Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 16. Apr. 2015 - 5 K 482/14
Gericht
Tenor
Der Haftungsbescheid des Bürgermeisters der Beklagten vom 24. Januar 2014 wird aufgehoben, soweit der Kläger zu mehr als 28.776,15 EUR herangezogen worden ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 97 %, die Beklagte zu 3 %.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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T a t b e s t a n d :
3Der Kläger war seit 3. März 2006 als Geschäftsführer der H. B. GmbH, M., im Handelsregister des Amtsgerichts Q. , I. 8135 eingetragen.
4Am 27. Februar 2009 setzte das Finanzamt M. den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 2007 für die GmbH mit 8.195,00 EUR fest und legte dabei einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von 163.901,00 EUR zugrunde. Daraufhin erließ der Bürgermeister der Beklagten einen Gewerbesteuerbescheid vom 4. März 2009, mit dem u.a. für das Jahr 2008 eine Gewerbesteuervorauszahlung von 33.025,85 EUR festgesetzt wurde.
5Mit Schreiben vom 29. April 2009 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers als Vertreter der GmbH an die Beklagte und teilte mit, der Gewinn habe im Jahr 2007 163.901,00 EUR betragen; allerdings sei für das Jahr 2008 die Vorauszahlung herabzusetzen. Mit weiteren Schreiben vom 12. Mai 2009 bezifferte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Gewinn für 2008 auf ca. 71.000,00 EUR. Dementsprechend setzte das Finanzamt M. unter dem 26. Mai 2009 den Gewerbesteuermessbetrag für Vorauszahlungszwecke ab 2008 auf 2.485,00 EUR fest. Ab 2009 wurde der Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlung mit Bescheid vom selben Tage auf 0,00 EUR festgesetzt.
6Am 29. Mai 2009 setzte der Bürgermeister der Beklagten die Vorauszahlung für Gewerbesteuer 2008 unter Berücksichtigung dieses Messbetrages auf 10.014,55 EUR fest.
7Mit Schreiben, datiert unter dem 18. Mai 2009, beantragte die H. B. GmbH Aussetzung und Stundung der Steuerschuld. Daraufhin forderte der Bürgermeister der Beklagten die Firma am 8. Juni 2009 auf, aktuelle Verbindlichkeiten der GmbH darzulegen, nachzuweisen, ob eine Darlehensaufnahme zur Steuerschuldtilgung möglich ist, ob Sicherheiten angeboten werden könnten und welche Raten zahlbar seien. Mit Schreiben vom 31. Juli 2009 bot die H. B. GmbH nochmals Ratenzahlung an, woraufhin die Beklagte ihre Anfrage am 11. August 2009 an die GmbH wiederholte.
8Am 3. Dezember 2009 regte das Finanzamt M. an, der GmbH das Gewerbe wegen steuerlicher Unzuverlässigkeit zu untersagen. Nach Auskunft des Finanzamtes M. vom 26. Mai 2010 beliefen sich die dortigen Steuerrückstände der GmbH zu diesem Zeitpunkt auf 13.111,42 EUR. Mit Ordnungsverfügung vom 15. Mai 2010 untersagte der Bürgermeister der Beklagten die Gewerbeausübung. Mit Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2011 ‑ 1 K 1979/10 ‑ wies das Verwaltungsgericht Arnsberg die hiergegen erhobene Klage ab.
9Mit Datum vom 20. Mai 2010 setzte der Bürgermeister der Beklagten die Gewerbesteuer für die H. B. GmbH im Jahr 2008 auf 38.647,70 EUR fest und verfügte - unter Anrechnung der bereits festgesetzten Gewerbesteuer in Höhe von 10.014,55 EUR - eine Gewerbesteuerzahlung von 28.633,15 EUR. Zugleich erließ er einen Gewerbesteuerzinsbescheid über 143,00 EUR. Nachdem das Finanzamt M. für das Jahr 2009 den Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt hatte, erließ der Bürgermeister der Beklagten unter dem 21. Juli 2010 einen weiteren Gewerbesteuerbescheid über 705,25 EUR und ‑ nach weiterer Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags ‑ am 15. März 2012 über 73,10 EUR für das Jahr 2010.
10Den am 23. Februar 2011 gestellten Antrag auf Insolvenzeröffnung lehnte das Amtsgericht Q. mit Beschluss vom 10. Oktober 2011 ‑ 2 IN 89/11 ‑ mangels Masse ab.
11Am 28. November 2013 hörte der Bürgermeister der Beklagten den Kläger zu der beabsichtigten Heranziehung im Haftungswege an und bat um Stellungnahme dazu, warum in den Jahren 2009 und 2010 keine Gewerbesteuererklärungen beim Finanzamt eingereicht worden seien, welche Mittel der Firma während ihres Tätigkeitszeitraums und zur Fälligkeit der Steuerforderungen zur Verfügung gestanden hätten, aus welchen Gründen Steuerforderungen nicht gezahlt worden seien und ob und in welcher Höhe auf Verbindlichkeiten oder Forderungen anderer Gläubiger gezahlt worden sei.
12Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 teilte der Kläger mit, für die Jahre 2009 und 2010 seien keine Abschlüsse mehr gefertigt worden, weil man den Steuerberater nicht habe bezahlen können. Außerdem seien die Buchführungsunterlagen vom Insolvenzverwalter bzw. Gerichtsvollzieher eingelagert und später vernichtet worden. 2009 und 2010 sei ein deutlicher Verlust der Gesellschaft gegeben gewesen. Kreditlinien hätten nicht zur Verfügung gestanden.
13Mit Haftungsbescheid vom 24. Januar 2014 zog der Bürgermeister der Beklagten den Kläger zur Haftung wegen Gewerbesteuerrückständen in Höhe von insgesamt 29.555,00 EUR heran. Dabei teilte er die Forderung auf in Gewerbesteuer 2008: 28.633,15 EUR, Nachforderungszinsen 2008: 143,00 EUR, Gewerbesteuer 2009: 705,25 EUR, Gewerbesteuer 2010: 73,10 EUR und einen Säumniszuschlag von 0,50 EUR. Zur Begründung machte er u.a. geltend: Am 23. Juni 2010 sei die Forderung für das Jahr 2008 fällig gewesen. Schon zu diesem Zeitpunkt hätten Rückstände bei unterschiedlichen Stellen bestanden. Am 3. Dezember 2009 sei wegen Steuerrückständen und steuerlicher Unzuverlässigkeit eine Gewerbeuntersagung angeregt worden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger sich um eine Insolvenz des Unternehmens bemühen müssen. Für die Jahre 2009 und 2010 seien keine Erklärungen beim Finanzamt eingereicht worden. Insgesamt habe der Kläger in Erkenntnis dieser Tatsachen grob fahrlässig gehandelt. Demgemäß sei es ermessensgerecht, ihn auf den gesamten Haftungsschaden in Anspruch zu nehmen.
14Am 20. Februar 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung macht er u.a. geltend: Zum Fälligkeitszeitpunkt der Gewerbesteuer 2008 am 23. Juni 2010 hätten keine Mittel zur Begleichung der Steuerschulden mehr zur Verfügung gestanden. Es seien keine anderen Gläubiger vorrangig befriedigt worden, auch sei nicht den Grundsätzen der anteiligen Tilgung widersprechend vorgegangen worden. Ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden sei ebenfalls nicht festzustellen. In den Jahren 2009 und 2010 seien keine Erklärungen zur Gewerbesteuer abgegeben worden, weil keine Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Er ‑ der Kläger ‑ sei noch bis kurz vor Anmeldung der Insolvenz davon ausgegangen, dass er liquide Mittel aus einem anhängigen Rechtsstreit über ausstehende Lizenzansprüche erhalten werde.
15Der Kläger beantragt,
16den Haftungsbescheid des Bürgermeisters der Beklagten vom 24. Januar 2014 aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Mit Schriftsätzen vom 24. März 2015 und vom 30. März 2015 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verfahrensakte 1 K 1979/10 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
22Das Gericht entscheidet gemäß § 87a Abs. 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle der Kammer.
23Die gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässige Anfechtungsklage hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Der angefochtene Haftungsbescheid vom 24. Januar 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin gegen ihn eine Haftungssumme von mehr als 28.776,15 EUR festgesetzt worden ist; im Übrigen ist er rechtmäßig.
24Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid sind die §§ 191 Abs. 1 Satz 1, 69 Satz 1 der Abgabenordnung (AO). Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Gemäß § 69 Satz 1 AO haften die in den §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.
25Der Kläger kommt als ehemaliger Geschäftsführer der H. B. GmbH als Haftungsschuldner in Betracht. Die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern bzw. die steuerlichen Nebenleistungen aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten (§ 34 Abs. 1 AO). Eine diesbezügliche Pflichtverletzung ist in der Regel grob fahrlässig.
26Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 28. Oktober 2013 ‑ 14 B 535/13 ‑ m.w.N., Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 2014, 56; zur Erstreckung der Haftung auf die steuerlichen Nebenleistungen vgl. z.B. Bundesfinanzhof (BFH), Urteile vom 1. August 2000 - VII R 110/99 -, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFHE) 192, 249 und vom 22. Februar 1980 - VI R 185/79 -, BFHE 130, 128.
27Dabei wirkt die Bestandskraft von Gewerbesteuermessbescheiden und Gewerbesteuerbescheiden gemäß § 166 AO auch gegen Vertreter und Bevollmächtigte einer juristischen Person.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 ‑ 14 B 535/13 ‑ m.w.N., a.a.O.
29Zu der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Steuern bzw. die steuerlichen Nebenleistungen entrichtet werden, gehört auch die Pflicht zur Bildung von Rücklagen (Vermögens- bzw. Mittelvorsorgepflicht). Rücklagen sind zum einen zu bilden, wenn die Entstehung von Steuerforderungen bereits absehbar ist und zum anderen, wenn Steuerforderungen entstanden, aber streitbefangen sind. Pflichtverletzungen sind in beiden Fällen in der Regel grob fahrlässig. Der Geschäftsführer haftet daher, wenn er sich durch die Verwaltungstätigkeit im Vorfeld der Fälligkeit außer Stande setzt, zum Fälligkeitszeitpunkt die Steuern bezahlen zu können.
30Vgl. BFH, Urteile vom 11. März 2004 - VII R 19/02 -, BFHE 205, 335 und vom 17. November 1992 - VII R 13/92 -, BFHE 170, 295 und Beschluss vom 4. Mai 1998 - I B 116/96 - (juris); OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Oktober 2013 ‑ 14 B 535/13 ‑, a.a.O. und vom 20. Februar 2015 - 14 A 2071/14 - (www.nrwe.de und juris).
31Sind allerdings keine zu verwaltenden Mittel (mehr) vorhanden, trifft den gesetzlichen Vertreter der juristischen Person auch nicht die Pflicht, die Steuern bzw. steuerlichen Nebenleistungen zu entrichten. Reichen die vorhandenen Mittel nicht aus, um alle Schulden zu bezahlen, ist der Vertreter auch nicht verpflichtet, die Steuerschulden vorrangig zu befriedigen. Er hat vielmehr im Zeitpunkt der Fälligkeit die vorhandenen Mittel lediglich anteilig zur Befriedigung des Steuergläubigers und der übrigen Gläubiger einzusetzen (Grundsatz der anteiligen Befriedigung).
32Vgl. zum Grundsatz der anteiligen Befriedigung: BFH, Beschlüsse vom 11. Juni 1996 - I B 60/95 - (juris) und vom 4. Mai 2004 - VII B 318/03 - (juris); OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Oktober 2013 ‑ 14 B 535/13 ‑, a.a.O. m.w.N. und vom 20. Februar 2015 - 14 A 2071/14 - (www.nrwe.de und juris).
33Das Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheides hat grundsätzlich die Steuergläubigerin zu belegen. Allerdings ist der potentielle Haftungsschuldner auf Anforderung des Steuergläubigerin verpflichtet, an der Feststellung der Grundlagen für den Erlass eines Haftungsbescheides mitzuwirken bzw. diesbezüglich Auskünfte zu erteilen (vgl. §§ 93 Abs. 1 Satz 1, 90 Abs. 1 AO). Wird diese Mitwirkungspflicht verletzt, kann dies gegen den potentiellen Haftungsschuldner verwertet werden. Der Haftungsschuldner ist jedoch nicht verpflichtet, sich Buchführungsunterlagen, die sich ohne Verstoß gegen Rechtspflichten nicht mehr in seinem Besitz befinden, zu verschaffen.
34Vgl. BFH, Urteile vom 11. Juli 1989 - VII 81/87 -, BFHE 157, 315, vom 23. August 1994 - VII R 134/92 - (juris) und vom 4. Dezember 2007 - VII R 18/06 - (juris); OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2013 - 14 B 535/13 - a.a.O., zu Vorstehendem insgesamt.
35Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig, soweit er sich auf eine Haftungsschuld von 28.776,15 EUR bezieht (1). Hingegen hat die Klage Erfolg, soweit mit dem Haftungsbescheid vom 24. Januar 2014 weitere 778,85 EUR für Gewerbesteuer 2009 und 2010 sowie ein Säumniszuschlag geltend gemacht worden ist.
36(1) Die Klage hat keinen Erfolg, soweit mit dem Haftungsbescheid eine Primärschuld von 28.633,15 EUR Gewerbesteuer 2008 (a) und Gewerbesteuerzinsen 2008 in Höhe von 143,00 EUR (b) festgesetzt worden sind. Insoweit bestehen ein bestandskräftiger Gewerbesteuermessbescheid vom 17. Mai 2010, ein Gewerbesteuerbescheid und ein Gewerbesteuerzinsbescheid vom 20. Mai 2010 über die genannten Summen.
37(a) Die Heranziehung des Klägers im Haftungswege für die Gewerbesteuer 2008 der H. B. GmbH ist zu Recht erfolgt.
38Der Kläger hat die Pflicht zur Entrichtung von Steuern aus Mitteln der GmbH (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2 AO) grob fahrlässig verletzt (§ 69 Satz 1 AO). Der Kläger als Geschäftsführer der H. B. GmbH hätte zur Überzeugung des Gerichts im Jahr 2008 seiner Pflicht zur Mittelvorsorge nachkommen können. Denn die Entstehung der Steuerpflicht war für ihn absehbar, weil die Gesellschaft sowohl 2007 und auch 2008 (noch) Gewinne erzielt hat. Dass er bzw. die GmbH 2008 keine Rücklagen für die Zahlung der Gewerbesteuer bzw. Nachforderungszinsen hätte bilden können, ohne andere Verbindlichkeiten zu schmälern oder die Existenz der GmbH zu gefährden, hat der Kläger nicht vorgetragen; seine Einwände beziehen sich im Wesentlichen auf die Steuerpflicht in den Jahren 2009 und 2010. Im Gegenteil hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers als Vertreter der GmbH am 12. Mai 2009 einen Gewinn 71.000,00 EUR angegeben, der Grundlage des Vorauszahlungsbescheides ab 2008 über den Gewerbesteuermessbetrag des Finanzamts M. vom 26. Mai 2009 geworden ist.
39Vor diesem Hintergrund ist die Ausübung des Ermessens der Beklagten, die der gerichtlichen Überprüfung im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO unterliegt, nicht zu beanstanden. Eine fehlerfreie Ausübung des Ermessens setzt voraus, dass die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt - in den Grenzen ihrer Amtsermittlungspflicht (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO) - vollständig aufklärt. Die fehlende Aufklärung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermessensnorm ‑ hier des § 191 Abs. 1 Satz 1 AO ‑ begründet daher einen Ermessenfehler, der die Aufhebung der behördlichen Entscheidung rechtfertigt.
40Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. November 2004 - 10 B 2076/04 - (juris) und vom 5. Januar 2012 - 14 B 1144/11 -, Der Gemeindehaushalt (GemHH) 2012, 69; Verwaltungsgericht (VG) Köln, Beschluss vom 25. August 2011 - 24 L 560/11 - (www.nrwe.de und juris).
41Diesen Maßgaben hat die Beklagte indessen genügt. Insbesondere hat sie in ihrem Anhörungsschreiben vom 28. November 2013 (erneut) detailliert die wirtschaftliche Situation der GmbH im Haftungszeitraum abgefragt. Die Stellungnahme, die der Prozessbevollmächtigte des Klägers für die GmbH hieraufhin abgegeben hat, hat indes nicht zu einer anderen Bewertung der wirtschaftlichen Möglichkeiten der GmbH im Jahre 2008 beigetragen. Das entspricht im Übrigen dem Ergebnis der gleich gelagerten Anfragen des Bürgermeisters der Beklagten, z.B. vom 8. Mai 2009.
42Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger nicht der zutreffende Haftungsschuldner sei bzw. dass die Beklagte ihr Auswahlermessen nach § 191 AO unzutreffend ausgeübt habe, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgebracht worden.
43(b) Dieselben Erwägungen wie vorstehend gelten hinsichtlich der Aussetzungszinsen für das Jahr 2008 in Höhe von 143,00 EUR. Auch diesbezüglich hatte der Kläger bzw. die GmbH grundsätzlich eine (monatlich entstehende) Rücklagenbildungspflicht. Dass die Aussetzungszinsen erst im Jahre 2010 festgesetzt wurden, ist insoweit nicht von Belang.
44(2) Die Klage hat hingegen Erfolg, soweit sie sich auf die Haftung des Klägers mit dem angefochtenen Bescheid für die Gewerbesteuer 2009 und 2010 sowie den Säumniszuschlag von 0,50 EUR bezieht. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig.
45Die Beklagte ist ermessensfehlerhaft ohne hinreichenden tatsächlichen Anhalt von der Zahlungsfähigkeit der H. B. GmbH in den benannten Zeiträumen ausgegangen. Denn im Hinblick auf die vom Finanzamt M. im Schätzungswege angenommenen minimalen Gewerbeerträge von 5.000,00 EUR für 2009 (Messbescheid vom 19. Juli 2010) und 500,00 EUR für 2010 (Messbescheid vom 7. März 2012) musste die Beklagte vor dem Hintergrund des Insolvenzantrages vom 23. Februar 2011 und dem Vorbringen der GmbH hierzu im Übrigen davon ausgehen, dass keine genügenden Mittel zur Begleichung der Steuerschulden bzw. Rücklagenbildung vorhanden waren. Im Übrigen hatte das Finanzamt M. schon mit Bescheid vom 26. Mai 2009 den Gewerbesteuermessbetrag zu Vorauszahlungszwecken auf 0,00 EUR festgesetzt. Davon abgesehen hat der Bürgermeister der Beklagten mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 an den Vollstreckungsdienst seiner Behörde selbst mitgeteilt, die GmbH sei am 8. Dezember 2008 aufgegeben worden und am 3. Dezember 2009 habe das Finanzamt M. angeregt, das Gewerbe wegen steuerlicher Unzuverlässigkeit zu untersagen. Dementsprechend hat das erkennende Verwaltungsgericht Arnsberg in seinem Gerichtsbescheid vom 28. Juli 2011 - 1 K 1979/10 - festgestellt, dass sich nach Auskunft des Finanzamtes M. die Steuerrückstände der Klägerin (am 26. Mai 2010) auf 13.111,42 EUR beliefen.
46Anhaltspunkte für eine fortbestehende Zahlungsfähigkeit der H. B. GmbH lagen auch im Übrigen nicht vor. Dass die GmbH zu den Anfragen des Bürgermeisters der Beklagten im Verwaltungsverfahren zu ihrer finanziellen Situation vom 8. Juni 2009 und vom 11. August 2009 keine Angaben gemacht hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann eine Mitwirkungspflichtverletzung zur Einschränkung der Amtsermittlungspflicht führen. Das gilt allerdings nur in der Form, dass zum Nachteil des Mitwirkungsverpflichteten ein Sachverhalt zugrunde gelegt werden darf, für den eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2012 ‑ 14 B 787/12 ‑ (www.nrwe.de und juris).
48Für die Zahlungsfähigkeit der H. B. GmbH in den Haftungszeiträumen sprach indes keine solche Wahrscheinlichkeit.
49Vor diesem Hintergrund überwogen die Anhaltspunkte für eine tatsächlich bestehende Mittellosigkeit der GmbH, die von der Beklagten nicht ermessensgerecht berücksichtigt worden sind.
50Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
51Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,
- 1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens; - 2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe; - 4.
über den Streitwert; - 5.
über Kosten; - 6.
über die Beiladung.
(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.
(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.
(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.
(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.
(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.
(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.
(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
- 1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird, - 2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger, - 3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können, - 4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.