Die Klägerin wendet sich gegen die dem Beigeladenen vom Beklagten erteilte Zustimmung zu ihrer Kündigung.
1. Der Beigeladene ist Internist und führt eine Arztpraxis in .... In der Praxis sind neben der Klägerin als einziger angestellter Ärztin drei Mitarbeiterinnen in Vollzeit, drei Mitarbeiterinnen in Teilzeit sowie drei Auszubildende beschäftigt.
Die 1959 geborene Klägerin weist seit dem 3. Januar 2013 einen Grad der Behinderung von 50 (zuletzt festgestellt durch Widerspruchsbescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales - Landesversorgungsamt - vom 24. September 2013) auf. Die Klägerin leidet demnach an:
- Seelischer Störung, somatoforme Störung (Einzel-GdB: 50)
- Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule (Einzel-GdB: 10)
Die Klägerin war beim Beigeladenen seit dem 1. April 2009 beschäftigt.
Bereits mit Schreiben vom 19. September 2013 wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch den Beigeladenen ordentlich zum 31. März 2014 gekündigt. Diese Kündigung erfolgte jedoch in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin ohne Beteiligung des Integrationsamtes; die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin wurde dem Beigeladenen erst mit anwaltlichem Schreiben der Klägerin vom 1. Oktober 2013 mitgeteilt. Im nachfolgenden arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde daher seitens des Beigeladenen von der Kündigung Abstand genommen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 2. Oktober 2013 beantragte der Beigeladene sodann beim Beklagten vorsorglich die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen bzw. hilfsweise ordentlichen Kündigung der Klägerin. Insoweit wurden verhaltensbedingte Gründe angeführt, namentlich eine arbeitsvertraglich und standesrechtlich pflichtwidrige Nichtbehandlung von Patienten während der Urlaubsvertretung des Beigeladenen. Mit Schreiben des Integrationsamts vom 17. Oktober 2013 wurde der Beigeladene darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Zustimmung des Integrationsamts zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung gesetzlich als erteilt gelte, da das Integrationsamt nicht innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang über den Antrag entschieden habe. Zur Begründung wurde angeführt, dass ein Zusammenhang der Kündigung mit der Behinderung nicht ersichtlich sei. Von einer außerordentlichen Kündigung sah der Beigeladene jedoch in der Folge letztlich ab.
2. Mit anwaltlichem Schreiben vom 8. November 2013 - eingegangen am 14. November 2013 - beantragte der Beigeladene sodann beim Beklagten die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin zum 30. Juni 2014. Zur Begründung wurde angeführt, dass das Arbeitsverhältnis zerrüttet sei. Anfang September 2013 und danach seien dem Beigeladenen mehrere Fälle bekannt geworden, in denen die Klägerin während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Beigeladenen Patienten, die der unverzüglichen Behandlung bedurft hätten, abgewiesen und nicht behandelt habe. Das praxisschädliche Verhalten der Klägerin stelle einen erheblichen Verstoß gegen arbeitsrechtliche Pflichten und das ärztliche Standesrecht dar und hätte zu schweren gesundheitlichen Schäden oder gar zum Tod von Patienten führen können. Beigefügt war eine zweiseitige Auflistung von sieben Patientenbeschwerden über die Klägerin ab August 2012, wobei die Patientennamen aus datenschutzrechtlichen Gründen geschwärzt waren (Ziffern 1.-7. des Dokuments). Im Kern ging es um eine pflichtwidrige Nichtbehandlung von Patienten des Beigeladenen oder anderer niedergelassener Ärzte in .... Im Mittelpunkt stand ein Vorfall vom 30. August 2013, bei dem die Klägerin eine Krebspatientin in der Chemo- und Strahlentherapie, die als Patientin des Beigeladenen während dessen Urlaub mit erheblichen Beschwerden die Praxis aufgesucht habe, nicht untersucht und behandelt, sondern diese schlicht auf die Rückkehr des Beigeladenen verwiesen habe. Letztlich habe es die Klägerin auch pflichtwidrig kategorisch abgelehnt, die Urlaubsvertretung für andere Ärzte aus ... wahrzunehmen (Ziffer 8. des Dokuments). Hinzu komme, dass die Klägerin im Jahr 2013 bis September bereits 39 Krankheitstage aufweise, was zu einer außerordentlichen und nicht mehr tragbaren Belastung des Praxisbetriebs geführt habe, da der Beigeladene bei vollem eigenen Terminbuch auch noch die Krankheitsvertretung für die Klägerin habe übernehmen müssen; unzumutbare Wartezeiten für die Patienten seien die Folge gewesen. Aktuell sei die Klägerin erneut bis voraussichtlich 14. Januar 2014 erkrankt.
Das Integrationsamt gab der Klägerin mit Schreiben vom 14. November 2013 Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag des Beigeladenen bis zum 26. November 2013. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. November 2013 bat die Klägerin um Fristverlängerung bis zum 17. Januar 2014. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Klägerin an einem massiven Erschöpfungssyndrom und weiteren Beeinträchtigungen leide, was eine stationäre Behandlung erforderlich mache. Eine angemessene Stellungnahme könne erst im Nachgang erfolgen. Mit Schreiben vom 26. November 2013 gewährte das Integrationsamt unter Hinweis auf gesetzliche Entscheidungsfristen eine Fristverlängerung bis zum 3. Dezember 2013; hiernach werde nach Aktenlage entschieden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Dezember 2013 nahm die Klägerin gegenüber dem Integrationsamt ausführlich Stellung und wandte sich gegen den Antrag des Beigeladenen. Der umsatzorientierte Beigeladene sei bereits seit längerem unzufrieden mit der - behinderungsbedingt eingeschränkten - Leistungsfähigkeit der Klägerin. Daher habe der Beigeladene bereits im Juni 2013 eine Stellenanzeige im Bayerischen Ärzteblatt geschaltet, um die Stelle der Klägerin neu zu besetzen, ohne der Klägerin - trotz mehrfacher Erkrankung - ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Verhaltensbedingte Kündigungsgründe seien somit nur vorgeschoben, in Wahrheit handele es sich im Fall der Klägerin um eine personen- und behinderungsbedingte Kündigung. Der vom Beigeladenen vorgetragene Sachverhalt werde bestritten. Unabhängig davon sei ein Pflichtverstoß nicht erkennbar. Es sei insbesondere kassenärztlich und versicherungsrechtlich gar nicht zulässig, dass die Klägerin für den Beigeladenen die Urlaubsvertretung übernehme, da sie keine Fachärztin für Innere Medizin sei; daher habe sich die Klägerin insoweit auf die Behandlung von Notfällen beschränkt. Zur Urlaubsvertretung anderer Ärzte in ... sei die Klägerin bereits arbeitsvertraglich nicht verpflichtet gewesen. Bis auf eine Ausnahme habe es sich bei allen angeführten Einzelfällen um solche Vertretungsfälle für Dritte gehandelt; zudem hätten sich die Einzelfälle teils anders abgespielt, teils seien sie auch frei erfunden. In arbeitsrechtlicher Hinsicht handele es sich um eine bloße Verdachtskündigung, die jedoch ohne vorherige Anhörung unzulässig sei. Ferner liege ein Verbrauch der gegenständlichen Kündigungsgründe durch die gleichartige Kündigung bereits vom 19. September 2013 vor; zudem sei der Grundsatz des Vorrangs der Abmahnung verletzt worden. Es sei mit Blick auf den im Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz Pflicht des Integrationsamts, den Sachverhalt umfassend aufzuklären. Nur so sei eine ermessensfehlerfreie Entscheidung möglich. Rechtlich habe das Integrationsamt zwar nicht zu prüfen, ob die geltend gemachten Kündigungsgründe im Lichte des Kündigungsschutzgesetzes tragfähig seien; ob die geltend gemachten Kündigungsgründe jedoch tatsächlich lediglich vorgeschoben seien, habe das Integrationsamt sehr wohl zu prüfen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Dezember 2013 trug der Beigeladene ergänzend zur Begründung seines Antrags vor. Maßgeblich sei allein, dass verhaltensbedingte, nicht behinderungsbedingte Kündigungsgründe geltend gemacht würden, das Bestreiten durch die Klägerin sei für das Integrationsamt irrelevant. Das Arbeitsverhältnis sei zerrüttet. Auch vor dem 19. September 2013 habe es mehrere Vorfälle gegeben, die den Kündigungsentschluss des Beigeladenen haben weiter reifen lassen. So habe die Klägerin Patienten abgewiesen und sich geweigert, Hausbesuche in zwei nahegelegenen Altersheimen durchzuführen; ferner sei sie trotz Ermahnungen mehrfach zu spät gekommen und durch einen rüden Umgangston gegenüber Patienten aufgefallen. Dies alles betreffe die allgemeine Berufseinstellung der Klägerin und habe keinen Behinderungsbezug, auch wenn dem Beigeladenen Details der ihm erst am 1. Oktober 2013 dem Grunde nach mitgeteilten Behinderung der Klägerin weiterhin gar nicht bekannt seien. Dass auch die Klägerin selbst von einer Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses ausgehe, werde dadurch belegt, dass sie selbst sich auf die per Chiffre geschaltete Stellenanzeige aus dem Sommer 2013 beworben habe. Der Vortrag der Klägerin, dass eine Vertretung rechtlich gar nicht zulässig sei, überzeuge nicht, da es sich in sämtlichen Fällen um Hausarztleistungen gehandelt habe. Klarzustellen sei letztlich, dass dem Integrationsamt keine arbeitsrechtliche Prüfung der Kündigungsgründe obliege; die Kündigung sei auch nicht offensichtlich arbeitsrechtlich unwirksam.
3. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2013 erklärte das Integrationsamt die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin. Zur Begründung wurde angeführt, dass die seitens des Beigeladenen vorgetragenen verhaltensbedingten Kündigungsgründe ausreichend seien. Die erheblichen Vorwürfe seien zwar seitens der Klägerin bestritten, jedoch nicht eindeutig und beweiskräftig widerlegt worden, eine offenkundige arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung sei nicht gegeben. Die inhaltliche Prüfung der Kündigungsgründe obliege nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung den Arbeitsgerichten.
4. Hiergegen hat die Klägerin am 10. Januar 2014 Klage erheben lassen. Beantragt ist,
den Bescheid des Integrationsamts vom 17. Dezember 2013 aufzuheben.
Die Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt sei rechtswidrig. Die verhaltensbedingten Kündigungsgründe seien offenkundig lediglich vorgeschoben. Die wahren Gründe der Kündigung seien personen- und behinderungsbedingt und in den Leistungseinschränkungen und wiederholten Erkrankungen der Klägerin zu sehen. Die Fehlzeiten der Klägerin durch akute - nicht chronische - Erkrankungen resultierten daraus, dass der Beigeladene die Klägerin massiv psychisch unter Druck gesetzt habe. Allgemein behandele der Beigeladene seine Mitarbeiter grob rücksichtslos und schreie diese - wie gelegentlich sogar Patienten - auch an; dies könnten aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen des Beigeladenen als Zeugen belegen. Das unangemessene Verhalten des Beigeladenen gegenüber Patienten sei auch in einem Internet-Bewertungsportal für Ärzte vermerkt. Ferner habe der Beigeladene von der Klägerin - erfolglos - verlangt, an Abrechnungsbetrug mitzuwirken; konkret ging es um die Abrechnung von Hausbesuchen in Altersheimen, die nie erfolgt seien. Insoweit werde derzeit gegen den Beigeladenen strafrechtlich ermittelt. Nochmals klargestellt sei, dass die Klägerin als Allgemeinmedizinerin - abgesehen von Notfällen - kassenärztlich nicht befugt sei, den Kläger als Facharzt für Innere Medizin zu vertreten; dies könne durch eine Nachfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung verifiziert werden. Der Beigeladene habe die Klägerin zu einer solchen rechtswidrigen Vertretung nötigen wollen, um sich die Kosten für eine Vertretung durch einen Facharzt zu sparen. Allgemein sei eine Vertretung des Beigeladenen durch die Klägerin in der Sommerzeit auch kapazitär unzumutbar, zumal erwartet werde, in dieser Zeit auch noch andere urlaubsbedingt abwesende Ärzte in ... zu vertreten. Die verhaltensbedingten Vorwürfe des Beigeladenen würden bestritten, die Klägerin habe stets medizinisch einwandfrei und allein am Wohl der Patienten orientiert gehandelt; hierzu sei ggf. ein Sachverständigengutachten einzuholen. Ein detaillierter Vortrag hierzu sei der Klägerin aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich. Die angeführten Kündigungsgründe seien nach alledem unzutreffend und rechtlich nicht tragfähig, hierzu sei bereits im Verwaltungsverfahren substantiiert Stellung genommen worden. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Beigeladene bereits vor Bekanntwerden der nunmehr angeführten Kündigungsgründe per Stellenanzeige nach einer Nachfolgerin gesucht habe. Auch habe er der Klägerin bereits Ende September 2013 ordentlich mit Wirkung zum 31. März 2014 gekündigt und dies mündlich mit deren erheblichen Fehlzeiten begründet. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger bereits eine Nachfolgerin für die Klägerin eingestellt. Das Integrationsamt habe es letztlich pflichtwidrig unterlassen, den maßgeblichen Sachverhalt hinreichend aufzuklären; in der Folge sei die Zustimmungsentscheidung ermessensfehlerhaft.
5. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die beabsichtigte Kündigung sei im Kern mit den Pflichtverletzungen der Klägerin begründet worden. Ein hinreichender Zusammenhang mit der Behinderung der Klägerin sei nicht ersichtlich. Ob die Vorwürfe gegen die Klägerin tatsächlich zutreffen und begründet sind, sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht durch das Integrationsamt zu prüfen.
6. Mit Beschluss des Gerichts vom 10. Februar 2014 wurde der Arbeitgeber zum Verfahren beigeladen. Er beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Es sei nicht zutreffend, dass verhaltensbedingte Kündigungsgründe nur vorgeschoben seien. Die Kündigung habe keinerlei behinderungsbedingten Zusammenhang, so dass der Sonderkündigungsschutz nicht tangiert sei. Die Schaltung der Stellenanzeige im Sommer 2013 könne bereits keinen Behinderungsbezug haben, da dem Beigeladenen bis zum 1. Oktober 2013 die Schwerbehinderung der Klägerin noch gar nicht bekannt gewesen sei. Ein Zusammenhang zwischen der Behinderung und den Fehlzeiten der Klägerin sei für den Beigeladenen daher ebenfalls bereits nicht erkennbar gewesen; bis heute sei dem Beigeladenen nicht einmal bekannt, worin genau die Schwerbehinderung der Klägerin bestehe. Der Vortrag, der Beigeladene sei durch sein Verhalten - insbesondere in Form der Ausübung psychischen Drucks - für die Fehlzeiten der Klägerin verantwortlich, sei völlig unsubstantiiert; der Beigeladene behandele seine Mitarbeiter nachweislich ordnungsgemäß. Einträge in einem Internet-Bewertungsportal für Ärzte seien als anonyme öffentliche Anschwärzung insoweit von vornherein irrelevant. Der klägerische Vorwurf des Verlangens eines Abrechnungsbetrugs seitens des Beigeladenen sei als ungeheuerliche Unterstellung zurückzuweisen; richtigerweise sei dem Beigeladenen aufgefallen, dass durch die Klägerin tatsächlich durchgeführte Hausbesuche nicht zur Abrechnung vorgemerkt worden waren. Der Beigeladene organisiere auch seine Vertretung ordnungsgemäß; von der Klägerin seien insoweit niemals fachärztliche Leistungen verlangt worden, für die sie nicht die erforderliche Qualifikation besitze. Dies gelte insbesondere für die am 30. August 2013 nicht behandelte Krebspatientin, deren Chemotherapie-Nachsorge in den hausärztlichen Bereich falle. Zur Abklärung einer akuten Gefahrenlage wäre hier eine unverzügliche Infusion nebst Blutabnahme geboten gewesen, anstatt die Patientin auf die darauffolgende Woche zu verweisen. Eine unzumutbare Arbeitsbelastung der Klägerin werde bestritten. Letztlich habe das Gesamtverhalten der Klägerin dazu geführt, dass viele Patienten nicht mehr von ihr behandelt werden wollten, sondern längere Wartezeiten in Kauf nahmen, um vom Beigeladenen behandelt zu werden. Die Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung sei auch nicht ermessensfehlerhaft, behinderungsbedingte Belange der Klägerin seien hinreichend berücksichtigt worden. Die tatsächliche Klärung der Vorwürfe sei Aufgabe der Arbeitsgerichte und im Rahmen des behinderungsbedingten Sonderkündigungsschutzes nicht von Relevanz. Ferner sei das Ermessen des Integrationsamts aufgrund der Nichtgeltung des Kündigungsschutzgesetzes in Kleinbetrieben in arbeitsrechtlicher Hinsicht insoweit eingeschränkt, als die Kündigung nur nicht objektiv willkürlich sein dürfe; denn die Klägerin könne über den Sonderkündigungsschutzes nicht mittelbar einen (höheren) allgemeinen Schutz erlangen, den ihr das Arbeitsrecht ausdrücklich versage. Unabhängig davon würden die der Klägerin zur Last gelegten Vorfälle durch eidesstattliche Versicherungen zweier Sprechstundenhilfen und der durch die Klägerin am 30. August 2013 pflichtwidrig nicht untersuchten bzw. behandelten Krebspatientin belegt. Diese Personen seien auch - soweit erforderlich - bereit, ihre Angaben vor Gericht zu bezeugen.
7. Mit Endurteil verkündet am 17. April 2014 (Az. ...) hat das Arbeitsgericht ... die seitens der Klägerin gegen die Kündigung gerichtete arbeitsrechtliche Klage abgewiesen. Ausweislich der Urteilsgründe ist das Arbeitsgericht zu der Schlussfolgerung gelangt, dass eine behinderungsbedingte Benachteiligung der Klägerin durch die streitgegenständliche Kündigung i. S. v. § 81 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) i. V. m. §§ 7, 1 und 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nicht erkennbar sei. Dies folge zum einen aus der vorliegenden Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung. Zum anderen seien die entsprechenden Behauptungen der Klägerin ohne jegliche Substanz, ausreichende Indizien für eine behinderungsbedingte Benachteiligung seien nicht vorgetragen.
Über die gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts ... seitens der Klägerin eingelegte Berufung ist durch das Landesarbeitsgericht ... bislang nicht entschieden worden.
8. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Patientin, die am Vorfall vom 30. August 2013 beteiligt war, als Zeugin. Hinsichtlich der Aussage wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
9. Die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Der Bescheid des Integrationsamts vom 17. Dezember 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).
Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.
a) Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen wird allein durch die Kündigung des Arbeitgebers bewirkt. Die dazu nach § 85 Abs. 1 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamts ist eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung für diese rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung, erschöpft sich aber auch hierin (BVerwG, B. v. 7.3.1991 - 5 B 114/89 - ZfSH/SGB 1991, 311 - juris Rn. 5; dem folgend BayVGH, U. v. 18.6.2008 - 12 BV 05.2467 - juris Rn. 41). Die Entscheidung des Integrationsamtes über die Zustimmung zur Kündigung von schwerbehinderten Menschen ist eine Ermessensentscheidung (ausführlich dazu BayVGH, B. v. 12.8.2008 - 12 ZB 07.3029 - juris Rn. 8 unter Hinweis auf Kuhlmann, Behindertenrecht 2006, 93/97 f., m. w. N.), mit der das Integrationsamt die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe mit den Schutzinteressen des behinderten Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der in § 89 SGB IX vorgesehenen Einschränkungen abwägt. Sie ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen auszurichten (BVerwG, U. v. 2.7.1992 - 5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287 - juris Rn. 23 f.). Danach ist das Interesse der schwerbehinderten Arbeitnehmer, ihren Arbeitsplatz zu behalten, mit dem Interesse des Arbeitgebers, Personalkosten zu sparen, abzuwägen (BVerwG, U. v. 19.10.1995 - 5 C 24/93 - BVerwGE 99, 336 - juris Rn. 13). Es ist dem Fürsorgegedanken des Gesetzes Rechnung zu tragen, das die Nachteile schwerbehinderter Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen will und dafür in Kauf nimmt, dass die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers eingeengt wird. Besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit beim Arbeitgeber sind im Rahmen der Abwägung der gegensätzlichen Interessen dann zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Entsprechend ist der Schutz umso geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist. Andererseits ist auch die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Die §§ 85 ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten (BVerwG, B. v. 11.5.2006 - 5 B 24/06 - juris Rn. 10). Das Integrationsamt hat im Zustimmungsverfahren nach § 85 ff. SGB IX grundsätzlich auch nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Schwerbehinderten etwa sozial gerechtfertigt i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG ist (vgl. BVerwG, U. v. 2.7.1992 - 5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287 - juris, Leitsatz 3). Denn diese Prüfung ist allein von den Arbeitsgerichten vorzunehmen. Der Sonderkündigungsschutz soll vor allem die Nachteile der Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen (BVerwG, U. v. 28.2.1968 - V C 33.66 - BVerwGE 29, 140 - juris Rn. 17). Dessen Zweck geht dahin, den Schwerbehinderten vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, zu bewahren und sicherzustellen, dass er gegenüber den gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät (BVerwG, U. v. 12.1.1966 - V C 62.64 - BVerwGE 23, 123 - juris Rn. 35). Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder versagt werden soll, können deshalb nur Erwägungen eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (BVerwG, U. v. 2.7.1992 - 5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287 - juris Rn. 24). Allerdings darf die Integrationsbehörde an einer offensichtlich unwirksamen Kündigung in dem Sinne, dass die Unwirksamkeit der Kündigung „ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt“, nicht mitwirken (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 30; U. v. 16.11.1993 - 12 B 92.84 - juris).
Maßgebliche Sach- und Rechtslage für die Beurteilung eines bestehenden, gegen das Interesse des Schwerbehinderten abzuwägenden Kündigungsinteresses des Arbeitgebers ist der der Kündigung zugrunde liegende historische Sachverhalt. Grundsätzlich beurteilt sich die Frage, ob ein Kündigungssachverhalt vorliegt, aus dem der Arbeitgeber das seinem Antrag zugrunde liegende Kündigungsinteresse herleitet, jedenfalls im Falle einer Anfechtungsklage nach dem historischen Sachverhalt, der den Kündigungsgrund bildet und bis zum Zugang der Kündigungserklärung vorliegt (vgl. BVerwG, B. v. 10.11.2008 - 5 B 79.08 - juris Rn. 4 f.; B. v. 7.3.1991 - 5 B 114/89 - juris Rn. 4 f.; BayVGH, U. v. 18.6.2008 - 12 BV 05.2467 - juris Rn. 43; B. v. 20.6.2006 - 9 ZB 06.930 - juris Rn. 3; B. v. 31.1.2005 - 9 ZB 04.2740 - juris Rn. 14). Für diesen Zeitpunkt hat die Behörde für ihre Entscheidungsfindung all diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die von den Beteiligten an sie herangetragen worden sind oder die sich ihr sonst hätten aufdrängen mussten. Denn nur die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe sind mit dem Schutzinteresse des behinderten Arbeitnehmers abzuwägen. Tatsachen und Umstände, die erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind, gehören daher nicht zu dem zugrunde zu legenden Sachverhalt. Andernfalls würde die Behörde die Zustimmung zu einer Kündigung bestätigen oder versagen, die sich auf nicht vom Arbeitgeber geltend gemachte Kündigungsgründe stützen würde (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 32).
Um die nach §§ 85 ff. SGB IX erforderliche Ermessensentscheidung sachgerecht treffen zu können, muss das Integrationsamt anknüpfend an den Antrag des Arbeitgebers und von ihm ausgehend von Amts wegen all das ermitteln und sodann auch berücksichtigen, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen des Arbeitgebers und des schwerbehinderten Arbeitnehmers gegeneinander abwägen zu können (vgl. BVerwG, U. v. 19.10.1995 - 5 C 24.93 - BVerwGE 99, 336, 338 f. - juris Rn. 15). Die dem Integrationsamt in § 20 SGB X auferlegte Aufklärungspflicht gewinnt ihre Konturen und Reichweite aus dem materiellen Recht. Soweit ein Umstand materiellrechtlich für die gebotene Interessenabwägung Bedeutung hat, unterliegt er der Aufklärungspflicht (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - juris Rn. 31 unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 19.10.1995 - 5 C 24.93 - BVerwGE 99, 336, 339 - juris Rn. 15).
Das Integrationsamt hat daher zunächst zu untersuchen, ob Kündigungsgründe überhaupt vorliegen. Es muss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht aus § 20 SGB X sicherstellen, dass Kündigungsgründe tatsächlich bestehen und nicht lediglich vorgeschoben werden (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 22.5.2012 - 12 ZB 12.88 - juris Rn. 12; U. v. 28.9.2010 - 12 B 10.1088 - juris Rn. 36; BVerwG, B. v. 30.6.2011 - 5 B 53/10 - juris).
Das Integrationsamt ist insbesondere nicht dadurch der Pflicht enthoben, sich von der Richtigkeit der für ihre Entscheidung wesentlichen Behauptungen eine eigene Überzeugung zu verschaffen, dass das Arbeitsgericht ggf. die für die Kündigungszustimmung wesentlichen Behauptungen einer selbstständigen Feststellung unterziehen kann; wären nämlich unter dieser Voraussetzung das Integrationsamt und Verwaltungsgericht an den Tatsachenvortrag des Arbeitgebers gebunden, dann würde das Zustimmungsverfahren zu einer leeren Förmlichkeit ausgehöhlt und damit im Ergebnis dem Schwerbeschädigten der Rechtsschutz verweigert. Die Aufklärungspflicht, die ihre Rechtsgrundlage in § 20 SGB X findet, wird verletzt, wenn das Integrationsamt sich damit begnügt, das Vorbringen des Arbeitgebers, soweit es im Rahmen der nach § 85 SGB IX gebotenen Interessenabwägung zu berücksichtigen ist, nur auf seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 19.10.1995 - 5 C 24/93 - BVerwGE 99, 336 - juris Rn. 14; U. v. 28.11.1958 - V C 32.56 - BVerwGE 8, 46 - juris Rn. 39; VG Augsburg, U. v. 17.9.2013 - Au 3 K 13.476 - juris Rn. 58; U. v. 29.9.2009 - Au 3 K 09.697 - juris Rn. 25-29).
Bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen ist das Zustimmungsermessen regelmäßig zugunsten des Arbeitgebers auszuüben, wenn dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird, mit seinem Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen zu haben und das ihm vorgeworfene Fehlverhalten keine Ursache in seiner Behinderung hat. Die auch insoweit bestehende Verpflichtung des Integrationsamts zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) findet ihre Grenzen unter anderem in der sich aus der Bestimmung des § 21 Abs. 2 SGB X ergebenden allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen. Das Integrationsamt muss nur solchen Umständen nachgehen, die sich ihm aufdrängen. Dagegen besteht grundsätzlich kein Anlass, in Richtung auf denkbare Umstände, die allein den Lebensbereich des Betroffenen berühren, von ihm aber im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht werden, von Amts wegen zu ermitteln. Dies gilt für die Schwerbehindertenfürsorge im Rahmen des Sonderkündigungsschutzes umso mehr, als der Schwerbehindertenstatus zum grundrechtlich geschützten Bereich der Persönlichkeitsrechte gehört und es dem Schwerbehinderten überlassen bleiben muss, ob und auf welche seiner Behinderungen er sich im Rahmen des § 85 SGB IX beruft (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 6.12.2010 - 12 ZB 09.954 - juris Rn. 17 m. w. N.).
Bei einem substantiierten Bestreiten des einer verhaltensbedingten Kündigung zugrunde liegenden Sachverhalts durch den Arbeitnehmer - wenn also der Geschehensablauf anders geschildert wird als vom Arbeitgeber - reicht es nicht aus, wenn sich das Integrationsamt lediglich auf mittelbare Aussagen verlässt, um die durch die divergierenden Aussagen entstandenen Widersprüche aufzuklären. Es sind vielmehr unmittelbare Zeugenaussagen oder schriftliche Stellungnahmen der am Geschehen Beteiligten einzuholen (VG München, U. v. 13.10.2010 - M 18 K 10.169 - juris Rn. 28; vgl. auch OVG NRW, B. v. 12.2.2009 - 12 A 3108/08 - juris).
Eine Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist nach alledem ermessensfehlerhaft und verwaltungsgerichtlich aufzuheben, soweit sie nicht auf einer vollständigen Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts beruht (vgl. Trenk-Hinterberger, in: HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 88 Rn. 10). In einem solchen Fall ist die Verpflichtung des Gerichts, den Streitgegenstand spruchreif zu machen (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., 2010, § 113 Rn. 56 ff.) regelmäßig beschränkt. Das Gericht hat insoweit nur zu ermitteln, ob die vom Integrationsamt im klagegegenständlichen Bescheid herangezogenen Erwägungen ausreichen, die getroffene Verwaltungsentscheidung zu tragen; denn das Gericht ist nicht befugt, einen Ermessensakt aus Gründen aufrechtzuerhalten, die für die erlassende Behörde nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren. Das Integrationsamt hat sodann Ermittlungsdefizite im Rahmen des nach der Aufhebung der Zustimmungsentscheidung weiter anhängigen Antragsverfahrens zu beseitigen und erneut über die beantragte Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - juris Rn. 33/44 f. unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 16.9.1986 - 1 C 13/85 - BVerwGE 75, 26 - juris Rn. 19).
b) Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze ist die gegenständliche Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts ermessensfehlerfrei und somit rechtlich nicht zu beanstanden.
In seiner Abwägung der vom Beigeladenen als Arbeitgeber geltend gemachten verhaltensbedingten Kündigungsgründe mit den Schutzinteressen der schwerbehinderten Klägerin ist das Integrationsamt rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Interessen des Beigeladenen an der Kündigung vorliegend überwiegen. Bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen ist das Zustimmungsermessen regelmäßig zugunsten des Arbeitgebers auszuüben, wenn dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird, mit seinem Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen zu haben und das ihm vorgeworfene Fehlverhalten keine Ursache in seiner Behinderung hat. So liegt der Fall auch hier.
aa) Das Gericht ist durch die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung zu der Auffassung gelangt, dass die verhaltensbedingten Kündigungsgründe nicht nur vorgeschoben sind. Dies gilt insbesondere für den Vorfall der pflichtwidrigen Nichtbehandlung der Krebspatientin am 30. August 2013 durch die Klägerin, der aus Sicht des Gerichts aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung bereits für sich genommen ausreichend ist, die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts zu tragen, so dass von einer weiteren Beweisaufnahme abgesehen werden konnte.
Die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommene Krebspatientin, an deren Glaubwürdigkeit das Gericht keinerlei Zweifel hat, hat insoweit angegeben, dass sie im August 2013 an vier Tagen pro Woche zur Bestrahlung ins ...-klinikum musste. An einem Tag pro Woche wurde ihr im ...-klinikum ein Mittel zur Chemotherapie verabreicht. Ihr ging es folglich Ende August 2013 sehr schlecht. Sie musste sich ständig erbrechen und litt auch unter permanentem Durchfall. Dies ging sogar so weit, dass ihr im ...-klinikum vor der Bestrahlung eine Infusion verabreicht wurde, damit sie die Behandlung durchstehen konnte. Sie ist am 30. August 2013 wegen ihrer Beschwerden vor allem deshalb nicht ins ...-klinikum gegangen, weil man dort dann das unter Umständen sehr langwierige Aufnahmeverfahren durchlaufen muss. Sie wusste nicht, ob diese Beschwerden die üblichen Begleiterscheinungen der Therapie waren oder aber zusätzliche Symptome hinzugekommen sind. Dies wollte sie durch den Beigeladenen als ihren Hausarzt abklären lassen. Sie hat sodann morgens in der Praxis des Beigeladenen angerufen und gefragt, ob sie vorbeikommen kann. Die Sprechstundenhilfe sagte ihr, dass die Klägerin, die die Urlaubsvertretung für den Beigeladenen ausübte, noch nicht da sei, diese werde sich verspäten. Sie hat sich dann gleich von ihrem Lebensgefährten zur Praxis fahren lassen und hat ca. eine Stunde auf die Klägerin gewartet. Sie hat der Klägerin sodann ihre Probleme geschildert und gebeten, ihr Blut abzunehmen um zu überprüfen, ob der Leukozyt-Wert in Ordnung ist. Sie hatte zuvor bereits Probleme mit dem Blutbild und deshalb vermutet, dass ihre Beschwerden auf ein ähnliches Blutbild zurückzuführen sind. Die Klägerin hat ihr dann gesagt, sie sei Patientin des Beigeladenen und solle wiederkommen, wenn dieser wieder vom Urlaub zurück ist. Sie hat trotzdem nochmals ausdrücklich gebeten, ob die Klägerin ihr nicht Blut abnimmt, um es auf die Leukozyten zu untersuchen. Die Klägerin hat sie jedoch erneut darauf verwiesen, wiederzukommen, wenn der Beigeladene nach seinem Urlaub wieder in der Praxis ist. Sie hat sich dann erst wieder in die Praxis begeben, nachdem der Beigeladene wieder vom Urlaub zurück war. Dort wurde ihr dann von einer Sprechstundenhilfe Blut abgenommen und untersucht. Der Beigeladene hat das Ergebnis der Blutuntersuchung schließlich mir ihr besprochen. Mit dem Blutbild war alles in Ordnung (vgl. zum Ganzen auch: eidesstattliche Versicherung, Blatt 89 der Gerichtsakte).
Die Nichtbehandlung der Krebspatientin am 30. August 2013 stellt nach Auffassung des Gerichts einen ganz erheblichen Verstoß der Klägerin gegen ihre arbeitsvertraglichen und berufsrechtlichen Pflichten dar, der für sich genommen geeignet ist, die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts zu tragen.
Ausweislich eines Merkblatts des Universitätskrebszentrums Göttingen für Patienten mit Chemotherapie (abrufbar unter http://www.onkologiehaematologie. med.unigoettingen.de/media/project/IKO_Flyer_Meta.pdf; Blatt 123 f. der Gerichtsakte) kann es durch eine Chemotherapie zu Blutbildveränderungen kommen. Diese treten meist ca. 8-14 Tage nach dem Beginn der Therapie auf. Der für den Sauerstofftransport im Körper zuständige rote Blutfarbstoff (Hb = Hämoglobin) kann nach der Chemotherapie abfallen, dadurch kann es zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit kommen. Der rote Blutfarbstoff sollte bei einem Abfall auf unter 8 g/dl durch Bluttransfusionen (Erythrozytenkonzentrate) ersetzt werden. Die für die Blutgerinnung zuständigen Thrombozyten (Blutplättchen) können ebenfalls durch die Chemotherapie abfallen, wodurch es zu einer vermehrten Blutungsneigung kommen kann (blaue Flecken, Nasenbluten, Zahnfleischbluten). Die Thrombozyten sollten bei einem Abfall unter 10.000 pro μl durch Thrombozytenkonzentrate ersetzt werden. Daneben kann es zu einem Abfall der für die Infektabwehr verantwortlichen Leukozyten (weiße Blutkörperchen) kommen. Infektionen sind häufige Nebenerscheinungen bei der Behandlung von Patienten mit bösartigen Erkrankungen, vor allem aufgrund der Therapie (Chemotherapie/Strahlentherapie), aber auch durch Verdrängung des Knochenmarkes durch bösartige Zellen. Sind die Leukozyten unter 1.000 Zellen pro µl abgefallen, spricht man von der Aplasiephase. In dieser Phase sind Patienten besonders anfällig für Infektionen. Vor diesem Hintergrund sind als Vorsichtsmaßnahmen nach der Chemotherapie 1-2 mal pro Woche Blutbildkontrollen durch den Hausarzt erforderlich, bei Thrombozytenwerten unter 50.000/Mikroliter muss das Blutbild jeden zweiten Tag kontrolliert werden. Bei Abfall der Thrombozyten unter 20.000/µll oder des Hämoglobins unter 8 g/dl wird empfohlen, dass sich der Hausarzt oder der Patient selbst sofort mit dem behandelnden Krebsspezialisten in Verbindung setzt.
Das exemplarisch in Bezug genommene Merkblatt verdeutlicht aus Sicht des Gerichts nachhaltig, dass es mit Blick auf die seitens der Krebspatientin am 30. August 2013 geschilderte Beschwerdesymptomatik medizinisch zwingend geboten gewesen wäre, unverzüglich eine Blutabnahme und -analyse zu veranlassen, um eine akute Gefahrenlage auszuschließen. Diese Vorgehensweise entsprach nicht nur dem subjektiven Empfinden der als Zeugin vernommenen Krebspatientin, sondern war auch objektiv medizinisch indiziert. Das entsprechende Unterlassen einer Behandlung durch die Klägerin stellt einen Verstoß gegen die Berufsordnung für die Ärzte Bayerns i. d. F. der Bekanntmachung vom 9. Januar 2012 (BerufsO-Ärzte) dar. Nach § 1 Abs. 2 BerufsO-Ärzte ist es insbesondere Aufgabe des Arztes, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BerufsO-Ärzte hat der Arzt sein ärztliches Handeln stets am Wohl des Patienten auszurichten. Diesen Maßgaben ist die Klägerin vorliegend nicht gerecht geworden; unerheblich ist insoweit, dass sich das Blutbild der Krebspatientin im Nachhinein als unauffällig erwiesen hat.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie sich beim fraglichen Vorfall am 30. August 2013 in einer besonderen Be- oder gar Überlastungssituation befunden hat. Nach glaubwürdiger Angabe der Krebspatientin waren zum maßgeblichen Zeitpunkt keine weiteren Patienten in der Praxis. Andere Gründe spielten für die pflichtwidrige Nichtbehandlung ersichtlich keine Rolle, die Klägerin hat sich gegenüber der Patientin allein darauf berufen, sie als Patientin des Beigeladenen nicht behandeln zu wollen.
Die Klägerin war auch arbeitsvertraglich verpflichtet, die besagte Krebspatientin am 30. August 2013 im Wege der Urlaubsvertretung des Beigeladenen zu behandeln. Der die Arbeitszeit regelnde § 4 des Anstellungsvertrags lautet wie folgt (Hervorhebung nicht im Original; Blatt 5 f. der Verwaltungsakte):
„Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 40 Stunden pro Woche, und zwar von Montag bis Freitag von 8:00 bis 13:00 und Montag, Dienstag und Donnerstag von 14:00 bis 18:00. Mittwoch und Freitag Nachmittag sind frei.
Im Urlaub des Praxisinhabers (jeweils 4-6 Wochen pro Jahr [)] vertritt der angestellte Arzt den Praxisinhaber auch am Mittwoch-Nachmittag (zu Hausbesuchen) und am Freitag-Nachmittag in der Sprechstunde von 14.00 - 18.00.“
Das hervorgehobene Wort „auch“ lässt ohne weiteres den Umkehrschluss zu, dass die Klägerin als angestellte Ärztin arbeitsvertraglich eine allgemeine Vertretungspflicht hinsichtlich ihres urlaubsbedingt abwesenden Arbeitgebers während der regelmäßigen Arbeitszeit trifft, zusätzlich jedoch auch am Mittwoch- und Freitag-Nachmittag.
Entgegen der Auffassung der Klägerin stand einer Behandlung der Krebspatientin auch nicht entgegen, dass die Klägerin als Allgemeinmedizinerin rechtlich gar nicht befugt wäre, den Beigeladenen als Facharzt für Innere Medizin zu vertreten. Zwar trifft es zu, dass ein Allgemeinmediziner kassenärztlich nicht berechtigt ist, in Vertretung eines Facharztes für Innere Medizin fachärztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen (BSG, U. v. 14.12.2011 - B 6 KA 31/10 R - MedR 2012, 826 - juris). Jedoch ist ein Allgemeinmediziner ohne weiteres berechtigt, einen fachärztlich tätigen Internisten in Bereichen zu vertreten, die er selbst als Hausarzt aufgrund seiner Qualifikation erbringen und auch abrechnen darf (vgl. Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg - FAQ; abrufbar unter http://www.-kvbawue.de/praxisalltag/vertretungen/faqvertretungen/, Blatt 136 der Gerichtsakte). In ihrem Merkblatt „Allgemeine Informationen zum Thema Vertretungen“ (abrufbar unter http://www.-kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Praxisfuehrung/Zulassung/KVB-Merkblatt-Vertretung-Vertragsarzt.pdf, Blatt 125 ff. der Gerichtsakte) führt die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) aus, dass ein „wechselseitiges Tätigwerden“ innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft nur insoweit möglich ist, als eine Überschneidung der Fachgebiete und ggf. die für die konkrete Leistungserbringung erforderlichen Qualifikationen sowie die Gleichheit der Versorgungsbereiche (hausärztlich/fachärztlich) dies auch zulassen (Seite 7 des Merkblatts). Im Falle angestellter Ärzte sind diese nach dem Merkblatt bei Vertretung des Arbeitgebers sogar nicht an die aus ihrer Anstellung resultierende Zuordnung zum haus- oder fachärztlichen Versorgungsbereich gebunden (Seite 8 des Merkblatts). Die gegenständliche unterlassene Blutuntersuchung zählt ohne weiteres zum hausärztlichen Leistungsspektrum, so dass die Klägerin rechtlich nicht gehindert war, den Beigeladenen insoweit zu vertreten. Da sie ihren hausärztlichen Tätigkeitsbereich mithin nicht verlassen hätte, wäre die entsprechende ärztliche Maßnahme auch von der entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung unproblematisch umfasst gewesen.
Klarzustellen ist noch, dass allein der pauschale Hinweis auf vorangegangene vergebliche Versuche des Beigeladenen, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht genügt, um die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Zustimmungsentscheidung in Frage zu stellen (vgl. BayVGH, B. v. 1.12.2009 - 12 ZB 08.2361 - juris Rn. 8). Gleiches gilt für das klägerseitig nur unsubstantiiert erfolgte Bestreiten der Umstände des maßgeblichen Vorfalls vom 30. August 2013.
bb) Eine offensichtliche arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der gegenständlichen Kündigung, die eine Ablehnung des Zustimmungsantrags bedingen würde, war ebenfalls nicht gegeben. Dies ergibt sich bereits aus dem Endurteil des Arbeitsgerichts vom 17. April 2014 (Az. 3 Ca 54/14), mit dem die arbeitsrechtliche Klage der Klägerin abgewiesen worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 18.6.2008 - 12 BV 05.2467 - juris Rn. 45).
2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 VwGO).
Nachdem der Beigeladene einen eigenen (Klageabweisungs-) Antrag gestellt, sich somit nach § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO - vgl. VG Augsburg, U. v. 17.9.2013 - Au 3 K 13.698 - juris Rn. 60).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).