Verwaltungsgericht Augsburg Beschluss, 22. Juli 2015 - Au 5 S 15.884

bei uns veröffentlicht am22.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Aufwendungen selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 3.750,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle (Textilversand) auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... jeweils der Gemarkung ... (...).

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des nördlich an das Grundstück Flur Nr. ... der Gemarkung ... unmittelbar angrenzenden unbebauten Grundstücks Flur Nr. ... der Gemarkung ... Ursprünglich stand das betreffende Grundstück im Eigentum des am 23. Februar 2015 verstorbenen Ehemannes der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat dieses Grundeigentum kraft Rechtsnachfolge erworben.

Das weitere Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... (3.500 qm) stand ursprünglich ebenfalls im Eigentum des Ehemannes der Antragstellerin. Der zwischenzeitlich verstorbene Ehemann der Antragstellerin hat das betreffende Grundstück am 27. Juli 2006 an die Stadt ... veräußert. Die Stadt ... hat das Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... mit Kaufvertrag vom 20. März 2015 an die Beigeladene veräußert. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2015 hat die Antragstellerin beim Landgericht ... - Zivilkammer - eine Klage auf Rückabwicklung des 2006 von ihrem Ehemann mit der Stadt ... geschlossenen notariellen Kaufvertrages anhängig gemacht.

Die betreffenden Grundstücke befinden sich sämtlich innerhalb des Geltungsbereichs des qualifizierten Bebauungsplanes der Stadt ... vom 22. Juli 1981 (Datum der Genehmigung durch das Landratsamt ...) „...“, der in § 5 der textlichen Festsetzungen eine Maximalhöhe baulicher Anlagen von 10 m bestimmt. § 5 der textlichen Festsetzungen sieht für den Fall einer betriebstechnisch bedingten Notwendigkeit einer größeren Höhe und einer nicht gegebenen Beeinträchtigung des Ortsbildes die Erteilung einer Ausnahme vor.

Mit Formblatt vom 31. März 2015 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle für den Textilversand auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... Ebenfalls beantragt wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes in Bezug auf die Höhe des geplanten Bauvorhabens im Umfang von 18,92 m bzw. 20,4 m (Lichtkuppel).

In der beigefügten Betriebsbeschreibung ist ausgeführt, dass es sich um einen Neubau (Textilversandhaus) für ca. 10 Personen handle. Als Betriebszeiten seien die Zeiten zwischen 6.00 Uhr und 16.30 Uhr im Normalbetrieb und 5.00 Uhr bis 21.00 Uhr in den Monaten Januar und Februar vorgesehen. Die Lieferzeiten seien für den Zeitraum zwischen 8.00 Uhr und 16.30 Uhr vorgesehen. Es werde mit fünf Lkw-Lieferungen pro Tag gerechnet. Der Neubau löse keinen Besucherverkehr aus.

Am 16. April 2015 hat die Stadt ... das gemeindliche Einvernehmen zum Bauvorhaben als laufende Angelegenheit der Verwaltung erteilt.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 22. Mai 2015 wurde der Beigeladenen die Baugenehmigung zum Neubau einer Kommissionierhalle auf den Grundstücken Fl.Nr. ... und ... der Gemarkung ... nach Maßgabe der am 22. Mai 2015 geprüften und revidierten Bauvorlagen unter Festsetzung von Bedingungen und Auflagen und unter Hinweisen genehmigt. In Ziffer 2. des Bescheides wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ hinsichtlich des Überbaus der Baugrenzen erteilt. In Ziffer 3. des Bescheides wurde eine Ausnahme von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ hinsichtlich der maximalen Höhe zugelassen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorhaben, bei dem es sich um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) handle, nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig sei. Es widerspreche nicht öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen seien, so dass die Baugenehmigung erteilt werden könne (Art. 68 Abs. 2 BayBO).

Auf den weiteren Inhalt des Baugenehmigungsbescheides des Landratsamtes ... vom 22. Mai 2015 wird ergänzend verwiesen.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 22. Juni 2015 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben mit dem Antrag, die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 aufzuheben (Az. Au 5 K 15.881). Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls mit Schriftsatz vom 22. Juni 2015 hat die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 anzuordnen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass die Antragstellerin Alleinerbin nach dem Eigentümer ... der ursprünglichen Fl.Nr. ... der Gemarkung ... sei. Die Ausnahme hinsichtlich der Festsetzungen des Bebauungsplanes zur Höhe des Bauvorhabens beeinträchtige die Antragstellerin in ihren Rechten als Nachbarin. Der Bau sei zivilrechtlich unzulässig. Der Bau solle auf einem Grundstück erfolgen, zu dessen Rückgabe die Stadt ... verpflichtet sei. Da damit feststehe, dass der Bau auf zukünftig fremdem Grund erfolgen solle, sei der Bescheid aufzuheben. Die Verlegung des ... an die Grundstücksgrenze des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... verletze die Antragstellerin in ihren Nachbarrechten. Es seien Überschwemmungen/Durchfeuchtungen ihres angrenzenden Eigentums zu befürchten.

Auf den weiteren Inhalt des Klage- und Antragsschriftsatzes vom 22. Juni 2015 wird ergänzend Bezug genommen.

Gegen die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Gestattung zur Verlegung des ... ist beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg eine weitere Klage anhängig (Az. Au 3 K 15.1003).

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 23. Juni 2015 wurde die Bauherrin zum Verfahren notwendig beigeladen. Eine Äußerung der Beigeladenen ist im Verfahren nicht erfolgt.

Das Landratsamt ... ist für den Antragsgegner dem Antrag mit Schriftsatz vom 14. Juli 2015 entgegengetreten und beantragt,

den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Der Antrag sei zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Erteilung einer Ausnahme sei im Bebauungsplan „...“ ausdrücklich vorgesehen. Inwieweit eine Beeinträchtigung der Rechte des Nachbarn vorliege, sei weder ausgeführt, noch begründet. Nachdem die erforderlichen Abstandsflächen eingehalten würden, sei - eine Rechtswidrigkeit unterstellt - auch nicht ersichtlich, wie eine solche den Nachbarn in seinen Rechten verletzen sollte. Die Baugenehmigung ergehe unbeschadet der privaten Rechte Dritter. Nachdem die Baugenehmigung grundstücks- und nicht eigentümerbezogen erteilt werde, sei die Frage des Eigentums zu vernachlässigen. Ob und wie der Bauherr von seiner Genehmigung Gebrauch machen könne, sei nicht Gegenstand der Baugenehmigung. Die Verlegung des ... sei bereits nicht Gegenstand der Baugenehmigung.

Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes vom 14. Juli 2015 wird ergänzend verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ der Stadt ... sowie vom Antragsgegner vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80 a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 22. Juni 2015 (Az. Au 5 K 15.881), gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 22. Mai 2015. Mangels aufschiebender Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung (§ 212 a Abs. 1 BauGB i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise anordnen. Hierzu hat das Gericht eine Interessensabwägung vorzunehmen. Insoweit stehen sich das Suspensivinteresse des Nachbarn und das Interesse des Bauherrn, von der Baugenehmigung sofort Gebrauch zu machen, grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Deshalb ist bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in erster Linie auf die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs abzustellen. Dies gilt ungeachtet des durch die Bestimmung in § 212 a BauGB veränderten Ansatzes der gerichtlichen Prüfung (vgl. BayVGH, B. v. 21.12.2001 - 15 ZS 01.2570 - BayVBl. 2003, 48 ff.). Fällt die Erfolgsprognose zugunsten des Nachbarn aus, erweist sich also nach summarischer Prüfung die angefochtene Baugenehmigung gegenüber dem Nachbarn als rechtswidrig, so ist die Vollziehung der Genehmigung regelmäßig auszusetzen (BayVGH, B. v. 12.4.1991 - 1 CS 91.439 - BayVBl. 1991, 720 ff.). Erscheint der Nachbarrechtsbehelf dagegen als offensichtlich aussichtslos, ist der Rechtsschutzantrag abzulehnen. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine reine Interessenabwägung statt (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 152 ff.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage nicht durchdringen, weil die Baugenehmigung vom 22. Mai 2015 nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden vorläufigen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, die - zumindest auch - dem Schutz der Antragstellerin zu dienen bestimmt sind. Es bestehen keine hinreichend gewichtigen Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der erteilten Baugenehmigung, die es trotz der gesetzlichen Regelung in § 212 a Abs. 1 BauGB rechtfertigen könnten, die Umsetzung der Baugenehmigung zu hindern.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu. Er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Drittschutz vermittelt (vgl. BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20). Ein derartiger Fall ist bei summarischer Überprüfung von Sach- und Rechtslage vorliegend nicht gegeben.

1. Soweit die Antragstellerin darauf verweisen lässt, dass das streitgegenständliche Bauvorhaben auch auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ... errichtet werden soll, für welches ihr gegenüber der Stadt ... ein zivilrechtlicher Rückübertragungsanspruch zustehe, ist dieser Umstand nicht geeignet, einen Erfolg des Antrages zu begründen. Dem im Verfahren vorgelegten und sich in den Akten befindlichen (Behördenakte Bl. 33 bis 39) notariellen Kaufvertrag vom 27. Juli 2006 ist bereits nicht zu entnehmen, dass ein die Weiterveräußerung des Grundstücks einschränkender Verwendungszweck bzw. eine Rückübertragungsverpflichtung der Stadt ... enthalten wäre. Letztlich bedarf dies jedoch keiner vertiefenden Betrachtung.

Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich nämlich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Nur nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigen. Änderungen zu seinen Lasten haben außer Betracht zu bleiben (BVerwG, B. v. 8.11.2010 - 4 B 43/10 - BauR 2011, 499 f.). Sowohl zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung (22. Mai 2015) als auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist nach wie vor die Beigeladene aufgrund des am 20. März 2015 mit der Stadt ... geschlossenen notariellen Kaufvertrages über sämtliche Baugrundstücke Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ... Etwaige zukünftige Veränderungen bezüglich des Eigentums der betroffenen Baugrundstücke haben nach den dargestellten Grundsätzen unberücksichtigt zu bleiben. Hieran vermag auch die mit Schriftsatz vom 9. Juni 2015 beim Landgericht ... - Zivilkammer - anhängig gemachte Klage nichts zu ändern. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet der privaten Rechte Dritter ergeht. Auf diesen Umstand wurde in der streitgegenständlichen Baugenehmigung unter Ziffer 1.8 ausdrücklich hingewiesen.

2. Auch eine sonstige Verletzung nachbarlicher Rechte der Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Grundstücks Fl.Nr. ... der Gemarkung ..., welches an das Baugrundstück Fl.Nr. ... unmittelbar angrenzt und die Nachbareigenschaft der Antragstellerin begründet, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

Zwar hat das Landratsamt ... in seinem Genehmigungsbescheid vom 22. Mai 2015 bei der Erteilung der Ausnahme im Hinblick auf die Höhe der verfahrensgegenständlichen Kommissionierhalle keine nach § 31 Abs. 1 BauGB erforderliche Ermessensentscheidung getroffen. Allein die fehlende behördliche Ermessensentscheidung führt allerdings nicht zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin (vgl. BayVGH, U. v. 16.1.2014 - 9 B 10.2528 - BayVBl. 2014, 602 ff.). Eine Verletzung nachbarlicher Rechte käme hier nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen der ausnahmsweisen Zulässigkeit des Vorhabens nicht gegeben wären (vgl. BayVGH, U. v. 16.1.2014 - a. a. O.; B. v. 30.4.2008 - 15 ZB 07.2914 - juris Rn. 10; VG Augsburg, U. v. 29.11.2012 - Au 5 K 11.1606 - juris).

Wann eine Ausnahme von den Festsetzungen eines Bebauungsplanes in Betracht kommt, richtet sich nach § 31 Abs. 1 BauGB. Danach können von den Festsetzungen des Bebauungsplanes solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 1 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden oder von nicht drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplanes befreit wird. Rechte der Nachbarn können durch eine Ausnahme zunächst dann verletzt werden, wenn eine nach dem Bebauungsplan nicht zulässige Ausnahme von einer nachbarschützenden Festsetzung erteilt wird. Grundsätzlich muss jeder Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes nämlich damit rechnen, dass auf einem benachbarten Grundstück ein Bauvorhaben verwirklicht werden kann, das nach dem Bebauungsplan als Ausnahme zulässig ist. Die durch den Bebauungsplan begründete Sozialpflichtigkeit und Situationsgebundenheit des Grundstücks hat somit zur Folge, dass nicht nur die im Bebauungsplan vorgesehene Regelbebauung, sondern auch die im Bebauungsplan zugelassenen Ausnahmen hingenommen werden müssen. Die Ausnahme von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung des Bebauungsplanes kann Rechte der Nachbarn nur im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme verletzen (vgl. zum Ganzen Dürr in Brügelmann, Baugesetzbuch, Band 2, Stand: Oktober 2014, § 31 Rn. 24 m. w. N.).

Die vom Antragsgegner im streitgegenständlichen Bescheid vom 22. Mai 2015 zugelassene Ausnahme von der Höhe des Bauvorhabens auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 BauGB betrifft das Maß der baulichen Nutzung. Gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 4, § 18 BauNVO kann das Maß der baulichen Nutzung u. a. bestimmt werden durch die Festsetzung der zulässigen Höhe baulicher Anlagen. Grundsätzlich kommt dem Maß der baulichen Nutzung, sei es im Geltungsbereich von Bebauungsplänen oder im Rahmen von § 34 Abs. 1, 2 BauGB, keine nachbarschützende Funktion zu (vgl. grundlegend BVerwG, B. v. 23.6.1995 - 4 B 52/95 - NVwZ 1996, 170 f.). Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan werden grundsätzlich ausschließlich im öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Fortentwicklung der städtebaulichen Ordnung erlassen und sind nicht (auch) dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt (Dirnberger in Simon/Busse, Stand: Oktober 2014, Art. 66 Rn. 356). Vorliegend ist den maßgeblichen textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ der Stadt ... in § 5 zu entnehmen, dass bauliche Anlagen im Bereich des Industriegebiets eine Höhe von 10 m nicht übersteigen dürfen. Der Bebauungsplan sieht in Satz 2 des § 5 jedoch eine Ausnahme für Fälle vor, in denen eine betriebstechnische Notwendigkeit für eine größere Höhe der baulichen Anlage besteht und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird. Die in den textlichen Festsetzungen ausdrücklich vorgesehene Ausnahme, mit der die im Plangebiet gelegenen Grundstücke im Sinne eines Austauschverhältnisses jeweils wechselseitig begünstigt und belastet werden, sieht insoweit explizit eine planerische Durchbrechung der vorgesehenen Regelbebauung vor, die auch vom betroffenen Nachbarn hinzunehmen ist.

Eine Unzumutbarkeit, die eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme zugunsten der Antragstellerin begründen könnte, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Inwieweit die mit der verfahrensgegenständlichen Baugenehmigung der Beigeladenen gestattete Überschreitung der grundsätzlichen Maximalhöhe baulicher Anlagen von 10 m im betreffenden Industriegebiet für die Antragstellerin unzumutbare Folgen haben könnte, wird auch von der Antragstellerin in deren Antrags- bzw. Klagebegründung nicht ansatzweise aufgezeigt. Eine solche Unzumutbarkeit drängt sich für das Gericht auch nicht auf, zumal das betroffene Grundstück mit der Fl.Nr. ... der Gemarkung ... derzeit unbebaut ist. Überdies hält das Bauvorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Überprüfung der genehmigten Planunterlagen zum Grundstück der Antragstellerin hin die nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen ein.

Hält ein Bauvorhaben den bauordnungsrechtlich für eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung erforderlichen Abstand zu den Nachbargrundstücken ein, ist regelmäßig insoweit darüber hinaus für das Gebot der Rücksichtnahme grundsätzlich kein Raum mehr. In Bezug auf eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ist das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme vom Landesgesetzgeber in den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften konkretisiert worden (BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28/91 - BVerwGE 94, 151 ff.), die im streitgegenständlichen Verfahren auch seitens der Bauaufsichtsbehörde geprüft worden sind, da ein Sonderbau (Art. 2 Abs. 4 BayBO) der Beigeladenen zur Genehmigung stand.

Hinsichtlich der im streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid ebenfalls erteilten Befreiung des Bauvorhabens wegen der Überschreitung der Baugrenzen im Bebauungsplan „...“ (Ziffer 2. des Bescheids) auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 BauGB, § 23 Abs. 1 BauNVO fehlt jeglicher Vortrag einer nachbarlichen Beeinträchtigung der Antragstellerin.

Soweit diese auf eine Grundstücksbeeinträchtigung in Gestalt von Vernässungen und Durchfeuchtungen als Folge der notwendig werdenden Verlegung des ... verweisen lässt, ist die wasserrechtliche Beurteilung der Verlegung dieses Gewässers bereits nicht Gegenstand der angefochtenen Baugenehmigung. Eine Verletzung von Nachbarrechten durch die angefochtene Baugenehmigung kommt aber nur insoweit in Betracht, als die gerügte Rechtsverletzung auch Gegenstand des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren war (vgl. BayVGH, B. v. 10.10.2013 - 15 ZB 11.1480 - juris Rn. 9). Da die Verlegung des ... einer gesonderten wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf, liegt auch kein Fall von Art. 60 Satz 1 Nr. 3 BayBO vor, wonach die Bauaufsichtsbehörde bei Sonderbauten auch andere öffentlich-rechtliche Anforderungen prüft, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird. Da mithin die verfahrensgegenständliche Baugenehmigung keine Aussage zur wasserrechtlichen Zulässigkeit der Verlegung des Grabens enthält, geht der entsprechende Vortrag der Antragstellerin im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Baugenehmigung ins Leere. Die Frage, ob die Antragstellerin durch die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Gestattung zur Verlegung des ... in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist, bleibt dem anhängigen wasserrechtlichen Klageverfahren vorbehalten (Az. Au 3 K 15.1003).

Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung kommt das Gericht daher zu dem Ergebnis, dass dem Interesse der Beigeladenen an der Ausnutzung ihrer Baugenehmigung der Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin einzuräumen ist. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Klage der Antragstellerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben wird. Zum anderen spricht hierfür die gesetzliche Wertung in § 212 a Abs. 1 BauGB, mit der der Gesetzgeber zu erkennen gegeben hat, dass er den Interessen des jeweiligen Bauherrn als Genehmigungsinhaber grundsätzlich ein besonderes Gewicht beimisst.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Als im Verfahren unterlegen hat die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladene sich ohne eigene Antragstellung keinem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlich entstandenen Aufwendungen selbst zu tragen hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 7.500,- EUR war im Rahmen des Verfahrens vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

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(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen. (2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt w

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(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen. (2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Absatz 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2014 - 9 B 10.2528

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Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beigeladene hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. IV. Die Revision wird nicht

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 08. Nov. 2010 - 4 B 43/10

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

I.

1

Die Beklagte hat dem Beigeladenen am 6. März 2007 eine Baugenehmigung mit dem Betreff "Nutzungsänderung: Gewerbebetrieb (von gewerbliches Lager in Büroräume)" erteilt. Während des Berufungsverfahrens hat sie die Genehmigung mit Bescheid vom 5. Mai 2010 dahin abgeändert, dass die Anzahl der Pkw-Bewegungen, die gemäß Nr. 6 der Nebenbestimmung in den rückwärtigen Grundstücksbereich fahren dürfen, monatlich 300 Fahrzeuge nicht überschreiten darf; außerdem hat sie die Betriebszeit auf werktags von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr beschränkt. Der Beigeladene hatte zuvor in einem "Teilverzicht" erklärt, dass er insoweit von der Baugenehmigung nicht mehr Gebrauch machen werde.

2

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass auf die Genehmigung nicht teilweise verzichtet werden könne, denn der "Teilverzicht" beziehe sich nicht auf einen objektiv abgrenzbaren und benennbaren Teil der Genehmigung; jede Änderung einer Baugenehmigung lasse in der Regel ein aliud entstehen.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass hier auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung vom 6. März 2007 abzustellen sei. Die Änderungsgenehmigung vom 5. Mai 2010 führe nicht dazu, dass es für die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Änderungsgenehmigung ankommen würde, denn mit ihr habe die Beklagte keine Genehmigung für ein sogenanntes aliud, also für ein Vorhaben erteilt, das von dem zuvor Genehmigten so erheblich abweicht, dass sich die Genehmigungsfrage neu gestellt hätte. Vielmehr bestätige die Änderungsgenehmigung der Sache nach lediglich den Teilverzicht des Beigeladenen, mit dem dieser eine in der Bandbreite der zuvor genehmigten Nutzung liegende Reduzierung des betrieblichen Geschehens erklärt habe (UA S. 15). Die nähere Umgebung habe jedenfalls am 6. März 2007 einem allgemeinen Wohngebiet entsprochen, in dem das Vorhaben des Beigeladenen als nicht störender Gewerbebetrieb ausnahmsweise habe zugelassen werden dürfen.

II.

4

Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

5

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

6

Die Klägerin möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob und ggf. in welcher Konstellation im Rahmen einer Änderungs-/Nachtragsgenehmigung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Ausgangsgenehmigung oder auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der Änderungsgenehmigung abzustellen ist.

7

Sie macht geltend, dass die nähere Umgebung jedenfalls bei Erteilung der Änderungsgenehmigung einem reinen Wohngebiet entsprochen habe, in dem der Gewerbebetrieb des Beigeladenen unzulässig sei.

8

Die bezeichnete Frage bedarf, soweit sie entscheidungserheblich wäre, nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. In einem Fall wie dem vorliegenden ist sie ohne Weiteres in dem vom Oberverwaltungsgericht entschiedenen Sinne zu beantworten.

9

Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Nur nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn sind zu berücksichtigen. Änderungen zu seinen Lasten haben außer Betracht zu bleiben (Beschluss vom 23. April 1998 - BVerwG 4 B 40.98 - Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 87; Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 59). Die erteilte Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine Rechtsposition, die sich, wenn ein Nachbar die Genehmigung anficht, gegenüber während des Rechtsmittelverfahrens eintretenden Änderungen der Sach- und Rechtslage durchsetzen kann (Urteil vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.07 - BVerwGE 130, 113 Rn. 13). Das ist in der Rechtsprechung geklärt. Auch das Oberverwaltungsgericht ist von diesem Grundsatz ausgegangen (UA S. 15).

10

Verzichtet der Bauherr teilweise auf die Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung und schreibt die Genehmigungsbehörde diesen Verzicht durch eine Änderung der Genehmigung fest, richtet sich die Frage, ob der aufrechterhaltene Teil der Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, weiterhin nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erteilung der ursprünglichen Baugenehmigung. Denn auch für den aufrechterhaltenen Teil des Vorhabens hat der Bauherr bereits durch die Erteilung der Baugenehmigung eine gegenüber nachträglichen Änderungen der Sach- und Rechtslage geschützte Rechtsposition erlangt. Durch die Änderung der Genehmigung wird in einem solchen Fall lediglich deren Umfang nachträglich eingeschränkt. Ein teilweiser Verzicht auf die Ausnutzung einer Baugenehmigung und eine entsprechende Änderung der Genehmigung sind allerdings nur möglich, wenn das genehmigte Vorhaben teilbar ist. Ob und inwieweit das der Fall ist, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Hier hat das Oberverwaltungsgericht die Reduzierung der höchstzulässigen Anzahl von Pkw-Bewegungen und der Betriebszeit als "eine in der Bandbreite der zuvor genehmigten Nutzung liegende Reduzierung des betrieblichen Geschehens" (UA S. 15), das reduzierte Vorhaben also nicht als aliud, sondern als abtrennbaren Teil des ursprünglichen Vorhabens angesehen. An diese tatrichterliche Würdigung der hier gegebenen Umstände wäre der Senat in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Dass der Betrieb durch die genannte Reduzierung des Betriebsumfangs von einem störenden zu einem nicht störenden Gewerbebetrieb wird, steht der Teilbarkeit des Vorhabens nicht entgegen.

11

2. Als Divergenzrüge macht die Klägerin geltend, dass das Oberverwaltungsgericht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 1965 - BVerwG 4 C 3.65 - (BVerwGE 22, 129) abgewichen sei. In diesem Urteil habe das Bundesverwaltungsgericht den Grundsatz aufgestellt, dass es für die Frage der Rechtswidrigkeit einer Baugenehmigung grundsätzlich darauf ankomme, wie die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung beschaffen sei. Demgegenüber habe das Oberverwaltungsgericht den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass es bei der zu beurteilenden Änderungsgenehmigung nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Änderungsgenehmigung für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ankomme, sondern auf den Zeitpunkt der Erteilung der Ursprungsgenehmigung.

12

Die geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Einen Rechtssatz zu der hier entscheidungserheblichen Frage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung einer Nachbarklage gegen eine Baugenehmigung maßgebend ist, wenn der Bauherr auf die Ausnutzung der Baugenehmigung teilweise verzichtet und die Baugenehmigungsbehörde die Baugenehmigung entsprechend geändert hat, hat der Senat in seinem Urteil vom 5. Oktober 1965 nicht aufgestellt. Um eine derartige Fallkonstellation ging es in der damaligen Entscheidung nicht.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Die Beigeladene hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Vorbescheid für die Nutzungsänderung einer Doppelhaushälfte in ein Feuerwehrgerätehaus.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks U.-straße 75 (FlNr. 5929 der Gemarkung H.) in H., das mit einer Ende der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts errichteten kleinen Doppelhaushälfte (Grundfläche ca. 72 m²) bebaut ist. Die zweite, ebenso große Doppelhaushälfte auf dem angrenzenden Grundstück FlNr. 5929/1 (Baugrundstück) wird bisher zu Wohnzwecken genutzt. Auf diesem Grundstück steht neben einer zum Wohnhaus gehörenden Garage eine seit Mitte der 90er Jahre für die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde genutzte Fahrzeughalle, die ursprünglich als Garage für einen Gewerbebetrieb (Sandabbaubetrieb) diente. Das gesamte Bauquartier war in dem 1992 wieder aufgehobenen Bebauungsplan „Siedlung am Bahnhof“ als reines Wohngebiet (WR) festgesetzt. Östlich des Doppelhauses verläuft etwa 70 m entfernt die Bahnlinie Würzburg-Gemünden, südlich davon die Kreisstraße MSP 8 (B.-straße).

Unter dem 4. Mai 2007 beantragte die beigeladene Gemeinde einen Vorbescheid für die „Umnutzung eines Wohngebäudes mit Garage in ein Feuerwehrgerätehaus“ mit der Fragestellung, über die Genehmigungsfähigkeit der vorgesehenen baulichen Änderung zu entscheiden. Nach den Angaben in den Bauvorlagen will die Beigeladene das Baugrundstück erwerben und in mehreren Baustufen vollständig für Zwecke der gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehr umnutzen. Während sich die erste Baustufe auf Sanierungsmaßnahmen und kleinere Um- und Anbauten an der Halle beschränkt (u. a. Anbau eines Sanitärbereichs mit Duschen und WC an der Südseite der Halle; Einbau einer Spüle und einer Stiefelwaschanlage an Stelle des bisher vorhandenen WC´s), sollen in den Ausbaustufen 2 und 3 - nach Auszug des derzeitigen Mieters der Doppelhaushälfte - die vorhandene Garage für ein Zweitfahrzeug der Feuerwehr und für Ausrüstungsgegenstände der Jugendfeuerwehr sowie das Wohnhaus für die Erfordernisse der Feuerwehr umgenutzt werden. Die vorgesehenen neun Stellplätze sollen teilweise auf dem Baugrundstück (unmittelbar vor der westlichen Hausfassade) und teilweise entlang der B.-straße (Grundstück FlNr. 5928/1) neben der auf dem Baugrundstück stehenden Halle errichtet werden. Von der ursprünglich in der vierten Baustufe geplanten Errichtung eines 10,80 m hohen Schlauchtrockenturms an der Südseite der Halle hat die Beigeladene inzwischen Abstand genommen; insoweit ist nur noch die Errichtung einer „Schlauchpflege mit Trog“ innerhalb der bestehenden Halle Gegenstand der Planvorlagen.

Nach den Eingabeplänen hält der bis zu 2,80 m hohe Sanitäranbau zum Grundstück des Klägers eine Entfernung von ca. 4,50 m ein. Im bestehenden Wohnhaus sind im Erdgeschoss neben einem WC-Bereich ein ca. 34 m² großer Schulungs- und Besprechungsraum sowie ein weiterer Besprechungsraum mit Küche vorgesehen. Im Obergeschoss sind neben einem weiteren WC zwei Büroräume und ein Lager/Archiv-Raum, im Kellergeschoss zwei weitere Lagerräume und eine Werkstatt geplant. In den Bauvorlagen finden sich ferner Angaben zur beabsichtigten Nutzung durch die Feuerwehr (vgl. Erläuterungsbericht - Nutzungskonzept). Das Anwesen soll danach für Ausbildungs- und Schulungszwecke sowie für gesellige Veranstaltungen der Freiwilligen Feuerwehr (Aktivengruppe + zwei Jugendgruppen) genutzt werden. Die Zahl der Einsätze mit Sirenenalarmierung wird im Jahresmittel mit (ca.) zehnmal angegeben.

Bereits im Vorbescheidsverfahren erhob der Kläger Einwendungen gegen das Vorhaben. Das daraufhin eingeholte Schallimmissionsschutzgutachten des Ing.Büros W. vom 26. Oktober 2007 zum Baulichen Schallschutz gem. DIN 4109 und zum Schallimmisssionsschutz gemäß TA-Lärm und 18. BImSchV kommt zum Ergebnis, dass bezogen auf den Baulichen Schallschutz zur Einhaltung der lärmschutztechnischen Vorgaben zusätzliche bauliche Maßnahmen erforderlich sind. Im Hinblick auf lärmrelevante Veranstaltungen (Nutzung des Schulungsraums, Jugendausbildung, kleinere Feiern, jährliches Kesselfleischessen) kann nach Einschätzung des Gutachters unter Zugundelegung der Angaben des Bauherrn zum geplanten Nutzungsumfang von einer Einhaltung der zulässigen Lärmimmissionsrichtwerte ausgegangen werden. Der Schallimmissionsschutz gemäß TA-Lärm und 18. BImschV sei unter Zugrundelegung der im Erläuterungsbericht gemachten Nutzerangaben eingehalten.

Das Landratsamt M. (im folgenden: Landratsamt) erteilte daraufhin unter dem 13. Februar 2008 (geändert mit „Berichtigungsbescheid“ vom 10.9.2008) den beantragten Vorbescheid. Der Bescheid enthält eine Abweichung von der Einhaltung der Abstandsflächen zum Grundstück des Klägers sowie Auflagen, wonach das Schallschutzgutachten u. a. Teil des Genehmigungsbescheids wird und die Nutzung des Bauwerks auf die im Gutachten zugrunde gelegte Nutzung beschränkt ist. Das Landratsamt ging davon aus, dass die nähere Umgebung des Grundstücks einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO entspricht und das Vorhaben dort als Anlage für soziale Zwecke seiner Art nach allgemein zulässig ist. Immissionsschutzrechtlich sei es zulässig, soweit die im Schallschutzgutachten verlangten baulichen Veränderungen durchgeführt würden. Das Gebot der Rücksichtnahme werde nicht verletzt. Die neue Nutzung des Gebäudes beeinträchtige die Nachbarinteressen nicht wesentlich stärker als die bisherige Nutzung. Dies gelte auch im Hinblick auf die Möglichkeit der Einsichtnahme und den Wohnfrieden, da im Rahmen der Nutzungsänderung bauliche Verbesserungsmaßnahmen durchzuführen seien, die geeignet seien, die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte zu gewährleisten.

Der Kläger ließ gegen den Vorbescheid Klage erheben. Er hält das Vorhaben für planungsrechtlich unzulässig. Das maßgebende Gebiet sei kein allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO, sondern ein besonderes Wohngebiet nach § 4a BauNVO. Ein Feuerwehrgerätehaus sei keine Anlage für soziale Zwecke und deshalb in einem solchen Gebiet unzulässig. Der Kläger machte zudem geltend, der im Schallschutzgutachten zugrunde gelegte Nutzungsumfang widerspreche allen bisherigen Erfahrungen, der Nachbarschaftskonflikt werde damit „nur auf dem Papier bewältigt“.

Mit Urteil vom 19. September 2008 gab das Verwaltungsgericht der Klage statt. Das Vorhaben liege in einem faktischen allgemeinen Wohngebiet und verletze den Kläger in seinen Nachbarrechten. Entgegen der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen sei das geplante Feuerwehrhaus keine Anlage für soziale Zwecke im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO, sondern eine Anlage für Verwaltungen i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Da der Beklagte im vorliegenden Fall fälschlicherweise davon ausgegangen sei, dass das geplante Feuerwehrhaus in einem allgemeinen Wohngebiet allgemein und nicht nur als Ausnahme zulässig sei, habe er keine gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO, § 34 Abs. 2 i.V. mit § 31 Abs. 1 BauGB gebotene Ermessensentscheidung getroffen. Dies verletze den Gebietsbewahrungsanspruch des Klägers, der weitergehe als der Schutz aus dem Rücksichtnahmegebot. Auf die Bewahrung der Gebietsart habe der Nachbar einen Anspruch auch dann, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im Einzelfall für ihn noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung führe.

Mit der vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung wendet sich die Beigeladene insbesondere gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts, ein Feuerwehrgerätehaus diene Verwaltungszwecken i. S. des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Sie verweist insoweit auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Mai 1996 (BayVGH, B. v. 20.5.1996 - 2 CS 96.1175), wonach eine Rettungswache in einem allgemeinen Wohngebiet zulässig sei, weil sie sozialen bzw. gesundheitlichen Zwecken diene. Zwischen einer Rettungswache und einem Objekt, das der Feuerwehr als Gerätehaus diene, seien keine maßgeblichen Unterschiede ersichtlich. Im Vordergrund der Tätigkeit einer Feuerwehr stünden der Schutz von Leib und Leben der Bevölkerung und damit soziale bzw. gesundheitliche Zwecke. Betroffen sei somit der Bereich der Daseinsvorsorge und Daseinsfürsorge. Die Privilegierung von Gebäuden mit sozialen oder gesundheitlichen Zwecken in § 4 BauNVO solle erreichen, dass Gebäude zur Daseinsvorsorge und Daseinsfürsorge dort ermöglicht würden, wo sie bestimmungsgemäß gebraucht werden. Gerade aus diesem Grund habe der Verwaltungsgerichtshof eine Rettungswache im allgemeinen Wohngebiet zugelassen. Die dort angestellten Erwägungen gälten in gleicher Weise auch für ein Feuerwehr(geräte)haus. Das Rücksichtnahmegebot sei ebenfalls nicht verletzt. Das Feuerwehrgerätehaus verfüge nicht über ein eigenes Alarmierungssystem. Die etwaigen Beeinträchtigungen des Klägers seien also weit geringer als bei einer Rettungswache. Notfallmäßige Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr fänden im Jahr maximal 15 mal statt. Den Einsatz des Martinshorns müssten in einem solchen Fall nicht nur die unmittelbaren Nachbarn des Feuerwehrgerätehauses, sondern auch die übrigen Anwohner, insbesondere im Einsatzzielgebiet, dulden. Auch sei das Anwesen des Klägers durch Straße und Bahnlinie immissionsmäßig vorbelastet. Im Zuge der Baumaßnahme werde die Schallschutzsituation nicht verschlechtert, sondern verbessert. Auch im Hinblick auf die Abstandsflächen seien sämtliche Belange des Klägers berücksichtigt und gewahrt. Der im ursprünglichen Bauantrag noch enthaltene Schlauchturm werde nicht mehr verwirklicht; er sei auch nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Bescheids.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. September 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, das Vorhaben der Beigeladenen sei eine Anlage der Verwaltung im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO und damit in dem maßgeblichen Gebiet - wenn überhaupt - nur als Ausnahme gemäß § 4 Abs. 3 BauNVO zulässig. Unabhängig davon verstoße das Vorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt für den Beklagten keinen Antrag. In der Sache ist sie allerdings der Ansicht, dass die Berufung der Beigeladenen begründet ist. Der primär sicherheitsrechtliche Charakter der Aufgaben der Feuerwehr (Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum) und ein weit verstandener Sozialbegriff rechtfertigten die Einordnung des Vorhabens als Anlage für soziale Zwecke.

Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Die Verfahrensbeteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des Ergebnisses des Augenscheins wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift, wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Vorbescheid des Landratsamts vom 13. Februar 2008 in der Fassung des Bescheids vom 10. September 2008 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Der Vorbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das geplante Feuerwehrgerätehaus gehört zwar zu den Anlagen für Verwaltungen im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, die in einem allgemeinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sind. Auch bestehen gegen seine Gebietsverträglichkeit keine Bedenken. Das Vorhaben verstößt jedoch im konkreten Einzelfall gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

1. Der Senat teilt aufgrund des Augenscheins die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens - was die Art der baulichen Nutzung angeht - nach § 34 Abs. 2 BauGB beurteilt, weil die Eigenart der näheren Umgebung einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO entspricht.

Nach den Feststellungen beim Augenschein sind die Gebäude in der näheren Umgebung des Vorhabens überwiegend wohngenutzt. In unmittelbarer Nachbarschaft des Baugrundstücks liegt ein als Parkand-Ride-Platz gekennzeichneter kleinerer Parkplatz für DB-Kunden. Das nordwestlich vom Baugrundstück gelegene ehemalige Bahnhofsgebäude dient nunmehr Wohnzwecken. Im nördlichsten Teil der U.-straße befindet sich eine Straußwirtschaft, deren Gasträume im Keller angeordnet sind. Eine weitere gewerbliche Nutzung (Elektro- und Installationsfachgeschäft) findet sich erst jenseits der Kreisstraße (O.-straße 66), wobei nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck dieser Kreisstraße trennende Wirkung zukommt, so dass sich die genannte gewerbliche Nutzung auf das Baugrundstück nicht mehr prägend auswirkt. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, würde dieser Betrieb als ein im allgemeinen Wohngebiet nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässiger nicht störender Gewerbebetrieb (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand 1.8.2013, § 4 BauNVO Rn. 122) an der Einstufung als faktisches allgemeines Wohngebiet nichts ändern. Denn bei der Beurteilung des Gebietscharakters ist die ganze Bandbreite der im jeweiligen Gebiet zulässigen Nutzungsarten einzubeziehen, also unter Einschluss der in einem Gebiet jeweils nach Abs. 3 der Gebietsvorschrift nur ausnahmsweise zulässigen Vorhaben. Dass in der hier maßgeblichen näheren Umgebung auch Vorhaben vorhanden sind, die unter § 4 Abs. 3 BauNVO fallen, steht mithin der Annahme eines allgemeinen „faktischen“ Wohngebiets nicht entgegen, weil sich diese Vorhaben auf wirkliche Ausnahmefälle beschränken (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1/00, juris Rn. 34). Demzufolge kann auch der Umstand, dass die auf dem Baugrundstück stehende Halle, die früher von einem Sandabbaubetrieb als LKW-Garage genutzt worden ist, bereits seit Mitte der 90er Jahre der Freiwilligen Feuerwehr der Beigeladenen als Feuerwehrgerätehaus dient, den Gebietscharakter nicht in Frage stellen. Eine derartige Nutzung ist zwar - was bei dieser Nutzungsart im Übrigen naheliegt - im Gebiet singulär. Sie steht jedoch zu der sie umgebenden Bebauung nicht in einem so auffälligen Kontrast, dass sie bei der Ermittlung der Eigenart der näheren Umgebung als Fremdkörper außer Betracht zu bleiben hätte und ihr deshalb eine gebietsprägende Wirkung abzusprechen wäre.

Die Annahme eines besonderen Wohngebiets im Sinne des § 4a BauNVO, welches nach Ansicht des Klägers alternativ in Betracht kommen soll, scheidet im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB aus. Denn in ihm soll die vorhandene Wohnnutzung u. a. „fortentwickelt“ werden, was nicht aus einem vorhandenen Bestand abgeleitet werden kann, sondern eine planerische Entscheidung der Gemeinde voraussetzt (vgl. BVerwG, B. v. 11.12.1992 - 4 B 209.92, Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB/BauNVO, 7. Aufl. 2013, § 34 BauGB Rn. 122).

2. Das verfahrensgegenständliche Feuerwehrgerätehaus ist in einem allgemeinen Wohngebiet nicht allgemein zulässig. Es stellt weder eine „Anlage für soziale Zwecke“ im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO dar noch lässt es sich unter den dort genannten Begriff der „Anlagen für gesundheitliche Zwecke“ subsumieren. Das Vorhaben gehört vielmehr zu den „Anlagen für Verwaltungen“ im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, die in einem allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässig sind. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgendem:

(a) Der Begriff der „Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke“ (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 4 Abs. 2 Nr. 3, § 4a Abs. 2 Nr. 5, § 7 Abs. 2 Nr. 4, § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) ist zwar nicht auf die traditionellen Bereiche der genannten Zwecke beschränkt. Die Baunutzungsverordnung verwendet diese Begriffskategorie (Nutzungs- oder Anlagenart) vielmehr als bewusst weit gefasste Kategorie, die für eine „dem Wandel der Zeiten“ anpassungsfähige Auslegung offen ist (BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 4 C 16.97, juris Rn. 27 = BVerwGE 108, 190). Damit sollen gerade auch neue Erscheinungsformen baulicher Vorhaben städtebaulich erfasst werden, um eine geordnete Bodennutzung und städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Dass sich im Laufe der Zeit das Begriffsverständnis und damit auch die Art der Anlagen ändern kann, die im jeweiligen Gebiet zulässig sind, ist vom Verordnungsgeber gewollt (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10, juris Rn. 7 - Krematorium als Anlage für kulturelle Zwecke i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO).

Diese begriffliche Offenheit des Tatbestands wird nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum einen dadurch begrenzt, dass unter diese Begriffskategorie nur die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen fallen, weil die Baunutzungsverordnung diese Begriffsgruppe von Anfang an auf Gemeinbedarfsanlagen beschränkt gesehen habe (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 17.95, juris Rn. 29; U. v. 28.4.2004 - 4 C 10.03, juris Rn. 21; a. A. die wohl herrschende Meinung in der Literatur, vgl. Nachweise bei König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 4 BauNVO Rn. 45). Darüber hinaus wirkt das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit begrenzend, welches in gleicher Weise für die im jeweiligen Baugebiet allgemein wie für die dort (nur) ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten gilt (st. Rspr., vgl. BVerwG, U. v. 2.2.2012 - 4 C 14/10, juris Rn. 16; B. v. 28.2.2008 - 4 B 60/07, juris Rn. 5 und 6). Eine dritte Begrenzung ergibt sich schließlich aus dem Gebot der Rücksichtnahme, das eine Vermeidung gebietsunverträglicher Auswirkungen im Einzelfall ermöglicht (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2002 - 4 C 1/02, juris Rn. 13).

(b) In diesem Sinne stellt das von der Beigeladenen geplante Feuerwehrgerätehaus keine Anlage für soziale Zwecke dar. Derartige Anlagen dienen nämlich in einem weiten Sinn der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt; es handelt sich um Nutzungen, die auf Hilfe, Unterstützung, Betreuung und ähnliche fürsorgerische Maßnahmen ausgerichtet sind. Als typische Beispiele werden in der Rechtsprechung und Literatur Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, alte Menschen sowie andere Personengruppen angesehen, die (bzw. deren Eltern) ein besonderes soziales Angebot annehmen wollen (vgl. BVerwG, B. v. 13.7.2009 - 4 B 44/09, juris Rn. 5 mit weiteren Nachweisen). Anlagen für soziale Zwecke lassen sich damit gemeinhin unter den Begriff der „Wohlfahrtspflege“ fassen (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 2.5.2013 - 1 A 11021/12, juris Rn. 30; vgl. hierzu auch die Aufstellung in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 92 ff).

Ein Feuerwehrgerätehaus gehört demgegenüber zu einer anders gearteten Begriffskategorie. Die Auffassung der Beigeladenen, schon aus der Aufgabe der Feuerwehr, Leib und Leben der Bevölkerung zu schützen, und der Einordnung einer derartigen Tätigkeit in den Bereich der Daseinsvorsorge und Daseinsfürsorge folge die Zugehörigkeit eines Feuerwehrgerätehauses zu den Anlagen für soziale und/oder gesundliche Zwecke im Sinne der BauNVO, würde zu einer Ausweitung dieser Begriffskategorie führen, die in der Zusammenschau mit anderen in der BauNVO ausdrücklich aufgeführten Nutzungsarten nicht gerechtfertigt wäre. Ein derart verstandener Begriff der sozialen Zwecke würde die Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines in einem weiten Sinn der Daseinsvorsorge dienenden Vorhabens im Wesentlichen auf die Ebene der Gebietsverträglichkeit verlagern. Der Beklagte vertritt zwar ebenfalls die Auffassung, ein weit verstandener Sozialbegriff rechtfertige die Einordnung eines Feuerwehrgerätehauses als „Anlage für soziale Zwecke“, weist aber andererseits zu Recht auf den primär sicherheitsrechtlichen Charakter der Aufgaben der Feuerwehr (Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum) hin. Die Tätigkeitsfelder der Feuerwehr liegen nämlich, wie schon in deren Signet „Löschen - Bergen - Schützen - Retten“ plakativ zum Ausdruck kommt, im abwehrenden Brandschutz, in der technische Hilfeleistung, dem Katastrophenschutz und dem Rettungsdienst. Diese Tätigkeitsfelder dienen der Gefahrenabwehr. Sie haben damit primär einen sicherheitsrechtlichen und nicht einen sozialen oder gesundheitlichen Ansatz und Zweck.

Daraus erschließt sich auch, dass die von der Beigeladenen angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zur planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Rettungswache in einem allgemeinen Wohngebiet auf den hier gegebenen Sachverhalt nicht ohne weiteres übertragen werden kann. Die Beigeladene verweist zwar zutreffend darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof in dieser, in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidung angenommen hat, es könne keinen ernstlichen Zweifeln unterliegen, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen „Rotkreuzhaus mit Rettungswache“ um eine Anlage handle, die sozialen und gesundheitlichen Zwecken diene (BA S. 4). Der Tätigkeitsbereich der Feuerwehr umfasst aber allenfalls einen Teilaspekt des Gesundheitswesens, nämlich soweit die Feuerwehr in den öffentlichen Rettungsdienst eingebunden ist. Insgesamt liegt der Aufgabenschwerpunkt der Feuerwehr aber - wie aufgezeigt - im Bereich der Gefahrenabwehr und damit des Sicherheitsrechts. Von der Zugehörigkeit zum Bereich der „Wohlfahrtspflege“ kann daher nicht gesprochen werden.

Fehlt es somit hier schon begrifflich an der Zugehörigkeit zu einer der in § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO aufgeführten Anlagen, so kann auch der Umstand, dass ein Feuerwehr(geräte)haus die Gebietsanwohner lärmmäßig möglicherweise weniger belasten würde als eine Rettungswache, nicht zu einer Einstufung des Vorhabens unter die Anlagen für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke führen.

(c) Der Senat teilt auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das verfahrensgegenständliche Feuerwehrgerätehaus unter die in § 4 Abs. 3 Nr. 3 VwGO genannten Anlagen für Verwaltungen fällt. Auch dieser Begriff ist - wie schon der vorgenannte Begriff der Anlagen für soziale und gesundheitliche Zwecke - in einem weiten Sinn zu verstehen. Verwaltung in diesem (planungsrechtlichen) Sinn ist ein Sammelbegriff, der alle selbstständigen Anlagen und Einrichtungen umfasst, in denen oder von denen aus verwaltet wird, sofern nicht die Verwaltung anderen, spezifischeren Nutzungsbegriffen der Baugebietsvorschriften der BauNVO unterfällt (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 128/129). Demzufolge fallen z. B. die Räumlichkeiten eines ambulanten Pflegedienstes, selbst wenn dort dessen Verwaltung untergebracht ist, nicht unter die Anlagen für Verwaltungen im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, wenn in der Station auch Pflegeleistungen erbracht werden (vgl. BVerwG, B. v. 13.7.2009 - 4 B 44/09, juris Rn. 4). Entsprechendes gilt auch für Büro- und Verwaltungsgebäude, weil nach der Systematik der BauNVO zwischen den Nutzungsarten „Anlagen für Verwaltungen“ und „Büro- und Verwaltungsgebäuden“ zu trennen ist (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 3, § 6 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO einerseits und § 7 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO andererseits). § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO meint keine Gebäude, die in ihrer Ausgestaltung und Funktionalität einem Büro- oder Verwaltungsgebäude gleichkommen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1/00, juris Rn. 49).

Von einer Nutzungsart, die in ihrer Ausgestaltung einem Büro- oder Verwaltungsgebäude gleichkommen würde, kann vorliegend nicht die Rede sein. Im Endausbau soll das Vorhaben zwar u. a. auch für Ausbildungs- und Schulungszwecke sowie für gesellige Veranstaltungen der gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehr genutzt werden. Bei dieser Nutzung handelt es sich jedoch um keine Dauernutzung. Das Gebäude ist nicht ständig besetzt, vielmehr beschränkt sich die Zahl der dort durchgeführten Ausbildungseinheiten nach dem vorgelegten Nutzungskonzept auf zusammengerechnet ca. 100 Ausbildungseinheiten von bis zu jeweils maximal zweistündiger Dauer; die geselligen Veranstaltungen stellen hiernach seltene Ereignisse dar (4x jährlich). Ob für die planungsrechtliche Einordnung eines „Feuerwehrhauses“ möglicherweise dann etwas anderes gilt, wenn es sich um eine ständig besetzte Feuerwache einer Berufsfeuerwehr mit einem entsprechend umfassenden Aufgabenspektrum handelt, kann dahinstehen, weil es um eine solches Vorhaben hier ersichtlich nicht geht. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob - wovon das Verwaltungsgericht wohl ausgeht - ein „Feuerwehrhaus“ unabhängig von seiner begrifflichen Bezeichnung als „Feuerwache“ oder „Feuerwehrgerätehaus“, von seiner Nutzung durch ehrenamtliche Kräfte im Rahmen einer Freiwilligen Feuerwehr oder durch eine Berufsfeuerwehr, von seiner Größe und der Frage, ob es rund um die Uhr oder nur zeitweilig besetzt ist, in jedem Fall unter die in § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO genannten Anlagen für Verwaltungen fällt.

Die BauNVO kennt auch keinen Nutzungsbegriff, der etwa Anlagen oder Einrichtungen der öffentlichen Sicherheit als besondere Nutzungskategorie benennen würde. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. Februar 2001 Az. 14 CS 01.93 bei einem Baugenehmigungsverfahren für ein Feuerwehrgerätehaus ausgeführt hat, „Einrichtungen der öffentlichen Sicherheit, wie Polizeidienststellen, Rettungs- oder Feuerwachen“ seien in dem betreffenden (Dorf-)Gebiet grundsätzlich zulässig, musste er sich mit dieser Frage nicht auseinandersetzen, weil er diese Aussage zu § 5 Abs. 2 Nr. 7 BauNVO getroffen hat, der neben den „Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke“ auch „Anlagen für örtliche Verwaltungen“ umfasst. Auch die Tatsache, dass ein Feuerwehrgerätehaus zu den Anlagen und Einrichtungen des Gemeinbedarfs im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (zum Gemeinbedarfsbegriff vgl. BVerwG, B. v.18.5.1994 - 4 NB 15/94, juris Rn. 13) gehört und deshalb eine entsprechende Ausweisung in einem Bauleitplan rechtlich möglich ist (vgl. BayVGH, B. v. 10.3.2000 - 26 ZS 99.2151 - Festsetzung einer Gemeinbedarfsfläche mit dem Zusatz „Feuerwehr“; B. v. 7.5.2002 - 26 ZS 01.2795 - Festsetzung einer Sonderbaufläche mit der Zweckbestimmung „Feuerwehrgerätehaus“), ist insoweit ohne Belang.

Das verfahrensgegenständliche Vorhaben unterfällt demzufolge dem Sammelbegriff der „Anlagen für Verwaltungen“ im Sinne des § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Es dient der Unterbringung des Fahrzeugbestands und der technischen Ausrüstung der Feuerwehr sowie der persönlichen Ausrüstungsgegenstände der Feuerwehrleute, der Bewältigung anfallender Verwaltungstätigkeiten (Büroarbeiten, Archivierung), Schulungs- und Ausbildungszwecken sowie der Durchführung geselliger Veranstaltungen. Die geplante Nutzung entspricht damit dem typischen Nutzungsspektrum eines „Feuerwehrhauses“, in dem möglichst alle mit der Aufgabenerfüllung einer Freiwilligen Feuerwehr zusammenhängenden Aktivitäten konzentriert werden sollen. Die grundsätzliche rechtliche Zuordnung eines Feuerwehrgerätehauses als Anlage für Verwaltung im Sinne der Gebietsvorschriften der BauNVO entspricht im Übrigen der - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat - wohl einhelligen Kommentarliteratur (vgl. König/Roeser/Stock, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 81 - Feuerwache; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4 Rn. 12; Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O., § 4 BauNVO Rn. 132). Ihr neigt offensichtlich auch die jüngere Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu (vgl. BayVGH, B. v. 25.9.2013 - 15 ZB 11.2304 Rn. 18).

(d) Der Senat hat auch mit Blick auf das (ungeschriebene) Erfordernis der Gebietsverträglichkeit keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit des geplanten Vorhabens in einem allgemeinen Wohngebiet. Ein derartiger Verstoß wäre anzunehmen, wenn ein Feuerwehrgerätehaus - bezogen auf den Gebietscharakter des allgemeinen Wohngebiets - aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirken würde (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2002 - 4 C 1/02, juris Rn. 11 - Unzulässigkeit eines im WA als Anlage der Verwaltung ausnahmsweise zulässigen Postzustellstützpunkts). Von einer typischerweise gebietsunverträglichen Nutzungsart kann hier nicht ausgegangen werden. Das im Erläuterungsbericht zu den Planvorlagen genannte Nutzungsspektrum entspricht - wie dargelegt - dem typischen Tätigkeitsspektrum einer gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehr. Diese ist im konkreten Fall auch weder personell noch ausrüstungsmäßig so ausgestattet, dass die mit der geplanten Nutzung für die Nachbarschaft typischerweise einhergehenden Belästigungen in einem allgemeinen Wohngebiet von vorneherein als nicht gebietsverträglich angesehen werden könnten.

4. Der Umstand, dass der Beklagte - ausgehend von der unzutreffenden Annahme einer allgemeinen Zulässigkeit des Vorhabens nach § 4 Abs. 2 BauNVO - hier keine durch § 34 Abs. 2 Satz 2 HS 2 i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB gebotene Ermessenentscheidung getroffen hat, führt jedoch entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts noch nicht dazu, dass der Vorbescheid den Kläger in eigenen Rechten verletzen würde und seine Klage allein wegen der fehlenden behördlichen Ermessensentscheidung erfolgreich wäre. Eine solche Rechtsverletzung ergibt sich auch nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - aus der grundsätzlich nachbarschützenden Qualität des § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, U. v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 = BVerwGE 94, 151) und dem Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung der Gebietsart. Denn eine Verletzung nachbarlicher Rechte kann nur vorliegen, wenn die Voraussetzungen der ausnahmsweisen Zulässigkeit des Vorhabens nicht gegeben wären. Das ergibt sich bereits aus dem Inhalt des Anspruchs des Nachbarn auf Wahrung der Gebietsart. Dieser ist nämlich darauf gerichtet (und beschränkt), Vorhaben zu verhindern, die weder regelmäßig noch ausnahmsweise in einem Baugebiet zulässig sind (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2008 - 15 ZB 07.2914 Rn. 10). Weiter kann der Nachbaranspruch daher auch nicht gegenüber einer Genehmigung gehen, in der diese Ausnahme nicht ausdrücklich ausgesprochen wird, weil die Baugenehmigungsbehörde das Erfordernis einer Ausnahme - aus welchen Gründen auch immer - verkannt hat (vgl. BayVGH, B. v. 30.4.2008 a. a. O.).

Dass im vorliegenden Fall die Ausnahmevoraussetzungen gemäß § 31 Abs. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 Halbsatz 2 BauGB vorliegen, stellt das Verwaltungsgericht selbst nicht in Frage. Dies ist auch aus der Sicht des Senats zu bejahen. Das Vorhaben der Beigeladenen hat mit Blick auf das im allgemeinen Wohngebiet vor allem geschützte Gut „Wohnen“ im fraglichen Umgriff - was die westlich der U.-straße und die nördlich des Baugrundstücks gelegene Bebauung betrifft - nur ein begrenztes Störpotential. Das dem Vorbescheidsantrag zugrunde liegende Nutzungskonzept lässt für das genannte Wohnumfeld insgesamt keine Störungen erwarten, die der einem allgemeinen Wohngebiet typischerweise eigenen Wohnruhe entgegenstehen würden. Gegenüber der westlich an das Baugrundstück angrenzenden Wohnbebauung dient die bestehende, bereits als Feuerwehrgerätehaus genutzte Halle jedenfalls teilweise als Lärmpuffer. Auch im Hinblick auf den an das Baugrundstück angrenzenden Parkplatz für Bahnbenutzer und den Umstand, dass das Baugrundstück am Rande des Wohngebiets im unmittelbaren Anschluss an die verhältnismäßig verkehrsreiche Kreisstraße liegt, ist das Vorhaben - was sein Störpotential für das Wohnumfeld angeht - günstig situiert. Die mit Noteinsätzen der Feuerwehr einhergehenden Lärmbelastungen erscheinen - abgesehen davon, dass sich diese Einsätze realistischer Weise im Allgemeinen auf wenige Einsätze im Jahr beschränken werden - für die Nachbarn ebenfalls nicht unzumutbar.

5. Der Vorbescheid kann gleichwohl keinen Bestand haben, weil das Vorhaben aufgrund der im vorliegenden Fall gegebenen konkreten Unstände gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich der Nachbarschutz auch in unbeplanten Gebieten, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Plangebiet der BauNVO entspricht, nach § 15 Abs. 1 BauNVO. Diese Vorschrift stellt eine besondere Ausprägung des planungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme dar (vgl. BVerwG, B. v. 16.12.2008 - 4 B 68/08, juris Rn. 4 m. w. N.). Das Maß der hiernach gebotenen Rücksichtnahme hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Gegeneinander abzuwägen sind die Schutzwürdigkeit des Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung, die Interessen des Bauherrn und das, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist. Feste Regeln lassen sich dabei nicht aufstellen. Erforderlich ist eine Gesamtschau der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen (BVerwG, B. v. 10.1.2013 - 4 B 48/12, juris Rn. 7 m.w.N).

Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass das Vorhaben durch Umnutzung einer bestehenden Doppelhaushälfte verwirklicht werden soll. Während die Doppelhaushälfte des Klägers wie bisher weiter zu Wohnzwecken genutzt wird, soll in der auf dem Baugrundstück stehenden - spiegelbildlichen - Doppelhaushälfte die Wohnnutzung aufgegeben werden. Dieses Gebäude soll stattdessen der gemeindlichen Freiwilligen Feuerwehr als Feuerwehrgerätehaus dienen und demzufolge als öffentliche Einrichtung der Gemeinde (vgl. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 Bay. Feuerwehrgesetz - BayFwG) genutzt werden. Diese Nutzung hat zudem, wie aus dem zugrunde liegenden Nutzungskonzept und aus der Rechtsstellung der Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren (vgl. Art. 5 Abs. 1 BayFwG) hervorgeht, auch eine Art Vereinsheimcharakter.

Ein Doppelhaus im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO ist dadurch gekennzeichnet, dass zwei selbstständig benutzbare Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden und als bauliche Einheit erscheinen. Das setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Darüber hinaus müssen die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element (vgl. BVerwG, B. v. 23.4.2013 - 4 B 17/13, juris Rn. 5; BVerwG, U. v. 24.2.2000 - 4 C 12.98, juris Rn. 20 = BVerwGE 110, 355). Der für ein Doppelhaus charakteristische wechselseitige Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze in einem Gebiet, das ansonsten - wie hier - durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein: Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird einerseits die bauliche Nutzbarkeit der (häufig schmalen) Grundstücke erhöht; dies wird andererseits jedoch durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, „erkauft“. Diese enge Wechselbeziehung, die jeden Grundeigentümer zugleich begünstigt und belastet, begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf (vgl. BVerwG, U. v. 24.2.2000., a. a. O., Rn. 21).

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese den Doppelhausbegriff kennzeichnenden Anforderungen zwar nur mit Blick auf das Verhältnis der beiden Baukörper zueinander formuliert. Das Verträglichkeitserfordernis kann jedoch auch bei der Nutzungsart nicht außer Betracht gelassen werden. Dass bereits die bestehende Nutzung der Halle als Feuerwehrgerätehaus insoweit problematisch ist, wird schon aus dem gegenwärtigen äußeren Erscheinungsbild des Baugrundstücks, wie es sich dem Senat beim Augenschein dargestellt hat, deutlich: Es handelt sich um ein ausgesprochen kleinteiliges „Doppelhausensemble“, sowohl was die Gebäudesubstanz als auch die dem Doppelhaus zugehörigen Freiflächen angeht. Was die Freiflächen betrifft, weist die klägerische Doppelhaushälfte einen Vorgarten auf, wohingegen auf dem Baugrundstück der Bereich vor der straßenseitigen Hausfront weitgehend versiegelt ist und als Zufahrts- und Stellplatzfläche dient. Hierbei parken die Fahrzeuge - wie die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder zeigen - fast unmittelbar vor dem Haus und an der Grenze zum klägerischen Grundstück, nur wenige Meter vom Eingangsbereich und von Fenstern der klägerischen Doppelhaushälfte entfernt.

Das Vorhaben lässt eine Verschärfung dieser bestehenden Situation erwarten, weil wegen der mit ihm verbundenen Nutzungsintensivierung jedenfalls mit einer stärkeren Frequentierung dieser Parkplätze zu rechnen ist. Auch im Bereich der rückwärtigen Freiflächen der Doppelhausgrundstücke, die derzeit (klein)gärtnerisch genutzt werden, ist das Vorhaben nicht ohne Auswirkungen auf das nachbarschaftliche Austauschverhältnis, weil der Anbau eines Sanitärbereichs mit Duschen und WC an der Südseite der Halle die ohnehin schon sehr bescheidene Freifläche auf dem Baugrundstück noch weiter verkleinert. Am deutlichsten tritt die mangelnde Nachbarverträglichkeit des Vorhabens aber beim baulichen Schallschutz zu Tage. Schon die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts vom 26. Juli 2007 verweist darauf, dass die Gebäudetrennwand zur klägerischen Doppelhaushälfte relativ dünn ist und davon ausgegangen werden muss, dass keine ausreichende Körperschallentkoppelung gegeben ist; dies könne zu erheblichen Belästigungen für den Nachbarn führen. Diese Einschätzung wird durch das eingeholte Schallimmissionsschutzgutachten des Ing.Büros W. vom 26. Oktober 2007 in der Sache bestätigt. Dieses Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass bezogen auf den Baulichen Schallschutz der Gebäudebestand nicht in vollem Umfang den gesetzlichen Anforderungen entspricht und zur Einhaltung der lärmschutztechnischen Vorgaben zusätzliche bauliche Maßnahmen erforderlich sind. Daraus wird deutlich, dass die beabsichtigte Nutzungsänderung das nachbarliche Austauschverhältnis letztlich einseitig aufhebt. Der Kläger muss nicht hinnehmen, dass in der benachbarten Doppelhaushälfte eine Nutzungsart verwirklicht wird, die erst nach umfangreichen schallschutztechnischen Nachbesserungen (möglicherweise) die gesetzlichen Mindestanforderungen einhält. Darüber hinaus ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Befürchtung des Klägers, der Nachbarschaftskonflikt werde auch durch schallschutztechnische Nachbesserungen „nur auf dem Papier bewältigt“, durchaus realitätsnah und nachvollziehbar erscheint.

6. Die Beigeladene hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO angeführten Gründe vorliegt.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.

(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung

1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse,
3.
der Zahl der Vollgeschosse,
4.
der Höhe baulicher Anlagen.

(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen

1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen,
2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.

(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.

(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.

(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.

(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen.

(2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Absatz 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.