Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 23. Okt. 2018 - AN 9 K 17.00173

bei uns veröffentlicht am23.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2017 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit der Klage und der weiteren Klage im Verfahren AN 9 K 16.00991 gegen dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigungen, die im Wesentlichen die zeitlich befristete Nutzungsänderung von gewerblich genutzten Gebäuden in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber betreffen.

Der Beigeladene ist Eigentümer des westlich der …straße in … gelegenen Vorhabengrundstücks …straße … (FlNr. … Gemarkung …). Das Vorhabengrundstück ist mit einem eingeschossigen, an die westliche und südliche Grundstücksgrenze angrenzenden Gebäude sowie mit einem sich an dieses unmittelbar anschließenden eingeschossigen Zwischenbau sowie einem an die südliche Grundstücksgrenze angrenzenden, zweigeschossigen Gebäude bebaut. Für letzteres wurde zuletzt mit Bescheid vom 30. Juni 2008 eine Genehmigung für die Umnutzung von Lagerin Büroräume bzw. in ein Fahrzeuglager erteilt, wobei entsprechend der Bauvorlagen das Fahrzeuglager im Keller und Erdgeschoss und die Büroräume im 1. Obergeschoss situiert waren. Auf dem Grundstück hat das Unternehmen des Beigeladenen, die Firma … ihrer Sitz. Diese führt Autotransporte nach Griechenland durch.

Die Klägerin ist ein Industrieunternehmen der Automobilzulieferungsbranche und betreibt am Standort … seit Juli 2011 zwei Werke zur Produktion von Getriebeteilen mit insgesamt rund 1.000 Industriearbeitsplätzen. Das klägerische Werk 2 liegt wie das Grundstück des Beigeladenen westlich der …straße (…straße …, FlNr. … Gemarkung …) und grenzt unmittelbar südlich an dieses und an die darauf befindlichen Gebäude an. Das Werk 1 liegt vom Vorhabengrundstück ca. 300-400 m in östlicher Richtung entfernt (FlNrn. …, …, … und … Gemarkung …).

Alle vorgenannten Grundstücke liegen, insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig, in einem faktischen Industriegebiet, ein Bebauungsplan für das Gebiet existiert nicht.

Im Februar 2016 beantragte der Beigeladene die Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des grenzständig zum Klägergrundstück gelegenen zweigeschossigen Gebäudes zu Wohnraum für bis zu 61 Asylsuchende (im Folgenden „Vorhaben I“ - AN 9 K 16.00991), mit anschließender Nutzung im ursprünglichen Zustand für das Erdgeschoss und das Obergeschoss. Die Unterbringung sollte nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Dabei war vorgesehen, dass die vorhandenen Grundrisse als abgeschlossene Einheiten erhalten bleiben und die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Weiter waren auf jedem Geschoss eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Das sich westlich daran anschließende eingeschossige Gebäude (AN 9 K 17.00173) war nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 22. Februar 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Ausnahme für die Dauer von drei Jahren für eine Anlage für soziale Zwecke und die Befreiung wegen der wohnähnlichen Nutzung erteilt werden können; die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB lägen vor.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen hinsichtlich des Vorhabens I die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Umnutzung des Bürogebäudes in Asylsuchendenunterkunft mit 61 Betten für die Dauer von 3 Jahren“ unter Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet und einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB für die Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung in einem Gewerbegebiet. Auflagen zum Immissionsschutz, insbesondere zum passiven Lärmschutz, waren im Bescheid nicht enthalten. Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde am 23. Mai 2016 übermittelt.

Auf die Einwendungen der Klägerin hin wurde hinsichtlich des Vorhabens I der Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erlassen, in welchem die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 BauNVO eingestuft und in Nr. 1 des Änderungsbescheids eine Befristung der Genehmigung auf die Dauer von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme ausgesprochen, mit Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gewährt und mit Nr. 3 eine Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB erteilt wurde. Dem Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Änderungsbescheid am 7. Juni 2016 per E-Mail übermittelt.

Mit am 8. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin unter dem Aktenzeichen AN 9 K 16.00991 Klage gegen die Genehmigung des Vorhabens I erhoben.

Am 11. Juli 2016 beantragte der Beigeladene auch eine Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des westlich auf seinem Grundstück gelegenen, bisher als Lager genutzten eingeschossigen Gebäudes zur Unterkunft für 42 Asylsuchende sowie für die Aufstockung dieses bislang eingeschossigen Gebäudes um ein Geschoss zur Büronutzung (im Folgenden „Vorhaben II“ - Streitgegenstand) im gegenständlichen Verfahren.

Die Unterbringung sollte - wie auch schon beim Vorhaben I - nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Auch hier war vorgesehen, dass die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Es waren u.a. eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 12. Juli 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Befreiung von der Art der Nutzung auf der Grundlage des §§ 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könne, wenn der gutachterliche Nachweis erbracht werde, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt seien, die in den noch zu erstellenden Gutachten (insbesondere zu Lärm, Erschütterung und Luftreinheit) formulierten Auflagen beachtet werden und etwaige gewerbliche Nutzungsbereiche auf dem Baugrundstück von der Unterkunft klar abgegrenzt werden, um eine Gefährdung der Bewohner auszuschließen. Nach der Stellungnahme der Fachstelle für Sondergutachten der Beklagten (* …*) vom 10. Januar 2017 sei aufgrund langjähriger Erfahrung mit Speditionsbetrieben davon auszugehen, dass beim Betrieb der Spedition auf dem Vorhabengrundstück keine gesundheitsgefährdende Luftverunreinigung entstehe. Gleiches gelte auch für das südlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Schmelzwerk der Klägerin. Die Einhaltung der Anforderungen der TA Luft werde in regelmäßigen Abständen oder durch kontinuierlich durchgeführte Messungen sichergestellt. Bezüglich der Einwirkungen durch Lärm und Erschütterungen sei das Vorhaben zulässig, wenn entsprechende Auflagen eingehalten werden. Daher seien die zur Beurteilung der Immissionssituation durch das Stadtplanungsamt geforderten Gutachten (Lärm, Erschütterungen, Luftschadstoffe) aus Sicht der Fachstelle nicht erforderlich.

Diesem Antrag war ein Antrag vom März 2016 vorausgegangen, mit dem der Beigeladene die Genehmigung der Aufstockung der bestehenden Lagerhalle für die Nutzung als Unterkunft für 84 Asylsuchende begehrt hatte. Nach der Mitteilung der Beklagten, dass sie dieses Vorhaben als nicht genehmigungsfähig ansehe, da auf Grundlage des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur Nutzungsänderungen genehmigt werden könnten, jedoch keine Neubauten bzw. Aufstockungen, hatte der Beigeladenen diesen Antrag mit Schreiben vom 11. Juli 2016 zurückgezogen.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 erteilte die Beklagte hinsichtlich des Vorhabens II die bauaufsichtliche Genehmigung für die Nutzungsänderung von Lager zur Unterkunft für Asylbewerber (42 Personen, befristet auf 3 Jahre) und zur Aufstockung zur Büronutzung unter Gewährung einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB und einer Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Industriegebiet. Des Weiteren wurde hinsichtlich der Aufstockung des vorhandenes Gebäudes eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der nach Art. 6 Abs. 7 BayBO i.V.m. der Abstandsflächensatzung der Stadt … erforderlichen Abstandsflächen zum nördlich angrenzenden Nachbargrundstück auf FlNr. …, Gemarkung …, zugelassen. In Umsetzung der Stellungnahme der Fachstelle … sind im Bescheid überdies folgende Nebenbestimmungen enthalten:

„29. Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel:

tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

30. Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 2 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierender Maßnahmen vorbehalten.“

Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde übermittelt.

Mit am 26. Januar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin auch gegen die Genehmigung des Vorhabens II die hier streitgegenständliche Klage erhoben.

Mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 ergänzte die Beklagte den zu Vorhaben I ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 in der durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erhaltenen Fassung um folgende technische Auflagen zum Immissionsschutz:

„a) Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel: tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

b) Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierter Maßnahmen vorbehalten.“

Zur Begründung der in Zusammenhang stehenden Klagen lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass die beiden Genehmigungen rechtswidrig seien und gegen auch dem Nachbarschutz dienende Vorschriften verstießen. So sei schon der Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin verletzt. Zudem würden sich die Vorhaben der Klägerin gegenüber als rücksichtslos erweisen und diese in ihrem Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen.

Der klägerische Anspruch auf Gebietserhaltung sei verletzt, da die streitgegenständlichen Genehmigungen eine Wohnnutzung bzw. wohnähnlichen Nutzung zuließen, was in einem faktischen Industriegebiet nicht zulässig sei. Entgegen der Meinung der Beklagten könnten die streitgegenständlichen Genehmigungen nicht auf § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB gestützt werden.

Die Norm sei bereits verfassungswidrig.

Unabhängig davon sei § 246 Abs. 12 BauGB hier nicht anwendbar, da es für das streitgegenständliche Gebiet keinen Bebauungsplan gebe, die Norm jedoch das Vorhandensein eines solchen zwingend voraussetze.

Die Anwendbarkeit von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB scheide auch deshalb aus, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Zum einen gelte die Norm nur für die Schaffung von „Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylsuchende“ und gerade nicht auch für „autarkes und selbstständiges Wohnen“. Die streitgegenständlichen Vorhaben stellten keine „Unterkunft“ i.d.S. dar, da die Asylsuchenden hier ihren häuslichen Wirkungskreis autark und selbstständig gestalten könnten. So würden die Vorhaben aus in sich abgeschlossenen Wohneinheiten bestehen, denen namentlich gekennzeichnete Briefkästen zugeordnet seien, und es sei vorgesehen, dass die Bewohner sich selbst verpflegen und ihre Wäsche selbst reinigen. Auch existierten weder Portier noch Security und auch keine Kantine, was gerade Merkmale eines Heimes seien. Das Vorhaben sei vielmehr als „Wohnen“ zu qualifizieren; dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bewohner den Wohnungen behördlich zugewiesen seien oder die Beklagte die Wohnungen vom Beigeladenen für die Bewohner anmiete (unter Verweis auf HessVGH, B.v. 3.3.2016 - 4 B 403/16 und HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Zum anderen sei die Anwendbarkeit des Privilegierungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB auf „Nutzungsänderungen“ begrenzt. Dies gelte auch für das Vorhaben I (AN 9 K 16.00991), vor allem jedoch für das streitgegenständliche Vorhaben II. Es handele sich insoweit um eine „(Neu-)Errichtung“. Aus den klägerseits vorgelegten Lichtbildern werde deutlich, dass das alte Gebäude (Lagerhalle) nahezu komplett abgebrochen und ein neues, anderes Gebäude mit anderer Bausubstanz (Fertigbauweise statt Ziegel) und anderer Kubatur auf der Bodenplatte errichtet worden sei. Lediglich der Keller sei erhalten worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten handele es sich nicht um eine bloße „Aufstockung“. Eine solche läge vor, wenn ein Stock „draufgesetzt“ werde, das Bestandsgebäude indes im Übrigen unverändert bleiben würde. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Dass hinsichtlich der „Asylbewerberunterkunft“ nicht lediglich eine Nutzungsänderung Gegenstand des Genehmigungsverfahrens gewesen sei, gehe auch aus dem Abstandsflächenplan hervor. Auch dort werde deutlich, dass die Grundfläche der beiden Baukörper (vorher/nachher) nicht identisch sei. Überdies werde das Vorhaben dort als „Neubau Asylbewerberunterkunft“ bezeichnet. Dass es sich bei dem Vorhaben um eine Neuerrichtung handele, ergebe sich auch aus dem Plan „Ansichten Schnitt A-A“. Dort seien die alte und die - völlig veränderte - neue Kubatur des Gebäudes mit einer Strichlinie und dem Zusatz „bestehende Überdachung Abbrechen“ veranschaulicht. Sofern man das Vorhaben nicht als (Neu-) Errichtung einstufen wolle, handelte es sich zumindest wiederum um eine von § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB nicht erfasste „Änderung“. Bereits ein bloßer Teilabbruch stelle eine Änderung dar, insofern müsse dies erst recht für einen nahezu vollständigen Abbruch, wie er vorliegend gegeben sei, gelten.

Soweit man hier § 246 Abs. 12 BauGB wider Erwarten für anwendbar erachte, müsse jedenfalls die Abwägung der nachbarlichen und öffentlichen Interessen zugunsten der Klägerin ausfallen.

Zu den öffentlichen Belangen gehörten auch gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse, die hier nicht vorlägen.

Allein vom Betrieb der Klägerin wirke ein ganzer „Immissions-Cocktail“ Tag und Nacht durch Erschütterungen, Geruch, Lärm, Abluft und Licht auf das Vorhaben ein. Das unmittelbar angrenzende Werk 2 der Klägerin werde zulässigerweise im 24-Stunden-Betrieb an 6 Tagen pro Woche (Montag bis Samstag) gefahren. Im Werk würden Emissionen von über 90 dB(A) aufgrund der Pressen und des Bearbeitens der Druckgussteile erreicht. Zudem seien die Schalleinwirkungen stark impulshaltig. Die Außenwände der Hallen seien nicht gedämmt, so dass davon auszugehen sei, dass sich ein maßgeblicher Schallübertrag hin zur geplanten Unterkunft ergebe. Auch die Abluftkamine seien 24 Stunden am Tag (Mo-Sa) in Betrieb. Überdies finde zwischen den beiden klägerischen Werken ganztägig (auch nachts) stündlich interner Hängerzugverkehr mit einem permanenten Geräuschpegel statt. Zudem sei klägerseits beabsichtigt, im Rahmen des bereits bestandskräftig genehmigten Betriebs in den kommenden Jahren die Produktion im Werk 2 zu steigern. Auch die vom Werk der Klägerin auf die Asylbewerberunterkunft einwirkenden Erschütterungen seien für die Bewohner unzumutbar. Neben den starken impulshaltigen Schallimmissionen komme es beim Schließen der Druckgussanlagen und aufgrund des eingesetzten Schwerlastkrans zu nicht unmaßgeblichen Vibrationen im gesamten Werk. Diese würden auch auf die Außenwände und die Schlafräume der Asylsuchenden übertragen. Durch Verwendung von Trennmitteln (Wasser-Öl-Gemisch) würden auch erhebliche Geruchsemissionen im Produktionsprozess freigesetzt, die über die Dachentlüftungen ins Freie gelangten. Im Rahmen des Betriebs des klägerischen Werks sei die übliche produktions- und sicherheitstechnische Ausleuchtung auch der Außenbereiche erforderlich, so dass die östlichen und westlichen Frontseiten der Asylbewerberunterkunft und deren Fenster einer permanenten Lichteinwirkung auch während der Nachtruhe ausgesetzt seien. Zur Untermauerung der durch das genehmigte Vorhaben verursachten nachbarlichen Beeinträchtigungen werde insoweit auf das seitens der Klägerin in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Prof. Dr. … … und des Dipl-Ing. … vom 12. August 2016 sowie auf dessen Ergänzung vom 7. August 2017 verwiesen. Die vorhandene Immissionsbelastung werde zusätzlich noch durch die Emissionen zahlreicher anderer Unternehmen mit entsprechendem Schwerlastverkehr verschärft. Überdies verlaufe im Westen die Bahnlinie der … und … Asylbewerberunterkünfte seien auch als wesentlich schutzwürdiger einzuordnen als die in dem streitgegenständlichen Gebäude vormals vorhandene Büronutzung. In epidemiologischen Studien sei erwiesen, dass gerade dem Nachtschlaf eine hohe Bedeutung für die Gesundheit zukomme und durch Aufwachreaktionen während der Nachtzeit das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen signifikant erhöht sei. Auch sei besonders zu berücksichtigen, dass die Bewohner der streitgegenständlichen Vorhaben hier gleichzeitig verschiedenen Lärm- und Immissionsarten ausgesetzt seien, auch verstärkte Kombinationswirkungen seien daher zu beachten.

Des Weiteren sei zu beachten, dass hier die Industrienutzung nicht nur planungsrechtlich zulässig sei, sondern auch konkret ausgeübt werde (unter Verweis auf VG München, B.v. 23.5.2016 - M 11 S 16.1363).

Soweit die Beklagte bezüglich des Vorhabens II in der Baugenehmigung vom 11. Januar 2017 Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz festgeschrieben habe, sei schon völlig unklar, was die Beklagte mit den Formulierung, dass Nachweise über die Anforderungen vorbehalten blieben, überhaupt regeln möchte. Es dränge sich der Eindruck auf, dass diese „Regelungen“ „wachsweich“ und zur Zielerreichung uneffektiv seien. Auch sei die bloße Festsetzung von Immissionsrichtwerten ohne die flankierende Anordnung von Überwachungsmaßnahmen, die deren Einhaltung sicherstellten zur Zielerreichung mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Bewohner ungeeignet. Für die Klägerin dränge sich zudem die Frage auf, warum die Beklagte einerseits der Klägerin gegenüber in allen Genehmigungsbescheiden jeweils ein umfangreiches Programm an Auflagen zur Überwachung von Immissionswerten mit detaillierten Vorgaben zu Art, Umfang und Häufigkeit der Messung anordne, den Beigeladenen von derartigen Anordnungen indes vollständig verschone. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar.

Soweit die Beklagte das Vorliegen einer „prekären Immissionssituation“ mit einem Verweis auf ein klägerseits erstelltes Gutachten der … Nr. … vom 13. Juni 2017 in Abrede stehen wolle, sei dem nicht zu folgen. Die Beklagte trage zwar vor, dass das Gutachten zu dem Schluss komme, dass am Anwesen …straße …, das im Gutachten als Wohngebäude ausgewiesen sei und welches den streitgegenständlichen Vorhaben gegenüber liege, lediglich eine vom klägerischen Betrieb ausgehende Lärmbelastung von 53 dB(A) für den Tag- bzw. 48 dB(A) für den Nachtbetrieb vorliege. Es liege jedoch schon kein „Gutachten“ vor. Die Beklagte berufe sich auf ein Dokument, das ausdrücklich mit „Entwurf“ gekennzeichnet sei und hier nicht herangezogen werden könne. Überdies sei im Anwesen …straße … auch keine Wohnnutzung genehmigt worden. Selbst wenn eine Baugenehmigung für eine Betriebsleiterwohnung vorliegen sollte, sei diese endgültig aufgegeben worden.

Überdies habe die Klägerin erst jüngst eine sehr bewusste Entscheidung getroffen, den Standort … mittel- und langfristig aufrecht zu erhalten. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 13 Millionen EUR. Das Interesse des Beigeladenen an dem Vorhaben sei hingegen ein rein kommerzielles, das darauf gerichtet sei, mit geringstem Aufwand einen maximalen Gewinn zu erzielen. Das Interesse der Klägerin sei indes darauf gerichtet, den Standort … mit seinen 1.000 Industriearbeitsplätzen zu erhalten und unnötige zusätzliche immissionsschutzrechtliche Anforderungen abzuwehren.

Die erteilte Befreiung sei daher bei Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar.

Die genehmigten Vorhaben stellten sich mit Blick auf den oben stehenden Vortrag gegenüber dem Betrieb der Klägerin auch als „rücksichtslos“ dar, weil dieser aufgrund des „Heranrückens“ der schutzwürdigen Wohnnutzung dem Risiko zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Anforderungen ausgesetzt werde.

Die Klägerin beantragte,

den Bescheid vom 11. Januar 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB seien vorliegend erfüllt.

Hinsichtlich des Vorhabens II lasse sich den Bauvorlagen weder entnehmen, dass die Aufstockung aufgrund fehlender baulicher Voraussetzungen nicht möglich sei, noch dass der Bauherr in Wahrheit keine Nutzungsänderung, sondern einen Neubau beabsichtigt habe. Genehmigt worden sei hier, anders als die Klägerin meine, lediglich eine Umnutzung des Erdgeschosses, verbunden mit der Aufstockung der zum Genehmigungszeitpunkt eingeschossigen Lagerhalle. Dies gehe eindeutig aus der Baubeschreibung vom 11. Juli 2016, der Flächenberechnung sowie dem Abstandsflächenplan hervor. Auch in der Erklärung über die Erfüllung des Kriterienkataloges nach BauVorlVO sowie in der Baubeginnsanzeige sei von „Nutzungsänderung“ und „Aufstockung“ die Rede. Genehmigt worden sei somit nur eine Aufstockung, nicht aber eine komplette Neuerrichtung. Gegenteiliges lasse sich auch - ungeachtet der Bezeichnung des Vorhabens - nicht aus den Plänen entnehmen. Allein aus der Verwendung der Bezeichnung „Neubau“ könne nicht darauf geschlossen werden, dass in Wahrheit eine komplette Neuerrichtung beantragt worden sei. Auch der Grundrissplan für das Erdgeschoss lasse das Einziehen von Wänden im Erdgeschoss der vormaligen Lagerhalle und eine Neuordnung der Fenster- und Türöffnungen erkennen, nicht aber eine komplette Neuerrichtung des Gebäudes. Nichts anderes folge aus dem Planblatt „Ansichten Schnitt A-A“. Dort sei in der Ansicht Norden der Verlauf der alten Dachfläche mit den Oberlichtern eingezeichnet. Die gestrichelte Linie sei gekennzeichnet mit „bestehende Überdachung abbrechen.“ Ein Abbruch des Erdgeschosses ergebe sich daraus nicht.

Trotz der unstreitig vorhandenen Immissionen könne es keineswegs als gesichert gelten, dass in der Unterkunft der Gesundheit abträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschten. Die seitens der Klägerin vorgelegten Gutachten beschrieben zwar anschaulich die vom Betrieb der Klägerin ausgehenden Emissionen, welche Immissionen allerdings konkret am streitgegenständlichen Vorhaben ankämen - nur auf diese komme es an -, bleibe offen. Auch genüge das Gutachten nicht den Anforderungen an eine Immissionsprognose.

Die Beklagte verkenne die Anforderungen an den Immissionsschutz für Flüchtlingsunterkünfte nicht. Jedoch sei insbesondere hinsichtlich der Lärmproblematik darauf hinzuweisen, dass die Grenze zur Gesundheitsschädlichkeit jedenfalls dann nicht überschritten sei, wenn die ansonsten nach der TA-Lärm in Kern-, Dorfund Mischgebieten geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls innerhalb der Unterkünfte eingehalten werden könnten. Davon sei auszugehen. Für das Grundstück des Beigeladenen gebe es bislang zwar weder Immissionsprognosen, noch seien für dieses in an die Klägerin gerichteten Bescheiden Immissionsrichtwerte festgelegt worden. Allerdings sei mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. März 2016 der Klägerin aufgegeben worden, dass der Immissionsrichtwertanteil des Gesamtbetriebs am Standort Werk 2 den Immissionsrichtwertanteil von 65 dB(A) tags wie nachts am benachbarten Wohngebäude* …straße … (FlNr. …; „Immissionsort 6“) nicht überschreiten dürfe.

Nach dem seitens der Klägerin im Rahmen eines Verfahrens nach dem BImSchG in Auftrag gegebenen Gutachten der … vom 13. Juni 2017 zur Ermittlung der Geräuschimmissionen würden die zulässigen Immissionsrichtwertanteile am benachbarten Wohnhaus zur Nachtzeit deutlich unterschritten. Die Beurteilungspegel betrügen dort für den Tagbetrieb 53 dB(A) und für den Nachtbetrieb 48 dB(A). Der Gutachter berücksichtige im Entwurf der Lärmprognose auch die Abluftkamine. Nichts anderes könne insofern in Bezug auf die benachbarten Vorhaben des Beigeladenen gelten.

Soweit die Klägerin vortrage, im benachbarten Wohnhaus sei überhaupt keine Wohnnutzung genehmigt worden, könne dem nicht zugestimmt werden. Für das Anwesen …straße … sei mit der Baugenehmigung vom 1. November 1948 auch eine Wohnnutzung im 2. Stockwerk genehmigt worden. Ob und gegebenenfalls seit wann die Wohnnutzung aufgegeben wurde, sei der Beklagten nicht bekannt. Selbst wenn die Wohnnutzung derzeit nicht ausgeübt werden sollte, würde jedoch auch eine längere Unterbrechung nicht ohne Weiteres die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellen. Letztlich sei die Genehmigungssituation des Anwesens …straße … auch nicht entscheidend, denn es komme nicht auf die diesbezügliche Genehmigungssituation an, sondern vielmehr darauf, welche Immissionen in welcher Höhe auf das Anwesen bzw. die bauliche Anlage tatsächlich einwirken würden.

Ob und in welcher Weise das streitgegenständliche Vorhaben durch Erschütterungen betroffen sei, sei nicht bekannt. Der Beigeladene sei jedoch zur Einhaltung der einschlägigen Anforderungen (DIN 4150 Teil 2) verpflichtet.

Zur Thematik „Abluft“ sei richtig zu stellen, dass die geplante Asylbewerberunterkunft nicht, wie von der Klägerin ausgeführt, „direkt an die Abluftkamine“ angrenze. Richtig sei vielmehr, dass die zahlreichen Kamine in der Mehrzahl nicht unmittelbar an das streitgegenständliche Gebäude angrenzten. Die Art und das Ausmaß der durch Abluft verursachten Immissionen seien bislang nicht geprüft worden, allerdings seien zur Umsetzung der Anforderungen zur Luftreinhaltung nach dem Stand der Technik die Anzeigenbestätigungen der Klägerin nach § 17 BImSchG mit Auflagen zur Emissionsbegrenzung verbunden worden. Beispielsweise werde hier auf die Auflagen aus dem Bescheid vom 17. Juli 2013 verwiesen. Überdies verteile sich Abluft aus Kaminen (Schornsteinen) weiträumig. Erfahrungsgemäß sei die Belastung durch die Emissionen in unmittelbarer Nähe keine höhere als im weiteren Umfeld. Dies verdeutliche auch das wiederum seitens der Beklagten im Auftrag gegebene Gutachten der … vom 11. Januar 2017, wenn auch zu Hallen im Werk 1 der Klägerin. Nicht gefolgt werde deshalb der Auffassung des Gutachters der Klägerin, dass aufgrund des Satteldachs des Werks 2 und des Dachüberstandes der wandschüssig errichteten Asylbewerberunterkunft von 2 m die freie Abströmung der Luft behindert werde.

Da die Baugenehmigung auf längstens 3 Jahre befristet worden sei, müsse die Klägerin jedenfalls nicht mit einer Einschränkung ihres bestandskräftig genehmigten Gewerbebetriebs rechnen. Derartige Auflagen gegenüber der Klägerin seien vielmehr unverhältnismäßig. Deshalb verstoße das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es sei vielmehr Sache des Betreibers der Unterkunft, durch passive Schutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse bestehen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 2.9.2016 - 1 CS 16.1275). Bei Beschwerden würde der Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte verlangt, sollte dies nicht gelingen, würde ohne weiteres verlangt werden, zu sanieren oder den Betrieb still zu legen. Überdies genieße eine Asylbewerberunterkunft im Industriegebiet keinen höheren Schutzanspruch als die zuvor genehmigte Büronutzung; insofern habe sich die rechtliche Situation für die Klägerin nicht zu deren Nachteil geändert.

Der Beigeladene beantragt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. August 2017 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die seitens des Beigeladenen vorgelegte Begründung deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der der Beklagten. Ergänzend wird ausgeführt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück finde in der Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) kein nennenswerter Verkehr statt, da zur Nachtzeit keine Betriebstätigkeit auf dem Grundstück stattfinde. Nur ausnahmsweise erreiche ein Lkw das Betriebsgrundstück nach 17:00 Uhr (ca. einmal wöchentlich) bzw. erst nach 22:00 Uhr (ein- bis zweimal monatlich). In einem solchen Fall werde jedoch lediglich der Lkw auf dem Grundstück abgestellt. Dies dauere nur etwa 5 Minuten.

Es sei unzutreffend, dass der Beigeladene das alte Gebäude im Erdgeschoss (Lagerhalle, Vorhaben II) neu errichtet habe. Es sei lediglich eine Umnutzung des Erdgeschosses und eine Aufstockung im Obergeschoss erfolgt, so wie dies auch von der Beklagten genehmigt worden sei. Die Kubatur des Erdgeschosses sei unverändert. Zur Umsetzung des Obergeschosses sei es erforderlich gewesen, die Außenmauern der Räumlichkeiten im Erdgeschoss teilweise abzureißen. Dies habe der Beigeladene jedoch beantragt und auch genehmigt erhalten. Diesbezüglich werde auf die rot markierten Flächen im Abstandsflächenplan verwiesen. Der Beigeladene habe die Giebelwand zum Gebäude der Klägerin und die Bestandswand zu seinem anderen Gebäude, das Gegenstand des Vorhabens I sei, gerade stehen lassen.

In der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 wurde insbesondere zur Genehmigungs- und Nutzungssituation des Anwesens …straße …, zu einer beabsichtigten Kapazitätserweiterung des Werkes II der Klägerin und zu den Befürchtungen der Klägerin, auch nach Befristungsende der streitgegenständlichen Genehmigung im Hinblick auf dort stattfindende Nutzungen mit belastenden Auflagen bzw. einem Umkippen des faktischen Industriegebiets rechnen zu müssen, ausgeführt und verhandelt. Die Klägerin stellte die unbedingten Beweisanträge 1 bis 13 und 9 a und 9 b. Das Verfahren wurde sodann zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 legte der Beigeladene dem Gericht einen gutachterlichen Bericht der …vom 24. Januar 2018 vor, wonach die seitens der Beklagten bescheidsmäßig festgesetzten Immissionsrichtwerte der Immissionsarten Lärm und Erschütterung bei den streitgegenständlichen Gebäuden (teilweise nach Verwirklichung passiver Schutzmaßnahmen) eingehalten würden.

Zu diesem Gesichtspunkt und der Tauglichkeit dieses Gutachtens wurde von den Beteiligten schriftsätzlich vorgetragen, wobei die Klägerin ein Gutachten vorlegte, welches nach ihrer Auffassungen das Gutachten der Beigeladenen erschüttere.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat die Kammer die in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 gestellten Beweisanträge Nrn. 1 bis 13 einschließlich Nrn. 9a und 9b, mit Ausnahme des Beweisantrags Nr. 7 (Beantragung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Akustik/Erschütterungsschutz dahingehend, dass die Immissionsrichtwerte für Lärm und Erschütterungen auf dem Vorhabengrundstück nicht eingehalten werden), abgelehnt.

Mit Beschluss der Kammer vom 29. August 2018 wurde die bisherige Berichterstatterin auf den Antrag der Klageseite vom 23. Juli 2018 hin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2018 teilte die Beigeladenenseite mit, dass beim Vorhaben I (AN 9 K 16.00991) die genehmigte Nutzung am 15. Februar 2018 aufgenommen wurde und seitdem in wechselndem Bestand 20-30 Personen in diesem Gebäude untergebracht seien. Beim Vorhaben II (AN 9 K 17.00173) sei die Nutzung am 19. Februar 2018 aufgenommen worden und seitdem nutze eine Person das Gebäude.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Durchführung eines Augenscheins am 23. Oktober 2018.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2018 wurde zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung auf die jeweilige Niederschrift sowie die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klage ist begründet, da der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2017 rechtswidrig ist und die Klägerin in nachbarschützenden Rechten, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.1 Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich seiner Art nach nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der jeweiligen Vorschrift der BauNVO über den Gebietstyp), so steht dem Nachbarn eines in demselben Gebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (BVerwG, B.v. 22.12.2011, 4 B 32.11). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (BVerwG, B.v. 27.8.2013, 4 B 39.13). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 12 BauGB übertragen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zur artverwandten Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB).

1.2 Nach diesen Grundsätzen verletzt die Baugenehmigung vom 11. Januar 2017 nachbarschützende Vorschriften, da die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht eingehalten sind.

Einschlägig ist die Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB deshalb, da hier - davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - sowohl das Bauvorhaben als auch das südlich angrenzende Nachbargrundstück der Klägerin in einem faktischen Industriegebiet nach § 9 BauNVO liegen. Ein Vorhaben mit der beantragten Nutzung ist gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO im faktischen Industriegebiet seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, insbesondere auch nicht als Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Im Gegensatz zu den sonstigen Fällen von Anlagen für soziale Zwecke, also Anlagen, die der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt, aber nicht der Übernachtung dienen, können auch Gebäude, die der Unterbringung von Asylbewerbern dienen, Anlagen für soziale Zwecke darstellen, soweit keine autonome Wohnnutzung vorliegt (Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 4 BauNVO, Rn. 91 ff.). Als Unterkunft für Menschen, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben, verträgt sie sich jedoch nicht mit den emissionsstarken, störungsintensiven Gewerbebetrieben, wie sie in einem Industriegebiet zulässig sind. Auch wenn sie nicht dem Wohnen dienen, stehen sie doch dieser Nutzungsart erheblich näher als einer industriegebietstypischen gewerblichen Nutzung. Solche Unterkünfte sind auch nicht mit den ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) zu vergleichen, da solche in einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Unterbringung von Menschen und einem Gewerbebetrieb stehen. Angesichts dessen, dass es sich bei Industriegebieten um die immissionsstärksten und störungsunempfindlichsten Baugebiete der BauNVO handelt, sind derartige Unterkünfte im Industriegebiet somit nicht gebietsverträglich, da sie mit der Zweckbestimmung des Gebiets unvereinbar sind (OVG Münster, B.v. 4.11.2003, 22 B 1345/03).

1.2.1 Es bestehen verschiedenen Auffassungen dazu, ob sich der Nachbar auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB bei einer darauf gestützten Befreiung berufen kann (einen Nachbarschutz bezweifelnd OVG NRW, B.v. 20.12.2016; für eine Überprüfbarkeit aller Voraussetzungen wohl BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 - das Urteil betrifft jedoch § 246 Abs. 10 BauGB zu unbefristeten Befreiungen für Asylunterkünfte in Industriegebieten -, für bloße Rügbarkeit des Gebotes der Rücksichtnahme wohl Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Nach Auffassung der Kammer ist jedenfalls die Frage nachbarschützend, ob eine Nutzungsänderung i.S.d. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB vorliegt. Denn die Vorschrift schränkt den Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn erheblich ein, da sie, im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB auf die Einhaltung der Grundzüge der Planung verzichtet und damit auch gebietsfremde Nutzungen zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275). Der Gesetzgeber hat für die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB, die zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ geschaffen wurde, daher (neben weiteren Voraussetzungen) die Anwendungsvoraussetzungen geschaffen, dass auf dieser Grundlage erlassene Baugenehmigungen auf drei Jahre befristet sein müssen und nur Nutzungsänderungen zulässig sind (Nr. 2). Dauerhafte Einwirkungen auf den Charakter des Gebiets sollen dadurch gerade vermieden werden (BT-Drs. 18/6185, S. 54). Da die genannten Anwendungsvoraussetzungen die Gebietserhaltung tangieren - eine befristete Nutzungsänderung schafft keine dauerhaften geänderten und womöglich für den Nachbar nachteiligen Verhältnisse - kann sich der Nachbar auf deren Einhaltung berufen.

1.2.2 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist insoweit bereits zu unbestimmt und daher rechtswidrig. Aus der Baugenehmigung geht - trotz der Bezeichnung „Nutzungsänderung“ im Genehmigungsbescheid - nicht mit der genügenden Bestimmtheit hervor, ob eine Nutzungsänderung oder eine bauliche Änderung genehmigt wird. Darauf kommt es jedoch an, da § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur Nutzungsänderungen zulässt und der Nachbar nach den vorgestellten Grundsätzen sich gegen Vorhaben im Regelungsbereich des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB wenden kann, wenn sie keine Nutzungsänderungen (mehr sind), da dann der Gebietserhaltungsanspruch tangiert ist. Diese Unbestimmtheit verletzt auch Nachbarrechte, da es dem Nachbarn nur bei einer im Hinblick auf nachbarschützende Belange - hier die Frage des Vorliegens einer Nutzungsänderung - hinreichend bestimmten Baugenehmigung möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (BayVGH, B.v. 18.5.2018, 9 CS 18.10, st. Rspr.).

Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten - gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung - eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind (BayVGH a.a.O.).

Diese Anforderungen sind hier nicht eingehalten. Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist in sich widersprüchlich und daher unbestimmt. Dafür spricht schon, dass in Abweichung zum Text im Genehmigungsbescheid das Vorhaben auf der mit einem Genehmigungsstempel versehenen Gesamtübersicht Abstandsflächen vom 15. August 2016 als „Neubau Asylunterkunft“ bezeichnet wird.

Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist zudem aus dem Grund unklar und unbestimmt, als auf den mit Genehmigungsstempel versehenen, von einem Architekten vorgelegten Grundrissplänen unzutreffende Planzeichen verwendet werden. Teile der Mauern sind mit nach schräg links verlaufenden Diagonalen gekennzeichnet. Nach der Bauvorlagenverordnung (Anlage 1, Ziffer 5) steht dies für Flächen, auf denen Abstandsflächen übernommen werden. Die Kennzeichnung in den Plänen ist damit zumindest missverständlich und es bleibt nach den vorgelegten Plänen - diese sind für die Baugenehmigung maßgeblich - unklar, ob es sich bei den so gekennzeichneten Mauern um Bestand oder Neubau handelt. Es bleibt also unklar, welche Bauarbeiten genehmigt wurden. Da viele der eingezeichneten Mauern von dieser missverständlichen Kennzeichnung erfasst sind, kann dieser Umstand nicht wegen Geringfügigkeit unbeachtet bleiben und führt zur Fehlerhaftigkeit der Baugenehmigung.

1.2.3 Wegen der Unbestimmtheit der streitgegenständlichen Baugenehmigung, die diese bereits rechtswidrig macht, kommt es nicht mehr darauf an, ob das Vorhaben - nach weiteren Ermittlungen - tatsächlich als Nutzungsänderung oder bauliche Änderung einzustufen ist. Nach dem vorgelegten Akteninhalt ist jedoch davon auszugehen, dass es sich bei dem Vorhaben vorliegend nicht mehr nur um eine bloße Nutzungsänderung handelt und die Baugenehmigung auch deswegen rechtswidrig ist und insofern auch Nachbarrechte verletzt.

Nach der Terminologie des BauGB ist zwischen Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zu unterscheiden. Bei einer bloßen Nutzungsänderung wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und bodenrechtliche Belange neu berührt (BVerwG U.v. 18.5.1990, 4 C 49.89). Demgegenüber meint Änderung die Umgestaltung (Umbau, Ausbau, Erweiterung, Verkleinerung) einer bestehenden baulichen Anlage in städtebaulich relevanter Weise, insbesondere Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz, die die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berühren oder die dem ursprünglichen Bauwerk die Identität rauben (BVerwG, B.v. 10.10.2005, 4 B 60/05).

Das Vorhaben sieht bei Abgleich mit den in früheren Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Plänen Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz vor, die die Standfestigkeit berühren. Für das Vorhaben liegt ein am 28. April 1958 genehmigter Plan zur Errichtung einer Lagerhalle vor. Weiter liegt ein Grundrissplan vom 7. Mai 2008 (genehmigt 30. Juni 2008) hinsichtlich der Umnutzung einer Lagerhalle in Büroräume bei dem Gebäude, welches nunmehr das Vorhaben I (AN 9 K 16.0991) bildet, vor. Dort ist ebenfalls das hier streitgegenständliche Gebäude abgebildet. Aus dem Vergleich der Pläne ergibt sich, dass in den bisher genehmigten Bestand in erheblichem Umfang eingegriffen wird. Die im Vorhabenplan - Grundriss Erdgeschoss - grau gekennzeichneten Bestandsmauern spiegeln nicht den bisher genehmigten Bestand wieder. Deutlich wird dies etwa an dem Stück der westlichen Mauer, die von dem bisherigen, nun abzubrechendem Anbau Richtung Süden verläuft. Die Anzahl der als Bestand gekennzeichneten Mauerelemente zwischen den Fenstern ist im Vorhabenplan geringer als in den bezeichneten Altplänen. Dies hängt nicht mit einer bloßen Verringerung der Fensterzahl, sondern einer völligen Umpositionierung der Fenster zusammen. Angesichts dieser Eingriffe in die Bausubstanz stellt sich die Frage der Standfestigkeit erneut, da die betroffenen Teile der Außenmauern bei einer derartigen Maßnahme bautechnisch nicht stehen bleiben können. Allein deswegen läge keine bloße Nutzungsänderung mehr vor. Bei der Prüfung dieser Tatbestandsvoraussetzung käme es auch nicht darauf an, ob der Beklagten bei Prüfung des Vorhabenplans, insbesondere des Grundrissplans vom 14. Oktober 2016 bekannt war, dass damit bauliche Änderungen gegenüber dem bisherigen genehmigten Bestand genehmigt werden. Angesichts dessen, dass im Rahmen des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB gerade nur eine Nutzungsänderung zulässig ist und keine Änderung baulicher Anlagen, der Beigeladene zuvor an gleicher Stelle bereits einen (teilweisen) Neubau einer Asylunterkunft geplant hatte (zurückgenommener Bauantrag vom 23. März 2016, …*) und das streitgegenständliche Vorhaben zudem ebenfalls einen Neubau bzw. die Aufstockung zu einem Bürogebäude umfasst, wäre eine sorgfältige Prüfung und ein Abgleich mit den alten Plänen jedoch geboten gewesen. Die mangelhafte Ermittlung des Sachverhalts stellt einen Verfahrensfehler dar (BeckOK VwVfG, § 24, Rn. 27 ff.). Im Übrigen räumt die Beigeladenenseite mit Schriftsatz vom 31. August 2018 selbst ein, dass zur streitgegenständlichen „Umnutzung“ des Erdgeschosses, verbunden mit der Aufstockung des Obergeschosses, das teilweise Abreißen der Außenmauern im Erdgeschoss nötig gewesen sei. Unabhängig davon, welche rechtliche Konsequenz für die streitgegenständliche Genehmigung zur Nutzungsänderung aus dem augenscheinlich später erfolgtem (weitgehenden) Abriss des Bestandgebäudes zu ziehen wäre, dokumentiert diese Angabe der Beigeladenenseite, dass bereits bei Planvorlage zum streitgegenständlichen Vorhaben „Umnutzung des Erdgeschosses zu Asylunterkunft und Aufstockung des Obergeschosses zu Bürogebäude“ entgegen der Bezeichnung auch eine notwendige Änderung baulicher Anlagen im Erdgeschoss abzusehen war. Der Beigeladene kann sich insoweit nicht darauf berufen, ohne bauliche Änderung wäre die zulässige Aufstockung im Obergeschoss baulich nicht möglich gewesen. Denn § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB bezieht derartige Belange nicht mit ein und erlaubt ausdrücklich nur eine Befreiung für Nutzungsänderungen. Wegen ihres Ausnahmecharakters ist die Vorschrift auch eng auszulegen. Das Vorhaben „Büro“ hätte dann anderswo verwirklicht werden müssen. Der insoweitige Vortrag des Beigeladenen legt nahe, dass für das Vorhaben einer weiteren Asylunterkunft im Wege einer Nutzungsänderung gerade kein Platz auf dem Vorhabengrundstück bestand; es erscheint insofern zweifelhaft, ob man von einer Nutzungsänderung eines Vorhabens zu einer Asylunterkunft sprechen kann, wenn Platz für diese Nutzung nur dadurch geschaffen wird, dass für die bisher im Bestandsbau genehmigte und ausgeführte Nutzung gleichzeitig mit der „Nutzungsänderung“ und im selben Gebäude ein Neubau geschaffen wird.

1.3 Nach alledem war der Bescheid vom 11. Januar 2017 rechtswidrig. Da insoweit eine Befreiung gem. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB erteilt wurde, ohne dass die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, ist insoweit auch die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Da es sich bei dem genehmigten Vorhaben um ein einheitliches Bauvorhaben handelt, erstrecken sich die Rechtswidrigkeit und der Urteilsspruch auf den gesamten Bescheid.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, § 162 Abs. 3 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, die die zeitlich befristete Nutzungsänderung von gewerblich genutzten Gebäuden in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber betrifft.

Der Beigeladene ist Eigentümer des westlich der …straße in … gelegenen Vorhabengrundstücks …straße … (FlNr. … Gemarkung …). Das Vorhabengrundstück ist mit einem eingeschossigen, an die westliche und südliche Grundstücksgrenze angrenzenden Gebäude sowie mit einem sich an dieses unmittelbar anschließenden eingeschossigen Zwischenbau sowie einem an die südliche Grundstücksgrenze angrenzenden, zweigeschossigen Gebäude bebaut. Für letzteres wurde zuletzt mit Bescheid vom 30. Juni 2008 eine Genehmigung für die Umnutzung von Lager in Büroräume bzw. in ein Fahrzeuglager erteilt, wobei entsprechend der Bauvorlagen das Fahrzeuglager im Keller und Erdgeschoss und die Büroräume im 1. Obergeschoss situiert waren. Auf dem Grundstück hat das Unternehmen des Beigeladenen, die Firma …, ihren Sitz. Diese führt Autotransporte nach Griechenland durch.

Die Klägerin ist ein Industrieunternehmen der Automobilzulieferungsbranche und betreibt am Standort … seit Juli 2011 zwei Werke zur Produktion von Getriebeteilen mit insgesamt rund 1.000 Industriearbeitsplätzen. Das klägerische Werk 2 liegt wie das Grundstück des Beigeladenen westlich der …straße (…straße …, FlNr. … Gemarkung …) und grenzt unmittelbar südlich an dieses und an die darauf befindlichen Gebäude an. Das Werk 1 liegt vom Vorhabengrundstück ca. 300-400 m in östlicher Richtung entfernt (FlNr. …, …, … und … Gemarkung …).

Alle vorgenannten Grundstücke liegen, insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig, in einem faktischen Industriegebiet, ein Bebauungsplan für das Gebiet existiert nicht.

Im Februar 2016 beantragte der Beigeladene die Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des grenzständig zum Klägergrundstück gelegenen zweigeschossigen Gebäudes zu Wohnraum für bis zu 61 Asylsuchende (im Folgenden „Vorhaben I“, hiesiger Streitgegenstand), mit anschließender Nutzung im ursprünglichen Zustand für das Erdgeschoss und das Obergeschoss. Die Unterbringung sollte nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Dabei war vorgesehen, dass die vorhandenen Grundrisse als abgeschlossene Einheiten erhalten bleiben und die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Weiter waren auf jedem Geschoss eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Das sich westlich daran anschließende eingeschossige Gebäude war nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 22. Februar 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Ausnahme für die Dauer von drei Jahren für eine Anlage für soziale Zwecke und die Befreiung wegen der wohnähnlichen Nutzung erteilt werden können; die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB lägen vor.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen hinsichtlich des Vorhabens I die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Umnutzung des Bürogebäudes in Asylsuchendenunterkunft mit 61 Betten für die Dauer von 3 Jahren“ unter Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet und einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB für die Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung in einem Gewerbegebiet. Auflagen zum Immissionsschutz insbesondere zum passiven Lärmschutz, waren im Bescheid nicht enthalten. Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde am 23. Mai 2016 übermittelt.

Auf die Einwendungen der Klägerin hin wurde hinsichtlich des Vorhabens I der Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erlassen, in welchem die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 BauNVO eingestuft und in Nr. 1 des Änderungsbescheids eine Befristung der Genehmigung auf die Dauer von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme ausgesprochen, mit Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gewährt und mit Nr. 3 eine Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB erteilt wurde. Dem Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Änderungsbescheid am 7. Juni 2016 per E-Mail übermittelt.

Mit am 8. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin Klage gegen die Genehmigung des Vorhabens I erhoben.

Am 11. Juli 2016 beantragte der Beigeladene auch eine Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des westlich auf seinem Grundstück gelegenen, bisher als Lager genutzten eingeschossigen Gebäudes zur Unterkunft für 42 Asylsuchende sowie für die Aufstockung dieses bislang eingeschossigen Gebäudes um ein Geschoss zur Büronutzung (im Folgenden „Vorhaben II“, AN 9 K 17.00173).

Die Unterbringung sollte - wie auch schon beim Vorhaben I - nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Auch hier war vorgesehen, dass die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Es war u.a. eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 12. Juli 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Befreiung von der Art der Nutzung auf der Grundlage des §§ 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könne, wenn der gutachterliche Nachweis erbracht werde, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt seien, die in den noch zu erstellenden Gutachten (insbesondere zu Lärm, Erschütterung und Luftreinheit) formulierten Auflagen beachtet werden und etwaige gewerbliche Nutzungsbereiche auf dem Baugrundstück von der Unterkunft klar abgegrenzt werden, um eine Gefährdung der Bewohner auszuschließen. Nach der Stellungnahme der Fachstelle für Sondergutachten der Beklagten (... …...) vom 10. Januar 2017 sei aufgrund langjähriger Erfahrung mit Speditionsbetrieben davon auszugehen, dass beim Betrieb der Spedition auf dem Vorhabengrundstück keine gesundheitsgefährdende Luftverunreinigung entstehe. Gleiches gelte auch für das südlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Schmelzwerk der Klägerin. Die Einhaltung der Anforderungen der TA Luft werde in regelmäßigen Abständen oder durch kontinuierlich durchgeführte Messungen sichergestellt. Bezüglich der Einwirkungen durch Lärm und Erschütterungen sei das Vorhaben zulässig, wenn entsprechende Auflagen eingehalten werden. Daher seien die zur Beurteilung der Immissionssituation durch das Stadtplanungsamt geforderten Gutachten (Lärm, Erschütterungen, Luftschadstoffe) aus Sicht der Fachstelle nicht erforderlich.

Diesem Antrag war ein Antrag vom März 2016 vorausgegangen, mit dem der Beigeladene die Genehmigung der Aufstockung der bestehenden Lagerhalle für die Nutzung als Unterkunft für 84 Asylsuchende begehrt hatte. Nach der Mitteilung der Beklagten, dass sie dieses Vorhaben als nicht genehmigungsfähig ansehe, da auf Grundlage des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur Nutzungsänderungen genehmigt werden könnten, jedoch keine Neubauten bzw. Aufstockungen, hatte der Beigeladenen diesen Antrag ebenfalls mit Schreiben vom 11. Juli 2016 zurückgezogen.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 erteilte die Beklagte hinsichtlich dieses Vorhabens II die bauaufsichtliche Genehmigung für die Nutzungsänderung von Lager zur Unterkunft für Asylbewerber (42 Personen, befristet auf 3 Jahre) und zur Aufstockung zur Büronutzung unter Gewährung einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB und einer Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Industriegebiet. Des Weiteren wurde hinsichtlich der Aufstockung des vorhandenes Gebäudes eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der nach Art. 6 Abs. 7 BayBO i.V.m. der Abstandsflächensatzung der Stadt … erforderlichen Abstandsflächen zum nördlich angrenzenden Nachbargrundstück auf FlNr. …, Gemarkung …, zugelassen. In Umsetzung der Stellungnahme der Fachstelle … sind im Bescheid überdies folgende Nebenbestimmungen enthalten:

„29. Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel:

tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

30. Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 2 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierender Maßnahmen vorbehalten.“

Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde übermittelt.

Mit am 26. Januar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin auch gegen die Genehmigung des Vorhabens II Klage erhoben, die unter dem Az. AN 9 K 17.00173 geführt wird.

Mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 ergänzte die Beklagte den zu Vorhaben I ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 in der durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erhaltenen Fassung um folgende technische Auflagen zum Immissionsschutz:

„a) Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel: tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

b) Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierter Maßnahmen vorbehalten.“

Zur Begründung der in Zusammenhang stehenden Klagen lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass die beiden Genehmigungen rechtswidrig seien und gegen auch dem Nachbarschutz dienende Vorschriften verstießen. So sei schon der Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin verletzt. Zudem würden sich die Vorhaben der Klägerin gegenüber als rücksichtslos erweisen und diese in ihrem Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen.

Der klägerische Anspruch auf Gebietserhaltung sei verletzt, da die streitgegenständlichen Genehmigungen eine Wohnnutzung bzw. wohnähnlichen Nutzung zuließen, was in einem faktischen Industriegebiet nicht zulässig sei. Entgegen der Meinung der Beklagten könnten die streitgegenständlichen Genehmigungen nicht auf § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB gestützt werden.

Die Norm sei bereits verfassungswidrig.

Unabhängig davon, sei § 246 Abs. 12 BauGB hier nicht anwendbar, da es für das streitgegenständliche Gebiet keinen Bebauungsplan gebe, die Norm jedoch das Vorhandensein eines solchen zwingend voraussetze.

Die Anwendbarkeit von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB scheide auch deshalb aus, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Zum einen gelte die Norm nur für die Schaffung von „Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylsuchende“ und gerade nicht auch für „autarkes und selbstständiges Wohnen“. Die streitgegenständlichen Vorhaben stellten keine „Unterkunft“ i.d.S. dar, da die Asylsuchenden hier ihren häuslichen Wirkungskreis autark und selbstständig gestalten könnten. So würden die Vorhaben aus in sich abgeschlossenen Wohneinheiten bestehen, denen namentlich gekennzeichnete Briefkästen zugeordnet seien, und es sei vorgesehen, dass die Bewohner sich selbst verpflegen und ihre Wäsche selbst reinigen. Auch existieren weder Portier noch Security und auch keine Kantine, was gerade Merkmale eines Heimes seien. Das Vorhaben sei vielmehr als „Wohnen“ zu qualifizieren; dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bewohner den Wohnungen behördlich zugewiesen seien oder die Beklagte die Wohnungen vom Beigeladenen für die Bewohner anmiete (unter Verweis auf HessVGH, B.v. 3.3.2016 - 4 B 403/16 und HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Zum anderen sei die Anwendbarkeit des Privilegierungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB auf „Nutzungsänderungen“ begrenzt. Die Bauvorhaben könnten jedoch nicht mehr als bloße Nutzungsänderung qualifiziert werden. Dies gelte vor allem für Vorhaben II, aber auch Vorhaben I stelle insbesondere aufgrund der mit der Baumaßnahme verbundenen Erhöhung des Nutzungsmaßes, der umfangreichen Umbaumaßnahmen und der damit einhergehenden Auswechslung der Identität der Gebäude eine bauliche „Änderung“ dar. Dass es sich bei Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung jedoch um völlig verschiedene Bauvorgänge handele, folge bereits aus § 29 Abs. 1 BauGB. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB könne auf „Änderungen“ auch nicht analog angewandt werden. Dem stehe neben dem eindeutigen Wortlaut auch der gesetzgeberische Wille entgegen.

Soweit man hier § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB wider Erwarten für anwendbar erachte, müsse jedenfalls die Abwägung der nachbarlichen und öffentlichen Interessen zugunsten der Klägerin ausfallen.

Zu den öffentlichen Belangen gehörten auch gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse, die hier nicht vorlägen.

Allein vom Betrieb der Klägerin wirke ein ganzer „Immissions-Cocktail“ Tag und Nacht durch Erschütterungen, Geruch, Lärm, Abluft und Licht auf das Vorhaben ein. Das unmittelbar angrenzende Werk 2 der Klägerin werde zulässigerweise im 24-Stunden-Betrieb an 6 Tagen pro Woche (Montag bis Samstag) gefahren. Im Werk werden Emissionen von über 90 dB(A) aufgrund der Pressen und des Bearbeitens der Druckgussteile erreicht. Zudem seien die Schalleinwirkungen stark impulshaltig. Die Außenwände der Hallen seien nicht gedämmt, so dass davon auszugehen sei, dass sich ein maßgeblicher Schallübertrag hin zur geplanten Unterkunft ergebe. Auch die Abluftkamine seien 24 Stunden am Tag (Mo-Sa) in Betrieb. Überdies finde zwischen den beiden klägerischen Werken ganztägig (auch nachts) stündlich interner Hängerzugverkehr mit einem permanenten Geräuschpegel statt. Zudem sei klägerseits beabsichtigt, im Rahmen des bereits bestandskräftig genehmigten Betriebs in den kommenden Jahren die Produktion im Werk 2 zu steigern. Auch die vom Werk der Klägerin auf die Asylbewerberunterkunft einwirkenden Erschütterungen seien für die Bewohner unzumutbar. Neben den starken impulshaltigen Schallimmissionen komme es beim Schließen der Druckgussanlagen und aufgrund des eingesetzten Schwerlastkrans zu nicht unmaßgeblichen Vibrationen im gesamten Werk. Diese würden auch auf die Außenwände und die Schlafräume der Asylsuchenden übertragen. Durch Verwendung von Trennmitteln (Wasser-Öl-Gemisch) würden auch erhebliche Geruchsemissionen im Produktionsprozess freigesetzt, die über die Dachentlüftungen ins Freie gelangten. Im Rahmen des Betriebs des klägerischen Werks sei die übliche produktions- und sicherheitstechnische Ausleuchtung auch der Außenbereiche erforderlich, so dass die östlichen und westlichen Frontseiten der Asylbewerberunterkunft und deren Fenster einer permanenten Lichteinwirkung auch während der Nachtruhe ausgesetzt seien. Zur Untermauerung der durch das genehmigte Vorhaben verursachten nachbarlichen Beeinträchtigungen werde insoweit auf das seitens der Klägerin in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Prof. … und des Dipl-Ing. … vom 12. August 2016 sowie auf dessen Ergänzung vom 7. August 2017 verwiesen. Die vorhandene Immissionsbelastung werde zusätzlich noch durch die Emissionen zahlreicher anderer Unternehmen mit entsprechendem Schwerlastverkehr verschärft. Überdies verlaufe im Westen die Bahnlinie der … und … Asylbewerberunterkünfte seien auch als wesentlich schutzwürdiger einzuordnen als die in dem streitgegenständlichen Gebäude vormals vorhandene Büronutzung. In epidemiologischen Studien sei erwiesen, dass gerade dem Nachtschlaf eine hohe Bedeutung für die Gesundheit zukomme und durch Aufwachreaktionen während der Nachtzeit das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen signifikant erhöht sei. Auch sei besonders zu berücksichtigen, dass die Bewohner der streitgegenständlichen Vorhaben hier gleichzeitig verschiedenen Lärm- und Immissionsarten ausgesetzt seien, auch verstärkte Kombinationswirkungen seien daher zu beachten.

Des Weiteren sei zu beachten, dass hier die Industrienutzung nicht nur planungsrechtlich zulässig sei, sondern auch konkret ausgeübt werde (unter Verweis auf VG München, B.v. 23.5.2016 - M 11 S 16.1363).

Soweit die Beklagte bezüglich des Vorhabens I im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz festgeschrieben habe, sei schon völlig unklar, was die Beklagte mit den Formulierung, dass Nachweise über die Anforderungen vorbehalten blieben, überhaupt regeln möchte. Es dränge sich der Eindruck auf, dass diese „Regelungen“ wachsweich und zur Zielerreichung uneffektiv seien. Auch sei die bloße Festsetzung von Immissionsrichtwerten ohne die flankierende Anordnung von Überwachungsmaßnahmen, die deren Einhaltung sicherstellen zur Zielerreichung mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Bewohner ungeeignet. Für die Klägerin dränge sich zudem die Frage auf, warum die Beklagte einerseits der Klägerin gegenüber in allen Genehmigungsbescheiden jeweils ein umfangreiches Programm an Auflagen zur Überwachung von Immissionswerten mit detaillierten Vorgaben zu Art, Umfang und Häufigkeit der Messung anordne, den Beigeladenen von derartigen Anordnungen indes vollständig verschone. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar.

Soweit die Beklagte das Vorliegen einer „prekären Immissionssituation“ mit einem Verweis auf ein klägerseits erstelltes Gutachten der … Nr. … vom 13. Juni 2017 in Abrede stellen wolle, sei dem nicht zu folgen. Die Beklagte trage zwar vor, dass das Gutachten zu dem Schluss komme, dass am Anwesen …straße, das im Gutachten als Wohngebäude ausgewiesen sei und welches den streitgegenständlichen Vorhaben gegenüber liege, lediglich eine vom klägerischen Betrieb ausgehende Lärmbelastung von 53 dB(A) für den Tag- bzw. 48 dB(A) für den Nachtbetrieb vorliege. Es liege jedoch schon kein „Gutachten“ vor. Die Beklagte berufe sich auf ein Dokument was ausdrücklich mit „Entwurf“ gekennzeichnet sei und hier nicht herangezogen werden könne. Überdies sei im Anwesen …straße ... auch keine Wohnnutzung genehmigt worden. Selbst wenn eine Baugenehmigung für eine Betriebsleiterwohnung vorliegen sollte, sei diese endgültig aufgegeben worden.

Das Vorhaben I verletze auch die Brandschutzanforderungen. Die Ausführung der Wand zum klägerischen Gebäude hin als hochfeuerhemmend weiche von den genehmigten Brandschutzplänen ab. So sei in die als Brandwand definierte Wand ein Lüftungsrohr mit einem erheblichen Durchmesser eingebracht worden. Auch sei im einspringenden Winkel abweichend zur Genehmigung ein zusätzliches Fenster eingebaut worden. Es bestehe daher eine erhöhte Gefahr des Brandüberschlags auf das klägerische Werk. Vor diesem Hintergrund sei auch relevant, dass gerade Flüchtlingsunterkünfte einer erhöhten Brandgefahr unterlägen, die einerseits auf strafbare Brandstiftungen Dritter zurückzuführen sei, andererseits aber auch auf einen unangemessenen Umgang der Bewohner z.B. mit Kocheinrichtungen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es geboten gewesen, gegenüber dem Beigeladenen Brandschutzmaßnahmen wie insbesondere eine ausreichend dimensionierte Brandschutzwand zum Werk 2 der Klägerin anzuordnen.

Überdies habe die Klägerin erst jüngst eine sehr bewusste Entscheidung getroffen, den Standort … mittel- und langfristig aufrecht zu erhalten. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 13 Millionen EUR. Das Interesse des Beigeladenen an dem Vorhaben sei hingegen ein rein kommerzielles, das darauf gerichtet sei, mit geringstem Aufwand einen maximalen Gewinn zu erzielen. Das Interesse der Klägerin sei indes darauf gerichtet, den Standort … mit seinen 1.000 Industriearbeitsplätzen zu erhalten und unnötige zusätzliche immissionsschutzrechtliche Anforderungen abzuwehren.

Die erteilte Befreiung sei daher bei Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar.

Bezweifelt werde überdies, ob insbesondere hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens I überhaupt eine ergebnisoffene Prüfung stattgefunden habe. Die Beklagte habe den Beherbergungsvertrag mit dem Beigeladenen bereits am 10. Dezember 2015 abgeschlossen, also bereits bevor ihr auch nur die Bauvorlagen für den Bauantrag des Beigeladenen zur Prüfung vorlagen, geschweige denn eine Genehmigung erteilt worden war. Dies spreche gerade für keine ergebnisoffene rechtsförmige Prüfung des Bauantrags. Vielmehr habe sich die Beklagte bereits vor Erteilung der Baugenehmigung vertraglich auf das Zustandekommen des Vorhabens bindend festgelegt.

Das genehmigte Vorhaben stelle sich mit Blick auf den oben stehenden Vortrag gegenüber dem Betrieb der Klägerin auch als „rücksichtslos“ dar, weil dieser aufgrund des „Heranrückens“ der schutzwürdigen Wohnnutzung dem Risiko zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Anforderungen ausgesetzt werde.

Die Klägerin beantragte zuletzt,

den Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. Juni 2016 sowie des Ergänzungsbescheids vom 1. August 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie aus, die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB seien vorliegend erfüllt.

Trotz der unstreitig vorhandenen Immissionen könne es keineswegs als gesichert gelten, dass in der Unterkunft der Gesundheit abträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschten. Die seitens der Klägerin vorgelegten Gutachten beschrieben zwar anschaulich die vom Betrieb der Klägerin ausgehenden Emissionen, welche Immissionen allerdings konkret am streitgegenständlichen Vorhaben ankämen - nur auf diese komme es an -, bleibe offen. Auch genüge das Gutachten nicht den Anforderungen an eine Immissionsprognose.

Die Beklagte verkenne die Anforderungen an den Immissionsschutz für Flüchtlingsunterkünfte nicht. Jedoch sei insbesondere hinsichtlich der Lärmproblematik darauf hinzuweisen, dass die Grenze zur Gesundheitsschädlichkeit jedenfalls dann nicht überschritten sei, wenn die ansonsten nach der TA-Lärm in Kern-, Dorf- und Mischgebieten geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls innerhalb der Unterkünfte eingehalten werden könnten. Davon sei auszugehen. Für das Grundstück des Beigeladenen gebe es bislang zwar weder Immissionsprognosen, noch seien für dieses in an die Klägerin gerichteten Bescheiden Immissionsrichtwerte festgelegt worden. Allerdings sei mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. März 2016 der Klägerin aufgegeben worden, dass der Immissionsrichtwertanteil des Gesamtbetriebs am Standort Werk 2 den Immissionsrichtwertanteil von 65 dB(A) tags wie nachts am benachbarten Wohngebäude …straße ... (FlNr. …; „Immissionsort 6“) nicht überschreiten dürfe.

Nach dem seitens der Klägerin im Rahmen eines Verfahrens nach dem BImSchG in Auftrag gegebenen Gutachten der …vom 13. Juni 2017 zur Ermittlung der Geräuschimmissionen würden die zulässigen Immissionsrichtwertanteile am benachbarten Wohnhaus zur Nachtzeit deutlich unterschritten. Die Beurteilungspegel betrügen dort für den Tagbetrieb 53 dB(A) und für den Nachtbetrieb 48 dB(A). Der Gutachter berücksichtige im Entwurf der Lärmprognose auch die Abluftkamine. Nichts anderes könne insofern in Bezug auf die benachbarten Vorhaben des Beigeladenen gelten.

Soweit die Klägerin vortrage, im benachbarten Wohnhaus sei überhaupt keine Wohnnutzung genehmigt worden, könne dem nicht zugestimmt werden. Für das Anwesen …straße ... sei mit der Baugenehmigung vom 1. November 1948 auch eine Wohnnutzung im 2. Stockwerk genehmigt worden. Ob und gegebenenfalls seit wann die Wohnnutzung aufgegeben wurde, sei der Beklagten nicht bekannt. Selbst wenn die Wohnnutzung derzeit nicht ausgeübt werden sollte, würde jedoch auch eine längere Unterbrechung nicht ohne Weiteres die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellen. Letztlich sei die Genehmigungssituation des Anwesens …straße ... auch nicht entscheidend, denn es komme nicht auf die diesbezügliche Genehmigungssituation an, sondern vielmehr darauf, welche Immissionen in welcher Höhe auf das Anwesen bzw. die bauliche Anlage tatsächlich einwirken würden.

Ob und in welcher Weise das streitgegenständliche Vorhaben durch Erschütterungen betroffen sei, sei nicht bekannt. Der Beigeladene sei jedoch zur Einhaltung der einschlägigen Anforderungen (DIN 4150 Teil 2) verpflichtet.

Zur Thematik „Abluft“ sei richtig zu stellen, dass die geplante Asylbewerberunterkunft nicht, wie von der Klägerin ausgeführt, „direkt an die Abluftkamine“ angrenze. Richtig sei vielmehr, dass die zahlreichen Kamine in der Mehrzahl nicht unmittelbar an das streitgegenständliche Gebäude angrenzten. Die Art und das Ausmaß der durch Abluft verursachten Immissionen seien bislang nicht geprüft worden, allerdings seien zur Umsetzung der Anforderungen zur Luftreinhaltung nach dem Stand der Technik die Anzeigenbestätigungen der Klägerin nach § 17 BImSchG mit Auflagen zur Emissionsbegrenzung verbunden worden. Beispielsweise wurde hier auf die Auflagen aus dem Bescheid vom 17. Juli 2013 verwiesen. Überdies verteile sich Abluft aus Kaminen (Schornsteinen) weiträumig. Erfahrungsgemäß sei die Belastung durch die Emissionen in unmittelbarer Nähe keine höhere als im weiteren Umfeld. Dies verdeutliche auch das wiederum seitens der Beklagten im Auftrag gegebene Gutachten der … vom 11. Januar 2017, wenn auch zu Hallen im Werk 1 der Klägerin. Nicht gefolgt werde deshalb der Auffassung des Gutachters der Klägerin, dass aufgrund des Satteldachs des Werks 2 und des Dachüberstandes der wandschüssig errichteten Asylbewerberunterkunft von 2 m die freie Abströmung der Luft behindert werde.

Auch die Sorge der Klägerin, dass insbesondere durch das Vorhaben I Brandüberschläge begünstigt würden, werde nicht geteilt. So habe sich die ursprüngliche Annahme der Klägerin, bei der Unterkunft handele es sich um „einen umfunktionierten Bürocontainer in Leichtbauweise, der naturgemäß durch dünne Außenwände gekennzeichnet sei, nicht bewahrheitet. Tatsächlich handele es sich bei dem Gebäude des Vorhabens I um einen bestehenden Massivbau in Stahlbeton- und Mauerwerksbauweise. Gemäß dem Brandschutznachweis zum Vorhaben sei die Gebäudeabschlusswand zum klägerischen Nachbargrundstück im Plan violett hinterlegt und somit bauordnungskonform als Brandwand definiert. Die zum Brandschutz aufgestellten gesetzlichen Anforderungen seien hier gemäß dem Brandschutznachweis zum Bauvorhaben, der Grundlage für die bauliche Brandschutzprüfung gewesen sei, eingehalten.

Da die Baugenehmigung auf längstens 3 Jahre befristet worden sei, müsse die Klägerin jedenfalls nicht mit einer Einschränkung ihres bestandskräftig genehmigten Gewerbebetriebs rechnen. Derartige Auflagen gegenüber der Klägerin seien vielmehr unverhältnismäßig. Deshalb verstoße das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es sei vielmehr Sache des Betreibers der Unterkunft durch passive Schutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse bestehen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 2.9.2016 - 1 CS 16.1275). Bei Beschwerden würde der Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte verlangt, sollte dies nicht gelingen, würde ohne weiteres vom Beigeladenen verlangt werden, zu sanieren oder den Betrieb still zu legen. Überdies genieße eine Asylbewerberunterkunft im Industriegebiet keinen höheren Schutzanspruch als die zuvor genehmigte Büronutzung; insofern habe sich die rechtliche Situation für die Klägerin nicht zu deren Nachteil geändert.

Der Beigeladene beantragt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. August 2017 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die seitens des Beigeladenen vorgelegte Begründung deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der der Beklagten. Ergänzend wird ausgeführt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück finde in der Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) kein nennenswerter Verkehr statt, da zur Nachtzeit keine Betriebstätigkeit auf dem Grundstück stattfinde. Nur ausnahmsweise erreiche ein Lkw das Betriebsgrundstück nach 17:00 Uhr (ca. einmal wöchentlich) bzw. erst nach 22:00 Uhr (ein- bis zweimal monatlich). In einem solchen Fall werde jedoch lediglich der Lkw auf dem Grundstück abgestellt. Dies dauere nur etwa 5 Minuten.

Die Gebäudeabschlusswand des Vorhabens I zum Gebäude der Klägerin hin sei eine Brandwand i.S.d. Art. 28 BayBO. Diese enthalte keine Öffnungen (mehr). Das von der Klägerin gerügte Lüftungsrohr, das durch die Brandwand geführt habe, sei vom Beigeladenen zwischenzeitlich anders ausgeführt worden. Die Entlüftung erfolge nun direkt durch das Dach des Gebäudes. Die Durchführung durch die Brandwand sei fachgerecht verschlossen worden. Andere Durchgänge von Leitungen durch die Brandwand gebe es nicht. Soweit die Klägerin sich auf das Vorhandensein von drei Fenstern berufe, liege keine Abweichung von den genehmigten Brandschutzplänen vor, die drei Fenster seien entsprechend bestehender Genehmigungen eingebaut.

In der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 stellte die Klägerin die unbedingten Beweisanträge 1 bis 13 und 9 a und 9 b. Die Klägerseite führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung insbesondere aus, den Betrieb in Werk II innerhalb der genehmigten Kapazitätsgrenze hochfahren zu wollen, die Umsetzung habe bereits begonnen. Die Klägerseite befürchte durch die streitgegenständlichen Genehmigungen eine schleichende Umwandlung des faktischen Industriegebiets. Trotz der bestandskräftigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen befürchte die Klägerseite zukünftig die Belastung mit strengeren Grenzwerten für Immissionen und mit verschärften Umweltauflagen. Durch die Befristung würden diese Bedenken nicht ausgeräumt, weil nicht sichergestellt sei, dass die Nutzung nach Ende der Frist tatsächlich ende und weil möglicherweise die rechtlichen Grundlagen für eine weitere entsprechende Nutzung geschaffen würden. Zudem werde eine Vorbildwirkung durch das Vorhaben für andere Gebäude in der näheren Umgebung befürchtet. Auf diesen Einwand erwiderte die Beklagtenseite, man werde schon allein wegen der Befristung, aber auch sonst die genehmigte Nutzung als Asylbewerberheim nicht zum Anlass nehmen, um für den Betrieb der Klägerin strengere Auflagen immissionsschutzrechtlicher Art festzusetzen. Die Beigeladenseite versicherte, sich an Befristung und Umfang der erteilten Genehmigung halten zu wollen. Die Beklagtenseite führte weiter aus, man arbeite an einer neuen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Werk II der Klägerin. Weiter gab die Beklagtenseite an, im Anwesen …straße ... sei mit Bescheid vom 1. November 1948 eine Wohnung im zweiten Obergeschoss als Betriebsleiterwohnung genehmigt worden, was auch Gegenstand der Schlussabnahme im Jahr 1957 gewesen sei. Hierzu gab die Klägerseite an, derzeit finde dort nur eine Nutzung als Gewerbebetrieb statt. Die Beklagten- und Beigeladenseite führte zudem aus, in Bezug auf Lärm, Abgase oder Erschütterungen habe es bisher keine Beschwerden gegeben. Die Beigeladenenseite ergänzte hierzu, dass auf dem streitgegenständlichen Gelände bisher auch Büronutzung vorhanden gewesen sei (tagsüber), im Vorhaben I sei im Erdgeschoss, im westlichen Teil des Gebäudes entlang der südlichen Grundstücksgrenze jedoch von 1958 bis 2008 eine genehmigte Nutzung für Hausmeister etc. vorhanden gewesen, die bis 2016 von den Fahrern des Beigeladenen als Übernachtungsgelegenheit genutzt worden sei. Bis 2008 habe im nordöstlichen Bereich des Baugrundstücks ein weiteres Gebäude bestanden, welches wohl als Wohnung genutzt worden sei. Die Beklagtenseite führte noch aus, hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Vorhaben sei der Brandschutz geprüft worden und für ausreichend befunden worden.

Das Verfahren wurde sodann zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 legte der Beigeladene dem Gericht einen gutachterlichen Bericht der …vom 24. Januar 2018 vor, wonach die seitens der Beklagten bescheidsmäßig festgesetzten Immissionsrichtwerte der Immissionsarten Lärm und Erschütterung bei den streitgegenständlichen Gebäuden (teilweise nach Verwirklichung passiver Schutzmaßnahmen) eingehalten würden.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 10. April 2018 hierzu aus, der Bericht sei durch die Fachstelle Immissionsschutz auf Plausibilität geprüft worden. Der Bericht sei schlüssig. Methodische Fehler bei der Gutachtenerstellung seien nicht erkennbar. Damit sei der Nachweis der Einhaltung der in den Bescheiden festgesetzten Anforderungen erbracht. Insbesondere sei die Auswahl der Messorte nicht zu beanstanden. Auch sei darauf hinzuweisen, dass die Messergebnisse eine Gesamtbelastung widerspiegelten. Die streitgegenständlichen Vorhaben lägen in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie. Eventuell auf diese zurückzuführende Erschütterungs- und Geräuschimmissionen infolge vorbeifahrender Züge seien - obwohl dies nicht notwendig gewesen wäre - ebenfalls berücksichtigt worden. Die DIN 4150-2 sehe bei Erschütterungen durch oberirdischen Schienenverkehr sogar eine Anhebung der entsprechenden Werte vor. Da die Anforderungen jedoch bereits ohne diese quellenspezifische Regelung eingehalten seien, sei eine differenzierte quellenspezifische Betrachtung und Beurteilungen der Erschütterungen nicht erforderlich. Im weiteren Verlauf führte die Beklagte zur Thematik noch aus, ein gerichtliches Gutachten würde keine anderen Ergebnisse liefern, zudem sei davon auszugehen, dass die Geltungsdauer der streitgegenständlichen Genehmigungen bis zur Einholung eines gerichtlich bestellten Gutachtens abgelaufen sei.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat die Kammer die in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 gestellten Beweisanträge Nrn. 1 bis 13 einschließlich Nrn. 9a und 9b, mit Ausnahme des Beweisantrags Nr. 7 (Beantragung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Akustik/Erschütterungsschutz dahingehend, dass die Immissionsrichtwerte für Lärm und Erschütterungen auf dem Vorhabengrundstück nicht eingehalten werden), abgelehnt.

Im weiteren Verlauf führten die Beteiligten schriftsätzlich zur Ordnungsmäßigkeit und Verwertbarkeit des von der Beigeladenen vorgelegten gutachterlichen Berichts vom 24. Januar 2018 aus. Die Klageseite legte insoweit gutachterliche Stellungnahmen der … … vom 4. Mai 2018 und vom 16. Juli 2018 vor, wonach das von der Beigeladenenseite vorgelegte Gutachten unter erheblichen Fehlern leide, überdies die Messungen zu einem Zeitpunkt - um den Jahreswechsel - erfolgt seien, in dem keine Vollauslastung der Maschinen vorgelegen hätte. Der Beigeladene erwiderte mit einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme der …vom 30. Mai 2018.

Mit Beschluss der Kammer vom 29. August 2018 wurde die bisherige Berichterstatterin auf den Antrag der Klageseite vom 23. Juli 2018 hin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2018 teilte die Beigeladenenseite mit, dass beim Vorhaben I (AN 9 K 16.00991) die genehmigte Nutzung am 15. Februar 2018 aufgenommen wurde und seitdem in wechselndem Bestand 20-30 Personen in diesem Gebäude untergebracht seien. Beim Vorhaben II (AN 9 K 17.00173) sei die Nutzung am 19. Februar 2018 aufgenommen worden und seitdem nutze eine Person das Gebäude.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018 trug die Klageseite ergänzend vor, dass die Beklagte eine erhebliche Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung für Werk 2 vorsehe (vorgelegt wurden der Genehmigungsbescheid vom 12. September 1995 und der Entwurf der Neufassung einer Genehmigung vom 5. Oktober 2018). So sei etwa die Reduktion der Betriebszeiten (nur noch Zweischichtbetrieb) und die Verschärfung der Anforderungen an die Absauganlagen, des Grenzwerts für Staub und der Anforderungen zur Ableitung von Abgasen sowie die Verschärfung der Anforderungen an den Lärmschutz durch Aufnahme zusätzlicher Immissionsorte mit Immissionsrichtwert (etwa Immissionsorte in der Waldhausstraße westlich der Bahnlinie und in der …straße im Norden, aber nach Auffassung der Klageseite außerhalb des faktischen Industriegebiets) vorgesehen. Dies stehe im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vorhaben, insbesondere der Nutzungsaufnahme. Die Befürchtung von rechtlichen Nachteilen durch das Vorhaben und seine Verwirklichung seien real und dieses daher rücksichtslos.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Durchführung eines Augenscheins am 23. Oktober 2018.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2018 wurde zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung auf die jeweilige Niederschrift sowie die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.1 Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat.

1.2 Die am 8. Juni 2016 erhobene Klage ist zulässig. Die Erweiterung des Streitgegenstandes auf den Ergänzungsbescheid ist als Klageänderung gem. § 91 Abs. 1, 2 VwGO zulässig.

1.3 Die Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützenden Vorschriften, die im Wege des streitgegenständlichen Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen waren, verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.3.1 Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich seiner Art nach nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der jeweiligen Vorschrift der BauNVO über den Gebietstyp), so steht dem Nachbarn eines in demselben Gebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (BVerwG, B.v. 22.12.2011, 4 B 32.11). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (BVerwG, B.v. 27.8.2013, 4 B 39.13). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 12 BauGB übertragen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zur artverwandten Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB).

1.3.2 Nach diesen Grundsätzen verletzt der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützende Vorschriften, soweit eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB erteilt wurde.

1.3.2.1 Die Voraussetzungen der hier für das Bauvorhaben einschlägigen Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB liegen vor, soweit diese nachbarschützend sind.

Einschlägig ist die Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB deshalb, da hier - davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - sowohl das Bauvorhaben als auch das südlich angrenzende Nachbargrundstück der Klägerin in einem faktischen Industriegebiet nach § 9 BauNVO liegen. Ein Vorhaben mit der beantragten Nutzung ist gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO im faktischen Industriegebiet seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, insbesondere auch nicht als Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Im Gegensatz zu den sonstigen Fällen von Anlagen für soziale Zwecke, also Anlagen, die der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt, aber nicht der Übernachtung dienen, können auch Gebäude, die der Unterbringung von Asylbewerbern dienen, Anlagen für soziale Zwecke darstellen, soweit keine autonome Wohnnutzung vorliegt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 4 BauNVO, Rn. 91 ff.). Als Unterkunft für Menschen, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben, verträgt sie sich jedoch nicht mit den emissionsstarken, störungsintensiven Gewerbebetrieben, wie sie in einem Industriegebiet zulässig sind. Auch wenn sie nicht dem Wohnen dienen, stehen sie doch dieser Nutzungsart erheblich näher als einer industriegebietstypischen gewerblichen Nutzung. Solche Unterkünfte sind auch nicht mit den ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) zu vergleichen, da solche in einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Unterbringung von Menschen und einem Gewerbebetrieb stehen. Angesichts dessen, dass es sich bei Industriegebieten um die immissionsstärksten und störungsunempfindlichsten Baugebiete der BauNVO handelt, sind derartige Unterkünfte im Industriegebiet somit nicht gebietsverträglich, da sie mit der Zweckbestimmung des Gebiets unvereinbar sind (OVG Münster, B.v. 4.11.2003, 22 B 1345/03).

1.3.2.2 Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB verfassungsgemäß ist, insbesondere wegen des beschränkten Anwendungsbereiches (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275).

1.3.2.3 Die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB ist - schon nach ihrem Wortlaut - auch für faktische Baugebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar.

1.3.2.4 Es bestehen verschiedenen Auffassungen dazu, ob sich der Nachbar auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB bei einer darauf gestützten Befreiung berufen kann (einen Nachbarschutz bezweifelnd OVG NRW, B.v. 20.12.2016; für eine Überprüfbarkeit aller Voraussetzungen, wohl BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 - das Urteil betrifft jedoch § 246 Abs. 10 BauGB zu unbefristeten Befreiungen für Asylunterkünfte in Industriegebieten -, für bloße Rügbarkeit des Gebotes der Rücksichtnahme wohl Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Nach Auffassung der Kammer sind jedenfalls die Voraussetzungen der Vorschrift, die die Anwendbarkeit determinieren, nachbarschützend, mithin die Frage, ob eine auf drei Jahre befristete Nutzugsänderung für zulässigerweise errichtete bauliche Anlagen in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Asylbegehrende vorliegt. Denn die Vorschrift schränkt den Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn erheblich ein, da sie, im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB auf die Einhaltung der Grundzüge der Planung verzichtet und damit auch gebietsfremde Nutzungen zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275). Der Gesetzgeber hat für die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB, die zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ geschaffen wurde, daher (neben weiteren Voraussetzungen) die Anwendungsvoraussetzungen geschaffen, dass auf dieser Grundlage erlassene Baugenehmigungen auf drei Jahre befristet sein müssen und nur Nutzungsänderungen zulässig sind (Nr. 2). Dauerhafte Einwirkungen auf den Charakter des Gebiets sollen dadurch gerade vermieden werden (BT-Drs. 18/6185, S. 54). Da die genannten Anwendungsvoraussetzungen die Gebietserhaltung gewährleisten - eine befristete Nutzungsänderung schafft keine dauerhaften geänderten und womöglich für den Nachbar nachteiligen Verhältnisse - kann sich der Nachbar auf deren Einhaltung berufen. Nicht rügbar, weil nicht verfahrensgegenständlich, sind klägerseits befürchtete illegale Nutzungen nach Befristungsende oder zukünftige Genehmigungen für eine Asylunterkunft - was nach geltender Rechtslage nicht rechtmäßig möglich erscheint. Der Klägerin steht es frei, sich dann gegen derartige gebietsfremde Nutzungen rechtlich zu wehren.

1.3.2.5 Vorliegend stellt das Vorhaben eine Nutzungsänderung dar. Nach der Terminologie des BauGB ist zwischen Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zu unterscheiden. Bei einer bloßen Nutzungsänderung wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und bodenrechtliche Belange werden neu berührt (BVerwG U.v. 18.5.1990, 4 C 49.89). Demgegenüber meint Änderung die Umgestaltung (Umbau, Ausbau, Erweiterung, Verkleinerung) einer bestehenden baulichen Anlage in städtebaulich relevanter Weise, insbesondere bei Eingriffen in die vorhandene Bausubstanz, die die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berühren oder die dem ursprünglichen Bauwerk die Identität rauben (BVerwG, B.v. 10.10.2005, 4 B 60/05). Geringfügige Änderungen sind dann relevant, wenn sie für die Art, den Umfang oder die Intensität der baulichen Nutzung von Bedeutung sind (OVG Münster, 27.3.1969, X A 230/69).

Nach diesen Grundsätzen liegt nach Vergleich des am 11. Mai 2016 genehmigten Vorhabenplans vom 3. Februar 2016 (Grundrisse Erdgeschoss - Obergeschoss) mit dem genehmigten Bestand (Grundrisspläne vom 7. Mai 2008, genehmigt am 30. Juni 2008) eine bloße Nutzungsänderung vor: Im Obergeschoss wurde lediglich der Einbau weniger Zwischenwände genehmigt, so dass kein Eingriff in die Substanz tragender Wände ersichtlich ist. Soweit an der Ostseite des Obergeschosses zum Austausch der vorhandenen großen Fenster in kleine Fenster neues Mauerwerk vorgesehen ist, ist diese Änderung wegen Geringfügigkeit nicht beachtlich. Im Erdgeschoss sind im Hinblick auf die Nutzungsänderung der dort teilweise bislang vorhandenen Lagerfläche in Asylunterkünfte eine Reihe von zusätzlichen Zwischenwänden vorgesehen. Dass diese zusätzlichen Innenwände die Statik nachteilig berühren ist nicht ersichtlich. Ansonsten sind im Erdgeschoss eine Reihe von zusätzlichen Fenstern vorgesehen, insbesondere an der Nordwand, teilweise werden Außenmauern geschlossen (an der Westseite) und durch die mittig vorhandene Zwischenwand wird ein Durchbruch vorgenommen. Auch insofern wird die Standfestigkeitsfrage nicht neu aufgeworfen, so dass die Schwelle einer Änderung von baulichen Anlagen i.S.d. BauGB nicht erreicht wird. Der Mauerdurchbruch der Zwischenwand berührt nicht die Standfestigkeit des Gesamtgebäudes, im Obergeschoss ist an der Zwischenwand ein gleichartiger Durchbruch an derselben Stelle bereits vorhanden. Das Anbringen von Fenstern berührt die Standfestigkeit der Außenmauern nicht maßgeblich. Die Schließung der Lücke in der westlichen Wand dürfte die Standfestigkeit eher verbessern. Letztlich fehlt es auch deswegen an einer baulichen Änderung, da das Bauwerk seine Identität behält, da nicht nur der Grundriss, sondern auch die Kubatur im Ganzen unverändert bleiben, insbesondere auch die Höhe. Das Gebäude stellt sich für den Betrachter von außen als unverändert dar, insbesondere, was Lage, Höhe und Breite der Außenwände, Dach und Dachform betrifft. Dies stellt einen Unterschied zu dem westlich benachbarten Vorhaben (AN 9 K 17.00173) dar, bei dem das alte Dach über dem Erdgeschoss abgerissen wurde und das Gebäude insgesamt aufgestockt wurde. Im Übrigen liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass für letzteres Vorhaben die Außenmauern des Bestandgebäudes teilweise komplett abgerissen werden mussten, um das Gesamtvorhaben realisieren zu können. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen im Parallelverfahren AN 9 K 17.00173 Bezug genommen. Es liegt hinsichtlich des Bauvorhabens auch keine Erhöhung des Nutzungsmaßes vor, die eine bauliche Änderung bedeuten würde. Das Vorhabengebäude wird zwar möglicherweise intensiver genutzt, die nutzbare Grundfläche jedoch nicht erhöht (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998, 4 C 5-98).

1.3.2.6 Es handelt sich bei der beantragten Nutzung nach der Betriebsbeschreibung und dem Vorhabenplan zudem um eine Gemeinschaftsunterkunft bzw. sonstige Unterkunft i.S.d. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Das bundesrechtlich geregelte Asylverfahren sieht die Unterbringung von Asylbegehrenden in Erstaufnahmeeinrichtungen (§ 44 Abs. 1 AsylG) und Gemeinschaftsunterkünften (§ 53 AsylG) vor. Sogenannte dezentrale Unterkünfte (ein Begriff, der teilweise im Landesrecht verwendet wird) sind ebenfalls Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne des Asylrechts, werden jedoch baurechtlich durch den Begriff der sonstigen Unterkunft abgebildet (Ernst/Zink-ahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 56d). Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und somit auch sonstigen Unterkünften stellt kein Wohnen im Sinne des Baurechts dar. Dieses zeichnet sich durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts aus. Wegen der verpflichtenden Unterbringung (§ 53 AsylG), die die eigengestaltete Haushaltsführung einschränkt, und der nur für die Dauer des Asylverfahrens vorgesehenen Unterbringung fehlt es an diesen Elementen (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird). So liegt es auch im vorliegenden Fall. Nach der Betriebsbeschreibung und nach den vorgelegten Plänen besteht durch die Selbstverpflegung und wegen des Fehlens eines Portiers zwar eine gewisse Eigenständigkeit. Der Unterbringungscharakter überwiegt jedoch wegen des avisierten nur vorübergehenden Aufenthalts und der verpflichtenden Unterbringung, zumal in Mehrbettzimmern.

1.3.2.7 Hinsichtlich der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen, der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen (hierzu sind insbesondere gesunde Wohn - bzw. Unterbringungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB zu rechnen, BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu der Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird) unter Würdigung nachbarlicher Interessen ist fraglich, inwieweit sich der Nachbar darauf berufen kann. Angesichts dessen, dass § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Gebietserhaltung tangiert, scheint es denkbar, dass sich der Nachbar auf die Einhaltung aller Befreiungsvoraussetzungen berufen kann, gerade da explizit auf die nachbarlichen Interessen abzustellen ist. Der Rechtskreis des Nachbarn ist jedoch im Rahmen einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht tangiert. Dieser hat im Regelfall ein Interesse, durch die Unterkunft nicht in der Gewerbeausübung eingeschränkt zu werden, etwa durch Immissionsauflagen, nicht daran, gesunde Unterbringungsverhältnisse für Asylbewerber zu gewährleisten; die Prüfung gesunder Unterbringungsverhältnisse ist primäre Aufgabe der Genehmigungsbehörden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Auch ist es primär Sache des Bauherren im Hinblick auf die zu besorgenden gesunden Unterbringungsverhältnisse (passive) Immissionsschutzmaßnahmen zu treffen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.12759). Zudem sind die Auswirkungen auf die Gebietserhaltung bei Befreiungen nach der § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB durch die Normstruktur praktisch ausgeschlossen. Denn diese zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ bzw. „Flüchtlingsunterbringungskrise“ geschaffene Vorschrift erlaubt keinen neuen Bestand und befristet Umnutzungen einmalig auf drei Jahre. Vor diesem Hintergrund erfolgt nach Auffassung der Kammer Nachbarschutz im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen, insbesondere gesunde Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse unter Würdigung nachbarlicher Interessen nur nach Maßgabe des Gebotes der Rücksichtnahme (Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Dem steht die bisherige Rechtsprechung der Kammer, wonach bei Nachbarklagen alle Tatbestandvoraussetzungen bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans für Asylunterkünfte rügbar sind (U.v. 29.6.2016, AN 9 K 15.01348), nicht entgegen, denn diese erging auf Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB, der in Gewerbegebieten unbefristete Befreiungen für Asylunterkünfte ermöglicht, was die Gebietserhaltung nachhaltig, insbesondere im Hinblick auf künftige Vorhaben der Nachbarn, tangiert.

1.3.2.8 Das Vorhaben ist im Hinblick auf den Immissions- bzw. Gesundheitsschutz gegenüber der Klägerin nicht rücksichtlos. Denn, wie dargelegt, ist es Sache des Bauherren, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen. Daher ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im Hinblick auf die im Vorhaben zu besorgenden Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse die Klägerin mit immissionsschutzrechtlichen Auflagen belegen wird. Die angefochtene Baugenehmigung trägt der bezeichneten Verpflichtung des Bauherren und Beigeladenen in genügendem Maße Sorge. Er wird mit Auflagen zur Einhaltung von Lärmwerten in den Unterkunftsräumen (tags 40 dB(A), nachts 30 dB(A) und zur Einhaltung der Erschütterungsimmissionsschutzrichtwerte (Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2) mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 verpflichtet. Diese Richtwerte sind zutreffend, da die Rechtsprechung auch Dauerschallpegel über 30 dB(A) in Schlafräumen in Wohngebieten für zulässig hält (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 1694 m.w.N.) und es sich bei der DIN 4150-2 um das einschlägige Regelwerk für Erschütterungsimmissionsschutz handelt und richtigerweise von den Werten für Industriegebiete auszugehen ist (Zeile 1), da die Untergebrachten in Asylunterkünften in Industriegebieten sich mit der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung abfinden müssen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275; vgl. U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Die Beklagte geht selbst davon aus, dass, insofern im Bescheid vom 11. Januar 2017 (AN 9 K 17.00173) Erschütterungswerte der Zeile 2 (Gewerbegebiet) festgesetzt sind, der von dem Beigeladenen verlangte Schutz über das gebotene Maß hinausgeht. Der Beigeladene ist angesichts dieser Auflagen auch gegenüber einschneidenden Anordnungen bei Nichteinhaltung nicht schutzwürdig, auch nicht im Hinblick darauf, dass nicht bereits im Genehmigungsverfahren von der Beklagten ein entsprechender Nachweis zur Einhaltung bzw. Einhaltbarkeit der Auflagen gefordert wurde. Denn dies ist die Verantwortung und das Risiko des Beigeladenen, dem es unbenommen ist, sich bei Unsicherheiten durch Einholung von Messgutachten abzusichern. Die skizzierte Risikoverteilung ist auch interessengerecht, da der Beigeladene mit der Unterbringung von Asylbegehrenden erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die streitgegenständliche Genehmigung keine Auflagen zu Lichteinwirkungen, Gerüchen und Abgasen enthält, da es sich hierbei um untergeordnete Immissionsarten handelt, die Klägerin insoweit ohnehin zur Einhaltung einschlägiger Grenzwerte verpflichtet ist und die in der Unterkunft Untergebrachten durch den Einbau abdichtender Fenster und dadurch, dass bis auf eine Ausnahme die Schlafräume hofseitig, abgewandt vom Grundstück der Klägerin gelegen sind, geschützt sind.

Weiterhin belegt der Entwurf des immissionsschutzrechtlichen Bescheids „Neufassung der Genehmigung für Werk 2“ vom 4. Oktober 2018, dass die Beklagte die befristete Nutzung als Asylunterkunft im genehmigten Vorhaben nicht als relevant für den Betrieb der Klägerin ansieht. Denn das Vorhabengebäude ist dort nicht als Immissionsort festgelegt.

Angesichts der vorstehenden Gründe kommt es auf die Frage, ob die im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 festgesetzten Grenzwerte eingehalten sind oder eingehalten werden können, nicht entscheidungserheblich an. Daher waren die diesbezüglichen Beweisanträge abzulehnen. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid insofern fehlerhaft ist, weil die festgesetzten Grenzwerte von vorneherein nicht eingehalten werden könnten. Obwohl eine vorherige gutachtliche Abklärung im Genehmigungsverfahren trotz Befürwortung der Baugenehmigungsbehörde nicht erfolgte, konnte die Beklagte angesichts der vorherigen beanstandungslosen Büronutzung und der bis 2008 erfolgten beanstandungslosen Nutzung als Hausmeisterwohnung davon ausgehen, dass das Vorhabengelände für die vorgesehene Umnutzung nicht völlig ungeeignet ist. Dies bestätigt auch der von der Beigeladenenseite vorgelegte gutachtliche Bericht vom 24. Januar 2018 des Gutachters …, auf den das Gericht nach § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 VwGO zurückgreifen kann. Trotz der von der Klägerseite angeführten Zweifel an der Eignung des Gutachters, die Begutachtung und die Darstellung der Begutachtung ist er zumindest hinsichtlich der Messergebnisse verwertbar, nachdem der Gutachter beim Augenschein und der anschließenden mündlichen Verhandlung seine Vorgehensweise nachvollziehbar erläutert hat. Demnach liegen, mehrere Messreihen und -zeiten zugrunde gelegt, die Erschütterungswerte weit unterhalb der Grenzwerte, die Lärmwerte können nach Anbringung einer Vorsatzschale auch im Messraum, an der Wand zum klägerischen Betrieb eingehalten werden. Letzteres dokumentiert, dass effektive passive Schutzmaßnahmen möglich sind. Angesichts dessen, dass insbesondere die gemessenen Erschütterungswerte deutlich unter den einzuhaltenden Grenzwerten liegen, ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kumulation von Erschütterungen und Lärm - zu diesem Effekt trägt die Klägerseite vor - auch unterhalb der Schwelle der jeweiligen Richtwerte zu Gesundheitsgefährdungen führt. Weiterhin bestehen deswegen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einer höheren Auslastung des klägerischen Betriebs - nach Angabe der Klägerin seien diese um die Jahreswende 2017/2018 gering gewesen und die Messungen daher nicht repräsentativ - die Grenzwerte mit Sicherheit überschritten wären, zumal nach den nachvollziehbaren und nicht substantiiert bestrittenen Angaben des Herrn … in der mündlichen Verhandlung bei den Messungen die besonders laute Fräsmaschine gelaufen war und häufigere Erschütterungsereignisse aufgrund des Messverfahrens nicht zwangsläufig zu höheren Messwerten führen. Dieser Eindruck vom Vorhaben wurde beim Augenschein der Kammer bestätigt, bei dem die Räumlichkeiten des Vorhabens, insbesondere der Raum, in dem die Messung stattfand sowie der darunter befindliche Raum, begangen wurden. Der richterliche Augenschein diente zwar nicht der Überprüfung von Grenzwerten, vermittelte jedoch einen Eindruck von den Einwirkungen von Immissionen auf den Menschen und seine Gesundheit in den gegenständlichen Räumen. So waren im erdgeschossigen und hofseitigen Raum 1, der wie alle Räume mit Schallschutzfenstern versehen und als Schlafraum genehmigt ist, bei geschlossenem Fenster weder Erschütterungen noch Geräusche spürbar. Im obergeschossigen, zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegenen Raum 18, in dem die Messungen des Gutachters … durchgeführt wurden, und der mit einer Gipsvorsatzschale zum Lärmschutz versehen worden war, waren Außengeräusche nur leise wahrnehmbar. Allerdings waren im erdgeschossigen Raum 9, der als Schlafraum genehmigt ist und der ebenfalls zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegen ist, auch bei geschlossenem Fenster (leise) Dauergeräusche wahrnehmbar, sowie während der Aufenthaltsdauer von fünf Minuten ein schlagendes Geräusch. Dieser Raum ist als Schlafraum genehmigt, wird derzeit jedoch allerdings als Unterrichtsraum genutzt: Sollte sich herausstellen, etwa durch Beschwerden von dort untergebrachten Asylbewerbern, dass ein dauernder Aufenthalt wegen des Lärms und/oder den Erschütterungen dort nicht zumutbar wäre, könnte dem einerseits durch bauliche Maßnahmen, andernfalls durch Sperrung für die Unterkunftsnutzung - dass die Kapazität der anderen, unproblematischen Schlafräume nicht ausreichen würde, ist nicht ersichtlich - begegnet werden; insgesamt hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass zumindest die Nutzung der hofseitigen Schlafräume, die den derzeitigen Unterbringungsbedarf problemlos abdecken, keine auf der Hand liegenden Gesundheitsgefahren auslöst.

Das Vorhaben ist auch nicht rücksichtslos im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Absicht, den Betrieb im Werk 2 im Rahmen der genehmigten Kapazitätsgrenze hochzufahren. Da die für den klägerischen Betrieb festgesetzten Immissionsrichtwerte (s. Bescheid vom 1.3.2016) unverändert gelten, ist ein rechtlicher Nachteil durch befürchtete Auflagen durch eine möglicherweise faktische höhere Immissionsbelastung durch den klägerischen Betrieb auf das Vorhaben nicht gegeben, zumal es bei der Verpflichtung des Beigeladenen bleibt, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen und dieser insofern bei Genehmigungserteilung mit Immissionen innerhalb der im Industriegebiet zulässigen Grenzwerte (etwa 70 dB(A) nach 6.1 TA Lärm) rechnen musste, also dafür Sorge zu tragen hat, dass gesunde Wohnverhältnisse bei der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung eingehalten sind (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Da die Klägerin die für ein Industriegebiet geltenden Immissionsrichtwerte ohnehin einzuhalten hat und sie die ihr erteilte, auf diese Werte aufbauende immissionsschutzrechtliche Genehmigung bis zur Kapazitätsgrenze ausnutzen kann, solange sie die dort festgesetzten Grenzwerte einhält, ist eine Gefährdung des Betriebes der Klägerin, soweit er sich im maximal genehmigten Rahmen hält, nicht gegeben.

1.3.3 Eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO gegenüber der Klägerin durch das Vorhaben ist nicht ersichtlich. Selbst wenn die Nutzungsänderung hier abstandsflächenbeachtlich wäre, könnte sich die Klägerin nicht auf eine Nichteinhaltung der Abstandsflächen berufen, da sie ihr Werk selbst grenzständig errichtet hat und sie nicht mehr an Rücksichtnahme verlangen kann, als sie ihrerseits gewährt (BayVGH, B.v. 20.3.1991, 14 CS 90.3097).

1.3.4 Auch eine Verletzung der einschlägigen Vorschriften (Art. 60 Nr. 3, Art. 28 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3 Satz 1 BayBO) zum Brandschutz durch die streitgegenständliche Genehmigung ist nicht ersichtlich. Der Brandschutznachweis wurde hier gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO am 11. Mai 2016 geprüft und genehmigt. Eine durchgehende Brandwand im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Satz 1, 8 BayBO ist in den entsprechenden Plänen vorgesehen. Nicht verfahrensgegenständlich ist die brandschutzkonforme Ausführung des Bauvorhabens, diese ist zudem durch die Beklagte bestätigt (Blatt 171 der Bauakte).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen gem. § 162 Abs. 3 VwGO, da dieser einen eigenen Antrag gestellt hat und sich daher einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
3.
Tankstellen,
4.
Anlagen für sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke,
3.
Vergnügungsstätten.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, die die zeitlich befristete Nutzungsänderung von gewerblich genutzten Gebäuden in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber betrifft.

Der Beigeladene ist Eigentümer des westlich der …straße in … gelegenen Vorhabengrundstücks …straße … (FlNr. … Gemarkung …). Das Vorhabengrundstück ist mit einem eingeschossigen, an die westliche und südliche Grundstücksgrenze angrenzenden Gebäude sowie mit einem sich an dieses unmittelbar anschließenden eingeschossigen Zwischenbau sowie einem an die südliche Grundstücksgrenze angrenzenden, zweigeschossigen Gebäude bebaut. Für letzteres wurde zuletzt mit Bescheid vom 30. Juni 2008 eine Genehmigung für die Umnutzung von Lager in Büroräume bzw. in ein Fahrzeuglager erteilt, wobei entsprechend der Bauvorlagen das Fahrzeuglager im Keller und Erdgeschoss und die Büroräume im 1. Obergeschoss situiert waren. Auf dem Grundstück hat das Unternehmen des Beigeladenen, die Firma …, ihren Sitz. Diese führt Autotransporte nach Griechenland durch.

Die Klägerin ist ein Industrieunternehmen der Automobilzulieferungsbranche und betreibt am Standort … seit Juli 2011 zwei Werke zur Produktion von Getriebeteilen mit insgesamt rund 1.000 Industriearbeitsplätzen. Das klägerische Werk 2 liegt wie das Grundstück des Beigeladenen westlich der …straße (…straße …, FlNr. … Gemarkung …) und grenzt unmittelbar südlich an dieses und an die darauf befindlichen Gebäude an. Das Werk 1 liegt vom Vorhabengrundstück ca. 300-400 m in östlicher Richtung entfernt (FlNr. …, …, … und … Gemarkung …).

Alle vorgenannten Grundstücke liegen, insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig, in einem faktischen Industriegebiet, ein Bebauungsplan für das Gebiet existiert nicht.

Im Februar 2016 beantragte der Beigeladene die Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des grenzständig zum Klägergrundstück gelegenen zweigeschossigen Gebäudes zu Wohnraum für bis zu 61 Asylsuchende (im Folgenden „Vorhaben I“, hiesiger Streitgegenstand), mit anschließender Nutzung im ursprünglichen Zustand für das Erdgeschoss und das Obergeschoss. Die Unterbringung sollte nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Dabei war vorgesehen, dass die vorhandenen Grundrisse als abgeschlossene Einheiten erhalten bleiben und die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Weiter waren auf jedem Geschoss eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Das sich westlich daran anschließende eingeschossige Gebäude war nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 22. Februar 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Ausnahme für die Dauer von drei Jahren für eine Anlage für soziale Zwecke und die Befreiung wegen der wohnähnlichen Nutzung erteilt werden können; die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB lägen vor.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen hinsichtlich des Vorhabens I die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Umnutzung des Bürogebäudes in Asylsuchendenunterkunft mit 61 Betten für die Dauer von 3 Jahren“ unter Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet und einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB für die Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung in einem Gewerbegebiet. Auflagen zum Immissionsschutz insbesondere zum passiven Lärmschutz, waren im Bescheid nicht enthalten. Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde am 23. Mai 2016 übermittelt.

Auf die Einwendungen der Klägerin hin wurde hinsichtlich des Vorhabens I der Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erlassen, in welchem die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 BauNVO eingestuft und in Nr. 1 des Änderungsbescheids eine Befristung der Genehmigung auf die Dauer von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme ausgesprochen, mit Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gewährt und mit Nr. 3 eine Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB erteilt wurde. Dem Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Änderungsbescheid am 7. Juni 2016 per E-Mail übermittelt.

Mit am 8. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin Klage gegen die Genehmigung des Vorhabens I erhoben.

Am 11. Juli 2016 beantragte der Beigeladene auch eine Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des westlich auf seinem Grundstück gelegenen, bisher als Lager genutzten eingeschossigen Gebäudes zur Unterkunft für 42 Asylsuchende sowie für die Aufstockung dieses bislang eingeschossigen Gebäudes um ein Geschoss zur Büronutzung (im Folgenden „Vorhaben II“, AN 9 K 17.00173).

Die Unterbringung sollte - wie auch schon beim Vorhaben I - nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Auch hier war vorgesehen, dass die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Es war u.a. eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 12. Juli 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Befreiung von der Art der Nutzung auf der Grundlage des §§ 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könne, wenn der gutachterliche Nachweis erbracht werde, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt seien, die in den noch zu erstellenden Gutachten (insbesondere zu Lärm, Erschütterung und Luftreinheit) formulierten Auflagen beachtet werden und etwaige gewerbliche Nutzungsbereiche auf dem Baugrundstück von der Unterkunft klar abgegrenzt werden, um eine Gefährdung der Bewohner auszuschließen. Nach der Stellungnahme der Fachstelle für Sondergutachten der Beklagten (... …...) vom 10. Januar 2017 sei aufgrund langjähriger Erfahrung mit Speditionsbetrieben davon auszugehen, dass beim Betrieb der Spedition auf dem Vorhabengrundstück keine gesundheitsgefährdende Luftverunreinigung entstehe. Gleiches gelte auch für das südlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Schmelzwerk der Klägerin. Die Einhaltung der Anforderungen der TA Luft werde in regelmäßigen Abständen oder durch kontinuierlich durchgeführte Messungen sichergestellt. Bezüglich der Einwirkungen durch Lärm und Erschütterungen sei das Vorhaben zulässig, wenn entsprechende Auflagen eingehalten werden. Daher seien die zur Beurteilung der Immissionssituation durch das Stadtplanungsamt geforderten Gutachten (Lärm, Erschütterungen, Luftschadstoffe) aus Sicht der Fachstelle nicht erforderlich.

Diesem Antrag war ein Antrag vom März 2016 vorausgegangen, mit dem der Beigeladene die Genehmigung der Aufstockung der bestehenden Lagerhalle für die Nutzung als Unterkunft für 84 Asylsuchende begehrt hatte. Nach der Mitteilung der Beklagten, dass sie dieses Vorhaben als nicht genehmigungsfähig ansehe, da auf Grundlage des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur Nutzungsänderungen genehmigt werden könnten, jedoch keine Neubauten bzw. Aufstockungen, hatte der Beigeladenen diesen Antrag ebenfalls mit Schreiben vom 11. Juli 2016 zurückgezogen.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 erteilte die Beklagte hinsichtlich dieses Vorhabens II die bauaufsichtliche Genehmigung für die Nutzungsänderung von Lager zur Unterkunft für Asylbewerber (42 Personen, befristet auf 3 Jahre) und zur Aufstockung zur Büronutzung unter Gewährung einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB und einer Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Industriegebiet. Des Weiteren wurde hinsichtlich der Aufstockung des vorhandenes Gebäudes eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der nach Art. 6 Abs. 7 BayBO i.V.m. der Abstandsflächensatzung der Stadt … erforderlichen Abstandsflächen zum nördlich angrenzenden Nachbargrundstück auf FlNr. …, Gemarkung …, zugelassen. In Umsetzung der Stellungnahme der Fachstelle … sind im Bescheid überdies folgende Nebenbestimmungen enthalten:

„29. Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel:

tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

30. Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 2 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierender Maßnahmen vorbehalten.“

Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde übermittelt.

Mit am 26. Januar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin auch gegen die Genehmigung des Vorhabens II Klage erhoben, die unter dem Az. AN 9 K 17.00173 geführt wird.

Mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 ergänzte die Beklagte den zu Vorhaben I ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 in der durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erhaltenen Fassung um folgende technische Auflagen zum Immissionsschutz:

„a) Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel: tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

b) Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierter Maßnahmen vorbehalten.“

Zur Begründung der in Zusammenhang stehenden Klagen lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass die beiden Genehmigungen rechtswidrig seien und gegen auch dem Nachbarschutz dienende Vorschriften verstießen. So sei schon der Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin verletzt. Zudem würden sich die Vorhaben der Klägerin gegenüber als rücksichtslos erweisen und diese in ihrem Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen.

Der klägerische Anspruch auf Gebietserhaltung sei verletzt, da die streitgegenständlichen Genehmigungen eine Wohnnutzung bzw. wohnähnlichen Nutzung zuließen, was in einem faktischen Industriegebiet nicht zulässig sei. Entgegen der Meinung der Beklagten könnten die streitgegenständlichen Genehmigungen nicht auf § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB gestützt werden.

Die Norm sei bereits verfassungswidrig.

Unabhängig davon, sei § 246 Abs. 12 BauGB hier nicht anwendbar, da es für das streitgegenständliche Gebiet keinen Bebauungsplan gebe, die Norm jedoch das Vorhandensein eines solchen zwingend voraussetze.

Die Anwendbarkeit von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB scheide auch deshalb aus, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Zum einen gelte die Norm nur für die Schaffung von „Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylsuchende“ und gerade nicht auch für „autarkes und selbstständiges Wohnen“. Die streitgegenständlichen Vorhaben stellten keine „Unterkunft“ i.d.S. dar, da die Asylsuchenden hier ihren häuslichen Wirkungskreis autark und selbstständig gestalten könnten. So würden die Vorhaben aus in sich abgeschlossenen Wohneinheiten bestehen, denen namentlich gekennzeichnete Briefkästen zugeordnet seien, und es sei vorgesehen, dass die Bewohner sich selbst verpflegen und ihre Wäsche selbst reinigen. Auch existieren weder Portier noch Security und auch keine Kantine, was gerade Merkmale eines Heimes seien. Das Vorhaben sei vielmehr als „Wohnen“ zu qualifizieren; dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bewohner den Wohnungen behördlich zugewiesen seien oder die Beklagte die Wohnungen vom Beigeladenen für die Bewohner anmiete (unter Verweis auf HessVGH, B.v. 3.3.2016 - 4 B 403/16 und HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Zum anderen sei die Anwendbarkeit des Privilegierungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB auf „Nutzungsänderungen“ begrenzt. Die Bauvorhaben könnten jedoch nicht mehr als bloße Nutzungsänderung qualifiziert werden. Dies gelte vor allem für Vorhaben II, aber auch Vorhaben I stelle insbesondere aufgrund der mit der Baumaßnahme verbundenen Erhöhung des Nutzungsmaßes, der umfangreichen Umbaumaßnahmen und der damit einhergehenden Auswechslung der Identität der Gebäude eine bauliche „Änderung“ dar. Dass es sich bei Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung jedoch um völlig verschiedene Bauvorgänge handele, folge bereits aus § 29 Abs. 1 BauGB. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB könne auf „Änderungen“ auch nicht analog angewandt werden. Dem stehe neben dem eindeutigen Wortlaut auch der gesetzgeberische Wille entgegen.

Soweit man hier § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB wider Erwarten für anwendbar erachte, müsse jedenfalls die Abwägung der nachbarlichen und öffentlichen Interessen zugunsten der Klägerin ausfallen.

Zu den öffentlichen Belangen gehörten auch gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse, die hier nicht vorlägen.

Allein vom Betrieb der Klägerin wirke ein ganzer „Immissions-Cocktail“ Tag und Nacht durch Erschütterungen, Geruch, Lärm, Abluft und Licht auf das Vorhaben ein. Das unmittelbar angrenzende Werk 2 der Klägerin werde zulässigerweise im 24-Stunden-Betrieb an 6 Tagen pro Woche (Montag bis Samstag) gefahren. Im Werk werden Emissionen von über 90 dB(A) aufgrund der Pressen und des Bearbeitens der Druckgussteile erreicht. Zudem seien die Schalleinwirkungen stark impulshaltig. Die Außenwände der Hallen seien nicht gedämmt, so dass davon auszugehen sei, dass sich ein maßgeblicher Schallübertrag hin zur geplanten Unterkunft ergebe. Auch die Abluftkamine seien 24 Stunden am Tag (Mo-Sa) in Betrieb. Überdies finde zwischen den beiden klägerischen Werken ganztägig (auch nachts) stündlich interner Hängerzugverkehr mit einem permanenten Geräuschpegel statt. Zudem sei klägerseits beabsichtigt, im Rahmen des bereits bestandskräftig genehmigten Betriebs in den kommenden Jahren die Produktion im Werk 2 zu steigern. Auch die vom Werk der Klägerin auf die Asylbewerberunterkunft einwirkenden Erschütterungen seien für die Bewohner unzumutbar. Neben den starken impulshaltigen Schallimmissionen komme es beim Schließen der Druckgussanlagen und aufgrund des eingesetzten Schwerlastkrans zu nicht unmaßgeblichen Vibrationen im gesamten Werk. Diese würden auch auf die Außenwände und die Schlafräume der Asylsuchenden übertragen. Durch Verwendung von Trennmitteln (Wasser-Öl-Gemisch) würden auch erhebliche Geruchsemissionen im Produktionsprozess freigesetzt, die über die Dachentlüftungen ins Freie gelangten. Im Rahmen des Betriebs des klägerischen Werks sei die übliche produktions- und sicherheitstechnische Ausleuchtung auch der Außenbereiche erforderlich, so dass die östlichen und westlichen Frontseiten der Asylbewerberunterkunft und deren Fenster einer permanenten Lichteinwirkung auch während der Nachtruhe ausgesetzt seien. Zur Untermauerung der durch das genehmigte Vorhaben verursachten nachbarlichen Beeinträchtigungen werde insoweit auf das seitens der Klägerin in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Prof. … und des Dipl-Ing. … vom 12. August 2016 sowie auf dessen Ergänzung vom 7. August 2017 verwiesen. Die vorhandene Immissionsbelastung werde zusätzlich noch durch die Emissionen zahlreicher anderer Unternehmen mit entsprechendem Schwerlastverkehr verschärft. Überdies verlaufe im Westen die Bahnlinie der … und … Asylbewerberunterkünfte seien auch als wesentlich schutzwürdiger einzuordnen als die in dem streitgegenständlichen Gebäude vormals vorhandene Büronutzung. In epidemiologischen Studien sei erwiesen, dass gerade dem Nachtschlaf eine hohe Bedeutung für die Gesundheit zukomme und durch Aufwachreaktionen während der Nachtzeit das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen signifikant erhöht sei. Auch sei besonders zu berücksichtigen, dass die Bewohner der streitgegenständlichen Vorhaben hier gleichzeitig verschiedenen Lärm- und Immissionsarten ausgesetzt seien, auch verstärkte Kombinationswirkungen seien daher zu beachten.

Des Weiteren sei zu beachten, dass hier die Industrienutzung nicht nur planungsrechtlich zulässig sei, sondern auch konkret ausgeübt werde (unter Verweis auf VG München, B.v. 23.5.2016 - M 11 S 16.1363).

Soweit die Beklagte bezüglich des Vorhabens I im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz festgeschrieben habe, sei schon völlig unklar, was die Beklagte mit den Formulierung, dass Nachweise über die Anforderungen vorbehalten blieben, überhaupt regeln möchte. Es dränge sich der Eindruck auf, dass diese „Regelungen“ wachsweich und zur Zielerreichung uneffektiv seien. Auch sei die bloße Festsetzung von Immissionsrichtwerten ohne die flankierende Anordnung von Überwachungsmaßnahmen, die deren Einhaltung sicherstellen zur Zielerreichung mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Bewohner ungeeignet. Für die Klägerin dränge sich zudem die Frage auf, warum die Beklagte einerseits der Klägerin gegenüber in allen Genehmigungsbescheiden jeweils ein umfangreiches Programm an Auflagen zur Überwachung von Immissionswerten mit detaillierten Vorgaben zu Art, Umfang und Häufigkeit der Messung anordne, den Beigeladenen von derartigen Anordnungen indes vollständig verschone. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar.

Soweit die Beklagte das Vorliegen einer „prekären Immissionssituation“ mit einem Verweis auf ein klägerseits erstelltes Gutachten der … Nr. … vom 13. Juni 2017 in Abrede stellen wolle, sei dem nicht zu folgen. Die Beklagte trage zwar vor, dass das Gutachten zu dem Schluss komme, dass am Anwesen …straße, das im Gutachten als Wohngebäude ausgewiesen sei und welches den streitgegenständlichen Vorhaben gegenüber liege, lediglich eine vom klägerischen Betrieb ausgehende Lärmbelastung von 53 dB(A) für den Tag- bzw. 48 dB(A) für den Nachtbetrieb vorliege. Es liege jedoch schon kein „Gutachten“ vor. Die Beklagte berufe sich auf ein Dokument was ausdrücklich mit „Entwurf“ gekennzeichnet sei und hier nicht herangezogen werden könne. Überdies sei im Anwesen …straße ... auch keine Wohnnutzung genehmigt worden. Selbst wenn eine Baugenehmigung für eine Betriebsleiterwohnung vorliegen sollte, sei diese endgültig aufgegeben worden.

Das Vorhaben I verletze auch die Brandschutzanforderungen. Die Ausführung der Wand zum klägerischen Gebäude hin als hochfeuerhemmend weiche von den genehmigten Brandschutzplänen ab. So sei in die als Brandwand definierte Wand ein Lüftungsrohr mit einem erheblichen Durchmesser eingebracht worden. Auch sei im einspringenden Winkel abweichend zur Genehmigung ein zusätzliches Fenster eingebaut worden. Es bestehe daher eine erhöhte Gefahr des Brandüberschlags auf das klägerische Werk. Vor diesem Hintergrund sei auch relevant, dass gerade Flüchtlingsunterkünfte einer erhöhten Brandgefahr unterlägen, die einerseits auf strafbare Brandstiftungen Dritter zurückzuführen sei, andererseits aber auch auf einen unangemessenen Umgang der Bewohner z.B. mit Kocheinrichtungen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es geboten gewesen, gegenüber dem Beigeladenen Brandschutzmaßnahmen wie insbesondere eine ausreichend dimensionierte Brandschutzwand zum Werk 2 der Klägerin anzuordnen.

Überdies habe die Klägerin erst jüngst eine sehr bewusste Entscheidung getroffen, den Standort … mittel- und langfristig aufrecht zu erhalten. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 13 Millionen EUR. Das Interesse des Beigeladenen an dem Vorhaben sei hingegen ein rein kommerzielles, das darauf gerichtet sei, mit geringstem Aufwand einen maximalen Gewinn zu erzielen. Das Interesse der Klägerin sei indes darauf gerichtet, den Standort … mit seinen 1.000 Industriearbeitsplätzen zu erhalten und unnötige zusätzliche immissionsschutzrechtliche Anforderungen abzuwehren.

Die erteilte Befreiung sei daher bei Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar.

Bezweifelt werde überdies, ob insbesondere hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens I überhaupt eine ergebnisoffene Prüfung stattgefunden habe. Die Beklagte habe den Beherbergungsvertrag mit dem Beigeladenen bereits am 10. Dezember 2015 abgeschlossen, also bereits bevor ihr auch nur die Bauvorlagen für den Bauantrag des Beigeladenen zur Prüfung vorlagen, geschweige denn eine Genehmigung erteilt worden war. Dies spreche gerade für keine ergebnisoffene rechtsförmige Prüfung des Bauantrags. Vielmehr habe sich die Beklagte bereits vor Erteilung der Baugenehmigung vertraglich auf das Zustandekommen des Vorhabens bindend festgelegt.

Das genehmigte Vorhaben stelle sich mit Blick auf den oben stehenden Vortrag gegenüber dem Betrieb der Klägerin auch als „rücksichtslos“ dar, weil dieser aufgrund des „Heranrückens“ der schutzwürdigen Wohnnutzung dem Risiko zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Anforderungen ausgesetzt werde.

Die Klägerin beantragte zuletzt,

den Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. Juni 2016 sowie des Ergänzungsbescheids vom 1. August 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie aus, die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB seien vorliegend erfüllt.

Trotz der unstreitig vorhandenen Immissionen könne es keineswegs als gesichert gelten, dass in der Unterkunft der Gesundheit abträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschten. Die seitens der Klägerin vorgelegten Gutachten beschrieben zwar anschaulich die vom Betrieb der Klägerin ausgehenden Emissionen, welche Immissionen allerdings konkret am streitgegenständlichen Vorhaben ankämen - nur auf diese komme es an -, bleibe offen. Auch genüge das Gutachten nicht den Anforderungen an eine Immissionsprognose.

Die Beklagte verkenne die Anforderungen an den Immissionsschutz für Flüchtlingsunterkünfte nicht. Jedoch sei insbesondere hinsichtlich der Lärmproblematik darauf hinzuweisen, dass die Grenze zur Gesundheitsschädlichkeit jedenfalls dann nicht überschritten sei, wenn die ansonsten nach der TA-Lärm in Kern-, Dorf- und Mischgebieten geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls innerhalb der Unterkünfte eingehalten werden könnten. Davon sei auszugehen. Für das Grundstück des Beigeladenen gebe es bislang zwar weder Immissionsprognosen, noch seien für dieses in an die Klägerin gerichteten Bescheiden Immissionsrichtwerte festgelegt worden. Allerdings sei mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. März 2016 der Klägerin aufgegeben worden, dass der Immissionsrichtwertanteil des Gesamtbetriebs am Standort Werk 2 den Immissionsrichtwertanteil von 65 dB(A) tags wie nachts am benachbarten Wohngebäude …straße ... (FlNr. …; „Immissionsort 6“) nicht überschreiten dürfe.

Nach dem seitens der Klägerin im Rahmen eines Verfahrens nach dem BImSchG in Auftrag gegebenen Gutachten der …vom 13. Juni 2017 zur Ermittlung der Geräuschimmissionen würden die zulässigen Immissionsrichtwertanteile am benachbarten Wohnhaus zur Nachtzeit deutlich unterschritten. Die Beurteilungspegel betrügen dort für den Tagbetrieb 53 dB(A) und für den Nachtbetrieb 48 dB(A). Der Gutachter berücksichtige im Entwurf der Lärmprognose auch die Abluftkamine. Nichts anderes könne insofern in Bezug auf die benachbarten Vorhaben des Beigeladenen gelten.

Soweit die Klägerin vortrage, im benachbarten Wohnhaus sei überhaupt keine Wohnnutzung genehmigt worden, könne dem nicht zugestimmt werden. Für das Anwesen …straße ... sei mit der Baugenehmigung vom 1. November 1948 auch eine Wohnnutzung im 2. Stockwerk genehmigt worden. Ob und gegebenenfalls seit wann die Wohnnutzung aufgegeben wurde, sei der Beklagten nicht bekannt. Selbst wenn die Wohnnutzung derzeit nicht ausgeübt werden sollte, würde jedoch auch eine längere Unterbrechung nicht ohne Weiteres die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellen. Letztlich sei die Genehmigungssituation des Anwesens …straße ... auch nicht entscheidend, denn es komme nicht auf die diesbezügliche Genehmigungssituation an, sondern vielmehr darauf, welche Immissionen in welcher Höhe auf das Anwesen bzw. die bauliche Anlage tatsächlich einwirken würden.

Ob und in welcher Weise das streitgegenständliche Vorhaben durch Erschütterungen betroffen sei, sei nicht bekannt. Der Beigeladene sei jedoch zur Einhaltung der einschlägigen Anforderungen (DIN 4150 Teil 2) verpflichtet.

Zur Thematik „Abluft“ sei richtig zu stellen, dass die geplante Asylbewerberunterkunft nicht, wie von der Klägerin ausgeführt, „direkt an die Abluftkamine“ angrenze. Richtig sei vielmehr, dass die zahlreichen Kamine in der Mehrzahl nicht unmittelbar an das streitgegenständliche Gebäude angrenzten. Die Art und das Ausmaß der durch Abluft verursachten Immissionen seien bislang nicht geprüft worden, allerdings seien zur Umsetzung der Anforderungen zur Luftreinhaltung nach dem Stand der Technik die Anzeigenbestätigungen der Klägerin nach § 17 BImSchG mit Auflagen zur Emissionsbegrenzung verbunden worden. Beispielsweise wurde hier auf die Auflagen aus dem Bescheid vom 17. Juli 2013 verwiesen. Überdies verteile sich Abluft aus Kaminen (Schornsteinen) weiträumig. Erfahrungsgemäß sei die Belastung durch die Emissionen in unmittelbarer Nähe keine höhere als im weiteren Umfeld. Dies verdeutliche auch das wiederum seitens der Beklagten im Auftrag gegebene Gutachten der … vom 11. Januar 2017, wenn auch zu Hallen im Werk 1 der Klägerin. Nicht gefolgt werde deshalb der Auffassung des Gutachters der Klägerin, dass aufgrund des Satteldachs des Werks 2 und des Dachüberstandes der wandschüssig errichteten Asylbewerberunterkunft von 2 m die freie Abströmung der Luft behindert werde.

Auch die Sorge der Klägerin, dass insbesondere durch das Vorhaben I Brandüberschläge begünstigt würden, werde nicht geteilt. So habe sich die ursprüngliche Annahme der Klägerin, bei der Unterkunft handele es sich um „einen umfunktionierten Bürocontainer in Leichtbauweise, der naturgemäß durch dünne Außenwände gekennzeichnet sei, nicht bewahrheitet. Tatsächlich handele es sich bei dem Gebäude des Vorhabens I um einen bestehenden Massivbau in Stahlbeton- und Mauerwerksbauweise. Gemäß dem Brandschutznachweis zum Vorhaben sei die Gebäudeabschlusswand zum klägerischen Nachbargrundstück im Plan violett hinterlegt und somit bauordnungskonform als Brandwand definiert. Die zum Brandschutz aufgestellten gesetzlichen Anforderungen seien hier gemäß dem Brandschutznachweis zum Bauvorhaben, der Grundlage für die bauliche Brandschutzprüfung gewesen sei, eingehalten.

Da die Baugenehmigung auf längstens 3 Jahre befristet worden sei, müsse die Klägerin jedenfalls nicht mit einer Einschränkung ihres bestandskräftig genehmigten Gewerbebetriebs rechnen. Derartige Auflagen gegenüber der Klägerin seien vielmehr unverhältnismäßig. Deshalb verstoße das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es sei vielmehr Sache des Betreibers der Unterkunft durch passive Schutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse bestehen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 2.9.2016 - 1 CS 16.1275). Bei Beschwerden würde der Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte verlangt, sollte dies nicht gelingen, würde ohne weiteres vom Beigeladenen verlangt werden, zu sanieren oder den Betrieb still zu legen. Überdies genieße eine Asylbewerberunterkunft im Industriegebiet keinen höheren Schutzanspruch als die zuvor genehmigte Büronutzung; insofern habe sich die rechtliche Situation für die Klägerin nicht zu deren Nachteil geändert.

Der Beigeladene beantragt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. August 2017 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die seitens des Beigeladenen vorgelegte Begründung deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der der Beklagten. Ergänzend wird ausgeführt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück finde in der Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) kein nennenswerter Verkehr statt, da zur Nachtzeit keine Betriebstätigkeit auf dem Grundstück stattfinde. Nur ausnahmsweise erreiche ein Lkw das Betriebsgrundstück nach 17:00 Uhr (ca. einmal wöchentlich) bzw. erst nach 22:00 Uhr (ein- bis zweimal monatlich). In einem solchen Fall werde jedoch lediglich der Lkw auf dem Grundstück abgestellt. Dies dauere nur etwa 5 Minuten.

Die Gebäudeabschlusswand des Vorhabens I zum Gebäude der Klägerin hin sei eine Brandwand i.S.d. Art. 28 BayBO. Diese enthalte keine Öffnungen (mehr). Das von der Klägerin gerügte Lüftungsrohr, das durch die Brandwand geführt habe, sei vom Beigeladenen zwischenzeitlich anders ausgeführt worden. Die Entlüftung erfolge nun direkt durch das Dach des Gebäudes. Die Durchführung durch die Brandwand sei fachgerecht verschlossen worden. Andere Durchgänge von Leitungen durch die Brandwand gebe es nicht. Soweit die Klägerin sich auf das Vorhandensein von drei Fenstern berufe, liege keine Abweichung von den genehmigten Brandschutzplänen vor, die drei Fenster seien entsprechend bestehender Genehmigungen eingebaut.

In der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 stellte die Klägerin die unbedingten Beweisanträge 1 bis 13 und 9 a und 9 b. Die Klägerseite führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung insbesondere aus, den Betrieb in Werk II innerhalb der genehmigten Kapazitätsgrenze hochfahren zu wollen, die Umsetzung habe bereits begonnen. Die Klägerseite befürchte durch die streitgegenständlichen Genehmigungen eine schleichende Umwandlung des faktischen Industriegebiets. Trotz der bestandskräftigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen befürchte die Klägerseite zukünftig die Belastung mit strengeren Grenzwerten für Immissionen und mit verschärften Umweltauflagen. Durch die Befristung würden diese Bedenken nicht ausgeräumt, weil nicht sichergestellt sei, dass die Nutzung nach Ende der Frist tatsächlich ende und weil möglicherweise die rechtlichen Grundlagen für eine weitere entsprechende Nutzung geschaffen würden. Zudem werde eine Vorbildwirkung durch das Vorhaben für andere Gebäude in der näheren Umgebung befürchtet. Auf diesen Einwand erwiderte die Beklagtenseite, man werde schon allein wegen der Befristung, aber auch sonst die genehmigte Nutzung als Asylbewerberheim nicht zum Anlass nehmen, um für den Betrieb der Klägerin strengere Auflagen immissionsschutzrechtlicher Art festzusetzen. Die Beigeladenseite versicherte, sich an Befristung und Umfang der erteilten Genehmigung halten zu wollen. Die Beklagtenseite führte weiter aus, man arbeite an einer neuen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Werk II der Klägerin. Weiter gab die Beklagtenseite an, im Anwesen …straße ... sei mit Bescheid vom 1. November 1948 eine Wohnung im zweiten Obergeschoss als Betriebsleiterwohnung genehmigt worden, was auch Gegenstand der Schlussabnahme im Jahr 1957 gewesen sei. Hierzu gab die Klägerseite an, derzeit finde dort nur eine Nutzung als Gewerbebetrieb statt. Die Beklagten- und Beigeladenseite führte zudem aus, in Bezug auf Lärm, Abgase oder Erschütterungen habe es bisher keine Beschwerden gegeben. Die Beigeladenenseite ergänzte hierzu, dass auf dem streitgegenständlichen Gelände bisher auch Büronutzung vorhanden gewesen sei (tagsüber), im Vorhaben I sei im Erdgeschoss, im westlichen Teil des Gebäudes entlang der südlichen Grundstücksgrenze jedoch von 1958 bis 2008 eine genehmigte Nutzung für Hausmeister etc. vorhanden gewesen, die bis 2016 von den Fahrern des Beigeladenen als Übernachtungsgelegenheit genutzt worden sei. Bis 2008 habe im nordöstlichen Bereich des Baugrundstücks ein weiteres Gebäude bestanden, welches wohl als Wohnung genutzt worden sei. Die Beklagtenseite führte noch aus, hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Vorhaben sei der Brandschutz geprüft worden und für ausreichend befunden worden.

Das Verfahren wurde sodann zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 legte der Beigeladene dem Gericht einen gutachterlichen Bericht der …vom 24. Januar 2018 vor, wonach die seitens der Beklagten bescheidsmäßig festgesetzten Immissionsrichtwerte der Immissionsarten Lärm und Erschütterung bei den streitgegenständlichen Gebäuden (teilweise nach Verwirklichung passiver Schutzmaßnahmen) eingehalten würden.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 10. April 2018 hierzu aus, der Bericht sei durch die Fachstelle Immissionsschutz auf Plausibilität geprüft worden. Der Bericht sei schlüssig. Methodische Fehler bei der Gutachtenerstellung seien nicht erkennbar. Damit sei der Nachweis der Einhaltung der in den Bescheiden festgesetzten Anforderungen erbracht. Insbesondere sei die Auswahl der Messorte nicht zu beanstanden. Auch sei darauf hinzuweisen, dass die Messergebnisse eine Gesamtbelastung widerspiegelten. Die streitgegenständlichen Vorhaben lägen in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie. Eventuell auf diese zurückzuführende Erschütterungs- und Geräuschimmissionen infolge vorbeifahrender Züge seien - obwohl dies nicht notwendig gewesen wäre - ebenfalls berücksichtigt worden. Die DIN 4150-2 sehe bei Erschütterungen durch oberirdischen Schienenverkehr sogar eine Anhebung der entsprechenden Werte vor. Da die Anforderungen jedoch bereits ohne diese quellenspezifische Regelung eingehalten seien, sei eine differenzierte quellenspezifische Betrachtung und Beurteilungen der Erschütterungen nicht erforderlich. Im weiteren Verlauf führte die Beklagte zur Thematik noch aus, ein gerichtliches Gutachten würde keine anderen Ergebnisse liefern, zudem sei davon auszugehen, dass die Geltungsdauer der streitgegenständlichen Genehmigungen bis zur Einholung eines gerichtlich bestellten Gutachtens abgelaufen sei.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat die Kammer die in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 gestellten Beweisanträge Nrn. 1 bis 13 einschließlich Nrn. 9a und 9b, mit Ausnahme des Beweisantrags Nr. 7 (Beantragung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Akustik/Erschütterungsschutz dahingehend, dass die Immissionsrichtwerte für Lärm und Erschütterungen auf dem Vorhabengrundstück nicht eingehalten werden), abgelehnt.

Im weiteren Verlauf führten die Beteiligten schriftsätzlich zur Ordnungsmäßigkeit und Verwertbarkeit des von der Beigeladenen vorgelegten gutachterlichen Berichts vom 24. Januar 2018 aus. Die Klageseite legte insoweit gutachterliche Stellungnahmen der … … vom 4. Mai 2018 und vom 16. Juli 2018 vor, wonach das von der Beigeladenenseite vorgelegte Gutachten unter erheblichen Fehlern leide, überdies die Messungen zu einem Zeitpunkt - um den Jahreswechsel - erfolgt seien, in dem keine Vollauslastung der Maschinen vorgelegen hätte. Der Beigeladene erwiderte mit einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme der …vom 30. Mai 2018.

Mit Beschluss der Kammer vom 29. August 2018 wurde die bisherige Berichterstatterin auf den Antrag der Klageseite vom 23. Juli 2018 hin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2018 teilte die Beigeladenenseite mit, dass beim Vorhaben I (AN 9 K 16.00991) die genehmigte Nutzung am 15. Februar 2018 aufgenommen wurde und seitdem in wechselndem Bestand 20-30 Personen in diesem Gebäude untergebracht seien. Beim Vorhaben II (AN 9 K 17.00173) sei die Nutzung am 19. Februar 2018 aufgenommen worden und seitdem nutze eine Person das Gebäude.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018 trug die Klageseite ergänzend vor, dass die Beklagte eine erhebliche Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung für Werk 2 vorsehe (vorgelegt wurden der Genehmigungsbescheid vom 12. September 1995 und der Entwurf der Neufassung einer Genehmigung vom 5. Oktober 2018). So sei etwa die Reduktion der Betriebszeiten (nur noch Zweischichtbetrieb) und die Verschärfung der Anforderungen an die Absauganlagen, des Grenzwerts für Staub und der Anforderungen zur Ableitung von Abgasen sowie die Verschärfung der Anforderungen an den Lärmschutz durch Aufnahme zusätzlicher Immissionsorte mit Immissionsrichtwert (etwa Immissionsorte in der Waldhausstraße westlich der Bahnlinie und in der …straße im Norden, aber nach Auffassung der Klageseite außerhalb des faktischen Industriegebiets) vorgesehen. Dies stehe im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vorhaben, insbesondere der Nutzungsaufnahme. Die Befürchtung von rechtlichen Nachteilen durch das Vorhaben und seine Verwirklichung seien real und dieses daher rücksichtslos.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Durchführung eines Augenscheins am 23. Oktober 2018.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2018 wurde zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung auf die jeweilige Niederschrift sowie die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.1 Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat.

1.2 Die am 8. Juni 2016 erhobene Klage ist zulässig. Die Erweiterung des Streitgegenstandes auf den Ergänzungsbescheid ist als Klageänderung gem. § 91 Abs. 1, 2 VwGO zulässig.

1.3 Die Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützenden Vorschriften, die im Wege des streitgegenständlichen Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen waren, verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.3.1 Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich seiner Art nach nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der jeweiligen Vorschrift der BauNVO über den Gebietstyp), so steht dem Nachbarn eines in demselben Gebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (BVerwG, B.v. 22.12.2011, 4 B 32.11). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (BVerwG, B.v. 27.8.2013, 4 B 39.13). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 12 BauGB übertragen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zur artverwandten Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB).

1.3.2 Nach diesen Grundsätzen verletzt der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützende Vorschriften, soweit eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB erteilt wurde.

1.3.2.1 Die Voraussetzungen der hier für das Bauvorhaben einschlägigen Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB liegen vor, soweit diese nachbarschützend sind.

Einschlägig ist die Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB deshalb, da hier - davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - sowohl das Bauvorhaben als auch das südlich angrenzende Nachbargrundstück der Klägerin in einem faktischen Industriegebiet nach § 9 BauNVO liegen. Ein Vorhaben mit der beantragten Nutzung ist gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO im faktischen Industriegebiet seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, insbesondere auch nicht als Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Im Gegensatz zu den sonstigen Fällen von Anlagen für soziale Zwecke, also Anlagen, die der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt, aber nicht der Übernachtung dienen, können auch Gebäude, die der Unterbringung von Asylbewerbern dienen, Anlagen für soziale Zwecke darstellen, soweit keine autonome Wohnnutzung vorliegt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 4 BauNVO, Rn. 91 ff.). Als Unterkunft für Menschen, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben, verträgt sie sich jedoch nicht mit den emissionsstarken, störungsintensiven Gewerbebetrieben, wie sie in einem Industriegebiet zulässig sind. Auch wenn sie nicht dem Wohnen dienen, stehen sie doch dieser Nutzungsart erheblich näher als einer industriegebietstypischen gewerblichen Nutzung. Solche Unterkünfte sind auch nicht mit den ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) zu vergleichen, da solche in einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Unterbringung von Menschen und einem Gewerbebetrieb stehen. Angesichts dessen, dass es sich bei Industriegebieten um die immissionsstärksten und störungsunempfindlichsten Baugebiete der BauNVO handelt, sind derartige Unterkünfte im Industriegebiet somit nicht gebietsverträglich, da sie mit der Zweckbestimmung des Gebiets unvereinbar sind (OVG Münster, B.v. 4.11.2003, 22 B 1345/03).

1.3.2.2 Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB verfassungsgemäß ist, insbesondere wegen des beschränkten Anwendungsbereiches (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275).

1.3.2.3 Die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB ist - schon nach ihrem Wortlaut - auch für faktische Baugebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar.

1.3.2.4 Es bestehen verschiedenen Auffassungen dazu, ob sich der Nachbar auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB bei einer darauf gestützten Befreiung berufen kann (einen Nachbarschutz bezweifelnd OVG NRW, B.v. 20.12.2016; für eine Überprüfbarkeit aller Voraussetzungen, wohl BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 - das Urteil betrifft jedoch § 246 Abs. 10 BauGB zu unbefristeten Befreiungen für Asylunterkünfte in Industriegebieten -, für bloße Rügbarkeit des Gebotes der Rücksichtnahme wohl Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Nach Auffassung der Kammer sind jedenfalls die Voraussetzungen der Vorschrift, die die Anwendbarkeit determinieren, nachbarschützend, mithin die Frage, ob eine auf drei Jahre befristete Nutzugsänderung für zulässigerweise errichtete bauliche Anlagen in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Asylbegehrende vorliegt. Denn die Vorschrift schränkt den Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn erheblich ein, da sie, im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB auf die Einhaltung der Grundzüge der Planung verzichtet und damit auch gebietsfremde Nutzungen zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275). Der Gesetzgeber hat für die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB, die zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ geschaffen wurde, daher (neben weiteren Voraussetzungen) die Anwendungsvoraussetzungen geschaffen, dass auf dieser Grundlage erlassene Baugenehmigungen auf drei Jahre befristet sein müssen und nur Nutzungsänderungen zulässig sind (Nr. 2). Dauerhafte Einwirkungen auf den Charakter des Gebiets sollen dadurch gerade vermieden werden (BT-Drs. 18/6185, S. 54). Da die genannten Anwendungsvoraussetzungen die Gebietserhaltung gewährleisten - eine befristete Nutzungsänderung schafft keine dauerhaften geänderten und womöglich für den Nachbar nachteiligen Verhältnisse - kann sich der Nachbar auf deren Einhaltung berufen. Nicht rügbar, weil nicht verfahrensgegenständlich, sind klägerseits befürchtete illegale Nutzungen nach Befristungsende oder zukünftige Genehmigungen für eine Asylunterkunft - was nach geltender Rechtslage nicht rechtmäßig möglich erscheint. Der Klägerin steht es frei, sich dann gegen derartige gebietsfremde Nutzungen rechtlich zu wehren.

1.3.2.5 Vorliegend stellt das Vorhaben eine Nutzungsänderung dar. Nach der Terminologie des BauGB ist zwischen Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zu unterscheiden. Bei einer bloßen Nutzungsänderung wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und bodenrechtliche Belange werden neu berührt (BVerwG U.v. 18.5.1990, 4 C 49.89). Demgegenüber meint Änderung die Umgestaltung (Umbau, Ausbau, Erweiterung, Verkleinerung) einer bestehenden baulichen Anlage in städtebaulich relevanter Weise, insbesondere bei Eingriffen in die vorhandene Bausubstanz, die die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berühren oder die dem ursprünglichen Bauwerk die Identität rauben (BVerwG, B.v. 10.10.2005, 4 B 60/05). Geringfügige Änderungen sind dann relevant, wenn sie für die Art, den Umfang oder die Intensität der baulichen Nutzung von Bedeutung sind (OVG Münster, 27.3.1969, X A 230/69).

Nach diesen Grundsätzen liegt nach Vergleich des am 11. Mai 2016 genehmigten Vorhabenplans vom 3. Februar 2016 (Grundrisse Erdgeschoss - Obergeschoss) mit dem genehmigten Bestand (Grundrisspläne vom 7. Mai 2008, genehmigt am 30. Juni 2008) eine bloße Nutzungsänderung vor: Im Obergeschoss wurde lediglich der Einbau weniger Zwischenwände genehmigt, so dass kein Eingriff in die Substanz tragender Wände ersichtlich ist. Soweit an der Ostseite des Obergeschosses zum Austausch der vorhandenen großen Fenster in kleine Fenster neues Mauerwerk vorgesehen ist, ist diese Änderung wegen Geringfügigkeit nicht beachtlich. Im Erdgeschoss sind im Hinblick auf die Nutzungsänderung der dort teilweise bislang vorhandenen Lagerfläche in Asylunterkünfte eine Reihe von zusätzlichen Zwischenwänden vorgesehen. Dass diese zusätzlichen Innenwände die Statik nachteilig berühren ist nicht ersichtlich. Ansonsten sind im Erdgeschoss eine Reihe von zusätzlichen Fenstern vorgesehen, insbesondere an der Nordwand, teilweise werden Außenmauern geschlossen (an der Westseite) und durch die mittig vorhandene Zwischenwand wird ein Durchbruch vorgenommen. Auch insofern wird die Standfestigkeitsfrage nicht neu aufgeworfen, so dass die Schwelle einer Änderung von baulichen Anlagen i.S.d. BauGB nicht erreicht wird. Der Mauerdurchbruch der Zwischenwand berührt nicht die Standfestigkeit des Gesamtgebäudes, im Obergeschoss ist an der Zwischenwand ein gleichartiger Durchbruch an derselben Stelle bereits vorhanden. Das Anbringen von Fenstern berührt die Standfestigkeit der Außenmauern nicht maßgeblich. Die Schließung der Lücke in der westlichen Wand dürfte die Standfestigkeit eher verbessern. Letztlich fehlt es auch deswegen an einer baulichen Änderung, da das Bauwerk seine Identität behält, da nicht nur der Grundriss, sondern auch die Kubatur im Ganzen unverändert bleiben, insbesondere auch die Höhe. Das Gebäude stellt sich für den Betrachter von außen als unverändert dar, insbesondere, was Lage, Höhe und Breite der Außenwände, Dach und Dachform betrifft. Dies stellt einen Unterschied zu dem westlich benachbarten Vorhaben (AN 9 K 17.00173) dar, bei dem das alte Dach über dem Erdgeschoss abgerissen wurde und das Gebäude insgesamt aufgestockt wurde. Im Übrigen liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass für letzteres Vorhaben die Außenmauern des Bestandgebäudes teilweise komplett abgerissen werden mussten, um das Gesamtvorhaben realisieren zu können. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen im Parallelverfahren AN 9 K 17.00173 Bezug genommen. Es liegt hinsichtlich des Bauvorhabens auch keine Erhöhung des Nutzungsmaßes vor, die eine bauliche Änderung bedeuten würde. Das Vorhabengebäude wird zwar möglicherweise intensiver genutzt, die nutzbare Grundfläche jedoch nicht erhöht (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998, 4 C 5-98).

1.3.2.6 Es handelt sich bei der beantragten Nutzung nach der Betriebsbeschreibung und dem Vorhabenplan zudem um eine Gemeinschaftsunterkunft bzw. sonstige Unterkunft i.S.d. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Das bundesrechtlich geregelte Asylverfahren sieht die Unterbringung von Asylbegehrenden in Erstaufnahmeeinrichtungen (§ 44 Abs. 1 AsylG) und Gemeinschaftsunterkünften (§ 53 AsylG) vor. Sogenannte dezentrale Unterkünfte (ein Begriff, der teilweise im Landesrecht verwendet wird) sind ebenfalls Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne des Asylrechts, werden jedoch baurechtlich durch den Begriff der sonstigen Unterkunft abgebildet (Ernst/Zink-ahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 56d). Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und somit auch sonstigen Unterkünften stellt kein Wohnen im Sinne des Baurechts dar. Dieses zeichnet sich durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts aus. Wegen der verpflichtenden Unterbringung (§ 53 AsylG), die die eigengestaltete Haushaltsführung einschränkt, und der nur für die Dauer des Asylverfahrens vorgesehenen Unterbringung fehlt es an diesen Elementen (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird). So liegt es auch im vorliegenden Fall. Nach der Betriebsbeschreibung und nach den vorgelegten Plänen besteht durch die Selbstverpflegung und wegen des Fehlens eines Portiers zwar eine gewisse Eigenständigkeit. Der Unterbringungscharakter überwiegt jedoch wegen des avisierten nur vorübergehenden Aufenthalts und der verpflichtenden Unterbringung, zumal in Mehrbettzimmern.

1.3.2.7 Hinsichtlich der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen, der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen (hierzu sind insbesondere gesunde Wohn - bzw. Unterbringungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB zu rechnen, BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu der Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird) unter Würdigung nachbarlicher Interessen ist fraglich, inwieweit sich der Nachbar darauf berufen kann. Angesichts dessen, dass § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Gebietserhaltung tangiert, scheint es denkbar, dass sich der Nachbar auf die Einhaltung aller Befreiungsvoraussetzungen berufen kann, gerade da explizit auf die nachbarlichen Interessen abzustellen ist. Der Rechtskreis des Nachbarn ist jedoch im Rahmen einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht tangiert. Dieser hat im Regelfall ein Interesse, durch die Unterkunft nicht in der Gewerbeausübung eingeschränkt zu werden, etwa durch Immissionsauflagen, nicht daran, gesunde Unterbringungsverhältnisse für Asylbewerber zu gewährleisten; die Prüfung gesunder Unterbringungsverhältnisse ist primäre Aufgabe der Genehmigungsbehörden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Auch ist es primär Sache des Bauherren im Hinblick auf die zu besorgenden gesunden Unterbringungsverhältnisse (passive) Immissionsschutzmaßnahmen zu treffen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.12759). Zudem sind die Auswirkungen auf die Gebietserhaltung bei Befreiungen nach der § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB durch die Normstruktur praktisch ausgeschlossen. Denn diese zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ bzw. „Flüchtlingsunterbringungskrise“ geschaffene Vorschrift erlaubt keinen neuen Bestand und befristet Umnutzungen einmalig auf drei Jahre. Vor diesem Hintergrund erfolgt nach Auffassung der Kammer Nachbarschutz im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen, insbesondere gesunde Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse unter Würdigung nachbarlicher Interessen nur nach Maßgabe des Gebotes der Rücksichtnahme (Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Dem steht die bisherige Rechtsprechung der Kammer, wonach bei Nachbarklagen alle Tatbestandvoraussetzungen bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans für Asylunterkünfte rügbar sind (U.v. 29.6.2016, AN 9 K 15.01348), nicht entgegen, denn diese erging auf Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB, der in Gewerbegebieten unbefristete Befreiungen für Asylunterkünfte ermöglicht, was die Gebietserhaltung nachhaltig, insbesondere im Hinblick auf künftige Vorhaben der Nachbarn, tangiert.

1.3.2.8 Das Vorhaben ist im Hinblick auf den Immissions- bzw. Gesundheitsschutz gegenüber der Klägerin nicht rücksichtlos. Denn, wie dargelegt, ist es Sache des Bauherren, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen. Daher ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im Hinblick auf die im Vorhaben zu besorgenden Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse die Klägerin mit immissionsschutzrechtlichen Auflagen belegen wird. Die angefochtene Baugenehmigung trägt der bezeichneten Verpflichtung des Bauherren und Beigeladenen in genügendem Maße Sorge. Er wird mit Auflagen zur Einhaltung von Lärmwerten in den Unterkunftsräumen (tags 40 dB(A), nachts 30 dB(A) und zur Einhaltung der Erschütterungsimmissionsschutzrichtwerte (Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2) mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 verpflichtet. Diese Richtwerte sind zutreffend, da die Rechtsprechung auch Dauerschallpegel über 30 dB(A) in Schlafräumen in Wohngebieten für zulässig hält (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 1694 m.w.N.) und es sich bei der DIN 4150-2 um das einschlägige Regelwerk für Erschütterungsimmissionsschutz handelt und richtigerweise von den Werten für Industriegebiete auszugehen ist (Zeile 1), da die Untergebrachten in Asylunterkünften in Industriegebieten sich mit der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung abfinden müssen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275; vgl. U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Die Beklagte geht selbst davon aus, dass, insofern im Bescheid vom 11. Januar 2017 (AN 9 K 17.00173) Erschütterungswerte der Zeile 2 (Gewerbegebiet) festgesetzt sind, der von dem Beigeladenen verlangte Schutz über das gebotene Maß hinausgeht. Der Beigeladene ist angesichts dieser Auflagen auch gegenüber einschneidenden Anordnungen bei Nichteinhaltung nicht schutzwürdig, auch nicht im Hinblick darauf, dass nicht bereits im Genehmigungsverfahren von der Beklagten ein entsprechender Nachweis zur Einhaltung bzw. Einhaltbarkeit der Auflagen gefordert wurde. Denn dies ist die Verantwortung und das Risiko des Beigeladenen, dem es unbenommen ist, sich bei Unsicherheiten durch Einholung von Messgutachten abzusichern. Die skizzierte Risikoverteilung ist auch interessengerecht, da der Beigeladene mit der Unterbringung von Asylbegehrenden erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die streitgegenständliche Genehmigung keine Auflagen zu Lichteinwirkungen, Gerüchen und Abgasen enthält, da es sich hierbei um untergeordnete Immissionsarten handelt, die Klägerin insoweit ohnehin zur Einhaltung einschlägiger Grenzwerte verpflichtet ist und die in der Unterkunft Untergebrachten durch den Einbau abdichtender Fenster und dadurch, dass bis auf eine Ausnahme die Schlafräume hofseitig, abgewandt vom Grundstück der Klägerin gelegen sind, geschützt sind.

Weiterhin belegt der Entwurf des immissionsschutzrechtlichen Bescheids „Neufassung der Genehmigung für Werk 2“ vom 4. Oktober 2018, dass die Beklagte die befristete Nutzung als Asylunterkunft im genehmigten Vorhaben nicht als relevant für den Betrieb der Klägerin ansieht. Denn das Vorhabengebäude ist dort nicht als Immissionsort festgelegt.

Angesichts der vorstehenden Gründe kommt es auf die Frage, ob die im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 festgesetzten Grenzwerte eingehalten sind oder eingehalten werden können, nicht entscheidungserheblich an. Daher waren die diesbezüglichen Beweisanträge abzulehnen. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid insofern fehlerhaft ist, weil die festgesetzten Grenzwerte von vorneherein nicht eingehalten werden könnten. Obwohl eine vorherige gutachtliche Abklärung im Genehmigungsverfahren trotz Befürwortung der Baugenehmigungsbehörde nicht erfolgte, konnte die Beklagte angesichts der vorherigen beanstandungslosen Büronutzung und der bis 2008 erfolgten beanstandungslosen Nutzung als Hausmeisterwohnung davon ausgehen, dass das Vorhabengelände für die vorgesehene Umnutzung nicht völlig ungeeignet ist. Dies bestätigt auch der von der Beigeladenenseite vorgelegte gutachtliche Bericht vom 24. Januar 2018 des Gutachters …, auf den das Gericht nach § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 VwGO zurückgreifen kann. Trotz der von der Klägerseite angeführten Zweifel an der Eignung des Gutachters, die Begutachtung und die Darstellung der Begutachtung ist er zumindest hinsichtlich der Messergebnisse verwertbar, nachdem der Gutachter beim Augenschein und der anschließenden mündlichen Verhandlung seine Vorgehensweise nachvollziehbar erläutert hat. Demnach liegen, mehrere Messreihen und -zeiten zugrunde gelegt, die Erschütterungswerte weit unterhalb der Grenzwerte, die Lärmwerte können nach Anbringung einer Vorsatzschale auch im Messraum, an der Wand zum klägerischen Betrieb eingehalten werden. Letzteres dokumentiert, dass effektive passive Schutzmaßnahmen möglich sind. Angesichts dessen, dass insbesondere die gemessenen Erschütterungswerte deutlich unter den einzuhaltenden Grenzwerten liegen, ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kumulation von Erschütterungen und Lärm - zu diesem Effekt trägt die Klägerseite vor - auch unterhalb der Schwelle der jeweiligen Richtwerte zu Gesundheitsgefährdungen führt. Weiterhin bestehen deswegen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einer höheren Auslastung des klägerischen Betriebs - nach Angabe der Klägerin seien diese um die Jahreswende 2017/2018 gering gewesen und die Messungen daher nicht repräsentativ - die Grenzwerte mit Sicherheit überschritten wären, zumal nach den nachvollziehbaren und nicht substantiiert bestrittenen Angaben des Herrn … in der mündlichen Verhandlung bei den Messungen die besonders laute Fräsmaschine gelaufen war und häufigere Erschütterungsereignisse aufgrund des Messverfahrens nicht zwangsläufig zu höheren Messwerten führen. Dieser Eindruck vom Vorhaben wurde beim Augenschein der Kammer bestätigt, bei dem die Räumlichkeiten des Vorhabens, insbesondere der Raum, in dem die Messung stattfand sowie der darunter befindliche Raum, begangen wurden. Der richterliche Augenschein diente zwar nicht der Überprüfung von Grenzwerten, vermittelte jedoch einen Eindruck von den Einwirkungen von Immissionen auf den Menschen und seine Gesundheit in den gegenständlichen Räumen. So waren im erdgeschossigen und hofseitigen Raum 1, der wie alle Räume mit Schallschutzfenstern versehen und als Schlafraum genehmigt ist, bei geschlossenem Fenster weder Erschütterungen noch Geräusche spürbar. Im obergeschossigen, zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegenen Raum 18, in dem die Messungen des Gutachters … durchgeführt wurden, und der mit einer Gipsvorsatzschale zum Lärmschutz versehen worden war, waren Außengeräusche nur leise wahrnehmbar. Allerdings waren im erdgeschossigen Raum 9, der als Schlafraum genehmigt ist und der ebenfalls zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegen ist, auch bei geschlossenem Fenster (leise) Dauergeräusche wahrnehmbar, sowie während der Aufenthaltsdauer von fünf Minuten ein schlagendes Geräusch. Dieser Raum ist als Schlafraum genehmigt, wird derzeit jedoch allerdings als Unterrichtsraum genutzt: Sollte sich herausstellen, etwa durch Beschwerden von dort untergebrachten Asylbewerbern, dass ein dauernder Aufenthalt wegen des Lärms und/oder den Erschütterungen dort nicht zumutbar wäre, könnte dem einerseits durch bauliche Maßnahmen, andernfalls durch Sperrung für die Unterkunftsnutzung - dass die Kapazität der anderen, unproblematischen Schlafräume nicht ausreichen würde, ist nicht ersichtlich - begegnet werden; insgesamt hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass zumindest die Nutzung der hofseitigen Schlafräume, die den derzeitigen Unterbringungsbedarf problemlos abdecken, keine auf der Hand liegenden Gesundheitsgefahren auslöst.

Das Vorhaben ist auch nicht rücksichtslos im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Absicht, den Betrieb im Werk 2 im Rahmen der genehmigten Kapazitätsgrenze hochzufahren. Da die für den klägerischen Betrieb festgesetzten Immissionsrichtwerte (s. Bescheid vom 1.3.2016) unverändert gelten, ist ein rechtlicher Nachteil durch befürchtete Auflagen durch eine möglicherweise faktische höhere Immissionsbelastung durch den klägerischen Betrieb auf das Vorhaben nicht gegeben, zumal es bei der Verpflichtung des Beigeladenen bleibt, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen und dieser insofern bei Genehmigungserteilung mit Immissionen innerhalb der im Industriegebiet zulässigen Grenzwerte (etwa 70 dB(A) nach 6.1 TA Lärm) rechnen musste, also dafür Sorge zu tragen hat, dass gesunde Wohnverhältnisse bei der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung eingehalten sind (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Da die Klägerin die für ein Industriegebiet geltenden Immissionsrichtwerte ohnehin einzuhalten hat und sie die ihr erteilte, auf diese Werte aufbauende immissionsschutzrechtliche Genehmigung bis zur Kapazitätsgrenze ausnutzen kann, solange sie die dort festgesetzten Grenzwerte einhält, ist eine Gefährdung des Betriebes der Klägerin, soweit er sich im maximal genehmigten Rahmen hält, nicht gegeben.

1.3.3 Eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO gegenüber der Klägerin durch das Vorhaben ist nicht ersichtlich. Selbst wenn die Nutzungsänderung hier abstandsflächenbeachtlich wäre, könnte sich die Klägerin nicht auf eine Nichteinhaltung der Abstandsflächen berufen, da sie ihr Werk selbst grenzständig errichtet hat und sie nicht mehr an Rücksichtnahme verlangen kann, als sie ihrerseits gewährt (BayVGH, B.v. 20.3.1991, 14 CS 90.3097).

1.3.4 Auch eine Verletzung der einschlägigen Vorschriften (Art. 60 Nr. 3, Art. 28 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3 Satz 1 BayBO) zum Brandschutz durch die streitgegenständliche Genehmigung ist nicht ersichtlich. Der Brandschutznachweis wurde hier gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO am 11. Mai 2016 geprüft und genehmigt. Eine durchgehende Brandwand im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Satz 1, 8 BayBO ist in den entsprechenden Plänen vorgesehen. Nicht verfahrensgegenständlich ist die brandschutzkonforme Ausführung des Bauvorhabens, diese ist zudem durch die Beklagte bestätigt (Blatt 171 der Bauakte).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen gem. § 162 Abs. 3 VwGO, da dieser einen eigenen Antrag gestellt hat und sich daher einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

VGH Hessen, Urteil vom 3.3.2016, (Az.: 4 B 403/16).

Die Unterbringung von 17 Flüchtlingen in zwei in sich abgeschlossenen Wohnungen in einer Doppelhaushälfte stellt nach den konkreten Umständen des Falles eine Wohnnutzung dar.

Für eine Wohnnutzung ist es rechtlich unerheblich, ob und ggfs. in welchem Grad die Bewohner der beiden Wohnungen miteinander verwandt sind.

Der Dauerhaftigkeit der Wohnnutzung steht angesichts der zu erwartenden längeren Dauer von Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigte, als Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte nicht entgegen, dass die Bewohner voraussichtlich nur für die Dauer ihres Anerkennungsverfahrens in den beiden Wohnungen verbleiben werden.

Dem Kriterium der Freiwilligkeit des Aufenthalts in den beiden Wohnungen steht nicht entgegen, dass der Einzug auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Zuweisung gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG erfolgt ist. Allein die durch eine Rechtsnorm begründete Verpflichtung zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen führt nicht zu einem unfreiwilligen Verhalten, wenn der Betreffende seiner Rechtspflicht selbsttätig nachkommt.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch fristgerecht begründet worden.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Verfahren ist hinsichtlich des Antrags der Antragstellerin auf Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Stilllegungsverfügung in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Denn der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren der von der Antragstellerin schon im erstinstanzlichen Verfahren insoweit abgegebenen Erledigungserklärung angeschlossen.

Die Beschwerde des Antragsgegners hat auch hinsichtlich des zweiten Antrags der Antragstellerin Erfolg. Dieser Antrag hat zum Ziel, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verpflichten, mit einer Verfügung gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO die Nutzung des Anwesens des Beigeladenen zu 1 für die Unterbringung von Flüchtlingen zu untersagen. Auf dem Grundstück A-Straße G des Beigeladenen zu 1 in der Stadt Taunusstein, der Beigeladene zu 2, steht die Hälfte eines Doppelhauses. Hieran grenzt die benachbarte Doppelhaushälfte der Antragstellerin an. In einem Vertrag vom 22. Juni 2015 und einer Vertragsergänzung vom 17. November 2015 hatte die Beigeladene zu 2 mit dem Beigeladenen zu 1 vereinbart, dass dieser vom 1. November 2015 bis zum 31. Oktober 2020 in seinen Räumlichkeiten bis zu 17 Flüchtlingen gegen Zahlung eines monatlichen Mietzinses aufnimmt. Der Beigeladene zu 1 begann Mitte September 2015 mit Umbauarbeiten innerhalb der Doppelhaushälfte. Am 25. November 2015 zogen dort 15 Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien ein.

Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 14. Januar 2016 verpflichtet, den beiden Beigeladenen die Nutzung des Anwesens A-Straße G durch mehr als 10 Personen mit einer für sofort vollziehbar zu erklärenden Anordnung zu untersagen. Es hat seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, dass die Unterbringung der Flüchtlinge keine Wohnnutzung darstelle. Deshalb werde die Antragstellerin in ihren Nachbarrechten verletzt.

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung des Sach- und Streitstandes erweist sich die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als fehlerhaft. Der Senat ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die von dem Antragsgegner in der Beschwerde dargelegten Gründe beschränkt. Denn der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdebegründung die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts erfolgreich in Frage gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat bei der Prüfung der notwendigen Anforderungen für den Erlass der hier beantragten einstweiligen Anordnung § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO verkannt, dass der Antrag auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt und die erhöhten Anforderungen für eine solche gerichtliche Entscheidung nicht erfüllt sind.

Die mit dem Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erstrebte endgültige Vorwegnahme der Hauptsache ergibt sich daraus, dass die gewünschte gerichtliche Anordnung mit dem Klageantrag übereinstimmt, der im späteren Hauptsacheverfahren zu stellen wären. Das Ziel des vorliegenden Rechtsschutzbegehrens bleibt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht hinter dem Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens zurück. Das Verwaltungsgericht hat zwar ihrem Begehren nur teilweise stattgegeben und den Antragsgegner nur zur Untersagung einer Unterbringung von mehr als 10 Flüchtlingen in der Doppelhaushälfte verpflichtet. Für die Beurteilung, ob mit dem Verfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Hauptsache vorweggenommen wird, ist jedoch allein der durch den Antrag des Rechtsschutzsuchenden bestimmte Streitgegenstand maßgeblich.

Der Antrag der Antragstellerin kann auch nicht dahin verstanden werden, dass er als Minus ein Begehren enthält, welches auf eine lediglich vorläufige Anordnung gerichtet ist. Selbst wenn die von der Antragstellerin geltend gemachte Rechtsposition im Falle des Obsiegens nur für einen befristeten Zeitraum - etwa bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens - zugesprochen würde, hätte dies zur Folge, dass sie vorübergehend schon so gestellt würde, als ob sie mit einer Verpflichtungsklage in der Hauptsache obsiegt hätte. Auch für eine solche vorläufige Vorwegnahme der Hauptsache bestehen die genannten erhöhten Anforderungen an die Darlegung, die hier nicht erfüllt sind.

Die Verwaltungsgerichte können in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 123 Abs. 1 VwGO entsprechend dem Zweck dieses Rechtsbehelfs grundsätzlich nur vorläufige Anordnungen bzw. vorläufige Regelungen treffen. Sie dürfen einem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang eine Rechtsposition einräumen, die er erst im Klageverfahren erreichen kann. Im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache allerdings nicht uneingeschränkt. Es greift dann nicht ein, wenn die beantragte faktische Vorwegnahme schlechterdings notwendig ist, um unzumutbare Nachteile abzuwenden, die im Hauptsacheverfahren nicht mehr beseitigt werden könnten und wenn zugleich ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache besteht. Eine entsprechende gerichtliche Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergeht somit nur dann, wenn diese erhöhten Anforderungen sowohl an den Anordnungsgrund als auch an den Anordnungsanspruch erfüllt sind.

Diese erhöhten Anforderungen an den Erlass der von der Antragstellerin erstrebten einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. Die Antragstellerin hat insbesondere einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Der Senat vermag bei seiner Prüfung des Sach- und Streitstands im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht zu erkennen, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Erlass der erstrebten Nutzungsuntersagung gegenüber dem Vorhaben des beigeladenen Nachbarn gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO besteht.

Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 HBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Benutzung einer baulichen Anlage untersagen, die in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften benutzt wird. Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn für das Bauvorhaben die erforderliche Genehmigung fehlt. Ein Dritter besitzt einen Rechtsanspruch auf ein behördliches Einschreiten allerdings nur, wenn weitere Voraussetzungen hinzukommen. Das Vorhaben muss auch gegen materielle Regelungen verstoßen. Des Weiteren muss das der Bauaufsichtsbehörde obliegende Ermessen im konkreten Einzelfall auf Null reduziert sein, so dass sich die Befugnis zum Einschreiten zu einer entsprechenden Verpflichtung verdichtet. Der Rechtsanspruch eines Dritten auf eine Nutzungsuntersagung setzt ferner voraus, dass die beanstandete Nutzung nicht ausschließlich gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, die lediglich den Allgemeininteressen zu dienen bestimmt ist. Der Verstoß muss vielmehr eine Norm betreffen, die eine nachbarschützende Funktion aufweist und damit ein Abwehrrecht vermitteln kann. Schließlich muss das baurechtswidrige Vorhaben den Nachbarn auch tatsächlich in seinen geschützten Belangen mehr als nur geringfügig beeinträchtigen. Diese kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für einen Anspruch auf ein baupolizeiliches Einschreiten liegen hier entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht

Die Unterbringung von Flüchtlingen in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts mit dem Charakter der näheren Umgebung vereinbar, weil eine Wohnnutzung gegeben ist. Durch das Vorhaben wird die Antragstellerin nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch verletzt.

Der Einzug der 15 Flüchtlinge in die Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist nach den konkreten Gegebenheiten als Wohnnutzung zu bewerten, die mit dem Charakter der umliegenden Bebauung vereinbar ist. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die nähre Umgebung im Sinne von § 34 BauGB als faktisches reines Wohngebiet im Sinne von § 3 BauNVO oder als faktisches allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO einzustufen ist. Denn in beiden Fällen würde sich die Wohnnutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.

Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, eine Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie durch die Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Bei der Aufnahme einer größeren Zahl von Flüchtlingen in die Räumlichkeiten eines Gebäudes kommt insbesondere die Einrichtung einer Anlage für soziale Zwecke im Sinne von §§ 3 Abs. 3 Nr. 2, 4 Abs. 2 Nr. Nr. 3 BauNVO in Betracht. Solche Anlagen dienen der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt. Sie gewährleisten regelmäßig eine Betreuung der Bewohner oder andere fürsorgliche Maßnahmen. Eine Anlage für soziale Zwecke wird im Gegensatz zur Wohnung gerade durch die Beschränkung der Eigenverantwortlichkeit der Lebensführung charakterisiert. Anhand dieser Gesichtspunkte ist die Abgrenzung zwischen der Nutzung eines Gebäudes zum Wohnen und der Nutzung zu einer der verschiedenen Formen der Unterbringung von Personen vorzunehmen.

Die Unterbringung der insgesamt 15 Flüchtlinge in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit als Wohnnutzung zu qualifizieren. Die Grundrisse der beiden in sich abgeschlossenen Wohneinheiten in dieser Haushälfte lassen erkennen, dass sowohl die Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoss als auch die weitere Drei-Zimmer-Wohnung, die das Obergeschoss und das Dachgeschoss umfasst, aufgrund der in beiden Wohnungen vorhandenen Küchen und Badezimmer die Möglichkeit einer eigengestalteten Haushaltsführung der Bewohner ermöglicht. Nach dem Konzept der Beigeladenen zu 2, die den Wohnbedarf der ihr zugewiesen Flüchtlinge zu decken hat, ist eine externe Versorgung der sieben Flüchtlinge in der Erdgeschosswohnung und der acht Flüchtlinge in der darüber liegenden Wohnung nicht vorgesehen. Für die zeitgleiche Einnahme von Mahlzeiten in einem gemeinsamen Speisesaal, wie es in Wohnheimen für Flüchtlinge typisch ist, fehlt es in dem Gebäude des Beigeladenen zu 1 auch an den entsprechenden Räumlichkeiten.

Der Senat erachtet es als rechtlich unerheblich, ob und gegebenenfalls in welchem Grad die Bewohner in den beiden Wohnungen miteinander verwandt sind. Eine Wohnnutzung kann nämlich auch bei einer Gemeinschaft von Personen vorliegen, die in einer in sich abgeschlossenen Wohnung leben und die lediglich die Zielsetzung der Reduzierung ihrer Mietkosten verbindet. Nach §§ 3 und 4 BauNVO ist jede Form der Wohnnutzung zulässig, die mit der baulichen Ausgestaltung des Gebäudes in Einklang steht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Anzahl der Wohnung lebenden Personen sich nicht als Überbelegung darstellt. Eine Wohnnutzung ist daher bei klassischen Wohnformen wie studentischen Wohngemeinschaften ebenso zu bejahen wie bei den neueren Formen von Wohngemeinschaften mit mehreren Arbeitnehmern oder mit älteren Menschen. Entsprechendes gilt auch hier für das Zusammenleben von einzelnen Flüchtlingen oder von Flüchtlingsfamilien in derselben Wohnung.

Die Wohnnutzung in der Doppelhaushälfte ist auch auf Dauer angelegt. Diesem Kriterium steht nicht entgegen, dass die Asylbewerber oder Flüchtlingen voraussichtlich nur für die Dauer ihres Anerkennungsverfahrens auf der Grundlage von § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG in den beiden Wohnungen verbleiben werden.

Das Kriterium der Dauerhaftigkeit bildet keine enge Grenze bildet, sondern ist eher flexibel zu handhaben. Dem Begriff des Wohnens unterfällt auch die Lebensführung in einer Wohnung, in der sich eine Person für einen nicht unerheblichen Zeitraum aufhalten wird, auch wenn die Dauer des Verbleibs von vornherein begrenzt ist. Nicht zu fordern ist, dass der Lebensmittelpunkt in den Räumlichkeiten auf unabsehbare Zeit gewählt wird. Die hier angesichts der Vielzahl der Flüchtlinge zu erwartende längere Dauer von Verfahren zur Anerkennung als Asylberechtigte, als Flüchtlinge oder als subsidiär Schutzberechtigte reicht aus, um eine erhebliche Verweilzeit und daher einen Daueraufenthalt zu bejahen.

Dem Kriterium der Freiwilligkeit des Aufenthalts steht nicht entgegen, dass die Flüchtlinge auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Zuweisung nach § 53 Abs. 2 Satz 1 AsylG in die Doppelhaushälfte eingezogen sind. Allein die durch eine Rechtsnorm begründete Verpflichtung zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen führt nicht zu einem unfreiwilligen Verhalten, wenn der Betreffende seiner Rechtspflicht selbsttätig nachkommt. An der Freiwilligkeit fehlt es erst dann, wenn die Befolgung einer Rechtspflicht durch Maßnahmen der Vollstreckung erzwungen wird. Hier liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die 15 Flüchtlinge die ihnen zur Verfügung gestellten beiden Wohnungen nicht aus freien Stücken bezogen haben

Im Hinblick auf die auf Dauer angelegte, freiwillige und eigengestaltete Lebensführung der 15 Flüchtlinge in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 liegt eine Wohnnutzung vor. Für die Bestimmung der Art der baulichen Nutzung ist es dagegen rechtlich unerheblich, wie das Benutzungsverhältnis zwischen dem Beigeladenen zu 1 als Hauseigentümer und der Beigeladene zu 2 ausgestaltet ist. Insbesondere spielt es keine Rolle, dass die Flüchtlinge die Wohnungen durch die öffentliche Hand erhalten haben. Deshalb steht der Annahme einer Wohnnutzung nicht entgegen, dass die Flüchtlinge nicht selbst Vertragsparteien sind und der vorgelegte „Mietvertrag“ mit der Beigeladenen zu 2 zeitlich befristet ist.

Für die Bewertung des Charakters der aktuellen Nutzung der Doppelhaushälfte ist des Weiteren rechtlich unerheblich, ob die Raumbezeichnung in den Grundrissen von 1983 darauf schließen lassen, dass die beiden Wohnungen zuletzt nur von einer Familie bewohnt worden sind. Bei dem mit Bauschein vom 28. September 1949 errichteten Siedlungshaus handelt es sich um eine bauliche Anlage, die - soweit erkennbar - durchweg dem Wohnen gedient hat und auch weiterhin zum Wohnen genutzt wird. Vor der Errichtung des Hauses waren für jede Doppelhaushälfte zwei Wohnungen genehmigt worden. In den Folgejahren sind die beiden Erweiterungen der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 genehmigt worden, nämlich ein Anbau mit Bescheid vom 15. April 1975 und die Aufstockung des Anbaus mit Bescheid vom 25. Mai 1983. Selbst wenn beide Wohnungen zuletzt nur von einer Familie bewohnt gewesen sein sollten, hätte dies keine rechtserhebliche Änderung der Nutzung bewirkt.

Denn die Nutzung mehrerer Wohnungen in einem Haus durch eine Gruppe von Personen stellt nach wie vor eine Wohnnutzung dar.

Eine Aufgabe der Wohnnutzung zugunsten einer Gemeinschaftsunterkunft liegt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht deshalb vor, weil sich durch den Einzug der 15 Flüchtlinge im November 2015 die Zahl der in der Doppelhaushälfte lebenden Personen gegenüber der früheren Situation wesentlich erhöht hat.

Die Nutzung eines Anwesens durch mehrere Familien in zwei Wohnungen stellt gegenüber der anscheinend zuvor vorhanden gewesenen Nutzung der gesamten Doppelhaushälfte durch eine Familie keine rechtserhebliche Änderung dar. Durch die hohe Anzahl der Bewohner wird zwar die Wohnqualität in den Wohnungen deutlich gemindert. Eine Änderung der Art der baulichen Nutzung ist damit indes nicht verbunden. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie hier - durch eine vertragliche Regelung die Höchstzahl der in dem Anwesen wohnenden Flüchtlinge beschränkt wird und auf diese Weise gesichert ist, dass es entsprechend den Vorgaben in § 7 Abs. 1 und 2 HessWoAufG nicht zu einer Überbelegung kommt. Die Antragstellerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung des erforderlichen Mindestbedarfs an Wohnfläche pro Person zunächst in nicht nachvollziehbarer Weise zwischen Erwachsenen und Kindern differenziert hat. Dieser Einwand führt gleichwohl nicht zum Erfolg. Den sieben Personen in der oberen Wohnung steht nämlich jeweils die nach § 7 Abs. 1 HessWoAufG notwendige Fläche von mindestens 9 m2 zur Verfügung, weil auch der dritte Raum im Dachgeschoss, der derzeit ungenutzt ist, mit zu berücksichtigen ist. Im Erdgeschoss wird das Mindestmaß von 9 m2 zwar durch die Belegung des 16 m2 großen Raums 2 mit zwei Personen des ca. 15 m2 großen Raums 3 ebenfalls mit zwei Personen unterschritten. Dies begründet gleichwohl mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Überbelegung. Nach § 7 Abs. 2 HessWoAufG darf nämlich ein einzelner Wohnraum überlassen werden, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 6 m2 vorhanden ist und Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen. Dies dürfte hier im Hinblick auf die 12,5 m2 große Küche anzunehmen sein. Somit besteht aller Voraussicht nach auch kein Abwehranspruch der Antragstellerin im Hinblick auf die von ihr befürchtete Überbelegung. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner dargelegt hat, der Beigeladene zu 1 habe seinen Bauantrag für die Genehmigung einer Nutzung der Kellerräume seiner Doppelhaushälfte zur Unterbringung von Flüchtlingen zurückgezogen.

Das Vorhaben des Beigeladenen zu 1 bedarf entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Baugenehmigung im Hinblick auf die innerhalb der Doppelhaushälfte vorgenommenen Bauarbeiten. Für die Befürchtung der Antragstellerin, es könnte möglicherweise die Standsicherheit auch ihres Gebäudeteils gefährdet sein, fehlt es an einer hinreichenden Darlegung und Glaubhaftmachung eines entsprechenden Sachverhalts.

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 HBO dürfen die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden. Diese Regelung begründet einen öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz gegen Einwirkungen, die vornehmlich durch die Gründung neu errichteter baulicher Anlagen verursacht werden können. Für eine Gefährdung im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 2 HBO reicht aber nicht jede entfernte Möglichkeit eines Schadens aus. Vielmehr muss im Einzelfall eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit gegeben sein, also eine konkrete Gefahr vorliegen. Dafür sind hier keine ausreichenden Anhaltspunkte vorgetragen worden. Der Antragsgegner hat die durchgeführten Bauarbeiten innerhalb der Gebäudehälfte des Beigeladenen zu 1 mit der Erklärung des Dipl.-Ing. F. vom 11. Dezember 2015 beschrieben. In dieser fachlichen Stellungnahme zur statischen Unbedenklichkeit sind die durchgeführten Arbeiten im Einzelnen benannt und ihre Auswirkungen auf die Statik erläutert worden. Eine Veränderung an tragenden Teilen ist ausschließlich mit der Entfernung der im 1. Obergeschoss zwischen dem Esszimmer und der Küche vorhandenen Wandscheibe vorgenommen worden. Ausweislich der Stellungnahme ist die Wand an dieser Stelle durch einen Abfangträger ersetzt worden, der die hinreichende Standsicherheit gewährleistet. Dem ist die Antragstellerin nicht mit einem konkreten Vortrag entgegengetreten. Aus welchen Gründen die vorgelegte statische Unbedenklichkeitserklärung des Herrn F., der als Sachverständiger für die Bewertung von Gebäude-Sachschäden tätig ist, inhaltlich zweifelhaft sein könnte, erschließt sich dem Senat nicht. Daher kann dahinstehen, ob der Dipl.-Ing. F. eine Nachweisberechtigung im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 HBO besitzt.

Die vom Verwaltungsgericht angenommene formelle Illegalität der Nutzung und der Umbaumaßnahmen würde im Übrigen für die Antragstellerin als Nachbarin auch keinen Abwehranspruch begründen. Der Vortrag der Antragstellerin, der Beigeladene zu 1 benötige für sein Vorhaben eine Baugenehmigung, weil die größere Anzahl von Personen, die sich in der Doppelhaushälfte aufhalten, zu einer Erhöhung der öffentlich-rechtlichen Pflichten - wie etwa der Anzahl der vorzuhaltenden Stellplätze - geführt habe und deshalb eine Nutzungsänderung vorliege, lässt keine subjektive Rechtsposition der Antragstellerin erkennen, die verletzt sein könnte.

Lediglich ergänzend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der Einzug der Flüchtlinge in die Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch keine Neubewertung der Stellplatzpflicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 HBO auslöst. Wie sich aus der vorstehenden Begründung des Senats ergibt, dienen die beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen des Beigeladenen zu 1 weiterhin dem Wohnen. Damit liegt keine Nutzungsänderung vor.

Das Verwaltungsgericht hat auch zu Unrecht angenommen, die Antragstellerin könne sich mit Erfolg auf die Verletzung der nachbarschützenden Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 HBO berufen.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 HBO müssen Gebäude einen ihrer Nutzung und Lage entsprechenden Schallschutz haben. Ziel dieser Regelung ist es, die Bewohner des Gebäudes vor übermäßigem Lärm zu schützen. Die Konkretisierung der Anforderung ergibt sich entsprechend den Ausführungen der Antragstellerin für Bauvorhaben aus der DIN 4109, Ausgabe 1989-11 , die mit Erlass des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 27. Juni 2003 eingeführt worden ist. Werden diese technischen Baubestimmungen beachtet, liegt für die bauliche Maßnahme ein ausreichender Schallschutz vor. Jedoch ist im vorliegenden Fall der in der DIN 4109 festgelegte technische Standard nicht für das am 28. September 1949 auf der Grundlage der Baupolizeiverordnung vom 15. August 1932 genehmigte Siedlungshaus maßgeblich. Das Gebäude genießt aufgrund dieser Baugenehmigung Bestandsschutz. Auch für den später vorgenommenen Anbau sowie die nachfolgende Aufstockung des Anbaus wurden die jeweils erforderlichen Baugenehmigungen mit Verfügungen vom 15. April 1975 und 25. Mai 1983 erteilt. Daher kann die Antragstellerin sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass für die gemeinsame Trennwand der beiden Doppelhaushälften keine schallschutztechnischen Maßnahmen ergriffen worden sind. Hieraus folgt, dass auch die schalltechnische Stellungnahme Dipl.-Ing. G. vom 16. November 2015, der als Beurteilungsgrundlage die DIN 4109 zugrunde liegt, keine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommt.

Eine andere rechtliche Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass möglicherweise zu irgendeinem Zeitpunkt nach 1975 im Obergeschoss des Bestandsgebäudes die Innenwand zwischen der Küche und dem Esszimmer entfernt worden sein könnte. Diese offene Gestaltung ist den Bauvorlagen von Mai 1983 als Bestand eingezeichnet. Andererseits war zwischen diesen beiden Räumen im September 2015 eine Wandscheibe vorhanden, die entfernt worden ist. Selbst wenn innerhalb der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 eine Wand entfernt worden sein sollte, würde diese geringfügige Veränderung nicht die Bestandskraft der im September 1949 erteilten Baugenehmigung für das Doppelhaus beseitigen.

Sollte aufgrund des fehlenden Schallschutzes an der Trennwand des Bestandsgebäudes eine konkrete Gesundheitsgefahr durch erhebliche Lärmbelästigungen für die Antragstellerin bestehen, eröffnet § 53 Abs. 3 HBO die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde, gegebenenfalls nachträgliche Anforderungen für die gemeinsame Trennwand der Doppelhaushälften zu stellen. Eine nachträgliche Anordnung nach § 53 Abs. 3 HBO greift entschädigungslos in den legalen Bestand ein. Deshalb sind an die Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme hohe Anforderungen zu stellen. Da eine solche nachträgliche Anordnung jedoch bislang nicht ergangen ist, steht dem geltend gemachten Anspruch der Antragstellerin auf ausreichenden Schallschutz der Bestandsschutz des Gebäudes entgegen.

Die weiteren Darlegungen der Antragstellerin, die das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung einer mangelnden Wohnnutzung nicht geprüft hat, führen ebenfalls nicht zum Erfolg des Rechtsschutzgesuchs der Antragstellerin

Fehl geht der Einwand der Antragstellerin, die Flüchtlingsunterkunft in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen begründe höhere Brandschutzanforderungen nach § 13 Abs. 1 HBO, die nicht eingehalten worden seien. Denn wie oben bereits ausgeführt worden ist, sind die beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 rechtlich nicht als Gemeinschaftsunterkunft zu bewerten.

Schließlich begründet auch das Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme aus § 15 BauNVO keinen Anspruch der Antragstellerin auf die von ihr erstrebte Nutzungsuntersagung.

Der in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO normierte Schutz vor unzumutbaren Belästigungen und Störungen ist als Ausprägung des allgemeinen Gebots der Rücksichtnahme drittschützend. Er verleiht dem betroffenen Nachbarn ein Abwehrrecht gegen ein konkretes Bauvorhaben des Nachbarn, wenn das Gebot der Rücksichtnahme verletzt wird. Die Anforderungen, die das Gebot begründet, hängen von den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen des Bauherrn sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Vorhabenträger und andererseits dem Nachbarn nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Entscheidend ist letztlich, ob eine für den Nachbarn des Bauherrn unzumutbare Beeinträchtigung entsteht.

Diese Grundsätze des nachbarlichen Rücksichtnahmegebots sind hier jedoch nicht anwendbar. Der Verletzung des von der Antragstellerin angeführten Gebots der nachbarlichen Rücksichtnahme steht nämlich entgegen, dass die behaupteten Lärmimmissionen nicht mit Mitteln des Baurechts unterbunden werden können. Als unzumutbar können im nachbarschaftlichen Verhältnis nur solche Einwirkungen angesehen werden, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage typischerweise auftreten. Dann sind sie von bodenrechtlicher Relevanz und können als städtebaulicher Gesichtspunkt bei der Prüfung des Nachbarschutzes nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO Beachtung finden. Störungen, die allein durch ein Fehlverhalten einzelner Bewohner in einem benachbarten Anwesen ausgehen, können nur mit Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts oder des zivilen Nachbarrechts beseitigt werden. Entsprechendes gilt für sonstige Belästigungen durch soziale Konflikte.

Ungeachtet des fehlenden Anwendungsbereichs des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergäbe sich nach den dargestellten Maßstäben im vorliegenden Fall keine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Rechtsverletzung. Die von den 15 Bewohnern der benachbarten Doppelhaushälfte verursachten Lärmimmissionen in dem Gebäude der Antragstellerin wären nach den konkreten Umständen nicht als unzumutbar zu bewerten.

Der Senat verkennt bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten nicht, dass der von den 15 Bewohnern in der Doppelhaushälfte des Beigeladenen zu 1 verursachte Lärm wegen des Fehlens technischer Lärmschutzmaßnahmen an der gemeinsamen Trennwand des Siedlungshauses zu einem erheblichen Teil in die Gebäudehälfte der Antragstellerin übertragen wird. Eine besondere Schutzbedürftigkeit der Antragstellerin ergibt sich daraus, dass nach den Grundrissen ihr Schlafzimmer unmittelbar an diese Trennwand angrenzt.

Unabhängig von diesen Gesichtspunkten ist die Behauptung der Antragstellerin rechtlich unerheblich, die Lärmimmissionen würden die nach § 48 Abs. 1 BImSchG i. V. m der TA-Lärm vom 26. August 1998 für ein reines Wohngebiet genannten Richtwerte übersteigen. Die Maßstäbe der TA-Lärm können nämlich nach dem in Nr. 1 genannten Anwendungsbereich nur herangezogen werden, wenn Geräusche zu bewerten sind, die von technischen Anlagen ausgehen. Bei den von der Antragstellerin gerügten Beeinträchtigungen handelt es sich jedoch um verhaltensbedingte Lärmimmissionen. Sie sind mit dem Lärm von Anlagen nicht vergleichbar.

Ungeachtet des mangelnden Anwendungsbereichs des Rücksichtnahmegebots fällt bei der Bewertung der widerstreitenden nachbarlichen Interessen zu Ungunsten der Antragstellerin ins Gewicht, dass sich aus ihren Darlegungen keine Hinweise auf einen nachträglichen Einbau von lärmschützenden Baumaterialien auf ihrer Seite der gemeinsamen Trennwand ergibt. Ihr ist es aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, von dem Beigeladenen zu 1 Maßnahmen zu verlangen, die sie selbst nicht durchgeführt hat, obwohl sie die Möglichkeit dazu gehabt hat.

Zugunsten des Beigeladenen zu 1 ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude Bestandsschutz genießt. Es hat auch keine Nutzungsänderung stattgefunden. Die in dem Anwesen untergekommenen 15 Flüchtlinge wohnen in den beiden in sich abgeschlossenen Wohnungen. Ihre Wohnnutzung unterscheidet sich nicht grundlegend von sonstigen Formen des Zusammenwohnens von Großfamilien oder Wohngemeinschaften. Eine Beschränkung der Personenzahl, die in eine Wohnung aufgenommen werden darf, ergibt sich weder aus dem Bauplanungsrecht noch aus dem Bauordnungsrecht. Allein die Regelungen in § 7 HessWoAufG enthalten Grenzen für die Belegung von Wohnungen. Der dort genannte Flächenbedarf pro Person ist hier indes erfüllt. Im Hinblick auf diese Rechtslage muss ein Nachbar es grundsätzlich hinnehmen, wenn eine aus sieben oder acht Personen bestehende Familie oder eine entsprechend große Wohngemeinschaft in eine Drei-Zimmer-Wohnung einzieht.

Als weiterer Gesichtspunkt für die Zumutbarkeit der gerügten Beeinträchtigungen tritt hinzu, dass gegenwärtig ein enormer Bedarf an Wohnraum für Flüchtlinge besteht. Dieser Sachverhalt hat auch in den zwei Novellierungen des Baugesetzbuches vom 20. November 2014 und vom 20. Oktober 2015 Eingang in das Bauplanungsrecht gefunden. Im Anwendungsbereich der geänderten Normen ist dieser Wohnbedarf als Grund des Allgemeinwohls zu berücksichtigen. Das damit ausdrücklich normierte öffentliche Interesse an der Schaffung ausreichenden Wohnraums für Flüchtlinge ist bei der Bewertung der nachbarlichen Interessenlage zugunsten des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 2 einzustellen.

Nach alledem ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §161 Abs. 2 Satz 1 VwGO und § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des erledigten Teils des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Sie sind der Antragstellerin aufzuerlegen, weil ihr Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlass einer Baueinstellungsverfügung aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätte. Im Übrigen hat die Antragstellerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der beiden Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig. Es entspricht nämlich nicht der Billigkeit, ihre Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn die Beigeladenen haben im Verfahren keine Anträge gestellt.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Der Senat bringt für jeden der beiden Anträge der Antragstellerin einen Teilstreitwert in Höhe von 2.500,00 € in Ansatz. Hieraus errechnet sich der festgesetzte Gesamtstreitwert.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung, die die zeitlich befristete Nutzungsänderung von gewerblich genutzten Gebäuden in eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber betrifft.

Der Beigeladene ist Eigentümer des westlich der …straße in … gelegenen Vorhabengrundstücks …straße … (FlNr. … Gemarkung …). Das Vorhabengrundstück ist mit einem eingeschossigen, an die westliche und südliche Grundstücksgrenze angrenzenden Gebäude sowie mit einem sich an dieses unmittelbar anschließenden eingeschossigen Zwischenbau sowie einem an die südliche Grundstücksgrenze angrenzenden, zweigeschossigen Gebäude bebaut. Für letzteres wurde zuletzt mit Bescheid vom 30. Juni 2008 eine Genehmigung für die Umnutzung von Lager in Büroräume bzw. in ein Fahrzeuglager erteilt, wobei entsprechend der Bauvorlagen das Fahrzeuglager im Keller und Erdgeschoss und die Büroräume im 1. Obergeschoss situiert waren. Auf dem Grundstück hat das Unternehmen des Beigeladenen, die Firma …, ihren Sitz. Diese führt Autotransporte nach Griechenland durch.

Die Klägerin ist ein Industrieunternehmen der Automobilzulieferungsbranche und betreibt am Standort … seit Juli 2011 zwei Werke zur Produktion von Getriebeteilen mit insgesamt rund 1.000 Industriearbeitsplätzen. Das klägerische Werk 2 liegt wie das Grundstück des Beigeladenen westlich der …straße (…straße …, FlNr. … Gemarkung …) und grenzt unmittelbar südlich an dieses und an die darauf befindlichen Gebäude an. Das Werk 1 liegt vom Vorhabengrundstück ca. 300-400 m in östlicher Richtung entfernt (FlNr. …, …, … und … Gemarkung …).

Alle vorgenannten Grundstücke liegen, insoweit zwischen den Beteiligten unstrittig, in einem faktischen Industriegebiet, ein Bebauungsplan für das Gebiet existiert nicht.

Im Februar 2016 beantragte der Beigeladene die Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des grenzständig zum Klägergrundstück gelegenen zweigeschossigen Gebäudes zu Wohnraum für bis zu 61 Asylsuchende (im Folgenden „Vorhaben I“, hiesiger Streitgegenstand), mit anschließender Nutzung im ursprünglichen Zustand für das Erdgeschoss und das Obergeschoss. Die Unterbringung sollte nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Dabei war vorgesehen, dass die vorhandenen Grundrisse als abgeschlossene Einheiten erhalten bleiben und die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Weiter waren auf jedem Geschoss eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Das sich westlich daran anschließende eingeschossige Gebäude war nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 22. Februar 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Ausnahme für die Dauer von drei Jahren für eine Anlage für soziale Zwecke und die Befreiung wegen der wohnähnlichen Nutzung erteilt werden können; die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB lägen vor.

Mit Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen hinsichtlich des Vorhabens I die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Umnutzung des Bürogebäudes in Asylsuchendenunterkunft mit 61 Betten für die Dauer von 3 Jahren“ unter Gewährung einer Ausnahme gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Gewerbegebiet und einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 10 BauGB für die Unterbringung einer wohnähnlichen Nutzung in einem Gewerbegebiet. Auflagen zum Immissionsschutz insbesondere zum passiven Lärmschutz, waren im Bescheid nicht enthalten. Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde am 23. Mai 2016 übermittelt.

Auf die Einwendungen der Klägerin hin wurde hinsichtlich des Vorhabens I der Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erlassen, in welchem die nähere Umgebung des Baugrundstücks als Industriegebiet nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 9 BauNVO eingestuft und in Nr. 1 des Änderungsbescheids eine Befristung der Genehmigung auf die Dauer von 3 Jahren ab dem Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme ausgesprochen, mit Nr. 2 eine Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gewährt und mit Nr. 3 eine Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB erteilt wurde. Dem Bevollmächtigten der Klägerin wurde der Änderungsbescheid am 7. Juni 2016 per E-Mail übermittelt.

Mit am 8. Juni 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin Klage gegen die Genehmigung des Vorhabens I erhoben.

Am 11. Juli 2016 beantragte der Beigeladene auch eine Baugenehmigung für die befristete Nutzungsänderung des westlich auf seinem Grundstück gelegenen, bisher als Lager genutzten eingeschossigen Gebäudes zur Unterkunft für 42 Asylsuchende sowie für die Aufstockung dieses bislang eingeschossigen Gebäudes um ein Geschoss zur Büronutzung (im Folgenden „Vorhaben II“, AN 9 K 17.00173).

Die Unterbringung sollte - wie auch schon beim Vorhaben I - nicht als Sammelunterkunft oder Erstaufnahmeeinrichtung dienen, sondern als sog. dezentrale Unterbringung. Auch hier war vorgesehen, dass die untergebrachten Personen sich selbst verpflegen. Es war u.a. eine Gemeinschaftsküche sowie gemeinschaftlich genutzte Wasch- und Toilettenräume geplant. Mit planungsrechtlicher Stellungnahme vom 12. Juli 2016 erteilte das Stadtplanungsamt … für die Beklagte das gemeindliche Einvernehmen und führte aus, dass eine Befreiung von der Art der Nutzung auf der Grundlage des §§ 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden könne, wenn der gutachterliche Nachweis erbracht werde, dass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewahrt seien, die in den noch zu erstellenden Gutachten (insbesondere zu Lärm, Erschütterung und Luftreinheit) formulierten Auflagen beachtet werden und etwaige gewerbliche Nutzungsbereiche auf dem Baugrundstück von der Unterkunft klar abgegrenzt werden, um eine Gefährdung der Bewohner auszuschließen. Nach der Stellungnahme der Fachstelle für Sondergutachten der Beklagten (... …...) vom 10. Januar 2017 sei aufgrund langjähriger Erfahrung mit Speditionsbetrieben davon auszugehen, dass beim Betrieb der Spedition auf dem Vorhabengrundstück keine gesundheitsgefährdende Luftverunreinigung entstehe. Gleiches gelte auch für das südlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Schmelzwerk der Klägerin. Die Einhaltung der Anforderungen der TA Luft werde in regelmäßigen Abständen oder durch kontinuierlich durchgeführte Messungen sichergestellt. Bezüglich der Einwirkungen durch Lärm und Erschütterungen sei das Vorhaben zulässig, wenn entsprechende Auflagen eingehalten werden. Daher seien die zur Beurteilung der Immissionssituation durch das Stadtplanungsamt geforderten Gutachten (Lärm, Erschütterungen, Luftschadstoffe) aus Sicht der Fachstelle nicht erforderlich.

Diesem Antrag war ein Antrag vom März 2016 vorausgegangen, mit dem der Beigeladene die Genehmigung der Aufstockung der bestehenden Lagerhalle für die Nutzung als Unterkunft für 84 Asylsuchende begehrt hatte. Nach der Mitteilung der Beklagten, dass sie dieses Vorhaben als nicht genehmigungsfähig ansehe, da auf Grundlage des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur Nutzungsänderungen genehmigt werden könnten, jedoch keine Neubauten bzw. Aufstockungen, hatte der Beigeladenen diesen Antrag ebenfalls mit Schreiben vom 11. Juli 2016 zurückgezogen.

Mit Bescheid vom 11. Januar 2017 erteilte die Beklagte hinsichtlich dieses Vorhabens II die bauaufsichtliche Genehmigung für die Nutzungsänderung von Lager zur Unterkunft für Asylbewerber (42 Personen, befristet auf 3 Jahre) und zur Aufstockung zur Büronutzung unter Gewährung einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB und einer Ausnahme gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO für die Errichtung einer Anlage für soziale Zwecke in einem Industriegebiet. Des Weiteren wurde hinsichtlich der Aufstockung des vorhandenes Gebäudes eine Abweichung gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO von Art. 6 Abs. 2 BayBO wegen Nichteinhaltung der nach Art. 6 Abs. 7 BayBO i.V.m. der Abstandsflächensatzung der Stadt … erforderlichen Abstandsflächen zum nördlich angrenzenden Nachbargrundstück auf FlNr. …, Gemarkung …, zugelassen. In Umsetzung der Stellungnahme der Fachstelle … sind im Bescheid überdies folgende Nebenbestimmungen enthalten:

„29. Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel:

tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

30. Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 2 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierender Maßnahmen vorbehalten.“

Da die Klägerin als Eigentümerin eines Nachbaranwesens dem Bauvorhaben nicht zugestimmt hatte, wurde ihr eine Ausfertigung der Baugenehmigung mittels Postzustellungsurkunde übermittelt.

Mit am 26. Januar 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom gleichen Tag hat die Klägerin auch gegen die Genehmigung des Vorhabens II Klage erhoben, die unter dem Az. AN 9 K 17.00173 geführt wird.

Mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 ergänzte die Beklagte den zu Vorhaben I ergangenen Baugenehmigungsbescheid vom 11. Mai 2016 in der durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 erhaltenen Fassung um folgende technische Auflagen zum Immissionsschutz:

„a) Zum Schutz vor Außenlärm sind die Umfassungsbauteile der Unterkunftsräume (Außenwände, Fenster) einschließlich der erforderlichen Lüftungseinrichtung schallschutztechnisch so zu dimensionieren, dass der Mittelungspegel Lm im Raum bei geschlossenen Fenstern folgende Pegel: tags 40 dB(A) nachts 30 dB(A) nicht überschreitet.

Ein messtechnischer Nachweis über die Anforderungen bleibt vorbehalten.

b) Die Anforderungen an den Erschütterungsimmissionsschutz aus der Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2 Erschütterungen im Bauwesen sind zu beachten. Bei Auftreten von Beschwerden bleibt ein Nachweis der Anforderungen der DIN 4150-2 und ggf. körperschallisolierter Maßnahmen vorbehalten.“

Zur Begründung der in Zusammenhang stehenden Klagen lässt die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass die beiden Genehmigungen rechtswidrig seien und gegen auch dem Nachbarschutz dienende Vorschriften verstießen. So sei schon der Gebietserhaltungsanspruch der Klägerin verletzt. Zudem würden sich die Vorhaben der Klägerin gegenüber als rücksichtslos erweisen und diese in ihrem Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen.

Der klägerische Anspruch auf Gebietserhaltung sei verletzt, da die streitgegenständlichen Genehmigungen eine Wohnnutzung bzw. wohnähnlichen Nutzung zuließen, was in einem faktischen Industriegebiet nicht zulässig sei. Entgegen der Meinung der Beklagten könnten die streitgegenständlichen Genehmigungen nicht auf § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB gestützt werden.

Die Norm sei bereits verfassungswidrig.

Unabhängig davon, sei § 246 Abs. 12 BauGB hier nicht anwendbar, da es für das streitgegenständliche Gebiet keinen Bebauungsplan gebe, die Norm jedoch das Vorhandensein eines solchen zwingend voraussetze.

Die Anwendbarkeit von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB scheide auch deshalb aus, weil dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Zum einen gelte die Norm nur für die Schaffung von „Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylsuchende“ und gerade nicht auch für „autarkes und selbstständiges Wohnen“. Die streitgegenständlichen Vorhaben stellten keine „Unterkunft“ i.d.S. dar, da die Asylsuchenden hier ihren häuslichen Wirkungskreis autark und selbstständig gestalten könnten. So würden die Vorhaben aus in sich abgeschlossenen Wohneinheiten bestehen, denen namentlich gekennzeichnete Briefkästen zugeordnet seien, und es sei vorgesehen, dass die Bewohner sich selbst verpflegen und ihre Wäsche selbst reinigen. Auch existieren weder Portier noch Security und auch keine Kantine, was gerade Merkmale eines Heimes seien. Das Vorhaben sei vielmehr als „Wohnen“ zu qualifizieren; dem stehe auch nicht entgegen, dass die Bewohner den Wohnungen behördlich zugewiesen seien oder die Beklagte die Wohnungen vom Beigeladenen für die Bewohner anmiete (unter Verweis auf HessVGH, B.v. 3.3.2016 - 4 B 403/16 und HessVGH, B.v. 18.9.2015 - 3 B 1518/15).

Zum anderen sei die Anwendbarkeit des Privilegierungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB auf „Nutzungsänderungen“ begrenzt. Die Bauvorhaben könnten jedoch nicht mehr als bloße Nutzungsänderung qualifiziert werden. Dies gelte vor allem für Vorhaben II, aber auch Vorhaben I stelle insbesondere aufgrund der mit der Baumaßnahme verbundenen Erhöhung des Nutzungsmaßes, der umfangreichen Umbaumaßnahmen und der damit einhergehenden Auswechslung der Identität der Gebäude eine bauliche „Änderung“ dar. Dass es sich bei Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung jedoch um völlig verschiedene Bauvorgänge handele, folge bereits aus § 29 Abs. 1 BauGB. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB könne auf „Änderungen“ auch nicht analog angewandt werden. Dem stehe neben dem eindeutigen Wortlaut auch der gesetzgeberische Wille entgegen.

Soweit man hier § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB wider Erwarten für anwendbar erachte, müsse jedenfalls die Abwägung der nachbarlichen und öffentlichen Interessen zugunsten der Klägerin ausfallen.

Zu den öffentlichen Belangen gehörten auch gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse, die hier nicht vorlägen.

Allein vom Betrieb der Klägerin wirke ein ganzer „Immissions-Cocktail“ Tag und Nacht durch Erschütterungen, Geruch, Lärm, Abluft und Licht auf das Vorhaben ein. Das unmittelbar angrenzende Werk 2 der Klägerin werde zulässigerweise im 24-Stunden-Betrieb an 6 Tagen pro Woche (Montag bis Samstag) gefahren. Im Werk werden Emissionen von über 90 dB(A) aufgrund der Pressen und des Bearbeitens der Druckgussteile erreicht. Zudem seien die Schalleinwirkungen stark impulshaltig. Die Außenwände der Hallen seien nicht gedämmt, so dass davon auszugehen sei, dass sich ein maßgeblicher Schallübertrag hin zur geplanten Unterkunft ergebe. Auch die Abluftkamine seien 24 Stunden am Tag (Mo-Sa) in Betrieb. Überdies finde zwischen den beiden klägerischen Werken ganztägig (auch nachts) stündlich interner Hängerzugverkehr mit einem permanenten Geräuschpegel statt. Zudem sei klägerseits beabsichtigt, im Rahmen des bereits bestandskräftig genehmigten Betriebs in den kommenden Jahren die Produktion im Werk 2 zu steigern. Auch die vom Werk der Klägerin auf die Asylbewerberunterkunft einwirkenden Erschütterungen seien für die Bewohner unzumutbar. Neben den starken impulshaltigen Schallimmissionen komme es beim Schließen der Druckgussanlagen und aufgrund des eingesetzten Schwerlastkrans zu nicht unmaßgeblichen Vibrationen im gesamten Werk. Diese würden auch auf die Außenwände und die Schlafräume der Asylsuchenden übertragen. Durch Verwendung von Trennmitteln (Wasser-Öl-Gemisch) würden auch erhebliche Geruchsemissionen im Produktionsprozess freigesetzt, die über die Dachentlüftungen ins Freie gelangten. Im Rahmen des Betriebs des klägerischen Werks sei die übliche produktions- und sicherheitstechnische Ausleuchtung auch der Außenbereiche erforderlich, so dass die östlichen und westlichen Frontseiten der Asylbewerberunterkunft und deren Fenster einer permanenten Lichteinwirkung auch während der Nachtruhe ausgesetzt seien. Zur Untermauerung der durch das genehmigte Vorhaben verursachten nachbarlichen Beeinträchtigungen werde insoweit auf das seitens der Klägerin in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Prof. … und des Dipl-Ing. … vom 12. August 2016 sowie auf dessen Ergänzung vom 7. August 2017 verwiesen. Die vorhandene Immissionsbelastung werde zusätzlich noch durch die Emissionen zahlreicher anderer Unternehmen mit entsprechendem Schwerlastverkehr verschärft. Überdies verlaufe im Westen die Bahnlinie der … und … Asylbewerberunterkünfte seien auch als wesentlich schutzwürdiger einzuordnen als die in dem streitgegenständlichen Gebäude vormals vorhandene Büronutzung. In epidemiologischen Studien sei erwiesen, dass gerade dem Nachtschlaf eine hohe Bedeutung für die Gesundheit zukomme und durch Aufwachreaktionen während der Nachtzeit das Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen signifikant erhöht sei. Auch sei besonders zu berücksichtigen, dass die Bewohner der streitgegenständlichen Vorhaben hier gleichzeitig verschiedenen Lärm- und Immissionsarten ausgesetzt seien, auch verstärkte Kombinationswirkungen seien daher zu beachten.

Des Weiteren sei zu beachten, dass hier die Industrienutzung nicht nur planungsrechtlich zulässig sei, sondern auch konkret ausgeübt werde (unter Verweis auf VG München, B.v. 23.5.2016 - M 11 S 16.1363).

Soweit die Beklagte bezüglich des Vorhabens I im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz festgeschrieben habe, sei schon völlig unklar, was die Beklagte mit den Formulierung, dass Nachweise über die Anforderungen vorbehalten blieben, überhaupt regeln möchte. Es dränge sich der Eindruck auf, dass diese „Regelungen“ wachsweich und zur Zielerreichung uneffektiv seien. Auch sei die bloße Festsetzung von Immissionsrichtwerten ohne die flankierende Anordnung von Überwachungsmaßnahmen, die deren Einhaltung sicherstellen zur Zielerreichung mit Blick auf den Gesundheitsschutz der Bewohner ungeeignet. Für die Klägerin dränge sich zudem die Frage auf, warum die Beklagte einerseits der Klägerin gegenüber in allen Genehmigungsbescheiden jeweils ein umfangreiches Programm an Auflagen zur Überwachung von Immissionswerten mit detaillierten Vorgaben zu Art, Umfang und Häufigkeit der Messung anordne, den Beigeladenen von derartigen Anordnungen indes vollständig verschone. Ein sachlicher Grund für eine solche Ungleichbehandlung sei nicht erkennbar.

Soweit die Beklagte das Vorliegen einer „prekären Immissionssituation“ mit einem Verweis auf ein klägerseits erstelltes Gutachten der … Nr. … vom 13. Juni 2017 in Abrede stellen wolle, sei dem nicht zu folgen. Die Beklagte trage zwar vor, dass das Gutachten zu dem Schluss komme, dass am Anwesen …straße, das im Gutachten als Wohngebäude ausgewiesen sei und welches den streitgegenständlichen Vorhaben gegenüber liege, lediglich eine vom klägerischen Betrieb ausgehende Lärmbelastung von 53 dB(A) für den Tag- bzw. 48 dB(A) für den Nachtbetrieb vorliege. Es liege jedoch schon kein „Gutachten“ vor. Die Beklagte berufe sich auf ein Dokument was ausdrücklich mit „Entwurf“ gekennzeichnet sei und hier nicht herangezogen werden könne. Überdies sei im Anwesen …straße ... auch keine Wohnnutzung genehmigt worden. Selbst wenn eine Baugenehmigung für eine Betriebsleiterwohnung vorliegen sollte, sei diese endgültig aufgegeben worden.

Das Vorhaben I verletze auch die Brandschutzanforderungen. Die Ausführung der Wand zum klägerischen Gebäude hin als hochfeuerhemmend weiche von den genehmigten Brandschutzplänen ab. So sei in die als Brandwand definierte Wand ein Lüftungsrohr mit einem erheblichen Durchmesser eingebracht worden. Auch sei im einspringenden Winkel abweichend zur Genehmigung ein zusätzliches Fenster eingebaut worden. Es bestehe daher eine erhöhte Gefahr des Brandüberschlags auf das klägerische Werk. Vor diesem Hintergrund sei auch relevant, dass gerade Flüchtlingsunterkünfte einer erhöhten Brandgefahr unterlägen, die einerseits auf strafbare Brandstiftungen Dritter zurückzuführen sei, andererseits aber auch auf einen unangemessenen Umgang der Bewohner z.B. mit Kocheinrichtungen. Gerade vor diesem Hintergrund wäre es geboten gewesen, gegenüber dem Beigeladenen Brandschutzmaßnahmen wie insbesondere eine ausreichend dimensionierte Brandschutzwand zum Werk 2 der Klägerin anzuordnen.

Überdies habe die Klägerin erst jüngst eine sehr bewusste Entscheidung getroffen, den Standort … mittel- und langfristig aufrecht zu erhalten. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 13 Millionen EUR. Das Interesse des Beigeladenen an dem Vorhaben sei hingegen ein rein kommerzielles, das darauf gerichtet sei, mit geringstem Aufwand einen maximalen Gewinn zu erzielen. Das Interesse der Klägerin sei indes darauf gerichtet, den Standort … mit seinen 1.000 Industriearbeitsplätzen zu erhalten und unnötige zusätzliche immissionsschutzrechtliche Anforderungen abzuwehren.

Die erteilte Befreiung sei daher bei Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar.

Bezweifelt werde überdies, ob insbesondere hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorhabens I überhaupt eine ergebnisoffene Prüfung stattgefunden habe. Die Beklagte habe den Beherbergungsvertrag mit dem Beigeladenen bereits am 10. Dezember 2015 abgeschlossen, also bereits bevor ihr auch nur die Bauvorlagen für den Bauantrag des Beigeladenen zur Prüfung vorlagen, geschweige denn eine Genehmigung erteilt worden war. Dies spreche gerade für keine ergebnisoffene rechtsförmige Prüfung des Bauantrags. Vielmehr habe sich die Beklagte bereits vor Erteilung der Baugenehmigung vertraglich auf das Zustandekommen des Vorhabens bindend festgelegt.

Das genehmigte Vorhaben stelle sich mit Blick auf den oben stehenden Vortrag gegenüber dem Betrieb der Klägerin auch als „rücksichtslos“ dar, weil dieser aufgrund des „Heranrückens“ der schutzwürdigen Wohnnutzung dem Risiko zusätzlicher immissionsschutzrechtlicher Anforderungen ausgesetzt werde.

Die Klägerin beantragte zuletzt,

den Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. Juni 2016 sowie des Ergänzungsbescheids vom 1. August 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führte sie aus, die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 BauGB seien vorliegend erfüllt.

Trotz der unstreitig vorhandenen Immissionen könne es keineswegs als gesichert gelten, dass in der Unterkunft der Gesundheit abträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschten. Die seitens der Klägerin vorgelegten Gutachten beschrieben zwar anschaulich die vom Betrieb der Klägerin ausgehenden Emissionen, welche Immissionen allerdings konkret am streitgegenständlichen Vorhaben ankämen - nur auf diese komme es an -, bleibe offen. Auch genüge das Gutachten nicht den Anforderungen an eine Immissionsprognose.

Die Beklagte verkenne die Anforderungen an den Immissionsschutz für Flüchtlingsunterkünfte nicht. Jedoch sei insbesondere hinsichtlich der Lärmproblematik darauf hinzuweisen, dass die Grenze zur Gesundheitsschädlichkeit jedenfalls dann nicht überschritten sei, wenn die ansonsten nach der TA-Lärm in Kern-, Dorf- und Mischgebieten geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls innerhalb der Unterkünfte eingehalten werden könnten. Davon sei auszugehen. Für das Grundstück des Beigeladenen gebe es bislang zwar weder Immissionsprognosen, noch seien für dieses in an die Klägerin gerichteten Bescheiden Immissionsrichtwerte festgelegt worden. Allerdings sei mit bestandskräftigem Bescheid vom 1. März 2016 der Klägerin aufgegeben worden, dass der Immissionsrichtwertanteil des Gesamtbetriebs am Standort Werk 2 den Immissionsrichtwertanteil von 65 dB(A) tags wie nachts am benachbarten Wohngebäude …straße ... (FlNr. …; „Immissionsort 6“) nicht überschreiten dürfe.

Nach dem seitens der Klägerin im Rahmen eines Verfahrens nach dem BImSchG in Auftrag gegebenen Gutachten der …vom 13. Juni 2017 zur Ermittlung der Geräuschimmissionen würden die zulässigen Immissionsrichtwertanteile am benachbarten Wohnhaus zur Nachtzeit deutlich unterschritten. Die Beurteilungspegel betrügen dort für den Tagbetrieb 53 dB(A) und für den Nachtbetrieb 48 dB(A). Der Gutachter berücksichtige im Entwurf der Lärmprognose auch die Abluftkamine. Nichts anderes könne insofern in Bezug auf die benachbarten Vorhaben des Beigeladenen gelten.

Soweit die Klägerin vortrage, im benachbarten Wohnhaus sei überhaupt keine Wohnnutzung genehmigt worden, könne dem nicht zugestimmt werden. Für das Anwesen …straße ... sei mit der Baugenehmigung vom 1. November 1948 auch eine Wohnnutzung im 2. Stockwerk genehmigt worden. Ob und gegebenenfalls seit wann die Wohnnutzung aufgegeben wurde, sei der Beklagten nicht bekannt. Selbst wenn die Wohnnutzung derzeit nicht ausgeübt werden sollte, würde jedoch auch eine längere Unterbrechung nicht ohne Weiteres die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellen. Letztlich sei die Genehmigungssituation des Anwesens …straße ... auch nicht entscheidend, denn es komme nicht auf die diesbezügliche Genehmigungssituation an, sondern vielmehr darauf, welche Immissionen in welcher Höhe auf das Anwesen bzw. die bauliche Anlage tatsächlich einwirken würden.

Ob und in welcher Weise das streitgegenständliche Vorhaben durch Erschütterungen betroffen sei, sei nicht bekannt. Der Beigeladene sei jedoch zur Einhaltung der einschlägigen Anforderungen (DIN 4150 Teil 2) verpflichtet.

Zur Thematik „Abluft“ sei richtig zu stellen, dass die geplante Asylbewerberunterkunft nicht, wie von der Klägerin ausgeführt, „direkt an die Abluftkamine“ angrenze. Richtig sei vielmehr, dass die zahlreichen Kamine in der Mehrzahl nicht unmittelbar an das streitgegenständliche Gebäude angrenzten. Die Art und das Ausmaß der durch Abluft verursachten Immissionen seien bislang nicht geprüft worden, allerdings seien zur Umsetzung der Anforderungen zur Luftreinhaltung nach dem Stand der Technik die Anzeigenbestätigungen der Klägerin nach § 17 BImSchG mit Auflagen zur Emissionsbegrenzung verbunden worden. Beispielsweise wurde hier auf die Auflagen aus dem Bescheid vom 17. Juli 2013 verwiesen. Überdies verteile sich Abluft aus Kaminen (Schornsteinen) weiträumig. Erfahrungsgemäß sei die Belastung durch die Emissionen in unmittelbarer Nähe keine höhere als im weiteren Umfeld. Dies verdeutliche auch das wiederum seitens der Beklagten im Auftrag gegebene Gutachten der … vom 11. Januar 2017, wenn auch zu Hallen im Werk 1 der Klägerin. Nicht gefolgt werde deshalb der Auffassung des Gutachters der Klägerin, dass aufgrund des Satteldachs des Werks 2 und des Dachüberstandes der wandschüssig errichteten Asylbewerberunterkunft von 2 m die freie Abströmung der Luft behindert werde.

Auch die Sorge der Klägerin, dass insbesondere durch das Vorhaben I Brandüberschläge begünstigt würden, werde nicht geteilt. So habe sich die ursprüngliche Annahme der Klägerin, bei der Unterkunft handele es sich um „einen umfunktionierten Bürocontainer in Leichtbauweise, der naturgemäß durch dünne Außenwände gekennzeichnet sei, nicht bewahrheitet. Tatsächlich handele es sich bei dem Gebäude des Vorhabens I um einen bestehenden Massivbau in Stahlbeton- und Mauerwerksbauweise. Gemäß dem Brandschutznachweis zum Vorhaben sei die Gebäudeabschlusswand zum klägerischen Nachbargrundstück im Plan violett hinterlegt und somit bauordnungskonform als Brandwand definiert. Die zum Brandschutz aufgestellten gesetzlichen Anforderungen seien hier gemäß dem Brandschutznachweis zum Bauvorhaben, der Grundlage für die bauliche Brandschutzprüfung gewesen sei, eingehalten.

Da die Baugenehmigung auf längstens 3 Jahre befristet worden sei, müsse die Klägerin jedenfalls nicht mit einer Einschränkung ihres bestandskräftig genehmigten Gewerbebetriebs rechnen. Derartige Auflagen gegenüber der Klägerin seien vielmehr unverhältnismäßig. Deshalb verstoße das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es sei vielmehr Sache des Betreibers der Unterkunft durch passive Schutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse bestehen (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 2.9.2016 - 1 CS 16.1275). Bei Beschwerden würde der Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte verlangt, sollte dies nicht gelingen, würde ohne weiteres vom Beigeladenen verlangt werden, zu sanieren oder den Betrieb still zu legen. Überdies genieße eine Asylbewerberunterkunft im Industriegebiet keinen höheren Schutzanspruch als die zuvor genehmigte Büronutzung; insofern habe sich die rechtliche Situation für die Klägerin nicht zu deren Nachteil geändert.

Der Beigeladene beantragt mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 9. August 2017 ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die seitens des Beigeladenen vorgelegte Begründung deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der der Beklagten. Ergänzend wird ausgeführt, auf dem streitgegenständlichen Grundstück finde in der Nachtzeit (22:00 bis 6:00 Uhr) kein nennenswerter Verkehr statt, da zur Nachtzeit keine Betriebstätigkeit auf dem Grundstück stattfinde. Nur ausnahmsweise erreiche ein Lkw das Betriebsgrundstück nach 17:00 Uhr (ca. einmal wöchentlich) bzw. erst nach 22:00 Uhr (ein- bis zweimal monatlich). In einem solchen Fall werde jedoch lediglich der Lkw auf dem Grundstück abgestellt. Dies dauere nur etwa 5 Minuten.

Die Gebäudeabschlusswand des Vorhabens I zum Gebäude der Klägerin hin sei eine Brandwand i.S.d. Art. 28 BayBO. Diese enthalte keine Öffnungen (mehr). Das von der Klägerin gerügte Lüftungsrohr, das durch die Brandwand geführt habe, sei vom Beigeladenen zwischenzeitlich anders ausgeführt worden. Die Entlüftung erfolge nun direkt durch das Dach des Gebäudes. Die Durchführung durch die Brandwand sei fachgerecht verschlossen worden. Andere Durchgänge von Leitungen durch die Brandwand gebe es nicht. Soweit die Klägerin sich auf das Vorhandensein von drei Fenstern berufe, liege keine Abweichung von den genehmigten Brandschutzplänen vor, die drei Fenster seien entsprechend bestehender Genehmigungen eingebaut.

In der mündlichen Verhandlung am 30. August 2017 stellte die Klägerin die unbedingten Beweisanträge 1 bis 13 und 9 a und 9 b. Die Klägerseite führte im Rahmen der mündlichen Verhandlung insbesondere aus, den Betrieb in Werk II innerhalb der genehmigten Kapazitätsgrenze hochfahren zu wollen, die Umsetzung habe bereits begonnen. Die Klägerseite befürchte durch die streitgegenständlichen Genehmigungen eine schleichende Umwandlung des faktischen Industriegebiets. Trotz der bestandskräftigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen befürchte die Klägerseite zukünftig die Belastung mit strengeren Grenzwerten für Immissionen und mit verschärften Umweltauflagen. Durch die Befristung würden diese Bedenken nicht ausgeräumt, weil nicht sichergestellt sei, dass die Nutzung nach Ende der Frist tatsächlich ende und weil möglicherweise die rechtlichen Grundlagen für eine weitere entsprechende Nutzung geschaffen würden. Zudem werde eine Vorbildwirkung durch das Vorhaben für andere Gebäude in der näheren Umgebung befürchtet. Auf diesen Einwand erwiderte die Beklagtenseite, man werde schon allein wegen der Befristung, aber auch sonst die genehmigte Nutzung als Asylbewerberheim nicht zum Anlass nehmen, um für den Betrieb der Klägerin strengere Auflagen immissionsschutzrechtlicher Art festzusetzen. Die Beigeladenseite versicherte, sich an Befristung und Umfang der erteilten Genehmigung halten zu wollen. Die Beklagtenseite führte weiter aus, man arbeite an einer neuen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Werk II der Klägerin. Weiter gab die Beklagtenseite an, im Anwesen …straße ... sei mit Bescheid vom 1. November 1948 eine Wohnung im zweiten Obergeschoss als Betriebsleiterwohnung genehmigt worden, was auch Gegenstand der Schlussabnahme im Jahr 1957 gewesen sei. Hierzu gab die Klägerseite an, derzeit finde dort nur eine Nutzung als Gewerbebetrieb statt. Die Beklagten- und Beigeladenseite führte zudem aus, in Bezug auf Lärm, Abgase oder Erschütterungen habe es bisher keine Beschwerden gegeben. Die Beigeladenenseite ergänzte hierzu, dass auf dem streitgegenständlichen Gelände bisher auch Büronutzung vorhanden gewesen sei (tagsüber), im Vorhaben I sei im Erdgeschoss, im westlichen Teil des Gebäudes entlang der südlichen Grundstücksgrenze jedoch von 1958 bis 2008 eine genehmigte Nutzung für Hausmeister etc. vorhanden gewesen, die bis 2016 von den Fahrern des Beigeladenen als Übernachtungsgelegenheit genutzt worden sei. Bis 2008 habe im nordöstlichen Bereich des Baugrundstücks ein weiteres Gebäude bestanden, welches wohl als Wohnung genutzt worden sei. Die Beklagtenseite führte noch aus, hinsichtlich der beiden streitgegenständlichen Vorhaben sei der Brandschutz geprüft worden und für ausreichend befunden worden.

Das Verfahren wurde sodann zur weiteren Sachaufklärung vertagt.

Mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 legte der Beigeladene dem Gericht einen gutachterlichen Bericht der …vom 24. Januar 2018 vor, wonach die seitens der Beklagten bescheidsmäßig festgesetzten Immissionsrichtwerte der Immissionsarten Lärm und Erschütterung bei den streitgegenständlichen Gebäuden (teilweise nach Verwirklichung passiver Schutzmaßnahmen) eingehalten würden.

Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 10. April 2018 hierzu aus, der Bericht sei durch die Fachstelle Immissionsschutz auf Plausibilität geprüft worden. Der Bericht sei schlüssig. Methodische Fehler bei der Gutachtenerstellung seien nicht erkennbar. Damit sei der Nachweis der Einhaltung der in den Bescheiden festgesetzten Anforderungen erbracht. Insbesondere sei die Auswahl der Messorte nicht zu beanstanden. Auch sei darauf hinzuweisen, dass die Messergebnisse eine Gesamtbelastung widerspiegelten. Die streitgegenständlichen Vorhaben lägen in unmittelbarer Nähe der Bahnlinie. Eventuell auf diese zurückzuführende Erschütterungs- und Geräuschimmissionen infolge vorbeifahrender Züge seien - obwohl dies nicht notwendig gewesen wäre - ebenfalls berücksichtigt worden. Die DIN 4150-2 sehe bei Erschütterungen durch oberirdischen Schienenverkehr sogar eine Anhebung der entsprechenden Werte vor. Da die Anforderungen jedoch bereits ohne diese quellenspezifische Regelung eingehalten seien, sei eine differenzierte quellenspezifische Betrachtung und Beurteilungen der Erschütterungen nicht erforderlich. Im weiteren Verlauf führte die Beklagte zur Thematik noch aus, ein gerichtliches Gutachten würde keine anderen Ergebnisse liefern, zudem sei davon auszugehen, dass die Geltungsdauer der streitgegenständlichen Genehmigungen bis zur Einholung eines gerichtlich bestellten Gutachtens abgelaufen sei.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat die Kammer die in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 gestellten Beweisanträge Nrn. 1 bis 13 einschließlich Nrn. 9a und 9b, mit Ausnahme des Beweisantrags Nr. 7 (Beantragung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Akustik/Erschütterungsschutz dahingehend, dass die Immissionsrichtwerte für Lärm und Erschütterungen auf dem Vorhabengrundstück nicht eingehalten werden), abgelehnt.

Im weiteren Verlauf führten die Beteiligten schriftsätzlich zur Ordnungsmäßigkeit und Verwertbarkeit des von der Beigeladenen vorgelegten gutachterlichen Berichts vom 24. Januar 2018 aus. Die Klageseite legte insoweit gutachterliche Stellungnahmen der … … vom 4. Mai 2018 und vom 16. Juli 2018 vor, wonach das von der Beigeladenenseite vorgelegte Gutachten unter erheblichen Fehlern leide, überdies die Messungen zu einem Zeitpunkt - um den Jahreswechsel - erfolgt seien, in dem keine Vollauslastung der Maschinen vorgelegen hätte. Der Beigeladene erwiderte mit einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme der …vom 30. Mai 2018.

Mit Beschluss der Kammer vom 29. August 2018 wurde die bisherige Berichterstatterin auf den Antrag der Klageseite vom 23. Juli 2018 hin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 10. September 2018 teilte die Beigeladenenseite mit, dass beim Vorhaben I (AN 9 K 16.00991) die genehmigte Nutzung am 15. Februar 2018 aufgenommen wurde und seitdem in wechselndem Bestand 20-30 Personen in diesem Gebäude untergebracht seien. Beim Vorhaben II (AN 9 K 17.00173) sei die Nutzung am 19. Februar 2018 aufgenommen worden und seitdem nutze eine Person das Gebäude.

Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2018 trug die Klageseite ergänzend vor, dass die Beklagte eine erhebliche Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigung für Werk 2 vorsehe (vorgelegt wurden der Genehmigungsbescheid vom 12. September 1995 und der Entwurf der Neufassung einer Genehmigung vom 5. Oktober 2018). So sei etwa die Reduktion der Betriebszeiten (nur noch Zweischichtbetrieb) und die Verschärfung der Anforderungen an die Absauganlagen, des Grenzwerts für Staub und der Anforderungen zur Ableitung von Abgasen sowie die Verschärfung der Anforderungen an den Lärmschutz durch Aufnahme zusätzlicher Immissionsorte mit Immissionsrichtwert (etwa Immissionsorte in der Waldhausstraße westlich der Bahnlinie und in der …straße im Norden, aber nach Auffassung der Klageseite außerhalb des faktischen Industriegebiets) vorgesehen. Dies stehe im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vorhaben, insbesondere der Nutzungsaufnahme. Die Befürchtung von rechtlichen Nachteilen durch das Vorhaben und seine Verwirklichung seien real und dieses daher rücksichtslos.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Durchführung eines Augenscheins am 23. Oktober 2018.

In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2018 wurde zur Sache verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung auf die jeweilige Niederschrift sowie die beim Augenschein gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.1 Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat.

1.2 Die am 8. Juni 2016 erhobene Klage ist zulässig. Die Erweiterung des Streitgegenstandes auf den Ergänzungsbescheid ist als Klageänderung gem. § 91 Abs. 1, 2 VwGO zulässig.

1.3 Die Klage ist unbegründet, da der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützenden Vorschriften, die im Wege des streitgegenständlichen Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen waren, verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.3.1 Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich seiner Art nach nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. der jeweiligen Vorschrift der BauNVO über den Gebietstyp), so steht dem Nachbarn eines in demselben Gebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (BVerwG, B.v. 22.12.2011, 4 B 32.11). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (BVerwG, B.v. 27.8.2013, 4 B 39.13). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 12 BauGB übertragen (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zur artverwandten Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB).

1.3.2 Nach diesen Grundsätzen verletzt der Bescheid vom 11. Mai 2016 in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 7. Juni 2016 und den Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 gefunden hat, keine nachbarschützende Vorschriften, soweit eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB erteilt wurde.

1.3.2.1 Die Voraussetzungen der hier für das Bauvorhaben einschlägigen Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB liegen vor, soweit diese nachbarschützend sind.

Einschlägig ist die Befreiungsvorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB deshalb, da hier - davon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus - sowohl das Bauvorhaben als auch das südlich angrenzende Nachbargrundstück der Klägerin in einem faktischen Industriegebiet nach § 9 BauNVO liegen. Ein Vorhaben mit der beantragten Nutzung ist gem. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 9 BauNVO im faktischen Industriegebiet seiner Art nach weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig, insbesondere auch nicht als Anlage für soziale Zwecke nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Im Gegensatz zu den sonstigen Fällen von Anlagen für soziale Zwecke, also Anlagen, die der sozialen Fürsorge und der öffentlichen Wohlfahrt, aber nicht der Übernachtung dienen, können auch Gebäude, die der Unterbringung von Asylbewerbern dienen, Anlagen für soziale Zwecke darstellen, soweit keine autonome Wohnnutzung vorliegt (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 4 BauNVO, Rn. 91 ff.). Als Unterkunft für Menschen, die dort ihren Lebensmittelpunkt haben, verträgt sie sich jedoch nicht mit den emissionsstarken, störungsintensiven Gewerbebetrieben, wie sie in einem Industriegebiet zulässig sind. Auch wenn sie nicht dem Wohnen dienen, stehen sie doch dieser Nutzungsart erheblich näher als einer industriegebietstypischen gewerblichen Nutzung. Solche Unterkünfte sind auch nicht mit den ausnahmsweise zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter (§ 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) zu vergleichen, da solche in einem funktionalen Zusammenhang zwischen der Unterbringung von Menschen und einem Gewerbebetrieb stehen. Angesichts dessen, dass es sich bei Industriegebieten um die immissionsstärksten und störungsunempfindlichsten Baugebiete der BauNVO handelt, sind derartige Unterkünfte im Industriegebiet somit nicht gebietsverträglich, da sie mit der Zweckbestimmung des Gebiets unvereinbar sind (OVG Münster, B.v. 4.11.2003, 22 B 1345/03).

1.3.2.2 Das erkennende Gericht geht davon aus, dass die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB verfassungsgemäß ist, insbesondere wegen des beschränkten Anwendungsbereiches (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275).

1.3.2.3 Die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Nr. 2 BauGB ist - schon nach ihrem Wortlaut - auch für faktische Baugebiete i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB anwendbar.

1.3.2.4 Es bestehen verschiedenen Auffassungen dazu, ob sich der Nachbar auf die Einhaltung der Voraussetzungen des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB bei einer darauf gestützten Befreiung berufen kann (einen Nachbarschutz bezweifelnd OVG NRW, B.v. 20.12.2016; für eine Überprüfbarkeit aller Voraussetzungen, wohl BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 - das Urteil betrifft jedoch § 246 Abs. 10 BauGB zu unbefristeten Befreiungen für Asylunterkünfte in Industriegebieten -, für bloße Rügbarkeit des Gebotes der Rücksichtnahme wohl Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Nach Auffassung der Kammer sind jedenfalls die Voraussetzungen der Vorschrift, die die Anwendbarkeit determinieren, nachbarschützend, mithin die Frage, ob eine auf drei Jahre befristete Nutzugsänderung für zulässigerweise errichtete bauliche Anlagen in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Asylbegehrende vorliegt. Denn die Vorschrift schränkt den Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn erheblich ein, da sie, im Gegensatz zur allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB auf die Einhaltung der Grundzüge der Planung verzichtet und damit auch gebietsfremde Nutzungen zulässt (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275). Der Gesetzgeber hat für die Vorschrift des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB, die zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ geschaffen wurde, daher (neben weiteren Voraussetzungen) die Anwendungsvoraussetzungen geschaffen, dass auf dieser Grundlage erlassene Baugenehmigungen auf drei Jahre befristet sein müssen und nur Nutzungsänderungen zulässig sind (Nr. 2). Dauerhafte Einwirkungen auf den Charakter des Gebiets sollen dadurch gerade vermieden werden (BT-Drs. 18/6185, S. 54). Da die genannten Anwendungsvoraussetzungen die Gebietserhaltung gewährleisten - eine befristete Nutzungsänderung schafft keine dauerhaften geänderten und womöglich für den Nachbar nachteiligen Verhältnisse - kann sich der Nachbar auf deren Einhaltung berufen. Nicht rügbar, weil nicht verfahrensgegenständlich, sind klägerseits befürchtete illegale Nutzungen nach Befristungsende oder zukünftige Genehmigungen für eine Asylunterkunft - was nach geltender Rechtslage nicht rechtmäßig möglich erscheint. Der Klägerin steht es frei, sich dann gegen derartige gebietsfremde Nutzungen rechtlich zu wehren.

1.3.2.5 Vorliegend stellt das Vorhaben eine Nutzungsänderung dar. Nach der Terminologie des BauGB ist zwischen Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zu unterscheiden. Bei einer bloßen Nutzungsänderung wird die Variationsbreite der bisherigen Nutzung verlassen und bodenrechtliche Belange werden neu berührt (BVerwG U.v. 18.5.1990, 4 C 49.89). Demgegenüber meint Änderung die Umgestaltung (Umbau, Ausbau, Erweiterung, Verkleinerung) einer bestehenden baulichen Anlage in städtebaulich relevanter Weise, insbesondere bei Eingriffen in die vorhandene Bausubstanz, die die Standfestigkeit des gesamten Bauwerks berühren oder die dem ursprünglichen Bauwerk die Identität rauben (BVerwG, B.v. 10.10.2005, 4 B 60/05). Geringfügige Änderungen sind dann relevant, wenn sie für die Art, den Umfang oder die Intensität der baulichen Nutzung von Bedeutung sind (OVG Münster, 27.3.1969, X A 230/69).

Nach diesen Grundsätzen liegt nach Vergleich des am 11. Mai 2016 genehmigten Vorhabenplans vom 3. Februar 2016 (Grundrisse Erdgeschoss - Obergeschoss) mit dem genehmigten Bestand (Grundrisspläne vom 7. Mai 2008, genehmigt am 30. Juni 2008) eine bloße Nutzungsänderung vor: Im Obergeschoss wurde lediglich der Einbau weniger Zwischenwände genehmigt, so dass kein Eingriff in die Substanz tragender Wände ersichtlich ist. Soweit an der Ostseite des Obergeschosses zum Austausch der vorhandenen großen Fenster in kleine Fenster neues Mauerwerk vorgesehen ist, ist diese Änderung wegen Geringfügigkeit nicht beachtlich. Im Erdgeschoss sind im Hinblick auf die Nutzungsänderung der dort teilweise bislang vorhandenen Lagerfläche in Asylunterkünfte eine Reihe von zusätzlichen Zwischenwänden vorgesehen. Dass diese zusätzlichen Innenwände die Statik nachteilig berühren ist nicht ersichtlich. Ansonsten sind im Erdgeschoss eine Reihe von zusätzlichen Fenstern vorgesehen, insbesondere an der Nordwand, teilweise werden Außenmauern geschlossen (an der Westseite) und durch die mittig vorhandene Zwischenwand wird ein Durchbruch vorgenommen. Auch insofern wird die Standfestigkeitsfrage nicht neu aufgeworfen, so dass die Schwelle einer Änderung von baulichen Anlagen i.S.d. BauGB nicht erreicht wird. Der Mauerdurchbruch der Zwischenwand berührt nicht die Standfestigkeit des Gesamtgebäudes, im Obergeschoss ist an der Zwischenwand ein gleichartiger Durchbruch an derselben Stelle bereits vorhanden. Das Anbringen von Fenstern berührt die Standfestigkeit der Außenmauern nicht maßgeblich. Die Schließung der Lücke in der westlichen Wand dürfte die Standfestigkeit eher verbessern. Letztlich fehlt es auch deswegen an einer baulichen Änderung, da das Bauwerk seine Identität behält, da nicht nur der Grundriss, sondern auch die Kubatur im Ganzen unverändert bleiben, insbesondere auch die Höhe. Das Gebäude stellt sich für den Betrachter von außen als unverändert dar, insbesondere, was Lage, Höhe und Breite der Außenwände, Dach und Dachform betrifft. Dies stellt einen Unterschied zu dem westlich benachbarten Vorhaben (AN 9 K 17.00173) dar, bei dem das alte Dach über dem Erdgeschoss abgerissen wurde und das Gebäude insgesamt aufgestockt wurde. Im Übrigen liegt ein wesentlicher Unterschied darin, dass für letzteres Vorhaben die Außenmauern des Bestandgebäudes teilweise komplett abgerissen werden mussten, um das Gesamtvorhaben realisieren zu können. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen im Parallelverfahren AN 9 K 17.00173 Bezug genommen. Es liegt hinsichtlich des Bauvorhabens auch keine Erhöhung des Nutzungsmaßes vor, die eine bauliche Änderung bedeuten würde. Das Vorhabengebäude wird zwar möglicherweise intensiver genutzt, die nutzbare Grundfläche jedoch nicht erhöht (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998, 4 C 5-98).

1.3.2.6 Es handelt sich bei der beantragten Nutzung nach der Betriebsbeschreibung und dem Vorhabenplan zudem um eine Gemeinschaftsunterkunft bzw. sonstige Unterkunft i.S.d. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB. Das bundesrechtlich geregelte Asylverfahren sieht die Unterbringung von Asylbegehrenden in Erstaufnahmeeinrichtungen (§ 44 Abs. 1 AsylG) und Gemeinschaftsunterkünften (§ 53 AsylG) vor. Sogenannte dezentrale Unterkünfte (ein Begriff, der teilweise im Landesrecht verwendet wird) sind ebenfalls Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne des Asylrechts, werden jedoch baurechtlich durch den Begriff der sonstigen Unterkunft abgebildet (Ernst/Zink-ahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 56d). Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und somit auch sonstigen Unterkünften stellt kein Wohnen im Sinne des Baurechts dar. Dieses zeichnet sich durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie die Freiwilligkeit des Aufenthalts aus. Wegen der verpflichtenden Unterbringung (§ 53 AsylG), die die eigengestaltete Haushaltsführung einschränkt, und der nur für die Dauer des Asylverfahrens vorgesehenen Unterbringung fehlt es an diesen Elementen (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird). So liegt es auch im vorliegenden Fall. Nach der Betriebsbeschreibung und nach den vorgelegten Plänen besteht durch die Selbstverpflegung und wegen des Fehlens eines Portiers zwar eine gewisse Eigenständigkeit. Der Unterbringungscharakter überwiegt jedoch wegen des avisierten nur vorübergehenden Aufenthalts und der verpflichtenden Unterbringung, zumal in Mehrbettzimmern.

1.3.2.7 Hinsichtlich der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen, der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen (hierzu sind insbesondere gesunde Wohn - bzw. Unterbringungsverhältnisse gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB zu rechnen, BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694 zu der Vorschrift des § 246 Abs. 10 BauGB, bei der diese Problematik ebenfalls aufgeworfen wird) unter Würdigung nachbarlicher Interessen ist fraglich, inwieweit sich der Nachbar darauf berufen kann. Angesichts dessen, dass § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB die Gebietserhaltung tangiert, scheint es denkbar, dass sich der Nachbar auf die Einhaltung aller Befreiungsvoraussetzungen berufen kann, gerade da explizit auf die nachbarlichen Interessen abzustellen ist. Der Rechtskreis des Nachbarn ist jedoch im Rahmen einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nicht tangiert. Dieser hat im Regelfall ein Interesse, durch die Unterkunft nicht in der Gewerbeausübung eingeschränkt zu werden, etwa durch Immissionsauflagen, nicht daran, gesunde Unterbringungsverhältnisse für Asylbewerber zu gewährleisten; die Prüfung gesunder Unterbringungsverhältnisse ist primäre Aufgabe der Genehmigungsbehörden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Auch ist es primär Sache des Bauherren im Hinblick auf die zu besorgenden gesunden Unterbringungsverhältnisse (passive) Immissionsschutzmaßnahmen zu treffen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.12759). Zudem sind die Auswirkungen auf die Gebietserhaltung bei Befreiungen nach der § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB durch die Normstruktur praktisch ausgeschlossen. Denn diese zur Bewältigung der „Flüchtlingskrise“ bzw. „Flüchtlingsunterbringungskrise“ geschaffene Vorschrift erlaubt keinen neuen Bestand und befristet Umnutzungen einmalig auf drei Jahre. Vor diesem Hintergrund erfolgt nach Auffassung der Kammer Nachbarschutz im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen, insbesondere gesunde Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse unter Würdigung nachbarlicher Interessen nur nach Maßgabe des Gebotes der Rücksichtnahme (Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 246 BauGB, Rn. 59a). Dem steht die bisherige Rechtsprechung der Kammer, wonach bei Nachbarklagen alle Tatbestandvoraussetzungen bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans für Asylunterkünfte rügbar sind (U.v. 29.6.2016, AN 9 K 15.01348), nicht entgegen, denn diese erging auf Grundlage von § 246 Abs. 10 BauGB, der in Gewerbegebieten unbefristete Befreiungen für Asylunterkünfte ermöglicht, was die Gebietserhaltung nachhaltig, insbesondere im Hinblick auf künftige Vorhaben der Nachbarn, tangiert.

1.3.2.8 Das Vorhaben ist im Hinblick auf den Immissions- bzw. Gesundheitsschutz gegenüber der Klägerin nicht rücksichtlos. Denn, wie dargelegt, ist es Sache des Bauherren, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen. Daher ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte im Hinblick auf die im Vorhaben zu besorgenden Wohn- bzw. Unterbringungsverhältnisse die Klägerin mit immissionsschutzrechtlichen Auflagen belegen wird. Die angefochtene Baugenehmigung trägt der bezeichneten Verpflichtung des Bauherren und Beigeladenen in genügendem Maße Sorge. Er wird mit Auflagen zur Einhaltung von Lärmwerten in den Unterkunftsräumen (tags 40 dB(A), nachts 30 dB(A) und zur Einhaltung der Erschütterungsimmissionsschutzrichtwerte (Tabelle 1, Zeile 1 der DIN 4150-2) mit Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 verpflichtet. Diese Richtwerte sind zutreffend, da die Rechtsprechung auch Dauerschallpegel über 30 dB(A) in Schlafräumen in Wohngebieten für zulässig hält (BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 1694 m.w.N.) und es sich bei der DIN 4150-2 um das einschlägige Regelwerk für Erschütterungsimmissionsschutz handelt und richtigerweise von den Werten für Industriegebiete auszugehen ist (Zeile 1), da die Untergebrachten in Asylunterkünften in Industriegebieten sich mit der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung abfinden müssen (BayVGH, B.v. 2.9.2016, 1 CS 16.1275; vgl. U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Die Beklagte geht selbst davon aus, dass, insofern im Bescheid vom 11. Januar 2017 (AN 9 K 17.00173) Erschütterungswerte der Zeile 2 (Gewerbegebiet) festgesetzt sind, der von dem Beigeladenen verlangte Schutz über das gebotene Maß hinausgeht. Der Beigeladene ist angesichts dieser Auflagen auch gegenüber einschneidenden Anordnungen bei Nichteinhaltung nicht schutzwürdig, auch nicht im Hinblick darauf, dass nicht bereits im Genehmigungsverfahren von der Beklagten ein entsprechender Nachweis zur Einhaltung bzw. Einhaltbarkeit der Auflagen gefordert wurde. Denn dies ist die Verantwortung und das Risiko des Beigeladenen, dem es unbenommen ist, sich bei Unsicherheiten durch Einholung von Messgutachten abzusichern. Die skizzierte Risikoverteilung ist auch interessengerecht, da der Beigeladene mit der Unterbringung von Asylbegehrenden erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt. Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die streitgegenständliche Genehmigung keine Auflagen zu Lichteinwirkungen, Gerüchen und Abgasen enthält, da es sich hierbei um untergeordnete Immissionsarten handelt, die Klägerin insoweit ohnehin zur Einhaltung einschlägiger Grenzwerte verpflichtet ist und die in der Unterkunft Untergebrachten durch den Einbau abdichtender Fenster und dadurch, dass bis auf eine Ausnahme die Schlafräume hofseitig, abgewandt vom Grundstück der Klägerin gelegen sind, geschützt sind.

Weiterhin belegt der Entwurf des immissionsschutzrechtlichen Bescheids „Neufassung der Genehmigung für Werk 2“ vom 4. Oktober 2018, dass die Beklagte die befristete Nutzung als Asylunterkunft im genehmigten Vorhaben nicht als relevant für den Betrieb der Klägerin ansieht. Denn das Vorhabengebäude ist dort nicht als Immissionsort festgelegt.

Angesichts der vorstehenden Gründe kommt es auf die Frage, ob die im Ergänzungsbescheid vom 1. August 2017 festgesetzten Grenzwerte eingehalten sind oder eingehalten werden können, nicht entscheidungserheblich an. Daher waren die diesbezüglichen Beweisanträge abzulehnen. Es bestehen zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid insofern fehlerhaft ist, weil die festgesetzten Grenzwerte von vorneherein nicht eingehalten werden könnten. Obwohl eine vorherige gutachtliche Abklärung im Genehmigungsverfahren trotz Befürwortung der Baugenehmigungsbehörde nicht erfolgte, konnte die Beklagte angesichts der vorherigen beanstandungslosen Büronutzung und der bis 2008 erfolgten beanstandungslosen Nutzung als Hausmeisterwohnung davon ausgehen, dass das Vorhabengelände für die vorgesehene Umnutzung nicht völlig ungeeignet ist. Dies bestätigt auch der von der Beigeladenenseite vorgelegte gutachtliche Bericht vom 24. Januar 2018 des Gutachters …, auf den das Gericht nach § 86 Abs. 1, § 108 Abs. 1 VwGO zurückgreifen kann. Trotz der von der Klägerseite angeführten Zweifel an der Eignung des Gutachters, die Begutachtung und die Darstellung der Begutachtung ist er zumindest hinsichtlich der Messergebnisse verwertbar, nachdem der Gutachter beim Augenschein und der anschließenden mündlichen Verhandlung seine Vorgehensweise nachvollziehbar erläutert hat. Demnach liegen, mehrere Messreihen und -zeiten zugrunde gelegt, die Erschütterungswerte weit unterhalb der Grenzwerte, die Lärmwerte können nach Anbringung einer Vorsatzschale auch im Messraum, an der Wand zum klägerischen Betrieb eingehalten werden. Letzteres dokumentiert, dass effektive passive Schutzmaßnahmen möglich sind. Angesichts dessen, dass insbesondere die gemessenen Erschütterungswerte deutlich unter den einzuhaltenden Grenzwerten liegen, ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kumulation von Erschütterungen und Lärm - zu diesem Effekt trägt die Klägerseite vor - auch unterhalb der Schwelle der jeweiligen Richtwerte zu Gesundheitsgefährdungen führt. Weiterhin bestehen deswegen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass bei einer höheren Auslastung des klägerischen Betriebs - nach Angabe der Klägerin seien diese um die Jahreswende 2017/2018 gering gewesen und die Messungen daher nicht repräsentativ - die Grenzwerte mit Sicherheit überschritten wären, zumal nach den nachvollziehbaren und nicht substantiiert bestrittenen Angaben des Herrn … in der mündlichen Verhandlung bei den Messungen die besonders laute Fräsmaschine gelaufen war und häufigere Erschütterungsereignisse aufgrund des Messverfahrens nicht zwangsläufig zu höheren Messwerten führen. Dieser Eindruck vom Vorhaben wurde beim Augenschein der Kammer bestätigt, bei dem die Räumlichkeiten des Vorhabens, insbesondere der Raum, in dem die Messung stattfand sowie der darunter befindliche Raum, begangen wurden. Der richterliche Augenschein diente zwar nicht der Überprüfung von Grenzwerten, vermittelte jedoch einen Eindruck von den Einwirkungen von Immissionen auf den Menschen und seine Gesundheit in den gegenständlichen Räumen. So waren im erdgeschossigen und hofseitigen Raum 1, der wie alle Räume mit Schallschutzfenstern versehen und als Schlafraum genehmigt ist, bei geschlossenem Fenster weder Erschütterungen noch Geräusche spürbar. Im obergeschossigen, zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegenen Raum 18, in dem die Messungen des Gutachters … durchgeführt wurden, und der mit einer Gipsvorsatzschale zum Lärmschutz versehen worden war, waren Außengeräusche nur leise wahrnehmbar. Allerdings waren im erdgeschossigen Raum 9, der als Schlafraum genehmigt ist und der ebenfalls zur Kommunwand zum klägerischen Betrieb gelegen ist, auch bei geschlossenem Fenster (leise) Dauergeräusche wahrnehmbar, sowie während der Aufenthaltsdauer von fünf Minuten ein schlagendes Geräusch. Dieser Raum ist als Schlafraum genehmigt, wird derzeit jedoch allerdings als Unterrichtsraum genutzt: Sollte sich herausstellen, etwa durch Beschwerden von dort untergebrachten Asylbewerbern, dass ein dauernder Aufenthalt wegen des Lärms und/oder den Erschütterungen dort nicht zumutbar wäre, könnte dem einerseits durch bauliche Maßnahmen, andernfalls durch Sperrung für die Unterkunftsnutzung - dass die Kapazität der anderen, unproblematischen Schlafräume nicht ausreichen würde, ist nicht ersichtlich - begegnet werden; insgesamt hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass zumindest die Nutzung der hofseitigen Schlafräume, die den derzeitigen Unterbringungsbedarf problemlos abdecken, keine auf der Hand liegenden Gesundheitsgefahren auslöst.

Das Vorhaben ist auch nicht rücksichtslos im Hinblick auf die von der Klägerseite vorgetragene Absicht, den Betrieb im Werk 2 im Rahmen der genehmigten Kapazitätsgrenze hochzufahren. Da die für den klägerischen Betrieb festgesetzten Immissionsrichtwerte (s. Bescheid vom 1.3.2016) unverändert gelten, ist ein rechtlicher Nachteil durch befürchtete Auflagen durch eine möglicherweise faktische höhere Immissionsbelastung durch den klägerischen Betrieb auf das Vorhaben nicht gegeben, zumal es bei der Verpflichtung des Beigeladenen bleibt, für gesunde Wohn- und Unterbringungsverhältnisse zu sorgen und dieser insofern bei Genehmigungserteilung mit Immissionen innerhalb der im Industriegebiet zulässigen Grenzwerte (etwa 70 dB(A) nach 6.1 TA Lärm) rechnen musste, also dafür Sorge zu tragen hat, dass gesunde Wohnverhältnisse bei der im Industriegebiet zulässigen Immissionsbelastung eingehalten sind (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2018, 9 BV 16.1694). Da die Klägerin die für ein Industriegebiet geltenden Immissionsrichtwerte ohnehin einzuhalten hat und sie die ihr erteilte, auf diese Werte aufbauende immissionsschutzrechtliche Genehmigung bis zur Kapazitätsgrenze ausnutzen kann, solange sie die dort festgesetzten Grenzwerte einhält, ist eine Gefährdung des Betriebes der Klägerin, soweit er sich im maximal genehmigten Rahmen hält, nicht gegeben.

1.3.3 Eine Verletzung der Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO gegenüber der Klägerin durch das Vorhaben ist nicht ersichtlich. Selbst wenn die Nutzungsänderung hier abstandsflächenbeachtlich wäre, könnte sich die Klägerin nicht auf eine Nichteinhaltung der Abstandsflächen berufen, da sie ihr Werk selbst grenzständig errichtet hat und sie nicht mehr an Rücksichtnahme verlangen kann, als sie ihrerseits gewährt (BayVGH, B.v. 20.3.1991, 14 CS 90.3097).

1.3.4 Auch eine Verletzung der einschlägigen Vorschriften (Art. 60 Nr. 3, Art. 28 Abs. 1, 2 Nr. 1, 3 Satz 1 BayBO) zum Brandschutz durch die streitgegenständliche Genehmigung ist nicht ersichtlich. Der Brandschutznachweis wurde hier gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 3 BayBO am 11. Mai 2016 geprüft und genehmigt. Eine durchgehende Brandwand im Sinne des Art. 28 Abs. 3 Satz 1, 8 BayBO ist in den entsprechenden Plänen vorgesehen. Nicht verfahrensgegenständlich ist die brandschutzkonforme Ausführung des Bauvorhabens, diese ist zudem durch die Beklagte bestätigt (Blatt 171 der Bauakte).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen gem. § 162 Abs. 3 VwGO, da dieser einen eigenen Antrag gestellt hat und sich daher einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 154 Abs. 3 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

4. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens

zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine kreisangehörige Gemeinde, wendet sich gegen die vom Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) erteilte Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines Verwaltungsgebäudes in eine Wohnunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück Fl.Nr. ... der Gemarkung ...

Die Beigeladene beantragte mit Bauantrag vom 18. November 2015, bei der Antragstellerin eingegangen am 26. November 2015, beim Landratsamt am 14. Dezember 2015, die Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben: „Nutzungsänderung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in eine Wohnunterkunft für Asylbewerber“ auf dem oben genannten Grundstück, ...str. 16 in ...

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Industriegebiet an der ...straße“ der Antragstellerin. Das auf dem Grundstück befindliche Bestandsgebäude wird in den Akten durchgehend als „Verwaltungsgebäude“ bezeichnet.

Mit Schreiben der Beigeladenen an die Antragstellerin vom 8. Dezember 2015 erbat die Beigeladene, das Vorhaben des Bauantrages zu ergänzen bzw. zu ändern in: „Nutzungsänderung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in eine Unterbringungseinrichtung für Asylbewerber“. Es sei angedacht, 55, jedoch maximal 60 Bewohner als Obergrenze, in dem Gebäude unterzubringen. Zudem wurde in dem Schreiben eine „Befreiung nach § 246 BauGB“ beantragt.

Der Bauantrag wurde in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses der Antragstellerin am 8. Dezember 2015 behandelt. Am Ende des entsprechenden Tagesordnungspunktes wurde beschlossen, für die beantragte Nutzungsänderung des bestehenden Gebäudes in eine zeitlich befristete Unterbringungseinrichtung für Asylbewerber das gemeindliche Einvernehmen „nach § 36 Abs. 2 BauGB“ nicht zu erteilen, da die beantragte Nutzungsänderung den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr.... „Industriegebiet an der ...straße (9. Änderung)“ widerspreche. Eine Befreiung „nach § 246 Abs. 12 BauGB und § 31 Abs. 2 BauGB“ von den Festsetzungen des Bebauungsplanes wurde nicht erteilt.

Zur Begründung ist angegeben, die beantragte Befreiung könne nicht erteilt werden, weil dadurch die Grundzüge der Planung berührt würden, die Nutzung nicht gebietsverträglich sei, die nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen nicht vereinbar seien und der Standort zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen benötigt werde.

Auf den bei den Akten befindlichen Auszug aus der Niederschrift des Bau- und Umweltausschusses der Antragstellerin vom 8. Dezember 2015 wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 der Antragstellerin, beim Landratsamt eingegangen am selben Tag, wurde mitgeteilt, dass „das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilt wird“.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2015 teilte das Landratsamt der Antragstellerin mit,

die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens zu dem oben genannten Bauvorhaben sei rechtswidrig. Es sei beabsichtigt, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen. Mit dem Telefax der Beigeladenen vom 8. Dezember 2015 sei der Genehmigungsantrag um einen Antrag auf Befreiung nach § 246 BauGB ergänzt worden. Hinsichtlich der Befreiungsmöglichkeit würden die Ausführungen der Antragstellerin rechtsfehlerhaft erscheinen. Mit der Frage, ob nicht möglicherweise ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung bestehe, setze sich die Stadt ... nicht auseinander. Nach vorläufiger Prüfung bestehe ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB.

Im Übrigen wird auf das Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben der Antragstellerin vom 29. Januar 2016 wurde dem Landratsamt Folgendes mitgeteilt:

Die Sache sei nochmals im Bau- und Umweltausschuss am 12. Januar 2016 behandelt worden. Die Antragstellerin bleibe bei der Rechtsauffassung, dass die Befreiung nicht erteilt werden könne.

Auf das Schreiben sowie den beigefügten Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Bauausschusses vom 12. Januar 2016 - die sich bei den Akten befinden - wird Bezug genommen.

Mit internem Schreiben des Landratsamtes - Untere Immissionsschutzbehörde vom 18. Februar 2016 wurde das Vorhaben immissionsschutzfachlich beurteilt und dem Antrag auf Nutzungsänderung zugestimmt, sofern Auflagen zur Luftreinhaltung sowie zum Lärmschutz verfügt würden. Das Baugrundstück sowie die nordöstlichen, südöstlichen und südwestlichen Grundstücke befänden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Industriegebiet an der ... Straße“. Die tatsächliche bauliche Nutzung entspreche dieser Festsetzung. Das Verwaltungsgebäude sei durch das Industriegebiet und die nordwestlich vorbeiführende Staatsstraße erheblichen Lärmimmissionen ausgesetzt. Nach Kenntnisstand der Unteren Immissionsschutzbehörde beschränke sich die gewerbliche Nutzung in der Umgebung weitestgehend auf die Tageszeit. Zur Einhaltung der in den Schlafräumen zulässigen Innenpegel seien Lüftungseinrichtungen erforderlich, die auch bei geschlossenen Fenstern eine ausreichende Belüftung der Räume gewährleisteten. Als Auflagen zum Lärmschutz müssten entsprechend den Vorgaben der DIN 4109 die Außenhautbauelemente (Wände und Fenster) der Aufenthaltsräume ein resultierendes Schalldämmmaß von mindestens 40 dB(A) aufweisen. Dies sei durch Berechnungen nachzuweisen. Um die Schlafräume bei geschlossenen Fenstern mit ausreichender Frischluft zu versorgen, seien sie mit fensterunabhängigen Be-/Entlüftungseinrichtungen auszustatten.

Mit Bescheid vom 8. März 2016 genehmigte das Landratsamt, befristet für drei Jahre, den Bauantrag für das Vorhaben: „Nutzungsänderung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in eine Wohnunterkunft für Asylbewerber auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ...“. Unter II. ist im Bescheid verfügt, dass von den Festsetzungen des Bebauungsplanes „Industriegebiet an der ... Straße“ eine Befreiung von der festgesetzten Art der baulichen Nutzung gewährt wird.

In der Begründung des Bescheides ist im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen zu dem gegenständlichen Bauvorhaben rechtswidrig versagt. Nach Ansicht der Genehmigungsbehörde bestehe ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Befreiung. Einschlägig sei § 246 Abs. 12 BauGB. Da es sich dabei um eine Ermessensentscheidung handele, habe die Antragstellerin einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dieser verdichte sich zu einem Anspruch auf Erteilung der Befreiung, da bei ordnungsgemäßer Ermessensausübung allein die Erteilung der Befreiung rechtmäßiger Weise denkbar sei (Ermessensreduzierung auf Null). Regelmäßig bliebe für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum, wenn die engen Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB erfüllt seien. Die neugeschaffene Befreiungsmöglichkeit ziele gerade auf die Erteilung der Befreiung ab. Da die relativ engen Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiung erfüllt seien, bedürfte es konkreter entgegenstehender nachbarlicher Belange oder konkreter entgegenstehender städtebaulicher Gründe, um die Befreiung zu verweigern. Derartiges sei weder dargelegt noch ersichtlich.

Das Argument der Standortsicherung und Arbeitsplatzerhaltung übersehe, dass dies bereits Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Aufstellung des Bebauungsplanes gemäß § 1 Abs. 3 BauGB gewesen sei. Dem Gesetzgeber sei bei der Schaffung des § 246 Abs. 12 BauGB das Erforderlichkeitsgebot bekannt gewesen. Dies bedeute, dass die zeitlich befristete Wirkung auf die vorhandenen Industriegebiete wegen der Gesetzesänderung des § 246 Abs. 12 BauGB hinzunehmen sei. Könnte die Erforderlichkeit eines Industriegebietes der Befreiung entgegengehalten werden, würde die Befreiungsmöglichkeit faktisch ins Leere laufen. Der Gebietscharakter würde durch die Umnutzung nicht in Frage gestellt. Anders als bei § 31 Abs. 2 BauGB sei die Wahrung der Grundzüge der Planung für die Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB gerade nicht Voraussetzung. Für die Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB sei irrrelevant, ob nach dem Bebauungsplan „Anlagen für soziale Zwecke“ allgemein oder ausnahmsweise zulässig seien. Anders als bei § 246 Abs. 10 BauGB sei dies nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Befreiung. In der Umgebungsbebauung seien Betriebe, wie sie auch in einem Gewerbegebiet zulässig wären. Industriebetriebe mit außergewöhnlich starken Emissionen seien in der Nachbarschaft nicht vorhanden. Das Gebäude befinde sich nicht im Einflussbereich von Betrieben, die zur Nachtzeit Immissionen verursachten. Das Gebäude liege außerdem am Rand des Industriegebietes. Auch mit den nachbarlichen Interessen sei eine Befreiung vereinbar. Von der Unterbringungseinrichtung seien keine Emissionen zu befürchten, die in einem Industriegebiet unzumutbar wären. Es stehe auch nicht zu befürchten, dass bestehende Betriebe aufgrund der Nutzungsänderung Betriebseinschränkungen hinnehmen müssten, da in dem Gebäude gesunde Wohnverhältnisse sichergestellt seien. Mittels Auflage werde geregelt, dass die Fenster zu Wohn- und Aufenthaltsräumen Schallschutzklasse 3 aufweisen müssten. In Zusammenschau mit dem Mauerwerk werde so insgesamt ein ausreichend bewertetes Schalldämmmaß erreicht. Durch diese passive Lärmschutzmaßnahme werde erreicht, dass in diesen Räumen ein Innenpegel von 30 dB(A) nicht überschritten werde. Bei diesem Innenpegel sei ein gesundes Wohnen sichergestellt. Die wohnähnliche Nutzung sei somit nicht schutzlos unzumutbaren Belästigungen ausgesetzt, so dass ein Einschreiten der zuständigen Behörde - insbesondere nach § 24 BImSchG - gegenüber benachbarten Vorhaben nicht erfolgen könne.

Aufgrund der relativ kurzen Befristung auf drei Jahre sei zur Beurteilung verstärkt der gegenwärtige Bestand heranzuziehen. In der Nähe befänden sich keine Betriebe, die derart hohe Immissionen verursachen würden, die mit der wohnähnlichen Nutzung nicht vereinbar wären. Die Umgebungsbebauung entspreche eher einem Gewerbegebiet. Die im Industriegebiet zulässigen Immissionsrichtwerte würden nicht ausgeschöpft. Der zulässige Lärmrichtwert von 70 dB(A) werde weder zur Tag- noch zur Nachtzeit erreicht. Dass die wohnähnliche Nutzung für Bewohner und für Gewerbetreibende zumutbar sei, werde durch die Tatsache belegt, dass der Bebauungsplan Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zulasse. Faktisch fände auf dem Nachbargrundstück (Fl.Nr. ...) sogar Wohnnutzung statt. In der Umgebung befänden sich keine Betriebe, die zur Nachtzeit Immissionen verursachen würden. Hinzukomme die Regelung in der TA-Lärm Nr. 7.1. Die Unterbringung von Flüchtlingen gelte bei der derzeitigen Vielzahl von unterbringungsbedürftigen Personen als Erfordernis der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf deren bedrohte Rechtsgüter „Leben und Gesundheit“. Da Unterbringungseinrichtungen in Industriegebieten für einen Zeitraum von drei Jahren im Befreiungswege zugelassen werden könnten, seien die gebietstypischen Immissionen von den dort untergebrachten Personen hinzunehmen; das Rücksichtnahmegebot sei somit beachtet.

Soweit seitens der Antragstellerin auf den Betrieb der Schießanlage auf Fl.Nr. ... verwiesen werde, sei festzustellen, dass diese seit Jahren ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung betrieben werde und das Landratsamt mit dem Betreiber deshalb in Kontakt stehe. Dass die Nutzung dieser Anlage nicht längst untersagt worden sei, sei lediglich dem Entgegenkommen des Landratsamtes zu verdanken. Da die Anlage - insbesondere die Freischießanlagen - zur Nachtzeit nicht genutzt würden, stehe nicht zu erwarten, dass von dieser Schwarznutzung unzumutbare Immissionen auf die Unterbringung ausgingen. An die ansässigen Unternehmer würden durch die heranrückende wohnähnliche Nutzung keine über die ohnehin bestehende Verkehrssicherungspflicht hinausgehenden Sicherheitsanforderungen gestellt.

Der von der Antragstellerin vorgetragene Einwand, der Standort sei ungeeignet, da keine ausreichende verkehrliche Infrastruktur anzutreffen sei, verfange nicht. Entlang der Staatsstraße verlaufe ein einseitiger Geh- und Radweg. Hierbei handele es sich nicht um eine baurechtliche Thematik; außerdem könne den Bewohnern nicht unterstellt werden, dass sie mit der Verkehrssituation nicht zurechtkämen. Die Antragstellerin habe angeführt, dass von dem in unmittelbarer Nachbarschaft ansässigen Reifenverwerter durch die Tätigkeit des Reifenschretterns unzumutbare Geruchsbelästigungen verursacht würden. Zwar sei vereinzelter Geruch nach Gummi bei dieser Tätigkeit nicht auszuschließen, jedoch könne nach Einschätzung des Sachbereichs „Technischer Umweltschutz“ ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um unzumutbare Beeinträchtigungen handele. Bei mehreren Ortseinsichten habe kein Geruch festgestellt werden können. Solange die Reifen lediglich mechanisch zerkleinert würden, handele es sich nicht um eine geruchsintensive Tätigkeit. Gerüche bzw. Luftverunreinigungen seien nur denkbar, wenn die Autoreifen geschmolzen würden. Würde die Anlage jedoch so heiß, dass das Material zu schmelzen beginne, würde dies aufgrund verklebender Rückstände zur Funktionsuntüchtigkeit der Maschine führen. Ein derartiger Betrieb der Maschine könne daher ausgeschlossen werden. Das zu diesem Betrieb gehörende Stromaggregat führe nach den Feststellungen des Sachgebietes „Technischer Umweltschutz“ weder unter dem Gesichtspunkt der Lärm- noch Geruchsbelästigungen zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der wohnähnlichen Nutzung.

Im Übrigen wird auf den Bescheid und dessen Begründung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 21. März 2016, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, erhob die Antragstellerin Klage mit dem Antrag, die der Beigeladenen erteile Baugenehmigung des Landratsamtes vom 8. März 2016 aufzuheben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt:

Das Baugrundstück liege im Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Industriegebiet an der „... Straße““ vom 14. Februar 1975. Es liege des Weiteren im Geltungsbereich der 9. Änderung dieses Bebauungsplanes vom 22. Juli 2003. Mit dieser Änderung habe die Antragstellerin gemäß § 1 Abs. 6 BauGB Anlagen nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO im gesamten Geltungsbereich der 9. Änderung ausgeschlossen. In der Nachbarschaft der geplanten Wohnunterkunft für Asylbewerber existierten die folgenden Betriebe:

• ... Rohstoffrecycling ... Sekundärrohstoffe AG

• Reifen ... - Schredderbetrieb.

Zudem befinde sich in etwa 300 m Entfernung der geplanten Wohnunterkunft auf Fl.Nr. ... eine Schießanlage mit Freiständen. Die erteilte Baugenehmigung sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten.

Das Landratsamt habe das Einvernehmen rechtswidrig ersetzt. Die Voraussetzungen einer Befreiung gemäß § 246 Abs. 12 BauGB lägen nicht vor.

Zudem habe das Landratsamt der Antragstellerin die Ersetzung des Einvernehmens nicht bekanntgegeben.

Das Vorhaben sei mit den öffentlichen Belangen unvereinbar bzw. verletze die Grundzüge der Planung. Die Auffassung des Landratsamtes, dass die Wahrung der Grundzüge der Planung für die Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB nicht Voraussetzung sei, sei falsch. Die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit öffentlichen Belangen sei dann nicht gegeben, wenn die Befreiung von der Art der baulichen Nutzung sich als Verletzung eines Grundzuges der Planung des Bebauungsplanes erweise. Zu den öffentlichen Belangen, mit denen ein Vorhaben gemäß § 246 Abs. 12 BauGB zu vereinbaren sein müsse, gehöre die Beachtung der Grundzüge der Planung, die durch die Befreiung nicht verletzt werden dürften. Das folge aus einer Entscheidung des VG Hamburg (B.v. 12.02.2016 - 7 E 6816/15 -, juris Rn. 55). Eine genaue Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Merkmale „Grundzüge der Planung“ und „Beeinträchtigung öffentlicher Belange“ sei nicht möglich. Die Merkmale überschnitten sich. Das Verbot, mit einer Befreiung die Grundzüge der Planung zu berühren, sei ein Unterfall der Beeinträchtigung öffentlicher Belange. Die Voraussetzung „mit den öffentlichen Belangen vereinbar“ im Sinne von § 246 Abs. 12 BauGB habe keinen anderen Inhalt als bei § 31 Abs. 2 BauGB. Das von dem allgemeinen Verständnis abweichende Verständnis des Landratsamtes, wonach im Rahmen von § 246 Abs. 12 BauGB das Verhältnis zwischen dem durch Befreiung zu ermöglichenden Vorhaben und dem Konzept des Bebauungsplanes unerheblich sein solle, sei weder nach der Systematik der Vorschrift selbst anzunehmen noch nach den sonstigen Zusammenhängen mit den übrigen Vorschriften des Baugesetzbuches. Dies werde vom Verwaltungsgericht Hamburg mit zutreffender Begründung dargelegt; dieses gelange zu dem überzeugenden Ergebnis, dass eine Befreiung mit den öffentlichen Belangen im Sinne von § 246 Abs. 12 BauGB insbesondere dann nicht vereinbar sei, wenn das Vorhaben die Grundzüge der Planung in diesem Sinn schwerwiegend beeinträchtige bzw. verletze.

Die vom Landratsamt erteilte Befreiung sei mit den öffentlichen Belangen unvereinbar. Sie stehe in deutlichem Gegensatz zu dem Plankonzept des Bebauungsplanes „Industriegebiet an der ... Straße“ sowie dessen 9. Änderung und verletze damit die Grundzüge der Planung.

Bereits das ursprüngliche Plankonzept des Bebauungsplanes vom 14. Februar 1975 sei davon geprägt gewesen, erheblich störendes Gewerbe räumlich deutlich getrennt von schutzwürdiger Bebauung in dem neu geschaffenen Industriegebiet anzusiedeln. Den Grundzug der Planung, das Plangebiet erheblich störendem Gewerbe vorzubehalten und schutzwürdige Bebauung auszuschließen, habe die Antragstellerin mit der 9. Änderung des Bebauungsplanes nochmals konkretisiert. Gemäß § 1 Abs. 6 BauNVO seien die ausnahmsweise zulässigen Anlagen im Sinne von § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausgeschlossen worden.

Das Industriegebiet sei das einzige Baugebiet der Baunutzungsverordnung, in dem erheblich störende Gewerbebetriebe untergebracht werden könnten. Der hohe zulässige Störgrad im Industriegebiet sei von Anlagen nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ohnehin hinzunehmen. Die Antragstellerin wollte aber auch diese - ohnehin deutlich begrenzte - ausnahmsweise Zulässigkeit verhindern, um das Plangebiet den erheblich störenden Gewerbebetrieben vorzubehalten.

Mit der 9. Änderung sei zum Ausdruck gebracht worden, dass im Plangebiet eine ausnahmslose Zulässigkeit erheblich störender Gewerbebetriebe zu schaffen sei. Dies stelle somit den Grundzug der Planung dar.

Die vom Landratsamt erteilte Befreiung verletze diesen Grundzug der Planung. Bei der geplanten Unterkunft für Asylbewerber handele es sich nicht um einen erheblich störenden bzw. störungsunempfindlichen Gewerbebetrieb. Daher sei die Befreiung ausgeschlossen.

Ein Widerspruch zu öffentlichen Belangen könne im Rahmen einer Befreiungsentscheidung nicht durch einen anderen öffentlichen Belang, der für die Abweichung spreche, planerisch abwägend ausgeglichen werden.

Die Befreiung sei außerdem mit gesunden Wohnverhältnissen gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB nicht vereinbar. Nach dem Genehmigungsbescheid sollten die gesunden Wohnverhältnisse mittels des in den Auflagen vorgesehenen passiven Schallschutzes geschaffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sehe die TA-Lärm passive Lärmschutzmaßnahmen als Mittel der Konfliktlösung nicht vor. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit seien nach Nr. 6.1 der TA-Lärm außerhalb der betroffenen Gebäude gelegene Immissionsorte maßgeblich. Diese könnten durch passive Schallschutzmaßnahmen nicht beeinflusst werden. Es seien die Außenimmissionsrichtwerte der Nr. 6.1 der TA-Lärm anzuwenden. Es sei keine Lärmberechnung durchgeführt worden. Der Bescheid enthalte keinen Immissionswert für den nach Nr. 2.3 TA-Lärm i. V. m. Nr. A.1.3 des Anhanges maßgeblichen Immissionsort. Aufgrund der vorhandenen, erheblich störenden Gewerbebetriebe sei davon auszugehen, dass die geplante Wohnunterkunft für Asylbewerber unzumutbarem Lärm ausgesetzt sei. Im Industriegebiet seien tags wie nachts Belastungen von bis zu 70 dB(A) zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginne die Gesundheitsschädigung jedoch bereits bei 70 dB(A) tags/60 dB(A) nachts.

Außerdem existierten erhebliche Geruchsbelästigungen. In unmittelbarer Nachbarschaft befinde sich ein Betrieb, der Altreifen zerkleinere. Mithin sei es in der Vergangenheit sowohl in diesem Betrieb als auch im benachbarten Recycling-Betrieb zu Bränden gekommen. Hinzu komme, dass der benachbarte Reifenverwertungsbetrieb ein Stromaggregat betreibe, welches die Abgase ins Freie leite. Hierdurch entstünden insbesondere Staub- und Stickoxide. Die Unvereinbarkeit mit den gesunden Wohnverhältnissen ergebe sich auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer Schießanlage mit Freiständen.

Bei den in Deutschland ankommenden Flüchtlingen handele es sich in weiten Teilen um Kriegsflüchtlinge. Diese litten unter traumatischen Erlebnissen. Der Schießlärm in unmittelbarer Nähe zur geplanten Unterkunft erschwere die Verarbeitung der traumatischen Erlebnisse. Das seien - jedenfalls für Kriegsflüchtlinge - keine gesunden Wohnverhältnisse.

Die Ersetzung des Einvernehmens sei ein Verwaltungsakt gegenüber der Gemeinde; dieser bedürfe für seine Wirksamkeit der Bekanntgabe gegenüber der Antragstellerin. Unterbleibe diese, werde der materielle Verwaltungsakt nicht existent. Diese Bekanntgabe habe das Landratsamt unterlassen.

Mit Schreiben ebenfalls vom 21. März 2016 beantragte die Antragstellerin,

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Zur Begründung wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 22. März 2016 erfolgte die Beiladung der Bauherrin.

Mit Schreiben der Beigeladenen vom 29. März 2016 nahm diese zum Rechtsstreit Stellung.

Es sei richtig, dass die Betriebe „Rohstoffrecycling“ und der „Reifenschredderbetrieb“ an die geplante Wohnunterkunft für Asylbewerber angrenzten, jedoch seien diese Betriebe keineswegs als „erheblich störend“ einzustufen.

Der Recyclingbetrieb lockere auf dem Gelände lediglich Altpapier auf. Dieses geschehe mittels eines sehr leisen Baggers in einer Entfernung von etwa 200 m und könne keineswegs als „erheblich störend“ eingestuft werden.

Der Schretterbetrieb zerkleinere mittels einer Maschine - welche sich innerhalb einer Halle befinde - Altreifen, um diese dann weiter zu veräußern. Lärmbelästigungen beim Zerschreddern der Altreifen seien nicht feststellbar. Es komme lediglich etwa ein- bis zweimal wöchentlich ein Mulden-LKW zum An- bzw. Abtransport der geschredderten Altreifen. In der Nachbarschaft gebe es keine „erheblich störenden“ Betriebe, sondern es handele sich um Firmen, welche in der Prägung eher einem Gewerbe- als einem Industriegebiet zuzuordnen wären.

Bei vielen direkt an der stark befahrenen B ... liegenden Gebäuden komme es aufgrund des starken Verkehrs zu wesentlich höheren Lärmentwicklungen als durch die Betriebe. Das Zerkleinern der Altreifen geschehe innerhalb einer Halle rein mechanisch und sei mit keinerlei Geruchsbelästigungen verbunden. Staub- und Stickoxide seien von den Mitarbeitern der beteiligten Firmen zu keinem Zeitpunkt wahrgenommen worden. Die Schießanlage werde seit Jahren ohne Genehmigung betrieben. Zudem dürfe sie auch nicht zur Nachtzeit genutzt werden. Ebenfalls sei auch an Wochenenden keinerlei Lärm aus der Schießanlage zu bemerken.

Das Landratsamt legte mit Schreiben vom 19. April 2016 die Behördenakten vor und beantragte Klageabweisung und

Antragsablehnung.

Zur Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.

Auf entsprechende Aufforderung des Gerichts legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. März 2016 ihre Behördenakten sowie den Bebauungsplan Nr. ... „Industriegebiet ... Straße“ mit allen Änderungen vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die von der Antragstellerin und dem Antragsgegner vorgelegten Behördenakten sowie auf den Bebauungsplan Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Genehmigungsbescheid des Landratsamtes vom 8. März 2016 ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten, weshalb die Interessenabwägung im Rahmen dieses Antrags zugunsten des Vollzugsinteresses ausgeht.

Der Antrag auf der Grundlage von § 80a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, 80a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch unbegründet.

Nach § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherren an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Nachbarn, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an. Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch den Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung der Klage ergibt, dass diese sachlich nicht gerechtfertigt ist und letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich schon jetzt so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre (BVerfG, B.v. 18.7.1973 - 1 BvR 155/73 und 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382; zur Bewertung der Interessenlage vgl. auch BayVGH, B.v. 14.1.1991 - 14 CS 90.3166 -, BayVBl 1991, 275).

Im vorliegenden Fall geht es um die Anfechtung einer Baugenehmigung durch die Gemeinde, in deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll. Das bedeutet für die Hauptsache, dass die Klage nur auf die Verletzung solcher Normen gestützt werden kann, die die Antragstellerin schützen. Dies ist hier insbesondere das von § 36 BauGB, § 246 Abs. 12 Satz 2 BauGB, § 246 Abs. 15 BauGB geregelte gemeindliche Einvernehmen, das heißt insbesondere die gesamte bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich erteilter Befreiungen.

Nach summarischer Prüfung wird die Hauptsacheklage der Antragstellerin jedoch voraussichtlich keinen Erfolg haben.

Denn die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin wohl nicht in ihren Rechten; die Antragstellerin hat voraussichtlich insbesondere ihr Einvernehmen zu der erteilten Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zu Unrecht verweigert. Das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung vorläufig Gebrauch machen zu können, ist daher höher zu bewerten, als das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

1. An sich wäre das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig.

Es ist weder nach § 9 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) im festgesetzten Industriegebiet allgemein zulässig, noch kann es auf der Grundlage von § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Zwar handelt es sich bei einer Unterkunft für Asylbewerber nach ganz überwiegender Meinung um eine Anlage für soziale Zwecke (vgl. nur BVerwG, B.v. 04.06.1997 - 4 C 2/96 -, juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 21.03.2016 - 2 ZB 14.1201 -, juris Rn. 3; B.v. 09.12.2015 - 15 CS 15.1935 -, juris Rn. 18); die Antragstellerin hat jedoch mit der 9. Änderung ihres Bebauungsplans auf der Grundlage von § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauNVO diese Ausnahme gerade ausgeschlossen.

2. Das Vorhaben ist jedoch aufgrund der Befreiungsentscheidung des Landratsamtes auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB voraussichtlich doch zulässig.

Die Voraussetzungen für diese Befreiung liegen vor. Nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB kann bis zum31. Dezember 2019 für die auf längstens drei Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlage in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 - 11 BauNVO (auch i. V. m. § 34 Abs. 2 BauGB) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplanes befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Eine Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage in einem festgesetzten Industriegebiet in eine Unterkunft für Asylbegehrende liegt vor in Gestalt der Nutzungsänderung des bestehenden Verwaltungsgebäudes, das in dem festgesetzten Industriegebiet der Antragstellerin gelegen ist.

Von der Festsetzung der Art der baulichen Nutzung, die an sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzungsänderung ausschließen würde, konnte vom Landratsamt voraussichtlich rechtmäßig befreit werden. Insbesondere ist die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin, die sich hierfür auf eine Entscheidung des VG Hamburg (B.v. 12.02.2016 - 7 E 6816/15 -, NVwZ 2016, 474) beruft, ist es für den Befreiungstatbestand des § 246 Abs. 12 BauGB gerade nicht erforderlich, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (so auch Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 119. EL 11/2015, § 246 Rn. 76; ebenso OVG Hamburg, B.v. 14.04.2016 - 2 Bs 29/16 -, juris Rn. 34 ff.). Der gegenteiligen Auffassung (vgl. VG Hamburg a. a. O. juris Rn. 57 ff.; vgl. auch Hornmann, NVwZ 2016, 436) ist nicht zu folgen.

Dafür spricht zunächst die gesetzliche Systematik: Während der allgemeine Befreiungstatbestand des § 31 Abs. 2 BauGB die Wahrung der Grundzüge der Planung gerade ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal aufführt, ist das bei § 246 Abs. 12 BauGB (wie auch bei den übrigen neugeschaffenen Befreiungstatbeständen) nicht der Fall.

Zwar wäre es begrifflich denkbar, die Wahrung der Grundzüge der Planung unter die in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB genannten öffentlichen Belange zu subsumieren. Dagegen wiederum spricht jedoch eindeutig die Gesetzesbegründung zu § 246 Abs. 12 BauGB (BT-Drs. 18/6185). Dort heißt es:

„Für die auf längstens 3 Jahre zu befristende Errichtung von - im Regelfall als Unterfall von sozialen Einrichtungen einzuordnenden - mobilen Unterkünften (insbesondere Wohncontainer und Zelte) oder die ebenfalls auf 3 Jahre zu befristende Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebiete sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 - 11 BauNVO (auch i. V. m. § 34 Abs. 2 BauGB) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstigen Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, soll bis zum 31. Dezember 2019 eine Befreiung auch dann möglich sein, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden.“

Angesichts dieser ausdrücklichen Formulierungen in der Gesetzesbegründung ist die Auffassung, dass Befreiungen auch auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB nur dann erteilt werden können, wenn die Grundzüge der Planung dadurch nicht berührt oder verletzt würden, nicht haltbar (so auch OVG Hamburg, B.v. 14.04.2016 - 2 Bs 29/16 -, juris Rn. 34).

Unabhängig von der Gesetzesbegründung spricht zusätzlich auch der Sinn und Zweck des Befreiungstatbestandes dafür, die Wahrung der Grundzüge der Planung nicht als Tatbestandsmerkmal des Befreiungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zu fordern. Denn insbesondere bei der hier relevanten Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung im Industriegebiet wäre ansonsten kein Gebrauchmachen von diesem Befreiungstatbestand denkbar. Eine Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung, die im Industriegebiet eine zwar als soziale Nutzung bezeichnete, gleichwohl aber jedenfalls wohnähnliche Nutzung, für zulässig erklärt und gleichzeitig die Grundzüge der Planung nicht berührt, ist kaum denkbar.

Daher schadet es hier auch nicht, dass die Befreiung - worin der Antragstellerin Recht zu geben ist - die Grundzüge ihrer Planung berührt.

Der mit der Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB verbundene, allerdings vor dem Hintergrund des Gesetzesvorbehalts gerechtfertigte Eingriff in die Planungshoheit der Antragstellerin als Ausprägung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 11 Abs. 2 BV, §§ 246 Abs. 12 Satz 2 i. V. m. 36 BauGB, wird nach der Gesetzesbegründung wie auch nach der Kommenterliteratur durch die zeitliche Befristung der Dauer der Nutzungsänderung auf drei Jahre in Grenzen gehalten und gewissermaßen ausgeglichen (vgl. Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 119. EL 11/2015, § 246 Rn. 77 und BT-Drs. 18/6185, S. 54).

Der Umstand, dass die Antragstellerin mit der letzten, neunten Änderung des Bebauungsplans die ausnahmsweise Zulassung von Anlagen für soziale Zwecke ausgeschlossen hat, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Befreiung. Denn anders als etwa im Falle von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ist es für die Befreiungstatbestände des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB nicht Voraussetzung, dass die jeweilige Nutzung zumindest ausnahmsweise zulässig ist (so auch Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 119. EL 11/2015, § 246 Rn. 77).

Die Befreiung ist auch mit den öffentlichen Belangen einschließlich der Berücksichtigung nachbarlicher Interessen vereinbar. Zu den öffentlichen Belangen - die bei der Befreiungsentscheidung zu berücksichtigen sind - gehören insbesondere auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB). Hierauf weist auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs 18/6185) hin:

„Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sind als öffentlicher Belang (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gleichwohl in allen Fällen und in allen Baugebieten zu wahren; jedoch kann bei befristet zu errichtenden mobilen Unterkünften, anders als bei dauerhaften Unterkünften, stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen abgestellt werden.“

Die zuletzt wiedergegebene Erwägung gilt nicht nur bei der Errichtung von mobilen Unterkünften, sondern auch bei der Befreiung für eine Nutzungsänderung im Sinne von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB, so dass bei beiden Nummern des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB stärker auf die aktuell tatsächlich bestehenden Umwelteinwirkungen (insbesondere Lärmbelastungen) abzustellen sein dürfte. Das heißt, wenn störende bzw. gesundheitsschädliche Industrienutzungen zwar planungsrechtlich möglich sind, aber aktuell weder ausgeübt werden noch auf absehbare Zeit ausgeübt werden sollen, dürfte eine befristete Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB deutlich eher möglich sein als eine unbefristete Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB (vgl. Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 246 Rn. 80; Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2015, 1633 (1636)). Zudem wird in der Kommentarliteratur (vgl. Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a. a. O.) darauf hingewiesen, dass die Unterbringung von Asylbegehrenden ihrem Schutz vor Obdachlosigkeit und damit ihrem Schutz vor Gefahren für Leben und Gesundheit dient. Da es sich hierbei um Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit handelt, deren Schutz nach Nr. 7.1 Satz 1 Variante 1 der TA-Lärm eine Überschreitung der Immissionswerte rechtfertigen kann, die ansonsten in der TA-Lärm für die dem Wohnen dienenden Gebiete nach Nr. 6.1 c - f TA-Lärm vorgesehen sind, wären nach dieser Auffassung auch in Bezug auf die gesunden Wohnverhältnisse die Befreiungstatbestände des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB weit auszulegen. Jedenfalls dürfte es nach Auffassung des Gerichts dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung bezüglich des Befreiungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB entsprechen, dass für Unterkünfte für Asylbegehrende dieselben bzw. vergleichbare Maßstäbe anzulegen sind wie für Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen im Industriegebiet (vgl. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Hinsichtlich dieser ist anerkannt, dass insofern für Industriegebiete typischer Lärm grundsätzlich hinzunehmen ist, soweit nicht die Grenze der Gesundheitsschädlichkeit überschritten wird. Die Grenze der Gesundheitsschädlichkeit dürfte jedenfalls dann nicht überschritten sein, wenn die ansonsten nach Nr. 6.1 c TA-Lärm im Kern-, Dorf- und Mischgebieten geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls innerhalb der Unterkünfte eingehalten werden können. Insofern dürfte ausnahmsweise - worauf in der Tat sonst bei der Anwendung der TA-Lärm nicht abgestellt wird - auch ergänzender passiver Schallschutz ausreichend sein. Das folgt letztlich ebenfalls aus dem Sinn und Zweck des neugeregelten Befreiungstatbestandes. Denn eine wohnähnliche Nutzung im Wege der Befreiung in einem Industriegebiet möglich zu machen, vertrüge sich nicht mit der Forderung beispielsweise nach der Einhaltung von Lärmwerten, die für hauptsächlich dem Wohnen gewidmete Gebiete gelten. Denn insofern würde die Schaffung des neuen Befreiungstatbestandes keinen Sinn machen, da von ihm praktisch kein Gebrauch gemacht werden könnte.

Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben ist die Befreiungsentscheidung des Landratsamtes mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

Die Beteiligten haben zu den in der näheren Umgebung des Vorhabens vorhandenen gewerblichen Betrieben vorgetragen. Hinsichtlich der Lärmbelästigung ergibt sich nach Aktenlage nichts, was eine absolute Unzumutbarkeit hinsichtlich der gesunden Wohnverhältnisse für die Bewohner der Asylunterkunft ergeben würde. Das Landratsamt trägt unwidersprochen vor, dass keiner der in der näheren Umgebung des Vorhabens gelegenen Betriebe in der Nachtzeit tätig ist, geschweige denn die im Industriegebiet zulässigen Lärmwerte ausschöpft. Bezüglich des Lärmschutzes ist jedenfalls in diesem Ausnahmefall, wie oben ausgeführt, die Sicherstellung der Einhaltung gesunder Wohn- und Lebensverhältnisse - wie vom Landratsamt vorgenommen - mittels passiven Schallschutzes zulässig.

Hinsichtlich des von der Antragstellerin geltenden gemachten Betriebes der „... Rohstoffrecycling ... Sekundärrohstoffe AG“ ist nichts vorgetragen, was eine besondere Beeinträchtigung der gesunden Wohnverhältnisse besorgen könnte.

Hinsichtlich des Betriebes „Reifen ... - Schredderbetrieb“ trägt die Antragstellerin vor, dieser sorge für erhebliche Geruchsbelästigungen. Dem tritt das Landratsamt mit nachvollziehbaren Ausführungen entgegen. Jedenfalls für das Eilverfahren ist aus Sicht des Gerichts hinreichend und überzeugend dargestellt, dass von diesem Betrieb keine außergewöhnlichen, unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgehen. Hinsichtlich des Lärmschutzes ist darauf hinzuweisen, dass die Argumentation der Antragstellerin, die darauf verweist, dass im Industriegebiet abstrakt tags wie nachts Lärmwerte bis zu 70 dB(A) zulässig seien, nicht ausreicht, um eine Verletzung gesunder Wohnverhältnisse zu bejahen. Denn für die nur vorübergehende, befristete Zulassung des Vorhabens aufgrund des Befreiungstatbestandes des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB ist insofern von der sonst anzustellenden, rein abstrakten Betrachtungsweise - was in einem Industriegebiet allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist - zu einer die tatsächlichen Verhältnisse und die tatsächlich vorhandenen Betriebe mehr in den Blick zu nehmenden Sichtweise umzustellen.

Danach ist hier nach Aktenlage und dem insoweit unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners davon auszugehen, dass die gesunden Wohnverhältnisse am Standort des Vorhabens voraussichtlich gewahrt sind.

Hinsichtlich des auf dem Grundstück ...str. 25 vorhandenen Schießplatzes bzw. der Schießanlage mit Freiständen gilt im Ergebnis ebenfalls nichts anderes.

Unabhängig davon, dass der Antragsgegner darauf verweist, dass diese Anlage nicht genehmigt ist und der Antragsgegner jedenfalls noch bis zur Entscheidung über die Klage in der Hauptsache Zeit hätte, gegebenenfalls gegen die ungenehmigte Nutzung vorzugehen, erscheint die Schießanlage auch zu weit weg vom Vorhabenstandort zu sein - gemessen aus dem BayernAtlas Plus ca. 300 m -, um hier ernsthaft die gesunden Wohnverhältnisse am Vorhaben in Frage zu stellen. Ob die Antragstellerin darüber hinaus geltend machen kann, dass - unabhängig von den Lärmauswirkungen der Schießanlage - diese deswegen zu einer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit für die Asylbewerberunterkunft führen könnte, weil dadurch im Ergebnis eine Retraumatisierung der Bewohner zu befürchten sei, kann offen bleiben, da dieses Vorbringen jedenfalls zu wenig substantiiert ist, um über den Bereich der reinen Spekulation hinaus zu gehen.

Schließlich sind auch die Auswirkungen des Vorhabens auf die Nachbarschaft nicht so geartet, dass dadurch die Zulässigkeit der Befreiung in Frage gestellt würde. Es ist nicht ersichtlich, dass durch die Zulassung des Vorhabens Nutzungen in der Nachbarschaft in ihrem Bestand gefährdet werden könnten.

Schließlich ist auch die Ermessensausübung des Antragsgegners bei der Befreiungsentscheidung nicht zu beanstanden.

Ähnlich wie bei einer Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB geht das Gericht für die hiesige Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB davon aus, dass wenn - wie hier - die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Befreiungsentscheidung gegeben sind, allenfalls noch ein so genannter „Ermessensrest“ verbleibt.

Nach der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 30.3.2009 - 1 B 05.616 -, juris Rn. 47) steht einer Gemeinde bei der Entscheidung über das Einvernehmen zu einer Befreiung zwar ein gewisser Gestaltungsspielraum zu, innerhalb dessen sie ihre Zustimmung zu dem Vorhaben von bauplanungsrechtlich relevanten Gesichtspunkten abhängig machen darf, welche die für die Erteilung der Befreiung zuständige Bauaufsichtsbehörde bei der Ermessensausübung berücksichtigen könnte.

Das kann aber jedenfalls bei der Befreiungsentscheidung auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB kein anderes Ergebnis erzwingen. Denn insofern ist auch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich nur ein bauplanungsrechtlicher Gesichtspunkt geeignet, die Ermessensentscheidung der Bauaufsichtsbehörde im Sinne der das Einvernehmen verweigernden Gemeinde zu beeinflussen. Entsprechende Gesichtspunkte, die bei der Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB noch nicht ausreichend berücksichtigt sind, bestehen hier typischerweise und so auch im zu entscheidenden Einzelfall nicht. Vielmehr begründet die Antragstellerin ihre Ablehnung des Vorhabens eben aus den oben abgehandelten Gesichtspunkten, die dahingehend zusammengefasst werden können, dass sie eine soziale und insbesondere - wie hier - wohnähnliche Nutzung in ihrem Industriegebiet vermeiden möchte. Unter Geltung der Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB ist das jedoch tatbestandlich nicht möglich.

Gesichtspunkte, die zu einer anderen Ermessensentscheidung der Bauaufsichtsbehörde führen müssten oder wenigstens könnten, die andererseits bei der Prüfung der öffentlichen Belange im Tatbestand des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB noch nicht abgehandelt sind, gibt es hier nicht.

Daher ist - soweit man noch ein „Restermessen“ der Bauaufsichtsbehörde bejaht - deren Entscheidung auch insofern nicht zu beanstanden.

Die Rüge der Antragstellerin, dass der Verwaltungsakt, mit dem das verweigerte Einvernehmen zu der Befreiung ersetzt wurde, der Antragstellerin nicht bekannt gegeben worden sei, geht ins Leere. Die Antragstellerin verkennt insofern, dass die Einvernehmensersetzung mit Erteilung der Baugenehmigung erfolgt, was sich bereits ausdrücklich aus Art. 67 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 BayBO ergibt und auch ansonsten der allgemeinen Meinung entspricht (vgl. nur Jäde, Gemeinde und Baugesuch, 5. Auflage 2014, Rn. 137 und insbesondere Rn. 139; Dirnberger in: Simon/Busse, BayBO, 122. EL Januar 2016, Art. 67 Rn. 123). Die Baugenehmigung ist der Antragstellerin aber unbestreitbar bekannt gegeben worden, so dass Gleiches auch für die damit verbundene Ersetzung des verweigerten gemeindlichen Einvernehmens gilt. Die Verfahrensrechte der Antragstellerin auf dem Weg zur Ersetzung ihres Einvernehmens wurden gewahrt.

Nach alledem ist der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Beigeladene trägt billigerweise ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Sie hat zwar im Klageverfahren Stellung genommen, aber keinen Antrag gestellt und sich deshalb keinem Kostenrisiko ausgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Nrn. 9.10 sowie 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten können nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Absatz 1 angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

(1a) Bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie ist vor dem Erlass einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 Satz 2, durch welche Emissionsbegrenzungen neu festgelegt werden sollen, der Entwurf der Anordnung öffentlich bekannt zu machen. § 10 Absatz 3 und 4 Nummer 1 und 2 gilt für die Bekanntmachung entsprechend. Einwendungsbefugt sind Personen, deren Belange durch die nachträgliche Anordnung berührt werden, sowie Vereinigungen, welche die Anforderungen von § 3 Absatz 1 oder § 2 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes erfüllen. Für die Entscheidung über den Erlass der nachträglichen Anordnung gilt § 10 Absatz 7 bis 8a entsprechend.

(1b) Absatz 1a gilt für den Erlass einer nachträglichen Anordnung entsprechend, bei der von der Behörde auf Grundlage einer Verordnung nach § 7 Absatz 1b oder einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 Absatz 1b weniger strenge Emissionsbegrenzungen festgelegt werden sollen.

(2) Die zuständige Behörde darf eine nachträgliche Anordnung nicht treffen, wenn sie unverhältnismäßig ist, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Anordnung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit der Anordnung angestrebten Erfolg steht; dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und technische Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen. Darf eine nachträgliche Anordnung wegen Unverhältnismäßigkeit nicht getroffen werden, soll die zuständige Behörde die Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 ganz oder teilweise widerrufen; § 21 Absatz 3 bis 6 sind anzuwenden.

(2a) § 12 Absatz 1a gilt für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie entsprechend.

(2b) Abweichend von Absatz 2a kann die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen, wenn

1.
wegen technischer Merkmale der Anlage die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und die Behörde dies begründet oder
2.
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
§ 12 Absatz 1b Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Absatz 1a gilt entsprechend.

(3) Soweit durch Rechtsverordnung die Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 abschließend festgelegt sind, dürfen durch nachträgliche Anordnungen weitergehende Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht gestellt werden.

(3a) Die zuständige Behörde soll von nachträglichen Anordnungen absehen, soweit in einem vom Betreiber vorgelegten Plan technische Maßnahmen an dessen Anlagen oder an Anlagen Dritter vorgesehen sind, die zu einer weitergehenden Verringerung der Emissionsfrachten führen als die Summe der Minderungen, die durch den Erlass nachträglicher Anordnungen zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten bei den beteiligten Anlagen erreichbar wäre und hierdurch der in § 1 genannte Zweck gefördert wird. Dies gilt nicht, soweit der Betreiber bereits zur Emissionsminderung auf Grund einer nachträglichen Anordnung nach Absatz 1 oder einer Auflage nach § 12 Absatz 1 verpflichtet ist oder eine nachträgliche Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 getroffen werden soll. Der Ausgleich ist nur zwischen denselben oder in der Wirkung auf die Umwelt vergleichbaren Stoffen zulässig. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für nicht betriebsbereite Anlagen, für die die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb erteilt ist oder für die in einem Vorbescheid oder einer Teilgenehmigung Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 festgelegt sind. Die Durchführung der Maßnahmen des Plans ist durch Anordnung sicherzustellen.

(4) Ist es zur Erfüllung der Anordnung erforderlich, die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb der Anlage wesentlich zu ändern und ist in der Anordnung nicht abschließend bestimmt, in welcher Weise sie zu erfüllen ist, so bedarf die Änderung der Genehmigung nach § 16. Ist zur Erfüllung der Anordnung die störfallrelevante Änderung einer Anlage erforderlich, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und wird durch diese Änderung der angemessene Sicherheitsabstand erstmalig unterschritten, wird der bereits unterschrittene Sicherheitsabstand räumlich noch weiter unterschritten oder wird eine erhebliche Gefahrenerhöhung ausgelöst, so bedarf die Änderung einer Genehmigung nach § 16 oder § 16a, wenn in der Anordnung nicht abschließend bestimmt ist, in welcher Weise sie zu erfüllen ist.

(4a) Zur Erfüllung der Pflichten nach § 5 Absatz 3 soll bei Abfallentsorgungsanlagen im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 1 auch eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Nach der Einstellung des gesamten Betriebs können Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Absatz 3 ergebenden Pflichten nur noch während eines Zeitraums von einem Jahr getroffen werden.

(4b) Anforderungen im Sinne des § 12 Absatz 2c können auch nachträglich angeordnet werden.

(5) Die Absätze 1 bis 4b gelten entsprechend für Anlagen, die nach § 67 Absatz 2 anzuzeigen sind oder vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach § 16 Absatz 4 der Gewerbeordnung anzuzeigen waren.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse der Antragstellerin überwiegt. Die der Beigeladenen erteilte und auf drei Jahre befristete Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in eine Unterkunft für Asylbewerber unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ nach § 246 BauGB verletzt die Antragstellerin, in deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, nicht in ihren Rechten. Sie hat ihr Einvernehmen zu der erteilten Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zu Unrecht verweigert.

1. Eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB darf auch dann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 54). Diese Vorschrift enthält nach dem eindeutigen Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers einen eigenständig neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden Befreiungstatbestand und ist insoweit lex specialis (vgl. OVG Hamburg, B.v. 14.4.2016 - 2 Bs 29.16 - DVBl 2016, 858; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch 13. Aufl. 2016 Rn. 33; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Februar 2016 Rn. 76).

Der Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass eine Befreiung dann ausscheide, wenn die Grundzüge der Planung - wie hier - „verletzt“ seien, da nicht nur eine nach den Festsetzungen des Bebauungsplans unzulässige Anlage für soziale Zwecke im Industriegebiet zugelassen werde, sondern diese schutzbedürftige Nutzung entgegen dem planerischen Willen der Antragsgegnerin an einer Stelle im Industriegebiet zugelassen werde, an der gesundheitsschädlicher Lärm vorherrsche, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auf die vorgetragene Unterscheidung zwischen der „Berührung“ der Grundzüge der Planung und deren „Verletzung“ kommt es nicht entscheidungserheblich an. Ist für die Erteilung der Befreiung nach dieser Vorschrift bereits unerheblich, dass die Grundzüge der Planung berührt werden, so kann für deren „Verletzung“ vor dem Hintergrund der zeitlichen Befristung und dem Korrektiv der Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen nichts anderes gelten.

2. Die Befreiung ist auch mit den öffentlichen Belangen einschließlich der Berücksichtigung nachbarlicher Interessen vereinbar. Zu den öffentlichen Belangen gehören insbesondere gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse. Diese werden durch die Anordnung passiver Lärmschutzmaßnahmen im Genehmigungsbescheid (Nummer III.5 bis 7) gewährleistet. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998 (GMBl S. 303) steht im vorliegenden Fall der Konfliktbewältigung durch passiven Lärmschutz nicht entgegen. Unzulässig ist es lediglich, einen Beurteilungspegel, der den nach der TA Lärm einzuhaltenden Immissionsrichtwert überschreitet, durch passive Lärmschutzmaßnahmen zu kompensieren (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145). Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind im Plangebiet nicht die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet, sondern diejenigen für ein Industriegebiet einzuhalten. Nach den vorliegenden Unterlagen und auch den Ausführungen der Antragstellerin liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Immissionsrichtwert von 70 dB(A) überschritten wird. Soweit die Antragstellerin auf Verkehrsgeräusche im Industriegebiet abstellt, verkennt sie, dass Geräusche auf den Betriebsgrundstücken nach Nummer 7.4 der TA Lärm offensichtlich in diese Bewertung einbezogen wurden bzw. Geräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen nach dieser Vorschrift dem Beurteilungspegel nicht hinzuzurechnen sind. Mangels Überschreitung des Immissionsrichtwerts für ein Industriegebiet sind die im Bescheid getroffenen Lärmschutzanordnungen auch nicht an Nummer 7.1 der TA Lärm zu messen. Vielmehr sollen die Anordnungen nur gewährleisten, dass trotz des im Industriegebiet zulässigen Immissionsrichtwerts innerhalb des Gebäudes erträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschen. Das kann umso eher erreicht werden, als offensichtlich während der Nacht im Industriegebiet die betrieblichen Aktivitäten eingeschränkt sind.

Im Hinblick auf die zeitliche Befristung der Baugenehmigung, die begrenzte Aufenthaltsdauer der untergebrachten Personen, die Situierung des Gebäudes am Rande des Industriegebiets sowie die textliche Festsetzung Nummer 1.1.1 im Bebauungsplan, wonach Betriebsleiterwohnungen ausnahmsweise zugelassen werden können und eine Wohnnutzung offensichtlich auch auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück der Unterkunft stattfindet, ist auch die Lärmbelastung auf der Grünfläche vor dem Gebäude hinzunehmen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte, bis zum 31. August 2025 befristete bauaufsichtliche Genehmigung vom 1. Juli 2015 für das Anwesen auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung E. (Baugrundstück). Die Baugenehmigung hat die „Nutzungsänderung von Büro zu Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz mit 294 Betten“ zum Gegenstand (Vorhaben). Mit der Baugenehmigung wurden Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen des Brandschutzes zugelassen und eine Befreiung „gemäß § 246 Abs. 10 BauGB wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet“ erteilt.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. … und FlNr. … jeweils Gemarkung E., die in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Baugrundstück liegen. Diese Grundstücke sind mit einem Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Verkaufsraum (FlNr. …) sowie einem Hochregallager (FlNr. …) bebaut. Die Klägerin betreibt an diesem Standort einen Groß- und Einzelhandel mit Lagerung zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln.

Auf dem Baugrundstück besteht ein dreigeschossiges Gebäude mit einem erdgeschossigen Anbau. Die Bauten wurden stets gewerblich genutzt, zuletzt durch ein Call-Center.

Das Baugrundstück und die Grundstücke der Klägerin liegen zwischen der Bahnlinie T., die im Westen verläuft, dem F-weg im Osten/Südosten sowie der H-straße im Norden. Ein Bebauungsplan besteht für diesen Bereich nicht.

Nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung vom 1. August 2014 und der sonstigen Bauvorlagen ist beabsichtigt, das gesamte Gebäude auf dem Baugrundstück als Gemeinschaftsunterkunft für die Unterbringung von bis zu 294 Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 AsylbLG zu nutzen. Nach Nr. 3 der Auflagen zum Genehmigungsbescheid vom 1. Juli 2015 ist „das Unterkunftsgebäude mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, sodass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet sind“.

Die Klägerin erhob am 13. August 2015 Anfechtungsklage gegen die ihr am 18. Juli 2015 zugestellte Baugenehmigung vom 1. Juli 2015, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2016 in der Sache abwies. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist das Vorhaben als Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Ausprägung im faktischen Gewerbegebiet ohne Rechtsverstoß im Weg der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zugelassen worden. Insbesondere würden die künftigen Benutzer der Gemeinschaftsunterkunft weder gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen des gegenständlichen Gewerbegebiets ausgesetzt noch führe das genehmigte Vorhaben zu einer Verschlechterung der immissionsschutzrechtlichen Situation für das klägerische Unternehmen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Am 18. August 2016 ließ die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 2016 einlegen.

Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, das Vorhaben sei wegen seiner wohnähnlichen Nutzung auch unter Berücksichtigung des Sonderbefreiungstatbestands nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in dem betreffenden faktischen Gewerbegebiet nicht zulässig. Der Standort in der Nähe zum Industriegebiet „H.“, das Eingekreistsein durch stark frequentierte Verkehrswege aber auch die konkret anzutreffenden gewerblichen Nutzungen stünden der Annahme eines eher ruhigen Gewerbegebiets entgegen, in dem eine Gemeinschaftsunterkunft nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB oder eine – wie das Verwaltungsgericht argumentiere – ausnahmsweise zulässige Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zugelassen werden könnten. Bei der Würdigung der nachbarlichen Interessen sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem wachsenden und immissionsträchtigen Betrieb Mitte der 1980er Jahre an den heutigen Standort umgesiedelt sei, um Lärmkonflikte mit der Nachbarschaft zu vermeiden und am neuen Betriebsstandort erforderlichenfalls auch nachts arbeiten zu können. Auf einen Betrieb zur Nachtzeit sei die Klägerin aufgrund der geänderten Marktsituation im Online-Handel („Same Day Delivery“) angewiesen und sie habe spätestens im Jahr 2014 damit begonnen, auch nachts zu arbeiten. Die beauflagte Ausrüstung des Unterkunftsgebäudes der Gemeinschaftseinrichtung mit Lärmschutzfenstern führe nicht zur Zulassungsfähigkeit des Vorhabens. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffne das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Anwendungsbereich der TA Lärm nicht die Möglichkeit, der durch einen Gewerbebetrieb verursachten Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte bei einem Wohnbauvorhaben durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

Die Klägerin beantragt,

den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird vorgetragen, dass eine Befreiung auch mit passiven Schallschutzmaßnahmen verbunden werden könne. Die TA Lärm stehe dem nicht entgegen, sofern der Beurteilungspegel den jeweils maßgeblichen Immissionsrichtwert nicht überschreite.

Die Beigeladene beantragt unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie der beigezogenen Bauakten der Beklagten verwiesen.

Gründe

Über die Berufung kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 zu Recht abgewiesen. Die Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich – wie hier nach § 34 Abs. 2 BauNVO i.V.m. § 8 BauNVO – seiner Art nach unmittelbar nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung, steht dem Nachbarn eines in demselben Baugebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – BauR 2012, 634 = juris Rn. 5; BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 13, 30, jeweils m.w.N.). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – BauR 2013, 783 = juris Rn. 3; BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – BayVBl 1999, 26 = juris Rn. 5; BVerwG, U. v. 19.9.1986 – 4 C 8.84 – BauR 1987, 70 = juris Rn. 19 a.E., jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB übertragen (vgl. VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 22).

Von diesen Grundsätzen ausgehend verletzt die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte der Klägerin. Die Beklagte konnte nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine Befreiung für die Nutzungsänderung des Gebäudes auf dem Baugrundstück in eine Gemeinschaftsunterkunft erteilen, weil das Vorhaben in einem faktischen Gewerbegebiet zur Ausführung kommen soll, in dem nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 3 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden können und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Ermessensfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.

1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB insoweit vorliegen, als das Vorhaben die Nutzungsänderung eines bislang gewerblich genutzten Gebäudes in einem faktischen Gewerbegebiet in eine Gemeinschaftsunterkunft zum Inhalt hat (§ 29 Abs. 1 BauGB, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO, § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB, § 1 Abs. 1 AsylbLG) und nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 3 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke hier ausnahmsweise zugelassen werden können.

2. Die Abweichung von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO ist auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

Die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit, dass die Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den in Betracht kommenden bodenrechtlichen öffentlichen Interessen vereinbar sein muss, ist eine tatbestandliche Voraussetzung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.1996 – 4 B 184.95 – BauR 1996, 518 = juris Rn. 6, 7; BVerwG, U.v. 9.6.1978 – 4 C 54.75 – BVerwGE 56, 71 = juris Rn. 31, jeweils zu § 31 Abs. 2 BauGB). Insoweit ist die Einzelfallentscheidung auf Zulassungsebene daraufhin zu überprüfen, ob die öffentlichen Belange unter Einbeziehung nachbarlicher Interessen gewahrt sind (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12).

Zu den nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in erster Linie zu berücksichtigenden öffentlichen Belangen gehören die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten öffentlichen Belange der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (Nr. 1), der Wirtschaft (Nr. 8 Buchst. a), insbesondere im Hinblick auf die auch objektiv-rechtlich zu berücksichtigenden betrieblichen Belange der im Gewerbegebiet ansässigen Gewerbebetriebe an der Erhaltung des betrieblichen Bestands und nach Betriebsausweitung einschließlich der Vermeidung von Nutzungskonflikten, sowie die Belange der Flüchtlinge oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung (Nr. 13; vgl. zum Ganzen: Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger – E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 246 Rn. 69; Söfker/Runkel in E/Z/B/K, a.a.O., § 1 Rn. 157 ff.; VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 Rn. 31, „gesunde Wohnverhältnisse“; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 43 f.).

a) Das Vorhaben ist mit dem öffentlichen Belang der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse in Bezug auf den hier relevanten Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB).

Die Unterbringung von Asylbegehrenden in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt in der Regel bis zum bestandskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens (vgl. § 53 AsylG, Art. 4 AufnG). Dies kann je nach Sachlage auch einen längeren Zeitraum umfassen als die Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung, die nach § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG längstens sechs Monate dauern soll (Heusch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.11.2017, § 53 AsylG Rn. 10). Der Gesetzgeber geht deshalb von „wohnähnlichen Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften“ aus (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12; ebs. BR-Drs. 419/14 S. 6 „wohnähnliche Nutzung“). Gleichwohl ist die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft kein Wohnen im Sinn der Baunutzungsverordnung oder sonstiger Vorschriften und Regelwerke, soweit sich diese am Maßstab der angemessenen Befriedigung allgemeiner Wohnbedürfnisse orientieren. Dies gilt nicht nur für die Bewohnerzimmer, sondern auch für die in der Gemeinschaftsunterkunft vorgesehenen Wohnungen. Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (vgl. BVerwG, B.v. 18.10.2017 – 4 CN 6.17 – juris Rn 14 m.w.N. zu § 3 Abs. 1 BauNVO). Daran fehlt es im Fall der den Asylbewerber verpflichtenden Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft (§ 53 AsylG), die weder eine eigengestaltete Haushaltsführung noch die Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises gewährleistet und zudem auch nicht für die ständige Bewohnung, sondern nur für die Dauer des Asylverfahrens gedacht ist.

In Gemeinschaftsunterkünften ist aber der Mindeststandard einer menschenwürdigen Unterbringung ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu gewährleisten (vgl. Heusch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.11.2017, § 53 AsylG Rn. 12; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 53 AsylG Rn. 10). Deshalb muss sichergestellt sein, dass die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft keinen gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt werden (vgl. VGH BW, B.v. 15.7.2017 – 5 S 1505.15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 31 m.w.N.). Ein über die Wahrung „gesunder Wohnverhältnisse“ im Sinn der Vermeidung gesundheitsgefährdender Immissionen hinausgehendes Schutzgebot folgt aus § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB für Flüchtlingsunterkünfte, insbesondere solchen in Gewerbe- oder Industriegebieten, die ihrer Zweckbestimmung nach der Unterbringung von belästigenden (§ 8 Abs. 1 BauNVO) bzw. erheblich belästigenden (§ 9 Abs. 1 BauNVO) Gewerbebetrieben dienen, aber nicht. Denn das besondere Gewicht, das der Gesetzgeber einer bedarfsgerechten und zeitnahen Schaffung von Unterbringungseinrichtungen bereits mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl. I S. 1748) aber auch mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) beigemessen hat, ist bei der Bewertung der öffentlichen Belange zu berücksichtigen. Danach sind gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse als öffentlicher Belang i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in allen Baugebieten zu wahren (vgl. BT-Drs. 18/3070 S. 1, S. 5; BT-Drs. 18/6185 S. 54 f.; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.).

Die Auflage Nr. 3 zur Baugenehmigung vom 1. Juli 2015, wonach das Unterkunftsgebäude mit Lärmschutzfenstern auszurüsten ist, ist zulässig und geeignet, um gesunde Wohnverhältnisse im vorgenannten Sinn zu gewährleisten.

aa) Soweit es Verkehrslärmimmissionen (hier insb. Bahnstrecke T., F-weg, H-straße) betrifft, ist im Verhältnis zwischen Verkehrsweg und schutzbedürftiger Nutzung nach dem Regelungskonzept des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch die Möglichkeit passiven Lärmschutzes vorgesehen (vgl. §§ 41 ff. BImSchG, 24. BImSchV; vgl. Gatz Anmerkung zu BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – jurisPR-BVerwG 3/2013 Anm. 4). Schallschutzmaßnahmen können danach durch bauliche Verbesserung an Umfassungsbauteilen schutzbedürftiger Räume, insbesondere durch den Einbau von Schallschutzfenstern zur Minderung der Einwirkungen durch Verkehrslärm angeordnet werden (vgl. § 1, § 2 Abs. 1 24. BImSchV).

Im Sinne der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze sind gesunde Wohnverhältnisse in Bezug auf den maßgeblichen Innenraumpegel insbesondere in Schlafräumen zur Nachtzeit in Wohngebieten jedenfalls noch gewahrt, wenn Dauerschallpegel aus dem Gesamtlärm von 30 dB(A) bis 35 dB(A) und Spitzenpegel von 40 dB(A) am Ohr des Schläfers nicht überschritten werden. Teilweise werden auch Dauerschallpegel von zwischen 35 dB(A) und 40 dB(A) und Maximalwerte von 45 dB(A) und 55 dB(A) noch für hinnehmbar erachtet. In Mischgebieten wird zum Teil ein Aufschlag von 2 dB(A) für zulässig erachtet (vgl. BayVGH, U.v. 23.2.2007 – 22 A 01.40089 u.a. – VGH n.F. 60, 131 = juris Rn. 51 m.w.N.). Für Wohnnutzungen oder wohnähnliche Nutzungen in Gewerbegebieten – wie hier – gilt jedenfalls kein höherer Schutzstandard. Mit entsprechend ausgestatteten Schallschutzfenstern lassen sich die genannten Innenraumpegel je nach dem bewerteten Schalldämm-Maß des Fensters auch bei hohen Außenpegeln wahren (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 105 m.w.N.). Dies hat die Beklagte gesehen und deshalb der beigeladenen Bauherrin verbindlich aufgegeben, das Unterkunftsgebäude mit Lärmschutzfenstern auszurüsten, sodass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet sind (Auflage Nr. 3 der Baugenehmigung vom 1.7.2015). Bereits die im Bestand vorhandenen Fenster des Gebäudes der Beigeladenen weisen bewertete Schalldämm-Maße von Rw 32 dB(A) bzw. Rw 37 dB(A) auf (vgl. Baubeschreibung vom 3.1.1990 zum Bauantrag für den Neubau des Quelle TKD-Gebäudes Nr. 2.4, Bauakte B1-2014-206/Amtskonferenz sowie Baubeschreibung vom 13.4.1992 zum Bauantrag Ausbau des 1. Obergeschosses Nr. 2.02, Bauakte B12/1991/2292 und /1134). Dies hindert die Bauaufsichtsbehörde allerdings nicht, weitergehende Anforderungen zu stellen.

In der Rechtsprechung zur fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze ist zwar geklärt, dass zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse heute grundsätzlich die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster gehört (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2006 – 4 C 4.05 – BVerwGE 126, 340 = juris Rn. 26 m.w.N.). Diese an der Erhaltung der Wohnqualität und den berechtigten Wohnerwartungen ausgerichtete Rechtsprechung zur Befriedigung angemessener Wohnbedürfnisse lässt sich aber weder auf die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft übertragen, noch gibt es einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekipptem Fenster (vgl. VGH BW, U.v. 8.10.2012 – 5 S 203/11 – juris Rn. 106 m.w.N.). Insoweit wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Einschränkung allgemeiner Wohnansprüche für die Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft bei der Bewertung der Anforderung an gesunde Wohnverhältnisse zu berücksichtigen ist. Dies ermöglicht es, einen ausreichenden Lärmschutz unter Berücksichtigung einer angemessenen Belüftung der Räume auch dann sicherzustellen, wenn die Schallschutzfenster nur gelegentlich geöffnet werden können.

bb) Im Hinblick auf den nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotenen Schutz der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft vor gesundheitsgefährdendem Lärm in Bezug auf die Gesamtbelastung aller relevanten, verschiedenartigen Geräuschquellen (hier insb. Verkehrs- und Gewerbelärm) gilt im Ergebnis nichts anderes.

Für die Gesamtlärmbelastung verschiedenartiger Geräuschquellen sind weder die TA Lärm maßgeblich noch sonst verbindliche Regelwerke. Das Immissionsrichtwertkonzept der TA Lärm zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG, Nr. 1 TA Lärm betrifft den von Anlagen i.S.d. § 3 Abs. 5 BImSchG ausgehenden Lärm (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2017 – 4 BN 10.17 – BauR 2017, 1972 = juris Rn. 11; Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm; BVerwG, B.v. 13.12.2007 – 4 BN 41.07 – NVwZ 2008, 426 = juris Rn. 7). Auch andere Regelwerke bewerten lediglich die jeweils von ihnen erfassten Geräuscharten isoliert, blenden also bereichsfremde Geräuschquellen aus der Betrachtung aus (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 85 m.w.N., sog. „geräuschquellenbezogene Betrachtung“).

Darüber hinaus dienen die Richtwerte aus den einschlägigen Regelwerken dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und setzen deshalb bereits unterhalb der Grenze zu Gesundheitsgefahren an (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 Abs. 1, Nr. 6.1 TA Lärm, § 2 Abs. 1 16. BImSchV). Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG sind nicht nur gesundheitsgefährdende Immissionen, sondern auch Immissionen, die erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeiführen. Aufgrund der Zielrichtung dieser Regelwerke, Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche zu gewährleisten, wird nicht zwischen Immissionsrichtwerten zum Schutz vor Gesundheitsgefahren und Immissionsrichtwerten zum Schutz vor erheblichen Belästigungen unterschieden (vgl. Dolde, Rechtliche Aspekte einer Gesamtlärmbetrachtung, Nr. IV.2, Lärmbekämpfung 2001, 100).

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfte aber geklärt sein, dass Außen-Immissionswerte oberhalb von 70 dB(A)/tags und 60 dB(A)/nachts potenziell gesundheitsgefährdend sind (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn 71; vgl. auch BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 A 28.12 – NVwZ 2014, 730 = juris Rn. 53 f.; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 91, jeweils m.w.N.). Diese Grenze wird allerdings kaum erreicht (vgl. Jarras, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 41 Rn. 53 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Außen-Immissionswerte von 70 dB(A)/tags und 60 dB(A)/nachts bestehen auch vorliegend nicht. So haben etwa von der Klägerin veranlasste Messungen der Fremdgeräusche (Gewerbe und Verkehr) zur Nachtzeit ergeben, dass am Wohnanwesen westlich der Eisenbahnstrecke auf FlNr. … in jeweils drei Nachtstunden zwischen 3:00 Uhr und 6:00 Uhr Hintergrundgeräuschpegel (L95) von aufgerundet zwischen 44 dB(A) und 49 dB(A) auftreten (vgl. schallimmissionsschutztechnische Untersuchung zur geplanten Erweiterung der betrieblichen Tätigkeit im Nachtzeitraum vom 9. November 2015).

Davon abgesehen bestehen in Anlehnung an §§ 41, 42 BImSchG mangels eines verbindlichen Regelwerks für eine die Gesundheit gefährdende Gesamtbelastung unterschiedlicher Geräuschquellen keine Bedenken gegen Maßnahmen des passiven Lärmschutzes an den lärmbetroffenen baulichen Anlagen, insbesondere durch den Einbau von Schallschutzfenstern. Schutzwürdige Außenwohnbereiche sieht das Nutzungskonzept des Vorhabens nicht vor. Der vonseiten der Beklagten mit der Auflage Nr. 6 zur Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 aufgrund des Art. 7 Abs. 2 BayBO i.V.m. ihrer Ortssatzung geforderte Kinderspiel Platz ist, von den Lärmwirkungen der im Gewerbegebiet vorhandenen Betriebe geschützt, an der Südseite des Unterkunftsgebäudes geplant (vgl. mit Genehmigungsvermerk versehenen Lageplan/Freiflächen vom 18.8.2014).

cc) Nachbarliche Interessen werden aufgrund der Bewältigung der Verkehrs- und Gesamtlärmproblematik durch die zulässige und geeignete Maßnahme des passiven Lärmschutzes nicht berührt.

b) Das Vorhaben ist unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit dem öffentlichen Belang der Anforderungen an die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB).

aa) Von einer über die allgemeinen verkehrlichen Risiken insbesondere des Fußgängerverkehrs hinausgehenden Gefahr für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft ist nicht auszugehen.

(1) Die verkehrlichen Verhältnisse am Standort der Gemeinschaftsunterkunft sind übersichtlich. Die von Norden in das Gewerbegebiet führende, geradlinig verlaufende W-straße zweigt zwischen den Betriebsgrundstücken der Klägerin nach Osten ab und endet nach etwa 100 m in einem Wendehammer (S-straße). Der im Bereich dieser Abzweigung ebenfalls geradlinig nach Süden verlaufende Zweig der W-straße endet nach etwa 70 m in Lage der Zufahrt zur vormaligen südlichen Stellplatzanlage des Gebäudes der Beigeladenen. Ein Durchgangsverkehr findet deshalb nicht statt. Ausweislich des Vortrags der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren löst ihr Betrieb nach derzeitiger Betriebssituation 375 Fahrzeugbewegungen zur Tagzeit aus (vgl. Klagebegründung vom 2.10.2015 S. 15 ff.). Auch hinsichtlich des weiteren im Gewerbegebiet ansässigen Betriebs der Firma H. (Produktions- und Bürogebäude; Werkzeugherstellung) auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung E. ist kein wesentlich höherer Fahrverkehr als für den klägerischen Betrieb zu erwarten. Die südlich der Gemeinschaftsunterkunft liegende unbebaute Fläche (FlNr. … und …) wird nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur zeitweilig von einer Erdbaufirma genutzt.

(2) Ausweislich der erstinstanzlichen Feststellungen im Ortstermin vom 9. Oktober 2014 (vgl. Verfahren AN 9 K 14.00830) führt ein ca. 2 m breiter Gehweg auf der östlichen Seite der W-straße in Richtung Norden an der Westseite des klägerischen Betriebs vorbei. Im Bereich der S-straße zur Verbindungsbrücke der klägerischen Betriebsgebäude ist der Gehweg ca. 1,50 m breit. Diese Gehwegbreiten genügen zwar nicht den Grundanforderungen, die die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (Ausgabe 2006; RASt 06) unter Berücksichtigung von ungehinderten Begegnungsmöglichkeiten und der Einhaltung beidseitiger Sicherheitsräume zur Fahrbahn und zur Hauswand empfehlen. Die RASt 06 behandelt aber den Entwurf und die Gestaltung von Straßen (vgl. Geltungsbereich und Aufbau). Als Hauptziel bei der Planung und dem Entwurf von Stadtstraßen orientiert sich die RASt 06 auch nicht ausschließlich an den Anforderungen für die Verkehrssicherheit, sondern an der Verträglichkeit der Nutzungsansprüche untereinander und mit den Umfeldnutzungen, die eine Verbesserung der Verkehrssicherheit lediglich mit einschließt (vgl. Nr. 1.2 RASt 06). Die RASt 06 hat schließlich einen nur empfehlenden Charakter. Deswegen können Gemeinden bei der Planung anhand der konkreten örtlichen Situation im notwendigen Umfang auch hiervon abweichen (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 6 ZB 13.978 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Davon abgesehen können auch nach Maßgabe der RASt 06 im Einzelfall Mindest-Gehwegbreiten von 1,50 m etwa bei geringem Fußgängeraufkommen in dörflichen Hauptstraßen ausreichen (vgl. Nr. 5.1.2 RASt 06, S. 25). Ein Gehweg kann im Übrigen schon dann – wenn auch eingeschränkt, so doch noch ausreichend – funktionsfähig sein, wenn er den erforderlichen Mindestgehraum für einen Fußgänger bietet (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2017 – 6 ZB 16.681 – juris Rn. 12 f. m.w.N., „Mindestgehwegbreite 75 cm“). Hiervon ausgehend bestehen unter Berücksichtigung der verkehrlichen Verhältnisse keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass die vom Verwaltungsgericht ermittelten Gehwegbreiten von 1,50 m bzw. 2 m nicht ausreichend sein könnten. Dies gilt auch dann, wenn der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zutrifft, dass die Breite des Gehwegs lediglich ein Mindestmaß von 1,30 m aufweist.

(3) Mit dem Vorbringen, Sattelschlepper müssten über den Gehweg zurückstoßen und der Fahrer eines rangierenden Lkw könne allein nie den kompletten Bereich hinter seinem Fahrzeug überblicken, macht die Klägerin kein schutzwürdiges nachbarliches Interesse geltend.

Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO). Sie dürfen deshalb grundsätzlich keine Gehwege befahren, die den Fußgängern vorbehalten sind (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO). Das Überqueren eines Gehwegs durch Kraftfahrzeuge verstößt zwar nicht gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung, wenn es darum geht, in ein Grundstück ein- oder aus einem Grundstück auszufahren (vgl. BGH, B.v. 27.6.1985 – 4 StR 766/84 – NJW 1985, 2540 = juris Rn. 13 ff.). Dies ist allerdings nicht an jeder beliebigen Stelle zulässig, sondern nur an einer Stelle, die erkennbar zur Einfahrt in ein Grundstück vorgesehen und geeignet ist (vgl. BGH, B.v. 27.6.1985 a.a.O.; z.B. Bordsteinabsenkung). Beim Abbiegen in ein Grundstück muss sich der Fahrzeugführer aber so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 5 StVO). Auch beim Rückwärtsfahren ergeben sich insbesondere für die Fahrer von Lastkraftwagen aus § 9 Abs. 5 StVO besondere Sorgfaltspflichten. Ist dem Fahrer die volle Sicht verwehrt, so muss er sich einer Hilfsperson bedienen, die hinter dem zurückstoßenden Fahrzeug gefährdete Verkehrsteilnehmer warnt und mit dem Fahrzeugführer Verbindung durch Zeichen und Rufe aufrechterhält (vgl. Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 9 StVO Rn. 70 m.w.N.). Diese Sorgfaltspflichten gelten nicht nur im Nahbereich von Gemeinschaftsunterkünften, sondern grundsätzlich für alle Orte, an denen sich Menschen aufhalten oder bei denen auch nur mit der Möglichkeit eines Hinzukommens von Menschen zu rechnen ist (vgl. BGH, U.v. 19.10.1955 – VI ZR 117/54 – VersR 55, 743 = Jurion RS 1955, 12891 Rn. 11). Ob die danach gebotenen Vorsichtsmaßnahmen zeitaufwändig sind oder zu Beeinträchtigungen im Betriebsablauf führen, wie die Klägerin einwendet, bedarf keiner Klärung. Denn einen irgendwie gearteten Anspruch auf Bewahrung einer für den Betriebsablauf vorteilhaften verkehrlichen Situation auf den dem öffentlichen Verkehr dienenden Flächen gibt es nicht. Auch in einem Gewerbegebiet erfordert die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht (§ 1 Abs. 1 StVO).

bb) Das im Baugenehmigungsverfahren eingereichte Brandschutzkonzept vom 21. August 2014 (Nr. 204-06-01) zeigt nachvollziehbar auf, dass die im Bestand vorhandene Abweichung von den zulässigen Brandabschnittsgrößen von nicht mehr als 40 m (Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO) angesichts der Gesamtflächen und Ausstattung des Gebäudes mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage unbedenklich ist. Auch die erteilte Abweichung wegen Überschreitung der zulässigen Fluchtweglänge von 35 m (Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO) um maximal 5 m ist nicht zu beanstanden; als Kompensationsmaßnahme dient ebenfalls die Brandmeldeanlage.

c) Die nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilte Befreiung ist unter Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen der Wirtschaft vereinbar, insbesondere im Hinblick auf die auch objektiv-rechtlich zu berücksichtigenden betrieblichen Belange der im Gewerbegebiet ansässigen Gewerbebetriebe an der Erhaltung des betrieblichen Bestands und nach Betriebsausweitung einschließlich der Vermeidung von Nutzungskonflikten (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB).

Das von der Klägerin geltend gemachte Interesse an der Erhaltung des betrieblichen Bestands sowie das Interesse nach einer Betriebsausweitung ist berücksichtigungsfähig (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, Stand August 2017, § 1 Rn 160 m.w.N.). Diese schutzwürdigenden Interessen werden durch die angefochtene Nutzungsänderung des Bürogebäudes der Beigeladenen in eine Gemeinschaftsunterkunft aber nicht weiter eingeschränkt als dies ggf. schon bislang der Fall war.

aa) Anders als die Klägerin einwendet, entsteht kein Nutzungskonflikt durch die Zulassung der Gemeinschaftsunterkunft im Hinblick auf die immissionsschutzrechtliche Situation.

(1) Die Baugebietsvorschrift des § 8 BauNVO räumt der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben gegenüber anderen, insbesondere schutzbedürftigen Nutzungen zwar einen gewissen Vorrang ein. Aus der Berücksichtigung der Belange des Immissionsschutzes folgt aber auch für Gewerbegebiete ein eingeschränkter Störgrad (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, a.a.O., Rn. 157). Soweit es die Zumutbarkeit von Lärmwirkungen aus Anlagen betrifft, die – wie der Betrieb der Klägerin – dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterliegen, ist geklärt, dass der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 18; BVerwG, B.v. 8.11.2017 – 4 B 19.17 – juris Rn. 12 jeweils m.w.N.). Hiervon ausgehend sind auch der wohnähnlich genutzten Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbegebiet gewerbegebietstypische Belästigungen oder Störungen von allen Anlagen, für die die TA Lärm gilt, in Höhe der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm (65 dB(A)/tags, 50 dB(A)/nachts) zumutbar.

(2) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerin unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt einer an ihren Betrieb heranrückenden schutzwürdigen Bebauung scheidet nach jeder Betrachtungsweise aus.

Hinsichtlich des u.a. der Klägerin zuzurechnenden Gewerbelärms folgt dessen isolierte, von anderen verschiedenartigen Geräuschen unabhängige Berücksichtigung aus der Würdigung der nachbarlichen Interessen nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB. Insoweit findet entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auch das Gebot der Rücksichtnahme Eingang in die Prüfung (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/ BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.; BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – BVerwGE 82, 343 = juris Rn. 12 ff. m.w.N. zu § 31 Abs. 2 BauGB).

(a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO sind (schutzbedürftige) bauliche Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden (vgl. BVerwG U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 16 m.w.N.). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist weiter geklärt, dass der Nachbarschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als Ausprägung des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf Belästigungen und Störungen drittschützend ist, einem betroffenen Nachbarn im Fall der Verletzung des Rücksichtnahmegebots also ein Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung verleiht (vgl. Söfker in E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 15 BauNVO Rn. 38 m.w.N.). Wahrt danach der Immissionsbeitrag des Gewerbebetriebs der Klägerin unter Berücksichtigung der Vorbelastung i.S.d. Nr. 2.4 Abs. 2 TA Lärm die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Gewerbegebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm (65 dB(A)/tags, 50 dB(A)/nachts) an den maßgeblichen Immissionsorten der Gemeinschaftsunterkunft, kommt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht.

(b) Auch wenn der maßgebliche Immissionsrichtwert nach TA Lärm für den Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionsorten der Gemeinschaftsunterkunft überschritten wäre, würde sich vorliegend keine andere Bewertung ergeben.

Das Rücksichtnahmegebot kann zwar gegenüber einem bestandsgeschützten, emittierenden Gewerbebetrieb verletzt sein, wenn eine heranrückende Bebauung zu zusätzlichen Anforderungen aus Gründen des Immissionsschutzes führen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – a.a.O. = juris Rn 19, 26; BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 = juris Rn. 24; BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19.90 – NVwZ 1993, 1184 = juris Rn. 32; BVerwG, B.v. 25.11.1985 – 4 B 202.85 – NVwZ 1986, 469 = juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Denn mit der Nutzungsänderung des bislang als Call-Center genutzten Gebäudes hin zu einer Gemeinschaftsunterkunft rückt im Ergebnis weder eine schutzbedürftigere Nutzung als bisher an den Betrieb der Klägerin heran, noch verschiebt sich die beiderseitige Zumutbarkeitsgrenze aufgrund der angefochtenen Baugenehmigung zu Lasten der Klägerin oder sonstiger zu einer Gesamtbelastung i.S.v. Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm beitragender Anlagen.

Gegenüber dem bestehenden Gebäude der Beigeladenen, das bislang als Call-Center genutzt wurde, war kein geringeres Maß an Rücksicht zu nehmen als gegenüber der nunmehr genehmigten Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft, die umgekehrt, weil sie in einem faktischen Gewerbegebiet ausgeübt wird, keinen höheren Schutzanspruch vermittelt als die vorangegangene Nutzung zu gewerblichen Zwecken. Der emittierende Betrieb der Klägerin ist vielmehr in gleicher Weise an die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze gebunden wie die gewerblichen Störungen ausgesetzte Gemeinschaftsunterkunft.

Anders als gewerblich genutzte Bauten weisen Flüchtlingsunterkünfte zwar Schlafräume auf. Eine erhöhte Schutzwürdigkeit als gegenüber den bislang zu Bürozwecken genutzten Räumlichkeiten bzw. dem Baugrundstück der Beigeladenen folgt daraus hier aber nicht. Da Büroräume ebenfalls schutzbedürftige Räume nach A.I.3 Satz 1 Buchst. a des Anhangs zur TA Lärm i.V.m. DIN 4109 (Ausgabe 1989) sind, sind auch ihnen gegenüber die festgelegten Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel zu wahren (Nr. 2.3, Nr. 6.1 TA Lärm). Selbst wenn die bislang genutzten Büroräume im Gebäude der Beigeladenen als Großraumbüro zu werten wären und deshalb nicht von schutzbedürftigen Räumen i.S.d. DIN 4109 (Ausgabe 1989) ausgegangen werden könnte („ausgenommen Großraumbüros“), würde sich nichts anderes ergeben. Denn nach A.1.3 Satz 1 Buchst. b des Anhangs zur TA Lärm wäre dann der am stärksten betroffene Rand der Fläche maßgeblicher Immissionsort i.S.d. Nr. 2.3 TA Lärm, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen – wie etwa eine Büronutzung – erstellt werden dürfen. Dies gilt auch hinsichtlich der niedrigeren Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit, weil die Zuordnung der Immissionsorte zu den einzelnen Baugebietstypen nicht auf die tatsächliche Nutzung abstellt, sondern auf die Festlegungen in den Bebauungsplänen (Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm) bzw. im unbeplanten Innenbereich auf die Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Gebiets (Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm), das hier einem Gewerbegebiet i.S.v. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm, § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 BauNVO entspricht. Auf die sich aus der TA Lärm ergebenden Vorgaben hat auch das Verwaltungsgericht abgestellt, soweit es ausführt, die nunmehr genehmigte Nutzung führe faktisch in gewissem Umfang sogar zu einer Verbesserung für die Klägerin, weil andernfalls der maßgebliche Immissionsort näher an die Hauptquelle der Emissionen durch den Lkw-Verkehr rücken würde (vgl. UA S. 27).

Der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich des Vorhabens mit Betriebswohnungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, die in Gewerbegebieten ausnahmsweise zugelassen werden können, ist ebenfalls berechtigt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob bereits eine Betriebswohnung im Gebiet vorhanden ist. Denn der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich von Flüchtlingsunterkünften mit Betriebswohnungen betrifft den aus der Belegenheit solcher Anlagen in Gewerbegebieten folgenden geminderten Schutzgrad (vgl. UA S. 26 f). Insoweit ist geklärt, dass Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter prinzipiell ein geringerer Schutz gegen Immissionen zusteht als den sonstigen Wohnungen, weil in Gewerbe- und Industriegebieten an sich nicht gewohnt werden darf. Die aus betriebswirtschaftlichen und betriebstechnischen Gründen gleichwohl in diesen Gebieten – ausnahmsweise – zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter müssen sich deswegen nach dem Sinn und Zweck der zitierten Vorschriften mit der Immissionsbelastung abfinden, die generell in solchen Gebieten zulässig ist. (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1984 – 4 C 50.80 – NVwZ 1984, 511 = juris Rn. 15 m.w.N.). Angesichts der weitreichenden Zulassungsmöglichkeiten für Flüchtlingsunterkünfte, von denen nach § 246 Abs. 8 bis 14 BauGB in allen Baugebieten, im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich Gebrauch gemacht werden kann, gilt für Flüchtlingsunterkünfte – zumal in einem Gewerbe- oder Industriegebiet – nichts anderes. Auch die Bewohner von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten müssen sich nach dem Sinn und Zweck des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB mit der Immissionsbelastung abfinden, die generell im Gewerbegebiet zulässig ist. Insoweit wird nicht nur der betroffenen Nachbarschaft ein Mehr an Beeinträchtigungen zugemutet (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.; vgl. OVG Hamburg, B.v. 14.4.2016 – 2 Bs 29/16 – BauR 2016, 1279 = juris Rn. 42 m.w.N. zu § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB), sondern auch den Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften.

Weitergehende immissionsschutzrechtliche Anforderungen als § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ohnehin gebietet und bislang schon geboten hat, entstehen für den Betrieb der Klägerin daher nicht erst aufgrund der Zulassung des Vorhabens. Insoweit muss auch nicht der Frage nachgegangen werden, welche nach Maßgabe der TA Lärm zulässigen Möglichkeiten der architektonischen Selbsthilfe der beigeladenen Bauherrin obliegen könnten und ob die Klägerin ihrerseits den nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gebotenen immissionsbezogenen Grundpflichten zur Lärmminderung und Lärmvermeidung nachgekommen ist. Hiervon ausgehend bestehen auch keine Bedenken gegen den beauflagten Einbau von Schallschutzfenstern in der Gemeinschaftsunterkunft, weil es dem Immissionsbetroffenen unbenommen bleibt, für seine Nutzung über das nach Maßgabe der TA Lärm Geforderte hinaus einen weitergehenden Lärmschutz vorzusehen, um zu gewährleisten, dass innerhalb des Gebäudes erträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschen (in diese Richtung auch BayVGH, B.v. 2.9.2016 – 1 CS 16.1275 – BayVBl 2017, 24 = juris Rn. 5). Dies gilt hier schon deshalb, weil die in der Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 geforderte Maßnahme des passiven Lärmschutzes bereits wegen der Verkehrs- und Gesamtlärmproblematik geboten ist.

(c) Etwas anderes folgt auch nicht aus den Betriebserweiterungsabsichten der Klägerin.

Soweit die Klägerin eine Ausweitung oder zumindest eine weitere Ausweitung ihres Betriebs zur Nachtzeit anstrebt (vgl. Genehmigungsverfahren auf Erweiterung der Betriebszeiten in die Nachtstunden – Nr. B1-2015-84, Bl. 28), wird sie daran durch die Nutzungsänderung des Gebäudes der Beigeladenen in eine Gemeinschaftsunterkunft nicht weiter beschränkt als durch die vorhergehende Nutzung als Call-Center. Die Einschränkung eines lärmrelevanten Nachtbetriebs in Gewerbegebieten folgt – anders als in Industriegebieten – aus dem in Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm festgelegten und gegenüber dem Tagrichtwert in Höhe von 65 dB(A) deutlich reduzierten Immissionsrichtwert von 50 dB(A) für die Nachtzeit. Insoweit kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, sie sei beim Erwerb ihrer Betriebsgrundstücke davon ausgegangen, diese je nach den betrieblichen Erfordernissen 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr nutzen zu können.

(d) Vorstehendes gilt auch für andere zu einer Gesamtbelastung beitragende Anlagen, für die TA Lärm Anwendung findet (vgl. Nr. 2.2, Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm).

bb) Für Sicherheitsvorkehrungen gegen ein unbefugtes Betreten des Betriebsgrundstücks der Klägerin, das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts allerdings vollständig umzäunt ist, ist die Klägerin verantwortlich. Ein etwaiges individuelles Fehlverhalten ist im Übrigen städtebaulich nicht relevant; ihm ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.2011 – 4 BN 20.11 – BauR 2012, 621 = juris Rn. 5; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/ BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 Rn. 44 jeweils m.w.N.).

d) Die Abweichung ist auch mit dem öffentlichen Belang von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB).

Die Gemeinschaftsunterkunft verfügt ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen neben Schlafräumen über gemeinschaftliche Sanitärräume, Behandlungsräume, Küchen und Gemeinschaftsräume zum Aufenthalt, so dass die an eine Flüchtlingsunterkunft zu stellenden Mindestanforderungen gewährleistet sind.

Die wünschenswerte Teilhabe der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft am öffentlichen Leben (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 1 Rn. 178e) ist angesichts des Standorts der Unterkunft in einem Gewerbegebiet allerdings eingeschränkt. Um in das Stadtzentrum von N* … zu gelangen, können die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft aber öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die S-Bahnhaltestelle E* … ist ebenso in fußläufiger Entfernung erreichbar, wie der Stadtteil E* … Angesichts des Mangels an ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten gerade in Ballungsräumen mit einem angespannten Wohnungsmarkt und der Notwendigkeit, Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zeitnah zu ermöglichen (vgl. BR-Drs. 419/14 S. 1), hat der Gesetzgeber die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in dezentralen Lagen aber in Kauf genommen. So sind nach Maßgabe des zeitlich begrenzten Sonderrechts Flüchtlingsunterkünfte nicht nur in Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten zulassungsfähig, sondern auch in Außenbereichslagen, die in keinem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit bebauten Flächen innerhalb eines Siedlungsbereichs stehen (§ 246 Abs. 10 Satz 1, Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, Abs. 13 BauGB). Dies zugrunde gelegt wahrt die Abweichung trotz der nicht in ein Wohnumfeld integrierten Lage der Unterkunft eine den Mindestanforderungen genügende menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden.

3. Die Entscheidung über die Befreiung ist auch ermessensgerecht.

Für Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB ist anerkannt, dass für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum bleibt, wenn die engen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind. Selbst wenn der Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB mit dem Verzicht auf das Berührtsein der Planungsgrundzüge nicht so eng gefasst ist wie in § 31 Abs. 2 BauGB, verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens auch hier wenig Spielraum. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 46 m.w.N.; ebs. VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 42 f.; BayVGH, B.v. 8.1.2016 – 1 CS 15.2687 – juris Rn. 3.). Hiervon ausgehend hat die Beklagte den öffentlichen Interessen an der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende ermessensfehlerfrei den Vorrang eingeräumt vor den Interessen der Klägerin an der Verhinderung des Vorhabens, denn deren geschützte Interessen werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt (vgl. VGH BW, B.v. 17.5.2017 a.a.O. Rn. 43).

4. Soweit die Klägerin einwendet, eine Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB komme vor allem in Gewerbegebieten in Betracht, die durch ruhiges Gewerbe geprägt seien, beruft sie sich der Sache nach auf einen Gebietsbewahrungsanspruch. Hiermit kann sie nicht durchdringen.

a) Da die Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nach den vorstehenden Ausführungen rechtmäßig ist, kommt eine Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs nicht in Betracht. Denn der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht einer Befreiung nicht entgegen, sondern eröffnet im Gegenteil erst den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 – 4 C 14.10 – BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 21 m.w.N. zu § 31 Abs. 2 BauGB).

Insoweit stellt § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB – anders als § 31 Abs. 2 BauGB – an die Befreiung geringere Anforderungen, als nicht verlangt wird, dass die Grundzüge der Planung bzw. der sich aus der vorhandenen Bebauung ergebende Gebietscharakter nicht berührt werden dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23.86 – BVerwGE 84, 322 = juris Rn. 27 zu § 34 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB i.d.F. v. 8.12.1986; vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12). Die Zulassung einer Flüchtlingsunterkunft i.S.d. § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in einem Gewerbegebiet ist deshalb auch dann mit den öffentlichen Belangen vereinbar, wenn damit typischerweise die allgemeine Zweckbestimmung des Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 1 BauNVO verfehlt wird.

Denn § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB soll als zeitlich begrenztes Sonderrecht die Zulassung von Flüchtlingsunterkünften trotz ihrer wohnähnlichen Nutzung bzw. ihres wohnähnlichen Charakters in Gewerbegebieten erleichtern. Nutzungskonflikte, die t y p i s c h e r w e i s e mit der Zulassung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten verbunden sein können, stehen einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB deshalb nicht entgegen (vgl. BR-Drs. 419/14 S. 6; BT-Drs. 18/2752 S. 12; in diese Richtung auch VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1052 = juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 2 CS 16.737 – juris Rn. 10). Andernfalls liefe die Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ins Leere, weil Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbar sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86.01 – NVwZ 2002, 1384 = juris Rn. 10 zur Unzulässigkeit von Seniorenpflegeheimen als Anlagen für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke im Gewerbegebiet/Ausnahmefähigkeit).

b) Ob die den Gebietscharakter betreffende Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bei der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB insoweit entsprechende Anwendung finden kann, als es nicht um typischerweise mit der Zulassung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten verbundene Nutzungskonflikte geht, kann dahinstehen. Denn es bestehen jedenfalls nach den vorstehenden Ausführungen auch bei einer einzelfallbezogenen Betrachtung keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung im Widerspruch zu einem sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets stehen würde (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.1991 – 4 B 40.91 – NVwZ 1991, 1078 = juris Rn. 4 m.w.N.). Insbesondere fallen die vorhandenen gewerblichen Nutzungen im Gewerbegebiet hinsichtlich ihres Störgrads nicht aus dem Rahmen der in Gewerbegebieten allgemein zulässigen Anlagen. Auch sonst weist das Gewerbegebiet keine besondere, spezifische Prägung oder Eigenart auf, die der Zulassung der Gemeinschaftsunterkunft hier entgegenstehen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Industriegebiete dienen ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.

(2) Zulässig sind

1.
Gewerbebetriebe aller Art einschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus solarer Strahlungsenergie oder Windenergie, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe,
2.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind,
2.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen die der Beigeladenen von der Beklagten erteilte, bis zum 31. August 2025 befristete bauaufsichtliche Genehmigung vom 1. Juli 2015 für das Anwesen auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung E. (Baugrundstück). Die Baugenehmigung hat die „Nutzungsänderung von Büro zu Gemeinschaftsunterkunft für Leistungsberechtigte nach Asylbewerberleistungsgesetz mit 294 Betten“ zum Gegenstand (Vorhaben). Mit der Baugenehmigung wurden Abweichungen von bauordnungsrechtlichen Anforderungen des Brandschutzes zugelassen und eine Befreiung „gemäß § 246 Abs. 10 BauGB wegen der Errichtung der Gemeinschaftsunterkunft in einem Gewerbegebiet“ erteilt.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNr. … und FlNr. … jeweils Gemarkung E., die in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Baugrundstück liegen. Diese Grundstücke sind mit einem Betriebsgebäude mit Büro, Lager und Verkaufsraum (FlNr. …) sowie einem Hochregallager (FlNr. …) bebaut. Die Klägerin betreibt an diesem Standort einen Groß- und Einzelhandel mit Lagerung zum Verkauf und zum Versand von Leuchtmitteln.

Auf dem Baugrundstück besteht ein dreigeschossiges Gebäude mit einem erdgeschossigen Anbau. Die Bauten wurden stets gewerblich genutzt, zuletzt durch ein Call-Center.

Das Baugrundstück und die Grundstücke der Klägerin liegen zwischen der Bahnlinie T., die im Westen verläuft, dem F-weg im Osten/Südosten sowie der H-straße im Norden. Ein Bebauungsplan besteht für diesen Bereich nicht.

Nach Maßgabe der Betriebsbeschreibung vom 1. August 2014 und der sonstigen Bauvorlagen ist beabsichtigt, das gesamte Gebäude auf dem Baugrundstück als Gemeinschaftsunterkunft für die Unterbringung von bis zu 294 Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 AsylbLG zu nutzen. Nach Nr. 3 der Auflagen zum Genehmigungsbescheid vom 1. Juli 2015 ist „das Unterkunftsgebäude mit entsprechenden Lärmschutzfenstern auszurüsten, sodass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet sind“.

Die Klägerin erhob am 13. August 2015 Anfechtungsklage gegen die ihr am 18. Juli 2015 zugestellte Baugenehmigung vom 1. Juli 2015, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2016 in der Sache abwies. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts ist das Vorhaben als Anlage für soziale Zwecke mit wohnähnlicher Ausprägung im faktischen Gewerbegebiet ohne Rechtsverstoß im Weg der Befreiung nach § 246 Abs. 10 BauGB zugelassen worden. Insbesondere würden die künftigen Benutzer der Gemeinschaftsunterkunft weder gesundheitsgefährdenden Immissionen durch die vorhandenen Nutzungen des gegenständlichen Gewerbegebiets ausgesetzt noch führe das genehmigte Vorhaben zu einer Verschlechterung der immissionsschutzrechtlichen Situation für das klägerische Unternehmen. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Am 18. August 2016 ließ die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 2016 einlegen.

Zur Begründung ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, das Vorhaben sei wegen seiner wohnähnlichen Nutzung auch unter Berücksichtigung des Sonderbefreiungstatbestands nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in dem betreffenden faktischen Gewerbegebiet nicht zulässig. Der Standort in der Nähe zum Industriegebiet „H.“, das Eingekreistsein durch stark frequentierte Verkehrswege aber auch die konkret anzutreffenden gewerblichen Nutzungen stünden der Annahme eines eher ruhigen Gewerbegebiets entgegen, in dem eine Gemeinschaftsunterkunft nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB oder eine – wie das Verwaltungsgericht argumentiere – ausnahmsweise zulässige Wohnnutzung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zugelassen werden könnten. Bei der Würdigung der nachbarlichen Interessen sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem wachsenden und immissionsträchtigen Betrieb Mitte der 1980er Jahre an den heutigen Standort umgesiedelt sei, um Lärmkonflikte mit der Nachbarschaft zu vermeiden und am neuen Betriebsstandort erforderlichenfalls auch nachts arbeiten zu können. Auf einen Betrieb zur Nachtzeit sei die Klägerin aufgrund der geänderten Marktsituation im Online-Handel („Same Day Delivery“) angewiesen und sie habe spätestens im Jahr 2014 damit begonnen, auch nachts zu arbeiten. Die beauflagte Ausrüstung des Unterkunftsgebäudes der Gemeinschaftseinrichtung mit Lärmschutzfenstern führe nicht zur Zulassungsfähigkeit des Vorhabens. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffne das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Anwendungsbereich der TA Lärm nicht die Möglichkeit, der durch einen Gewerbebetrieb verursachten Überschreitung der Außen-Immissionsrichtwerte bei einem Wohnbauvorhaben durch Anordnung von passivem Lärmschutz zu begegnen.

Die Klägerin beantragt,

den Baugenehmigungsbescheid der Beklagten vom 1. Juli 2015 unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. Juni 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren,

die Berufung zurückzuweisen.

Ergänzend wird vorgetragen, dass eine Befreiung auch mit passiven Schallschutzmaßnahmen verbunden werden könne. Die TA Lärm stehe dem nicht entgegen, sofern der Beurteilungspegel den jeweils maßgeblichen Immissionsrichtwert nicht überschreite.

Die Beigeladene beantragt unter Verweis auf ihr erstinstanzliches Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts sowie der beigezogenen Bauakten der Beklagten verwiesen.

Gründe

Über die Berufung kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 zu Recht abgewiesen. Die Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Richtet sich die Zulässigkeit eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich – wie hier nach § 34 Abs. 2 BauNVO i.V.m. § 8 BauNVO – seiner Art nach unmittelbar nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung, steht dem Nachbarn eines in demselben Baugebiet liegenden Grundstücks kraft Bundesrechts unabhängig von tatsächlichen Beeinträchtigungen ein Abwehrrecht in Gestalt eines Gebietserhaltungsanspruchs gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung zu (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – BauR 2012, 634 = juris Rn. 5; BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 13, 30, jeweils m.w.N.). Da § 34 Abs. 2 BauGB faktische Baugebiete hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung den festgesetzten Baugebieten gleichstellt und deshalb derselbe Nachbarschutz besteht wie bei bauplanerischen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, ist bei einer fehlerhaften Befreiung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung auch im faktischen Baugebiet ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – BauR 2013, 783 = juris Rn. 3; BVerwG, B.v. 8.7.1998 – 4 B 64.98 – BayVBl 1999, 26 = juris Rn. 5; BVerwG, U. v. 19.9.1986 – 4 C 8.84 – BauR 1987, 70 = juris Rn. 19 a.E., jeweils m.w.N.). Diese Rechtsprechung zu § 31 Abs. 2 BauGB lässt sich auf § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB übertragen (vgl. VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 22).

Von diesen Grundsätzen ausgehend verletzt die angefochtene Baugenehmigung keine Rechte der Klägerin. Die Beklagte konnte nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB eine Befreiung für die Nutzungsänderung des Gebäudes auf dem Baugrundstück in eine Gemeinschaftsunterkunft erteilen, weil das Vorhaben in einem faktischen Gewerbegebiet zur Ausführung kommen soll, in dem nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 3 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke ausnahmsweise zugelassen werden können und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Ermessensfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.

1. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB insoweit vorliegen, als das Vorhaben die Nutzungsänderung eines bislang gewerblich genutzten Gebäudes in einem faktischen Gewerbegebiet in eine Gemeinschaftsunterkunft zum Inhalt hat (§ 29 Abs. 1 BauGB, § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO, § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB, § 1 Abs. 1 AsylbLG) und nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 3 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke hier ausnahmsweise zugelassen werden können.

2. Die Abweichung von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 8 BauNVO ist auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar.

Die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit, dass die Abweichung auch unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den in Betracht kommenden bodenrechtlichen öffentlichen Interessen vereinbar sein muss, ist eine tatbestandliche Voraussetzung des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.1996 – 4 B 184.95 – BauR 1996, 518 = juris Rn. 6, 7; BVerwG, U.v. 9.6.1978 – 4 C 54.75 – BVerwGE 56, 71 = juris Rn. 31, jeweils zu § 31 Abs. 2 BauGB). Insoweit ist die Einzelfallentscheidung auf Zulassungsebene daraufhin zu überprüfen, ob die öffentlichen Belange unter Einbeziehung nachbarlicher Interessen gewahrt sind (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12).

Zu den nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in erster Linie zu berücksichtigenden öffentlichen Belangen gehören die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten öffentlichen Belange der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung (Nr. 1), der Wirtschaft (Nr. 8 Buchst. a), insbesondere im Hinblick auf die auch objektiv-rechtlich zu berücksichtigenden betrieblichen Belange der im Gewerbegebiet ansässigen Gewerbebetriebe an der Erhaltung des betrieblichen Bestands und nach Betriebsausweitung einschließlich der Vermeidung von Nutzungskonflikten, sowie die Belange der Flüchtlinge oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung (Nr. 13; vgl. zum Ganzen: Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger – E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 246 Rn. 69; Söfker/Runkel in E/Z/B/K, a.a.O., § 1 Rn. 157 ff.; VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 Rn. 31, „gesunde Wohnverhältnisse“; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 43 f.).

a) Das Vorhaben ist mit dem öffentlichen Belang der allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse in Bezug auf den hier relevanten Schutz vor Lärmbeeinträchtigungen vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB).

Die Unterbringung von Asylbegehrenden in Gemeinschaftsunterkünften erfolgt in der Regel bis zum bestandskräftigen negativen Abschluss des Asylverfahrens (vgl. § 53 AsylG, Art. 4 AufnG). Dies kann je nach Sachlage auch einen längeren Zeitraum umfassen als die Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung, die nach § 47 Abs. 1 Satz 1 AsylG längstens sechs Monate dauern soll (Heusch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.11.2017, § 53 AsylG Rn. 10). Der Gesetzgeber geht deshalb von „wohnähnlichen Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften“ aus (vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12; ebs. BR-Drs. 419/14 S. 6 „wohnähnliche Nutzung“). Gleichwohl ist die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft kein Wohnen im Sinn der Baunutzungsverordnung oder sonstiger Vorschriften und Regelwerke, soweit sich diese am Maßstab der angemessenen Befriedigung allgemeiner Wohnbedürfnisse orientieren. Dies gilt nicht nur für die Bewohnerzimmer, sondern auch für die in der Gemeinschaftsunterkunft vorgesehenen Wohnungen. Der Begriff des Wohnens ist durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet (vgl. BVerwG, B.v. 18.10.2017 – 4 CN 6.17 – juris Rn 14 m.w.N. zu § 3 Abs. 1 BauNVO). Daran fehlt es im Fall der den Asylbewerber verpflichtenden Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft (§ 53 AsylG), die weder eine eigengestaltete Haushaltsführung noch die Eigengestaltung des häuslichen Wirkungskreises gewährleistet und zudem auch nicht für die ständige Bewohnung, sondern nur für die Dauer des Asylverfahrens gedacht ist.

In Gemeinschaftsunterkünften ist aber der Mindeststandard einer menschenwürdigen Unterbringung ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu gewährleisten (vgl. Heusch in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.11.2017, § 53 AsylG Rn. 12; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, § 53 AsylG Rn. 10). Deshalb muss sichergestellt sein, dass die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft keinen gesundheitsgefährdenden Immissionen ausgesetzt werden (vgl. VGH BW, B.v. 15.7.2017 – 5 S 1505.15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 31 m.w.N.). Ein über die Wahrung „gesunder Wohnverhältnisse“ im Sinn der Vermeidung gesundheitsgefährdender Immissionen hinausgehendes Schutzgebot folgt aus § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB für Flüchtlingsunterkünfte, insbesondere solchen in Gewerbe- oder Industriegebieten, die ihrer Zweckbestimmung nach der Unterbringung von belästigenden (§ 8 Abs. 1 BauNVO) bzw. erheblich belästigenden (§ 9 Abs. 1 BauNVO) Gewerbebetrieben dienen, aber nicht. Denn das besondere Gewicht, das der Gesetzgeber einer bedarfsgerechten und zeitnahen Schaffung von Unterbringungseinrichtungen bereits mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 (BGBl. I S. 1748) aber auch mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722) beigemessen hat, ist bei der Bewertung der öffentlichen Belange zu berücksichtigen. Danach sind gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse als öffentlicher Belang i.S.v. § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in allen Baugebieten zu wahren (vgl. BT-Drs. 18/3070 S. 1, S. 5; BT-Drs. 18/6185 S. 54 f.; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.).

Die Auflage Nr. 3 zur Baugenehmigung vom 1. Juli 2015, wonach das Unterkunftsgebäude mit Lärmschutzfenstern auszurüsten ist, ist zulässig und geeignet, um gesunde Wohnverhältnisse im vorgenannten Sinn zu gewährleisten.

aa) Soweit es Verkehrslärmimmissionen (hier insb. Bahnstrecke T., F-weg, H-straße) betrifft, ist im Verhältnis zwischen Verkehrsweg und schutzbedürftiger Nutzung nach dem Regelungskonzept des Bundes-Immissionsschutzgesetzes auch die Möglichkeit passiven Lärmschutzes vorgesehen (vgl. §§ 41 ff. BImSchG, 24. BImSchV; vgl. Gatz Anmerkung zu BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – jurisPR-BVerwG 3/2013 Anm. 4). Schallschutzmaßnahmen können danach durch bauliche Verbesserung an Umfassungsbauteilen schutzbedürftiger Räume, insbesondere durch den Einbau von Schallschutzfenstern zur Minderung der Einwirkungen durch Verkehrslärm angeordnet werden (vgl. § 1, § 2 Abs. 1 24. BImSchV).

Im Sinne der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze sind gesunde Wohnverhältnisse in Bezug auf den maßgeblichen Innenraumpegel insbesondere in Schlafräumen zur Nachtzeit in Wohngebieten jedenfalls noch gewahrt, wenn Dauerschallpegel aus dem Gesamtlärm von 30 dB(A) bis 35 dB(A) und Spitzenpegel von 40 dB(A) am Ohr des Schläfers nicht überschritten werden. Teilweise werden auch Dauerschallpegel von zwischen 35 dB(A) und 40 dB(A) und Maximalwerte von 45 dB(A) und 55 dB(A) noch für hinnehmbar erachtet. In Mischgebieten wird zum Teil ein Aufschlag von 2 dB(A) für zulässig erachtet (vgl. BayVGH, U.v. 23.2.2007 – 22 A 01.40089 u.a. – VGH n.F. 60, 131 = juris Rn. 51 m.w.N.). Für Wohnnutzungen oder wohnähnliche Nutzungen in Gewerbegebieten – wie hier – gilt jedenfalls kein höherer Schutzstandard. Mit entsprechend ausgestatteten Schallschutzfenstern lassen sich die genannten Innenraumpegel je nach dem bewerteten Schalldämm-Maß des Fensters auch bei hohen Außenpegeln wahren (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2016 – 3 A 5.15 – juris Rn. 105 m.w.N.). Dies hat die Beklagte gesehen und deshalb der beigeladenen Bauherrin verbindlich aufgegeben, das Unterkunftsgebäude mit Lärmschutzfenstern auszurüsten, sodass die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse gewährleistet sind (Auflage Nr. 3 der Baugenehmigung vom 1.7.2015). Bereits die im Bestand vorhandenen Fenster des Gebäudes der Beigeladenen weisen bewertete Schalldämm-Maße von Rw 32 dB(A) bzw. Rw 37 dB(A) auf (vgl. Baubeschreibung vom 3.1.1990 zum Bauantrag für den Neubau des Quelle TKD-Gebäudes Nr. 2.4, Bauakte B1-2014-206/Amtskonferenz sowie Baubeschreibung vom 13.4.1992 zum Bauantrag Ausbau des 1. Obergeschosses Nr. 2.02, Bauakte B12/1991/2292 und /1134). Dies hindert die Bauaufsichtsbehörde allerdings nicht, weitergehende Anforderungen zu stellen.

In der Rechtsprechung zur fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze ist zwar geklärt, dass zur angemessenen Befriedigung der Wohnbedürfnisse heute grundsätzlich die Möglichkeit des Schlafens bei gekipptem Fenster gehört (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2006 – 4 C 4.05 – BVerwGE 126, 340 = juris Rn. 26 m.w.N.). Diese an der Erhaltung der Wohnqualität und den berechtigten Wohnerwartungen ausgerichtete Rechtsprechung zur Befriedigung angemessener Wohnbedürfnisse lässt sich aber weder auf die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft übertragen, noch gibt es einen (zumal grundrechtlich abgesicherten) Anspruch auf Schlafen bei offenem bzw. gekipptem Fenster (vgl. VGH BW, U.v. 8.10.2012 – 5 S 203/11 – juris Rn. 106 m.w.N.). Insoweit wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Einschränkung allgemeiner Wohnansprüche für die Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft bei der Bewertung der Anforderung an gesunde Wohnverhältnisse zu berücksichtigen ist. Dies ermöglicht es, einen ausreichenden Lärmschutz unter Berücksichtigung einer angemessenen Belüftung der Räume auch dann sicherzustellen, wenn die Schallschutzfenster nur gelegentlich geöffnet werden können.

bb) Im Hinblick auf den nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotenen Schutz der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft vor gesundheitsgefährdendem Lärm in Bezug auf die Gesamtbelastung aller relevanten, verschiedenartigen Geräuschquellen (hier insb. Verkehrs- und Gewerbelärm) gilt im Ergebnis nichts anderes.

Für die Gesamtlärmbelastung verschiedenartiger Geräuschquellen sind weder die TA Lärm maßgeblich noch sonst verbindliche Regelwerke. Das Immissionsrichtwertkonzept der TA Lärm zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 BImSchG, Nr. 1 TA Lärm betrifft den von Anlagen i.S.d. § 3 Abs. 5 BImSchG ausgehenden Lärm (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2017 – 4 BN 10.17 – BauR 2017, 1972 = juris Rn. 11; Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm; BVerwG, B.v. 13.12.2007 – 4 BN 41.07 – NVwZ 2008, 426 = juris Rn. 7). Auch andere Regelwerke bewerten lediglich die jeweils von ihnen erfassten Geräuscharten isoliert, blenden also bereichsfremde Geräuschquellen aus der Betrachtung aus (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 85 m.w.N., sog. „geräuschquellenbezogene Betrachtung“).

Darüber hinaus dienen die Richtwerte aus den einschlägigen Regelwerken dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche und setzen deshalb bereits unterhalb der Grenze zu Gesundheitsgefahren an (vgl. z.B. Nr. 3.2.1 Abs. 1, Nr. 6.1 TA Lärm, § 2 Abs. 1 16. BImSchV). Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinn des § 3 Abs. 1 BImSchG sind nicht nur gesundheitsgefährdende Immissionen, sondern auch Immissionen, die erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeiführen. Aufgrund der Zielrichtung dieser Regelwerke, Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche zu gewährleisten, wird nicht zwischen Immissionsrichtwerten zum Schutz vor Gesundheitsgefahren und Immissionsrichtwerten zum Schutz vor erheblichen Belästigungen unterschieden (vgl. Dolde, Rechtliche Aspekte einer Gesamtlärmbetrachtung, Nr. IV.2, Lärmbekämpfung 2001, 100).

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfte aber geklärt sein, dass Außen-Immissionswerte oberhalb von 70 dB(A)/tags und 60 dB(A)/nachts potenziell gesundheitsgefährdend sind (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn 71; vgl. auch BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 A 28.12 – NVwZ 2014, 730 = juris Rn. 53 f.; BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1623 – juris Rn. 17; BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 9 N 15.378 – juris Rn. 91, jeweils m.w.N.). Diese Grenze wird allerdings kaum erreicht (vgl. Jarras, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 41 Rn. 53 m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Überschreitung der Außen-Immissionswerte von 70 dB(A)/tags und 60 dB(A)/nachts bestehen auch vorliegend nicht. So haben etwa von der Klägerin veranlasste Messungen der Fremdgeräusche (Gewerbe und Verkehr) zur Nachtzeit ergeben, dass am Wohnanwesen westlich der Eisenbahnstrecke auf FlNr. … in jeweils drei Nachtstunden zwischen 3:00 Uhr und 6:00 Uhr Hintergrundgeräuschpegel (L95) von aufgerundet zwischen 44 dB(A) und 49 dB(A) auftreten (vgl. schallimmissionsschutztechnische Untersuchung zur geplanten Erweiterung der betrieblichen Tätigkeit im Nachtzeitraum vom 9. November 2015).

Davon abgesehen bestehen in Anlehnung an §§ 41, 42 BImSchG mangels eines verbindlichen Regelwerks für eine die Gesundheit gefährdende Gesamtbelastung unterschiedlicher Geräuschquellen keine Bedenken gegen Maßnahmen des passiven Lärmschutzes an den lärmbetroffenen baulichen Anlagen, insbesondere durch den Einbau von Schallschutzfenstern. Schutzwürdige Außenwohnbereiche sieht das Nutzungskonzept des Vorhabens nicht vor. Der vonseiten der Beklagten mit der Auflage Nr. 6 zur Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 aufgrund des Art. 7 Abs. 2 BayBO i.V.m. ihrer Ortssatzung geforderte Kinderspiel Platz ist, von den Lärmwirkungen der im Gewerbegebiet vorhandenen Betriebe geschützt, an der Südseite des Unterkunftsgebäudes geplant (vgl. mit Genehmigungsvermerk versehenen Lageplan/Freiflächen vom 18.8.2014).

cc) Nachbarliche Interessen werden aufgrund der Bewältigung der Verkehrs- und Gesamtlärmproblematik durch die zulässige und geeignete Maßnahme des passiven Lärmschutzes nicht berührt.

b) Das Vorhaben ist unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit dem öffentlichen Belang der Anforderungen an die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB).

aa) Von einer über die allgemeinen verkehrlichen Risiken insbesondere des Fußgängerverkehrs hinausgehenden Gefahr für die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft ist nicht auszugehen.

(1) Die verkehrlichen Verhältnisse am Standort der Gemeinschaftsunterkunft sind übersichtlich. Die von Norden in das Gewerbegebiet führende, geradlinig verlaufende W-straße zweigt zwischen den Betriebsgrundstücken der Klägerin nach Osten ab und endet nach etwa 100 m in einem Wendehammer (S-straße). Der im Bereich dieser Abzweigung ebenfalls geradlinig nach Süden verlaufende Zweig der W-straße endet nach etwa 70 m in Lage der Zufahrt zur vormaligen südlichen Stellplatzanlage des Gebäudes der Beigeladenen. Ein Durchgangsverkehr findet deshalb nicht statt. Ausweislich des Vortrags der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren löst ihr Betrieb nach derzeitiger Betriebssituation 375 Fahrzeugbewegungen zur Tagzeit aus (vgl. Klagebegründung vom 2.10.2015 S. 15 ff.). Auch hinsichtlich des weiteren im Gewerbegebiet ansässigen Betriebs der Firma H. (Produktions- und Bürogebäude; Werkzeugherstellung) auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung E. ist kein wesentlich höherer Fahrverkehr als für den klägerischen Betrieb zu erwarten. Die südlich der Gemeinschaftsunterkunft liegende unbebaute Fläche (FlNr. … und …) wird nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nur zeitweilig von einer Erdbaufirma genutzt.

(2) Ausweislich der erstinstanzlichen Feststellungen im Ortstermin vom 9. Oktober 2014 (vgl. Verfahren AN 9 K 14.00830) führt ein ca. 2 m breiter Gehweg auf der östlichen Seite der W-straße in Richtung Norden an der Westseite des klägerischen Betriebs vorbei. Im Bereich der S-straße zur Verbindungsbrücke der klägerischen Betriebsgebäude ist der Gehweg ca. 1,50 m breit. Diese Gehwegbreiten genügen zwar nicht den Grundanforderungen, die die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (Ausgabe 2006; RASt 06) unter Berücksichtigung von ungehinderten Begegnungsmöglichkeiten und der Einhaltung beidseitiger Sicherheitsräume zur Fahrbahn und zur Hauswand empfehlen. Die RASt 06 behandelt aber den Entwurf und die Gestaltung von Straßen (vgl. Geltungsbereich und Aufbau). Als Hauptziel bei der Planung und dem Entwurf von Stadtstraßen orientiert sich die RASt 06 auch nicht ausschließlich an den Anforderungen für die Verkehrssicherheit, sondern an der Verträglichkeit der Nutzungsansprüche untereinander und mit den Umfeldnutzungen, die eine Verbesserung der Verkehrssicherheit lediglich mit einschließt (vgl. Nr. 1.2 RASt 06). Die RASt 06 hat schließlich einen nur empfehlenden Charakter. Deswegen können Gemeinden bei der Planung anhand der konkreten örtlichen Situation im notwendigen Umfang auch hiervon abweichen (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 6 ZB 13.978 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Davon abgesehen können auch nach Maßgabe der RASt 06 im Einzelfall Mindest-Gehwegbreiten von 1,50 m etwa bei geringem Fußgängeraufkommen in dörflichen Hauptstraßen ausreichen (vgl. Nr. 5.1.2 RASt 06, S. 25). Ein Gehweg kann im Übrigen schon dann – wenn auch eingeschränkt, so doch noch ausreichend – funktionsfähig sein, wenn er den erforderlichen Mindestgehraum für einen Fußgänger bietet (vgl. BayVGH, B.v. 18.7.2017 – 6 ZB 16.681 – juris Rn. 12 f. m.w.N., „Mindestgehwegbreite 75 cm“). Hiervon ausgehend bestehen unter Berücksichtigung der verkehrlichen Verhältnisse keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass die vom Verwaltungsgericht ermittelten Gehwegbreiten von 1,50 m bzw. 2 m nicht ausreichend sein könnten. Dies gilt auch dann, wenn der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zutrifft, dass die Breite des Gehwegs lediglich ein Mindestmaß von 1,30 m aufweist.

(3) Mit dem Vorbringen, Sattelschlepper müssten über den Gehweg zurückstoßen und der Fahrer eines rangierenden Lkw könne allein nie den kompletten Bereich hinter seinem Fahrzeug überblicken, macht die Klägerin kein schutzwürdiges nachbarliches Interesse geltend.

Fahrzeuge müssen die Fahrbahn benutzen (§ 2 Abs. 1 StVO). Sie dürfen deshalb grundsätzlich keine Gehwege befahren, die den Fußgängern vorbehalten sind (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO). Das Überqueren eines Gehwegs durch Kraftfahrzeuge verstößt zwar nicht gegen das Gebot der Fahrbahnbenutzung, wenn es darum geht, in ein Grundstück ein- oder aus einem Grundstück auszufahren (vgl. BGH, B.v. 27.6.1985 – 4 StR 766/84 – NJW 1985, 2540 = juris Rn. 13 ff.). Dies ist allerdings nicht an jeder beliebigen Stelle zulässig, sondern nur an einer Stelle, die erkennbar zur Einfahrt in ein Grundstück vorgesehen und geeignet ist (vgl. BGH, B.v. 27.6.1985 a.a.O.; z.B. Bordsteinabsenkung). Beim Abbiegen in ein Grundstück muss sich der Fahrzeugführer aber so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (§ 9 Abs. 5 StVO). Auch beim Rückwärtsfahren ergeben sich insbesondere für die Fahrer von Lastkraftwagen aus § 9 Abs. 5 StVO besondere Sorgfaltspflichten. Ist dem Fahrer die volle Sicht verwehrt, so muss er sich einer Hilfsperson bedienen, die hinter dem zurückstoßenden Fahrzeug gefährdete Verkehrsteilnehmer warnt und mit dem Fahrzeugführer Verbindung durch Zeichen und Rufe aufrechterhält (vgl. Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 24. Auflage 2016, § 9 StVO Rn. 70 m.w.N.). Diese Sorgfaltspflichten gelten nicht nur im Nahbereich von Gemeinschaftsunterkünften, sondern grundsätzlich für alle Orte, an denen sich Menschen aufhalten oder bei denen auch nur mit der Möglichkeit eines Hinzukommens von Menschen zu rechnen ist (vgl. BGH, U.v. 19.10.1955 – VI ZR 117/54 – VersR 55, 743 = Jurion RS 1955, 12891 Rn. 11). Ob die danach gebotenen Vorsichtsmaßnahmen zeitaufwändig sind oder zu Beeinträchtigungen im Betriebsablauf führen, wie die Klägerin einwendet, bedarf keiner Klärung. Denn einen irgendwie gearteten Anspruch auf Bewahrung einer für den Betriebsablauf vorteilhaften verkehrlichen Situation auf den dem öffentlichen Verkehr dienenden Flächen gibt es nicht. Auch in einem Gewerbegebiet erfordert die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht (§ 1 Abs. 1 StVO).

bb) Das im Baugenehmigungsverfahren eingereichte Brandschutzkonzept vom 21. August 2014 (Nr. 204-06-01) zeigt nachvollziehbar auf, dass die im Bestand vorhandene Abweichung von den zulässigen Brandabschnittsgrößen von nicht mehr als 40 m (Art. 28 Abs. 2 Nr. 2 BayBO) angesichts der Gesamtflächen und Ausstattung des Gebäudes mit einer flächendeckenden Brandmeldeanlage unbedenklich ist. Auch die erteilte Abweichung wegen Überschreitung der zulässigen Fluchtweglänge von 35 m (Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO) um maximal 5 m ist nicht zu beanstanden; als Kompensationsmaßnahme dient ebenfalls die Brandmeldeanlage.

c) Die nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB erteilte Befreiung ist unter Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen der Wirtschaft vereinbar, insbesondere im Hinblick auf die auch objektiv-rechtlich zu berücksichtigenden betrieblichen Belange der im Gewerbegebiet ansässigen Gewerbebetriebe an der Erhaltung des betrieblichen Bestands und nach Betriebsausweitung einschließlich der Vermeidung von Nutzungskonflikten (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a BauGB).

Das von der Klägerin geltend gemachte Interesse an der Erhaltung des betrieblichen Bestands sowie das Interesse nach einer Betriebsausweitung ist berücksichtigungsfähig (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, Stand August 2017, § 1 Rn 160 m.w.N.). Diese schutzwürdigenden Interessen werden durch die angefochtene Nutzungsänderung des Bürogebäudes der Beigeladenen in eine Gemeinschaftsunterkunft aber nicht weiter eingeschränkt als dies ggf. schon bislang der Fall war.

aa) Anders als die Klägerin einwendet, entsteht kein Nutzungskonflikt durch die Zulassung der Gemeinschaftsunterkunft im Hinblick auf die immissionsschutzrechtliche Situation.

(1) Die Baugebietsvorschrift des § 8 BauNVO räumt der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben gegenüber anderen, insbesondere schutzbedürftigen Nutzungen zwar einen gewissen Vorrang ein. Aus der Berücksichtigung der Belange des Immissionsschutzes folgt aber auch für Gewerbegebiete ein eingeschränkter Störgrad (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, a.a.O., Rn. 157). Soweit es die Zumutbarkeit von Lärmwirkungen aus Anlagen betrifft, die – wie der Betrieb der Klägerin – dem Anwendungsbereich der TA Lärm unterliegen, ist geklärt, dass der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert. Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist jedenfalls insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 18; BVerwG, B.v. 8.11.2017 – 4 B 19.17 – juris Rn. 12 jeweils m.w.N.). Hiervon ausgehend sind auch der wohnähnlich genutzten Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbegebiet gewerbegebietstypische Belästigungen oder Störungen von allen Anlagen, für die die TA Lärm gilt, in Höhe der Außen-Immissionsrichtwerte nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm (65 dB(A)/tags, 50 dB(A)/nachts) zumutbar.

(2) Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Klägerin unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt einer an ihren Betrieb heranrückenden schutzwürdigen Bebauung scheidet nach jeder Betrachtungsweise aus.

Hinsichtlich des u.a. der Klägerin zuzurechnenden Gewerbelärms folgt dessen isolierte, von anderen verschiedenartigen Geräuschen unabhängige Berücksichtigung aus der Würdigung der nachbarlichen Interessen nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB. Insoweit findet entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO auch das Gebot der Rücksichtnahme Eingang in die Prüfung (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/ BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.; BVerwG, U.v. 6.10.1989 – 4 C 14.87 – BVerwGE 82, 343 = juris Rn. 12 ff. m.w.N. zu § 31 Abs. 2 BauGB).

(a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO sind (schutzbedürftige) bauliche Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Diese Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden (vgl. BVerwG U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 = juris Rn. 16 m.w.N.). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist weiter geklärt, dass der Nachbarschutz nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als Ausprägung des Rücksichtnahmegebots in Bezug auf Belästigungen und Störungen drittschützend ist, einem betroffenen Nachbarn im Fall der Verletzung des Rücksichtnahmegebots also ein Abwehrrecht gegen die Baugenehmigung verleiht (vgl. Söfker in E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 15 BauNVO Rn. 38 m.w.N.). Wahrt danach der Immissionsbeitrag des Gewerbebetriebs der Klägerin unter Berücksichtigung der Vorbelastung i.S.d. Nr. 2.4 Abs. 2 TA Lärm die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Gewerbegebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm (65 dB(A)/tags, 50 dB(A)/nachts) an den maßgeblichen Immissionsorten der Gemeinschaftsunterkunft, kommt eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht.

(b) Auch wenn der maßgebliche Immissionsrichtwert nach TA Lärm für den Beurteilungspegel an den maßgeblichen Immissionsorten der Gemeinschaftsunterkunft überschritten wäre, würde sich vorliegend keine andere Bewertung ergeben.

Das Rücksichtnahmegebot kann zwar gegenüber einem bestandsgeschützten, emittierenden Gewerbebetrieb verletzt sein, wenn eine heranrückende Bebauung zu zusätzlichen Anforderungen aus Gründen des Immissionsschutzes führen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – a.a.O. = juris Rn 19, 26; BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 = juris Rn. 24; BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19.90 – NVwZ 1993, 1184 = juris Rn. 32; BVerwG, B.v. 25.11.1985 – 4 B 202.85 – NVwZ 1986, 469 = juris Rn. 2 jeweils m.w.N.). Ein solcher Fall liegt aber nicht vor. Denn mit der Nutzungsänderung des bislang als Call-Center genutzten Gebäudes hin zu einer Gemeinschaftsunterkunft rückt im Ergebnis weder eine schutzbedürftigere Nutzung als bisher an den Betrieb der Klägerin heran, noch verschiebt sich die beiderseitige Zumutbarkeitsgrenze aufgrund der angefochtenen Baugenehmigung zu Lasten der Klägerin oder sonstiger zu einer Gesamtbelastung i.S.v. Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm beitragender Anlagen.

Gegenüber dem bestehenden Gebäude der Beigeladenen, das bislang als Call-Center genutzt wurde, war kein geringeres Maß an Rücksicht zu nehmen als gegenüber der nunmehr genehmigten Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft, die umgekehrt, weil sie in einem faktischen Gewerbegebiet ausgeübt wird, keinen höheren Schutzanspruch vermittelt als die vorangegangene Nutzung zu gewerblichen Zwecken. Der emittierende Betrieb der Klägerin ist vielmehr in gleicher Weise an die nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze gebunden wie die gewerblichen Störungen ausgesetzte Gemeinschaftsunterkunft.

Anders als gewerblich genutzte Bauten weisen Flüchtlingsunterkünfte zwar Schlafräume auf. Eine erhöhte Schutzwürdigkeit als gegenüber den bislang zu Bürozwecken genutzten Räumlichkeiten bzw. dem Baugrundstück der Beigeladenen folgt daraus hier aber nicht. Da Büroräume ebenfalls schutzbedürftige Räume nach A.I.3 Satz 1 Buchst. a des Anhangs zur TA Lärm i.V.m. DIN 4109 (Ausgabe 1989) sind, sind auch ihnen gegenüber die festgelegten Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel zu wahren (Nr. 2.3, Nr. 6.1 TA Lärm). Selbst wenn die bislang genutzten Büroräume im Gebäude der Beigeladenen als Großraumbüro zu werten wären und deshalb nicht von schutzbedürftigen Räumen i.S.d. DIN 4109 (Ausgabe 1989) ausgegangen werden könnte („ausgenommen Großraumbüros“), würde sich nichts anderes ergeben. Denn nach A.1.3 Satz 1 Buchst. b des Anhangs zur TA Lärm wäre dann der am stärksten betroffene Rand der Fläche maßgeblicher Immissionsort i.S.d. Nr. 2.3 TA Lärm, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen – wie etwa eine Büronutzung – erstellt werden dürfen. Dies gilt auch hinsichtlich der niedrigeren Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit, weil die Zuordnung der Immissionsorte zu den einzelnen Baugebietstypen nicht auf die tatsächliche Nutzung abstellt, sondern auf die Festlegungen in den Bebauungsplänen (Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm) bzw. im unbeplanten Innenbereich auf die Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Gebiets (Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm), das hier einem Gewerbegebiet i.S.v. Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm, § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 BauNVO entspricht. Auf die sich aus der TA Lärm ergebenden Vorgaben hat auch das Verwaltungsgericht abgestellt, soweit es ausführt, die nunmehr genehmigte Nutzung führe faktisch in gewissem Umfang sogar zu einer Verbesserung für die Klägerin, weil andernfalls der maßgebliche Immissionsort näher an die Hauptquelle der Emissionen durch den Lkw-Verkehr rücken würde (vgl. UA S. 27).

Der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich des Vorhabens mit Betriebswohnungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, die in Gewerbegebieten ausnahmsweise zugelassen werden können, ist ebenfalls berechtigt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob bereits eine Betriebswohnung im Gebiet vorhanden ist. Denn der vom Verwaltungsgericht angestellte Vergleich von Flüchtlingsunterkünften mit Betriebswohnungen betrifft den aus der Belegenheit solcher Anlagen in Gewerbegebieten folgenden geminderten Schutzgrad (vgl. UA S. 26 f). Insoweit ist geklärt, dass Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter prinzipiell ein geringerer Schutz gegen Immissionen zusteht als den sonstigen Wohnungen, weil in Gewerbe- und Industriegebieten an sich nicht gewohnt werden darf. Die aus betriebswirtschaftlichen und betriebstechnischen Gründen gleichwohl in diesen Gebieten – ausnahmsweise – zulässigen Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter müssen sich deswegen nach dem Sinn und Zweck der zitierten Vorschriften mit der Immissionsbelastung abfinden, die generell in solchen Gebieten zulässig ist. (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1984 – 4 C 50.80 – NVwZ 1984, 511 = juris Rn. 15 m.w.N.). Angesichts der weitreichenden Zulassungsmöglichkeiten für Flüchtlingsunterkünfte, von denen nach § 246 Abs. 8 bis 14 BauGB in allen Baugebieten, im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich Gebrauch gemacht werden kann, gilt für Flüchtlingsunterkünfte – zumal in einem Gewerbe- oder Industriegebiet – nichts anderes. Auch die Bewohner von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten müssen sich nach dem Sinn und Zweck des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB mit der Immissionsbelastung abfinden, die generell im Gewerbegebiet zulässig ist. Insoweit wird nicht nur der betroffenen Nachbarschaft ein Mehr an Beeinträchtigungen zugemutet (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 44 m.w.N.; vgl. OVG Hamburg, B.v. 14.4.2016 – 2 Bs 29/16 – BauR 2016, 1279 = juris Rn. 42 m.w.N. zu § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB), sondern auch den Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften.

Weitergehende immissionsschutzrechtliche Anforderungen als § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ohnehin gebietet und bislang schon geboten hat, entstehen für den Betrieb der Klägerin daher nicht erst aufgrund der Zulassung des Vorhabens. Insoweit muss auch nicht der Frage nachgegangen werden, welche nach Maßgabe der TA Lärm zulässigen Möglichkeiten der architektonischen Selbsthilfe der beigeladenen Bauherrin obliegen könnten und ob die Klägerin ihrerseits den nach § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gebotenen immissionsbezogenen Grundpflichten zur Lärmminderung und Lärmvermeidung nachgekommen ist. Hiervon ausgehend bestehen auch keine Bedenken gegen den beauflagten Einbau von Schallschutzfenstern in der Gemeinschaftsunterkunft, weil es dem Immissionsbetroffenen unbenommen bleibt, für seine Nutzung über das nach Maßgabe der TA Lärm Geforderte hinaus einen weitergehenden Lärmschutz vorzusehen, um zu gewährleisten, dass innerhalb des Gebäudes erträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschen (in diese Richtung auch BayVGH, B.v. 2.9.2016 – 1 CS 16.1275 – BayVBl 2017, 24 = juris Rn. 5). Dies gilt hier schon deshalb, weil die in der Baugenehmigung vom 1. Juli 2015 geforderte Maßnahme des passiven Lärmschutzes bereits wegen der Verkehrs- und Gesamtlärmproblematik geboten ist.

(c) Etwas anderes folgt auch nicht aus den Betriebserweiterungsabsichten der Klägerin.

Soweit die Klägerin eine Ausweitung oder zumindest eine weitere Ausweitung ihres Betriebs zur Nachtzeit anstrebt (vgl. Genehmigungsverfahren auf Erweiterung der Betriebszeiten in die Nachtstunden – Nr. B1-2015-84, Bl. 28), wird sie daran durch die Nutzungsänderung des Gebäudes der Beigeladenen in eine Gemeinschaftsunterkunft nicht weiter beschränkt als durch die vorhergehende Nutzung als Call-Center. Die Einschränkung eines lärmrelevanten Nachtbetriebs in Gewerbegebieten folgt – anders als in Industriegebieten – aus dem in Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. b TA Lärm festgelegten und gegenüber dem Tagrichtwert in Höhe von 65 dB(A) deutlich reduzierten Immissionsrichtwert von 50 dB(A) für die Nachtzeit. Insoweit kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, sie sei beim Erwerb ihrer Betriebsgrundstücke davon ausgegangen, diese je nach den betrieblichen Erfordernissen 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr nutzen zu können.

(d) Vorstehendes gilt auch für andere zu einer Gesamtbelastung beitragende Anlagen, für die TA Lärm Anwendung findet (vgl. Nr. 2.2, Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm).

bb) Für Sicherheitsvorkehrungen gegen ein unbefugtes Betreten des Betriebsgrundstücks der Klägerin, das nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts allerdings vollständig umzäunt ist, ist die Klägerin verantwortlich. Ein etwaiges individuelles Fehlverhalten ist im Übrigen städtebaulich nicht relevant; ihm ist mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts zu begegnen (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.2011 – 4 BN 20.11 – BauR 2012, 621 = juris Rn. 5; Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/ BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 Rn. 44 jeweils m.w.N.).

d) Die Abweichung ist auch mit dem öffentlichen Belang von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung vereinbar (§ 1 Abs. 6 Nr. 13 BauGB).

Die Gemeinschaftsunterkunft verfügt ausweislich der mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen neben Schlafräumen über gemeinschaftliche Sanitärräume, Behandlungsräume, Küchen und Gemeinschaftsräume zum Aufenthalt, so dass die an eine Flüchtlingsunterkunft zu stellenden Mindestanforderungen gewährleistet sind.

Die wünschenswerte Teilhabe der Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft am öffentlichen Leben (vgl. Söfker/Runkel in E/Z/B/K, BauGB, Stand August 2017, § 1 Rn. 178e) ist angesichts des Standorts der Unterkunft in einem Gewerbegebiet allerdings eingeschränkt. Um in das Stadtzentrum von N* … zu gelangen, können die Bewohner der Gemeinschaftsunterkunft aber öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Die S-Bahnhaltestelle E* … ist ebenso in fußläufiger Entfernung erreichbar, wie der Stadtteil E* … Angesichts des Mangels an ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten gerade in Ballungsräumen mit einem angespannten Wohnungsmarkt und der Notwendigkeit, Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zeitnah zu ermöglichen (vgl. BR-Drs. 419/14 S. 1), hat der Gesetzgeber die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in dezentralen Lagen aber in Kauf genommen. So sind nach Maßgabe des zeitlich begrenzten Sonderrechts Flüchtlingsunterkünfte nicht nur in Gewerbe-, Industrie- und Sondergebieten zulassungsfähig, sondern auch in Außenbereichslagen, die in keinem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit bebauten Flächen innerhalb eines Siedlungsbereichs stehen (§ 246 Abs. 10 Satz 1, Abs. 12 Satz 1 Nr. 2, Abs. 13 BauGB). Dies zugrunde gelegt wahrt die Abweichung trotz der nicht in ein Wohnumfeld integrierten Lage der Unterkunft eine den Mindestanforderungen genügende menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden.

3. Die Entscheidung über die Befreiung ist auch ermessensgerecht.

Für Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB ist anerkannt, dass für die Ausübung des Befreiungsermessens wenig Spielraum bleibt, wenn die engen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erfüllt sind. Selbst wenn der Tatbestand des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB mit dem Verzicht auf das Berührtsein der Planungsgrundzüge nicht so eng gefasst ist wie in § 31 Abs. 2 BauGB, verbleibt für die Ausübung des Befreiungsermessens auch hier wenig Spielraum. Denn die neu geschaffene, zeitlich befristete Ermächtigungsgrundlage des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB zielt gerade auf die weitgehende Erteilung von Befreiungen (vgl. Decker in Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Auflage 2017, § 246 BauGB Rn. 46 m.w.N.; ebs. VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1499 = juris Rn. 42 f.; BayVGH, B.v. 8.1.2016 – 1 CS 15.2687 – juris Rn. 3.). Hiervon ausgehend hat die Beklagte den öffentlichen Interessen an der Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für Asylbegehrende ermessensfehlerfrei den Vorrang eingeräumt vor den Interessen der Klägerin an der Verhinderung des Vorhabens, denn deren geschützte Interessen werden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt (vgl. VGH BW, B.v. 17.5.2017 a.a.O. Rn. 43).

4. Soweit die Klägerin einwendet, eine Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB komme vor allem in Gewerbegebieten in Betracht, die durch ruhiges Gewerbe geprägt seien, beruft sie sich der Sache nach auf einen Gebietsbewahrungsanspruch. Hiermit kann sie nicht durchdringen.

a) Da die Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB nach den vorstehenden Ausführungen rechtmäßig ist, kommt eine Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs nicht in Betracht. Denn der Umstand, dass eine Anlage in einem Baugebiet weder allgemein zulässig ist noch im Wege einer Ausnahme zugelassen werden kann, steht einer Befreiung nicht entgegen, sondern eröffnet im Gegenteil erst den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.2012 – 4 C 14.10 – BVerwGE 142, 1 = juris Rn. 21 m.w.N. zu § 31 Abs. 2 BauGB).

Insoweit stellt § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB – anders als § 31 Abs. 2 BauGB – an die Befreiung geringere Anforderungen, als nicht verlangt wird, dass die Grundzüge der Planung bzw. der sich aus der vorhandenen Bebauung ergebende Gebietscharakter nicht berührt werden dürfen (vgl. BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 23.86 – BVerwGE 84, 322 = juris Rn. 27 zu § 34 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauGB i.d.F. v. 8.12.1986; vgl. BT-Drs. 18/2752 S. 12). Die Zulassung einer Flüchtlingsunterkunft i.S.d. § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB in einem Gewerbegebiet ist deshalb auch dann mit den öffentlichen Belangen vereinbar, wenn damit typischerweise die allgemeine Zweckbestimmung des Gewerbegebiets nach § 8 Abs. 1 BauNVO verfehlt wird.

Denn § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB soll als zeitlich begrenztes Sonderrecht die Zulassung von Flüchtlingsunterkünften trotz ihrer wohnähnlichen Nutzung bzw. ihres wohnähnlichen Charakters in Gewerbegebieten erleichtern. Nutzungskonflikte, die t y p i s c h e r w e i s e mit der Zulassung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten verbunden sein können, stehen einer Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB deshalb nicht entgegen (vgl. BR-Drs. 419/14 S. 6; BT-Drs. 18/2752 S. 12; in diese Richtung auch VGH BW, B.v. 17.5.2017 – 5 S 1505/15 – BauR 2017, 1052 = juris Rn. 31; BayVGH, B.v. 22.8.2016 – 2 CS 16.737 – juris Rn. 10). Andernfalls liefe die Befreiungsmöglichkeit des § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB ins Leere, weil Bauvorhaben, die außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohn- oder wohnähnlichen Nutzung zu dienen bestimmt sind, mit dem Charakter eines Gewerbegebiets unvereinbar sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86.01 – NVwZ 2002, 1384 = juris Rn. 10 zur Unzulässigkeit von Seniorenpflegeheimen als Anlagen für soziale und/oder gesundheitliche Zwecke im Gewerbegebiet/Ausnahmefähigkeit).

b) Ob die den Gebietscharakter betreffende Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bei der Befreiung nach § 246 Abs. 10 Satz 1 BauGB insoweit entsprechende Anwendung finden kann, als es nicht um typischerweise mit der Zulassung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten verbundene Nutzungskonflikte geht, kann dahinstehen. Denn es bestehen jedenfalls nach den vorstehenden Ausführungen auch bei einer einzelfallbezogenen Betrachtung keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vorhaben nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung im Widerspruch zu einem sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets stehen würde (vgl. BVerwG, B.v. 29.7.1991 – 4 B 40.91 – NVwZ 1991, 1078 = juris Rn. 4 m.w.N.). Insbesondere fallen die vorhandenen gewerblichen Nutzungen im Gewerbegebiet hinsichtlich ihres Störgrads nicht aus dem Rahmen der in Gewerbegebieten allgemein zulässigen Anlagen. Auch sonst weist das Gewerbegebiet keine besondere, spezifische Prägung oder Eigenart auf, die der Zulassung der Gemeinschaftsunterkunft hier entgegenstehen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Beschwerdegründe‚ auf deren Prüfung der Senat im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klage der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug demnach das gegenläufige Interesse der Antragstellerin überwiegt. Die der Beigeladenen erteilte und auf drei Jahre befristete Baugenehmigung für die Nutzungsänderung eines bestehenden Verwaltungsgebäudes in eine Unterkunft für Asylbewerber unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „...“ nach § 246 BauGB verletzt die Antragstellerin, in deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, nicht in ihren Rechten. Sie hat ihr Einvernehmen zu der erteilten Befreiung auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB zu Unrecht verweigert.

1. Eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 BauGB darf auch dann erteilt werden, wenn die Grundzüge der Planung berührt werden (vgl. BT-Drs. 18/6185 S. 54). Diese Vorschrift enthält nach dem eindeutigen Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers einen eigenständig neben § 31 Abs. 2 BauGB tretenden Befreiungstatbestand und ist insoweit lex specialis (vgl. OVG Hamburg, B.v. 14.4.2016 - 2 Bs 29.16 - DVBl 2016, 858; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch 13. Aufl. 2016 Rn. 33; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Februar 2016 Rn. 76).

Der Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass eine Befreiung dann ausscheide, wenn die Grundzüge der Planung - wie hier - „verletzt“ seien, da nicht nur eine nach den Festsetzungen des Bebauungsplans unzulässige Anlage für soziale Zwecke im Industriegebiet zugelassen werde, sondern diese schutzbedürftige Nutzung entgegen dem planerischen Willen der Antragsgegnerin an einer Stelle im Industriegebiet zugelassen werde, an der gesundheitsschädlicher Lärm vorherrsche, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Denn auf die vorgetragene Unterscheidung zwischen der „Berührung“ der Grundzüge der Planung und deren „Verletzung“ kommt es nicht entscheidungserheblich an. Ist für die Erteilung der Befreiung nach dieser Vorschrift bereits unerheblich, dass die Grundzüge der Planung berührt werden, so kann für deren „Verletzung“ vor dem Hintergrund der zeitlichen Befristung und dem Korrektiv der Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen nichts anderes gelten.

2. Die Befreiung ist auch mit den öffentlichen Belangen einschließlich der Berücksichtigung nachbarlicher Interessen vereinbar. Zu den öffentlichen Belangen gehören insbesondere gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse bzw. Unterbringungsverhältnisse. Diese werden durch die Anordnung passiver Lärmschutzmaßnahmen im Genehmigungsbescheid (Nummer III.5 bis 7) gewährleistet. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm - vom 26. August 1998 (GMBl S. 303) steht im vorliegenden Fall der Konfliktbewältigung durch passiven Lärmschutz nicht entgegen. Unzulässig ist es lediglich, einen Beurteilungspegel, der den nach der TA Lärm einzuhaltenden Immissionsrichtwert überschreitet, durch passive Lärmschutzmaßnahmen zu kompensieren (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145). Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind im Plangebiet nicht die Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet, sondern diejenigen für ein Industriegebiet einzuhalten. Nach den vorliegenden Unterlagen und auch den Ausführungen der Antragstellerin liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Immissionsrichtwert von 70 dB(A) überschritten wird. Soweit die Antragstellerin auf Verkehrsgeräusche im Industriegebiet abstellt, verkennt sie, dass Geräusche auf den Betriebsgrundstücken nach Nummer 7.4 der TA Lärm offensichtlich in diese Bewertung einbezogen wurden bzw. Geräusche auf öffentlichen Verkehrsflächen nach dieser Vorschrift dem Beurteilungspegel nicht hinzuzurechnen sind. Mangels Überschreitung des Immissionsrichtwerts für ein Industriegebiet sind die im Bescheid getroffenen Lärmschutzanordnungen auch nicht an Nummer 7.1 der TA Lärm zu messen. Vielmehr sollen die Anordnungen nur gewährleisten, dass trotz des im Industriegebiet zulässigen Immissionsrichtwerts innerhalb des Gebäudes erträgliche Aufenthaltsverhältnisse herrschen. Das kann umso eher erreicht werden, als offensichtlich während der Nacht im Industriegebiet die betrieblichen Aktivitäten eingeschränkt sind.

Im Hinblick auf die zeitliche Befristung der Baugenehmigung, die begrenzte Aufenthaltsdauer der untergebrachten Personen, die Situierung des Gebäudes am Rande des Industriegebiets sowie die textliche Festsetzung Nummer 1.1.1 im Bebauungsplan, wonach Betriebsleiterwohnungen ausnahmsweise zugelassen werden können und eine Wohnnutzung offensichtlich auch auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück der Unterkunft stattfindet, ist auch die Lärmbelastung auf der Grünfläche vor dem Gebäude hinzunehmen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten billigerweise selbst, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1‚ § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Sie orientiert sich an Nummern 9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013).

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die dem Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vom 24. Oktober 2017 für den „Anbau einer Lager- und Verladehalle an eine landwirtschaftliche Gemüsehalle“.

Der Beigeladene ist Inhaber eines Gemüseanbaubetriebs im östlichen Anschluss an die wohngenutzten Grundstücke des Antragstellers FlNr. … und … Gemarkung P* … Im baulichen Bestand des Beigeladenen ist auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung P* …, das an das Antragstellergrundstück FlNr. … grenzt, ein Gewächshaus errichtet (inzwischen teilweise beseitigt). Östlich davon besteht auf den Grundstücken des Beigeladenen FlNr. … und … Gemarkung P* … eine zum Betrieb gehörende, ca. 40 m (Ost-West) x 30 m (Nord-Süd) große Gemüselagerhalle.

Nach den zum Baugenehmigungsantrag des Beigeladenen eingereichten und mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen umfasst das Vorhaben den teilweisen Abbruch des den Wohngrundstücken des Antragstellers benachbarten Gewächshauses (FlNr. …*), die Erweiterung der bestehende Gemüselagerhalle nach Westen in Richtung der Grundstücke des Antragstellers um etwa 26 m (FlNr. …, …, …*) und die Errichtung einer Verladehalle (FlNr. …*), die südlich an die erweiterte Gemüselagerhalle anschließt. Unter anderem zum Grundstück des Antragstellers hin ist eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende, 3,50 m hohe Lärmschutzwand westlich der Gemüselager- und Verladehalle vorgesehen. Zum Bauantrag wurde eine schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 mit Ergänzung vom 27. September 2017 eingereicht, die zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurde.

Gegen die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 hat der Antragsteller am 13. November 2017 Klage erhoben, über die das Verwaltungsgericht noch nicht entschieden hat (Az. AN 3 K 17.02356). Am 23. November 2017 beantragte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 13. Dezember 2017 statt. Die Baugenehmigung sei im Hinblick auf die nachbarschützenden Belange des Antragstellers unbestimmt, weil sie mangels eines Betriebskonzepts den Betriebsumfang nicht erkennen lasse. Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung enthalte nur Angaben zu den Nutzungen „Verladung“ und „Lager“, Angaben zur „Verpackung“ fehlten, insbesondere zur Gestaltung der Arbeitsbereiche innerhalb der Halle (Verpackungsmaschinen, Betriebszeiten). Außerdem stünden die Bauvorlagen im Widerspruch zu den Annahmen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung und der Stellungnahme des Stadtplanungsamts. Diese berücksichtigten nicht, dass nach den Bauvorlagen in der (nord-) westlichen Außenwand der Lagerhalle (Erweiterung) ein Rolltor vorgesehen sei.

Der Beigeladene hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2017, der ihm am 15. Dezember 2017 zugestellt wurde, am 22. Dezember 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 15. Januar 2018 begründet. Er ist der Auffassung, er habe am 31. Oktober 2016 eine ausreichende Betriebsbeschreibung eingereicht und erläutert im Weiteren sein Vorhaben und dessen Nutzung. An der Konzeption der Lager- und Verpackungshalle, die im Jahr 2010 genehmigt worden sei, habe sich aufgrund der Erweiterung der bestehenden Halle nichts geändert. Die Beschreibung von Arbeitsvorgängen und Arbeitszeiten innerhalb der Halle sei im Übrigen nachbarrechtlich nicht von Bedeutung. Denn nach der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung sowie der Ergänzungsberichte vom 15. Januar 2018 seien Geräuschentwicklungen innerhalb der Halle einschließlich des Einsatzes der Verpackungsmaschinen zu vernachlässigen, der Gesamtbetrieb unterschreite den höchst zulässigen Immissionsrichtwert. Ein inhaltlicher Fehler der Baugenehmigung liege nicht vor. Diese definiere keinen „komplett geschlossenen“ Raum, von dem aber dennoch auszugehen sei. Das Rolltor diene lediglich als Öffnung für Notfälle und sei verzichtbar. Überdies hätten die Vorschriften über Bauvorlagen keinen drittschützenden Charakter. Die Immissionswerte seien nicht überschritten, die Abstandsflächen würden eingehalten. Das Verwaltungsgericht habe im Rahmen der Interessenabwägung bei der Prüfung des Rücksichtnahmegebots versäumt, darzulegen, welche Verletzung nachbarschützender Rechte durch welche Maßnahme überhaupt in Betracht komme. Es genüge nicht, das Fehlen einer Betriebsbeschreibung zu rügen, ohne den Bezug zu nachbarrechtsrelevanten Auswirkungen herzustellen.

Der Beigeladene beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 13. Dezember 2017 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 24. Oktober 2017 abzulehnen.

Der Antragsteller stellt keinen Antrag. Er ist der Auffassung, dass der Beigeladene kein Betriebskonzept vorgelegt habe, das aber erforderlich sei. Es lasse sich deshalb weiterhin keine Gesamtlärmbelastung ermitteln, die vom Betrieb des Beigeladenen ausgehe. Die 2. Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 nehme zwar auf ein Betriebskonzept vom Januar 2018 Bezug, dieses unterscheide sich aber offenbar vom Betriebskonzept, das Gegenstand der Baugenehmigung gewesen sei und liege auch nicht vor. Die Annahmen zu den Fahrwegen in der Ergänzung der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 würden ebenso wenig den Tatsachen entsprechen, wie die in Ansatz gebrachte Betriebszeit von 4 Stunden/Tag oder die Annahme, das Rolltor würde immer geschlossen gehalten. Das Beschwerdeverfahren diene auch nicht dazu, ein bei der Ausgangsbehörde durchzuführendes Genehmigungsverfahren zu ersetzen. Im Übrigen verstoße das Bauvorhaben gegen § 34 BauGB, weil es sich nicht in die nähere Umgebung einfüge, die im Innenbereich von reiner Wohnbebauung geprägt sei. Auf die Darstellungen des Flächennutzungsplans werde Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Bauakte der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

Die vom Beigeladenen innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe‚ auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO)‚ rechtfertigen keine Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 zu Recht angeordnet, weil die Baugenehmigung im Hinblick auf nachbarliche Abwehrrechte des Antragstellers unbestimmt ist.

1. Wie jeder Verwaltungsakt muss die Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 68 BayBO). Sie muss das genehmigte Vorhaben, insbesondere Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung, eindeutig erkennen lassen, damit die am Verfahren Beteiligten (vgl. Art. 13 Abs. 1 BayVwVfG) die mit dem Genehmigungsbescheid getroffene Regelung nachvollziehen können. Hinreichend bestimmt ist eine Baugenehmigung danach in objektiv-rechtlicher Hinsicht, wenn die getroffene Regelung für jeden Beteiligten – gegebenenfalls nach objektivierender Auslegung – eindeutig zu erkennen ist und deshalb keiner unterschiedlichen Bewertung zugänglich ist. Was Gegenstand der Baugenehmigung sein soll, bestimmt der Bauherr durch seinen Bauantrag. Der Inhalt der Baugenehmigung ergibt sich aus der Bezeichnung, den Regelungen und der Begründung im Baugenehmigungsbescheid, der konkretisiert wird durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen. Wird deshalb in der Baugenehmigung auf den Antrag oder Antragsunterlagen verwiesen, ist die Baugenehmigung hinreichend bestimmt, wenn es der Antrag oder die Antragsunterlagen sind. In nachbarrechtlichen Streitigkeiten – wie hier – ist die Bestimmtheit der Baugenehmigung nur daraufhin zu prüfen, ob es dem Nachbarn möglich ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang er durch das Vorhaben in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; BVerwG, B.v. 20.5.2014 – 4 B 21.14 – juris Rn. 9, 13; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 33 ff.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2017, Art. 68 Rn. 465 ff., jeweils m.w.N.).

2. Hiervon ausgehend ist das Verwaltungsgericht ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die angefochtene Baugenehmigung in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist, weil dieser nicht zweifelsfrei feststellen kann, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an seinem Wohnhaus zu erwarten sind.

a) Auch in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG folgt der nachbarliche Drittschutz gegen eine Baugenehmigung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, dessen Beachtung sich hier aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, aus § 34 Abs. 1 Satz 1 oder aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt. Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots genügt ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Treffen verschiedenartige Nutzungen aufeinander und treten hierbei Immissionskonflikte auf, so ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen, in denen das Rücksichtnahmegebot ebenso eine spezielle gesetzliche Ausprägung erfahren hat wie in § 34 Abs. 1, in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB oder in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen. Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung (vgl. BVerwG, U.v. 27.8.1998 – 4 C 5.98 – BauR 1999, 152 = juris Rn. 30 m.w.N.).

b) Was dem Antragsteller danach an Immissionen durch Geräusche im konkreten Einzelfall zugemutet werden kann, bemisst sich voraussichtlich unter entsprechender Heranziehung des Immissionsrichtwertkonzepts der TA Lärm. Zwar nimmt Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm landwirtschaftliche Anlagen vom Anwendungsbereich der TA Lärm aus, wenn die Anlagen – wie hier – keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass insbesondere die Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch für landwirtschaftliche Anlagen herangezogen werden können, wenn die Geräuschimmissionen ihrer Art nach den gewerblichen Emissionen entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2016 – 15 CS 15.1576 – UPR 2017, 32 = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Die von der Nutzung der Lager- und Verladehalle ausgehenden Geräusche durch den An- und Abfahrverkehr, die Ladegeräusche, die Geräusche der Kühlanlage, des Tank-/und Waschplatzes sowie die Geräusche der Verpackungsmaschinen entsprechen ihrer Art nach gewerblichen Emissionen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Nutzung der Lager- und Verladehalle im konkreten Einzelfall den Begriff der Landwirtschaft erfüllt (vgl. § 201 BauGB).

c) In welcher Höhe dem Antragsteller nach Maßgabe der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 eine vorhabenbedingte Geräuschbelastung zugemutet wird, ergibt sich aus der Auflage A160 zur Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017. Danach sind die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 „festgehaltenen Annahmen und beschriebenen Maßnahmen zu beachten“. In diesen schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen wird hinsichtlich des Wohngebäudes des Antragstellers (Immissionsort 2) vom „Schutzcharakter“ eines allgemeinen Wohngebiets und deshalb von einem Immissionsrichtwert von 55 dB(A)/tags ausgegangen (zur Nachtzeit sind „Fahrten und Verladetätigkeiten auf dem Betriebsgrundstück“ nicht zulässig, vgl. Auflage A161). Der durch Bezugnahmen auf die schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vonseiten der Antragsgegnerin festgelegte Schutzanspruch des Antragstellers wird auch vom Beigeladenen nicht infrage gestellt. Bedenken gegen diese zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes bestehen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26 m.w.N.).

d) Da die Vorbelastung nach den Ausführungen der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13 Juni 2017 und vom 27. September 2017 nicht bekannt ist und auch nicht ermittelt wurde, setzt das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro bei der Berechnung des Immissionsbeitrags, der durch das Erweiterungsvorhaben verursacht wird, einen um 6 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A) an, der am nächst gelegenen Wohngebäude des Antragstellers um 3 dB(A) unterschritten wird. Auch dieses Vorgehen ist unter entsprechender Heranziehung der Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm im Grundsatz nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 24.10.2013 – 7 C 36.11 – BVerwGE 148, 155 = juris Rn. 37 ff. zur immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung, jeweils m.w.N.).

e) Allerdings ist mangels hinreichender Angaben im Bauantrag nicht gewährleistet, dass der angesetzte Immissionsrichtwertanteil im regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26).

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Immissionsbelastung derzeit nicht verlässlich beurteilt werden kann, weil Aussagen zu den Arbeitsbereichen in der Lagerhalle fehlen und das in Richtung der Grundstücke des Antragstellers weisende Rolltor bei der schalltechnischen Untersuchung unberücksichtigt geblieben ist. Die Genauigkeit einer Immissionsprognose hängt aber wesentlich von der Zuverlässigkeit der Eingabedaten ab. Diese sind deshalb stets kritisch zu prüfen (vgl. A.2.2 des Anhangs zur TA Lärm). Es hätte daher entweder einer verbindlichen Betriebsbeschreibung zum Bauantrag oder in den zum Bauantrag eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen bedurft, um das vorhabenbedingte, immissionsrelevante Lärmgeschehen verlässlich bewerten zu können. Daran fehlt es nach wie vor.

aa) Die zum Bauantrag eingereichte Betriebsbeschreibung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen des Beigeladenen nicht ausreichend, um festzustellen zu können, ob und in welchem Umfang der Antragsteller durch das Vorhaben des Beigeladenen in seinen drittschützenden Rechten betroffen wird. Denn diese „Betriebsbeschreibung für land- und forstwirtschaftliche Vorhaben“ erschöpft sich in der Aufstellung der landwirtschaftlich genutzten Betriebsfläche und der Anzahl der Arbeitskräfte im Gärtnereibetrieb des Beigeladenen.

Die schallimmissionsschutztechnische Untersuchung vom 13. Juni 2017 geht entgegen den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauzeichnungen davon aus, dass das Gebäude bis auf die Südseite des Anbaus, die als Ein-/Ausfahrt genutzt wird, vollständig geschlossen ist. Dementsprechend beschreibt und bewertet die Untersuchung die Geräuschemissionen aus den Innenräumen des Lagergebäudes nicht, weil diese erfahrungsgemäß vernachlässigt werden könnten. Aus der schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 27. September 2017 (Ergänzung) ergibt sich nichts anderes. In beiden Untersuchungen bleibt demnach das in den Bauzeichnungen dargestellte 3,10 m x 3 m große Sektionaltor in der zu den Grundstücken des Antragstellers weisenden westlichen Wand des Lagergebäudes – anders als die Sektionaltore in der Südwand der Verladehalle – unberücksichtigt. Dies ergibt sich auch aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten, schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung). Darin weist das vom Beigeladenen beauftragte Ingenieurbüro darauf hin, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden. Die Baugenehmigung trifft in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht keine weitergehenden Regelungen, sondern verweist lediglich auf die in den schallimmissionsschutztechnischen Untersuchungen vom 13. Juni 2017 und vom 27. September 2017 festgehaltenen „Annahmen und beschriebenen Maßnahmen“.

bb) Aus der im Beschwerdeverfahren eingereichten schallimmissionsschutztechnischen Untersuchung vom 15. Januar 2018 (2. Ergänzung), die keinen Eingang in die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 finden konnte und deshalb zur Bestimmtheit der Baugenehmigung nichts beitragen kann, folgt nichts anderes. Darin wird zwar ermittelt, von welchem Innenpegel in der Lagerhalle beim Betrieb von den drei vorgesehenen Packmaschinen ausgegangen werden kann und welche Schalldämmmaße die Außenbauteile der Lagerhalle aufweisen. Die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 beschränkt die Art und die Anzahl der Packmaschinen oder sonstiger ggf. zum Einsatz kommenden lärmemittierenden Maschinen und Gerätschaften in der Lagerhalle aber nicht. Auch die Berechnung der Beurteilungspegel folgt den Angaben des Beigeladenen, die in der Baugenehmigung oder den ihr zugrundeliegenden Bauvorlagen aber nicht festgelegt sind. Die für die Berechnung des Beurteilungspegels (bei Betrachtung des gesamten prognostizierten Betriebs nunmehr: 48 dB(A)/tags bei einem Immissionsrichtwertanteil von 49 dB(A)/tags) in Ansatz gebrachte Betriebszeit in der Lagerhalle von ca. 4 Std./Tag ist in der Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 ebenso wenig geregelt wie die Angabe des Beigeladenen, dass die Rolltore und Türen in der Lagerhalle nur zu betriebsbedingten Ein- und Ausfahrten kurzzeitig geöffnet werden (und deshalb in den Berechnungen im geschlossenen Zustand berücksichtigt wurden). Hiervon ausgehend kann nicht die Rede davon sein, dass die Baugenehmigung vom 24. Oktober 2017 in Ansehung der Nachbarrechte des Antragstellers hinreichend bestimmt ist.

3. Ob der Antragsteller mit Erfolg eine Verletzung des Gebietsbewahrungsanspruchs geltend machen kann, ist fraglich, bedarf aber keiner abschließenden Klärung im Beschwerdeverfahren. Nach Auffassung des Stadtplanungsamts der Antragsgegnerin ist das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen (vgl. Stellungnahme vom 29.11.2016). Trifft diese Annahme zu, wäre zu klären, wie weit die nähere Umgebung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung reicht, insbesondere, ob sie die wohngenutzten Grundstücke u.a. des Antragstellers mit erfasst und falls ja, ob die Eigenart der näheren Umgebung einem Baugebiet nach der Baunutzungsverordnung entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren, gegen die keine Einwände erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.