Welcher Bereich als nähere Umgebung im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebend ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits die Ausführung des geplanten Vorhabens auf die benachbarte Bebauung und andererseits diese Bebauung auf den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägend auswirken. Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen. Bei der überbaubaren Grundstücksfläche kann zur Konkretisierung dieser Anforderungen auf die Vorschrift des § 23 BauNVO als Auslegungshilfe zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 8; BayVGH, B. v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris Rn. 13). Ob hinsichtlich dieses Merkmals „in der Regel“ auf einen kleineren Umgriff der näheren Umgebung abzustellen und ob bei Wohnbauvorhaben inmitten eines Wohngebiets „regelmäßig“ das „Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite“ heranzuziehen sind, wie der Kläger unter Berufung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, U. v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris Rn. 25; B. v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4) meint, ist unerheblich. Denn eine solche Regel bezeichnet nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 9). Entscheidend ist mithin immer eine Einzelfallbetrachtung.

Eine solche hat das Verwaltungsgericht hier vorgenommen (vgl. Urteilsabdruck S. 8 f.). Dabei ist es auf der Grundlage seiner im Rahmen eines gerichtlichen Augenscheins gewonnenen Erkenntnisse sowie der in den Akten befindlichen Luftbilder, Lichtbilder und Lagepläne zu dem Ergebnis gelangt, dass wegen der unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstrukturen hier nicht das betreffende Straßengeviert als maßgebliche Umgebung anzusehen ist, sondern nur die Bebauung westlich der ...-straße im Bereich zwischen der Straße „...“ und der ...-straße. Gründe für eine Heranziehung der Bebauung auch östlich der ...-straße waren aus Sicht des Verwaltungsgerichts nicht gegeben. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Umgriff der das Baugrundstück prägenden Umgebung fehlerhaft auf die Westseite der ...-straße beschränkt, greift der Kläger die Tatsachen- und Beweiswürdigung des Erstgerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) an. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vermag eine fehlerhafte Beweiswürdigung wegen der eingeschränkten Überprüfbarkeit der richterlichen Überzeugungsbildung aber nur dann begründen, wenn die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder etwa wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung noch nicht (vgl. BayVGH, B. v. 7.10.2015 - 15 ZB 12.2042 - juris Rn. 19 m. w. N.).

Dass ein solcher gravierender Fehler der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hier vorliegt, zeigt der Kläger nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Mit dem Einwand, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei auch die Bebauung auf den Grundstücken östlich der ...-straße (FlNr. ..., .../2 bis .../8, ..., .../2 bis .../4) als zur prägenden Umgebung gehörig anzusehen, weil auch dort - spiegelbildlich zur Westseite - die Gebäude entlang einer Linie angeordnet seien, die in einem Abstand von 5 m parallel zur Straße verlaufe, kann der Kläger schon deswegen nicht durchdringen, weil es sich bei dieser „Linie“ allenfalls um die vordere, zur Straße gerichtete (faktische) Baugrenze handelt. Das Vorhandensein einer vorderen faktischen Baugrenze lässt indes Rückschlüsse auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer rückwärtigen (hinteren) faktischen Baugrenze nicht zu.

b) Rechtlich nicht zweifelhaft erscheint auch die Wertung des Verwaltungsgerichts, dass die Bebauung westlich der ...-straße eine einheitliche Struktur aufweist, aus der sich eine faktische Baugrenze für Hauptgebäude (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BauNVO) ergibt, die von dem geplanten Anbau überschritten wird.

Der Senat folgt insoweit der vom Kläger angeführten Rechtsprechung, dass für die Annahme einer faktischen Baugrenze wegen der einschränkenden Wirkung auf das Grundeigentum hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation bestehen müssen und die tatsächlich vorhandene Bebauung kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein darf (vgl. OVG Berlin-Bbg, U. v. 31.3.2013 - OVG 10 B 203 - OVG BE 24, 20 = juris Rn. 45; vgl. auch B. v. 18.12.2014 - OVG 10 N 47.14 - Grundeigentum 2015, 923 = juris Rn. 10). Auch trifft es zu, dass bei einer höchst unterschiedlichen Bebauung ohne gemeinsame vordere oder hintere Gebäudeflucht von einer faktischen vorderen bzw. rückwärtigen Baugrenze nicht gesprochen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 9.9.2013 - 2 ZB 12.1544 - juris Rn. 8). Eine solche Situation liegt nach den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten hier jedoch nicht vor. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind auf den Grundstücken westlich der ...-straße, die nach dem oben Gesagten die maßgebliche Umgebung für die überbaubare Grundstücksfläche bilden, in den rückwärtigen Grundstücksbereichen - jenseits einer Bebauungstiefe von 17 m - durchgehend keine Hauptgebäude mit Wohnnutzung, sondern lediglich Nebengebäude vorhanden (vgl. Urteilsabdruck S. 9 f.). Dies reicht für die Annahme einer Baugrenze aus. Eine rückwärtige Bebauung mit einem Hauptgebäude oder einem Anbau an ein bestehendes solches Gebäude ist bauplanungsrechtlich unzulässig, wenn im hinteren Bereich der umliegenden Grundstücke nur Nebenanlagen vorhanden sind (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - ZfBR 1998, 164 = juris Leitsatz und Rn. 5 ff.; SächsOVG, B. v. 18.10.2013 - 5 A 117/11 - juris Rn. 3).

Dem steht nicht entgegen, dass die jeweiligen Bebauungstiefen der Hauptgebäude mit ihren Anbauten in unterschiedlichem Ausmaß in den rückwärtigen Bereich hineinragen, wie der Kläger vorbringt. Denn das Verwaltungsgericht ist nicht vom Vorliegen einer faktischen hinteren Baulinie ausgegangen, an die gebaut werden muss (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO), sondern lediglich von einer faktischen hinteren Baugrenze, die die äußerste Grenze festlegt, bis zu der Gebäude oder Gebäudeteile errichtet werden dürfen (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO). Auch ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO) hindert die Annahme einer Baugrenze nicht.

Soweit der Kläger beanstandet, dass die Tiefe der Bebauung vom Rand des Straßengrundstücks aus gemessen nicht 17 m, sondern teilweise nur 14 m bis 16 m betrage, trifft dies zwar zu. Dies ist für den Rechtsstreit aber unerheblich, zumal das Verwaltungsgericht zutreffend nicht von einer (faktischen) Bebauungstiefe im Sinn des § 23 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3, Abs. 4 BauNVO ausgegangen ist, sondern von einer faktischen Baugrenze im Sinn des § 23 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Abs. 3 BauGB. Diese bestimmt sich - anders als die Bebauungstiefe - nicht nach einem festen, von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermittelnden Tiefenmaß (vgl. BVerwG, B. v. 16.6.2009 - 4 B 50/08 - ZfBR 2009, 693 = juris Rn. 4), sondern ist durch eine unabhängig von der Entfernung zur Straße in der gemeinsamen Flucht der rückwärtigen Außenwände der Gebäude verlaufende Linie gekennzeichnet. Die fehlerhafte Angabe einer „Tiefe“ der Wohngebäude von bis zu 17 m ist daher unschädlich.

Soweit sich der Kläger auf die uneinheitliche Gebäudestruktur im Bereich der Grundstücke östlich der ...-straße beruft, kommt es hierauf schon deswegen nicht an, weil dieser Bereich nicht zur maßgeblichen Umgebung zählt (vgl. dazu oben 1. b).

c) Nicht fraglich erscheint auch die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben im Falle seiner Realisierung bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen hervorrufen würde.

Bodenrechtlich beachtliche bewältigungsbedürftige Spannungen werden begründet oder erhöht, wenn das Bauvorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen. Hierfür reicht die mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens für andere Bauvorhaben auf Nachbargrundstücken in vergleichbarer Lage aus (vgl. BVerwG, B. v. 25.3.1999 - 4 B 15/99 - ZfBR 2000, 68 = juris Rn. 5 f. m. w. N.; U. v. 5.12.2013 - 4 C 5/12 - BVerwGE 148, 290 = juris Rn. 17). Eine solche Wirkung ist hier gegeben. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts befinden sich auf den rückwärtigen Gartenflächen der Grundstücke westlich der ...-straße jenseits der faktischen Baugrenze ausschließlich Nebengebäude und Garagen, jedoch keine Wohngebäude oder dem Bauvorhaben des Klägers vergleichbare Anbauten an das Wohngebäude. Angesichts dieser Bebauungsstruktur liegt es ohne Weiteres nahe, dass die Zulassung einer solcher Hauptnutzung im rückwärtigen Teil des Grundstücks des Klägers eine Vorbildwirkung für ähnliche Bauwünsche auf den Grundstücken südlich und nördlich des Baugrundstücks und damit eine erheblichen Verdichtung des bisher in „zweiter Reihe“ aufgelockerten Bebauung zur Folge haben würde. Besondere Grundstücksverhältnisse oder sonstige Umstände, die dies ausschließen würden, sind vom Kläger weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass die faktische Baugrenze teilweise durch Nebengebäude und Garagen und deren Anbauten überschritten würde, ist dies unerheblich, weil allein auf eine Überschreitung der Baugrenze durch Hauptgebäude (einschließlich Anbauten) abzustellen ist. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob das Vorhaben im Fall seiner Verwirklichung ein „Unikat“ darstellen würde, das die vorhandene Umgebungsbebauung nicht prägen und in ihr als Fremdkörper erscheinen würde, wie der Kläger unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 15.2.1990 - 4 C 23/86 - BVerwGE 84, 322) wohl meint.

Soweit der Kläger weiter darauf verweist, dass auf den rückwärtigen Teilen der Grundstücke teilweise auch gewerbliche Nutzungen oder Wohnnutzungen stattfinden würden, setzt er sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dass es sich hierbei um nicht genehmigte Nutzungen handelt, deren bauaufsichtliche Überprüfung sich die Bauaufsichtsbehörde vorbehalten habe (vgl. zur Maßgeblichkeit tatsächlich vorhandener, illegaler Nutzung vgl. BayVGH, B. v. 29.1.2016 - 15 ZB 13.1759 Rn. 12 m. w. N.). Die Darlegung im Sinn des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert eine substanziierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung in der Weise, dass sich der Kläger mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsfeststellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinandersetzt und aufzeigt, warum sie aus seiner Sicht nicht tragfähig sind (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 Rn. 19; BayVGH vom 18.1.2011 - 8 ZB 10.2239 - juris Rn. 8 m. w. N.). Die bloße Benennung angeblich bestehender Hauptnutzungen in den rückwärtigen Grundstücksteilen reicht dafür nicht aus.

2. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B. v. 16.11.2010 - 6 B 58/10 - juris Rn. 3; vom 17.12.2010 - 8 B 38/10 - ZOV 2011, 45 Rn. 7 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob auch eine faktische Baugrenze (§ 23 BauNVO) funktionslos werden kann“, ist schon nicht klärungsbedürftig, weil sie anhand des Gesetzes und der Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens unschwer geklärt werden kann.

Sie ist zu verneinen. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO dürfen, wenn eine Baugrenze festgesetzt ist, Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Nach der vom Kläger angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B. v. 9.10.2003 - 4 B 85/03 - BauR 2004, 1128 = juris Rn. 8) kann eine bauplanerische Festsetzung funktionslos werden, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Diese Rechtsprechung ist auf eine faktische Baugrenze nicht übertragbar. Eine faktische Baugrenze kann sich nur aus der tatsächlich vorhandenen Bebauung im Hinblick auf die überbaute Grundstücksfläche und der räumlichen Lage benachbarter Gebäuden ergeben. Sie liegt vor, wenn sich aus der Anordnung der Gebäude eine gemeinsame Bauflucht ablesen lässt, die den Schluss darauf zulässt, dass diese von Gebäuden und Gebäudeteilen nicht überschritten werden darf. Ändern sich die tatsächlichen Verhältnisse in der Weise, dass eine solche Schlussfolgerung nicht (mehr) möglich ist, liegt keine faktische Baugrenze (mehr) vor, so dass es eines Zurückgreifens auf die Konstruktion der Funktionslosigkeit nicht bedarf.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von den Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofs vom 10. Juli 1998 (Az. 2 B 96.2819 - juris Rn. 25) und vom 27. September 2010 (Az. 2 ZB 08.2775 - juris Rn. 4) zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwal-tungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden. Die bloße Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die die betreffenden Gerichte in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8.14 - juris Rn. 2; B. v. 27.10.2014 - 2 B 52/14 - juris Rn. 5; B. v. 22.10.2014 - 8 B 2/14 - juris Rn. 21 ff.). So liegt es aber hier.

Mit dem Einwand, die erstinstanzlichen Entscheidung widerspreche den in den genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs aufgestellten Rechtssatz, dass „bei einem inmitten eines Wohngebiets gelegenen Vorhaben als Bereich gegenseitiger Prägung regelmäßig das Straßengeviert und die gegenüberliegende Straßenseite anzusehen sei“, weil das Verwaltungsgericht als nähere Umgebung nicht einmal die gegenüberliegende Straßenseite in Betracht gezogen habe, macht der Kläger in der Sache eine fehlerhafte Anwendung des von den genannten Gerichten aufgestellten Rechtssatzes geltend. Einen von diesem Rechtsatz abweichenden Rechtssatz, den das Verwaltungsgericht aufgestellt haben soll, benennt der Kläger nicht. Abgesehen davon dürfte der genannte Rechtssatz infolge der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass diese „Regel“ nicht von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall entbindet (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 8), als überholt anzusehen sein, so dass es in einem Berufungsverfahren hierauf nicht ankäme.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.6 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 5. Oktober 2016, Az., wird aufgehoben.

Der Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung für eine zweiseitige, beleuchtete Werbeanlage auf Fl.Nr., Gemarkung, zu erteilen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine Baugenehmigung für eine zweiseitige, beleuchtete Werbeanlage.

Der Klägerin war mit Bescheid des Landratsamts * vom 18. August 2009 die Baugenehmigung für die Errichtung einer zweiseitigen, unbeleuchteten Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr., Gemarkung * (postalische Adresse: * *) erteilt worden. Auf dem Grundstück, für das kein Bebauungsplan besteht, befindet sich ein *-Verbrauchermarkt nebst Stellplätzen. Die Werbetafel wurde an der südlichen Grundstücksgrenze (Begrenzung der Stellplätze durch eine kleine Mauer), in etwa auf Höhe des Eingangs zum Verbrauchermarkt, parallel zu der südlich am Grundstück vorbeiführenden Straße „*“ errichtet, welche Teil der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße * ist.

Am 29. Juli 2013 änderte die Beigeladene ihre Werbeanlagensatzung. In der geänderten Fassung enthält die Satzung insbesondere folgende Regelungen:

– Nr. 3.1: „Diese Werbeanlagensatzung gilt in den dörflich bzw. historisch geprägten Ortskernen des Stadtgebietes von * (“Kernbereiche„) sowie in reduzierter Form in den “Einfahrtsbereichen„zum Stadtzentrum * sowie des Ortsteils *. Die Geltungsbereiche sind im beigefügten Lageplan, der Bestandteil dieser Satzung ist, gekennzeichnet.“

– Nr. 5.1: „Werbeanlagen sind in Kernbereichen nur an der Stätte der Leistung zulässig. Ausnahmsweise zugelassen werden können Hinweisschilder bei versteckt liegenden Gewerbebetrieben, soweit sie den übrigen Anforderungen dieser Satzung entsprechen.“

– Nr. 9.1: „In Einfahrtsbereichen und Kernbereichen sind folgende Arten und Ausgestaltungen von Werbeanlagen unzulässig:

o Werbeanlagen ab einer Ansichtsfläche von 6,00 m² oder (falls an einem Gebäude angebracht) mit einer Größe von mehr als 8% der jeweiligen Wandfläche (senkrechte Projektion),

o … [weitere Spiegelstriche]

Am 25. August 2016 beantragte die Klägerin bezüglich des Grundstücks Fl.Nr. * die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben „Veränderung einer beidseitig beklebbaren Werbeanlage für termingebundenen wechselnden Plakatanschlag. Die neue Werbeanlage soll freistehend beidseitig beklebbar und beleuchtet errichtet werden. Bei Genehmigung wird die bestehende Werbeanlage abgebaut“. Nach den eingereichten Bauvorlagen soll die neue Werbeanlage senkrecht zur Straße „*“, ca. 8 m östlich der zu ersetzenden Werbeanlage errichtet werden. Die Außenausmaße der auf einem Monofuß stehenden Werbefläche betragen 3,82 m x 2,82 m (Breite x Höhe).“

Am 9. September 2016 lehnte die Beigeladene die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ab und wies darauf hin, dass die beantragte Werbeanlage der Größenbegrenzung in Nr. 9.1 der Werbeanlagensatzung widerspreche.

Nach Anhörung der Klägerin lehnte das Landratsamt mit Bescheid vom 5. Oktober 2016 die Erteilung der Baugenehmigung ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die nähere Umgebung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks entspreche einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO). Dem Vorhaben stehe aber Nr. 9.1 der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen entgegen. Das Grundstück befinde sich im Einfahrtsbereich im Sinne der Werbeanlagensatzung. Mit einer Größe von 9,44 m2 widerspreche die geplante Werbeanlage dem in Nr. 9.1 der Werbeanlagensatzung vorgesehenen generellen Ausschluss von Werbeanlagen mit einer Ansichtsfläche von mehr als 6 m2. Die Beigeladene schließe in ihrer Satzung keine Großwerbeanlagen aus. Sie habe im Rahmen ihrer Planungshoheit aus städtebaulichen Gründen eine allgemeine Größenobergrenze für Werbeanlagen im Einfahrtsbereich getroffen.

Am 17. Oktober 2016 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit den Anträgen,

1. den Bescheid des Beklagten vom 5.10.2016 (Az.: *) aufzuheben;

2. den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen; hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Bauantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, weil öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Vorhaben nicht entgegenstünden. Das Vorha-bengrundstück befinde sich im unbeplanten Innenbereich gem. § 34 BauGB. Die nähere Umgebung entspreche einem Mischgebiet gem. § 6 BauNVO. Dort seien Werbeanlagen als das Wohnen nicht störende Gewerbebetriebe zulässig. Dem Vorhaben stünden auch keine bauordnungsrechtlichen Vorschriften entgegen. Dies gelte insbesondere für die Größenbeschränkung in Nr. 9.1 der Werbeanlagensatzung. Eine generelle Beschränkung von Werbeanlagen ohne ersichtlichen ortsgestalterischen Grund sei gerade in Mischgebieten grundsätzlich unzulässig, da in diesem Gebiet der Baugebietscharakter nicht einheitlich sei.

Das vorliegend in den Blick zu nehmende Mischgebiet (welches der Fläche des Kern- und Einfahrtsbereichs entspreche) erscheine sehr groß. Gerade der Bereich westlich der Bahnhof Straße entspreche angesichts seiner Bebauung und Nutzung eher einem Gewerbegebiet. Das große Mischgebiet weise derart unterschiedliche Bebauungen und Nutzungen auf, dass eine einheitlich durch die Werbeanlagensatzung festgesetzte Größenbeschränkung weniger gerechtfertigt erscheine. Es reiche nicht aus, das Gebiet in Einfahrtsbereich und Kernbereich aufzuteilen. Ein rechtfertigender Grund für die Größenbeschränkung lasse sich weder der Werbeanlagensatzung noch dem Ablehnungsbescheid entnehmen. Weder am Standort des Vorhabens noch in der näheren Umgebung befinde sich ein besonders schützenswertes Umfeld. Vielmehr füge sich die Werbeanlage sehr gut in das Ortsbild ein. Nicht zuletzt bestehe an dem Standort bereits die im Jahre 2009 genehmigte Werbeanlage. Diese solle lediglich optimiert und ersetzt werden.

Ferner sei zweifelhaft, ob der Standort noch dem Einfahrtsbereich zugeordnet werden könne. Der Lageplan zur Werbeanlagensatzung lasse dies nicht genau erkennen; an dem Grundstück beginne auch der Kernbereich. Aber auch falls die Anlage in den Kernbereich falle, stünden keine Satzungsvorschriften entgegen. Das in Nr. 5.1 der Werbeanlagensatzung geregelte Fremdwerbeverbot sei in Mischgebieten nach der Rechtsprechung unzulässig. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO vor, da das Verbot auf Grund der Differenzierung zwischen Eigen- und Fremdwerbung nicht ortsgestalterisch begründet sei. Eigen- und Fremdwerbung unterscheide sich äußerlich kaum bzw. nicht.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23. November 2016,

die Klage abzuweisen.

Auf den Ablehnungsbescheid werde verwiesen. Der Standort der Werbeanlage befinde sich eindeutig im Einfahrtsbereich. Das Grundstück grenze nicht an den in der Werbeanlagensatzung rot gekennzeichneten Kernbereich an.

Die Beigeladene äußerte sich schriftsätzlich nicht.

Am 16. Dezember 2016 führte der Berichterstatter im Beisein von Vertretern der Beteiligten einen Augenscheintermin durch.

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2017 wurden die schriftlich angekündigten Klageanträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist bereits im Hauptantrag zulässig und begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, weil dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 59 Satz 1 BayBO). Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 5. Oktober 2016 ist daher rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Dem Vorhaben steht die - hier vom Beklagten allein angeführte - Regelung in § 2, Nr. 9.1, 1. Spiegelstrich der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen als örtliche Bauvorschrift (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 81 BayBO) nicht entgegen. Zwar überschreitet die streitgegenständliche Werbeanlage die dort festgelegte Maximalgröße der Ansichtsfläche von 6,00 m2. Diese Bestimmung erfüllt jedoch jedenfalls in Bezug auf die hier streitgegenständliche Werbeanlage nicht die Vorgaben des Art. 81 BayBO und ist daher unwirksam.

Offen kann bleiben, ob die in Rede stehende Größenbeschränkung eine besondere Anforderung an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen i.S.v. Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO darstellt oder - wofür angesichts des sich aus der Größenbeschränkung ergebenden faktischen Verbots von Werbeanlagen im gängigen Euro-Format sowie aus der Formulierung „sind unzulässig“ in Nr. 9.1 der Werbeanlagensatzung mehr spricht - nur auf Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO (Verbot der Errichtung von Werbeanlagen) gestützt werden kann.

Gründe für die von der Beigeladenen getroffene Regelung im Hinblick auf die Erhaltung und Gestaltung des Ortsbildes (Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO) bzw. ortsgestalterische Gründe (Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) sind jedenfalls weder der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen zu entnehmen, noch liegen solche Gründe nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung vor. Die Beigeladene hat zwar mit ihrer Satzung bei den Anforderungen an bzw. den Beschränkungen für Werbeanlagen nach „Kernbereichen“, „Einfahrtsbereichen“ - die jeweils an diese Kernbereiche anschließen -, sowie faktisch für weitere Bereiche, bei denen Werbeanlagen keinen satzungsmäßigen Vorgaben unterliegen, differenziert. Dem liegt wohl - näheres lässt sich der Satzung nicht entnehmen - eine Abstufung dergestalt zu Grunde, dass Werbeanlagen umso größeren Beschränkungen unterworfen sein sollen, je näher sie zum Stadtkern liegen. Es existiert jedoch kein Erfahrungs- und damit Rechtssatz des Inhalts, dass die einen Ortskern umgebenden Bereiche und Straßenzüge - selbst wenn dieser Ortskern ein schützenswertes Ortsbild aufweist - allein deshalb, d.h. wegen ihrer Nähe oder auf Grund ihrer Funktion als Zufahrt zum Ortskern, die Einschränkungen bzw. Verbote des Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 und / oder Nr. 2 BayBO erfordern. Zudem kommt es auf derartige abstrakte Überlegungen nicht an. Vielmehr ist im Rahmen von Satzungen nach Art. 81 BayBO Abs. 1 Nr. 1 und 2 auf die Erforderlichkeit nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Bereichs abzustellen (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.1.2012 - Vf. 18-VII-09 - VerfGH 65, 1 - juris Rn. 105 ff.; BayVGH, B.v. 23.10.2015 - 15 ZB 14.2530 - juris Rn. 9). Dies gilt auch bei Flächen- und Größenbegrenzungen, wie sie hier vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2015 - 15 ZB 13.1896 - juris Rn. 4 und 7; BayVGH, B.v. 21.11.2012 - 15 ZB 10.1796 - juris Rn. 9 ff.). Derartige ortsbildbegründete Differenzierungen sind der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen nicht zu entnehmen. Vielmehr ist in Mischgebieten - wie hier unstreitig vorliegend - ein generelles Verbot von Werbung mit Großflächenwerbetafeln unverhältnismäßig und unwirksam, weil es dort voraussetzungsgemäß an einem Mindestmaß an Einheitlichkeit des Baugebietscharakters fehlt (BayVGH, B.v. 21.11.2012 - 15 ZB 10.1796 - juris Rn. 11; VG Würzburg, U.v. 10.3.2015 - W 4 K 14.1137 - Rn. 29 f.).

Zwar erscheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Satzungsgeber auch für Mischgebiete Größenbeschränkungen für Werbeanlagen festlegt und damit die Errichtung von Werbetafeln im gängigen Euro-Format (Ansichtsfläche ca. 9,50 m2; Außenmaße ca. 10,80 m2) unterbindet. Erforderlich ist in diesem Fall jedoch - wie stets -, dass eine solche Einschränkung nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten, etwa zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung sowie von Bau- oder Naturdenkmälern, gerechtfertigt ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2015 - 15 ZB 13.1896 - juris Rn. 10 m.w.N.; BayVGH, B.v. 21.11.2012 - 15 ZB 10.1796 - juris Rn. 11).

Derartige konkrete örtliche Gegebenheiten sind in Bezug auf das streitgegenständliche Vorhaben jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr liegt der Standort in einer ganz überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägten Umgebung (*-Verbrauchermarkt; *-Elektronikmarkt nordwestlich; zugehörige großzügig dimensionierte Stellplatzflächen). Selbst den großflächigen Einzelhandelsbetrieben entlang der * kommt, jedenfalls im südlichen Bereich, noch eine prägende Wirkung zu. Die Wohnbebauung nördlich des *-Marktes ist durch diesen von der Werbeanlage abgeschirmt. Die Wohnbebauung südlich der Straße „*“ ist durch die genannten gewerblichen Einzelhandelsnutzungen sowie durch ihre Lage an der an dieser Stelle (einschließlich Gehsteigen) ca. 11 m breiten Ortsdurchfahrt der Bundesstraße * mitgeprägt; ein besonders schutzwürdiges Ortsbild besteht jedenfalls nicht. Vielmehr ist das Ortsbild hier in Bezug auf Werbeanlagen auf Grund der im Jahre 2009 der Klägerin mit dem Einvernehmen der Beigeladenen genehmigten - und nunmehr abzubauenden - Anlage (ebenfalls im Euro-Format) vorbelastet.

Auch Bauplanungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. §§ 29 ff. BauGB) steht - abgesehen davon, dass weder Beklagter noch Beigeladene insoweit Einwände erhoben haben - dem Vorhaben nicht entgegen. In Betracht kommt insoweit allenfalls, dass sich das Vorhaben nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht gem. § 34 Abs. 1 BauGB einfügt. Jedoch kann eine früher auf dem Vorhaben-grundstück auf Grund der Zurücksetzung des *-Markts bzw. des Freibleibens des südlichen Grundstücksbereichs wohl bestehende faktische Baugrenze (vgl. § 23 Abs. 3 BauNVO) angesichts der - im Einvernehmen mit der Beigeladenen erteilten - Genehmigung und der Errichtung der bestehenden Werbeanlage in diesem zuvor von Bebauung freien Bereich nicht (mehr) angenommen werden. Insoweit fehlt es nunmehr für die Annahme einer faktischen Baugrenze an hinreichenden Anhaltspunkten für eine städtebaulich verfestigte Situation. Durch die seinerzeitige Genehmigung ist - in Bezug auf die Lage der Baukörper - letztlich ein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert entstanden (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 12).

Da die Klage bereits im Hauptantrag Erfolg hat, war über den hilfsweise gestellten Verbescheidungsantrag nicht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, konnten ihr keine Kosten auferlegt werden (§ 154 Abs. 3 VwGO); aus diesem Grunde trägt sie jedoch auch ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Zwei-Familien-Hauses im Gemeindegebiet der Beigeladenen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 737/119, Gemarkung ... (Baugrundstück). Das Baugrundstück hat eine Fläche von 500 m² und liegt südlich der Straße „...“. Die an diese Straße anliegenden Grundstücke sind durch eine Hanglage geprägt. Ausgehend von dem Straßenniveau steigt das Gelände auf dem Baugrundstück zunächst steil Richtung Süden an, bildet dann einen Geländeabsatz und steigt danach wieder steil Richtung Süden bis zur Grundstücksgrenze an. Der Höhenunterschied von der Straße „...“ bis zur nördlichen Grundstücksgrenze beträgt ca. 8 m bei einer Grundstückslänge zwischen 23 m und 26 m. Das Grundstück weist darüber hinaus ein leichteres Gefälle von West nach Ost auf. Im Bereich der nordöstlichen Grundstücksecke ist dieses am stärksten ausgeprägt. Ein Bebauungsplan für das Baugrundstück besteht nicht.

Mit Bauantrag vom ... April 2016 begehrte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Zwei-Familien-Hauses auf dem Baugrundstück. Der Baukörper soll nach den eingereichten Plänen über 3 Geschosse verfügen. Wegen der Hanglage handelt es sich bei dem im Plan als „Untergeschoss“ bezeichneten Geschoss um ein belichtetes Wohngeschoss, darauf folgen das im Plan als „Erdgeschoss“ bezeichnete Geschoss sowie ein ausgebautes Dachgeschoss. Die Grund-fläche des Untergeschosses soll 120,24 m², des Erdgeschosses 102 m² und des Dachgeschosses 85,32 m² betragen. Das Untergeschoss sowie das Erdgeschoss sollen zum Hauptbaukörper Richtung Norden verschoben ausgeführt werden, so dass sich eine treppenartige Gestaltung des Baukörpers Richtung Norden mit einer Dachterrasse auf dem Untergeschoss sowie einer Dachterrasse auf dem Erdgeschoss ergibt. Die Entfernung zwischen der geplanten Gebäudeaußenwand des Untergeschosses und der nördlichen Grundstücksgrenze beträgt zwischen ca. 7,80 m und 8,10 m (Maßentnahme aus dem Plan). Die Gebäudeaußenwand des „Erdgeschosses“ ist zwischen ca. 10 m und 10,40 m von der nördlichen Grundstücksgrenze entfernt vorgesehen. Die Wandhöhe im Bereich des Hauptbaukörpers soll - bezogen auf das natürliche Gelände an der Nordfassade - 7,06 m, die Firsthöhe - bezogen auf diesen Punkt - 9,37 m betragen. Die Firsthöhe - bezogen auf das Straßenniveau - ist mit 12,30 m verzeichnet.

Mit Beschluss vom 19. April 2016 lehnte der Bauausschuss des Beigeladenen die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens zu dem Bauvorhaben ab. Der Bauantrag wurde dem Landratsamt Rosenheim (im Folgenden: Landratsamt) am 26. April 2016 zugeleitet.

Eine Entscheidung über den Bauantrag erfolgte bisher nicht.

Mit Schriftsatz vom ... August 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 22. August 2016, hat die Bevollmächtigte der Klägerin Klage gegen den Beklagten erhoben. Sie beantragt zuletzt:

Der Beklagte wird verpflichtet, die unter dem 6. April 2016 beantragte Baugenehmigung für die Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. 737/119, Gemarkung ... zu erteilen.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf die Baugenehmigung. Das Bauvorhaben füge sich in die maßgebliche Umgebung ein. Hinsichtlich der Gebäudehöhe bleibe das geplante Vorhaben hinter der Bebauung des Nachbargrundstücks zurück. Nur die Wandhöhe im Norden sei wegen des abweichenden Hangs größer als bei dem Nachbargebäude. Auch hinsichtlich der Geschossigkeit halte sich das Vorhaben in dem durch die Nachbarvorhaben vorgegebenen Rahmen. Die auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindlichen Häuser hätten an der Hangseite sogar zwei Geschosse, während das Bauvorhaben an der Hangseite nur mit einem Erdgeschoss und einer Dachfläche sichtbar werde. Die geplante Bebauung überschreite auch keine Baugrenzen, die aus der Umgebung ablesbar seien. Es handele sich bei der Nachbarbebauung um eine uneinheitliche Bebauung, aus der sich keine eindeutige Baugrenze ergebe. Die Gebäudestruktur sowie deren Lage im Grundstück seien unterschiedlich. Jedenfalls seien durch das Vorhaben keine bodenrechtlichen Spannungen in dem Gebiet zu erwarten. Auch die gemeindliche Gestaltungssatzung stehe dem Vorhaben nicht entgegen, da die Satzung unwirksam sei. Trotz der inhomogenen Struktur des Gemeindegebietes gelte die Satzung für das gesamte Gemeindegebiet. Es fehle zudem eine Ortsbildanalyse, die eine bestimmte Gestaltung rechtfertigen könne. Die im vorliegenden Fall problematische Regelung zu den Dachüberständen sei aufgrund zahlreicher bereits vorhandener Ausnahmen im Übrigen obsolet sowie aufgrund der Formulierung „in der Regel“ zu unbestimmt.

Mit Schriftsatz vom 15. November 2016 beantragt der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Das Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da es sich nicht in die nähere Umgebung einfüge. Es überschreite in dem vorgelagerten Bereich des Erd- sowie des Untergeschosses die zur Straße „...“ vorhandene, nördlich der Gebäude „...“ 30 - 36 feststellbare faktische Baugrenze. Darüber hinaus verlasse das Vorhaben mit seiner tatsächlichen Firsthöhe den vorgegebenen Rahmen und sei mit der Gestaltungssatzung des Beigeladenen hinsichtlich der Dachüberstände nicht vereinbar.

Mit Schriftsatz vom ... September 2016 nahm der Beigeladene zum Klageverfahren Stellung. Hierauf wird Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenschein am 29. November 2016. Auf die Augenscheinfeststellungen in der Niederschrift vom 29. November 2016 wird verwiesen. Darüber hinaus wird zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die als Untätigkeitsklage (§ 75 Satz 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO) zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Es besteht kein Anspruch auf die Erteilung der mit dem Bauantrag vom ... April 2016 begehrten Baugenehmigung, da das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) bauplanungsrechtlich unzulässig ist (Art. 68 i. V. m. Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 Bayerische Bauordnung - BayBO). Das beantragte Vorhaben fügt sich bei Betrachtung der hier maßgeblichen näheren Umgebung (1.) hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche wegen einer faktischen Baugrenze (2.) nicht in die nähere Umgebung ein, da die Überschreitung der Baugrenze zu städtebaulichen Spannungen (3.) führt.

1. Der für das Einfügen nach der überbaubaren Grundstücksfläche gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im vorliegenden Fall maßgebliche Bereich ist die Bebauungszeile nördlich der Straße „...“ - beginnend im Osten mit dem Baugrundstück, mindestens bis zu der Wegefläche FlNr. 737/66.

Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ anzusehen ist, hängt davon ab, wie weit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (BayVGH, U. v. 7.3.2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls. Die „nähere Umgebung“ ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246 - 124 - juris Rn. 79). Bei der überbaubaren Grundstücksfläche ist der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen deutlich weniger weit reicht, als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass nur wenige - unter Umständen sogar nur zwei - Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (BayVGH, B. v. 19.12.2006 - 1 ZB 05.1371 - juris Rn. 20).

Bei Berücksichtigung dieser Vorgaben ist im vorliegenden Fall ein eng begrenzter Bereich als nähere Umgebung anzusehen. Für eine hier in Betracht zu ziehende, die überbaubare Grundstücksfläche beschränkende, faktische Baugrenze entlang einer Straße ist zunächst nur die Bebauung auf der jeweiligen Straßenseite maßgeblich. Hier also die Bebauungszeile südlich der Straße „...“. Nur die im Anschluss an das Baugrundstück nach Westen und Osten befindlichen Gebäude können eine Grenze bilden, die einen Mindestabstand der Gebäude zur Straße vorgeben.

Aufgrund der besonderen topographischen Verhältnisse beschränkt sich der für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche Bereich entlang der Straße zudem nur auf das Baugrundstück selbst sowie die Gebäude westlich des Baugrundstücks auf den FlNr. 737/63, 737/62 und 737/65 (... 28, 30, 32). Das Gelände südlich der Straße „...“ ist durch einen steilen, von Norden nach Süden ansteigenden Hang gekennzeichnet. Die Hauptbaukörper im Westen des Baugrundstücks befinden sich alle in einem ähnlichen Abstand zur Straße, da die Lage der Gebäude topographisch durch einen Geländeabsatz vorgegeben ist, der den ansonsten gleichmäßig steil ansteigenden Hang unterbricht und dadurch topographisch gliedert. Die genannten Gebäude befinden sich deshalb sämtlich auf der gleichen Höhenlage. Demgegenüber liegt das Gebäude östlich des Baugrundstücks auf FlNr. 737/101 (... 34) erheblich tiefer. Der Hang nach dem Wegegrundstück FlNr. 737/102 fällt deutlich Richtung Osten ab und bildet eine topographische Zäsur, die den maßgeblichen Bereich nach Osten abgrenzt. Im Westen endet der maßgebliche Bereich mit dem Wegegrundstück FlNr. 737/66. An dieser Stelle macht die Straße „...“ nach dem Grundstück FlNr. 737/63 (... 28) eine starke Kurve, so dass keine optische Verbindung zwischen der sich Richtung Südwesten fortsetzenden Häuserzeile und der östlich davon befindlichen Häuserzeile mehr erkennbar ist. Das Gebäude FlNr. 737/67 (... 24) hat zudem ein anderes Niveau des Erdgeschossfußbodens als die Bebauung östlich davon.

2. Die Hauptbaukörper „...“ 28, 30 und 32 schaffen eine städtebauliche Situation, die einen Bereich kennzeichnet, der unbebaut bleiben soll. Sie bilden mit ihren nördlichen Gebäudeaußenwänden eine faktische Baugrenze für Hauptgebäude.

Es handelt sich bei der Stellung der Gebäude - angesichts der besonderen Topographie - um eine städtebaulich verfestigte Situation und kein bloßes Zufallsprodukt ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert (BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 12). Sowohl auf dem Baugrundstück als auch bei den genannten, westlich anschließenden Grundstücken besteht die Besonderheit, dass der Bereich unmittelbar anschließend an die Straße „...“ zunächst bis zu einem Abstand von ca. 12 m von der Straßengrenze steil ansteigt. Danach folgt eine flachere Hangzone, auf der die Gebäude errichtet wurden. Erst nach den Gebäuden nimmt der Hang seine ursprüngliche Hangneigung wieder auf. Dies führt zu einer einheitlichen Grünzone südlich der Straße „...“, die im Bereich des steileren Hangabschnittes zu finden ist. Nur in dem gering geneigten Bereich, der für eine bauliche Nutzung geeignet ist, wurden Hauptgebäude errichtet. Dies führt zu einem sowohl topographisch als auch baulich ablesbaren, deutlichen Ordnungsprinzip. Die Grünzone entlang der Straße mit einer Mindestbreite von ca. 12 m tritt durch die Geländesituation deutlich hervor. Städtebaulich wird die Situation unterstrichen und verstärkt, durch die bestehenden Gebäude, die die Topographie nachzeichnen. Der wegen der starken Neigung für eine Bebauung ungeeignete Bereich bleibt frei. Dieses Ordnungsprinzip fällt dem unbefangenen Betrachter ins Auge. Mithin handelt es sich bei der durch die Hauptgebäude „... 28, 30 und 32“ vorgegebene Gebäudestellung im Verhältnis zur Straße um eine faktische Baugrenze, die nicht überschritten werden soll.

Dem steht nicht entgegen, dass auf dem Grundstück FlNr. 737/65 ein Nebengebäude geringfügig näher an die Straße heranrückt. Die Kammer geht von einer faktischen vorderen Baugrenze aus, die eine entsprechende Anwendung von § 23 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO) rechtfertigt. Das Bestehen einer solchen Baugrenze schließt weder das geringfügige Vortreten von Gebäudeteilen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 BauNVO) noch die Zulassung von Nebenanlagen (§ 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO) aus. Nach dem Eindruck der Kammer beim gerichtlichen Augenschein war darüber hinaus festzustellen, dass das Nebengebäude auf FlNr. 737/65 ebenso wie der dort am Hauptgebäude bestehende Erker Richtung Straße „...“ nicht merklich über die vorstehend beschriebene faktische Baugrenze hinausgreift, da insbesondere der mit der faktischen Baugrenze beginnende steile Hangbereich als Grünzone nicht spürbar tangiert wird.

Auch die entsprechend dem Hangverlauf leicht gedrehte bzw. verschobene Stellung der Baukörper auf FlNr. 737/62 und 737/63 widerspricht der Annahme einer faktischen Baugrenze nicht. Bei einer Baugrenze handelt es sich um eine Linie, die von Gebäuden und Gebäudeteilen nicht überschritten werden darf. Für das Vorliegen einer faktischen Baugrenze kommt es deshalb nicht darauf an, dass sämtliche Gebäudeaußenwände des maßgeblichen Bereichs auf einer Linie liegen. Vielmehr kennzeichnet die Baugrenze den Bereich der von einer Bebauung freizuhalten ist. Ein solcher ist nach dem vorstehend Ausgeführten bis zu einer Mindesttiefe von etwa 12 m im Bereich des steileren Hanges deutlich ablesbar, auch wenn sich die Gebäude zum Teil geringfügig in einem größeren Abstand zur Straße befinden.

3. Das geplante Vorhaben überschreitet mit dem Unter- und dem Erdgeschoss die vorstehend beschriebene faktische Baugrenze nach Norden. Es fügt sich deshalb hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht ein, da die Zulassung des Vorhabens zu städtebaulichen Spannungen führen würde.

Die streitgegenständliche Planung hält die faktisch durch die Umgebungsbebauung vorgegebene Baugrenze nur mit dem Dachgeschoss ein (vgl. rot schraffierter Bereich im Lageplan des Eingabeplans vom ... April 2016). Demgegenüber treten das Erd- und das Untergeschoss etwa 4 m über die vorstehend beschriebene Baugrenze hinaus. Diese Überschreitung lässt sich im Eingabeplan auch anhand des dort dargestellten natürlichen Geländes ablesen. In den Schnitten wird deutlich, dass nur der Baukörperbereich, der in seiner Fortsetzung nach oben das Dachgeschoss bildet, auf dem flacheren Hangbereich zu liegen kommt (vgl. Eingabeplan „Schnitt A-A“ und „Schnitt B-B“). Die Zulassung eines derartigen Vorhabens würde bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen hervorrufen.

Bodenrechtlich beachtliche bewältigungsbedürftige Spannungen werden begründet und erhöht, wenn Bauvorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtern, stören oder belasten und das Bedürfnis hervorrufen, die Voraussetzungen für ihre Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen. Dabei ist insbesondere eine mögliche Vorbildwirkung des Vorhabens für andere Bauvorhaben auf Nachbargrundstücken in vergleichbarer Lage zu berücksichtigen (BVerwG, B. v. 25.3.1999 - 4 B 15.99 - ZfBR 2000, 68 - juris Rn. 5 m. w. N.). Derartige bewältigungsbedürftige städtebauliche Spannungen würden eine Überschreitung der Baugrenze im beantragten Umfang verursachen.

Dies ergibt sich zunächst aus der Vorbildwirkung des Vorhabens für die im Westen anschließenden Grundstücke. Für den Fall des Hinausschiebens der Grenze der Bebauung durch Hauptgebäude um 4 m Richtung Norden könnte ein derartiges Ansinnen den benachbarten Grundstückseigentümern nicht verwehrt werden. Eine Vorbildwirkung für andere Bauvorhaben wäre damit gegeben, zumal angesichts des Alters der bestehenden Gebäude mit Ersatzbauten zu rechnen ist.

Es würde im nicht nur zu einem Heranrücken der Bebauung an die Straße kommen, sondern darüber hinaus auch zu einer Veränderung der Baukörpergestalt entlang der Südseite der Straße „...“. Durch die Überschreitung der durch die Topographie vorgegebenen faktischen Baugrenze ergibt sich, dass künftige Bauvorhaben weitaus stärker in den steileren Hangabschnitt zwischen der Straße und der faktischen Baugrenze eingreifen würden. Angesichts der Steilheit des Hanges in diesem Bereich würde dies zu optisch massiver wirkenden Gebäuden entlang der Straße infolge talseits größerer Wandhöhen führen. Dies wird auch bei dem geplanten Vorhaben deutlich. In dem Bereich des Unter- und des Erdgeschosses ergibt sich zwar keine einheitlich größere Wandhöhe als bei den Nachbargebäuden, da die Geschosse gestuft angeordnet werden. Optisch erscheint der Baukörper für den Betrachter von der Straße „...“ trotz seiner Stufung erheblich massiver. Das Gebäude wirkt aufgrund des näheren Heranrückens deutlich massiver. Dieser Eindruck wird durch die Stützmauer der Stellplätze und den Zugang zum Kellergeschoss verstärkt. Mit der Zulassung der streitgegenständlichen Bebauung würde die der Topographie angepasste bauliche Nutzung in dem Bereich südlich der Straße „...“ aufgegeben und der bisher durch die Topographie vorgegebenen städtebaulichen Situation nicht mehr Rechnung getragen werden können.

Auf die übrigen im Verfahren von den Parteien kontrovers diskutierten weiteren Einfügenskriterien kommt es nicht mehr entscheidungserheblich an. Schon durch die Überschreitung der faktischen Baugrenze ist ein Einfügen i. S. v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht mehr gegeben und der geltend gemachten Anspruch zu verneinen.

4. Die Klägerin hat als unterlegene Partei gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gemäß § 162 Abs. 3 VwGO trägt der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er sich nicht durch eine Antragstellung in ein Kostenrisiko gemäß § 154 Abs. 3 VwGO begeben hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 20.000,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. Nr. 9.1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

1

Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2

Die benachbarten Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich in einem Stadtviertel mit einer gründerzeitlichen, in der Regel fünfgeschossigen straßenseitigen Blockrandbebauung. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Der Beklagte erteilte der Beigeladenen im November 2009 die streitgegenständliche Baugenehmigung für einen Seitenflügel nebst Quergebäude, der im rückwärtigen Teil ihres Grundstücks an die bestehende Blockrandbebauung anschließt und an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin belegen ist. Das Vorhaben soll über sechs, in ihrer Ausdehnung gestaffelte Geschosse verfügen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Baugenehmigung aufgehoben (Urteil vom 13. März 2013 - OVG 10 B 4.12 - DÖV 2013, 948 ; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2010 - OVG 10 S 31.10 - OVGE BE 31, 204 = LKV 2010, 567 = ZfBR 2011, 161 = BRS 76 Nr. 85), da das Vorhaben die Vorschrift über die Abstandsflächen (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO Berlin) verletze. Namentlich dürfe die Beigeladene nicht nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze bauen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Berlin). Das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Maßgeblich als nähere Umgebung sei allein der südliche Teil des Straßengevierts, in dem eine rückwärtige Bebauung mit einem mehrgeschossigen Seitenflügel kein Vorbild finde, sich vielmehr eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche befinde. In der so bestimmten näheren Umgebung verlaufe hinter der Blockrandbebauung eine Baugrenze. Das Vorhaben der Beigeladenen überschreite diese Baugrenze und löse durch eine nicht auszuschließende Vorbildwirkung bodenrechtliche Spannungen aus.

3

Die Beigeladene fordert im Kern, auch den nördlichen Teil des Straßengevierts als nähere Umgebung in den Blick zu nehmen. Dort befinden sich auch im rückwärtigen Teil der Grundstücke Seitenflügel.

4

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde zumisst.

5

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob

bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen der Kreis für die maßgebliche Umgebung regelmäßig enger zu ziehen ist als hinsichtlich der Art der Nutzung,

ferner, ob insofern der maßgebliche Umkreis hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen tendenziell kleiner zu ziehen ist als das Straßengeviert, in dem das Bauvorhaben liegt.

6

Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie nicht entscheidungserheblich sind (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

7

Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48, vom 21. November 1980 - BVerwG 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370 Rn. 10 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (allg. Meinung, vgl. Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2197; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 21; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 3, Stand Oktober 2013, § 34 Rn. 25; Spannowsky, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 32.3). Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart dieser näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (Beschluss vom 6. November 1997 - BVerwG 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57). So hat der Senat zu § 34 BBauG angenommen, dass bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung "in der Regel" enger zu begrenzen sein werde als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58).

8

Mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es geht also um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (Beschluss vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128 S. 29). Die Instanzgerichte neigen dazu, hinsichtlich dieses Merkmals einen kleineren Umgriff der näheren Umgebung anzunehmen als bei der Art der baulichen Nutzung; dies gelte "in der Regel" (so OVG Magdeburg, Beschluss vom 4. Juli 2012 - 2 L 94/11 - BRS 79 Nr. 101; VGH München, Beschluss vom 25. April 2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18 und Urteil vom 7. März 2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22; VGH Mannheim, Urteil vom 23. September 1993 - 8 S 1281/93 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 5 S 1847/05 - juris Rn. 8) oder "im Regelfall" (OVG Bautzen, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 1 A 710/09 - juris Rn. 6; OVG Münster, Urteile vom 16. November 2001 - 7 A 1143/00 - juris Rn. 29 und vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 - juris Rn. 37). Hiervon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus ("in der Regel", UA S. 16).

9

Ob diese Annahme "im Regelfall" oder - bezogen auf das Straßengeviert "tendenziell" - zutrifft, ist nicht entscheidungserheblich. Denn sie bezeichnet nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der jedenfalls von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet, wie sie das Oberverwaltungsgericht hier vorgenommen hat (UA S. 17 ff.) und die sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Hinzu tritt, dass der von der Beschwerde zum Vergleich herangezogene Umgriff der näheren Umgebung im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzungen sich ebenfalls nur im Einzelfall, aber nicht rechtsgrundsätzlich bestimmen lässt, da er unter anderem von der Art der jeweiligen baulichen Nutzung abhängt. Soweit die Beschwerde als Bezugspunkt das "Straßengeviert" benennt, scheidet eine rechtsgrundsätzliche Klärung schon wegen der Vielgestaltigkeit solcher Straßengevierte aus.

10

b) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf,

ob die maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen auf einen (sowohl hinsichtlich absoluter Maße als auch hinsichtlich der Relation zur übrigen Bebauung im Straßengeviert) kleinen Bereich, welcher nur das Baugrundstück und dessen unmittelbare Umgebung umfasst, reduziert sein kann, wenn sich die daran anschließende Bebauung allein im Hinblick auf die dort verwirklichten Bebauungstiefen unterscheidet,

hieran anschließend, ob unter den genannten Voraussetzungen eine "städtebauliche Zäsur" wegen andersartiger "baulicher Struktur" angenommen werden kann.

11

Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Abgrenzung der näheren Umgebung nicht allein auf die im nördlichen Bereich vorhandene Bebauungstiefe abgestellt, sondern auch darauf verwiesen, dass die Bereiche durch eine relativ hohe fünfgeschossige Bebauung im Blockinnern optisch vollständig voneinander getrennt seien (UA S. 19). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.

12

c) Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage,

ob es bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der dabei erforderlichen Ermittlung, was sich auf das Baugrundstück noch "prägend" auswirkt, allein auf den Blickwinkel eines (stehenden) Menschen ankommt oder ob - zumindest ergänzend - ein Blickwinkel von oben (Vogelperspektive) erforderlich ist.

13

Die Frage ist geklärt, soweit sie rechtsgrundsätzlich klärungsfähig ist. Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie eingebettet ist, nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 S. 55). Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB übertragen werden (Beschluss vom 20. August 1998 - BVerwG 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 76). Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3), die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 127 S. 27). Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, das seine tatrichterliche Würdigung auch auf einen Lageplan (UA S. 4) und ein Luftbild (UA S. 17) stützt. Ob eine wechselseitige Beeinflussung trotz einer, vom Standpunkt eines stehenden Menschen nicht überwindbaren optischen Trennung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht rechtfertigt.

14

d) Die Beschwerde will weiter rechtsgrundsätzlich klären lassen,

ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB bestehende Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks durch eine in der Umgebung vorhandene Bebauung eingeschränkter sein kann, als wenn diese Bebauung nicht vorhanden wäre.

15

Die Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten. Maßgebend für die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, einfügen muss, ist die vorhandene Bebauung. Aus ihr ist der Rahmen abzuleiten, zu dem das Vorhaben in einer bestimmten Beziehung stehen muss (stRspr; Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380, 385 ff.>). Es ist nicht angängig - wie es der Beschwerde offensichtlich vorschwebt -, bei der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung danach zu unterscheiden, ob sie Bebauungsmöglichkeiten eröffnet oder einschränkt.

16

e) Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit der Frage, ob

bei der Bestimmung der hinteren Baugrenze ein deutlich wahrnehmbares Gebäude der Hauptnutzung als nicht prägend außer Acht gelassen werden kann, nur weil es deutlich kleiner ist als die Gebäude in der unmittelbaren Umgebung,

keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Aus der Betrachtung der näheren Umgebung sind solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325> und Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 6; stRspr). Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 18). Die Beschwerde erschöpft sich in einem Angriff auf dessen tatrichterliche Bewertung.

17

2. Die Divergenzrügen nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

18

a) Die behauptete Divergenz zu den Urteilen vom 13. Juni 1969 - BVerwG 4 C 80.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 21) und vom 18. Oktober 1974 - BVerwG 4 C 77.73 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45) ist nicht hinreichend bezeichnet. Diesem Erfordernis ist nur genügt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.

19

Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des Senats kann die Frage, ob etwas nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist, nicht allein nach der Bebauung eines Grundstücks oder nur ganz weniger Grundstücke bestimmt werden (Urteil vom 13. Juni 1969 a.a.O. S. 38). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (Urteil vom 18. Oktober 1974 a.a.O. S. 114).

20

Wie auch die Beschwerde anerkennt, hat sich das Oberverwaltungsgericht der Rechtsprechung des Senats ausdrücklich angeschlossen (UA S. 16). Sie meint indes, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts den (unausgesprochenen) Rechtssatz entnehmen zu können, dass auch ein derart kleiner Umgebungsumgriff grundsätzlich die "nähere Umgebung" innerhalb eines deutlich größeren Bebauungszusammenhangs darstellen könne und die über das Baugrundstück und dessen unmittelbare Nachbargrundstücke hinausgehende Umgebung allein wegen insoweit andersartiger Bebauung ausgeklammert werden könne (Beschwerdebegründung S. 5). In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die tatrichterliche Annahme, der nördliche Teil des Straßenblocks wirke infolge der optischen Trennung und der unterschiedlichen baulichen Strukturen nicht mehr prägend für das Grundstück der Beigeladenen. Die damit erhobene Rüge einer fehlerhaften Subsumtion führt indes nicht zur Annahme einer Divergenz (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

21

b) Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25) liegt ebenfalls nicht vor. Die in Bezug genommenen Ausführungen des Senats (a.a.O. S. 57 f.) sind nicht divergenzfähig, weil sie die dortige Entscheidung nicht tragen (vgl. Beschluss vom 3. April 1996 - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 28; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 36).

22

3. Die Verfahrensrügen führen nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Zulassung der Revision.

23

Die als Aufklärungsrügen erhobenen Rügen verfehlen die Darlegungsanforderungen. Eine Aufklärungsrüge muss substantiiert dartun, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (Beschluss vom 8. Juli 2009 - BVerwG 4 BN 12.09 - juris Rn. 6 f. ; stRspr). Die erhobenen Aufklärungsrügen beschränken sich darauf, vorgebliche Ermittlungsdefizite aufzuzeigen, benennen aber nicht substantiiert, welche Aufklärungsmaßnahmen die Beigeladene noch für geeignet und erforderlich hält.

24

Die Rügen müssten aber auch hiervon unabhängig ohne Erfolg bleiben.

25

a) Die Beschwerde meint, der Einbeziehung des südlichen Teils des Grundstücks K.-straße 44 in die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche (UA S. 15) widerspreche es, dieses Grundstück bei der Herleitung einer faktischen Baugrenze nicht einzubeziehen (UA S. 21). Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4; stRspr), bezeichnet aber keine Verletzung der Aufklärungspflicht.

26

b) Die Beschwerde rügt weiter, das Oberverwaltungsgericht habe die Wirkung des Geländesprungs von 2 m im südlichen Teil des Straßengevierts und der darauf befindlichen Ziegelmauer sowie der Bebauung des Grundstücks K.-straße 44 durch eine Remise und einen Seitenflügel fehlerhaft gewürdigt. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Verhältnisse seinem Urteil zu Grunde gelegt (UA S. 18, 19, 21). Dass es sie rechtlich anders bewertet als die Beigeladene, führt nicht auf einen Verfahrensfehler.

27

c) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht angenommen, es sei in der Umgebung jenseits des Straßengevierts des Vorhabengrundstücks nicht "mehr oder weniger gang und gäbe", dass in den von der Blockrandbebauung umschlossenen Flächen Seitenflügel oder Quergebäude mit Hauptnutzungen stehen (UA S. 19). Das Oberverwaltungsgericht hat indes aus den Feststellungen zu den Blockinnenbereichen zweier Straßenviertel in der Umgebung gefolgert, eine Blockinnenbebauung in der Umgebung sei nicht "mehr oder weniger gang und gäbe". Einer weiteren Aufklärung zu anderen Straßenvierteln bedurfte es nach der für die Beurteilung des Vorliegens eines Verfahrensfehlers maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht (vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>).

28

d) Die Beigeladene meint, das Oberverwaltungsgericht habe Unterlagen zu den Gründen für die Beseitigung von Seitenflügeln in der Vergangenheit fehlerhaft beurteilt. Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, ohne einen Verfahrensfehler zu bezeichnen.

29

e) Die unter 8. erhobene Rüge bezeichnet keinen Verfahrensfehler.

30

f) Die Beschwerde vermisst eine Aufklärung darüber, welche Grundstücke in der näheren Umgebung überbaubare Innenhofflächen aufweisen. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit dieser Umstand nach der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung gewesen sein könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Abgrenzung der näheren Umgebung unter anderem auf die Baustruktur im südlichen Teil des Straßengevierts abgestellt, wo eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche vorhanden sei. Diese werde durch die straßenseitige Blockrandbebauung mit einer großen, im Wesentlichen nicht überbauten Freifläche im Blockinnern geprägt (UA S. 17 f.). Hiervon ausgehend kam es nicht auf die Frage an, welche einzelnen Grundstücke über eine bebaubare Grundstücksfläche im straßenabgewandten Grundstücksteil verfügen.

31

g) Die Beschwerde sieht schließlich die gerichtliche Aufklärungspflicht verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht angenommen habe, eine Vorbildwirkung des streitgegenständlichen Vorhabens sei nicht auszuschließen (UA S. 28). Im Hinblick auf das Flurstück 92 wendet sie sich (erneut) gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zum Umgriff der näheren Umgebung. Ihr weiterer Hinweis, die derzeitige Bebauung des Flurstücks 94 schließe eine Errichtung von Seitenflügeln aus, zieht die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Vorbildwirkung für mögliche Veränderungen der Bebauung auf diesem Grundstück nicht in Zweifel.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. April 2016 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 36 750 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin verlangt die Erteilung eines Bauvorbescheides für die Erweiterung eines großflächigen Lebensmitteldiscount-Markts. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts scheitert die Erteilung eines Vorbescheides an der im maßgeblichen Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze. Sollte der Bebauungsplan unwirksam sein, könne der Vorbescheid gleichfalls nicht erteilt werden. Denn das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht nach der Grundstücksfläche ein, die überbaut werden solle.

2

II. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, welche ihr die Beschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

4

Die Klägerin möchte in der Sache grundsätzlich klären lassen,

ob die Annahme einer faktischen Baugrenze bei der Ermittlung des durch die nähere Umgebung vorgegebenen Rahmens für die überbaubare Grundstücksfläche in einem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB eine städtebaulich verfestigte Situation voraussetzt, sowie,

ob eine faktische Baugrenze auch durch Interpolation einer gedachten Linie zwischen den - sich als städtebauliches Zufallsprodukt erweisenden und (aus dem Blickwinkel des Vorhabengrundstücks) nicht auf einer Höhe befindlichen - Endpunkten zweier Bauriegel ermittelt werden kann.

5

Die Beschwerde zeigt damit keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Die zweite Frage hat schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie allein auf den vorliegenden Einzelfall zugeschnitten ist und sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Aber auch im Übrigen führen die Fragen nicht auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf.

6

Ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich muss sich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundfläche, die überbaut werden soll, in die nähere Umgebung einfügen. Bei diesem Merkmal geht es (auch) um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juni 2009 - 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 4 und vom 13. Mai 2014 - 4 B 38.13 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 217 Rn. 8). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist dabei die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; BVerwG, Urteile vom 26. Mai 1978 - 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>, vom 21. November 1980 - 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - 4 C 5.12 - BVerwGE 148, 290 Rn. 10). Dabei muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt und alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325>).

7

Von diesen Grundsätzen hat sich das Oberverwaltungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung leiten lassen und angenommen, die Hochhäuser Camberger Str. Nr. 2-8 im Westen und An der Pulvermühle 1-7 im Osten markierten mit ihren südlichen Fassadenabschlüssen aufgrund ihrer prägenden Wirkung die Endpunkte einer faktischen Baugrenze im südlichen Bereich des Vorhabengrundstücks (UA S. 13). Die Beschwerde wendet sich unter Berufung auf Formulierungen des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 13. März 2013 - 10 B 4.12 - OVGE BE 34, 20 = juris Rn. 45) und des VGH München (Beschluss vom 3. März 2016 - 15 ZB 14.1542 - juris Rn. 12) gegen diese tatrichterliche Würdigung und verlangt eine Prüfung, ob die vorgefundene Situation städtebaulich verfestigt oder ein bloßes "Zufallsprodukt" ist. Mit diesen bereits in der Berufungsinstanz erhobenen Einwänden (Schriftsatz der Klägerin vom 15. April 2016 S. 9 f.) hat sich das Oberverwaltungsgericht der Sache nach befasst und festgestellt, das Vorhabengrundstück sei nicht diffus geprägt und die Umgebung in Bezug auf das Bestehen einer faktischen Baugrenze auch nicht strukturlos (UA S. 14). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Insbesondere legt sie nicht dar, welche darüber hinausgehenden Anforderungen sich aus den Schlagwörtern der "städtebaulichen Verfestigung" und des "Zufallsproduktes" ergeben könnten.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die mit Bescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 17. Oktober 2014 der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Zweifamilienhauses auf dem Nachbargrundstück FlNr. … Gemarkung D … Ihre Klage wurde vom Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Mai 2015 abgewiesen. Zur Begründung des Urteils wurde ausgeführt, dass sich das Bauvorhaben der Beigeladenen in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und nicht gegen das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung verstößt. Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klägerin beruft sich allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.

1. Die Annahme der Klägerin, das Bauvorhaben füge sich aufgrund einer Hinterlandbebauung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die nähere Umgebung ein, weil die Bebauung nördlich des Vorhabengrundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans „zwischen ... und M …“ eine andere Struktur aufweise, geht fehl. Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (BVerwG, B.v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - juris Rn. 7 m.w.N.). Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 - 4 C 7.15 - juris Rn. 10). Danach ist aber - unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht die geografischen Grenzen der näheren Umgebung in den Urteilsgründen nicht weiter dargelegt hat - nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Bebauung auf dem Grundstück der Klägerin, das unmittelbar nordwestlich an das Baugrundstück angrenzt, selbst dann Maßstab für das Einfügen des Bauvorhabens im Rahmen des § 34 BauGB ist, wenn es in dem genannten Plangebiet liegen sollte (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 34 Rn. 24; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Okt. 2016, § 34 Rn. 36). Ein Aneinanderstoßen zweier jeweils einheitlich geprägter Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen im Hinblick auf die Feststellungen des Verwaltungsgerichts beim Augenscheinstermin sowie der in den Akten befindlichen Luft- und Lichtbilder nicht. Ist somit bereits vorhandene Bebauung auf dem Hintergelände vorhanden, ergeben sich für das angegriffene rahmenwahrende Bauvorhaben regelmäßig auch keine Baubeschränkungen aufgrund bodenrechtlicher Spannungen (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 9).

2. Soweit die Klägerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe die „Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch Hinterlandbebauung innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils i.S.d. § 34 BauGB mangels drittschützender Funktion von Baugrenzen von vornherein allein deswegen ausgeschlossen“, trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt (UA S. 7), dass hier das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche für sich gesehen keinen Nachbarschutz vermittelt und es deshalb für die Verletzung von Nachbarrechten im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB allein darauf ankommt, ob das Vorhaben der Beigeladenen die mit dem Gebot des Einfügens geforderte Rücksichtnahme auf die Klägerin einhält (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21).

3. Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

Bei der Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme kann sowohl ein Rahmen wahrendes Vorhaben ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt als auch umgekehrt ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig sein, wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris Rn. 26 m.w.N.). Entsprechend den obigen Ausführungen wahrt das Bauvorhaben hier den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen, so dass darauf abzustellen ist, ob das Vorhaben es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - juris Rn. 21).

Die Klägerin ist der Ansicht, das Vorhaben sei rücksichtslos, weil ihm eine negative Vorbildwirkung hinsichtlich der erstmaligen Bebauung im bisher unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich zukomme und es vor allem hinsichtlich der Lage der vier Stellplätze und der Zufahrt das Unruhepotential in rücksichtsloser Weise steigere. Das Verwaltungsgericht hat dies jedoch zutreffend verneint. Dem Vorhaben fehlt es bereits an einer im Zulassungsvorbringen behaupteten „negativen Vorbildwirkung“, weil - wie oben ausgeführt - das Grundstück der Klägerin selbst im Hinterland bebaut ist (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 8). Hinsichtlich der Zufahrt und der Stellplätze hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass die Zufahrt nicht entlang der Grundstücksgrenze der Klägerin verläuft und der der Klägerin am nächsten liegende Stellplatz ca. 5 m von der Grundstücksgrenze entfernt ist, weshalb das Gebot der Rücksichtnahme nicht unter dem Gesichtspunkt unzumutbarer Lärm- oder Geruchsimmissionen verletzt ist. Dem wird durch das Zulassungsvorbringen, das auf einen bisher unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich abstellt, nicht substantiiert entgegengetreten. Die Klägerin übersieht, dass sie selbst bereits nicht auf eine Bebauung und Zufahrt zum hinterliegenden Grundstücksbereich verzichtet hat und eine Vorbelastung dieses Bereichs bereits durch Fahrzeuglärm auf ihrem eigenen Grundstück besteht (vgl. BayVGH, U.v. 16.7.2015 - 1 B 15.194 - juris Rn. 20). Darüber hinaus ist nicht dargelegt, dass die Anordnung der Stellplätze und der Zufahrt über den Bereich hinausgeht, den die Klägerin selbst für ihre Zufahrt zum hinterliegenden Gebäude benutzt. Auch insoweit kann deshalb nicht von einem erstmaligen Eindringen in einen bislang unbelasteten rückwärtigen Ruhebereich gesprochen werden (vgl. BayVGH, U.v. 22.1.2010 - 14 B 08.887 - juris Rn. 29). Im Übrigen sind Anhaltspunkte dafür, dass vier Stellplätze für das geplante Zweifamilienhaus über das regelmäßig als sozialadäquat hinzunehmende Maß hinausgehen, weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene einen wesentlichen Beitrag im Zulassungsverfahren geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.