Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Apr. 2015 - Au 7 S 15.50204

published on 21/04/2015 00:00
Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 21. Apr. 2015 - Au 7 S 15.50204
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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage (Aktenzeichen Au 7 K 15.50203) gegen die im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 30. März 2015 verfügte Abschiebungsanordnung in die Republik Italien wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die am ... 1984 geborene Antragstellerin zu 1 und ihre Tochter, die am ... 2012 geborene Antragstellerin zu 2, beide nigerianische Staatsangehörige, begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre Abschiebung nach Italien.

1. Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 reisten zusammen mit Herrn ... (Ehemann bzw. Vater der Antragstellerinnen) am 30. November 2014 illegal in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 9. Januar 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.

Am 9. Januar 2015 gab die Antragstellerin zu 1 im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens vor dem Bundesamt an, sie und ihre Familie hätten Nigeria im Juni 2014 verlassen. Sie hätten sich zwei Wochen in Niger, drei Monate in Libyen und zehn Tage in Italien aufgehalten. Von Italien aus seien sie mit dem Zug nach Deutschland gefahren.

Eine Überprüfung durch das Bundesamt ergab am 15. Januar 2015 Eurodac-Treffer der Kategorie 1 und 2 für Italien (... und ...).

Unter dem 27. Februar 2015 stellte das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an Italien. Das Wiederaufnahmegesuch enthält (in englischer Sprache) die Textpassage (s. Bl. 47 der Bundesamtsakte), dass Deutschland, im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4. November 2014 in Sachen Tarakhel, die italienischen Behörden im Rahmen der Prüfung des Ersuchens um detaillierte Informationen über die Unterbringung hinsichtlich der Maßgabe bitte, dass oben genannte Personen kindgerecht und unter Wahrung der Familieneinheit untergebracht werden.

Die italienischen Behörden haben auf dieses Ersuchen bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung nicht geantwortet.

Mit Bescheid vom 30. März 2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Antragstellerinnen zu 1 und 2 als unzulässig ab (Nr. 1.) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 2.). Der Bescheid wurde der Antragstellerin zu 1 am 4. April 2015 zugestellt.

2. Die Antragstellerinnen ließen am 10. April 2015 durch ihre Bevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 30. März 2015 aufzuheben.

Die Klage wird unter dem Aktenzeichen Au 7 K 15.50203 geführt.

Gleichzeitig wurde beantragt,

hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die humanitäre Lage und die Unterbringung gerade auch von Dublin-Rückkehrern katastrophal seien. Auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4. November 2014 in Sachen Tarakhel und auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 wurde hingewiesen. Unter Vorlage des Geburtsberichtes der Frauenklinik ... vom 19. Januar 2015 wurde dargelegt, dass die Antragstellerin zu 1 am ... 2015 eine Tochter mit Kaiserschnitt entbunden habe und sich weiterhin regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen unterziehen müsse.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 14. April 2015 die Behördenakte vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

3. Der Asylantrag des Ehemannes bzw. Vaters der Antragstellerinnen zu 1 und 2 (...) wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 30. März 2015 als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet. Die gegen diese Bescheid erhobene Klage und der gleichzeitig gestellte Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO werden beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg unter den Aktenzeichen Au 7 K 15.50205 und Au 7 K 15.50206 geführt.

4. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet.

1. Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. März 2015 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Mit Wirkung vom 6. September 2013 ist § 34a Abs. 2 AsylVfG durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU (BGBl. I 2013, 3474) neu gefasst worden. Nunmehr ist vorläufiger Rechtsschutz auch bei Abschiebungen in sichere Drittstaaten bzw. in sog. Dublin-Verfahren (§§ 26a, 27a AsylVfG) zulässig und nach Maßgabe des § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren.

Der Erfolg eines solchen Antrags in der Sache hängt vom Ausgang einer Interessenabwägung ab. Das Gericht hat dabei eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, wobei alle in der Sache betroffenen Interessen zu berücksichtigen sind. Regelmäßig werden die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, als erstes Kriterium herangezogen. Denn es kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines eindeutig rechtswidrigen Verwaltungsakts bestehen, während umgekehrt der Asylbewerber grundsätzlich kein schutzwürdiges privates Interesse haben kann, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsakts verschont zu bleiben, sofern ein - hier gesetzlich festgestelltes - öffentliches Interesse daran besteht, diesen Verwaltungsakt vor Eintritt seiner Bestandskraft zu vollziehen. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 VwGO notwendigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung offen, so ist eine Interessenabwägung erforderlich, die auch gesetzgeberische Entscheidungen zugunsten bzw. entgegen der sofortigen Vollziehbarkeit mit gewichtet.

2. Der angefochtene Bescheid begegnet im Hinblick auf die in Ziffer 2 angeordnete Abschiebung der Antragstellerinnen nach Italien mangels Vorliegens einer (vom Bundesamt angeforderten) Garantieerklärung der italienischen Behörden durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens erscheint daher offen. Im vorliegenden Fall überwiegt daher das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerinnen das öffentliche Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin stützt ihre Entscheidungen auf § 27a und § 34a AsylVfG. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von EU-Recht oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung an, wenn der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung rechtlich zulässig und tatsächlich möglich ist.

a) Italien ist nach Art. 13 Abs. 1 bzw. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (vom 29.6.2013, Abl. L 180 - Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Die italienischen Behörden haben das Wiederaufnahmegesuch vom 27. Februar 2015 nicht beantwortet, mit der Folge, dass Italien gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO gehalten ist, die Antragstellerinnen wieder aufzunehmen.

b) Es steht jedoch nicht fest, dass die Abschiebung im Sinne von § 34a Abs. 1 AsylVfG durchgeführt werden kann. Denn nach Auffassung des Gerichts ist eine Überstellung nach Italien gegenwärtig unzulässig.

Zwar liegen systemische Mängel, die einer Überstellung nach Italien entgegenstehen könnten, nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren in Italien nicht vor (nachfolgend unter aa)). Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 (sowie deren Ehemann bzw. Vater und das im Januar 2015 geborene Kind) gehören jedoch als Familie mit Kleinkindern einer besonders schutzbedürftigen Gruppe an, für die im Zeitpunkt dieser Entscheidung die Voraussetzungen für die Durchführung ihrer Abschiebung nach Italien - gesicherte kindgerechte Unterkunft - nicht vorliegen (nachfolgend bb)).

aa) In Italien ist nicht von systemischen Mängeln des Asylverfahrens auszugehen. Dies ist mittlerweile durch die obergerichtliche Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff.; BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris Rn. 30 ff., OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12 A. - DVBl 2014, 790 ff.; OVG RhPf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 - juris Rn. 41 ff.). Das Gericht folgt dieser Rechtsprechung und verweist insbesondere auf die o. g. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes und des Bayerische Verwaltungsgerichtshofs, wo dem Einwand systemischer Mängel im Zielland Italien nicht beigepflichtet und ausdrücklich festgestellt wird, dass es auf individuelle Erfahrungen von Mängeln in der Vergangenheit unterhalb der Schwelle systemischer Mängel nicht entscheidungserheblich ankommt.

Dieser Einschätzung wird auch im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - EGMR - (Urt. v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12, Tarakhel -) gefolgt. Ein „systemisches Versagen“ im Sinne dieser Rechtsprechung setzt danach zwar nicht voraus, dass ein Systemfehler eine Vielzahl von Asylsuchenden betreffen muss. Vielmehr hat der EGMR die dem individuell Betroffenen drohende Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 EMRK durch eine drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt und dazu ausgeführt, dass sich die Ursache der drohenden Gefahr weder auf das Schutzniveau auswirkt, das durch die Konvention garantiert wird, noch auf die sich aus der Konvention ergebenden Pflichten des Staates, der die Abschiebung der Person anordnet. Das dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zugrunde liegende Prinzip gegenseitigen Vertrauens befreit diesen Staat danach nicht davon, eine gründliche und individuelle Prüfung der Situation der betroffenen Person vorzunehmen und die Durchsetzung der Abschiebungsanordnung auszusetzen, falls die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung festgestellt werden sollte. Der EGMR weist auch darauf hin, dass dieser Ansatz auch vom Supreme Court des Vereinigten Königreichs in dessen Urteil vom 19.2.2014 - (2014) UKSC 12 - (Rn. 56 ff.) verfolgt wurde. Im Sinne dieser Rechtsprechung beschreibt der Begriff der „systemischen Mängel“ die Vorhersehbarkeit und Reproduzierbarkeit einer drohenden Rechtsverletzung.

In tatsächlicher Hinsicht geht der EGMR übereinstimmend mit dem Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 939/14, 2 BvR 991/14, 2 BvR 732/14, 2 BvR 179514 -, juris) davon aus, dass aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen und des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von erheblichen Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer in Italien bestehen und nicht auszuschließen ist, dass eine erhebliche Zahl Asylsuchender ohne Unterkunft bleibt oder in überfüllten Einrichtungen ohne jede Privatsphäre oder sogar in einer gesundheitsgefährdenden oder gewalttätigen Umgebung untergebracht werden könnte (vgl. EGMR, Urt. v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12, Tarakhel -; ausführlich zum derzeitigen Erkenntnisstand VG Gelsenkirchen, B. v. 13.11.2014 - 7a L 1718/14.A -, juris).

Entgegen der etwa von einigen Verwaltungsgerichten vertretenen Rechtsauffassung (vgl. z. B. VG Schwerin, B. v. 30.3.2015 - 3 B 428/15 As; VG Minden, B. v. 20.3.2015 - 10 L 117/15.A -; VG Hannover B. v. 4.2.2015 - 3 B 388/15 -; allesamt juris) folgt hieraus jedoch nicht, dass in Italien systemische Mängel im Sinne fehlender oder defizitärer Strukturen in der Ausgestaltung des Asylverfahrens in Italien vorliegen. Denn der EGMR hat ausdrücklich festgestellt, dass die Ausgestaltung der Aufnahmebedingungen in Italien „für sich genommen kein Hindernis für sämtliche Abschiebungen von Asylsuchenden in dieses Land darstelle“ (EGMR, Urt. v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12, Tarakhel -). Danach ist vielmehr rein einzelfallbezogen zu prüfen, ob ein Asylbewerber zu einer Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen gehört. Ist das der Fall, kann durch die Abgabe einer Garantieerklärung hinreichend sichergestellt werden, dass im Falle einer Abschiebung ausreichender Schutz auch in Italien besteht (vgl. EGMR, Urt. v. 4.11.2014 - Nr. 29217/12, Tarakhel -).

Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Beschlüssen vom 17. September 2014 (Az.: 2 BvR 732/14, 2 BvR 991/14, 2BvR 939/14 und 2 BvR 1795/14 - jeweils juris), die allesamt mangels Begründetheit nicht zur Entscheidung angenommen wurden, in sog. „obiter dicta“ ausgeführt, dass offen bleiben könne, ob systemische Mängel vorliegen, die deutschen Behörden aber zum Schutz der von der Rückführung betroffenen Kleinkinder geeignete Vorkehrungen zu treffen haben, wenn belastbare Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer bestehen. So hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17. September 2014 (Az.: 2 BvR 732/14, juris Rn. 14 bis 16) wie folgt ausführt:

„Die der zuständigen Behörde obliegende Pflicht, gegebenenfalls durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann, kann es in Einzelfällen gebieten, sicherzustellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Zielstaat zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer regelmäßig auf den dort allgemein üblichen Standard zu verweisen ist (vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Juni 2011 - 2 M 38/11 -, InfAuslR 2011, S. 390 <392>).

c) So liegt es auch im vorliegenden Fall. Bei Rückführungen in sichere Drittstaaten können hiervon betroffene Ausländer - anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland - regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Bestehen - wie gegenwärtig im Falle Italiens - aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem angemessen Rechnung zu tragen.

Bei Vorliegen einer solchen Auskunftslage hat das zuständige Bundesamt angesichts der hier berührten hochrangigen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 6 Abs. 1 GG und der bei der Durchführung von Überstellungen nach dem Dublin-System vorrangig zu berücksichtigenden Gesichtspunkte der uneingeschränkten Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 der neugefassten Verordnung Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-Verordnung) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit neugeborenen (vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 der Dublin II-Verordnung und Art. 16 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sicherzustellen, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren in dem genannten Sinne für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.“

bb) Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 (sowie die übrigen Familienmitglieder) gehören als Familie mit Kleinkindern zu einer Gruppe besonders schutzbedürftiger Personen. Das Bundesamt hat in seinem an die italienischen Behörden gerichteten Wiederaufnahmegesuch unter Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 4. November 2014 in Sachen Tarakhel um die Abgabe einer Garantieerklärung betreffend die Unterbringung der Antragstellerinnen gebeten (vgl. Bl. 47 der Bundesamtsakte). Dies zeigt, dass auch das Bundesamt davon ausgeht, dass eine Abschiebung der Antragstellerinnen nach Italien nur und erst dann rechtlich zulässig ist, wenn eine ausreichende individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden zu einer kindgerechten Unterkunft unter Wahrung der Familieneinheit vorliegt. Im vorliegenden Fall liegt überhaupt keine, geschweige denn eine ausreichende individuelle Garantieerklärung der italienischen Behörden zur Unterbringung der Antragstellerinnen vor. Damit verstößt die Abschiebungsanordnung gegen § 34a Abs. 1 AsylVfG, der - auch in der Lesart des Bundesverfassungsgerichts (siehe o. g. Beschlüsse vom 17.9.2014) - für eine Abschiebungsanordnung voraussetzt, dass die Abschiebung in rechtlich zulässiger Weise tatsächlich durchgeführt werden kann.

Sollten die italienischen Behörden tatsächlich noch eine Garantieerklärung zur Unterbringung der Antragstellerinnen abgeben, ist es Sache des Bundesamtes, eine solche Erklärung (in die deutsche Sprache übersetzt) im Hauptsachverfahren, sofern noch anhängig, vorzulegen und/oder ggf. einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO auf Abänderung dieses Beschlusses zu stellen.

3. Die Kosten des Verfahrens hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Antragsgegnerin zu tragen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylVfG).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver
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published on 28/02/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Siche
published on 20/03/2015 00:00

Tenor 1. Dem Antragsteller wird zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungspflicht bewilligt und Rechtsanwältin I.     (Q.         ) beigeordnet. 2. Die a
published on 17/09/2014 00:00

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt B. wird abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
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published on 01/03/2016 00:00

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Juli 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Der Ger
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.